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Nachrichten aus dem Buchhandel

und den verwandten Geschäftszweigen. Für Buchhändler und Bücherfreunde.

Dieses Blatt wird seit 1. Oktober d. J. vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig heraus. gegeben und ist allen zu empfehlen, die über die Erscheinungen des deutschen Lüchermarktes und die buchhändlerischen Berhältnisse und zuverlässige Auskunft erhalten wollen.

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Musikalisches

mille ausführliche in misnahme der Sonne und Seiertage und ist durch die Poft und den Buchhandel zum Preise Schubertes alons-eriton.

von 6 Mk. jährlich ohne Bustellungsgebühr zu beziehen. Sür das laufende Vierteljahr (Oktobar bis Dezember 1891) wird
1 mk. 50 Pf. berechnet.

Anzeigen werden zum Preise von 30 Pfennigen für die dreigespaltene Petitzeile oder deren Raum aufgenommen.
Probenummern stehen kostenlos und portofrei zu Diensten.

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Geb. 6 Mk. Fremdwörterbuch. Geb. 1 Mk.

Schuberths Musikalisches

In je üb. 8000 Exemplaren verbr. Vollst. Verzeichnisse über ca. 6000 No. für alle Instrumente kostenfrei von

J. Schuberth & Co., Leipzig.

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Karl Bilh.

Mit Jalustrationen von Georg Sell.
Preis eleg. brosch. 1,50 mk.

Die vom Oktober ab im 2. Jahrg bei Fr. Frommann in Stuttgart

Hagelwetter in Wien erscheinende Halbmonatschrift

am Morgen des 7. Juni 1894
und seine am Tage vorher be-
fannt gewordenen Ursachen.

Gegen Einsendung von 35 Pfg. in
Marken zu beziehen von

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Wilh. Lambrecht

Göttingen (Georgia-Augusta.) nian verlange illustrirte Prospekte über die neuesten Apparate für Wetter. vorausbestimmung.

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Die Wahrheit

herausgegeben von Chr. Schrempf

Monatlich 2 efte 80, vierteljährlich 1 m. 60 pfg., bringt in den ersten Beften Auffäße von Theob. Siegler, J. Bau mann, Wilh. Bode u. a.

Rücksichtslos ist das Blatt, wo es die Sache will, aber nie verlekend, selbst bitteren Worten merkt man das Ver. langen zu heilen an.

Abonnements bei Buchhändlern und Postanstalten.

Porbehefte unberechnet und postfrei Dom Derleger.

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Albert Gast & Co.

Fabrik und Lager BERLIN O., Fruchtstr. 8.

Schriftsteller,

welche sich an einem großen Unternehmen, einer Sammlung von gediegenen

Volksschriften

beteiligen wollen, werden um Beiträge ersucht. Gefl. Off. unter Volksschriften durch Litterar. Institut, Berlin NW., Luisenstr. 1.

rend Bur gefl. Beachtung.

Der gesamte Inseratenteil dieser Zeitschrift ist uns übertragen worden und bitten wir, InsertionsAufträge an uns direkt senden zu wollen.

Berlin NW. 6, Luisenstraße 1.

Anzeigen

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Bochachtungsvoll Litterarisches Institut

Dr. R. Burdinski & Comp.

finden weiteste und wirksamste
Verbreitung durch die
gross, in allen Cafés
und Lesezirkeln vertreten. Allenige Inseraten - Annahme: Litterarisches Institut
Dr. R. Burdinski & Comp., Berlin NW. 6, Luisenstr. 1.9750

Zukunft“. Auflage 14 000. Leserkreis 10 fach so

Verantwortlicher Redakteur Paul Schettler, Berlin-Charlottenburg. Sar den Inseratenteil verantw. Th. Lissner, Charlottenburg. Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Berlin und Stuttgart. Gedruckt von Rosenbaum & Bart, Berlin W., Wilhelmstraße 47, Aufgang C. Expedition: Sriedrichstr. 207, Berlin SW.

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Erscheint jeden Sonnabend.

Berausgegeben von Otto Neumann - Bofer.

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Redaktion: Berlin Charlottenburg II, Carmerstraße 10.

Expedition: Berlin SW., Sriedrichstraße 207.

Union

Deutsche Verlags-Gesellschaft Berlin u. Stuttgart.

Preis 4 Mart vierteljährlich. Bestellungen werden von jeder Buchhandlung, jedem Postamt (Nr. 3589 der Postzeitungsliste), sowie vom Verlage des „Magazin" entgegengenommen. Anzeigen 40 Pfg. die viergespaltene Nonpareillezeile.

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Bildende Kunst.

fleinen unscheinbaren Dingen noch etwas abzusehen weiß und in der Kleinnatur sein irdisches Vergnügen findet. Die Alltagspoesie, die unsere Zeit erst wieder neu entdeckt gefühlstiefe Szenen. Eine genügsam-stille Glücksatmosphäre hat, findet in diesem Pfarrerleben stimmungsvolle und mit Glockenflang und Aehrenneigen in blauer Sonntagsluft liegt darüber, es ist dieselbe Welt, in der Lebrecht Hühnchen und der alte Pfarrer der Droste-Hülshoff dankbar atuet. Eine Welt, die den modernen Menschen zwar nicht reizt, aber durch den Kontrast zu der eigenen unruhvollen hastigen Lebensjagd wehmütig rührt.

*

*

Georg Suchs: Die Frühjahrs-Ausstellung der münchener Sezession. scheidenen Glückes führt Möricke, der Pfarrherr von CleverSp. 526.

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Ein Leben voll Einfalt und Stille, voll naiven besulzbach. Es ist ein Dörfchen, wie aus einer Bürgerschen Idylle. Der Lärm der Außenwelt dringt nicht hinein; berühmtheitssüchtige neugierige Fremde werden sorglich ferngehalten. Möricke hat sich in voller Erkenntnis seines eigenen Wesens und dessen, was ihm not ist, seine Tage und Werke nach eigener Façon eingerichtet; sein Leben ist anspruchslos, aber er führt es als ein Lebensfünstler. Er besißt das seltene Feengeschenk sich aus allen Dingen ein Tröpfchen Glück, einen goldigen Schimmer hervorzulocken. Ihm geht es, wie allen Sonnenund Sonntagskindern, sein Herz

„hat viel und große Begehr,
Was wol in der Welt viel Freude wär,
Allen Sonnenschein und alle Bäume,
Alles Meergestad und alle Träume

In dein Herz zu fassen miteinander“..

Und dazu die reine Harmlosigkeit des Kindergemüts! vertreib Lichte; sieht stillvergnügt zu, wenn Schwester Er gießt an langweiligen Winterabenden zum ZeitKlara die Reisekleider bügelt und bringt solche häuslichen Berstreuungen in lustige Reime, die er feinen Lieben als versus familiares schickt. Inhaltlich, stofflich findet sich hier manch Verwantes mit einem geistlichen Kollegen aus dem 18. Jahrhundert, dem Pfarrer Schmidt von Werneuchen, deffen ungeistliche Familiengedichte Chodowiecki liebevoll illustrirt, aber nicht vor Goethischen Musenund Grazienspott schüßen konnte. Die Nachwelt ward ihm gerechter, und Theodor Fontane hat in seinem vierbändigen Roman Vor dem Sturm" ein gutes Wort für ihn eingelegt. Auch der Werneuchener schildert die kleinen und kleinlichen Alltäglichkeiten; aber er hat fie nur gesehen, er zeichnet sie getreulich und ges wissenhaft ab, wobei er oft in die Untiefen der Plattheit

fällt. Möricke hat sie aber empfunden, sie sind bei ihm durch das Medium eines reichen und vollen Gemütes gegangen, und nun liegt über ihnen, ohne daß sie an ihrer Realität Schaden gelitten hätten, ein warmer poetischer Glanz.

Beschauliche Naturen haben fast immer ein inniges, persönliches Verhältnis zur Tierwelt. So auch Möricke. Im cleversulzbacher Pfarrhaus wandelte gewichtig, im Vollbewustsein seiner Würde, Joli, der Pfarrspiß, mit langem, weichen Seidenhaar; von allen geehrt und geliebt, hatte doch der Hausherr selbst ihm seinen Wert autographisch bestätigt:

„Die ganze Welt ist in dich verliebt
Und läßt dir keine Ruh

Und wenns im Himmel Hundle gibt,
So sind sie grad wie du.

hat, seiner Braut. Und was der Star geantwortet hat, malt er in einer eigens von ihm erfundenen Starennotenschrift.

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In späteren Jahren warf Möricke seine Zuneigung, gleich E. T. A. Hoffmann, auf das Katergeschlecht. Ein stattliches Katertier war ausgangs der sechziger Jahre sein Farbe wurde er Weißling genannt. Das Ereignis seines Hausgenoß zu Lorch. Von seiner blendend schneeigen Lebens war ein lustiges Rencontre mit Morit von Schwind. Der Maler lag einsam in füßen Mittagsschlafträumen. Der Kater saß vor ihm und sah aufmerksam auf den voluminosen Bauch des Schläfers. Dort dünkte es ihm gut sein. Und mit graziösem Saße schwang er sich auf zur Höhe. Der Erfolg war ein reveil du lion mit Donner, Bliß und Schlag, an den Kater Murr redivivus noch lange gedacht haben soll.

*

*

Wie in Mörickes Seele stets ein Rest reiner KindlichAls aber Joli in einem tragischen Konflikt zwischen feit wirksam zurückblieb, so war er selbst auch ein Freund der Anhänglichkeit an den Herrn und der an Schwester der Kinder und ein liebevoller Heger des Kindergemüts. Klara, lepterer den Vorzug gibt, erfolgt eine förmliche Er ließ die Kleinen zu sich kommen und konnte selbst mit Zession Mörickes, über deren feierlichen Verlauf er an ihnen zum Kinde werden, ihre Freuden und Leiden als Freund Hartlaub berichtet. Er stellte zwei brennende Er stellte zwei brennende die seinen fühlen. Sein Liebling war die älteste Tochter Lichter auf den Tisch, nahm den Hund auf den Arm, des Freundes Hartlaub, Agnes. Er nennt sie sein Bäshielt eine kleine Anrede, worinnen ihm bedeutet ward, worinnen ihm bedeutet ward, chen, ersinnt allerlei Scherznamen wie Gnes, Gneschen, daß er, der bis daher zweien gefolgt, nunmehr, wie ich Bagne für sie. Er weiß schnurrige schalkhafte Märchen dieses eine Licht auslösche, mich fürder nicht als seinen zu erzählen; er giebt ihr Rätsel auf und improvifirt Herrn mehr zu betrachten, sondern der Schwester zu ge- Verse für sie. Da schreibt er Briefe an das Waldweiblein horchen habe, daß ich jedoch Agung und Steuer wie bisher und an das Hugelmännlein und antwortet in deren zu prästiren übernehmen, etwaige Kalfaktereien aber, die Namen auf kalligraphischen Musterkärtchen. Zart und er fünftig zu meinen Gunsten üben möchte, auf keine voll kindlicher Anmut, schalkisch und scherzhaft find die Weise acceptiren werde u. f. w. worauf das Damus, Do- Kinderreime, die der Dichter für seine zierliche Freundin namus, Tradimus in bester Form erfolgte." Ein kleinerersinnt, kleine Blumen, kleine Blätter, wie das folgende: aber charakteristischer Zug, wie man mit viel Zeit und viel Behagen allen Ereignissen eine gewiffe vergnügliche Wichtigkeit beilegte und aus ihnen allen sich etwas schuf.

Des Pfarrvikar Möricke bester Freund war ein Star, und wie er sich in dessen Gewohnheit und Art mit Beobachterfreude versenkte, kennzeichnet mehr als alles andere das Wesen seiner poetischen Empfindung, die dem verwitterten Göckelhahn auf der Turmspiße und dem Knarren einer verrosteten Gittertür noch etwas Dichterisches abzugewinnen wußte.

Dort an der Kirchhofmauer,
Da fit ich auf der Lauer,
Da fiß ich gar zu gern;
Es regt sich im Holunder,
Es regnet mir herunter
Rosin und Mandelkern.
Waldwibichlein, das kleine
Das goldige, das feine,
Das hat es mir gebracht.
Es hat ein Schloß im Berge,
Das hüten sieben Zwerge,

Darin ist große Pracht.

=

Natürlich empfingen auch die eigenen Kinder, die beiden Mädchen Marie und Fanny, ihre Improvisationen, bald Scherze und Schwänke, bald heiter ernste Ermahnungen, die kleine Geschenke begleiteten: einen Spargroschen oder einmal eine höchst nüßliche Zahnbürste mit dem Wilhelm Busch-Wunsch:

Er schildert eine Nachmittagsbehaglichkeit, um die ihn Lebrecht Hühnchen beneiden könnte: Nichts gleicht dem Vergnügen, wenn man nach dem Kaffee mittags en famille hinausgeht, gärtelt und nichts tut und ich bringe auch den Staren auf der Hand mit heraus. Wie er die furiofe Natur um sich her und die neue Sonne betrachtet, den Kopf nach allen Seiten dreht, so daß man schwören muß, er denke! Auf die Gefahr des Davonlaufens laß ich ihn auch nach allen Richtungen vor mir draus spaziren, wobei er sich fast wie ein Mensch benimmt, der auf Stelzen geht, oder ich seß ihn auf einen Tannenzweig, wo er unbeweglich bleibt." -,,Sein Gesang zum teil angelernt von dem ersten Besitzer, ist öfters unbeschreiblich schön und weich, aber freilich meistens zerstückt und wie die rührende Aermlichkeit einer Drehorgel, auf deren Walze bei der Melodie einige Stifte fehlen; auf die Art pfeift er ein gewisses Schäferliedchen, das er mitunter auch durch sonderbares Geschwät, Schnalzen, deutlich ge= sprochene Scheltwörter und unübertreffliches Hühnergackern unterbricht." Ja er disputirt mit dem Star, aus behaglicher Bettruhe morgens, redet ihn als den Violinisten Tartini an und verteidigt ihm gegenüber mit possirlicher Gravität die deutsche Kunst der Gluck, Händel und Mozart. Dieses Früh- und Zwiegespräch beschreibt er in einem Liebesbrief, der nichts von anderen Liebesbriefen | einen luftigen Spruch, durch irgend eine persönliche Be

Mögest du mit achtzig Jahren,
Liebe Fanny, wie anizt,
Noch das große Glück erfahren,
Wenn man gute Zähn besißt!
Denn du wirst doch ohne Frage,
Als ein braves, fleißiges Kind
Von passabel schönen Gaben,
Immer was zu beißen haben,
Wenn es auch nicht alle Tage
Just gebrannte Mandeln sind.

Möricke besaß ein Schenktalent. Er verstand durch

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häufig finds auch nur bescheidene Blumen. Sogar zum Handwerker wurde der Dichter. In Lorch ging er zu einem Löpfer in die Lehre und nun blühte die Keramit im Hause Mörides. Eine schwunghafte Produktion bunt glafirter Gefäße und Geschirre mit improvisirten Verschen geziert, entfaltete fich. So schmückte er sein und seiner Freunde Heim. Einen besonderen Reiz haben dabei die Begleitepisteln, die Zeichnungen von des Dichters Hand trugen und die hier interessant reproduzirt find. Es sind kunstlose Blätter, die ohne jeden Gedanken an eine Veröffentlichung hingeworfen, nicht nur den Menschen charakte risiren, sondern auch sehr luftig wirken. Der 300logische Humor findet föstlichen Ausdruck in dem Bild des schlott rigen Violinspielers, der einem großen Vogel zum Tanze aufspielt. Die posfirliche Gravität des Tieres im physiognomischen Ausdruck und die steife Grandezza der hohen dünnen Beine erinnert an die Komik Harburgers und Oberländers. Höchst lustig sind auch einige Karrikaturen, die gleichfalls der Fliegenden Blätter" würdig wären. Der Schöngeist in Vatermördern, Frack, Cylinder mit der sanften Leher unterm Arm, dem Th. Th. Hennes poeta laureatus Treubier gleicht, vor der züchtigen Jungfrau

minnewerbend:

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Ueber die soziale Bedeutung der Sparsamkeit und ihrer verallgemeinerten Ausübung sind die Ansichten keineswegs übereinstimmend. Während die einen in der Steigerung der Spartätigkeit, besonders der minderbemittelten Klaffen, ein Allheilmittel in bezug auf alle sozialen Misstände zu erblicken geneigt sind, wird das Sparen von anderen als ein fultur- und fortschrittfeindliches Prinzip verurteilt, weil es die Lebenshaltung herabzudrücken und das Eristenzminimum der breiten Volksklassen auf ein immer geringeres Niveau zurückzuschrauben geeignet sei. Beide Anschauungen find in ihrer Einseitigkeit verfehlt; die lettere schon deshalb, weil eine gewiffe aufspeichernde und vorausrechnende Tätigkeit die unerläßliche Grundlage aller Kultur ist, welche lettere nur dort entstehen fann, wo die Aufsammlung von Vorräten Muße und und des künstlerischen Vermögens gewährt, die erstere Mittel zur Selbstentfaltung der Intelligenz, der Moral feit nur für diejenigen Volkskreise und Individuen in deshalb, weil unter gegebenen Verhältnissen die SparsamBetracht kommen kann, welche etwas zum Sparen übrig haben. Ist aber auch die Sparsamkeit nicht im Stande, alles soziale llebel zu beseitigen oder zu lindern, so verbleibt ihr doch immerhin eine höchst bedeutungsvolle Aufgabe, wenn sie es auch nur vermag, den fparfähigen Teil der Bevölkerung, d. i. die überwiegende Menge aller Individuen in den Kulturstaaten, in sozial woltätiger Weise zu beeinflussen.

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samkeit für das sparende Individuum selbst mag kaum Eine gewisse Erkenntnis von dem Werte der Sparweniger alt sein als das erste Auffeimen wirtschaftlicher Reflexion überhaupt; die Bedeutung einer verallgemeinerten Spartätigkeit für die Gemeinwesen ist dagegen erst im Anfange des laufenden Jahrhunderts zum öffentlichen Bewustsein gelangt. Aber auch da wurde die Beförderung der Sparsamkeit anfänglich als eine Polizeimaßregel der vorbeugenden Armenpflege angesehen, eine Maßregel, welche in der Hauptsache für Bedürftige, Dienstboten und wirtschaftlich unselbständige Personen bestimmt sei. Bald jedoch gewannen die Sparsamkeit und die für ihre allgemeine Betätigung bestimmten öffentlichen Institute, die Sparfaffen, eine höhere Schäßung. Die Sparkaffen verloren schnell das Odium eines demütigenden Hilfsmittels der Armenpflege, und mit dem gewaltigen Emporwachsen der Sparinstitute erwarb sich die Sparsamkeit das Ansehen eines sozialen Prinzips von gewichtigster allgemeingiltiger Bedeutung.

neuester Entwicklung ist die Spartätigkeit Gegenwärtig, im Rahmen des sozialen Lebens über ihre unmittelbare privatwirtschaftliche Aufgabe hinaus — als eines der stärksten und widerstandsfähigsten Bollwerke anzusehen gegen alle die Kulturerrungenschaften bedrohenden Vernichtungs- und Abschaffungsbestrebungen. Diejenigen Elemente der Bevölkerung, welche einen Umsturz alles Bestehenden herbeistreben, an dem Bestehenden, sozusagen durch Einräumung einer positiven Mitbeteiligung, zu intereffiren, darin scheint uns unter heutigen Verhältnissen der sozialpolitische Schwerpunkt einer verallgemeinerten Spartätigkeit zu liegen. Wer an dem Bestehenden keinerlei Anteil befißt, der wird begreiflicherweise aus einem allgemeinen Schiffbruche einige Trümmer_zu erraffen hoffen, die ihm für seine Person dem heutigen Zustande gegenüber als lockender Gewinn erscheinen. Wer nichts zu verlieren hat, der wird auch nicht lange Zeit verlieren mit der strupulösen Erwägung, ob nicht bei dem drohenden Zu

sammenbruch mit dem „Böjen“ auch der Gerechte", mit dem Nichtsnußigen auch das Gute und Besserungsfähige zu Grunde gehen könnte. Wer aber an dem Vorhandenen mitbeteiligt ist, der wird sich immer zur Mitarbeit an der Befferung des Vorhandenen, nie aber zu deffen unterschiedsloser Beseitigung bereit finden laffen. Denn diese Beseitigung würde auch seinen mühsam erworbenen Anteil verschlingen, ohne ihm ein sicheres Aequivalent in absehbare Aussicht zu stellen.

Die große politische Bedeutung des Sparwesens wird denn auch von den Regirungen der modernen Staaten allgemein anerkannt, und demgemäß ist allenthalben das Bestreben der Verwaltungen darauf gerichtet, eine Steigerung und Verallgemeinerung der Spartätigkeit, insbesondere bei den minderbemittelten Volksklassen, herbeizuführen. Diesem Zwecke am geeignetsten erschien nach der überlieferten An schauung das Institut der Postsparkassen, welches, von England ausgehend, seinen Weg über die Mehrzahl der Länder des Festlandes zurückgelegt hat. Auch die deutsche Reichsregirung plante die Einführung der Postiparkassen, die diesbezüglichen Einführungsversuche in den achtziger Jahren stießen jedoch auf Widerstand. Erneute Versuche dürften aber in Deutschland heute noch weniger Erfolg versprechen, zumal neuerdings der Beweis erbracht ist*), daß die bisher allgemein gehegte Ansicht von den angeblich großen Erfolgen der Postsparkassen eine irrige ist; daß die Postsparkassen, troßdem sie in Ländern mit zurückgebliebenen Spareinrichtungen Bemerkenswertes geleistet haben, mit ihren Ergebnissen und Leistungen selbst hinter den bestehenden deutschen Sparkassen zurückbleiben.

Seit dem vergeblichen Versuche der Regirung mit der Einführung der Postsparkassen ist weder im Reich noch in einem der größeren Bundesstaaten auf dem Gebiete des Sparkassenwesens Nennenswertes geschehen, abgesehen von einer stetig vorschreitenden, freilich noch sehr losen und inhaltlich sehr der materiellen Ausfüllung bedürftigen Aneinanderschließung deutscher Sparkassen zu Verbänden.

"

Da schien im Sommer 1894 die preußische Regirung sich zu einer Tat zu rüsten. Da die preußische Regirung seit längerer Zeit mit der Ausarbeitung eines neuen Sparkassengesetes beschäftigt ist, so durfte man um so größere Erwartungen hegen, als die preußischen Sparkassen seit nunmehr sechs Jahrzehnten einem Sparkassengefeße sehnsüchtig entgegenharren. Die Hoffnungen waren etwas verfrüht das Sparkaffengeset selbst war noch nicht reif. Dagegen fandte der Minister des Innern mittelst Rundschreibens an die Sparkassen einen Reformplan, um die breiten Schichten der Bevölkerung an regelmäßiges Sparen zu gewöhnen." Darnach sollten die Sparkaffen bei den Sparern allmählich Beträge von 50 Pf., 1 Mk., 2 Mt., 4 Mt. abholen lassen und diese Sparbeträge mii 17/10 Prozent verzinsen u. s. w. Ausführungsbestimmungen waren dem Rundschreiben nicht beigegeben. Dadurch gerieten die Sparkassenverwaltungen in arge Verlegenheit, die um so peinlicher empfunden werden mußte, als das Ministerium binnen Jahresfrist Berichte der Sparkassen über die Erfolge der nach seinen Anweisungen zu treffenden Einrichtungen erwartete. - Zuvörderst war die Frage zu beantworten, durch wen die Sparkassen die Spar beträge abholen lassen sollen. Abholungspersonal ist nirgends vorhanden, eigene Beamten anzustellen aber kostet Geld. Woher dies aber nehmen?! - Sollte das Ministerium von seinen Vorschlägen eine so gewaltige Zu nahme der Einlagen und Ueberschüsse erhoffen, daß die Deckung der Abholungskosten etwa aus den Mehrerträgen

* Vergl. Cornelius C. Loewe, Denkschrift zu August Scherls Sparfystem.

erfolgen sollte? Diese Annahme widerlegte sich jedoch sofort durch die Normirung des Zinsfußes auf 17/10 Prozent. 17/10 Prozent!? Bisher empfing der Sparer 3 bis 312 Prozent Zinsen, sollte ihn für die Zukunft der Zinssatz von 17/10 Prozent zu erhöhter Sparsamkeit reizen? Unmöglich! Denn wenn auch der Zinsfuß von 17/10 Prozent manch einem Sonderling durch seine reizvolle Ab. rundung besonders interessant und kurios erscheinen mag, so kann doch die gefällige äußere Gestaltung schwerlich für den ungleich geringeren materiellen Inhalt auf die Dauer entschädigen. Den Sparkassenbeamten erschien übrigens auch die äußere Gestalt des kuriosen Zinsfüßes keineswegs sonderlich anmutig, es schien ihnen sogar bequemer, mit dem alten ehrbaren, wenn auch weniger interessanten Zinsfuße von 3 Prozent die tausend und abertausend Konten ihrer Einlagen zu berechnen, als sich auf den neuen Fuß einzurichten. Es gab eine arge Panik unter den älteren Beamten der Sparkassen, und manch tüchtiger Rendant soll an seine Pensionirung gedacht haben.

So stand die Angelegenheit, bis im Januar 1895 die Broschüre eines Privatmannes Aufklärung und Licht in den ministeriellen Reformplan und Erlösung in die Herzen der Sparkassenbeamten brachte. Durch die von Herrn August Scherl in Berlin im Selbstverlage herausgegevene Schrift Das Ministerium Eulenburg und das Scherlsche Sparsystem" erhielt die Welt folgende Eröff nungen: Scherl hatte nach jahrelanger Vorarbeit ein Sparsystem ausgearbeitet, deffen wissenschaftliche und statistische Unterlagen Cornelius C. Loewe geliefert hat. Nach dem Scherlschen Plane sollten den Sparern die Einlagen durch Kaffenboten wöchentlich abgeholt werden und zwar in Beträgen von 50 Pf., 1 Mt., 2 Mt., 4 Mk. Die Sparbeträge sollten von vornherein in den Händen der Sparfaffe verbleiben, was einfach dadurch erzielt wird, daß die Kaffenboten die Sparmarken, welche als Quittungen über die von den Sparern empfangenen Beträge verwendet werden, von den Sparkassen gegen Baarzahlung kaufen. Um nun aber eine allgemeine Beteiligung der Bevölkerung an dem Sparsystem herbeizuführen, sollten die Zinsen des jeweiligen Sammeljahres- und nur diese welche nur durch die allwöchentliche Abholung der kleinen Einlagen schon im Laufe des Jahres erwachsen und welchen der Sparer um ihrer Geringfügigkeit willen keinen Wert beimißt, im Gebiete aller beteiligten Sparkassen zusammengezogen und nach einem vorher festgestellten Verlosungsplan als Prämie von 100 000 mt. bis 20 mt. abwärts unter die Sparer verteilt werden. Nach Schluß jedes Sammeljahres sollten die Jahreskonten für jeden Sparer auf ein gewöhnliches Sparkassenbuch umgeschrieben und demgemäß wie gewöhnliche Sparkasseneinlagen in üblicher Weise verzinst werden. An Zinsen sollten die Sparkaffen an das Verlosungs-Comité für jeden 4 MarkSparer jährlich 1 Mt. 80 Pf., für jeden 2 Mk.., 1 Mk.-, 50 Pf.Sparer den entsprechenden Bruchteil abführen. Diese Zinsbeträge entsprechen, wie Scherl ausführte, einem Zinsfuße von etwa 17/10 Prozent, deffen geringe Höhe er ausreichend begründet.

Ueber dieses Sparsystem, dessen eingehendere Gestaltung aus den unfaffenden Drucksachen zu ersehen ist, hat Scherl demnächst wissenschaftliche Gutachten vonseiten hervorragendster Autoritäten eingeholt, von denen hier nur die Profefforen Adolf Wagner und Wilhelm Roscher genannt sein sollen. Die umfassend begründeten Gutachten lauteten übereinstimmend günstig. Sämtliche Sachverständige kamen zu dem Resultat, daß das Scherlsche Sparsystem praftisch wol ausführbar und besser als alle anderen Einrichtungen, besonders auch als die Postsparkassen geeignet sei, die Spartätigkeit in vollkommenster Weise zu fördern. Zu demselben Ergebnisse gelangten auch die Ausschußmitglieder

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