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zu dem Eingreifen des Präsidenten, werden die Gefahren weiter geleitet. Auch Luise und Ferdinand tragen vorbereitende Elemente bei, erstere durch ihre stumme Ergebung und Entsagung, letzterer durch seinen feurigen Trotz gegen die konventionelle Auffassung der Standesunterschiede. So helfen alle mitbauen an der Unterlage, auf der das Drama ruhen soll, und der Konflikt erscheint notwendig, ja unausbleiblich.

Begrenzung der Exposition.

DON CARLOS

Die Exposition fällt den ersten fünf Szenen zu. Die Aufgabe wird zum gröszten Teil in den zwei ersten Auftritten erledigt, die beiden folgenden bringen eine weitere Ausführung, aber die dramatische Handlung, wie wir sie aufzufassen haben, fängt erst mit dem Schlusz der Unterredung zwischen Don Carlos und der Königin, am Ende des fünften Auftritts an. Wäre Don Carlos das geworden, was Schiller anfangs im Sinne hatte, "ein Familiengemälde aus einem königlichen Hause," so wäre diese Unterredung in die steigende Handlung zu verlegen, wie auch die Fürsprache Posas bei der Königin im fünften Auftritt; nun das Drama aber als Staatsaktion anzusehen ist, wirken diese nur vorbereitend.

Das erregende Moment.

Wäre in diesem Drama die Liebestragödie als die Haupthandlung aufzufassen, so hätte man den Entschlusz Karls, die Königin zu sprechen (1, 2) als erregendes Moment zu bezeichnen. Dann hätten wir auch denselben Steigerungsprozesz aufzuzeichnen, den wir in den Räubern und im Fiesko zu beobachten hatten. Karlos erste Worte:

"" . . . Mutter?

O Himmel, gib, dasz ich es dem vergesse,
Der sie zu meiner Mutter machte!" (28 ff.)

bringen die erste Andeutung auf seine Liebe, die er in dem kurzen Monolog am Ende des Auftritts dem Zuschauer völlig entdeckt. Ganz allmählig kommt dieses Moment, von dem die Bewegung ausgeht, zum Vorschein. Alle seine Schmerzensausbrüche wurzeln in dem Gefühl der Leidenschaft, das in immer höher wachsender Steigerung zum Ausdruck kommt, bis es mächtig hervorbricht in dem Entschlusz, sein Geständnis, "das sich schon tausendmal auf seinen Lippen gemeldet," der Königin abzulegen. Dadurch aber, dasz der Dichter den Schwer

Siehe Bemerkung am Schluss des II. Aktes im dritten Heft der Thalia.

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action

punkt des Stückes in die Staatsaktion verlegt hat, hat mit der Handlung überhaupt, auch die Exposition ihre Einfachheit und Knappheit einbüszen müssen. Für diese Handlung ist das erregende Moment in der Stelle zu suchen, wo die Königin Carlos auf seine Pflichten gegen den Staat verweist, (I, 5, Z.780 ff.). Vorbereitet ist dieses Moment durch die Worte I, 2, Z. 153 ff., wo Posa seine Sendung erklärt und Carlos zur Ausführung der Jugendträume zu bewegen sucht. Die Wurzel der politischen Handlung sind in den auf der Schule zu Alkala entstandenen Plänen der Jugendfreunde zur Befreiung der Menschheit zu suchen, und liegen also der Handlung weit voraus.

Ausdehnung der Vorgeschichte.

Die Vorgeschichte zur politischen Handlung hat der Dichter sehr knapp gefaszt. Eine um so breitere Darstellung erhält der Freundschaftsbund zwischen Carlos und Posa. Der frühen Kinderjahre wird gedacht, wo sie

"zween Knaben wilder Art,

So brüderlich zusammen aufgewachsen."

Diese liebevolle Ausmalung des Freundschaftsbundes läszt sich leicht erklären im Lichte der schwärmerischen Freundschaftsideen des jugendlichen Schiller.

Noch breiter ausgeführt ist die Leidenschaft des Carlos zur Königin. Die ersten Szenen sind fast ausschlieszlich diesem Moment gewidmet; selbst die Freundschaft musz in ihren Dienst treten.

In seinen Briefen über Don Carlos sucht Schiller sein Verfahren zu rechtfertigen. Er gibt zu, dasz "die erste Ankündigung des Verhältnisses zwischen diesen beiden (Posa und Don Carlos) könnte irregeführt haben," (3. Brief), und dasz er "in den ersten Akten andre Erwartungen erregt habe, als er in den letzten erfüllte,

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Mag er recht haben, wenn er sagt: "Dadurch, dasz der Dichter von ihrer Jugendfreundschaft ausgeht, hat er sich nichts von seinem höheren Plane vergeben; im Gegenteil konnte dieser aus keinem besseren Faden gesponnen werden, "-das wollen wir dahingestellt sein lassen.

Die Schmerzensausbrüche des Don Carlos sucht der Dichter in der angeführten Stelle durch die Behauptung zu erklären, Don Carlos müsse alles Rührende seiner Lage aufbieten und die entlegensten Szenen der Kindheit hervorrufen, um die Lieblingsidee seines Freundes zu verdrängen und sein Mitgefühl zu erwecken. Aber gerade diese Lieblingsidee ist es, die hier hätte zur Darstellung gebracht werden sollen. Freilich hat Schiller darauf hingewiesen (8. Brief), dasz dieses Drama

den Konflikt zwischen den idealen Bestrebungen Posas mit der Leidenschaft Carlos darstellen soll, aber jene werden durch diese zu stark in den Hintergrund gedrängt. Die verborgenen Motive des Marquis, "welche keine andre sind als Flanderns Befreiung und das künftige Schicksal der Nation," wird der Zuschauer kaum ahnen, und die Einleitung zur politischen Handlung bleibt in Dunkel gehüllt. Wir können nur des Dichters eigene Worte wiederholen-es werden in den ersten Akten andre Erwartungen erweckt als in den letzten erfüllt werden. Dasz Posa die einzige Leidenschaft, die in der Seele des Prinzen vorhanden ist, die Liebe zur Königin, zu benutzen gedenkt, um "den erloschenen Heldengeist an fremdem Feuer" zu entzünden, und aus diesem Grunde sich bereit finden läszt, dem Freunde die Unterredung mit der Königin zu ermöglichen, liesze sich vielleicht aus dem späteren Verlauf der Tatsachen bestätigen. Aber aus der Exposition geht dasselbe nirgends hervor. Dasz dem Zuschauer eine ungenügende Vorbereitung auf den Konflikt geboten wird, daran trägt die Entstehungsgeschichte des Dramas Schuld, die sich bekanntlich über einen ungewöhnlich langen Zeitraum ausdehnte.

Später gebotene Züge aus der Vorgeschichte.

Das Bild der Voraussetzungen, das fast gänzlich im Rahmen der Exposition geboten wird, wird später durch einige weitere Striche vervollständigt. Dadurch, dasz Schiller den Plan des Don Carlos verändert hat durch die Verrückung der Idee, indem er den Schwerpunkt der Handlung aus dem Liebesdrama in die politische Handlung verlegt, hat die Einheitlichkeit in der Durchführung gelitten. Die ersten Szenen sind vielmehr angelegt, das Familienstück zu exponieren, und die politische Sache musz sich in den exponierenden Szenen mit der zweiten Stelle begnügen. Daran liegt es denn auch, dasz noch spät im zweiten Akt exponierende Teile auftreten, und dasz die eigentliche Handlung erst mit dem dritten Akt zu steigen beginnt.

Einige bedeutende Züge aus der Vorgeschichte Posas bringen die Verse 2899 ff., welche im König den Wunsch erzeugen, Posa kennen zu lernen, und dadurch die Annäherung zwischen diesen beiden motivieren sollen. "Die Geschichte von Carlos Liebe, als die blosz vorbereitende Handlung, weicht nun zurück, um derjenigen Platz zu machen, für welche allein sie gearbeitet hatte," sagt der Dichter selbst. (5. Brief.) Die volle Tragweite der Pläne Posas erfährt der Zuschauer erst im achten Auftritt des fünften Aktes. Erst hier hört man von dem Bündnis gegen Spanien mit auswärtigen Mächten, das der Marquis auf seinen Reisen abgeschlossen haben soll, und von dem

.. ausgeführten Plan des ganzen Krieges, Der von der span' schen Monarchie auf immer Die Niederlande trennen soll." 1. 4995 ff. 5

Von geringer Bedeutung für die Vorfabel sind die Anekdoten der Eboli, die im achten Auftritt des zweiten Aktes geboten werden. (11. 1696, 1706 ff., und 1721 ff.) Ähnlich wie die Vorgeschichte Hermanns in den Räubern, bereiten diese Episoden nur die Basis für das aktive Eingreifen der Eboli in die Handlung und arbeiten der Intrige vor. Technik ist aber beachtenswert. Schiller greift hier zum Mittel des Miszverstehens, das mit den daraus erwachsenden bitteren Gefühlen der Enttäuschung allmählig zur Enthüllung der Fakta führt. Doch sind diese Fakta, wie gesagt, nicht um ihrer selbst willen vorhanden, sondern dienen nur ein neues Motiv einzuleiten.

Auffallend ist der häufig wiederkehrende Hinweis auf das Verhältnis Carlos zur Königin. Nicht nur, dasz dasselbe in den exponierenden Szenen stark hervorgehoben wird, sondern auch später wird mehrmals Bezug darauf genommen, 1. 2639 ff., 1. 3694 ff., 3760 ff. und 4328 ff. Das Prinzip der Wiederholung findet hier Anwendung, das dazu dienen soll, das Motiv der Liebe, die Triebfeder des Ganzen immer wieder hervorzuheben.

Mittel der Darlegung.

In den ersten Worten der Thaliafassung findet sich die Bezeichnung für das Mittel der Tatsachenvermittelung, das im ersten Auftritt Anwendung findet.

Karlos

"Der Erzspion verfolgt mich überall

Wie die Gerichte Gottes. . . ."

Es ist der lauernde Argwohn, der dem Prinzen sein Geheimnis zu entlocken sucht. Domingo, der Priester des Königs, gehört zu den verhaszten "Gebärdenspähern und Geschichtenträgern, " die vom König gedungen sind, den Prinzen zu bewachen. Seiner Aufgabe, Carlos auszuhorchen, weisz sich der Priester geschickt zu entledigen, denn er versteht es den Prinzen in die Enge zu treiben, dasz dieser sich hinreiszen läszt zu Gefühlsäuszerungen, die den Tatbestand vorausahnen lassen. Spannungerregend wirken die Andeutungen auf Rätsel, Geheimnis und Entdeckung.

1. 5, Dies rätselhafte Schweigen

1. 24, Das Rätsel dieses ganzen Hofes,

1. 87 . . . das ehrwürdige Geheimnis Ihres Kummers,

'Vgl. hierzu Otto Harnacks Annahme einer Fälschung, Euphorion V, '98, und Rudolf Schlossers Antwort darauf, Euphorion X, 1903.

Auch in dem kurzen, am Ende des ersten Auftrittes gesprochenen Monolog, wird das Rätsel nicht enthüllt; erst im folgenden Auftritt wird die Lösung desselben geboten.

In dem zweiten Auftritt greift der Dichter zum Mittel des Wiedersehens lange getrennter Freunde, und gewinnt so eine lebendige Vergegenwärtigung des Vergangenen. In dem Verhältnis der Reminiszenz treten Karl und Posa auf. In diesem Erinnerungsbild wird vorübergehend der politischen Pläne gedacht, die sie auf der Schule gehegt hatten, und die Geschichte ihrer Freundschaft bis in die Knabenzeit zurückgeführt. Daran knüpft sich als Kontrastbild die Darstellung von Karls Leidenschaft. Die nächsten zwei Auftritte wirken rein vorbereitend. Im fünften erfolgt die Zusammenkunft zwischen Don Carlos und der Königin, die ihn, auf das Geständnis seiner Leidenschaft, auffordert, seiner Pflicht gegen den Staat nachzukommen und seine Liebe seinen zukünftigen Reichen zu bringen. (789 f.)

Geschickt hat es der Dichter verstanden die Liebesgeschichte der Königin mit der des Prinzen zu verbinden, indem er sie (4. Auftr.) von Posa in fremder Einkleidung als Erzählung der Königin selbst vortragen läszt. Im Beisein einer dritten Person, der Eboli, der der wahre Sachverhalt ein Geheimnis bleiben musz, wird die Geschichte erzählt. Dem Zuschauer, der schon im zweiten Auftritt zum Teil eingeweiht worden ist, wird auf diese Weise ein künstlerischer Genusz bereitet.

Auch in dem ersten Auftritt wird ein Beispiel geboten für den Gebrauch der Erzählung zur Vermittelung des Vergangenen, nämlich die wohlerfundene und feingesponnene Erzählung Domingos 53 ff., die auf die Liebe der Königin zu Karl hindeutet.

Als Handlung wird die Exposition zum groszen Teil dargelegt. Mit einer Handlung hebt die erste Szene an, da Domingo den Versuch macht, Karl sein Geheimnis zu entlocken. Auch der zweite Auftritt bringt Handlung im Zusammentreffen der Freunde, im Austausch der Erinnerungen, der zum Entschlusz Posas führt, die Zusammenkunft zwischen der Königin und Karl zu ermöglichen. Im vierten Auftritt wird dieser Entschlusz in die Tat umgesetzt. Die Zusammenkunft selbst bringt der handlungsreiche fünfte Auftritt.

WALLENSTEIN

Dasz das Drama Wallenstein, welches nach Göthes Vorgang gewöhnlich mit dem Namen-die Wallenstein Trilogie-bezeichnet wird, keine Trilogie im eigentlichen Sinne des Wortes ist, darf wohl als allgemein angenommen gelten. Wohlbekannt ist auch die Tatsache, dasz nach

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