„römischen Preis", und die Blüte junger deutscher Künstler wurde durch den errungenen Sieg verpflichtet, ein oder zwei Jahre in Italien, speziell in Rom, zu weilen. Der Gedanke, eine deutsche Akademie als Sammelpunkt und Lehranstalt für diese „ragazzi" zu gründen, schleppte sich durch die Jahrzehnte hin, und immer mußte man sich damit bescheiden, daß noch die Stunde nicht gekommen sei Mit Neid sah man auf die französische Akademie auf der Höhe des Monte Pincio, mit Neid auf die Spanier Sehrings geniale Projelte für ein ideales römisches Künstlerhaus weckten nur aufs neue die Empfindung schmerzlichen Entbehrens. Forscher neuerer Kunstgeschichte aber, der die großen italienischen Meister zu studiren gedenkt, wird vergebens nach einer gleichen Vergünstigung ausblicken. Kein Stipendium gewährt ihm die Regirung, kein Heim in Italien. Alle Versuche in dieser Richtung blieben bisher ohne Erfolg. Schmarsow, jekt Professor in Leipzig, hat auf eigene Kosten durch mehrere Semester jungen Kunsthistorikern in Italien Vorlesungen gehalten. Zu Nürnberg wurde dann im September 1893 auf einem Kongreß der Kunsthistoriker beschlossen, aus eigenem Rechte und aus eigenen Mitteln das Institut zu begründen, da die Regirung zur Endlich hat unseres Kaisers Romreise den Gedanken, wenn auch Zeit Mittel nicht gewähren kann. in bescheidenen Grenzen, der Ausführung nahe gerückt. Tragisch ist es, daß dieser Hoffnungsstral aber erst in dem Moment aufleuchtet, da die große Mehrzahl unserer Künstler gegen Rompreis und Nomreise heftig protestirt, da ihre Sehnsucht auf Befreiung von der Tradition, von dem Vorbilde der „Alten" gerichtet ist. Wird also das römische Haus deutscher Nation überflüssig? Wir glauben es nicht Wir hoffen, daß die günstige Gelegenheit nicht aus hinfälligen Gründen versäumt wird. Nicht das Künstlerhaus ist überflüssig. Zu beschränken wäre nur der Zwang, die akademischen Preise ausschließlich im Künstler hause abzusiken. Man sollte auch andere Götter dulden neben Rom. Man sollte Paris, Brüssel, München, Spanien oder Tunis je nach Neigung und Absichten des Preisgekrönten zur Wahl stellen. Auch heute noch würden sich wol viele freiwillig für Rom entscheiden, ebensoviele auch ohne Preis nach Rom pilgern. Ihnen allen sollte im deutschen Künstlerhause frei oder zu geringem Preise Wohnung und Studio zur Verfügung stehen. Nicht eine Lehranstalt, ein Künstlerheim sollte gegründet werden, in dem durch Sammlungen und Bibliotheken das Studium gefördert wird. Der moderne Künstler wird in Italien nicht mehr nachahmungsdürstend zur Antike und zu Raffaels Stanzen pilgern Aber wir sehen doch gerade unter den jüngsten der Modernen Antike und Renaissance tausendfach wieder anklingen und in neuer selbständiger Auffassung die alten Weisen wiedertönen. Aber stärker noch als italische Kunst wirkt das freie, frische, römische Leben auf den nordischen Künstler befreiend und begeisternd, und viele werden sich ihrer germanischen Kraft und Eigenart erst hier voll bewußt. Böcklin, Klinger und so viele andere haben sich gerade durch die Berührung mit welscher Art selber gefunden. Es wird also die deutsche Akademie zu Rom nicht von vornherein als eine Anstalt zum Ausbrüten der im lekten embryonalen Stadium eingelieferten Kunstjünger zu betrachten sein. Sie soll nur den Sammelpunkt der deutschen Künstler repräsentiren, und grade den älteren, schon ausgereiften Talenten offen stehen, die hier im Studium italischen Lebens Auffrischung in der Letrachtung der älteren Kunstwerke, Erweiterung ihres Gesichtskreises und Stärkung des Empfindens für Monumentales suchen. Wird heute die Villa trobl - Ferner erweitert und ausgebaut, so erwerben wir sie ja nicht allein der heutigen Generation. Da die deutsche Kunst mit wunderbarer Stetigkeit immer wieder den Anschluß an Italien bald gesucht, dann wieder gering geschäkt hat, so liegt namentlich in Hinsicht auf die neuromantische Strömung der lekten Jahre der Gedanke nahe, daß wir einer Periode steigender Rombegeisterung wieder entgegen gehen. Dann wird der Besik doppelt wertvoll So bleibt auch unter den heutigen Verhältnissen diese Erwerbung notwendig. Erhält das Institut dann eine angemessene freie Organisation, so wird es der deutschen Kunst zum Segen gereichen. Und noch ein zweites deutsches Kunstinstitut gedenkt man in Mit einem Aufruf hat man sich an alle Beteiligten gewandt, und es wäre zu hoffen, daß derselbe bei den zahlungsfähigen Freunden italischer Kunstforschung weitgehende Unterstützung findet. Ist der Anfang gemacht, steht das Gebäude in seinen Grundmauern, dann wird auch die Staatshilfe nicht ausbleiben. Denn im Prinzip ist die Regirung sicherlich dem Unternehmen wolgeneigt. Ueber die wichtigsten Punkte ist man bereits einig Nicht in Rom, sondern in Florenz soll das Werk begonnen werden, denn hier in der Geburtsstadt italischer Kunst und ihrer Umgebung ist die beste Gelegenheit zu methodischer Arbeit. Rom, in dem die Werke späterer Zeit überwiegen, würde übrigens auch leicht zerstreuend wirken in jeder Hinsicht. Eines wäre zu wünschen. Sobald das Institut begründet und von der Regirung übernommen ist, sollte auch denjenigen, welche an Schulen und höheren Lehranstalten den Kunst- und Zeichenunterricht erteilen, durch kleine Stipendien Gelegenheit zu kürzerem Aufenthalte geboten werden, wie ja die Regirung jekt schon jährlich eine Reihe klassisch-philologischer Oberlehrer auf ihre Kosten in Italien und Griechenland mit den antiken Monumenten bekannt macht. So würde zugleich der Kunstbildung im Volke Vorschub geleistet. * * * Gewisse Blätter verkündeten kürzlich das nahende Ende der Sezession aus Anlaß des Austrittes einiger Mitglieder. Die beste Antwort erteilen die Sezessionisten damit, daß sie jekt bereits die Aufforderung zur Beschickung ihrer diesjährigen großen Ausstellung (Eröffnung: 1. Juni 1894) versenden. Ueberdies werden sie im März und April eine Frühjahrsausstellung eröffnen, um denjenigen Mitgliedern, welche im Sommer auswärtige Salons beschicken wollen, Gelegenheit zu geben, diese Bilder zuvor in München zu präsentiren. Da die Sezessionisten im Sommer 1893 ein fünftel aller ausgestellten Bilder verkauft haben, wird es ihnen an regster Beteiligung nicht fehlen, und die kleinen, geschmackvollen Räume in der Prinzregentenstraße vereinigen hoffentlich wieder eine Auslese von Arbeiten ersten Ranges. Wie wenig die Sezession an nachgeben denkt, ersehen. wir ans § IX, der ein gleichzeitiges Ausstellen im Glaspalast den Teilnehmern absolut untersagt. Nun - Volldampf voraus. * * * Baurat Wallot scheint den Gedanken aufzunehmen, das Bismarckdenkmal oor der Front des Reichstagsgebäudes aufzustellen. Eine Dispositionsskizze hat er bereits entworfen. Gegen eine Aufstellung im Scheitel einer halbkreisförmig nach dem Königsplaße ablaufenden stattlichen Rampe wäre nichts einzuwenden; sofern der Denkmalsunterbau bedeutend genug wird, um die Statue zu isoliren und selbständig zur Geltung zu bringen. Ueber die Grundbedingungen der Ausführung könnte doch eigentlich nur eine Ansicht sein, und es wäre wol praktisch, wenn schon vor Ausschreibung einer Konkurrenz die öffentliche Meinung darüber sich Italien einzurichten, nicht der ausübenden Kunst, sondern der Kunst- | aussprechen wollte. Der Fürst ist darzustellen, wie wir ihn im Leben forschung geweiht. Auf der Höhe des Kapitols zu Rom, etwa am Standplak des alten kapitolinischen Jupitertempels steht das Instituto archeologico germanico, das der Förderung der antiken und altchristlichen Archäologie geweiht, mit einer Bibliothek und hinreichenden Fonds ausgestattet ist. Junge und ältere Archäologen finden hier zum Teil auf Staatskosten Unterkunft, Anleitung und Belehrung, Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung und zu eigenen Arbeiten. Der gesehen haben. Die Uniform scheint mir (leider) unvermeidlich, dagegen ist das Bedecken des Hauptes mit Helm resp. Müze unpraktisch da die Schädelform enorm charakteristisch, also unentbehrlich ist. Ein Reiterstandbild kann nicht ernstlich in Frage kommen. Man hat Ziethen, Seydlik und Wrangel aus traditionellen Rücksichten vom Pferde absiken lassen müssen. Dafür macht König Friedrich Wilhelm IV., der Romantiker, halsbrecherische Reiterkunststücke auf der Treppen= höhe der Nationalgallerie. Die Tradition wird auch heute noch " " Ganz besonders mannhaft ist erfreulicherweise Herr v. Berleps ch für die Beibehaltung des Zeichenunterrichts in Fortbildungsschulen an Sonntagen eingetreten. Die berliner Stadtverwaltung ist sogar soweit gegangen, den obligatorischen Besuch der Schüler unter Führung der Lehrer" nach, oder vor dem Unterrichte anzubieten. Die protestantische Kirche hat sich dabei leider weit hartnäckiger erwiesen als die katholische. Herr Irmer (konservativ) entdeckte sogar, daß der „evangelische Geist" den Besuch des Hauptgottesdienstes verlange. Was würde Dr. Martin Luther, der Förderer der Volksschule, zu diesem „evangelischen Geiste" sagen? Auch dürfte Aufhebung des Sonntagsunterrichtes, soweit ich die Fortbildungsschüler kenne, mehr dem Frühschoppen als dem Kirchgange zu Gute kommen. Gegen die Freilegung der Museumsinsel behuss Ausdehnung der Museumsbauten hat Herr v. Buch „im Namen der konservativen Fraktion" Einspruch erhoben, auf die Gefahr hin, für einen kulturfeindlichen Barbaren gehalten zu werden." Er fürchtet „Luxusbauten zu Museumszwecken". Nachdem soeben diese Fraktion ihr Unvermögen dargetan hat, andere als landwirtschaftliche Interessen zu begreifen, wundert es uns nicht, daß sie die Kunst für überflüssigen Luxus hält. Nicht als „kulturfeindlicher Barbar" entpuppt sich Herr v. Buch, sondern als kurzsichtiger Bauer. Borstenvieh, Getreidezölle, Guanopreise und Sekt sind doch nicht für alle Menschen maßgebende Lebensinteressen. Vom volkswirtschaftlichen Werte der Kunst darf man diesen Herren nicht sprecheu, amerikanischer Speck ist für sie faßlicher. M. L. Litterarische Neuigkeiten. Körners Werke. Herausgegeben von Hans Zimmer. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. Das bibliographische Institut hat in seine Klassikerwalhalla jekt auch Theodor Körner gebeten In zwei et reich und geschmackvoll ausgestatteten Bänden präsentirt entirt sich die Ausgabe, ein rechtes Geschenkwerk. Weniger als das prunkvolle Aeussere mutet aber das Innere an Der Herausgeber, Dr. Hans Zimmer, der eine größere biographische Einleitung, Vorworte zu den einzelnen Stücken und Anmerkungen geliefert hat, ist alles andere als ein Charakteristiker. Er scheint noch zu glauben, daß er seinem Helden am besten dient, wenn er eine „österliche Triumphposaune" anstimmt, Gutes von ihm redet und alles zum besten kehrt. So sucht er die „Dramen" des Dichters, wenn er auch einige Schwächen zugibt, doch noch zu retten, wegen der „großen technischen Gewantheit und Bühnengerechtigkeit, glänzenden dramatischen Gestaltungskraft, vor allem aber der idealistischen Färbung und Reinheit und Sittlichkeit der Anschauung". Hiervon ist höchstens das lektere zuzugeben, dadurch aber werden Rettung auch gar nicht; er ist der Dichter von „Leyer und Schwert", der Sänger und der Held zugleich, der in Jugendschöne als schwarzer Jäger sich für das Vaterland den Tod erritten hat, ein Lied auf den Lippen. „Dadurch lebt er und wird leben“. Zimmer hat sein Porträt, nicht scharf ausgearbeitet, er operirt unerträglich mit abgegriffenen Wendungen, er sucht seine ohnehin farblosen Adjektiva durch das noch farblosere „im edelsten Sinne des Wortes" zu verstärken; er leistet sich phrasenhafte Geschmacklosigkeiten. Die poetische Habe der Ausgabe besteht in den bekannten Stücken; die Opern, Singspiele und Rätsel sind fortgefallen; den Gedichten sind vier Inedita zugesellt worden, die Körners Ruhm nichts nehmen und nichts geben. Felix Poppenberg. Kürschners deutscher Litteratur-Kalender 1894. 16. Jahrgang Stuttgart, G. I. Göschensche Verlagshandlung. Pünktlich zu Jahresbeginn ist diesmal der neue „Kürschner" eingetroffen. Der neue Verlag die altehrwürdige Göschensche Buchhandlung nämlich, in dessen Besiz nunmehr der „Kürschner" übergegangen ist, hat die ihm zufallende Arbeit wacker getan. Daß der Herausgeber, Geheimrat Professor Josef Kürschner, wie immer das denkbar Vollkommenste an organisatorischer Arbeit geleistet, ist selbstverständlich. Hat er es doch fertig gebracht, den Umfang des von Jahrgang zu Sahrgang unheimlich anschwellenden Bandes um nahezu 120 Seiten zu kürzen, ohne augenfällige Minderung des Inhalts. Ein par Namen, die Eintagsfliegen im Reiche der Feder waren, sind es im dreiundneunziger Kürschner geblieben, der vierundneunziger kennt sie nicht mehr. Das ist gut. Weniger bin ich mit einer Einschränkung einverstanden, die den hauptsächlichsten Anteil an der Textverminderung des neuen, sechszehnten Jahrgangs hat. Die „Städteschau" ist gegen den vorigen Jahrgang um rund 60 Spalten gekürzt worden. Denn es sind diesmal nur die Städte aufgeführt, die mehr als zehn schriftstellerische Persönlichkeiten beherbergen. Zwar erklärt sich der Herrausgeber liebenswürdig zu jeder Auskunft bereit, wenn es sich darum handelt, an einem „unter 10 Grad" stehenden Orte einen Autor nachzuweisen. Aber für Redaktionen, denen vor allen der „Kürschner" das allerunentbehrlichste Handbuch. geworden ist, wird die frühere Vollständigkeit dieses Teils das wünschenswertere sein müssen Die Liste der Verlagsfirmen hat sich ebenfalls um genau die Hälfte verkürzt. Ob nur durch Fortlassung der Gründungsdaten, die sich im vorigen Jahre hinter den Firmennamen befanden, und weil eine Anzahl von Firmen eingegangen sind? Es wäre nicht gut, wenn auch hier der angestrebten UmfangsVerminderung zuliebe die Liste an Vollständigkeit verloren statt gewonnen hätte. Uebrigens steht der 16. Jahrgang unter dem Zeichen der „Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller", der jüngsten und bedeutsamsten Errungenschaft unserer Standesorganisation, die wir der rührigen jungen Schriftstellergenossenschaft verdanken. Daher schmücken den Jahrgang die Bilder des Mannes, der sich um das Zustandekommen der Pensionsanstalt am meisten ver dient gemacht hat, V. Vierecks, und des Mannes, unter_dessen Protektorat der die Pensionsanstalt begründende erste deutsche Schriftsteller- und Journalistentag zu München im verflossenen Jahre so glänzend verlief, des Prinzen Ludwig von Bayern. Und daher hat von diesem 16. Jahrgang an der Litteratur-Kalender hinter den Namen der Autoren noch einen neuen Vermerk verzeichnet: P. A. glied der „Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller." P. S. Freie Litterarische Vereinigung in Stettin. Mit Am Dienstag Abend veranstaltete die hiesige „Freie Litterarische Vereinigung" ihren 2. Vortragsabend im „Kaiser - Adler", der wiederum zahlreich besucht war. Der Abend wurde durch einen Vortrag über „Friedrich Nietzsche" von Herrn Kölper eröffnet, als dessen Ergebnis zwei Thesen zur Diskussion gestellt wurden: 1. Nach Nieksches System ist unsere jezige Kultur unhaltbar. 2. Durch Zuchtwahl, analog der Darwinschen Theorie von Pflanzen- und Tierwelt, könnte der sogenannte Uebermensch geschaffen werden. Die Debatte über die beiden Thesen war rege und interessant. An den Vortrag schloß sich ein Gedicht von Svatopluk Cech „Am Sezirtisch" und eine Novelle, beide sehr gut vorgetragen von Herrn Rösel. Ein poesievolles Märchen „Die Rose", vorgetragen von dem Verfasser, Herrn Regisseur Cotta, erregte allgemeinen Beifall. Herr Schauspieler Jung vom Stadt-Theater zitirte die heitere Muse durch einige kleine scherzhafte Gedichte, zum Teil von ihm verfaßt; den Schluß des Abends bildete ein gleichfalls humoristisches Gedicht, vorgetragen von Herrn Cotta. Die Mitgliederzahl ist in stetem Wachstum begriffen. die Dramen für uns noch nicht gerettet. Und Körner braucht diese | Wegen Raummangels muß die Litterarische Chronik ausfallen. Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart, Berlin, Leipzig. Handbuch Der Deutschen Geschichte. In Verbindung mit R. Bethge, W. Schulke, M. Hahn, C. Köhler, herausgegeben von Bruno Gebhardt. Zwei Bände. Preis broschirt M. 16.-, elegant gebunden M. 18. Wir bieten Ihnen in obigem Buche ein Werk deutschen Wissens und deutschen Fleißes, welches Ihre freundliche Beachtung in hohem Maße verdient. Unser Handbuch ist mit dem Bestreben redigiert, bei möglichster Prägnanz so vollständig wie möglich zu sein - dabei nicht nur Fachleuten, sondern vor allem dem großen Kreise der Gebildeten ein ernstes, tüchtiges Werk gewissenhafter Geschichtsschreibung zu bieten, das durchaus dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft entspricht. Es liegt auf der Hand, daß ein solches Werk nicht aus einer Feder fließen kann, wenn alle Einzelgebiete den Vorzug gleich kompetenter Bearbeitung erkennen lassen sollen. So hat sich eine Reihe tüchtiger Fachmänner zu der gestellten Aufgabe vereinigt, welche Ihnen viele bemerkenswerte Geschichtsdarstellungen in einem Rahmen bieten. Wir glauben in vorliegendem Werke, das nicht nur die politische, sondern auch die geistige, rechtliche und wirtschaftliche Seite der Entwickelung unseres Volkes darstellt, ein gediegenes, gehaltvolles Werk zu bringen, von gleich bemerkenswerter Bedeutung für die Wissenschaft, wie für den Bücherschaß der Gebildeten. Deutscher Kaifer-Saal. Beschichte der deutschen Kaiser in Biographien bon Bruno Gebhardt, Verfasser des „bandbuch der deutschen Geschichte“. Mit Illustrationen nach Originalen hervor: ragender Künstler. Vollständig in 25 vierzehntägigen Lieferungen à 50 Pfg. Das vorliegende Werk bietet in anziehender gemeinverständlicher Darstellung die Biographien der deutschen Kaiser von Karl dem Groken bis zur Begründung des neuen Deutschen Reiches und stellt sich als ein Hausbuch edelster Art für jede deutsche Familie dar. Am Schluß des Werkes wird den Abonnenten eine nach künstlerischem Entwurf hergestellte Einbanddecke zu mäßigem Preis zur Verfügung stehen. Die meisten Buchhandlungen nehmen Bestellungen an; wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich direkt an die Verlagshandlung. Su beziehen durch die meisten Buchhandlungen. Verantw. Otto Neumann Hofer, Berlin Charlottenburg. Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Berlin und Stuttgart. Gedruckt von der Buch. druckeret im Buchhandlerhaus (liber: R. Gensch), Berlin W., Mauerstraße 80 u. Wilhelmstraße 47, Ausgang C. Expedition: Friedrichstr. 207. Berlin SW. 1832 begründet von Joseph Lehmann. Erscheint jeden Sonnabend. für Sitteratur. Herausgegeben von Otto Neumann - Hofer. Expedition: Berlin SW., Sriedrichstraße 207. Union Deutsche Verlags-Gesellschaft Berlin u. Stuttgart. Preis 4 Mark vierteljährlich. Bestellungen werden von jeder Buchhandlung, jedem Postamt (Nr. 3589 der Postzeitungsliste), sowie vom Verlage des „Magazin" entgegengenommen. Anzeigen 40 Pfg. die dreigespaltene Petitzeile. 63. Jahrgang. Preis der Einzelnummer: 40 Pfg. Berlin, den 17. März 1894. Nr. 11. Auszugsweiser Nachdruck sämtlicher Artikel, außer den novellistischen und dramatischen, unter genauer Quellenangabe gestattet Unbefugter Nachdruck wird auf Grund der Gesetze und Verträge verfolgt. Inhalt: Litteratur, Wissenschaft und öffentliches Leben: Eugen Oswald: Das englische Litteraturjahr II. Sp. 325 Leo Tol- Musik: Anton Roberts: Das komische Musikdrama. (Verdis Falstaff). Sp. 321. Das komische Musikdrama. Von Anton Goberts. (Verdis „Falstaff", Opernhaus 6. März.) „Der musikalische Ruhm Italiens, der einst durch alle Welt glänzte, ist eine Tradition von ehemals" - schrieb vor fünfundzwanzig Jahren Ambros, der kluge und liebenswürdige Musikhistoriker. Und als man Verdi als offiziellen italienischen Musikreformer hinstellte, meinte er skeptisch: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand; wir wollen das weitere abwarten". Er hat es aber nicht abgewartet, sondern starb. Heut ist Verdi in Europa wirklich ein Vordermann geworden im komischen Musikdrama: in jener leichten Gattung, die nicht mehr dem alten Stil der in Nummern eingeteilten komischen Oper angehört und doch sich von dem heitersten Drama Richard Wagners durch unendlich geringere Tiefe scheidet. Denn der Bayreuther hat auch hier ein Werk geschaffen, das von seinen anderen durch kein Prinzip verschieden ist: er mischt sein Werk herb und süß hier wie im Tristan, wo aus verzehrender Sehnsuchtsglut die feuchtere Gestalt Kurwenals hervorblickt, er mischt es wie in den Nibelungen, wo tausend lachende Fäden mit düsterer Tragik verknotet sind: nur mischt er es so, daß dem Höchsten nicht das Albernste gesellt wird, sondern dem Albernsten das Höchste; der Hauptbestandteil ist das Heitere, aber neben Beckmesser steht Hans Sachs. Und der Wagnerästhetiker Chamberlain will mit tiefem Blick und feinem Verstehen in diesem Drama sogar allein das Drama des Hans Sachs sehen. Jedenfalls ist das Werk von einem blos komischen Musikdrama soweit entfernt wie Verdis Falstaff von einer humoristischen Schöpfung ewigeren Sinnes. Für die leichte Gattung aber, für das nur komische Musikdrama, das doch der Form nach modern ist, hat Verdi im Falstaff den Stil geschaffen. Das scheint mir die Hauptbedeutung dieses musikalischen Falles. Verdi ist natürlich zu Richard Wagner gegangen, der Anzeigen. Sp. 351. die komponirenden Kindlein alle zu sich kommen läßt. Wer sich diesem Einfluß entziehen wollte, würde etwa die Rolle eines Menschen spielen, der im darwinistischen Zeitalter sich als eingefleischter Teleologe gebärdete. Nur ein kleines verrücktes Musikblättchen zu Hamburg macht noch solche Hanswurstscherze. Aber zu den meisten, die sich Wagner genähert, könnte man jekt, mit einem respektvollen Seitenblick auf den alten Verdi, sprechen wie Petrus im Kindermärchen zu dem Bauern: „So arme Bürle, wie Du äis bisch, chömme alle Tag e Himmel, so ne riche Herr aber chunt nume alle hundert Johr öppe äine". Verdi hat sich erst entschlossen, wagnersche Art an zunehmen, nachdem er mit seiner eigenen einen europäischen Ruhm gewonnen hatte. Und nachdem er vom Troubadour zur Aidagelangt war, von der tragischen Operette italienischen Stils zu einem italienisch-französisch-wagnerischen Gemisch, bringt er jekt zuletzt eine reine Verquickung des eigenen Stils mit wagnerschen Prinzipien hervor, die wahrscheinlich das Bedeutendste ist, das er in seinem langen Leben geschaffen hat. Er ist nur einer, der von Wagner gelernt hat, kein Wagnerkopist; deshalb ist er fähig auf einem, wenn auch bescheidenen Gebiete wieder ein Anreger zu werden. Die Troubadourzeit und die Aidazeit wird versunken und vergessen sein, wenn die ersten zwei Akte des Falstaff noch bestehen werden. Das komische Musikdrama neueren Stils wird von Verdi datirt werden. Verdi hat von Wagner das Prinzip der Einheitlichkeit übernommen. Sein Falstaff besteht nicht aus Rezitativen und Arien; auch für ihn gibt es, wenn ich mich spinozistisch ausdrücken darf, nur eine einzige ewige musikalische Substanz mit zahlreichen Modi, die sich zu ihr verhalten, wie die jeweiligen Wogen des Meeres zum Meerwasser. Es ist alles ein einziger breiter Strom, was er im Falstaff zu sagen hat, und der Strom wird zum wesentlichsten durch das Orchester gebildet. Nach wagnerschem Prinzip ist das Orchester ganz selbständig behandelt; es tritt nicht als Diener oder auch blos als hilfreicher Freund des vokalen Teils auf, sondern als Hauptfaktor; als der große Kommentator; als der ideale Zuschauer, dessen Organ durch hundert Instrumente gebildet wird. Von prachtvoller Grazie und Charakterisirungstüchtigkeit ist die Instrumentirung. Ein buntes Gewirr von Spott und Ernst tritt in diesem verdischen Orchester zu Tage, und der Italiener erzielt allein durch die Instrumentenbehandlung komische Effekte, ohne daß freilich ein so ausgelassener und einfacher musikalischer Humor herrschte, wie bei Lorking, bei dem sich die Komik zuweilen blos aus einem grotesken Inaneinandergreifen des vokalen und in strumentalen Teils ergibt: wenn etwa das Orchester eine abwärtsgehende Skala eines Bassisten mit tiefem Brummton feierlich abschließt. Neben der großen Fähigkeit zur orchestralen Erläuterung barocker und burlesker Vorgänge ist Verdi durch sein Temperament wie kein Lebender für das komische Musikdrama begabt. Dieser Alte hat Quecksilber in den Adern; und wirbelnd wie Flocken im Sturm ziehen seine Gestalten über die Bretter. Es ist wirklich etwas von der Lustigkeit der Windsor-Weiber in die Instrumente gefahren, die für alle Situationen einen bald kichernden, bald mitfühlenden Ausdruck finden. Wie das manchmal geht - da pfeift es und geigt es und klinget und klirrt, da ringelts und schleist es und rauschet und wirrt, da pisperts und knisterts und flisterts und schwirrt .. Wundervoll -, und wenn man eben zur Besinnung kommen will und den Augenblick zum Verweilen einladen möchte, ist der Alte schon längst wieder über alle Berge, und der Hörer schnappt nach Luft, indem er ihm nachvennt. Die Zänkereien des Dr. Cajus mit Falstaff und seinen Dienern Bardolph und Pistol werden im Beginn musikalisch flott erläutert. Obgleich eine schwere Menge Stoff in Musik zu setzten ist, geht alles wundervoll be schwingt von statten. Ein a-capella-Chorgebrüll kennzeichnet die zwei biederen Diener. Wenn Sir John vom Lachen der Frau Alice Ford redet, erklingt ein schalkhafter Triller, und wenn er sie sprechen läßt: „Mein Liebster heißt John Falstaff", singt er Falset. Alles in diesen ersten Szenen, in welchen der Plan zum Angriff auf Frau Page und Frau Ford dargelegt wird, geht leicht und rasch vorwärts, und das Orchester geht in diesem Geschwindschritt seine eigenen Wege neben den Singstimmen. Mit den Worten „Muß mich zuweilen hüten, daß ich sie nicht verleke" setzt eine ohrfällige Melodik ein, an die sich der Gesang Falstaffs über die Ehre anschließt; der Ritter schäßt sie bekanntlich sehr gering, und sei es, um seine Empfindungen zu illustriren, sei es, sie zu verspotten, ertönen im Orchester allerhand Rattenpfiffe, bis er die widerspänstigen Diener mit dem Besen zur Tür hinausprügelt, und nach kurzem Vorspiel bei veränderter Szene die Frauen erscheinen. Während der Verlesung von Alicens Brief tauchen melodiöse Schönheiten bei der Erwähnung ihres „holden Angesichts" auf, die gleich darauf, vielleicht absichtlich, um die Phrasenhaftigkeit des Briefschreibers Falstaff zu kennzeichnen, in einen ganz konventionellen Schluß ausgehn. Der mehrstimmige Gesang der lustigen Weiber, dann der beteiligten Männer, des Ehemanns, der beiden Freier Cajus und Fenton und der beiden verräterischen Diener Falstaffs, ist von hinreißender Flottheit und Lebendigkeit. In Aennchens flüchtig-schenen Liebesszenen mit dem jungen Fenton taucht eine wundervolle süße Phrase in der Melodie auf - „kann uns nicht fehlen, wird wieder kommen" die nachher wiederholt wird und besonders eindrucksvoll ist. Nach flüchtigem Hineinschneien einer gelegent lichen Tanzmelodie und einer altstiligen Opernbanalität findet die Verabredung der Männer gegen Falstaff mit starker Wirkung auf einem und demselben Ton statt das ist eines der komischen Mittel Verdis und nach einem im Stile der opera buffa gehaltenen Männerquintett und Frauenquartett klingt der erste Akt melodiös aus. Im zweiten ist Quickly, welche den Ritter besucht, zunächst die Hauptperson; sie ist mit prachtvollem Humor gekennzeichnet. Von ihrer Eintrittsphrase „Meine Ehrfurcht!" ab ist alles, was sie vorbringt, von höchster Grazie und Schalkhaftigkeit, und in ihrer Szene mit Falstaff ist Verdi, was nicht ganz leicht sein wird, ungewöhnlich melodiös bei vollkommener Vermeidung arienhafter Elemente. Als Falstaff seine selbstgefällige Anrede an sich und seinen schönen Bauch hält, ertönt Lachen und höhnisches Pfeifen im Orchester. Die Szene, in der sich Herr Ford incognito dem alten Hans nähert, bietet neben ganz vereinzelten alten Opernphrasen originelle liedartige Bestandteile, auch gelegentlich einen Tanzrhythmus und überall eine blendende Orchestrirung, die bald mit Blechmusik, bald mit Triangeln und mit Flöten arbeitet. Dramatisch im innersten Kern ist der schmerzliche Monolog des alleingelassenen Ehemanns, der sich gehörnt glaubt. Kurz darauf künden neckische Violinen Falstaffs Ankunft an, und mit graziösen Bekomplimentirungen schließt dieser Teil. Was darauf folgt, ist der Glanzpunkt des Werkes. Es ist die Szene, wo Falstaff in den Korb gesteckt wird, und der eifersüchtige Ehemann statt des gesuchten Ritters das Liebespar Aennchen und Fenton hinter der spanischen Wand findet. Im Anfang sind hier noch vereinzelte Reste aus der verdischen „Oper" im früheren Sinn zu spüren, mit dem Gesang Lustige Weiber von Windsor! das sind wir!" sest eine offenbare „Nummer" ein; aber bald huschen die Weiber wie der Wind durcheinander, Falstaff erscheint, singt Falset und giebt dann der lieben Frau, mit der er allein ist, eine windschnelle kostbare Schilderung seiner Jugendvorzüge, die eine der liebenswürdigsten Stellen in dem ganzen Werk ist. Bevor man es wagt, auf den Wandschirm loszugehen, eine feierliche Riesenfermate; dann eine leise wundervoll graziöse Vielstimmigkeit der drei Gruppen vor dem Wandschirm, hinter dem Wandschirm und vor dem Wäschekorb. Der Gesang des Liebespars hinter dem Wandschirm klingt süß in den Chorus der anderen hinein. Schließlich wird nach tollem hin und her der Korb umgestülpt und mit wildem Hoplala schließt dieser wirkungsvollste Akt des Werks. Falstaffs Verger wird im Vorspiel zum Schlußakt durch einen Schlag im Orchester angedeutet. Er sitzt wieder im Gasthaus zum Hosenbande, grollt mit der Welt und spült den Groll hinunter. Bei der Festsetung des nächtlichen Stelldicheins an der Eiche des Herne treten sehr interessante Instrumentationseffekte auf. Aber als die Szenen am Fuße der Eiche selbst vorgeführt werden, versagt die Kraft des Musikers. Er war unfähig oder launenhaft: der letzte Akt ist jedenfalls nicht ganz arm an Mittelmäßigkeiten. Die Feenmusik ist oft nur Balletmusik. Dazwischen freilich kommen Stellen, die zart und elfig sind, aber an den „Oberon", an den „Sommernachtstraum", an das Waldweben, selbst an Raffs Walddichtungen darf man nicht denken. Die ganze Erfindung im letzten Akt ist dünne, die Ausdehnung ermüdend, und erst eine sehr interessante Schlußfuge, von allen gesungen, bringt Leben in die beginnende Monotonie. Aber auch bei diesem Erlahmen der Schöpfungskraft gegen das Ende hin bleibt vom Ganzen der Eindruck eines Werks von vorbildlicher Bedeutung übrig. Verdi ist kein Genie. Und wenn Geniewerke von den Nachahmungen der Schüler nicht erreicht werden, wird der „Falstaff" von kommenden Meistern des komischen Musikdramas vielleicht übertroffen werden. Immerhin: Verdi ist auf dem einen Gebiet des komischen Musikdramas ein Anreger geworden. Und das mag ein Verdienst sein, wenn man auch wie der ergebendste |