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Lebensführung hat stets einen poetischen Reiz, während Uhlands schlichte Gestalt und einsilbige Rede den Dichter verbarg und sein stilles Dasein die zurückhaltende, herbe Darstellung zu fordern scheint, die ihm seine Witwe be= schert hat. Uhland sagte: „Wenn der Frühlingswind weht, knospet die Saat" und ließ seinem reichen Dichter frühling nur mit langen Pausen die Nachernten folgen, bis ihm die Poesie, wie sie früher von seinen Studien gezehrt hatte, ganz in der Wissenschaft aufging, zu deren einsamem Betrieb eine brutale Vergewaltigung von dem Lehrstuhl weg diesen pflichtstrengen Mann zwang. Kerner dichtete so lange er lebte. Er besingt sein Rickele als Braut und als Gattin und er bringt der Abgeschiedenen lyrische Totenopfer. Er muß dichten. Poesie gilt ihm wie Ärnim für ein arbeitsloses Singen: die Natur singt im Dichter. Vereinzelt ein politischer Ton, wieder im Gegensatze zu Uhland; vorwaltend eine linde, doch hie und da in Dissonanzen ausklingende Melancholie, die das Wort, Poesie sei tiefes Schmerzen, gern nachspricht oder, wie Eichendorff es bildlich wendet, den Schmerz als Trauerflor über die Bäume hängt. Der Arzt Justinus kennt ein Allheilmittel: den Tod; der ist auch auf seinem Rezeptbüchlein als Gerippe abgebildet und droht oder lockt in zahlreichen Gedichten. Kerner denkt bei der grünen Tanne an den bretternen Sarg, beim Flachs ans Leichenhemd, bei ciner schönen, weichen Hand daran, wie woltuend sie ihm die Augen zudrücken möchte. Als er nach und nach fast erblindete, fand er an grotesken und unheimlichen „Klecksographien" - sie sind in einem Band vereinigt worden sein Vergnügen, wie sie die Schulkinder aus „Tintensäuen" auf zusammen gepreßten Seitenhälften herstellen, und dichtete schwer mütige und bizarre Erläuterungen zu den „Hadesbildern" der so entstandenen Nachtschmetterlinge, Geister, Teufel, Geripppe. Hatte Uhland die romantische Welt dichtend verdichtet und fast überall in wolbedachten sicheren Formen ein schönes Ebenmaß gefunden, so löste Kerners Lyrik sich gern, ohne diese klare, tageshelle Plastik, in Stimmungen auf und hing einer träumenden Symbolik nach. Bleibt Uhland meist in der welligen Lenzlandschaft Schwabens, so weiß Kerner, darin goethischer als sein Freund, auch den mächtigen Sturm mit großen panthe istischen Akkorden zu begrüßen, selbst ein Teil der schaffenden Natur". In ihr webend und dämmernd, lehnt der Romantiker sich auf gegen das „Wissen" und schilt „Im Grase" weltfremd klagend die „dampfestolle" Zeit der Eisenbahnen, was dem Elegiker eine urgesunde und schwungvolle Antwort G. Kellers zuzog. Freilich, das alte Wanderleben erschien soviel poetischer, und auf dem Marsch zum Bahnhof hätte Justinus niemals sein herrliches „Wolauf noch getrunken" singen können. Hier in den volksmäßigen Gattungen trifft er mit Uhland, mit anderen Schwaben, mit Eichendorffs ewig wandernder Muse zusammen. Auch er ruft mit dem Volkslied die Fein liebchen, Nonnen und Schäfer romantisch auf, auch er weilt so gern am rauschenden Mühlbach, auch er pflegt die Ballade weitab von Schillers großem breitchetorischen Kunststil in populärem Vortrag, aber ohne Uhlands vollen Ton und stilgerechte Ausmünzung der Stoffe. Der lieblich heiteren Legende des Geigers von Gmünd oder dem hellen Preis schwäbischer Volkstreue stehen düstre und elegische Stücke gegenüber vom todesmüden Kaiser Rudolf, von den vier wahnsinnigen Brüdern, vom spukhaften Mord mit dem Kehrreim „Die Mühle steht stille", vom Traum des Arztes, dem seine verstorbenen Kunden erscheinen. Kerner erkannte Uhlands durchgebildetere Form gern an, wollte aber mit dem guten Recht der Indie vidualität von einer sogenannten schwäbischen „Schule"

Mit cignem Schnabel jeder singt,
Was halt ihm aus dem Herzen springt

So hat er sich zeitlebens in Gedichten Luft gemacht, wenn ihm weh ums Herz war und er die Menschen schalt, die er doch so warm liebte, oder wenn Freud und Lustigkeit den melancholischen Untergrund vergoldeten.

Uhlands ungelenke Schweigsamkeit hat bei aller adeligen Güte nur wenige Menschen recht nah an ihn herankommen lassen, wogegen Kerner trok dem Hang zur Schwermut, oder vielmehr, weil er die Gefahr der Einsamkeit kannte, einer der geselligsten und aufgeknöpftesten Menschen war. Noch leben manche, ein paar auch in Berlin, die vom alten Kerner viel zu erzählen wissen. Einen vollen Strom anekdotischer und zusammenhängender darstellender Mitteilungen haben uns seine Kinder, erst Frau Maria Niethammer und nun, ohne Scheu vor kleinen Wiederholungen, Theobald Kerner, Dichtersohn und_selbst ein Dichter, zugelenkt. Unser Gewährsmann, der berufenste, den es geben kann, berichtet aus den von ihm miterlebten Jahren 1822-1862, teils durch Momentbildchen, teils in ausführlichen Geschichten. Er macht uns völlig heimisch in Haus und Garten. Wir hören die Maultrommel zirpen und die Aeolsharfen schwirren, wir klettern in den Geisterturm und lernen im Sargzimmer das Gruseln, wir tafeln bei Frau Rickele und machen mit Vater und Sohn einen drolligen Rundgang nach den besten weinsberger Eierkuchen, wir fahren mit dem Leibkutscher, der zugleich Totengräver ist, oder einem seiner Nachfolger, einem harmlosen Simpel, auf Praxis, wir gucken mit dem rüstigen Mann in die Welt hinaus und spinnen uns ein mit dem Erblindenden, wir lachen über seine famosen Späße und wohnen schließlich gern dem Hinauswerfen zudringlicher pietistischer Seelenretter bei, wir treten leise in die Sphäre der bleichen Seherin und lauschen dem Weinprofeten Klopferle, aber auch graulichen, dabei furchtbar komischen Bauchrednern, die aus den Besessenen heraus brüllen. Gerade dies weinsberger Kapitel hat Theobald Kerner ausgezeichnet vorgetragen. Ihm war durch die ganz einzige Gastlichkeit der Eltern Gelegenheit geboten, nicht blos alle Originale in und um Weinsberg mit Muße zu beobachten, sondern auch aus der Fremdenschar, die Jahr aus Jahr ein da unter der Weibertren vorsprach, manchen interessanten Charakterkopf in einem feinen Gedächtnis festzuhalten. Uebrigens fehlen auch dreiste Freibenter wie Benkert-Kertbeny nicht neben den zahl- und namenlosen Neugierigen und den berühmten Männern. Besonders eingehend ist von Venan und Graf Alexander, von Uhland und Schwab, von Freiligrath und Geibel, von Strauß und Vischer die Rede. In diesen Erinnerungen läuft Ernst und Scherz verträglich durcheinander. Wie Theobald einem fremden Schulrat weismacht, der Herr da in der Laube liege in magnetischem Schlaf, und nun Gustav Schwab, der sein Mittagsnickchen macht, eine fremde Hand auf der Herzgrube fühlt, das ist ebenso lustig dargestellt, wie die Sendung eines dummen Kerls zu David Strauß, den er auf die foppende Instruktion hin sofort traulich duzt n. f. w. oder das Quiproquo, daß ein genasführter Kekerrichter einen jüdischen Krämer für den Urheber des „Lebens Jesu" nimmt und verdonnern will. Da wir auch auf Grund dieses Buches annehmen müssen, daß der freie Sinn des gottergebenen, aber jedem Zelotentum abholden Justinus in seinem Sohne fortlebt, sind uns ein paar Seiten lästig, die gewiß gegen die Absicht des Verfassers den Parteigängern jenes schon halbverschollenen Tendenzromans „Eritis sicut Deus" zu neuer Verleumdung dienen könnten. Auf die unglückliche Che Straußens möge ein Schleier fallen, obgleich Strauß selbst in den nachgelassenen, von ihm für den Druck bestimmten „Litterarischen Denkeine gegenteilige Beleuchtung zu rechtfertigen, so ist kein Anlaß, hier durch Abdruck seltsamer Valetverse einen andern berühmten Landsmann als fahnenflüchtigen Bräutigam bloszustellen. Wir glauben durchaus an keine böse Absicht des Verfassers; nur galt es hier, die Gefühle der überlebenden nächsten Angehörigen zu schonen.

nichts wissen; denn wo sei diese Schule? In der Natur. | würdigkeiten" der schuldlosen Frau das Gegenteil eines Ritterdienstes erwiesen hat. Scheint aber dies Totengericht | pflegt sich der Lehrer, aus guten Gründen, sehr zu lang=

Hie und da lüftet Theobald Kerner schon die reichen Briefschätze seines Hauses. Er teilt Blätter des Prinzen Adalbert von Baiern mit und längere sehr interessante Episteln des vielberufenen Prälaten Fürst Alexander Hohenlohe, dem der gute Justinus wirklich auf inständiges Verlangen anonym sechs Fastenpredigten geliefert hat. Dabei wird auf den später im Druck erscheinenden Briefwechsel" Kerners hingewiesen, der nach S. 211 für die Zeit 1809 bis 1823 allein zehn dicke Sammelbände umfaßt. Das ist frohe Kunde, auf die wir lang gewartet haben. Hoffent lich beschleunigt die gute Aufnahme des vorliegenden Gedenkbuchs nun die Herausgabe der gesichteten Korre spondenz.

weilen.

„Vielleicht giebt es noch Menschen, die in dieser ganzen Komödie der deutschen Arbeit auf dem Gymnasium nicht nur das allerabsurdeste, sondern auch das allergefährlichste Element des jezigen Gymnasiums sehen. Hier wird Originalität verlangt, aber die in jenem Alter einzig mögliche wiederum verworfen: hier wird eine formale Bildung vorausgesetzt, zu der jekt überhaupt nur die allerwenigsten Menschen im reifen Alter kommen. Hier wird jeder ohne weiteres als ein litteraturfähiges Wesen betrachtet, das über die ernstesten Dinge und Personen eigne Meinungen haben dürfe, während eine rechte Erziehung gerade nur darauf hin mit allem Eifer streben wird, den lächerlichen Anspruch auf Selbständigkeit des Urteils zu unterdrücken und den jungen Menschen an einen strengen Gehorsam unter dem Szepter des Genius zu gewöhnen. Hier wird eine Form der Dar stellung in größerem Rahmen vorausgesekt, in einem Alter, in dem jeder gesprochene oder geschriebene Satk eine Barbarei ist. Denken wir uns nun noch die Gefahr hinzu, die in der leicht erregten Selbstgefälligkeit jener Jahre liegt, denken wir an die eitle Empfindung, mit der der Jüngling jekt zum ersten Male sein litterarisches Bild im Spiegel sieht - wer möchte, alle diese Wirkun

Ueber die Zukunft unserer Bildungs-Anstalten. gen mit einem Blick erfassend, daran zweifeln, daß alle

Sechs, im Auftrag der

„Akademischen Gesellschaft" in Basel gehaltene, öffentliche Reden

Von

Friedrich Nieksche.

Zweiter Vortrag (Fortsekung).

„Man muß nur beachten, was in einem solchen Alter bei der Produktion einer solchen Arbeit, vor sich geht. Es ist die erste eigene Produktion; die noch unentwickelten Kräfte schießen zum ersten Male zu einer Krystallisation zusammen; das taumelnde Gefühl der geforderten Selbst ständigkeit umkleidet diese Erzeugnisse mit einem aller ersten, nie wiederkehrenden berückenden Zauber. Alle Verwegenheiten der Natur sind aus ihrer Tiefe hervorgerufen, alle Eitelkeiten, durch keine mächtigere Schranke zurück gehalten, dürfen zum ersten Male eine litterarische Form annehmen: der junge Mensch empfindet sich von jekt av als fertig geworden, als ein zum Sprechen, zum Mitsprechen befähigtes, ja aufgefordertes Wesen. Jene Themata nämlich verpflichten ihn, sein Votum über Dichterwerke abzugeben, oder historische Personen in die Form einer Charakterschilderung zusammen zu drängen, oder ernsthafte ethische Probleme selbständig darzustellen, oder gar, mit umgekehrter Leuchte, sein eignes Werden sich aufzuhellen und über sich selbst einen kritischen Bericht abzugeben; - kurz, eine ganze Welt der nachdenklichsten Aufgaben breitet sich vor dem überraschten, bis jekt fast unbewust gebliebenen jungen Menschen aus und ist seiner Entscheidung preisgegeben.

„Nun vergegenwärtigen wir uns, diesen so einflußreichen ersten Originalleistungen gegenüber, die gewöhne liche Tätigkeit des Lehrers. Was erscheint ihm an diesen Arbeiten als tadelnswert? Worauf macht er seine Schüler aufmerksam? -- Auf alle Exzesse der Form und des Gedankens, das heißt, auf alles das, was in diesem Alter überhaupt charakteristisch und individuell ist. Das eigentlich Selbständige, das sich, bei dieser allzu frühzeitigen Erregung, eben nur und ganz allein in Ungeschicktheiten, in Schärfen und grotesken Zügen äußern kann, also gerade das Individuum wird gerügt und vom Lehrer zu Gunsten einer unoriginalen Durchschnittsanständigkeit verworfen. Dagegen bekommt die uniformirte Mittelmäßig keit das verdrossen gespendete Lob: denn gerade bei ihr

Schäden unserer litterarisch- künstlerischen Deffentlichkeit hier dem heranwachsenden Geschlecht immer wieder von neuem aufgeprägt werden, die hastige und eitle Produktion, die schmähliche Buchmacherei, die vollendete Stillosigkeit, das Ungegohrene und Charakterlose oder kläglich Gespreizte im Ausdruck, der Verlust jedes ästhetischen Kanons, die Wollust der Anarchie und des Chaos, kurz die litterarischen Züge unserer Journalistik ebenso wie unseres Gelehrtentums.

„Davon wissen jekt die wenigsten etwas, daß vielleicht unter vielen Tausenden kaum einer berechtigt ist, fich schriftstellerisch vernehmen zu lassen, und daß alle an deren, die es auf ihre Gefahr versuchen, unter wahrhaft urteilsfähigen Menschen als Lohn für jeden gedruckten Sak ein homerisches Gelächter verdienen, denn es ist wirklich ein Schauspiel für Götter, einen litterarischen Hephäst heranhinken zu sehen, der uns nun gar etwas kredenzen will. Auf diesem Bereiche zu ernsten und unerbittlichen Gewöhnungen und Anschauungen zu erziehen, das ist eine der höchsten Aufgaben der formellen Bildung, während das allseitige Gewährenlassen der sogenannten „freien Persönlichkeit" wol nichts anderes als das Kenuzeichen der Barbarei sein möchte. Daß aber wenigstens bei dem deutschen Unterricht nicht an Bildung, sondern an etwas anderes gedacht wird, nämlich an die besagte „freie Persönlichkeit", dürfte aus dem bis jetzt Berichteten wol deutlich geworden sein. Und so lange die deutschen Gymnasien in der Pflege der deutschen Arbeit der abschenlichen gewissenlosen Vielschreiberei vorarbeiten, so lange sie die allernächste praktische Zucht in Wort und Schrift nicht als heilige Pflicht nehmen, so lange sie mit der Muttersprache umgehen, als ob sie nur ein notwendiges Uebel oder ein toter Leib sei, rechne ich diese Anstalten nicht zu den Institutionen wahrer Bildung.

„Am wenigsten wol merkt man, in Hinsicht auf die Sprache, etwas von dem Einflusse des klassischen Vor= bildes: weshalb mir schon von dieser einen Erwägung aus die sogenannte „klassische Bildung", die von unserem Gymnasium ausgehen soll, als etwas sehr Zweifelhaftes und Misverständliches erscheint. Denn wie könnte man, bei einem Blicke auf jenes Vorbild, den ungeheuern Ernst übersehen, mit dem der Grieche und Römer seine Sprache von den Jünglingsjahren an betrachtet und behandelt,

wie könnte man sein Vorbild in einem solchen Punkte | wir damals noch den harmlosen Glauben, daß jeder, der

"

verkennen, wenn anders wirklich noch die klassisch-hellenische und römische Welt als höchstes belehrendes Muster dem Erziehungsplan unserer Gymnasien vorschwebte: woran ich wenigstens zweifle. Vielmehr scheint es sich, bei dem Anspruche des Gymnasiums, klassische Bildung" zu pflanzen, nur um eine verlegene Ausrede zu handeln, welche dann angewendet wird, wenn von irgend einer Seite her dem Gymnasium die Befähigung, zur Bildung zu erziehen, abgesprochen wird. Klassische Bildung! Es klingt so würdevoll! Es beschämt den Angreifenden, verzögert den Angriff, denn wer vermag dieser verwirrenden Formel gleich bis auf den Grund zu sehen! Und das ist die längst gewohnte Taktik des Gymnasiums: je nach der Seite, von der aus der Ruf zum Kampfe erschallt, schreibt es auf sein nicht gerade mit Chrenzeichen geschmücktes Schild eines jener verwirrenden Schlagworte „klassische Bildung", „formale Bildung" oder „Bildung zu Wissenschaft": drei gloriose Dinge, die nur leider teils in sich, teils unter einander im Widerspruche sind und die, wenn sie gewaltsam zusammengebracht würden, nur einen Bildungstragelaphen hervorbringen müßten. Denn eine wahrhafte klassische Bildung" ist etwas so unerhört Schweres und Seltenes und fordert eine so komplizirte Begabung, daß es nur der Naivetät oder der Unverschämtheit vorbehalten ist, diese als erreichbares Biet des Gymnasiums zu versprechen. Die Bezeichnung „formale Bildung" gehört in die rohe unphilofophische Phraseologie, deren man sich möglichst entschlagen muß: denn es giebt feine „materielle Bildung". Und wer die

auf einer Universität Amt und Würde eines Philosophen besitzt, auch ein Philosoph sei: wir waren eben ohne Erfahrungen und schlecht belehrt. Wir sagten ehrlich, daß wir noch keine philosophischen Kollegien gehört hätten, aber das Versäumte gewiß noch einmal nachholen würden. Spalte 1, Absah 2, Zeile 6: „recht" statt „rechte". Spalte 4, Zeile 17: „daran" statt „davon“.

„gebe" statt gäbe".

Absatz 2, Zeile 19:

Ab=

Spalte 6, Zeile 11: „Fachgelehrter" statt „Hochgelehrter"
satz 1, Zeile 21: „klebrige" statt „klebige".
Spalte 8, Absatz 1, Zeile 22: „den Gegenjak" statt „Gegensak".
Absak 2. Zeile 10: „Gestaltung" stat „Formation".
Spalte 9, Absak 1, Zeile 2 und 3: „schreibt jekt jeder Deutsche

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seine Sprache so schlecht und gemein, als es" Spalte te 10, Beile 1: 1 „als" „Unterweisung" statt „Instruktion“. - Zeile 7: „gebe" statt „gäbe". Zeile 22 und 23: „dem niedrigeren Fluge". - Zeile 31: "auch“ statt „auf".

Litterarische Chronik.

„Bildung zur Wissenschaft" als das Ziel des Gymnasiums Komission zu besinden gehabt und zweimal hat er dieses Votum ver

aufstellt, giebt damit die „klassische Bildung" und die sogenannte formale Bildung, überhaupt das ganze Bildungsziel des Gymnasiums preis: denn der wissenschaftliche Mensch und der gebildete Mensch gehören zwei verschiedenen Sphären an, die hier und da sich in einem Individuum berühren, nie aber mit einander zusammenfallen.

(Fortsetzung folgt.)

Nachwort zur ersten und zweiten Rede.

Nach einer nochmaligen Ueberprüfung und genauen Vergleichung der zum Druck vorliegenden Terte der beiden ersten Reden mit Nieksches Original-Manuskript durch Peter Gast, den Herausgeber mehrerer Schriften und Vertrauten der letzten lichten Tage Nicksches, der Nietzsches zuweilen schwer zu entziffernde Handschrift am besten lesen kann, sind einige Verbesserungen am Druck notwendig geworden, die wir unsere Leser nachzutragen bitten.

In Nr. 52 des vorigen Jahrgangs.

Seite 826, Spalte 2, Absatz 1 des ersten Vortrages, Zeile 9 und 10: „etwas Rechtes" hinter „Bildungsanstalten" zu sehen. Abjaz 2, Zeile 11: „verbotener" statt „verschiedener".

Seite 827, Spalte 1, Absak 2, Zeile 22: „man" fällt fort. Zeile 23: „wie" zwischen „etwa“ und „wenn" einzuschalten. Spalte 2, Absak 2, Zeile 5: „Sonnenwärme" statt „Sommerwärme".

Seite 828, Spalte 2, Absatz 4, Zeile 5: „eben" statt „aber“. Seite 829, Spalte 1, Absatz 1, Zeile 3: „Empfindung"

sak 2, Zeile 2: „standen" statt „gestanden".

In Nr. 1 dieses Jahrgangs.

Ab

Diese Fortseyung ist mit folgenden beiden Abschnitten zu eröffnen, die im „Magazin" fehlen.

"

Der Greis lachte. Wie? Sie fürchten, daß der Philosoph Sie am Philosophiren hindern werde? So etwas mag schon vorkommen: und Sie haben es noch nicht erlebt? Haben Sie auf Ihrer Universität keine Erfahrungen gemacht? Und Sie hören doch die philosophischen Vorlesungen?"

Diese Frage war für uns unbequem; denn es war

Der Schillerpreis gicht in diesem Jahre wiederum Veranlassung, über den Wert offizieller Auszeichnungen der Litteratur nachzudenken. Zweimal hat Kaiser Wilhelm II. über das Votum der

worfen. Zum ersten Mal, vor drei Jahren, wünschte die Mehrheit der Mitglieder der Kommission Hermann Sudermann auszuzeichnen, wegen seiner „Ehre". Ihr Wunsch fand nicht die allerhöchste Billigung und in Anbetracht dessen freilich auch nicht die er forderliche Einstimmigkeit. In diesem Jahr wünschte die Kommission Ludwig Fulda auszuzeichnen, wegen scines „Talisman" und seiner Molière - Verdeutschungen. Ihr Wunsch hat dieselbe Nüge gefunden. Wenn hösische Preßschwäker jekt verlautbaren lassen, daß die Kommission bis heut noch nicht dem Kaiser ihren Kandidaten kund gegeben habe, so genügt ein Blick in die Stafuten des Schillerpreises, um die Albernheit dieser Entschuldigungsente einzusehen. Nach den Statuten ist die Kommission gehalten, bis Mitte September ihren Kandidaten zu präsentiren. Am 10. Nov., als dem Geburtstage Schillers, ist die Entscheidung vom Kultusminister zu veröffentlichen, falls sie die Genehmigung des Stifters gefunden hat, der der König von Preußen ist. Die Komission hat ihre Wahl getroffen, die eben auf Fulda siel, und sie, wie es ihre Pflicht war, der sie sich nicht entziehen durfte, ohne sich eine verdiente Rüge zuzuzichen, Mitte September dem Kultusminister unterbreitet; der Kultusminister dagegen hat nicht am 10. November, wie es ihm die Statuten auferlegen, die Wahl verkündet. Er hat sie nicht bestätigt, weil sie nicht die Billigung des Königs fand. Dies der dürre Sachverhalt, den abzuleugnen oder zu verdrehen ganz überflüssig ist. Es ist das Recht des Königs, über eine von ihm oder seinem Rechtsvorgänger eingesekte Stiftung, deren oberste Verwaltung er sich vorbehalten, zu verfügen, wie es ihm beliebt. Wenn man sich jekt darüber wundert, daß der König von seinem Rechte in verneinender Weise Gebrauch macht, so liegt das daran, weil Kaiser Wilhelm I., der Stifter, sich stets mit einer einfachen Zustimmung zum Votum der Kommission begnügt hatte. Kaiser Wilhelm I. liebte es, Spezialentscheidungen bewährten Fachmännern zu überlassen, und es lag in seiner Natur, die voraussichtlich doch gewissenhaft getroffene Entscheidung dieser Fachmänner durch sein stilles Sa zu sanktioniren. Infolge dieser zehnmal geübten Praxis konnte es oberflächlichen Beobachtern scheinen, als ob die Entscheidung über den Schillerpreis bei der Komission stände, die doch nichts weiter als die Pflicht hat, die während der drei Jahre ihrer Mandatdauer erschienenen

durchaus nichts davon der Fall gewesen. Auch hatten | Dramen zu prüfen, und das Recht, von dem Resultat ihrer Mühe

beitet, daß er nie wieder aus diesem Labyrinth ans Licht der Sonne
gelangen konnte, dafür aber gewürdigt wu de, nach Hegels Tode
dessen Vorlesungen fortzusehen. Mit einer neuen Umwertung des
Aristoteles führte er sich in die heilige Kerntruppe der Hegelianer
ein, mit einer schneidigen Polemik gegen Schelling befestigte er sich
als hegelianischer Heerführer und bei der Spaltung der Schule warf
er sich zum Führer des linken Flügels auf. Freilich gingen andere
viel weiter als er, und als Michelet seinen eigenen inzwischen ge-
wonnenen Standpunkt in dem langatmigen Werke „Die Epiphanie
der ewigen Persönlichkeit des Geistes", das er eine „philosophische

unmaßgeblichen Vericht zu erstatten. Nachdem jekt zweimal auf
die bescheidene Rolle der Komission allerhöchst aufmerksam ge-
macht worden ist, wird niemand mehr die Bedeutung dieser neun
Auserwählten überschäken. Es darf nunmehr als ausgemacht
gelten, daß der Schillerpreis in diesem Jahre nicht verteilt wird.
Es tritt somit die Bestimmung der Statuten in Kraft, wonach
der Preis das nächste Mal verdoppelt wird oder zwei Preise
verteilt werden. Der Schillerpreis ist gegründet worden, um
„eigentümliche" Werke der dramatischen Litteratur auszuzeichnen.
Während der ersten 25 Jahre seit Stiftung des chillerpreises, als
die Eigentümlichkeit" in der deutschen dramatischen Litteratur bei- | Trilogie" nannte (1844-52) formulirte, war die ganze hegelsche

Philosophie und nicht minder Michelets System der Wesensgleichheit
der drei geistigen Potenzen: der Forsönlichkeit des Absoluten, der
Erscheinung Christi und der Unsterblichkeit der Seele eine histo-
rische Leiche. Der Hegelianismus wirkte nur noch als politischer
und kirchlicher Liberalismus fort, so weit er nicht in Reaktion er-
storben war, und in dieser praktischen Richtung war Michelet nicht
minder eingefleischter Hegelianer als in theoretischer Hinsicht. In
den Jahren 1849 und 1849 hatte Michelets Wirken als Publizist
in Zeitungsartikeln und Broschüren sogar (twas Nadikales an sich,
freilich gedämpft durch das unabstreifbar Doktrinäre des deutschen
Gelehrten Den Mannesmut der Ueberzeugung hat Michelet indes
immer gehabt und geübt. Gegen hohe und höchste Einflüsse hat der
stille Philosoph stets, wo es ihm nötig schien, seine Stimme erhoben,

nahe ausgestorben war, wurde der Schillerpreis verschiedene Male
verteilt; einmal allerdings auch an einen wirklich eigentümlichen
Dramatiker, an Anzengruber. Seitdem die Eigentümlichkeit in unsere
dramatische Litteratur wieder einzukehren beginnt, seit sechs Jahren,
hat sich für den Schifferpreis kein preiswürdiges" Werk gefunden.
Wer sich darüber zu verwundern liebt, mag es tun. Es ist das das
Geschick aller sogenannten „Chrungen" der Litteratur und Kunst. Man
sagt, daß auch einige Kommissionsmitglieder darüber verwundert ge-
wesen wären, ja, einige, heißt es, hätten ihre Würde" niedergelegt.
Dieses Gerücht beruht wie jenes, daß die Kommission noch nicht ihren
pflichtgemäßen Vorschlag gemacht hätte, auf simpler Unkenntnis der
Statuten. Die Kommissionsmitglieder sind gar nicht in der Lage, auch
wenn sie es möchten, ihre Würde" niederzulegen. Zu der Zeit, wo
über ihren unmaßgeblichen Geschmack höhernorts abgeurteilt wird, | ohne Voreiligkeit, aber ohne Zögern, sicher, ruhig und furchtlos.

"

sind sie gar nicht mehr Mitglieder der Kommission. Sie sind keine dauernde Institution, sondern eine ad hoc berufene Körperschaft. Mit Uebergabe ihres Votums an den Kultusminister das ist Mitte September ist ihr Mandat erloschen. Niemand von ihnen ist also in der Lage, Mitte November ein Amt niederzulegen, das zwei Monate vorher zu existiren aufgehört hatte. Meint dieses oder jenes Mitglied der Kommission, daß seiner Stimme nicht derjenige Grad von Achtung beigemessen worden ist, auf den es Anspruch zu haben glaubt, so bleibt ihm nur ein Mittel übrig, dem Ausdruck zu geben: eine ctwaige Wiederwahl durch den Kultusminister höflichst abzulehnen. Es bleibt abzuwarten, ob einer der Herren den Mut hierzu besiken wird. Das Eine ist ja ganz zweifellos, daß sich im Publikum die Art von Schätzung, die man dem Schillerpreis entgegenbringt, wesent lich ändert und daß man schon mit ficherndem Wik die Namen der Verfasser künftiger Haupt- und Staatsaktionen nennt, auf die der Schillerpreis gnadenlos herabzucken wird. Den Lauf der Litteratur wird das unberührt lassen. Offizielle Preisverteilungen haben seit der Hellenen Zeit nie einen Wert für Litteratur und Kunst gehabt. Würde der Schillerpreis nicht eine Belohnung für poetisches Verdienst, sondern für erfolgreich absolvirte brandenburgisch - patriotische Geschichtsstudien, so gäbe es für ernsthafte Dramatiker gleichfalls nur ein Mittel, ihre Ansicht darüber kund zu tun: die Annahme des Preises abzulehnen, falls er sich einmal zufällig zu ihnen verirren sollte.

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Karl Ludwig Michelet, der letzte Hegelianer, ist am 15. Deember, 93 Jahre alt, gestorben. Es muß ein kraftvolles Geschlecht ewesen sein, das um die Wende des Jahrhunderts geboren wurde, unter den weltgeschichtlichen Stürmen der großen Revolution, und das am Ende des Jahrhunderts selbst Weltgeschichte machte, eine feltene Epoche der Gerontokratie aufrichtend. Die rüstigen Neunziger waren keine Seltenheit im Zeitalter Wilhelms I. und Moltkes. Michelet gehörte dem alten Berlin an, einer der vornehmsten Familien der französischen Kolonie. Seit des großen Kurfürsten Zeit waren die Michelets am industriellen Aufschwung der preußischen Hauptstadt, besonders als Seidenfabrikanten, rege beteiligt. Erst der lekte Sproß der Familie verließ die väterliche Kunst, um an dem verwickelten Gespinnst der hegelianischen Philosophie spinnen zu helfen. Doch die väterlichen Traditionen hielt er fest, die über den Khein hinweg wiesen Michelet blieb immer in enger Verbindung mit Frankreich, mit Victor Cousin vereinte ihn eine lange Freundschaft und manche seiner Arbeiten veröffentlichte er in französischer Sprache. Er hatte sich in einem mehrjährigen engen Schülerverhältnis zu Hegel so tief in des Meisters Gedankengänge hineingcar

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Man hat es ihm höhernorts denn auch zeitlebens verübelt, und man
hätte ihn gewiß auch gelegentlich durch eine empfindliche Maß-
regelung gechrt, wenn nicht Alexander von Humboldt seine schürende
Hand über ihm gehalten hätte. Michelets Briefwechsel mit Hum-
boldt und sein selbstbiographischer Versuch, der erst an seinem
späten Lebensabend erschien (1884, enthalten viel schäßbares zeit-
historisches Material Zweifellos sind diese beiden Publikationen
die wertvollsten unter Michelets zahlreichen schriftstellerischen Leistun-
gen. Michelets Freimut verhalf ihm zu der rührenden Erscheinung
eines 64-jährigen Extraordinarii. Von 1829 bis zu seinem Tode
harrte er übrigens durchaus gemütsruhig vor der Türe der
Fakultät. Das hinderte ihn nicht, eine wunderbare Rüstigkeit zu
bewahren. Noch in den Jahren 1876-78 veröffentlichte er ein
großes vierbändiges Werk „System der Philosophie als exakter
Wissenschaft". In diesem Werk unternahm er einen Versuch zur
Neubildung seines Systems. Er suchte darin eine Versöhnung der
spekulativen Philosophie mit den empirischen Wissenschaft anzubahnen.
Man mag über dieses Buch denken, wie man will, für einen Greis
seines Alters war es ein erstaunlicher Beweis von Geistesfrische.

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Maurus Jókai zu Ehren beging die ungarische Nation am 5 6. und 7 Januar ein Gedenkfest. Fünfzig Jahre sind verflossen seit dem der damals 19 jährige zum ersten Male mit seinem Drama „Der Judenknabe" an die Deffentlichkeit trat. Er ist „der lebende ungarische Dichter" und sein Volk tut alles, ihn zu ehren. Eine Prachiausgabe seiner Werke. Die zugleich ein Meisterwerk ungarischer Buchdruckerkunst sein soll, ist veranstaltet, hunderttausende Gulden Ehrenhonorar sind ihm dafür gezahlt worden und die philosophiste Fakultät der budapester Universität hat ihm den Doktortitel honoris causa verlichen. Die junge ungarische Nation weiß, daß sie in ihrem Dichter sich selbst ehrt.

Vor Jahren schon wurde zu Ehren Jokais eine Feier in Verlin veranstaltet. Wieder hat jetzt die ungarische Nationalfeier in Berlin cin Echo gefunden. Am 7. Januar fand im Neuen Theater cine Matinée zu Ehren des ungarischen Dichters statt, die der „Berliner Ungarverein" veranstaltet hatte.

Es war eine ungarische Nationalfeier in der deutschen Hauptstadt, und mit warmer Liebe zu dem Dichter kam echtes Vaterlandsgefühl energisch zum Ausdruck. Ungarische Weisen erflangen, wild und sehnsüchtig zugleich, und leise trugen sie die Gedanken in das Vaterland des Dichters. Und wie ein Grüßen aus der Ferne war es, als Rosa Poppe aus den Werken des Gefeierten vortrug.

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In diesem Monat hat Echegarays Drama. A la orilla del mar (am Meeresstrande in Madrid sanft Fiasko gemacht. In jeder Theateriaison wird dies Schicksal zwei bis drei Dramen des Dichters zu teil. Die madrider Bühne ist somit im Begriff zu einer Familiengruft Echegarayscher Stücke zu werden.

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Leider kam auch ein Lustspiel zur Darstellung, das Dr. Karl Groß dem Dichter zu Ehren geschrieben hatte. Aber auch das Fest- | Münchener Winternis und Paul Wagner; mehrere ältere Werke spiel war gutgemeint.

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*

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Gerade um die Jahreswende begab sich noch ein heiteres Jubiläum. Die „Fliegenden Blätter" eröffneten mit einer Fest nummer ihren 100. Vand. Das Alter hat ihnen nichts von ihrer Frische geraubt, ihr Wiz ist jung und flott geblieben, wie am ersten Tag. Sie sind das vornehmste unter allen Blättern, die in Deutschland dem heiligen Lachen dienen und sie tragen deutschen Humor nach allen Erdteilen. Ehrenvoll genug, wenn auch nicht gerade gewinnbringend ist es, daß sie zu den im Auslande „nachgedrucktesten“ Zeitschriften gehören. Sie haben den denkbar weitesten und buntesten Leserkreis und mancher, der sonst wol der Litteratur weit aus dem Wege geht, betrachtet es als heilige Pflicht, an jedem Freitag die neuen „Fliegenden" zu lesen. Von allen Geistern, die verneinen, ist uns der Schalk am wenigsten zur Last. Nicht jeder allerdings, der auf eine flüchtige Minute in diese lustige Wirtschaft einkehrt, wird die ganze Bedeutung der „Fliegenden Blätter" erkennen. sind viel mehr als cin bloßes Wikblatt, tt, für den Tag geschrieben und mit dem Tag vergänglich. Sie geben die schönsten Dokumente für cine künftig zu schreibende Geschichte des deutschen Humors. So echt, ursprünglich, ohne jede künstliche litterarische Zurichtung_er= scheint er nirgend wo anders. Es ist vor allem der süddeutsche Humor, der ihnen das Gepräge giebt, und nur Süddeutschland konnte die Heimat eines solchen Blattes werden. Norddeutschland hat nicht die fröhliche Harmlosigkeit dazu; hier weht schärfere Luft, hier war, wenn die Zeit lößen genug bot, immer mehr Voden für politisch e Satire. Jedoch die wahre Bedeutung der „Fliegenden Blätter" beruht in der zeichnerischen Karrikatur. Unter ihren künstlerischen Mitarbeitern werden von je die besten Namen genannt. Hier hat Wilhelm Busch, der Unvergleichliche, sich getummelt; hier hat Oberländer den Humor des Tierlebens wahrhaft neu entdecki; hier glänzen Schlittgen und René Reinide in flotter Wiedergabe eleganter Gesellschaftstypen unserer Zeit; den Incroyable unserer Tage in Kostüm und Haltung wird ein späterer Kulturhistoriker nirgends besser finden als in diesen Bildern, die übrigens meister haft vervielfältigt sind. Das Verdienst um die gebung der reproduzirenden Künste in Deutschland gehört nicht zu den Heinsten Ruhmestiteln der „Fliegenden". So wandeln sie lachend durch ernste Zeit hinüber in das zweite Hundert und spenden aus ihrem Sungbrunnen fröhliches Leben.

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Unser norwegischer Korrespondent meldet uns: Garborg und der Anarchist Rasmus Steinsvik beabsichtigen eine dreimal die Woche erscheinende politische Zeitung herauszugeben. Sie soll in der Baueensprache erscheinen und wird nach dem Geburtstag der norwegischen Constitution „Der 17. Mai" getauft werden.

Berliner Kunstjalons. Unter den Bildern, die vor Weihnachten in E. Schulte's Salon ausgestellt wurden, überwog die Marknware. Schulte hatte der weihnachtlichen Kauflust des großen Publikums Rechnung getragen, indem er die Werke der sauberen spanischen und italienischen Kleinkünstler, der Filippino, Galofre, Chicrici 2c. anbot Allerdings war auch eine Anzahl ernster zu nehmender Bilder cingereiht. So von dem stuttgarter Professor Robert Hauch das historische Genrebild, auf dem die Vorhut Blüchers mit Jubel des Rheines ansichtig wird; zwei Novellen der

des Amerikaners Henry Mosler. Ferner cine Doppelbildnisstudie älteren Stiles von Blanchard; und von Varau ein sonnenfarbiger Boulevardfrühling. Endlich von Pierre Lagarde „Die Stimmen der Dämmerung". Das feierliche Pathos dieses Bildes erinnert an Henry Martin. Auch Robert Warthmüller war eine ruhige Ecke eingeräumt worden, um darin das, was er von Paris mitbrachte, auszupacken und seinen Freunden cine festliche Ueberraschung zu bereiten. Denn er hat verblüffend viel zugelernt Natürlich zehrt er noch an den pariser Erinnerungen, und der Chic des auswendigen Menschen imponirt ihm einstweilen noch gewaltig; er giebt etwas auf die Toilette Diese Herrschaften scheinen nur oberflächliche Bekanntschaften von ihm zu sein, flüchtige Begegnungen, die man sich an dem Kleid oder dem out merkt, den sie tragen. Aber das giebt sich hoffentlich bald wieder, und seine gute märkische Natur ist wol so leicht nicht unterzukriegen. Das Positive, das Können, wird bleiben

Ein Bild, vor dem man lachende Gesichter sieht, ist ein Stillleben von Dürr, der es damit jedoch ebenso ernst meinte, als hätte er biblische Historie gemalt. Da hockt in einem dämmerigen Keller ein weibliches Wesen in stummer Verzweiflung vor einem ungeheuren Haufen ungeschälter Aepfel und ungepukter Notkohlköpfe; sie muß schon lange so siken, da Kopf und Arme bereits grün und schimmlig geworden sind Daß es aber noch etwas grüneres giebt, als diese, will der Künstler, der offenbar eingefleischter Vegetarier ist, durch eine daneben gestellte kachelgrüne Schüssel beweisen. Immerhin zeigt diese Arbeit hervorragende koloristische Qualitäten.

Fünf Mannfeldsche Nadirungen in höchst geschmackvollen Nahmungen sind außerdem zur Schan gestellt, umfangreiche Platten, von denen eine, „Schloß Friedrichsruh", eine neue Publikation ist. Damit hat Mannfeld den Freunden des Alten im Sachsenwalde ein Erinnerungsblatt widmen wollen, giebt aber gleichzeitig auch den Freunden der Kunst ein schönes Werk, eine tiefernste Parkstimmung,

die bescheidene Architektur kommt kaum in Betracht die stillentlegene Einsiedelei eines schlichten großen Mannes. Das Blatt ist nicht das, was man sonst gencinhin ein Motiv nennt; desto größer das Verdienst des Künstlers. An einigen seiner älteren und neueren Portraitbüsten, die Harro Magnussen hergegeben hat

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