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Erst in den leßten Jahren ist hierin eine erfreuliche Wendung zum Besseren eingetreten und die holländische Litteratur der jüngsten Zeit hat einen solch mächtigen Aufschwung genommen, daß das Intereffe vollständig gerechtfertigt erscheint, welches man neuerdings bei uns sowol als auch im Auslande den Schöpfungen des jungen holländischen Schrifttums entgegenbringt. Es ist an dieser Stelle bereits verschiedentlich auf die Umwälzung hingewiesen worden, welche in den letzten fünf bis acht Jahren mit der holländischen Litteratur vor sich gegangen ist, und auch einige der Hauptvertreter des jungen Hollands find den Lesern des Magazins nicht unbekannt. Ich werde mich deshalb bei meiner Aufgabe, einen Ueberblick über die wichtigsten Erscheinungen der holländischen Litteratur während des letzten Jahres zu geben, möglichst auf den mir angewiesenen Zeitraum beschränken, ohne im Intereffe der Vollständigkeit meiner Uebersicht auf ein gelegentliches Zurückgreifen auf frühere Jahre ganz zu verzichten.

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Die auch bei andern Litteraturen zu machende Wahr nehmung, daß die beim Auftreten der jungen Richtung so reichlich wuchernde lyrische Produktion in der Folgezeit zu Gunsten des Romans und der Novelle zurücktritt, trifft bei dem holländischen Schrifttum ebenfalls zu. Auf dem Gebiet der Lyrik ist das letzte Jahr wenig fruchtbar gewesen. Unter den neuen Erscheinungen auf diesem Gebiete ist eigentlich nur eine zu nennen, die allerdings um so vollwichtiger ist, der Gedichtband von Helene Swarth Poezie". Helene Swarth ist ohne Zweifel das bedeutendste lyrische Talent, das Holland gegenwärtig aufzuweisen hat. Der vorliegende Band beftätigt dies aufs neue.

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neueren holländischen
neueren holländischen Romandichtung bezeichnet werden
muß, schweigt sich vollständig aus. Bedauerlich ist dieses
Schweigen auch von einem andern der neueren Schrift-
steller, van Groeningen, der mit seinem Roman
Martha de Bruin" so große Hoffnungen erweckte.
Martha de Bruin sollte den Anfang eines größeren
Romanzyklus bilden, aber mißliche äußere Umstände,
insbesondere die Verständnislosigkeit, mit der Presse und
Publikum in Holland sein Werk aufnahm, haben dem
Autor die Fortsetzung verleidet. Martha de Bruin ist
ein Konfektionösen - Roman. Wir haben in der neueren
Litteratur, besonders in der deutschen, ja durchaus keinen
Mangel an Romanen, in denen die Konfektionöse als
Heldin figurirt. Aber welcher Unterschied zwischen diesen
Romanen und Martha de Bruin!

Die deutschen Romane dieses Genres, meist mit nachgeahmter pariserischer Eleganz in der Form, entbehren selten einer gewiffen Pikanterie bei aller Tragik der Handlung, es ist meist Nachtischware, die sich sehr bequem bei einer Taffe Kaffe oder auch gelegentlich im Eisenbahncoupee verdauen läßt. Der holländische Roman verschmäht alles Leichtflüssige und Pikante. Markig und herb in der Form, von denkbarster Einfachheit in der Handlung, entrollt er uns mit einer rücksichtslosen Realistik, ungescheut vor Staatsanwalt und Polizei, das düstre Bild eines Menschenlebens, wie es typisch ist für unsere moderne Zeit, tragisch und bedauernswert, ergreifend und packend. Es ist keine Eisenbahn- und Damenleftüre, es ist keine Erholung für müßige Stunden, es ist ein modernes Litteraturdenkmal im besten Sinne des Wortes. Um so bedauerlicher, daß der Autor selber sein reiches, kräftiges Talent so völlig brach liegen läßt.

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Nur einer von den alten Jungen" ist in diesem Jahre mit einem neuen Werk vor die Oeffentlichkeit geIhr Ideenkreis ist nicht groß, die Gedichte find fast treten. Frans Netscher, der mit seinen beiden Noalle aus einer Stimmung herausgeschrieben, und doch vellensammlungen „Studien nach dem nackten Modell“ wirkt Helene Swarth niemals ermüdend. Der zartfließende und „Menschen um uns" im Anfang der realistischen Wollaut ihrer Verse schmeichelt sich angenehm in unser Bewegung in Holland großes Aufsehen erregt hat, obOhr ein und die Innerlichkeit und Wärme ihrer wol die Novellen bei weitem harmloser find, als der Empfindung verfehlt nie ihre nachhaltige Wirkung auf reklamesüchtige Titel der ersten Sammlung vermuten läßt. unser Gemüt. Ihre Poesie läßt sich nicht in den engen Die Novellen Netschers lesen sich wie Romanfragmente Rahmen einer Schule einzwängen, fie ist nichts weniger und auch sein neuer zweibändiger Roman Egoisme" als eine Revolutionärin auf dem Gebiete der Kunst, sie hat troß seines Umfanges etwas Fragmentarisches an sich). ist nicht einmal modern in dem Sinne, den man dem Man kann die Lektüre nach dem ersten Teile oder an Worte für gewöhnlich beimißt. Und doch ist ihre Lyrik irgend einer beliebigen Stelle des Romans beendigen, im Vergleich mit den früheren Schöpfungen der holländi der Eindruck wird derselbe sein. Man ist nicht auf den schen Litteratur so durch und durch neu, daß man sich bei Schluß neugierig, aber wenn man am Schluß angelangt der Leftüre ihrer Gedichte in eine andere Welt versezt ist, hat man unwillkürlich das Gefühl, als ob jezt noch glaubt. Man hat in Holland selber den Versuch gemacht, ein dritter und vierter Teil folgen müßten. Netscher die Dichterin den Symbolisten zuzuzählen. Wie mir Wie mir ist ein getreuer Schüler seines Meisters. Geht Zola scheint sehr mit Unrecht. Helene Swarth ist viel zu in seiner Vorliebe für Kleinmalerei oftmals schon bis natürlich und naiv, ihre Gefühls- und Ausdrucksweise ist an die äußerste Grenze, wo die Beschreibung anfängt, vor allem viel zu weiblich, um mit dem selbstgefälligen kleinlich und langweilig zu werden, so überschreitet Empfindungskokettiren des Symbolismus in Verbindung Netscher diese Grenze noch um ein Beträchtliches. Man gebracht werden zu können. Die Dichterin würde sich muß bekennen, Netscher verfügt über eine ganz unge= auch sonst wol kaum in ihrer Heimat einer solch ungewöhnliche Beobachtungsgabe und wenn man den Roman teilten, von feiner Seite bestrittenen Anerkennung zu er freuen haben, wie es tatsächlich der Fall ist.

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nur auf seine Einzelheiten hin prüft, muß man ihn als eine ganz respektable Leistung bezeichnen. Aber als Ganzes vermag der Roman nicht zu befriedigen, weil er kein Ganzes ist. Ihm fehlt vor allem der große, einheitliche Zug, der das Einzelne verbindet und zusammenhält, die gemeinsame Zdee, die bei Zola auch das Nebensächlichste im Zusammenhang erscheinen läßt mit der Entwicklung des Ganzen.

Die interessanteste und zukunftsreichste Dichterpersönlichkeit des jungen Hollands ist Louis Couperus. Seinen beiden Romanen „Elne Vere" und „Noodlot" (Schicksal) hat er im letzten Jahre einen dritten folgen laffen, Ekstase, ein Buch vom Glück", sowie einen

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Ein litterarisches Ereignis bedeutete für Holland das Erscheinen von Frederik van Eedens „Johannes Viator", der lange und mit großer Spannung erwarteten Fortsetzung von van Eedens symbolisch-realistischer Märchendichtung Der kleine Johannes". Der kleine Johannes, dessen deutsche Ueberseßung (von Anna Fles, Hendels Bibl. d. Gesamtlitt.) leider bei uns gänzlich unbeachtet geblieben ist, ist eine der liebenswürdigsten Gaben der neuen holländischen Litteratur, und die Spannung, mit der man die Fortseßung, die Geschichte des groß gewordenen Johannes erwartete, läßt sich wol begreifen. Aber der „Johannes Viator" rief bei den Freunden des Dichters eine allgemeine Enttäuschung hervor. Man liest und schüttelt den Kopf, man liest weiter und erneutes Kopfschütteln. Man wird beim besten Willen nicht klug aus dem Buche. Der Autor hat soviel in sein Werk hineingeheimnist, daß die Lektüre nichts weniger als ein Genuß ist, besonders auch, da die hochtrabende Sprache, die nur für außergewöhnliche Sterbliche berechnet zu sein scheint und bei der man vergeblich nach dem poetischen Reiz der Form des der Form des „Kleinen Johannes" sucht, auf die Dauer ermüdet. Ich will das neue Werk van Eedens hier nicht näher zu analysiren versuchen, ich besiße nicht den Ehrgeiz, den mystischen Schleier zu durchdringen, der sich vor ihm ausbreitet. Vielleicht entschließt sich der Autor zur Herausgabe eines Kommentars, falls nicht ein Eingeweihter die Rolle eines Dünger übernehmen will.

Novellenband „Eene Illuzie". Was zuerst den Roman | feudaler Selbstherrlichkeit an sich, er ist ein Träumer, anlangt, so dürfte er wol kaum den gleich großen ein Schwärmer, den der Gedanke an seinen künftigen Leserkreis finden, wie die beiden vorhergehenden Romane. Herrscherberuf tief unglücklich macht, da er sich außer Dazu ist er in Stoff und Ausführung zu apart, zu Stande sieht, seinem Volke die große Liebe zu beweisen, sehr abweichend von dem, was der großen Masse ge- die er für dasselbe hegt, da er sich ferner vollkommener fällt, dazu schmeckt er zu sehr nach Schule. Auch Ohnmacht bewust ist all dem Leiden gegenüber, das sein Couperus hat dem Schicksal nicht entgehen können, Volf bedrückt, da er so gern helfen, lindern möchte und einerismus-Gruppe zugerechnet zu werden. Man doch die Unmöglichkeit fühlt, dieses Elend aus der Welt betrachtet ihn in Holland als das Haupt der Sen- zu schaffen. Es ist hier nicht möglich, näher auf den sitivisten. Der Sensitivismus, wie alle die neuen Formen Inhalt einzugehen. Viel, sehr viel ließe sich noch über aus dem Naturalismus erwachsen, ist eine Weiterent den Roman sagen. Ich muß mich damit begnügen, wicklung des Impressionismus und im Grunde von dem hier auf das Werk aufmerksam zu machen, das in seiner Symbolismus der Jean Moréas, Maurice Barrès, eigenartigen Gestaltungskraft eine Wirkung auf den Stephane Mallarmé 2. nur durch den Namen ver- Leser ausübt, wie nur wenige Litteraturerzeugnisse. Was schieden. Der Entwicklungsgang, den Couperus von besonders angenehm an dem Roman berührt, ist, daß seinem Erstlingsroman „Eline Vere" an bis zu dem er in keiner Weise nach Schule schmeckt, wie die beiden vorliegenden Ecstase" durchgemacht hat, tritt am deut vorhergehenden Arbeiten von Couperus. Es ist das lichsten in dem erwähnten Novellenband hervor. Es Werk einer großen mächtigen Dichterindividualität, die ist zwar nur ein Zeitraum von wenigen Jahren, aber über jeder engherzigen Einschachtelung steht. die Veränderung ist doch deutlich genug. Die Vorliebe des Dichters für das Geheimnisvolle, Ungewöhnliche im Seelenleben des Menschen, sein fein tastendes Nachspüren abnormer psychischer Vorgänge, seine virtuose Kraft im Seziren der Gedanken und Empfindungen kommt immer mehr zum Ausdruck. Das Innenleben seiner Personen geht ihm über alles; durch äußere Geschehnisse Interesse zu erwecken, verschmäht er vollständig. In seinem zweiten Roman Schicksal verband sich noch die Schilderung psychologischer Zustände in harmonischer Weise mit der Handlung, in „Ekstase" tritt die lettere bereits ganz in den Hintergrund. „Ekstase" ist die Geschichte zweier Menschen, die ihr höchstes Glück in einer über alles Körperliche erhabenen Seelenharmonie finden, und die sich trennen, als das physische Liebeselement das efstatische Ineinanderschmiegen ihrer Seelen zu zerstören droht. Es ist ein ähnlicher Stoff, wie ihn Julius Hart jüngst in seiner Novelle „Sehnsucht“ zum Vorwurf gewählt hat, nur daß uns Hart die naturnotwendige Tragif des Ausgangs vor Augen führt, während Couperus sein Werk vorher abbricht. Wir haben hier, ebenso wie in der Novelle „Eine Illusion" nur noch Stimmungsmalerei und weiter nichts als diese. Das beste aus dem Novellenbande ist jedenfalls die Studie Ein Seelchen", die Erzählung von dem Knaben vornehmer Leute, der sich in all dem Glanz und gesellschaftlichen Treiben seines Elternhauses tief unglücklich fühlt aus Mangel an Liebe und Anteilnahme, da sich weder die Mutter noch die erwachsenen Geschwister um ihn kümmern, der sein Leben still dahinlebt in der Einsamkeit der Kinderkammer und in dieser Verlassenheit auf allerhand seltsame Gedanken kommt, die ihn schließlich zum Selbstmord führen. Couperus' Vorliebe für das Abnorme verleugnet sich auch hier nicht, aber die Dar stellungsweise ist einfach und natürlich, sie ergreift deshalb, während die meisten der anderen Novellen wegen ihrer Fremdartigkeit in Inhalt und Ausführung mehr interessiren und in Erstaunen versehen als packen. Eine höchst erfreuliche Erscheinung bildet Couperus neuester Roman, Majestät“, neben „Noodlot“ sicherlich das Bedeutendste und auch nach außen hin Wirkungsvollste, was der Dichter bisher geschrieben. Es ist kein Sensationsroman mit allerlei versteckten Anspielungen und pikanten Deutungen, wie man vielleicht vermuten könnte, es ist eine Dichtung unpersönlichster Art, hoheitsvoll, „majestätisch“ nicht nur in der Handlung, sondern vor allem auch in der äußeren Form, vornehm in jedem Kapitel, in jeder Zeile. Der Held des Romans ist Othomar, Kronprinz von Liparien, der Erbe eines mächtigen Reiches. Othomar hat so garnichts von

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Auch auf dem Gebiete des Dramas vollzieht_sich neuerdings in Holland ein erfreulicher Umschwung. Daß dieser Umschwung erst so verhältnismäßig spät eintritt, kann niemanden Wunder nehmen, der da weiß, wie traurig es mit den Theaterzuständen in Holland bestellt ist. Das holländische. Publikum ist kein Theaterpublikum, wie das deutsche oder französische, der Holländer hat eigentlich nie ein rechtes Verständnis für das Theater gezeigt, wenigstens nicht für sein Theater. Wenn man schon einmal ins Theater ging, dann wars sicherlich in die französische Oper. Unter der Ungunst dieser Verhältnisse konnte von einer Entwicklung des holländischen Theaters natürlich nicht die Rede sein und so verkümmerte es mehr und mehr. Hauptschuld an der Theatermisere war das Fehlen eines nationalen Dramas. Eigene Lust- und Trauerspiele sind zwar auch in Holland zu allen Zeiten geschrieben worden, besonders das vaterländische Schauspiel wurde sehr gepflegt, aber von einer Bühnenwirksamkeit war bei feinem dieser Stücke die Rede. Sie waren selbst den Holländern zu

langweilig und das will bekanntlich viel heißen. | Man hatte sich so allmälig an den Gedanken gewöhnt, daß ein holländischer Autor überhaupt nicht fähig sei, ein bühnengerechtes Stück zu schreiben. Wozu auch den hölzernen eigenen Dramen Beachtung schenken, wenn man es so bequem mit dem Import aus Paris und Berlin hatte. Und daran ließ man es nicht fehlen. Deutsche und französische Stücke wurden in großer Anzahl übersezt oder nach holländischem Geschmack zurecht gestust, viel wurde auch aus London bezogen, wie denn die Holländer überhaupt für die englische Schauerund Gespensterdramatik eine besondere Vorliebe an den Lag legen.

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Da wurde vor zwei Jahren in Amsterdam ein Stück zur Aufführung gebracht, das einen ganz be= gebracht, das einen ganz be deutenden Erfolg davontrug. Únd man war in Holland nicht wenig überrascht, als man vernahm, daß der Autor diesmal kein Deutscher sei, auch kein Franzose oder Engländer, sondern ein bis dahin gänzlich unbekannter holländischer Schriftsteller. Ehrlos" hieß das Stück und W. G. van Nouhuys der Autor. Es ist ein ganz modernes Stück, obgleich der Ehrbegriff, der den tragischen Ausgang des Stückes herbeiführt, nicht den modernen Anschauungen entspricht und etwas stark nach Mittelalter schmeckt. Immerhin hatte man jegt etwas, das sich wie der Anfang eines nationalen Dramas ausnahm und man sah den weiteren Schöpfungen des Autors mit großen Erwartungen entgegen. In diesen | Erwartungen follte man sich nicht getäuscht fühlen. Nach Jahresfrist wurde ein zweites modernes Schau spiel desselben Autors aufgeführt, „Das Goldfischchen" betitelt, deffen Erfolg den von Ehrlos“ bei weitem übertraf. Es ist eine Ehetragödie modernster Art. Der Bankier Hermann Koorders ist eine entnervte Natur, ein Mann von großer Charakterschwäche, die ihren Ausdruck in seinem Hang zum Lurus findet. Ein reiches, jedes Bedürfnis befriedigendes Wolleben geht ihm über alles. In einer dürftigen Umgebung zu leben, dünkt ihm unmöglich, Entbehrung und Armut find in seinen Augen schlimmer als der Tod. Um einer geschäftlichen Verlegenheit zu entgehen, hat er vor nunmehr vier Jahren ein reiches Mädchen geheiratet. Es war eine Vernunftheirat, bei der das Herz nicht im geringsten mitgesprochen hatte. Sein Herz gehörte einem andern Mädchen, Greta, das ihm alles geopfert hatte und das er vielleicht auch geheiratet haben würde, wenn er sich nicht vor dem Schreckgespenst der Armut gefürchtet hätte. Seit dieser Zeit verachtet Greta Hermann und ihre Verachtung geht in Haß über, als sie sieht, wie sich Hermann im Laufe der Jahre immer mehr von ihr abwendet und seine Frau lieben lernt. Nur die Sorge um ihr Kind, zu dem Hermann eine innige Zuneigung zeigt, da seine Ehe selber kinderlos geblieben ist, hält fie davon ab, ihren wahren Gefühlen Hermann gegenüber Ausdruck zu geben. So liegen die Verhältnisse bei Beginn des Stückes.

Der erste Aft spielt in der Wohnung von Hermann. In einer Einleitungsszene mit seinem Bruder Franz und dann später in einer Szene mit seiner Frau Marie wird die nervöse Natur Hermanns vortrefflich gezeichnet. Er ist heute unruhiger als sonst. Sein auffallendes Benehmen erregt besonders bei Marie Befremden. Auf ihre Fragen giebt er ausweichende Antworten, die in ihr ein Mistrauen aufsteigen lassen, das in der Folge immer mehr zunimmt. Der wahre Grund von Hermanns Erregtheit ist der schlimme Ausgang von Börsen spekulationen, in die er sich eingelaffen hat. Ein Telegramm aus London bestätigt seine Befürchtungen, er ist ruinirt. Dieser Hiobspost folgt sofort eine zweite. Ein

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Billet Gretas teilt ihm mit, daß ihr Kind im Sterben liege. Diese Nachricht erschüttert ihn tief. Er eilt hinweg, um seinen Liebling noch einmal zu sehen. Marié bleibt zurück, das sonderbare Benehmen Hermanns sowie einige unvorsichtige Aeußerungen von ihm haben ihren Verdacht erweckt. Sie fängt an, den Zusammenhang zu ahnen. Sie will Gewißheit haben und eilt Hermann nach.

Die Komposition dieses ersten Aktes ist meisterlich. Am Schluffe stehen wir mitten in der Handlung, die unser Interesse auf das Lebhaftefte erregt.

Der zweite Akt führt uns in die Wohnung Gretas. Das Kind ist soeben gestorben, Hermann ist verzweifelt in einen Stuhl gesunken. Da geht die Tür auf, Marie erscheint auf der Schwelle. Von der anderen Seite tritt Greta in das Zimmer. Die nun folgende Szene, in der sich die beiden Frauen Auge in Auge gegenüberstehen, ist die effektvollste des ganzen Stückes. Greta, durch den Tod ihres Kindes jeder kühleren Ueberlegung unfähig, macht endlich ihrem Herzen, das vier Jahre lang schweigend den Haß und die Verachtung gegen Hermann still getragen hat, Luft, und entdeckt Maria alles: daß er sie nur geheiratet hätte, weil sie ein „Goldfischchen" wäre.

Der dritte Akt, der eine Aussöhnung zwischen den beiden Ehegatten zustande zu bringen sucht, fällt etwas ab. Hermann will seine finanziellen Schwierigkeiten mit Hilfe seiner Frau, deren Kapital unberührt ge= blieben ist, regeln. Marie aber, die jetzt seinen wahren Charakter erkannt hat, glaubt ihn nur retten zu können, indem sie ihn den harten Kampf mit dem Leben wieder aufnehmen läßt. Er soll in ihren Augen die Achtung wiedergewinnen, die er verloren hat, dann wird sie ihn auch wieder lieben.

Es ist nicht zu leugnen, daß der Schluß den beiden ersten Akten gegenüber matt ist. Aber er ist echt holländisch. Der Autor will auf jeden Fall eine befriedigende Lösung und verschmäht ́es, das Stück mit einem Theatereffekt endigen zu lassen, der hier sehr leicht herbeizuführen gewesen wäre und den ein deutscher Autor sich auch sicherlich nicht hätte entgehen laffen.

Noch ein anderes dramatisches Talent ist im legten Jahre in Holland aufgetaucht, das, speziell vom rein litterarischen Standpunkt aus, in vieler Hinsicht noch größere Beachtung verdient, als van Nouhuys. Es ist eine Frau, Mevrouw Snyder van WissenkerkeJunius, deren Schauspiel „Lotos“ eine hochinteressante, für die Zukunft viel versprechende Leistung ist. Der beschränkte Raum verbietet es mir, hier näher auf das Stück einzugehen. Vielleicht finde ich später noch einmal Gelegenheit, auf die Verfasserin, die auch in der Novelle Vorzügliches leistet, ausführlicher zurückzukommen.

Friedrich Hebbel und die Samilie Rousseau. (Ungedruckte Briefe.)

Herausgegeben von Fritz Lemmermayer.
(Schluß.)
XI.

Verehrteste Freundin!

Ich erröthe, indem ich das Datum Ihres lieben Briefs betrachte und mir dabei eingestehe, daß ich ihr wirklich erst jezt beantworten soll, daß ich ihn nicht längst beantwortet habe. Sie werden denken; das ist ein Mensch, der aus dem Erröthen gar nicht heraus kommt! und dies ist leider wahr genug. Ich weiß nicht, woher es rührt, aber die Kluft zwischen mir und einer Feder ist so groß, als sollte

ich fie jedes Mal, wo ich sie brauchen will, dem schnellsten Adler erst ausrupfen. Das ist schlimm bei einem Menschen, wie ich, denn man denkt sich einen Schriftsteller noch leichter ohne Finger, als ohne Feder, indem er die leßere ja zur Noth, wie schon Exempel vorkommen, mit den Füßen oder mit dem Munde führen könnte. Es ist nun aber einmal so. Niemand spricht mehr und schreibt weniger, wie ich. Dies Mal habe ich zur Entschuldigung meiner Zögerung freilich außer diesem allgemeinen noch sehr triftige besondere Gründe vorzubringen. Ich habe mich am 26 sten May mit meiner Braut verheiratet. Sie ist Protestantin, wie ich, aber deßungeachtet hatten wir mit Herbeischaffung von Papieren so viel zu schaffen, daß wir kaum an etwas Anderes denken konnten. Hätte man bei mir nicht aus Rücksicht auf meinen Namen, der sich wenigs stens so weit von den Namen der Herren Hinz und Kunz unterscheidet, daß ich nicht füglich zwei Frauen nach einander nehmen könnte, ohne dafür öffentlich gezüchtigt zu werden, ein wenig durch | die Finger gesehen, so würde ich noch nicht am Ziel seyn. Wie lernte ich die freien französischen Formen, die die menschlichen Verhältniße längst vom kirchlichen Firlefanz losgemacht haben, auf's Neue schätzen! Dort geht man zum Maire, wenn man nicht zum Pfaffen will, und mit einer einfachen Erklärung ist alles abgethan.

Nun ist alles vorüber. Ich bin im Besiz des edelsten Herzens von der Welt uud habe alles, was man auf Erden haben kann. Was dem Ruhm anlangt, von dem Sie glauben, daß er mir auch zu Theil werden könnte, so gestehe ich Ihnen aufrichtig, daß er mir nicht bloß gleichgültig, sondern auch entschieden verächtlich geworden ist. Dem höheren Menschen wird ein großer Begriff von der Menschheit angeboren, damit er alle seine Kräfte aufbiethe, etwas für sie zu thun. Ist es gethan, so ekelt ihn der Lohn, den sie reicht, denn sie bezahlt das Höchste und das Niedrigste auf gleiche Weise und wer würde nicht schaudern vor einem Lorbeerkranz, wenn er weiß, um welche Stirnen er sich schon herumgezogen hat. In unserer Zeit nun zumal wird der Ruhm nicht mehr durch gewaltige Geisteskräfte, durch hervorragende Leistungen, sondern auf industriellem Wege erworben. Welche Subjecte sind nicht berühmt! Glücklicherweise belohnt sich im Aesthetischen, wie im Sittlichen, die That unmittelbar durch sich selbst, durch Steigerung der inneren Potenz, durch schärferes Erkennen der ewigen Verhältniße. Wehe dem, dem dieß nicht genügt! Ich darf hoffentlich so sprechen, ohne mit dem Fuchs, der die Trauben für sauer erklärte, Aehnlichkeit zu erhalten, denn bei den Erfolgen, die ich bis jezt fand, find mir noch größere ziemlich gewiß, ich rede also nicht von Dingen, die mir unerreichbar find Neulich besuchte mich ein italiänischer Abbate, der Judith und Maria Magdalena in'3 Italiänische übersezt hat; es machte mir Freude, meine deutschen Gedanken in dieser wohlklingenden Sprache zu vernehmen. Kennen Sie die Maria Magdalena?

Es wäre mir sehr interessant, Ihre Gedanken über diese problematische Production, die nicht ohne moralische Folgen bleiben wird, wenn ich nach dem Aufruhr, den sie gleich beim Erscheinen erregte, schließen darf, zu hören. Neulich erschien bei Campe ein fleines Büchlein: Ueber den Einfluß der Weltzustände auf die Richtungen der Kunst und über die Werke Friedrich Hebbels, von Felix Bamberg," das manche richtige Ansicht neben mancher vertehrten über mich und meine Ideen enthält. Vielleicht kommt es Ihnen zu Gesicht.

Es würde ganz gewiß für mich ein großer Genuß seyn, wenn ich meine Frau in meinen Dramen sehen könnte. Aber daran ist in Wien nicht zu denken, obgleich das Publicum es wünscht. Zwischen dem Theater, wie es ist, und dem Dichter, der die Kunst zur Trägerin reformatorischer Ideen macht, und nur der ist Dichter, der dieß thut, fließt ein Ocean; zwischen mir und dem Hofburgtheater zu Wien fließt ein doppelter. Alle glauben, es ließen sich Brücken hinüber schlagen, nur ich selbst nicht, wenigstens jezt nicht. Auf einen der größten Genüße muß ich also Verzicht leisten. Sonst | ist meine Frau für die Judith geboren, in ganz Deutschland findet

nicht auf die Bretter gebracht werden, es ist durch ein positives Gesetz verboten.

Ich erlaube mir, eine Lithografie von mir beizuschließen. Das ist kein Beweis von Eitelkeit, sondern des Mangels an Eitelkeit. Sie ist so plump gerathen, daß nur die Rücksicht auf den Künstler, der schon gegakelt hatte, ehe sein Ei noch gelegt war, mich bewegen konnte, die Ausgabe zu gestatten. Es hat mich eine junge Dame in Del gemalt und das Bild ist ausgezeichnet gelungen. Vielleicht wird es lithografirt, und für diesen Fall behalte ich mir mein Recht vor, ein Exemplar zu senden. Nach dem beifolgenden Bilde können Sie fich etwas deutlicher, wie bisher vorstellen, wie ich nicht aussehe.

Sie erregen mir die Hoffnung Ihrer persönlichen Bekanntschaft. Nichts Angenehmeres könnte mir begegnen, und wie sollte fie fich nicht realisiren laßen? Wien, wenn Sie noch nicht hier waren, würde Ihnen genug bieten, um eine Reise zu lohnen und man reis't jezt so leicht und schnell. Meine Frau, die sich Ihnen und Ihrer verehrten Familie auf's Beste empfehlen läßt, wünscht es eben so sehnlich, wie ich selbst, Sie hier begrüßen zu können. Ihre Freundin, Fräulein Lewald, werde ich, troß meiner Abneigung gegen DamenSchriftstellerei, mit Vergnügen kennen lernen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Meine Arbeiten ruhen jezt ganz; ich bin im Sommer immer ein Brunen ohne Eimer, obgleich nicht ohne Waßer.

Sehn Sie überzeugt, daß das auf so schmerzlich-heilige Weise angeknüpfte stille Freundschafts-Verhältniß mit Ihnen mir ewig fo theuer bleiben wird, als es bisher war, und werden Sie nur nicht müde, mir dann und wann zu schreiben. Mit den herzlichsten Grüßen

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Wien, den 26. Novbr. 1849.
Verehrte Freundin!

Es hat mich aufrichtigst gefreut, ein Lebenszeichen von Ihnen zu erblicken. Zwar bin ich selbst Schuld daran, wenn es so lange ausblieb, denn ich hätte Ihnen längst schreiben sollen. Doch, was gerieth im vorigen Jahr nicht in's Stocken! Und eigentlich hatten Sie doch zuerst die großen Pausen in uns're Corespondenz eingeführt, denn auch Ihre Antwort auf meinen legten Brief ließ sich ein volles Jahr lang erwarten.

Zu Ihrer Verheiratung wünsche ich Ihnen von Herzen Glück. Gewiß gibt es wenig Menschen, die von der Natur bestimmt sind außer der Ehe zu leben und von diesen Wenigen dürfte Keiner zu beneiden seyn. Die Trennung von Ihrer Mutter hat Sie natürlich schmerzen müßen, aber diesem Schmerz kann eine Tochter nur selten entgehen, wenn sie ihre Bestimmung erfüllen will. Ihren Herrn Gemahl kennen zu lernen, würde mir in jedem Fall sehr lieb seyn; dann lernte ich doch auch Sie endlich persönlich kennen. Und wer weiß, ob ich Sie mit meiner Frau nicht einmal in Ihrer ländlichen Einsamkeit überraschel Nur müßten Sie mir zuvor etwas Näheres über Weg und Steg mittheilen, denn ich weiß in geographischer Beziehung auf der Erde nicht beßer Bescheid, wie Stiller auf dem Grunde des Meeres.

Was mich betrifft, so geht es mir in meinem Hause gut und in der Welt nicht schlecht. Statt des Söhnchens, deffen Geburt ich Ihnen vor drei Jahren anzeigte, erfreut mich ein Töchterchen, das seinen Geburtstag Weihnachten zum zweiten Mal feiert. Meine Frau und ich selbst find gesund, obgleich Erstere sich sehr anstrengen muß und die Schauspielkunst wahrlich, wenn sie nicht bloß der Gage wegen betrieben wird, am Kern des Lebens zehrt. Es ist Schade, daß Sie sie nicht sehen können; ich spreche nicht als ihr Mann, sondern als kalter Kritiker, wenn ich sage, daß manche ihrer Leistungen eine fich für diesen Charakter keine zweite Darstellerin, wie sie. Das hat | Reise von hundert Meilen verdient. In Deutschland existirt sie nur fie ja auch seit Existenz des Stücks gefühlt und sich seit Jahren einmal, darin find sie alle einig, und in Frankreich wahrlich auch Mühe gegeben, es mit Veränderungen, auf die Bühne zu bringen, | nicht zwei Mal. Ihre Maria Stuart, ihre Judith, ihre Klara in aber umsonst. Bibel-Personen, Heilige und ähnliches Volk darf hier der Maria Magdalena 2c. wird man nicht wieder erblicken! Meine

eigene Thätigkeit ist gleichfalls groß. Bei Gerold in Wien erscheint zu Neujahr von mir eine neue Tragödic Herodes und Marianne, die nach meinem eigenen Gefühl und dem Urtheil der zwei oder drei Kunstrichter, deren Deutschland sich rühmen kann, hoch über allen meinen bisherigen Sachen steht. Ich habe drei Jahre daran gearbeitet und die letten Scenen geschrieben, während Wien bombardirt wurde. Sie wurde bereits im Frühling auf dem Burgtheater aufgeführt. Vor acht Tagen ging von mir ein Märchen-Lustspiel „Der Rubin" in Scene, das im Sommer, wo ich in Schönbrun wohnte, entstand. Beide Werke brauchen Zeit, um bei der Maße durchzudringen, denn freilich ist mehr hineingelegt, all man im Schlaf wieder heraus nehmen kann. Herodes imponirte, aber er flößte keine Liebe ein. Der Rubin befremdete, doch bei jeder neuen Vorstellung wächset die Theilnahme. Judith und Maria Magdalena waren früher gedruckt, darum wurden sie schneller verstanden. Judith ist in dreiviertel Jahren 22 Mal wiederholt worden; Maria Magdalena 14 Mal und noch immer hält sich das Hans bis zum Brechen. Weber in Leipzig druckt von mir einen komischen Roman - Schnock, den Ihr Pruder schon fannte. Mir eine sehr liebe Production, das Bild der Welt in einem Stecknadelknopf. Ich mache Sie aufmerksam darauf, er erscheint mit Holzschnitten.

Zu alledem habe ich vor vierzehn Tagen die Redaction des Feuilletons der Österreich'schen Reichszeitung übernommen. Es existirt nämlich in Wien nicht ein einziges kritisches Forum, das Achtung verdiente und ein solches will ich gründen. Freilich stört mich das im Hervorbringen und wenn man, wie ich, noch Dußende von großen Dramen im Kopfe hat, sollte man die Zeit für den höchsten Schat halten. Doch, dem Kritik Unwesen muß ein Ende ge= macht werden und was man nicht selbst thut, das geschieht nicht. Darum ging ich endlich auf den schon oft an mich gerichteten Antrag ein. Daß es den hiesigen Sudlern nicht angenehm ist, können Sie denken. Sie suchen mir das Leben schwer zu machen, wie sie nur können. Doch ohne Mückenstiche geht's in der Welt nicht ab.

Darf ich Sie bitten, mich Ihrem Herrn Gemahl bestens zu empfehlen und Ihre Familie freundlichst von mir zu grüßen? Auch meine Frau trägt mir einen herzlichen Gruß an Sie und die Ihrigen auf, und bin ich, wie immer

Ihr wahrhaft ergebener

Friedrich Hebbel.

N. S. Adreßiren Sie bloß: Dr. Hebbel in Wien, so trifft mich. jeder Brief.

Damit ist die Correspondenz Hebbels mit der Familie Rousseau geschloffen. Diese Briefe, im Zusammenhange mit den im 2. Band des Hebbelschen Briefwechsels gedruckten, geben ein schönes Ganzes, das beiden Teilen zur Ehre gereicht. Die Freundschaft zwischen den beiden jungen Männern war ein Verhältnis seltenet Art. Sie hatten sich, wie. Hebbel bekennt, nicht zu einem Spaziergang die Hand gegeben, sie waren mit ihrem Herzblut an einander geleimt. Sie drückten nicht vor dem Ernst der Welt die Augen zu, um ungestört mit ihren Blumen zu tändeln; fie feierten ein Bacchanal der Schmerzen. Etwas davon klingt nach in diesen Blättern.

Tivoli.

bon

Ludwig Fulba.

Wo der Tempel der Sybille
Eines toten Geistes Hülle,
Unvergänglich festgebannt
Niederstarrt, vom schroffen Rand
Auf die goldne Lebensfülle,
Wo den Weg im Sprung verkürzend
Donnert in die Kluft der Strom,
Sehnsuchtsvoll hinunterstürzend
In das weite Tal von Rom,

Stiegen wir auf lichten Pfaden,
Muntre Wanderkameraden,
In die Dämmerung der Schlucht;
Blüte sahen wir und Frucht

In dem sprühuden Tau sich baden;
Wie zur ersten Frühlingsfeier
Wob der Felsen, dicht belaubt,
Einen feuchten Funkelschleier
Um sein immergrünes Haupt.

Wo der Bergpfad, übersponnen
Von dem Flimmer fleiner Sonnen,
Steil sich nach der Tiefe bog,
Langsam aufwärtssteigend zog
Eine Schar von jungen Nonnen.
Ernst beschaulich uns entgegen,
Paarweis schritten sie dahin,
Wolbehütet allerwegen
Von der würdgen Öberin.

Plöglich flärte frohes Staunen
Ihre stillen, sonnenbraunen
Mienen wie mit Zauberzwang:
Unfrer Muttersprache Klang;
Deutsche!" hörten wir sie raunen.
Ihre frommen Augen lohten
Wie von längst versagtem Glanz
Einen Gruß den flüchtgen Boten
Ihres fernen Vaterlands.

Kaum gefunden, schon gemieden,
Und auf ihrem Weg zum Frieden
Nimmer hemmten sie den Lauf;
Wir hinab und sie hinauf,
Für die Ewigkeit geschieden.
Nieder flommen wir zum Grunde,
Wo des Stromes Riefenkraft
Aus dem dunklen Höllenschlunde
Wütend eine Bahn sich schafft.

Uebermächtig scholl das Toben;
Aber hoch am Felsen droben
Sahn wir schwarze Frauen stehn,
Sahen weiße Tücher wehn,
Winkend in die Luft gehoben.
Bei dem Tempel, drin der Heiden
Göttin schläft in ewger Ruh,
Winkten ein vertraulich Scheiden
Uns die Gottesbräute zu.

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