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Sie kamen zu einem langen weißen Gebäude mit zwei Flügelbauten aus Holz. Im Vorbau standen viele ausgespannte Schlitten; es waren also mehrere Gesellschaften gekommen. Ein Stallbursche nahm das Pferd in Empfang; der Kellner, ein Deutscher, war gleich bei der Hand, um dem Paar herunter zu helfen, und ein barhäuptiger Mann mit jovialem Gesicht kam hinzu Peter Klausson! Er schien sie erwartet zu haben und wollte durchaus Ella behilflich sein, ihr Winterzeug abzunehmen. Aber er roch nach Kognak oder was es war; um ihn los zu werden, fragte sie nach dem Zimmer, wo sie essen sollten. Man wies die beiden in einen warmen behaglichen Raum mit gedecktem Tisch; und hier half Aarö ihr beim Ablegen ihrer Sachen. „Ich konnte Peter Klaussons Atem nicht aushalten," sagte sie. Da lächelte Axel Aarö.

„In Amerika hat man ein Mittel dagegen." „Wogegen?" - „Man nimmt etwas Würziges, wenn man getrunken hat." Gleich_darauf sagte er, daß er noch etwas zu bestellen habe. Kaum war sie allein, so klopfte es an die Tür wieder Peter Klausson! Er lächelte, als er ihre Verwunderung sah: „Wir speisen ja zu sammen," sagte er. - „So?" Sie blickte auf den Tisch; es war für fünf gedeckt! „Haben Sie kürzlich von Ihrem Mann gehört?" „Nein." Lange Pause. War Peter Klausson wol eine passende Gesellschaft für Axel Aarö? Der schlimmste Zechbruder ihres Mannes? Ein Umgang für Axel Arö, der nur das liebte, was echt war? Jedoch zu gleicher Zeit mußte sie zugeben, daß Peter Klaussons unmittelbare Natur durch und durch wahrhaftig war, mochte sie im übrigen sein wie sie wollte.

Der Kellner brachte einen Korb mit Wein, schloß aber die Tür erst hinter sich ab, als er noch mehr gebracht, nämlich Champagner in Eis. „Sollen wir so viel Wein haben?" fragte Ella. „Es scheint so," meinte Peter Klausson; er freute sich offenbar.

Aber Herr Aarö trinkt ja keinen Wein?" Aarö? Der hat mich ja herausbestellt - ich war zu fällig heute bei ihm; und da tranken wir den allerfeinsten Kognak miteinander!" Ella blickte zum Fenster hinaus; sie fühlte, daß sie erblaßte.

Bald kam Aarö zurück, so fein und vornehm, daß Peter Klausson geschwind die Hände aus den Hosen taschen zog; er getraute sich kaum ein Wort zu reden. Aarö erzählte, er habe auch Holmbos eingeladen; aber soeben hätten sie absagen lassen und müßte man eben zu dritt vorlieb nehmen. Er führte Ella zu Tisch. Es zeigte sich, daß Axel Aarö der liebenswürdigste, gewanteste Wirt war. Er sprach englisch mit dem deut

und

schen Kellner, gab allerlei Winke betreffs des Servirens, wußte die kleinen Versehen geschickt zu verdecken, hatte es im Griff, daß jede Kleinigkeit sich gut ausnahm alles ging gleichsam von selbst. Zugleich hielt er das Gespräch flott in Gang und gab Anekdoten von seinen Reisen zum besten. Er schenkte nicht selbst ein; wenn er trank, zitterte seine Hand. Schon früher glaubte Ella, dies bemerkt zu haben; jezt aber peinigte es sie.

Das erste Gericht waren Austern, und die ließ sie sich schmecken; sie war tüchtig hungrig. Dann aber konnte sie immer weniger genießen, ja zulekt brachte sie keinen Vissen hinunter. Sie hätte lieber weinen mögen, statt zu essen und zu trinken.

Zuerst war es ihr nicht völlig klar, warum. Genug, daß alles so ganz anders war, als sie geträumt hatte; der herrliche Tag schien eine Enttäuschung zu werden. Anfangs dachte sie: es muß doch einmal ein Ende nehmen, und dann bekommen wirs noch gemütlich bei der Heimfahrt! Nach und nach aber, wie Axel immer heiterer wurde, merkte Ella, daß sie nichts weiter als die Tischdame ihres Kavaliers sei. Als solcher wurde ihr alle erdenkliche Aufmerksamkeit erwiesen, ja die beiden Herren machten ihr um die Wette den Hof

sie hätte laut aufschreien mögen! Nach der Malzeit führte Aarö sie an seinem Arm in ein elegantes Nebenzimmer, das gleichfalls schon in Bereitschaft stand bequem, geräumig, mit Klavier.

Sogleich wurde der Kaffee gebracht (mit „avec") und unmittelbar darnach baten die Herren, sich ins Rauchzimmer zurückziehen zu dürfen; sie würden nicht lange ansbleiben. Sie gingen und ließen Ella allein. Das war ja fast unhöflich - und jetzt erst verstand sie, daß es nicht nur der Tag war, der so ganz anders geworden, auch Aarö selbst war ein andrer als sie geglaubt! Das große Dunkel von der Ballnacht drohte von neuem über sie hereinzubrechen; sie kämpfte dagegen, stand auf und schritt umher, wollte hinaus, als könnte sie ihn da draußen so wiederfinden, wie er in ihrer Vorstellung gewesen. Sie ging ins erste Zimmer zurück, nahm ihr rotes Tuch und war gerade hinausgeeilt auf den breiten Platz vor dem Gebäude, als der Kellner kam und etwas auf englisch sagte, was sie zuerst nicht verstand; denn sie war viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um sich_sogleich in eine andre Sprache verseken zu können. Der Kellner wiederholte, einer von ihren beiden Begleitern sei krank geworden und der andre nirgends zu finden. Als sie die Worte verstand, faßte sie den Sinn noch immer nicht, sondern folgte dem Manne nur mechanisch. Auf dem Wege fiel ihr plötzlich ein, daß Aarös Zunge nicht recht geläufig war, als er, nach dem Kaffee mit avec", sich verabschiedet hatte, um zu rauchen. Es war doch nicht etwa ein Schlaganfall -?

Sie gingen am Rauchzimmer vorüber. Der Kellner öffnete die Tür zu einem kleinen Nebenzimmer: da lag Axel Aarö auf einem Bett. Er mußte sich allein hereingeschlichen haben - vielleicht, um noch mehr zu trinken; er hatte nämlich eine kleine dicke Flasche mitgenommen, die auf dem Tischchen neben dem Bett stand. Und droben lag er selbst ausgestreckt, vollständig angekleidet, mit geschlossenen Augen, ohne Besinnung. Als Ella kam, sagte er: „Tip, tip, Peté!" Er wiederholte es mit ausgestrecktem Finger: „Tip, tip, Peté!" Beide Male in der Fistel. Sollte es Peter heißen? Hielt er sie für einen Mann? - Hinter ihm auf dem Bette lag etwas Haariges - ein Toupet! Jekt erst sah Ella, daß sein Scheitel ganz kahl war.

,Tip, tip, Peté!" hörte sie hinter sich, als sie hinausstürzte. Aermer ist nicht leicht jemand die Landstraße dahin

gewandert als Ella, die zur Stadt zurück eilte, so rasch | sie hören, niemand eindringen. Ihr Herz war jung wie damals, als es siebzehn Jahre war; sie konnte und wollte nicht entsagen!

fie konnte mit ihren kurzen Beinen, in leichten Schuhen, im Winterzeug. Der schwere Mantel, den sie bei der Fahrt umgehabt, war aufgeknöpft, das rote Tuch trug sie in der Hand - und dennoch rann ihr der Schweiß herunter; sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren: es seien ihre Träume, die von ihr niederrannen.

Anfangs dachte sie nur an Axel Aarö, den unselig Verlornen! Morgen oder übermorgen würde er das Land verlassen haben, das wußte sie von früher - und diesmal für immer!

Doch, wenn sie so darüber nachdachte, wie entseklich alles war, lag das Toupet vor ihr auf dem Kissen und sagte: „Es war doch nicht alles so ganz echt an Ayel Aarö!" Nun, nun, was konnte er dafür, daß er so frühzeitig die Haare verlor? „Hm", versekte das Toupet, „er hätte es eingestehen können."

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Ella rannte weiter. Zum Glück begegnete ihr niemand, noch kam jemand zurück von allen denen, die auf Botshaug waren; sie mußte sich ja komisch ausnehmen, schwißend und weinend, mit aufgeknöpftem Mantel, in leichten Schuhen, das Kopftuch in der Hand! Ein paarmal versuchte sie, dem raschen Lauf Einhalt zu tun; jedoch ihre Erregung war zu groß, und es lag in ihrer Natur vorzustürmen.

Aber durch das Pochen ihrer jagenden Pulse hindurch vernahm sie laut die Frage: Hättest du, Ella, wol alle deine Träume entbehren mögen, nachdem es dir, ein mal nach dem andern, so kläglich ergangen? Da schluchzte Ella laut auf und antwortete: Um keinen Preis der Welt! Nein, nein! die Träume sind das beste, was ich besaß; sie haben mich gelehrt, auszuhalten; sie gaben mir den Maßstab für die Wirklichkeit, und niemals mehr werde ich etwas für groß halten, was niedrig ist. Nein, meine Träume, die hab ich auch um meine Kinder gewoben, so daß ich nun tausendmal mehr Freude an ihnen habe. Die und meine Blumen sind ja mein einziges. Und sie weinte und lief weiter.

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Aber jekt hast du keine Träume mehr, Ella! Im Anfang wußte sie nicht, was sie darauf sagen sollte; schien es doch so wahr, so entsetzlich wahr wieder zeigte sich das Toupet.

und

Was war es denn, das sie eigentlich heute gewollt? Sie wußte es nicht zu sagen - nein, wahrhaftig nicht! Sie wußte nur ihr Glück war da gewesen, und nun war es dahin! Nun lag sie hier enttäuscht und betrogen auf eine Weise, wie nur wenige enttäuscht wurden.

Sie mochte die Erinnerung an ihn nicht entweihen. Darum ließ sie das Winterlied an sich vorübertönen mit seiner Stimme: wolklingend, volltönend, traurig; es sollte gleichsam alles für sie ins Reine bringen. Und folgsam wie ein Kind lag sie da und lauschte. Was sagte das Lied? Es sagte, daß die Träume zwei Sommer mit einander verbinden: den, der vergangen, und den, der langsam sich emporarbeitet, dank den Träumen, die über ihm wachen. Es sagte auch, daß die Träume eine Welt für sich seien, oft von kraftvollerer Wirklichkeit als die äußeren Verhältnisse. Das hatte sie ja so manches mal gefühlt, wenn sie sich mit ihren Blumen abgab.

Wie sie dabei unruhig sich im Bette hin und her warf, war der Zopf vorgeglitten. Wehmütig griff sie danach; heute noch hatte Axel ihn gefüßt.

Da legte sie sich auf die Seite, hielt den Zopf zwischen ihren Händen und weinte. „Mama, Mama," flüsterte es. Und so schlief sie ein.

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In Leipzig hat sich unter Zeitung des münchener Schauspielers Meßthaler ein Theater der Modernen gebildet. Das dramatische Neuland der Halbe, Hauptmann, Sudermann soll endlich auch für die Klein-Pariser erobert werden. Professor Biedermann, ein alter Herr und Kulturhistoriker, hat sich vor allen um das junge Unternehmen verdient gemacht. Die Schaubühne soll nach Schillers Worten," hat er geschrieben, eine Schule des Edlen und Schönen sein. Den Modernen ist sie eine Stätte des Unschönen, Unsauberen. Wir Leipziger sind zwar Großstädter; aber die Großstadt Leipzig hat sich bisher noch nie zur Ablagerung des Schmukes der Litteratur hergegeben ...." Diesen und ähnlichen Auslassungen des würdigen Veteranen ist es zu danken, daß das junge Unternehmen das Interesse des denkenden leipziger Publikums sogleich gewonnen hat. Vergangenen Mittwoch konnte Halbes Jugend vor dichtgefülltem Hause mit großem Erfolge aufgeführt werden. Sollte sich für Prof. Biedermann nicht irgend eine „Ehrenrats"-Stellung an dem neuen Unternehmen finden lassen?

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Ein Aufruf zur Errichtung eines Grabdenkmals für Gottfried August Bürger ist dieser Tage veröffentlicht worden. Am 8. Juni ist der hundertjährige Sterbetag Bürgers. Es ist ein sympathisches Unternehmen, anläßlich dieses Gedenktages die Erinnerung an den toten Dichter auf solche Weise wach zu rufen. Kuno Fischer, Theodor Fontane, Klaus Groth, Erich Schmidt u. a. haben den Aufruf_unterzeichnet. Angesichts dieser großen Namen hätte übrigens das Deutsch des Aufrufs getrost ein wenig besser sein können.

Gerad an dieser Stelle hatte Axel Aarö das alte Winterlied gesungen. Wie das Schellengeläut den Gesang begleitet hatte, so klang jetzt mit zarten Stimmchen: „Mama, Mama!" unablässig in ihr Weinen hinein. Und das war nicht wunderlich, denn sie eilte ja ihren Kindern entgegen; und nun meldeten sie sich, als seien sie es, von denen Ella träumen müsse. Nein, nein „Da haben sie etwas Reelles!" hörte sie Axel Aarös Stimme; sie vernahm seine Worte und die Wehmut, die darin lag. Hatte er wirklich an sich und sie gedacht an sie und ihre Kinder? Hatte er seine eigene Hinfälligkeit gemessen an deren Gesundheit und der Zukunft, die sie noch vor sich hatten? - Weit abgekommen war sie von den Kindern; wieder war sie bei ihm, grübelte über alle seine Worte und Blicke, um das Rätsel zu deuten; doch dabei überkam sie der Schmerz des Entbehrens wie nie zuvor. Das ganze Leben war vorbei; der Traum war zu alt in ihr geworden, zu mächtig, ihr zu lieb; die Wurzeln konnten nicht mehr ausgerottet werden, unmöglich! Sie schlangen sich ja fast um alles, was sie am nächsten Tag sehen, berühren, beginnen sollte! Zu Ellas Verzweiflung kam noch, daß ihre Kinder nicht daheim waren; sie fand das Haus leer. Aber es waren Kräfte in ihr. Denn als sie heimkam und nach dem Bade sich niederlegte, und als der Mondscheiu hereinfiel wie tags zuvor und an das mahute, was sie gestern geträumt, da warf sie sich im Bette umher und schluchzte wie ein Kind. Hier konnte niemand | interessirt. Nur möchte ich mir gestatten einen kleinen Zug

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Kunst und Polizei. Gegen die Freigabe von Strindbergs „Beichte eines Toren" hat die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht Beschwerde erhoben. Fest steht und treu die Wacht am Rhein! Dr. Richard Grelling kann seine Ausführungen nach den Bestimmungen des Preßgesekes erst. nachdem die Sache rechtskräftig ge worden ist, im Magazin veröffentlichen.

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Uns geht folgende Zuschrift zu: Hochgeehrter Herr Redakteur! Der kürzlich veröffentlichte vortreffliche Aussak von Paul Clemen über Georg Brandes hat mich ungemein

zu dem Porträt der lieben Vollständigkeit halber - nachzutragen. | unique de la moralité, le philosophe semble les avoir dérobées Vergönnen Sie den folgenden Zeilen eine Aufnahme in Ihrem werten Blatt:

Seltsam befremdend wirkte auf mich die Besprechung, die Georg Brandes imsechsten Band „Das junge Deutschland,,seines Werkes, Die Litteratur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen" der Rahel zuteil werden läßt. Die Bedeutung der Rahel ist eine so anerkannte, der Reiz und die Eigenart ihrer Persönlichkeit ist so groß, daß man wol über sie eine durchaus individuelle Beurteilung von Brandes an jener Stelle erwarten durfte. Es gibt allerdings Seiten bei der Rahel, die bei jeder umfassenderen Schilderung ihrer Natur wiederholt werden müssen; ihre Wahrheitsliebe, ihre Originalität die Tatsache, daß sie hinsichtlich i geistigen Ausbildung anderen wenig zu danken hatte, ihr Mangel an „Gelehrsamkeit" im eigentlichen Sinne so beachtenswert bei der modernen Frauenbewegung werden wol bei jeder neuen Betrachtung neu erwähnt werden müssen. Aber das ganze Bild, das Brandes gibt, lehnt sich doch meines Erachtens zu eng an dasjenige an, welches Karl Hillebrand 21 Jahre früher in der „Revue des Deux Mondes“, (87 Ed., 1. Mai 1870: La Société de Berlin II.) von der „Unvergleichlichen" gezeichnet hat einzelner wahrhaft rätselhafter Wiederholungen von, der Form wie dem Gehalt nach, durchaus individuellen Urteilen Hillebrands zunächst gar nicht zu gedenken. Anderes und Selbständigeres durfte von Brandes beansprucht werden. Und soll überdies noch der Laie auf diesem Gebiet sich belehren lassen, daß es genügt, wenn Brandes im gleichen Kapitel Kapitel einige einige Seiter Seiten vorher (bei der Besprechung des Wandels in Stellung und Lebensweise der Juden am Schluß des 18. Jahrhunderts) auf Hillebrands „La Société de Berlin" hinweist, um uns weiterhin ganze Wendungen, die wir in jener Arbeit lasen, nun ohne Zeichen des Zitates wir hätten beinah gesagt „gut überfekt" vorführen zu dürfen? Wenn bei der Beschreibung von Rahels Leben Brandes im Gedankengang Hillebrand folgt, so be greifen wir dies allenfalls; 3. B, wenn nach Erwähnung von ihrem zweimaligen Liebesunglück Hillebrand fortfährt: „Le coeur ne pouvant se satisfaire, elle se rejeta violemment du côté de l'esprit. Elle avait beaucoup lu sans avoir rien appris méthodiquement. Jamais il n'y eut femme moins bas-bleu que cette personne qui savait tant de choses

et elle fut toujours fière de ce qu'elle appelait son ignorance crasse' und Brandes an gleicher Stelle Stelle einset einsetzt: „Da ihr Herz nunmehr der tiessten Befriedigung entbehrte, so wendete sie sich um so leidenschaftlicher ihren geistigen Interessen zu. Hier stieß sie indes auf die Schwierigkeit, nichts Ordentliches gelernt zu haben. Sie pflegte von ihrer „dicken" Unwissenheit zu sprechen. Selbstverständlich war sie weit davon entfernt, unwissend zu sein, doch soviel ist gewiß, daß ein tieferes Verständnis für das, was Wissenschaft ist, ihr niemals aufging -." Auch das verdiente vielleicht kaum der Erwähnung, wenn wir Hillebrands „Personne n'était plus constant en amitié qu'elle, mais elle ne redoutait pas de se laisser mal juger en ne professant plus des affections qui s'étaient éteintes en elle" bei Brandes fast wörtlich wiedertreffen: „Sie war in ihren Freundschaftsverbindungen fest und zuverlässig, doch selbst auf die Gefahr hin, sich in den Augen anderer herabzusehen, gestand ste, wenn ein Gefühl in ihrem Innern erloschen war, es ohne sich dessen zu schämen, ein." Solche beinah gänzlich gleichen Bemerkungen finden sich gehäuft in Brandes kurzer Besprechung: Pour elle, le monde se divisait en deux catégories, non point en sots et en intelligens, ni même en bons ou en mauvais, mais en vrais et en faux, en ceux qui étaient eux-mêmes et en ceux qui étaient autrui". (Hillebrand, mit Anführung eines dahin zielenden Ausspruchs der Rahel). „Ihr teilten sich die Menschen nicht in kluge und dumme, noch auch in gute und böse, sondern in solche, die, sie selbst sind, und solche, die es nicht sind. Weniger indifferent aber müssen wir uns meines Erachtens zu andern Wiederholungen stellen! Secourable, bonne, active, lorsqu'il le fallait, malgré sa nature contemplative pleine de pitié pour les désherités de la terre, d'indulgence pour les égarés, de sympathie pour les humbles, Rahel n'avait que du mépris pour la médiocrité correcte, au point de vue de la morale comme au point de vue de la société et de l'intelligence, et elle montrait ce mépris au risque de heurter les gens" (Hillebrand.) „Sie war voll Nachsicht gegen die Schuldvollen, voll Sympathie für die Niedern, voll Mitleid mit den Armen und verachtete nur eines: die korrekte Mittelmäßigkeit eine Gesinnung, die sie offen an den Tag legte, selbst auf die Gefahr hin, sich damit Feinde zu schaffen." (Brandes). Und vollends unverständlich wird uns Brandes, wenn wir bei ihm Urteile Hillebrands über die Rahel wiedersinden, die so eigenartig sind, daß man sie fast Entdeckungen nennen könnte: „En cela (bon sens) comme en beaucoup de choses, elle ressemble singulièrement à Schopenhauer, qui. dirait-on, a mis en système la philosophie inconsciente de Rahel. Ses idées sur la coulpe humaine, sur la volonté dans la nature', sur la misère du pire des mondes possibles, sur la compassion enfin, source

à Rahel". (Hillebrand) „So bildete sie sich dann ihre eigne Religion, die mit der später von Schopenhauer in System gebrachten Verwantschaft hat. Ihre Gedanken über einen Willen in der Natur, über das Elend der Welt, das Mitleid als die einzige Quelle der Moral sind den seinen verwant." (Brandes) Weiterhin: Les anciens en eussent fait une prêtresse; elle semblait avoir le don de la prophétie, tant elle voyait juste. Pareille à la pythonisse,

son

frêle corps tremblait sous le dieu qu'il renfermait". (Hillebrand) „Sie schien prophetische Gabe zu besiken, so richtig er schaute sie. Es lag etwas von einer Sibylle, einer delphischen Priesterin in ihrer Natur". (Brandes). Selbst Hillebrands seltsames Wort: „L'âme du monde semblait vibrer dans son âme" findet sich fast wörtlich bei Brandes: „Es war, als ob ein Echo der Weltseele in ihrer Seele vibrirte “

Wer Brandes als Kritiker genügend schätzt, wäre enttäuscht durch die Besprechung geworden, selbst wenn das „Gänsesüßchen" sich an all jenen Stellen fände, an denen es tatsächlich fehlt. Aber immerhin: das eine die selbständige, ihm eigentümliche Kritik durfte erwartet werden; da sie aber nicht gegeben ward, muß das andere, das Zeichen des Zitates, verlangt werden. Brandes Voraussetzung zeigt eine wenig schmeichelhafte Beurteilung des lesenden Publikums, und nicht zum wenigsten sollen diese Worte energisch Einspruch erheben gegen die Annahme, daß eine so vortreffliche Arbeit wie die Hillebrandsche nicht in frischer Erinnerung lebe. Zumal, da sie von einem Schriftsteller herrührt, dessen Persönlichkeit, wie gegensäßlich man auch immer zu ihr auf philosophischem, sozialem oder andern Gebieten stehen mag, voll und ganz gekannt und gewürdigt werden muß, und sei es selbst nur, um an dem bedeutenden Gegner seine Waffen zu erproben. A. Gerhard.

Chronik der bildenden Künste.

Nachdem der Reichstag sich der Bestimmung über das Kaiser= Wilhelm-Denkmal begeben und die Entscheidung in die Hand des Kaisers gelegt, schien die Angelegenheit erledigt. Der Budgetausschuß aber sucht die entschwundene Macht wiederzugewinnen. Er verweigert die „Fonds" zum Bau der Säulenhalle. Er wird sich dadurch den gerechten Zorn der berliner Pennbrüder zuziehen, denen so ein angenehmer Unterschlupf an Regentagen geraubt wird. Uebrigens sollen einige „vertrauliche" Erklärungen des Herrn v. Bötticher die stolzen Protestanten bereits gezähmt haben.

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Zum Kapitel „Kunst und Wissenschaft" -- Es war ein

recht mageres Kapitel, dieses „Kunst- und Wissenschaftskapitel", mit dem das Abgeordnetenhaus bei Beratung des Kultusetats sich offenbar möglichst schnell abfand. Wenn ein hundertstel des Raumes, den unsere sämtlichen Zeitungen seiner Zeit für „Mutmaßungen über die Wahrscheinlichkeit des möglichen Todes" des Herrn Cornelius Herz übrig hatten, zu Betrachtungen über obiges Kapitel zur Verfügung gestellt würde, so könnte man eine recht fruchtbare Propaganda betreiben. Aber was hat neben dem Ausscheiden des Abgeordneten „Admiralski" oder dem Umfall des Grafen DönhofFriedrichstein für einen abonnentenhungrigen politischen Redakteur die Zukunft unserer vaterländischen Kunst für Bedeutung?

Und doch war in jener Landtagssizung eine Frage von allgemeinem Interesse durch den Abgeordneten Beumer angeregt, und vor allem der Kultusminister war durchaus geneigt, den Vorschlägen des Redners beizutreten. Die schon so oft in lekter Zeit betonte Notwendigkeit, die kunstgewerbliche Ausbildung zur Grundlage der künstlerischen zu machen, wurde vom Abgeordneten Beumer dargelegt. Zwar die Schlußfolgerungen des Herrn betreffs des „Cynismus" in der modernen Kunst können wir nicht anerkennen. Dagegen ist es höchst erfreulich, daß der geringe Wert der Unterklassen unserer heutigen Akademie wieder einmal klargestellt wurde Welchen Zweck haben denn, speziell in Berlin, die Zeichenkurse auf der Kunstakademie? Als Vorbereitungskursus zum Eintritt in si fie dient den meisten Kunstschule und Kunstgewerbemuseum. Hier existiren direkte Parallelklassen zu denen der Akademie, die das Zeichnen nach Gips ips und nach der Natur, sowie Aktzeichnen lehren, ja sogar dieselben Lehrer sind zum Teil an Kunstschule und Kunstakademie tätig. Man könnte also das notwendige ruhig und gründlich hier lernen. Aber die jungen Leute, denen die „Hochschule" der bildenden Künste natürlich vornehmer dünkt, streben eiligst aus jenen Vorbereitungsinstituten zu entkommen. Sie verlassen sie vorzeitig, ohne sich durch Besuch der dekorativen Malklassen die natürlichen Grundlagen des malerischen Auffassens zu erwerben. Es wird die gediegene Vorbildung verschmäht, um baldmöglichst dem Fantom des „akademischen Bürgertums" nachzujagen. Und die Folge? Mangelhafte Grundlage, Unfähigkeit, die malerischen Aufgaben in großem dekorativen Sinne aufzufassen. Und was bleibt? Stolz und Dünkel, der Wahn, nicht mit niederen kunstgewerblichen Arbeiten seinen „Künstlerstand" entweihen zu dürfen. Ünd selbst, wer reuig zurückkehren will, hat eine zu einseitige, den dekorativen Anforderungen nicht entsprechende Bildung. Wie viele habe ich in meiner akademischen Studienzeit kennen gelernt, die sich vergebens an der „Ermordung Aigisths" zu schanden komponirten, während ihre Bcgabuug allenfalls für eine gute Plafondmalerei oder einen leidlichen kunstgewerblichen Entwurf ausgereicht hätte. Aber sie wollten nicht „zurück" zum Kunsthandwerk, das Bewustsein „Akademiker" gewesen zu sein, hinderte sie an solcher Erniedrigung.

Es wird nicht eher besser, als bis von den Kunstakademien nichts übrig bleibt, als die Meisterateliers. Dann erst kehren wir unter Anpassung an moderne Verhältnisse zum ursprünglichen Bildungsgange der alten Kunst zurück.

Die Grundlage bilden dann wieder zeichnerische, malerisch dekorative, kunstgewerbliche Vorstudien. Sind diese auf der Kunstgewerbeschule absolvirt, hat der junge Mann die Fähigkeit, zur not auf eigenen Füßen zu stehen, erlangt, dann erst mag er, wenn Talent und Mittel ihm das gestatten, sich einen Meister suchen, dem er und der ihm gefällt. Dann erst ist er überhaupt in der Lage, eine solche Wahl treffen zu können Dann aber steht ihm im Fall des Mislingens auch jederzeit der Rückweg frei. Wie unmöglid es ist, heute ohne Hülfsmittel als „Kunstmaler" zu existiren, ersehen wir daraus, daß die Mehrzahl auch der hervorragenden Künstler ihre kostbare Zeit mit Unterrichtgeben verschwenden, und daß die Eröffnung von „Privatakademien" in Berlin bereits epidemisch ist. Womit die minder Begabten ihr Dasein fristen, davon schweigen wir lieber.

Statt eines elenden Künstlerproletariats sollten also tüchtige Kräfte zur Entwicklung des nationalen Kunstgewerbes erzeugt werden, während heute leider jeder einigermaßen gut veranlagte Zeichner nach den akademischen Lorberen strebt, und allzuviel untergeordnete Kräfte den Kunstgewerbeschulen verbleiben

Die Ausführung dieser Projekte ist so ungemein einfach Eine Reform der Akademien würde vorgenommen, derart, daß die Zeichenklassen mit den betreffenden Klassen der Kunstgewerbeanstalten ver bunden werden, die ja an jedem Sik einer Kunstakademie sich befinden. Die Fonds, Stipendien 2c. werden nach Maßgabe ihres Verwendungszweckes zwischen die Rumpfakademien und die erweiterten Kunstgewerbeanstalten verteilt. Auch die Lehrkräfte der unteren Akademieklassen sideln über. In den Meisterateliers findet nur der Aufnahme, der hervorragende malerische Begabung in den höheren Dekorationsmalklassen des Kunstgewerbes erwiesen hat.

So etwa müßte in konsequenter Ausführung der Beumerschen Vorschläge, zu deren Berücksichtigung ja auch der Herr Minister sich geneigt zeigte, die Gesundung unseres Künstlerstandes durchgeführt werden. Wir hoffen, noch einmal eine solche „lex Beumer" zu erleben!

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Minister v. Berlepsch hatte im Laudtag hart für die Königl Porzellanmanufaktur und das Königl. Institut für Glasmalerei zu kämpfen.

Wer aus den lekten Ausstellungen das berliner Porzellan neben ausländischem gesehen hat, wird einen erfreulichen Fortschritt im Wettbewerb nicht leugnen können. Voraussetzung ist dabei, daß das Institut nicht nur für Gebrauchsgegenstände seine Kräfte verwendet, sondern gelegentlich auch an großen, schwierigen MeisterStücken sein Können steigert, daß es ferner auch weniger lukrative künstlerische und technische Experimente machen kann, ohne stete Angst vor der Jahresbilanz. Wir haben für viele Gebiete des praktischen Lebens staatliche Versuchsanstalten, und kein Mensch denkt daran, daß sie sich ohne Staatszuschuß selbst erhalten sollen.

Sobald die königl. Porzellanmanufaktur das geschäftliche Interesse obenan stellt, sinkt sie eben zu einem Konkurrenzinstitut der Privatporzellanfabriken herab, was eben vermieden werden soll. Ihrer Aufgabe als Lehr- und Versuchsstation, als Lehrmeisterin der nationalen Produktion, wird sie aber seit ihrer Reorganisation im steigenden Diaße gerecht. Ihre Erhaltung und Förderung ist daher Pflicht

Man kann das Gleiche leider nicht vom königl Institut für Glasmalerei sagen. Im jezigen Umfange und mit den jezigen Mitteln vermag dasselbe absolut nicht die Führerrolle auf diesem Gebiet zu spielen.

Von hervorragenden, die Privatindustrie überflügelnden Leistungen hat auch die Regierung im Landtage nichts erwähnt. Ob die Entziehung der Zuschüsse, die man beantragte, die richtige Methode zur Förderung des Instituts ist, das bleibe der Weisheit der Antragsteller überlassen.

Auf ausdrücklichen Wunsch des hohen Hauses wurde versprochen, den Abgeordneten durch Vorführung einiger Arbeiten des Institutes Gelegenheit zu eigener Prüfung zu geben. Der Wunsch ist mindestens naiv. Ob die königl. Manufaktur auf der Höhe der Zeit steht, kann doch nur durch Vergleich mit den Leistungen anderer

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Profesior Heinrich von Brunn, der berühmte Vertreter der Archäologie an der Universität München, scheidet aus Gesundheitsrücksichten im Frühjahr aus dem Lehrkörper aus.

Brunns Bedeutung beruht im wesentlichen darauf, daß er mit sorgfältiger Ausnukung der litterarischen und inschriftlichen Quellen die stilkritische Untersuchung verband. Der Vorzug dieser Methode besteht weniger, wie ich glaube, in den erzielten Resultaten, die bei der geringen Zahl sicher zu bestimmender antiker Originale äußerst hypothetischer Natur sind. Wichtiger ist, daß damit die in philologischer Forschung sich verlierende Archäologie zurückgeführt wird zur künstlerischen Würdigung der Monumente, und somit fruchtbar auch für Nichtphilologen bleibt. M. S.

Freie litterarische Gesellschaft zu Berlin. Am Donnerstag, den 29. März, findet der nächste Vortragsabend der Freien Litterarischen Gesellschaft statt.

Er wird voraussichtlich ganz und gar Josef Kainz gewidmet sein. Der große Künstler wird an diesem Abend fast ausschließlich solche Stücke vortragen moderne wie klassische, gedruckte wie ungedruckte, die er noch nie vorgetragen hat und die er in sein Vortragsrepertoir aufzunehmen gedenkt. Er hat sich die Freie Litterarische Gesellschaft ausgesucht, um vor ihrem erlesenen Publikum die Wirkung der neu erwählten Stücke zu erproben, so daß der Abend gewissermaßen den Charakter einer Vortrags-Première gewinnen wird.

Der Abend findet in der Sing-Akademie statt. Gesuche um Eintrittskarten für Nichtmitglieder bittet der Vorstand wegen des voraussichtlich starken Andrangs frühzeitig an das Bureau der Freien Litterarischen Gesellschaft, Friedrichstraße 207, gelangen zu lassen.

Freie litterarische Vereinigung zu Elberfeld-Varmen. In der lekten Sikung der freien litterarischen Vereinigung sprach Herr Dr. Joh. Schürmann über moderne italienische Lyrik. Nachdem der Vortragende einen ausgezeichneten, orientirenden Ueberblick über den augenblicklichen Stand der modernen italienischen Litteratur gegeben und den überraschenden Parallelismus zwischen den litterarischen Hauptströmungen dieses Jahrhunderts in Italien und Deutschland nachgewiesen hatte, wandte er sich in begeisterten und begeisternden Ausführungen einer der bedeutendsten ErScheinungen der modernen italienischen Lyrik, der 24 jährigen Volks schullehrerin Ada Negri, zu. Neben seinem fesselnden Vortrage wußte der Redner durch eigene, meisterhaste Uebersetzungen aus den Dichtungen Negris, die kraftvolle, tiefsittliche und bedeutende Individualität der Dichterin, die sich in ihrem berühmten Werke Fatalità, Lieder des Unglücks, ganz in den Dienst der Armen und Beladenen dieser Erde stellt, den Zuhörern nahe zu bringen. Die Rezitation eines fantasiesprühenden Manuskriptes Detlev von Liliencrons „Der süße Emil", von dem Dichter in liebenswürdiger Weise dem Vereine zur Verfügung gestellt, beschloß den anregenden Abend.

A.

Wegen Raummangels muß die musikalische Chronik und die Litteraturtafel ausfallen.

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