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versuchte er ein Erperiment, das ich als gelungen bezeichnen kann. Der Gips ist bräunlich getönt, die Augensterne aber find zur Belebung und Vertiefung des Ausdrucks glasgrün gefärbt So kann man sich die Wirkung allerdings kaum vorstellen; es „wirkt“ aber. Die Kunsthandlung von Amsler und Ruthardt lud zur Besichtigung einer Ausstellung von Aquarellen des Professors Ascan Lutteroth ein, enthaltend die Ausbeute seiner diesjährigen Studienreise". Es war reichlich. Das Gemüt dieses Malers beunruhigt kein Problem; er malt den Himmel blau, die Bäume grün und die Häuser so, wie sie angestrichen sind.

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Für Eduard Munch hat dieses Mal der Verein Verliner Künstler keine Reklame gemacht. Weder in dessen heiligen Hallen noch sonst an offiziellem Orte konnte er eine Schar von Verwunderten vor seinen Werken versammeln. So mußte er, wie die Pfefferkuchenhändler vor Weihnachten, sich nach einem gerade leerstehenden Raume für seine Zwecke umsehen. In zwei Zimmern des ersten Stockes in einem Hause Unter den Linden fand er, was er suchte, und hing, nagelte oder klebte das, wozu er sich ein Jahr Zeit nahm zu malen, auf eine erbarmungslos geblümte Tapete. Ein Kassentisch mit einem Fräulein dahinter als einzige erforderlich erachtete Ausstattung; kein Teppich und ein Sessel wäre so notwendig gewesen! Auf dem frisch gestrichenen Boden vereinzelte Fuß- | spuren. Das Verdienst muß man Herrn Munch lassen: auf die Erregung sinnlicher Reize spekulirt er nicht. In seinen mystischen und symbolischen Fantasien giebt er sich mit der ganzen egoistisch-brutalen Rücksichtslosigkeit der krankhaft Nervösen. Es ist eine Qual, diese Exaltationen von Liebesschmerz zu sehen, diese verzerrten Leichengesichter, diese rohen Naturfraßen, die keine Kunst veredelt hat. Und doch halte ich Munch für ein Talent, aber für ein krankes, an dessen Aufkommen man zweifeln kann. Ob er nie einen guten Freund gehabt hat, der offen war zu ihm, oder ob er zu hochmütig war, sich von anderen raten zu lassen? Künstlerische Freunde hatte er noch vom vorigen Jahre her, als er in impressionistischen Sonnenbildern von der pariser Straße und in mehreren Bildnissen nicht nur eine energische Auffassung, sondern auch eine künstlerische Ausdrucksfähigteit offenbarte. In dem Porträt einer Dame, das er in der diesjährigen Serie mitbringt, zeigt sich dies Können nur noch in rudimentären Verkümmerungen. Vom Zeichnen zu schweigen, können scine früheren Freunde nun auch im Ton nichts mehr finden, womit sie ihre bisherige Sympathie verteidigen könnten. Munch wird nun wol der einzige sein, der an Munch glaubt.

In Gurlitts Salon kann man sicher sein, immer gute Gesellschaft zu treffen, selten daß sie gemischt wäre, selbst vor Weihnachten nicht. Man vergißt, daß man sich in einer Kunsthandlung befindet. Der Nachfolger Gurlitts bleibt dabei, seine Ausstellungen unter einem einheitlichen Gesichtspunkte zusammenzustellen.

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Die Bilder der November-Ausstellung gaben ein Bild der Kunstproduktion in Frankreich seit der Gründung der Schule von Fontainebleau bis auf den heutigen Tag. Dies Bild war weniger hervorragend in seinen Einzelheiten als in seiner lückenlosen Gesamtheit. Wer die Galerien des Louvre und des Luxembourg nicht gesehen hat und nicht Corot, noch Dupré, noch Daubigny oder Rousseau aus ihren großen Werken kennt, wird ja durch die einzelnen Nummern, die zum Teil nur Bilderentwürfe und Studien dieser älteren Meister waren, nicht den vollen Umfang ihrer Meisterschaft begriffen haben. Aber schließlich ist schon ein Katalog lehrreich. Die nachfolgende Schule von Battignolles war durch Werke vertreten, die an sich bereits sehr charakteristisch waren und es noch mehr wurden durch die unmittelbare Nachbarschaft derer von Fontainebleau. Man merkte den großen Umschwung, der sich vollzogen hatte und fah deutlich, worauf Claude Monet, Pissarro, Sisley, Renoir und ihre Freunde hinaus wollten. Auch Degas, der nicht nur Landschafter war, gehörte der Tafelrunde Monets an, der ihrer aller Pfadfinder und Bahnbrecher gewesen ist. Ribot und Vollon waren nach den Pseudoidealisten die Mitbegründer einer realistischen Kostümmalerei, von der Roybet ein noch lebender und auf der Höhe stehender Vertreter ist. Sieht man dann auch Arbeiten von Meissonnier, Détaille, Henner und Deschamps, so hat man aus der besten Zeit die Proben französischen Könnens, welches sich anzueignen nun

die Amerikaner und Norweger nach Paris kamen. Und wie diese dann mit frischerem Empfinden und unverbrauchter Kraft die Initiative ergriffen haben, das erkennen wir an den virtuofen, starken und stimmungsreichen Marinen und Freilichtakten des Alexander Harrison. Der farbige Schleier Whistlers liegt den Franzosen heute über den Augen; sein Einfluß ist ungeheuer auf alle, die im Marsfeld-Salon Kunst studiren. Jules Wengel-Etaples (ich kenne ihn als einen Leipziger mit dem Vornamen Julius) war auch dort und malt nun die Dämmerungen, wenn das goldene Tageslicht noch in der hohen Luft zittert, unten aber über dem Boden die blauen Schatten der Nacht sich mit den purpurnen Erddünsten mischen. Das ist die Geschichte der modernen Kunst der Franzosen, von ihrer Tronbesteigung und ihrer Abdankung.

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Diese Ausstellung französischer und in Frankreich entstandener Malwerke gab eine lehrreiche Retrospektive. Sie ist jezt mit einer Reihe von Bildern gewechselt, die die jüngste Gegenwart bedeuten, von deren Schwelle aus sich bereits ein Blick in die Zukunft auftut, in eine neue wunderbare Märchenwelt. Die Maler wollen nicht nur abmalen mehr, sie wollen auch dichten. Und weil sie ehrlich gelernt haben, die Gegenstände der sie umgebenden Welt treffend zu be= zeichnen und einen reichen Wortschat sich gewonnen haben, treten ihre Fantasiegebilde nicht als blasse Schemen, sondern in klaren bestimmten Umrissen, Gestalten von Fleisch und Bein, von Farbe und Leben greifbar vor unsere Augen. „Ausstellung von Werken iniger Symboliker" nennt Gurlitt sein neues Arrangement. Es sind aber auch Mystiker unter ihnen und simple Mythologiker. Nun ist es hübsch zu folgen, wie jeder auf seine Art in Gleichnissen redet: der eine durch eine Handlung, einen inneren Vorgang; durch äußerliche Attribute der andere; dieser durch das Temperament der Farben und jener durch den Rythmus der Linien. Der Stärkste aber erläutert seinen allegorischen Stoff durch die ymphonische Musik des malerischen Ausdrucks. Und wenn man hinter dem Wollen nach dem Können forscht, unterscheidet sich das Schiefe von dem Graden, das Tiefe von dem Seichten, der Finder von dem Sucher. Der Einheit des Gedankens, der dieser merkwürdigen Ausstellung die Tendenz giebt, ist nicht durch die Mehrheit der Zeit und des Ortes geschadet; eher geben diese in allerdings nicht zu weiten Zeitabständen, aber an fern auseinanderliegenden Kunstzentren geschaffenen Werke die Lehre von ihrer gemeinsamen natürlichen Entstehungsart.

In Paris hatte man sich zuerst an den technischen Problemen des freien Lichtes erschöpft, und es verlangte die geschickten Künstler darnach, ihre Errungenschaften auch an geistigem Stoffe zu verwerten. Da sich die Extreme nun einmal berühren, mußte dem Rationellen das Mystische folgen Insbesondere kultivirten die Amerikaner in Paris das Neue: Mac-Ewen, Walter Gay und E. B. Hirschfeld, von dem hier das Bild zu sehen ist, worauf ein altes Ehepaar sinnend vor seinem ländlichen Häuschen sißt, in Erinnerungen versunken. An was die Alten denken, wird durch die nebelhafte Erscheinung eines jungen Paares illustrirt, das vor ihren Augen im Garten wandelt und deshalb heißt das Bild „La | linquantaine". Eine malerische Lösung des Vorwurfs ist das nicht. Der Aufschwung des Kolorismus hat derlei Willkürlichkeiten zu logischen Notwendigkeiten gewandelt und auch das Stoffgebiet | verschoben und erweitert, sodaß sich bald verschiedene Gruppen von Tendenzmalern sondern ließen. In Belgien, wo der geniale Bildhauer Meunier seine plastischen Motive unter den Bergleuten und | Hüttenarbeitern findet, giebt es das sozialistische Tendenzbild als eine natürliche Konsequenz des radikalen Naturalismus. Nirgend wo anders her als von Brüffel kommt das dreiteilige Bild des Léon Frédéric: Le peuple verra un jour le lever du soleil". Trog technischer Mängel sind der Weltbrand und die Paradiesesfreude eindringliche Schilderungen. Eine starke Subjektivität, die in der belgischen Hauptstadt vereinsamt steht, nach außen aber anregend gewirkt hat, ist Ferdinand Khnopf, der mit seiner ungewöhnlich rätselhaften Sphinx ein ganz malerisches Zauberrätsel aufgiebt. Zauberrätsel aufgiebt. Die Symbolik der Engländer wuchs auf anderem Boden, dem konzentrirten Idealismus; sie ist älter, als die der anderen und hat seit langem sich zu einem Stil entwickeln

können. Davon giebt ein Werk von Walter Crane die kenn zeichnende Probe: „Die Roffe des Neptun", bäumende Wellen mit weißen Schaumfämmen, vom Gebieter des Elementes gepeitscht, brausen sie daher. In München aber hausen die Eklektiker, die von der Grundsuppe das Fett abschöpfen, nur das Fett. Hugo von Habermann glaubte mit einigen Absurditäten eine Originalität wolfeil zu erschwingen; jeine Bieth" fofettirt damit. Und O. Hierl- Deronco überzeugt auch durch nichts anderes als einen echt goldenen Schein für den Nimbus seiner sonderbaren „Heiligen". Albert Welti und Hans Sandreuther vermeinen als Auchschweizer das Recht zu haben, ihrem großen Landsmanne Böcklin auf seinem steilen Privatwege nachklettern zu können. Allzuhoch find sie dabei nicht gekommen.

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Eine sehr selbständige Kraft, welcher ein Vergleich mit Klinger keinen Abbruch tut, ist Frig Erler, der zur Zeit in Paris lebt. Ist sein „Salas y Gomez" allein ein vorzüglich gemalter Akt, so zählen auf dem anderen Bilde „Lotos“ noch weitere hohe Werte hinzu. Das Meer, das an die geheimnisvolle Felsenküste brandet, das lockende Winken des üppich-schönen Weibes, das Verlangen des verzückten jungen Rittersmannes und das kluge Warnen des alten,

diese Ballade ist mit einem Schwung, den die Meisterschaft des Ausdrucks beherrscht, erzählt; keine zerfahrene Romantik, knappe, flare, konkrete Schilderung. Ein Lyriker dagegen, mit mehr Empfindung noch als Kunstmitteln, zeigt sich Fidus. Das ist ein Lügenname, den sich ein ehemaliger Schüler und Sünger Dieffen bachs zugelegt hat. Numerisch ist er in dieser Ausstellung am stärksten vertreten; von seinen sechs Bildern, von denen jedes etwas bringt, will mir am besten das gefallen, wo das Auge über die Wipfel eines grünenden Waldes schweift, gen Westen, dessen Horizont die abendlichen Nebel verschleiern: „Und wieder einmal schwand die Sonne". In Ludwig von Hofmann dokumentirt sich ein verwantes Talent in köstlicher Reife, die es erlangt hat, troßdem eine misgünstige, unfähige Kritik ihm den Sonnenschein des Erfolges zu rauben sich heftig ereifert hat. Der Mann hat sich aber Gott sei Dank nicht irre machen lassen. Es ist schwer, den Reiz seines Bildes Versuchung" zu schildern. Schon darum ist es ein gutes Gemälde, weil sein Reiz ein rein malerischer ist. Jeder Gedanke, jede Empfindung ist Farbe. Noch steht der junge Adam zaudernd vor dem verführerischen Weibe, aber er wird nicht wiederstehen können, nicht ihm noch der verbotenen Frucht. Vor ihm tut sich der Abgrund auf in blauender Tiefe; es muß schön sein da hinunter zu finken, über sich das rosige Gewölk. „Mondschein“ heißt ein anderes Bild, kein besonderer Vorgang, ein schlicht empfundenes Gedicht, zwischen dessen Zeilen aber heimliche Dinge stehen, welche nur Mitfühlende erraten können: Auf dem Wiesenhang liegt der blaffe Schein des Mondlichts; unten im Schatten fit ein junges Menschenkind und schaut hinauf nach dem dunklen Haine droben, von wo aus verborgener Quelle in schmaler Rinne ein Bächlein herniederrieselt; silbern glißert der Mond darin.

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Darnach mag man sich an dem Deutobold Symbolizetti Jan Toorop nicht mehr den Kopf zerbrechen. Uebrigens kennen Sie den pußigen Malaien vom Münchener Glaspalast her.

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Friedrich Fuchs.

Die münchener Vierundzwanzig. Die Aufregung welche das berliner Publikum beim ersten Auftreten der Münchener Vierundzwanzig ergriffen, dürfte sich heute bei ihrer Wiederkehr nicht wieder bemerkbar machen. Glücklicherweise betrachtet man heute die Jungen" nicht mehr ausschließlich als Sensationsereignis. Wie über alles Fremde und Unbegreifliche hatte man zunächst über die befremdende Technik gelacht. Allmählich gewöhnt man sich daran und bald wird man es dahin bringen, auch unter den Werken dieser Richtung Gut und Böse, Gelungenes und Mislungenes zu unterscheiden, statt kritiklos die ganze Richtung entweder zu verdammen oder noch kritikloser sie unbedingt zu verherrlichen.

Uebrigens sind auf dieser münchener Vierundzwanziger-Ausstellung gerade die Führer des Bundes nur schwach vertreten Weder Kühl noch A. Keller ragen besonders hervor. Uhdes „Abschied des

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jungen Tobias" ist zwar eine tüchtige Leistung und dem gleichbenannten Bilde der münchener Ausstellung vorzuziehen. Aber es bestätigt auch die von mir schon mehrfach ausgesprochene Meinung, daß Uhde seinen Grundgedanken, Einführung des Zeitkostüms in die heilige Geschichte, nicht geistvoll genug variirt, um ihn lebens länglich ausbeuten zu können, ohne langweilig zu werden. Malerisch imposant ist dagegen der Studienkopf von H v. Habermann, der in seinem breiten meisterlichen Vortrag, in seiner farbigen Kraft und Schönheit allerersten Ranges ist

Eine ganze Galerie Strathmannscher Humoresken und Karrifaturen hat leider in den halbdunkeln Vorraum verbannt werden müssen, da Strathmann den Vierundzwanzigern nicht angehört. Und doch hätte er einen Ehrenplag unter ihnen verdient. Strathmann hat wie Oberländer eine ungeheure Gabe, drastisch zu karrifiren und oft mit wenigen Linien eine ganze Gattung Sonderlinge auf ewig zu blamiren. Er hat nicht den kleinlichen Witz des zeichnenden Reporters, sondern die gewaltige überlegene Kraft des großen Satirikers. Die Gesangvereinler im schlotternden Frack mit den roten Notenmappen und den krampfhaft verzerrten Gesichtern,

wir alle haben sie bereits mit Schaudern erlebt. Hier werden sie hingerichtet. Und diese Gigerlnallee! Ich muß zu meiner Schande gestehen, sowol der junge wolbeleibte Gigerl zur Linken, wie der schlotternde Modegreis zur Rechten könnten frappant getreue Abbilder von zweien meiner guten Bekannten sein. Sie sind lächerlich wolgetroffen, das sackhafte Exterieur wie die mangelnde geistige Potenz sind unverkennbar nach der Natur festgehalten.

Umfassender zeigt sich aber Strathmanns Begabung, wo er aus dem modernen Leben in das geschichtliche zurückgeht, um seinen beißenden Wig auch an den Modetorheiten vergangener Jahrhunderte zu üben. Die altrömische Casinoszene imponirt mir, dieses Sektfrühstück der havannahschmauchenden römischen Legionsoffiziere.

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Aber Strathmann ist nicht nur platter Realist", er macht auch dem modernen Symbolismus lebhaft Konkurrenz. Sa, er ist mir lieber, als diese angeblich überzeugungstreuen Symbolisten, denn er läßt es uns überall merken, daß sein Symbolismus nichts als Caprice und Laune ist. Er ist Symbolist der Linie, wie die „heiterbibbernden Schwanklinien“ (frei nach Toorop) der drei Clowns beweisen. Er ist Symbolist in der Farbe, denn das giftige Schreckensgrün der starr vorschießenden egyptischen Götterschlange auf dem Schreckensbilde beweist es. Hat er nicht etwas böcklinisch Entfehen erregendes in jener Schlange dargestellt, die züngelnd den grünen Leib auf dem engen Pfade heranschiebt?

Ich schweife damit ab; doch, offen gestanden, unter den „Vierundzwanzig“ hat mich der fünfundzwanzigste, Herr Strathmann, am meisten gepackt. Grade weil Strathmann mit so einfachen Mittelu arbeitet, weil er der Satire cinen eigenen grotesken und dabei monumentalen Stil gegeben, weil er in den karrikirten und stilisirten Formen ein hochentwickeltes Naturstudium ahnen läßt, weil endlich die Anspruchslosigkeit seiner Mittel dem Fernerstehenden das dahinter verborgene künstlerische Können verheimlicht, gerade darum verdient hervorgehoben zu werden.

Doch zurück zu den Vierundzwanzig. Eine höchst erfreuliche Leistung ist Joseph Blochs Klavierspieler. Die wogenden, falten und warmen schwärzlichen Töne, der langgezogene mattbraune Ton der offenen Klaviatur, das hereindämmernde Licht, das gerade genügt, um in Kopf und besonders in den Händen des Spielers das Beseelte ahnen zu lassen, dies alles prägt auf das feinste eine andachtsvolle musikalische Stimmung durch malerische Mittel aus Gut beobachtet ist die Gestalt und Haltung des Spielenden, der sich ganz seiner Aufgabe hingiebt, und ebenso die Art der Griffe.

Eine ähnliche Tonskala, aber weniger reich und weit fälter, herrscht in Opplers Porträtbild einer „Dame am Klavier". Ge| lungener scheint mir Opplers Porträt einer alten Dame, die im halbdunkeln Raume behaglich in ihrem Arbeitswinkel sigt. Es ist farbiger, und giebt durch seine genrehafte Anlage ein woltuendes und vermutlich auch höchst charakteristisches Bild der Persönlichkeit in ihrem Milieu. Das Helldunkel ist auch in Fehrs Genrebild „eine Vorlesung", (Werterkostüme) gut durchgebildet, während desselben Künstlers Balletszene uns, wie so oft, hinter die Kulissen blicken

läßt, wo im rötlichen Scheine der Lampen trifotumkleidete Extremi täten zur Schau gestellt sind. Lepsius Gruppenbild zeichnet sich durch zwanglose Komposition, energische Farbe und scharfe Zeichnung aus.

Unter den Landschaften sind einige fein gestimmte Arbeiten von Dill sehr anziehend, der feines gebrochenes Grausilberlicht mit seinen zarten Reflexen und seinem dunstigen Tone malt Die überschwemmte Wiese mit dem Heustapel und den kahlen Bäumen schien mir besonders geglückt. Glutvolle Sonne lagert dagegen über H. Oldes blumiger Wiese Glänzenden Sonnenschein in seiner Ausstralung auf Steinmauern und Steinbänke malt Nicmeyer sehr geschickt Im Effekt kommen ihm Vetters Flußlandschaften mindestens gleich. Doch vermag mich Better nicht zu überzeugen, daß Laubwerk jemals so rmselig und monoton in der Zeichnung erscheint, als er annimmt. Auch seiner Art, die Schlagschatten der Bäume roh und massiv als lange, formlose ultramarinblaue Streifen mit gelbem Rande darzustellen, kann ich nicht folgen. In der Farbe mag die Erscheinung richtig beobachtet sein, in der Form ist sie Karrikatur.

Man muß den XXIV zugestehen, daß sie gewissenhaft fast nur tüchtige Arbeiten zugelassen haben. Die kleine Ausstellung macht somit der münchener Kunst alle Ehre. Bedauert habe ich nur, daß Maison es nicht für der Mühe wert gehalten, mehrere feiner farbigen Skulpturen auszustellen, sondern sich mit dem Nigger begnügte, der wol auch symbolisch aufgefaßt werden könnte als Darstellung des Sprichwortes „wens juckt, der kraße sich.“ Nach dem Erfolge Maisons auf der münchener Sezessionistenausstellung wäre eine Vorführung seiner Werke in Berlin recht erwünscht.

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Es ist stets erUnd eine Ruine,

Kunstausstellung der kgl. Akademie. freulich, wenn aus Ruinen neues Leben sprießt altersgrau und ehrwürdig, war unsere Akademie geworden, bis sie durch Einreihung jüngerer Kräfte neues Leben gewann. Zwar in dem Kampfe um die „große akademische Ausstellung“ gelang es dem von A. v. Werner beherrschten Künstlerverein, gegen die Akademie Vorteile zu erringen. Nun aber rächte sich diese, indem sie im Akademiegebäude selber Ausstellungsräume schuf. und zunächst durch eine Ausstellung der Werke ihrer Mitglieder einweihte. Die Renovirung des Uhrsaales und der anschließenden Räume erfolgte durch das Mitglied der Akademie Baurat Wallot, und die Absicht ging dahin, „cine würdige Stätte der Kunst zu schaffen". Der Zweckt ist hier wol kaum erreicht, und es hätte auch ganz anderer energischer Eingriffe bedurft, um aus dem halbdunkeln langen Saale und aus ier allzu lichtreichen Gallerie etwas ganz Zweckentsprechendes zu schaffen. Es mag unter den obwaltenden Umständen allerdings nicht wol angängig gewesen sein, so durchgreifend zu verfahren, aber wir dürfen nicht müde werden, diese Mängel zu betonen, bis ein neues würdiges Gebäude geschaffen ist.

Nicht weniger wird aber der Eintretende enttäuscht durch das Arrangement der Bilder, durch die mangelnde Dekoration der Räume, und dafür find allerdings die Aussteller verantwortlich zu machen.

Lenbach hatte es auf einer der leßten münchener Ausstellungen für notwendig gehalten, den Museumsbeamten eine praktische Lektion. in der würdigen Ausstattung" von Museumsräumen zu erteilen Vielleicht hätte der Senat der Akademie hieraus manche Anregung schöpfen können. An die Leistungen einer so hochansehnlichen Körperschaft dürfen und müssen wir bei ihrer Eröffnungsausstellung außergewöhnliche Anforderungen stellen. Es hätte gezeigt werden können, daß Ausstellungsräume nicht Bildermagazine sein dürfen, an deren Wänden sich bis hoch zum Gewölbe hinauf Vild an Bild drängt, wie der Hering in der Tonne. Man brauchte nicht Lenbachs Manier sich anzuschließen, der ein makarthaftes Prunkatelier anstrebt, mit dekorativ umhergestellten Tronzen und Fayencen spielt, bald ein Bild kofett an einen Stuhl lehnt, bald eine Bronze schalkhaft in eine Portière vergräbt. Man hätte die Aufnahme derart beschränken sollen, daß jedem Werke ein angemessener Raum zur Verfügung stand, der es zur Wirkung kommen ließ. Man mußte dafür Sorge tragen, daß der Raum schmuckreich erschien, ohne durch Prunk die Kunstwerke zu

beeinträchtigen. Es mußte in dieser Richtung etwas Mustergiltiges geschaffen werden. Und nun nichts von alledem.

Es kann nicht der Zweck dieser Ausstellungen sein, mit unseren besseren Kunsthandlungen, wie Gurlitt und Schulte, zu fonfurriren. Bornchmheit und rein künstlerisch - erziehliche Absichten müssen sie charakterisiren. Die jeßige Ausstellung läßt diese Absicht auch hervortreten. Bedauerlich ist es, daß aus räumlichen Rücksichten Architektur und sogar Plastik in den Hintergrund treten mußten. Sie mußten das leider immer und überall, ganz besonders die Architektur. Wir möchten wünschen, daß eine der fünftigen Ausstellungen der Architektur und der Innendekoration gewidmet wird, und daß die Herren Architekten bei dieser Gelegenheit außer den für den Fachmann maßgebenden Schnitten und Grundrissen auch hinreichend Modelle, Photographien und farbige Perspektiven ausstellen, um das größere Publikum zu interessiren. Mitglieder der Akademie, wie Wallot, Grisebach und Open, als charakteristische Vertreter des monumentalen Profanbaues, des Privat- und des Kirchenbaues würden ja genügen, um selbst ohne weitere Assistenz eine fesselnde Architektur-Ausstellung zu liefern. Das größere Publikum dürften diesmal die Endeschen Entwürfe japanischer Regierungsgebäude intereffiren, mit ihrer eigentümlichen Anpassung curopäischer Bauformen an den japanischen Stil.

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Die Malerei dominirt aber vorläufig, und mit sorgfältiger Wahl ist für die Vertretung der besten Meister, freilich nicht immer durch ihre besten Werke, gesorgt. Vieles ist von der münchner Ausstellung her bekannt. So haben wir damals schon Herkomers meisterhafte Magistratssigung" unseren Lesern gerühmt. Wer allerdings das Bild in München gesehen, wird es hier, obwol es einen bevorzugten Plaß hat, kaum wiedererkennen, so ungünstig wirken Stellung und Beleuchtung. Das gleiche gilt von Koners schneidigem Kaiserporträt. Der beleidigende Ton des grauen Mantels, unter dem heute jedes empfindsame Auge auf allen Straßen zu dulden hat, ist mit unerbittlicher Schärfe im Bilde beibehalten, und überdies ins schärffte Licht gerückt.

Nicht minder verhängt“ ist Leibls „Interieur". Wie würde der in München etwas über Gebür gepriesene Meister erstaunt sein, sähe er sein Werk an diesem Plaze.

Ueberrascht wird man hier nur selten. Die Künstler, wie ihre Werke sind meist wolbekannt, ihr Ruhm ist ein alter und wolgefestigter. Alte und neue Richtung vereinen sich in vornehm friedlicher Ruhe. Neben A. v. Werners „Mausoleum“ findet sich Hugo Vogels „Kirdenlied“ und Skarbinas „Karlsbader Promenade“. Nur ist man vorsichtig genug gewesen, diese licht- und luftdurchströmten Werke von Werners blauschwarzem Schattenbild respektvoll fernzuhalten, damit nicht durch die ungetreuen Profefforen der direktoriale Erfolg gemindert wird.

Noch weiter in die alte Zeit führen uns Schraders „Philippine Welser (gemalt 1862) und Hüntens „Rekognoszirung“ (gemalt 1868). Wem diese Limonade zu matt, der mag sich an Schönlebers prächtiger Brandung oder an Claus Meyers feintönigem „Feinschmecker“ laben.

Auch die auswärtigen Mitglieder haben sich rege beteiligt, und während die Menge Paffinis schöne Venezianerinnen, Alma Tadenas weltberühmten Marmor und Michettis farbenheitere paesani als alte wolbekannte Lieblinge begrüßt, wird der Kenner das Doppelporträt von Dagnan-Bouveret bevorzugen Böcklin und Menzel, Becker und Achenbach fehlen nicht, und ehrfurchtsvoll schweigt die Kritik, wo große Namen für sich selber reden

Die Ausstellung gleicht der Antrittsrede eines neugewählten Vereinsvorstandes. In wolgesezten Worten wird ein Programm gegeben, das in möglichst schönen Wendungen möglichst vieles vielen verspricht.

Wir sind begierig zu erfahren, was eigentlich die wahre Meinung ist, ob Eliteausstellungen zu erwarten sind, oder ob die edle Mittelmäßigkeit auch von diesen Räumen Besit ergreifen wird. Wir erwarten das Beste.

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Dann

Höchst originell ist seine Einteilung der italienischen Renaissance: Florentiner, 2) Venetianer (wobei er die Certosa zu Pavia nach Venedig verlegt, 3) Norditalische, 4) Hochrenaissance. wundern wir uns nicht, wenn er die Renaissance 1453 beginnen läßt, Dante, Raffael und Michelangels als „Vahnbrecher“ derselben ansieht und so mit heiterem Lächeln alles durcheinander wühlt Als Proh noch einige seiner Notizen über Berlin Von Knobelsdorf sind einige bauliche Leitungen am Schloß zu Sanssouci," die Kuppeltürme des Gensdarmenmarktes sind fast rein hellenisch,“ das Brandenburger Tor wird 1793 begonnen“ u. s. w. Warum hat der Verleger das Büchlein nicht zu Faßnacht herausgegeben? Oder ist die mecklenburger Kunsthistorie immer in Karnevalslaune?

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Musikalische Chronik.

6. છું.

Seinem Grundsaß, in alten Geleisen festgefahrene Werke zu frischer Lebendigkeit emporzuheben oder wagemutig für neue Werke und ihre Schöpfer Bahn zu brechen, hat Siegfried Ochs mit seinem immer blendendere Klangschönheit entfaltenden Philharmonischen Chor auch im legten Konzert energischen Ausdruck gegeben. Die Namen dreier Komponisten standen auf dem Programm: Anton Bruckner, der sein künstlerisches Leben hindurch von der gegnerischen Brahms - Clique geheßte greife Meister, mit seinem großartigen Tedeum; Eugen d'Albert, der mit fruchtbarer Schaffenskraft bcgnadete geniale Künstler, mit seinem neuesten Chorwerk „Der Mensch und das Leben"; endlich Hugo Wolf, der durch mehrere Liederzyklen schnell zu Ansehen gelangte junge Komponist, mit vier neuen geistvollen Solo- und Chorgefängen („Feuerreiter"). Mit anhaltendem Beifall und jubelnden Hervorrufen ehrte das begeisterte Publikum die anwesenden Komponisten, die mitwirkenden Solisten, unter denen die drei holländischen Damen Jeannette de Jong, Anna Corver und Marie Snyders durch ihre klangfrischen Stimmen hervorragten, und die glänzenden Leistungen des Chores und seines genialen Dirigenten. M. - rt.

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auch über das „Man jagt“ der guten Gesellschaft in Gemeinschaft mit einem Herrn von Waldberg so reizend zu scherzen wußte, nämlich Victor Léon, welcher zahlreiche Vorzüge und einen Accent aigu besitzt. Aber selbst in München, wo man den Gringoize „anmutig" fand, ist die Begeisterung für die neue fomische Oper nicht so groß gewesen, daß man sie komisch gefunden hätte. Brüll soll das Versehen begangen haben, Klagen des Königs über das viele Rauchen seiner Hofleute als Trauerspielepisode aufzufassen und was der kleinen Irrtümer mehr sind. Stellenweise ist die Oper schön und stimmungsvoll."

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In Frankreich giebt es jezt eine nationale Musikgrößze mehr; das ist Emmanuel Chabrier. In andern Ländern, nämlich in Deutschland und Belgien, war er bereits gewürdigt worden. Die Monnaie führte ihn auf, und Felix Mottl stellte ihn den Karlsruhern vor sechs Jahren mit seinem Hauptwerk vor, das jezt eben in Paris entdeckt und bejubelt worden ist: Gwendoline. In Berlin hat Levi in diesem Winter ein wichtiges Stück davon zu Gehör gebracht: das empfindungstiefe Vorspiel zum zweiten Akt, das uns mehr respektgebietend als hinreißend crschien.

Die Aufführung in der großen Oper war „nicht nur ein Sieg, nein ein Triumph." Alles ist voller Jubel über diese Rehabilitation, und der Musiker, der indes 52 Jahre alt geworden ist und im fünften Stock wohnt, wird ganz ausdrücklich als ein Förderer nationalen Ruhms hingestellt seit gesteen! Tatsache ist jedenfalls daß die Oper vor der Aufführung der Walküre wahrscheinlich durchgefallen wäre. Erst die Wagnersche Musik hat französische Ohren für solche Töne geschult. Denn Chabrier ist ein Schüler Richard Wagners wie wahrscheinlich kein anderer lebender Franzose. Allein das Vorspiel zur „Gwendoline“ beweist es, das in seiner Art an den „Tristan“ mahnt. Sehnende, hingezogene Töne, die sich langsam voneinander loslösen . . . Daneben Berliozscher Einfluß.

...

Tatsache ist auch, daß nur ein Zufall, nicht etwa das Kunstverständnis der Direktion die Oper auf die Bretter gebracht hat. Herr Carvalho, der im Ozean der musikdramatischen Kunst steuerlos und vergnügt herumplätschert, fragte eines Tages einen Dichter, nämlich Catulle Mendès, ob er ihm rate, „Fidelio“ aufzuführen; oder wenn das nichts sei, etwa einmal den Chabrier auf die Bühne zu bringen. Catulle Mendès machte darauf aufmerksam, daß die Oper des van Beethoven wol zum Schluß recht hübsch sei, aber im übrigen... Dagegen riet er warm, „Gwendoline“ von Chabrier

zu spielen.

Zufällig hatte er für dieses Werk den Tert verfaßt.. Er selbst schrieb nun in pariser Zeitungen mancherlei über Chabrier, das ge= eignet war, interessant und rasch berühmt zu machen. Er erwähnte dabei, daß Chabrier einst eine Oper, betitelt „Briseis“, aufführen lassen werde, welche noch weit bedeutender als „Gwendoline“ sei, die Aufführung der Oper „Briseis" werde ein „Datum“ in der französischen Musikgeschichte sein, - ein leuchtendes Datum, und zwar ein Datum, welches eine neue Aera einleite.

Zufällig hatte er auch für dieses Werk den Text verfaßt.

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Wiederum fällt wegen Raummangels die Litteraturtafel aus.

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Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart, Berlin, Leipzig.

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Derantw. Otto Neumann Hofer, Berlin. Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Berlin und Stuttgart. Gedruckt von der Buchdruckerei im Buchhändlerhaus (jrüher: R. Gensch), Berlin SM., Mauerstraße 80 u. Wilhelmstraße 47, Aufgang C. Expedition: Sriedrichstr. 207, Berlin SW.

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