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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 25.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohldbl. Post - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Polen. Lanka.

Berlin, Mittwoch den 27. Februar

Eine Sage der Goralen in Galizien.")

Als ich mich vor einiger Zeit nach Galizien in die Gegend von Sanok begab, um das Schlachtfeld vor Hofzowo zu besuchen, wo Franz Pulawski verwundet worden, lernte ich in dem Dorfe Raba einen Greis kennen, der nach allgemeiner Meinung weit über hundert Jahre alt war. Er war etwas harthörig, im Uebrigen aber rüstig und frischen Geistes. Er erzählte uns von manchen merkwürdigen Ereignissen aus seinem Leben, auch Vieles von des Landes Geschicken. Als wir auf die Tataren zu sprechen famen, theilte er uns folgende Sage mit, die hier eine Stelle finden mag, um uns darauf aufmerksam zu machen, welchen Schaß wir in unseres Landes Geschichten besißen, wenn wir ihn nur zu heben verständen!

In meiner Hütte ist meine Großmutter gestorben, die hat uns manchmal gar_wunderliche Dinge von diesem Tatarenvolke erzählt, in dessen Gefangenschaft sie eine Zeitlang geschmachtet hat. Jest ist sie schon lange, wohl schon an funfzig Jahre, todt, und ich gehöre auch zu einer dauerhaften Gattung. Von dieser meiner Alten nun weiß ich, daß hier auf dem Berge das Schloß von Hoszowo gestanden hat, ja ich kann mich dessen auch noch recht wohl entjinnen. Dahin retteten sich die Einwohner des Dorfes in Kriegszeiten. Es war ein altes Gebäude, eine Brücke führte hinauf, die in Ketten hing, und bis heute stehen noch die unterirdischen Gewölbe.

Eines Tages, es war um die Mittagszeit, das Vieh_befand sich eben auf dem Felde, da fielen von Ustrzyk her die Tataren hier ein, eine Geisel des Himmels. Der Herr schloß sich in seine Burg ein und wehrte sich, doch die Leute waren draußen auf dem Felde bei der Arbeit, und für diese war an kein Fliehen weiter zu denken. Das Schloß widerstand dem Andrange der Rotte und ift erst zur Zeit der Conföderation abgebrannt, von beiden Dörfern Hoszowo und Raba aber blieben nur drei Hütten stehen. Alles verbrannten und verzehrten die Unbändigen, die Kirche beraubten fie, Sachen schleppten sie zusammen und trieben viele Menschen, besonders Weiber und Mädchen, mit sich fort ins Tatarenland.

Als unser Volk zur Besinnung kam, jagte es mit unserem Herrn Wojewoden hinter den Räubern her und brachte richtig Vieles von der Beute, auch die Weiber, wieder ins Dorf. Nur Lanka, so hieß meine Großmutter, und ein Mädchen aus Raba, Marynka mit Namen, waren mit einem Haufen schon zu weit voraus, die bekamen die Unsrigen nicht wieder. Meine Großs mutter hatte nicht lange vorher meinen Vater zur Welt gebracht und war kaum von dem ersten Wochenbette genesen. Die beiden armen Geschöpfe nun trieb das Tatarenvolk mit sich fort, that ihnen aber sonst nichts zu Leide, außer daß es ihnen rohes Fleisch zu essen gab, welches Beiden ein Grduel war, weil sie meinten, He würden deshalb mit solcher Speise gefüttert, um nachher ges schlachtet und verspeist zu werden; davor fürchteten sie sich am meisten.

Sie langten endlich in dem Tatarenlande an; sie wurden jede in eine andere Hütte gebracht und nicht so bald zu einander gelassen; auch beten durften sie nicht. Drei Jahre blieben sie gefangen und mußten spinnen und Kinder warten.

Da träumte einmal meiner Alten, daß fie in Raba in der Kirche sich befande, daß da die Tataren einfielen, ihr ihr Kind raubten und es mit dem Messer durchbohrten, so daß sie selbst von dem Blute über und über besprißt wurde. Sie schreckte über diesen Traum gewaltig auf und erzählte ihn anderen Lages der Marynka.,,Der Traum bedeutet Dir offenbar etwas Gutes", fagte diese; fich, wie das Blut auf Dich selbst gesprigt ist, so wird sich Dein Blut auch wieder zu Dir wenden, und Gott wird uns aus diesem Elende erlösen."

Tanka fand wenig Troft in dieser Deutung; fle grâmte und härmte sich ab und verging fast vor Sehnsucht nach ihrem Kinde. Sie aß nicht, sie schlief nicht, und war nach einem Monat so abgezehrt, als wenn sie drei Jahre lang vom Fieberfrøft geschüttelt worden ware, ja den Tataren selbst fiel ihr Zustand auf.

*) Im Przyjaciel ladu mitgetheilt von W. P. (Mincents Poll (?), dem Herausgeber treflicher Polnischer Volkslieder).

1839.

,,Wir wollen fliehen! wir wollen flichen!" sagte oftmals Marynka.

,,Wenn sie uns aber einholen, wenn sie uns einholen und uns ermorden", erwiederte Lanka.

Ei, mogen sie auch, ist doch unser Elend schon groß ges nug", verseste Marynka, und dann vergoß wieder Eine übers der Anderen herbes Schicksal bittere Thränen. Mehr als einmal hat nachher meine Großmutter zu meinem Vater gesagt:,,Bas den könnte ich Dich in den Thränen, die ich über Dich geweine habe!" Endlich faßten sich Beide ein Herz und verabredeten mit einander, daß Marynka heimlich Reisevorrath sich verschaffen follte; wenn nun Tanka Nachts bei ihr anklopfen würde, fo follte sich Marynka aus der Hütte schleichen und dann wollten fie die Flucht wagen.

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Nun traf es sich, daß Tatarische Festtage einfielen, die ganze Horde weitweg nach ihrem Tempel zog und Lanka allein mit einem Kinde zurückblieb, das etwa neun Jahr alt war. Die Abwesenheit der Tataren sollte drei Tage dauern, indessen war Tanka aufgetragen, Essen zu bereiten und Brod zu backen. Sie heizte den Ofen, der nach der Weise des dortigen Volkes von ungeheurer Größe war.

Während meine Alte sich nun so bei dem Ofen zu schaffen machte, da that ihr das Tatarenbalg allerhand Schabernack an, da stieß es fle, - da seßte es sich ihr auf den Nacken und wollte auf ihr reiten, da verlangte es zuleßt, auf seinem Kinderwagen in der Stube umhergefahren zu werden. Hierüber geräth meine Tanka außer sich, das Blut dringt ihr zu Herzen, besinnungslos wirft sie das Kind auf den Wagen und geradewes ges geht's mit dem Kinde nach dem Ofen, mitten in das Feuer hinein. Nur einen Schrei vom Kinde hat sie gehört. Sie warf die Thür zu, griff nach ihrem Bündel und einem Tatarischen Messer und rannte aus der Hütte. Nun erst fielen ihr die Fols gen ihrer That aufs Herz, denn wohin sollte sie sich wenden? Es dunkelte ihr vor den Augen.,,Weh! mein armes Blut!" rief fie,,,Weh! Was hab' ich gethan! Vor ihr lag die weite offene Steppe, über die war ein Entrinnen unmöglich und nirs gend bot sich ein Schlupfwinkel dar.

Nach kurzem Besinnen jedoch kam Tanka auf einen Gedanken, der glücklich zu ihrer Rettung führte. Eine Strecke von der Hütte war eine Hürde, in welche die Tataren zuweilen ihre Heerden trieben. Damals befanden sich nur einige alte Stuten darinnen, die mit der Heerde nicht mehr mitzugehen vermochten. Dahin lief meine Alte, schnitt einer Stute die Kehle durch, schliste ihr den Leib auf und trug die Eingeweide beiseits, damit die Vögel sich nicht versammeln und nie verrathen möchten; dann troch sie selbst in das Thier. Marynka wußte von dem Allen nichts.

Gegen Abend kommen die Tataren zurück. Sie suchen ums her und finden ihre Magd nicht, vermeinen, fie fey mit dem Kinde zu der Marynka gegangen und sehen sich zu Tische. Sie wollen das Effen aus dem Ofen hervorholen, ja! Alles ist zu Kohlen verbrannt. Ein Tatarenweib schaut näher zu und finder ein Ringlein des Kindes. Da begann's Lamentiren! Die Mans ner wieder aufs Pferd, in die Steppe hinaus, hinter der Magd her; die Magd aber liegt in der Stute. Die Weiber stürzen zur Marynka, um sie zu ermorden. „Sag' an, wo ist Tanka? Du weißt es, sprich, oder wir schlagen Dich todt!" Die Arme wurde erschrecklich zugerichtet, aber wie konnte sie verrathen, was sie nicht wußte?

Erft am anderen Tage ritten die Tataren wieder heim, meine Alte hörte sie in ihrem Verstecke; sie ritten langsam und mißmüthig darüber, daß sie die Magd nicht wiederbekommen hatten.

In der folgenden Nacht, da Alle im tiefsten Schlafe lagen, erhob sich Tanka und schlich den Hütten zu. Put! pul! erschallte es an dem Fenster, unter dem Marynka schlief. Die raffte sich auf, nahm, was sie zunächst erfassen konnte, und fort!

Damals hatte, wer noch kein Wunder gesehen hat, eines inne werden können, denn wunderbar ist, was sich mit diesen beiden armen Geschöpfen zugetragen. Als nämlich Tanka, meine Großmutter, fortgeschleppt wurde, da lief auch ein Hands lein, das die Leute Sora benannt hatten, mit ihr fort bis ins Tatarenland. Es war meiner Alten wenigstens zuweilen wohl ums Herz, da sie ein Geschöpf um sich hätte, das mit ihr aus

einer Heimath stammte. Des Nachts wich diese Sora nicht von der Streu meiner Alten, und doch war sie zu dem Verstecke derselben nicht gekommen.

Als nun Tanka an das Fenster pochte, da lief auf einmal auch die Sora herbei; fie fing an gräßlich in den Wind hinein zuheulen und gesellte sich den Fliehenden_zu. , nimmer ware den beiden schwachen Weibern ihre Flucht geglückt, wäre nicht diese Sora bei ihnen gewesen. Da rannte sie voraus und erwitterte, was sie nicht zu sehen vermochte; da lief sie wieder zurück, ob etwa dort Gefahren zu erspähen wären. Nachts hielt fie Wache und mit Tagesanbruch war sie wieder munter voraus. Kurzum, wie sie von Anfang an den Weg gewiesen, so führte fie die Frauen richtig aus den Steppen. Gott weiß, welche Strecken Weges fie mögen durchwandert seyn, bis sie in das Land der Kosaken sich durcharbeiteten. Da war schon das Schwerste überstanden; nachher ging's durch das Wolochische Land son leichter, und Sora immer voran.

Endlich waren sie nur noch zwei Meilen von unserem Dorfe Raba entfernt, nun stürzte Sora wie rasend voran, kein Rufen half, so daß Tanka zu Marynka sagte:,,Schade um unsere Sora, sie ist toll geworden." Die aber kam durch das Dorf ges Laufen, geradezu auf unsere Hütte los, und heulte und sprang auf dem Hofe umber. Eben kamen die Leute aus der Messe, denn das geschah des Sonntags, da gab's ein Gewundere und Gerede, daß Sora wieder da wäre, aber Tanka nicht. Bis ges gen Abend, da die Vesper eben vorbei ist, auch die Tanka zum Vorschein kommt. Jeßt ließ unser Propst Michael, der das Tas tarenjoch auch gekostet hatte, mit allen Glocken läuten, das Volk aus der ganzen Nachbarschaft, aus dem Dorfe und von dem Hofe lief herzu, auch der Mann der Tanka, mein Großvater nämlich, und mit ihm sein Kind, das im Dorfe nicht anders als die,,Tatarenwaise" hieß.

Dies Kind war ebenfalls wie durch ein Wunder von den Tataren verschont geblieben. Denn als die Menschen sich nach dem Abzuge des Raubgesindels wieder ins Dorf wagten, da fanden sie das Kind den zweiten Tag unter einem Birnbaume liegen, ihm hatte weder ein Tatar, noch das Feuer geschadet, es war gefund, nur fast ganz verschmachtet. Der Herr nahm es au fich aufs Schloß und zog es auf, als wenn es sein eigen ware, und das Volk benannte es die Tatarenwaise.

Wie nun die Leute die Tanka wiedersahen und das Waisen kind neben ihr, da fingen sie an zu schluchzen und sich zu freuen und zu beten und nach Allem zu fragen. Marynka aber fagte: ,,hab' ich Dir's nicht gesagt, daß Gott uns aus dem Elende ers Lösen, und daß Dein Blut sich wieder zu Dir wenden wird?" Doch Tanka hörte von dem Allen nichts, sondern drückte ihr Kind fest, in ihre Arme und fank an der Schwelle vor der Kirche zu Boden. Auch Marynka lag ausgestreckt da. Der Propst las über ihren Häuptern das heilige Evangelium ab, und sprach ihnen Trost ein, meine Alte aber konnte sich nicht wieder erhes ben und mußte mit dem Kinde, das sie nicht loslaffen wollte, in die Hütte getragen werden.

Sie erholte sich überhaupt nur langsam von den ausgestans denen Schrecken. Ja Beide, Tanka sowohl wie Marynka, ber hielten Zeit ihres Lebens irgend ein schreckliches Geheimniß auf ihrem Gewissen; sie offenbarten es Niemandem und haben es mit sich ins Grab genommen. Es war grausenhaft, was sich zuweilen mit ihnen zutrug. So lange es Tag war, ging es noch an; aber wenn die Sonne hinter die Berge herabgesunken war, da quålte sie Etwas, da ging Etwas mit ihnen um, und sic weinten und schmiegten sich an einander und Keine konnte die Nacht ohne die Andere zubringen. Was sie mit einander sprachen, das konnte kein Mensch verstehen, noch gedachte er sich daran zu trösten. So viel ist sicher, der Fluch der Tatarenweiber lastete auf ihnen, und der peinigte sie bis an den Tod. Marynka starb auerst; meine Alte lebte noch lange und sagte gar oftmals zu uns,,Meine Kindlein, fallen die Tataren wieder einmal hier bei Euch ein, so nehmt Euch lieber das Leben, stoßet Euch ein Messer ins Herz, rennt ins Feuer oder ins Wasser, nimmermehr aber vertraut Euer Blut den Händen dieser Ungläubigen an.“ Bibliographie.

Kraszewski Wędrowki literackie, fantastyczne i historyczne. (Literarische, phantastische und historische Wanderungen.) 1fter Thl. Wilna. Łukaszewicz Obraz historyczno-statystyczny miasta Poznania. (Historisch. statistische Beschreibung der Stadt Posen.) 2 Thle. Posen. Ziemiaństwo polskie. (Die Polnische Landwirthschaft.) Bon Cajetan Kosmian, berausgegeben vom Grafen Eduard Raczynski. Breslau.

Frankreich.

Frankreich und der Nachdruck.

(Schluß.)

Die Klagen des Pariser Buchhandels fanden eine achtungss werthe Theilnahme: Die Regierung ernannte fofort eine Kom, mission von Rechtsgelehrten, Literaten und Geschäftsmännern. Auch die Publisisten ließen es nicht an Artikeln und Brochuren fehlen, und man kann nun fämmtliche ausgesprochene Ansichten auf drei Hauptsysteme zurückführen. Einige Personen, besonders Spekulanten, haben den Nachdruck der Französischen Bücher im Ausland für ein Uebel erklärt, wofür es kein Mittel gebe, höchstens ein homöopathisches. Man hat vorgeschlagen, an der

portiren hat: Die Franzosen, sagt man, müssen sich selbst nach. drucken, wenn sie den fremden Nachdruck tödten wollen. Aber ist es nicht empörend, daß ein Franzose bloß darum, weil er Franzose ist, ein Französisches Geistesprodukt viermal theurer be zahlen soll, als der Deutsche Käufer? Dann aber fragt es sich, ob die Verfasser von einem solchen Institut entschädigt werden sollen oder nicht. Im erstern Fall ist die Konkurrenz mit Belgien inachtlos, weil die Kosten nicht gleich sind; im leztern würde das Uebel, statt abzunehmen, nur ärger werden. Auch sprechen meh rere Erfahrungen gegen dieses Mittel, und die Uneinigkeit der Buchhändler macht es unausführbar.

Einige Publizisten meinten, Frankreich könne von Belgien, zum Dank für unsere Unterstüßung zur Gründung seiner inab hängigkeit, die Aufhebung einer uns beeinträchtigenden Industrie verlangen. Diese Ansicht findet sich in einer an Herrn Didot gerichteten Brochure Bignon's:,,Wenn die Belgier", heißt es hier,,,nicht bald daran denken, uns Genugthuung zu geben, müßte Frankreich mit einer Energie, die keinen Widerstand ers trüge, sich sein Recht zu schaffen suchen. Man sagt, das hieße Zwang brauchen. Allerdings, wir leugnen es nicht, man hat oft genug zum Zwang greifen müssen, um von gewissen Völkern die Erfüllung der dringendsten moralischen Verpflichtungen zu ers langen." Andere weniger kriegerisch gesinnte Rathgeber wols len den Belgiern die Aufhebung des Nachdrucks durch andere Handelsvortheile abkaufen. Aber ist es billig, eine Industrie der anderen zu opfern, und könnten nicht die Nachdrucker, die sich auf unsere Kosten bereichern, wenn man sie aus Brüffel ver triebe, sich anderswo niederlassen?

Ein dritter Vorschlag endlich ist der, nach welchem man die gegenseitige Achtung des literarischen Eigenthums, zu einem Prinzip des Völkerrechts machen will. Die Kommission, die von Herrn Villemain präsidirt wird, hat besonders hierauf gedrungen, und die Anträge ihres Berichterstatters haben dem 18ten Artikel des neuen Geseßes seine Entstehung gegeben, der folgendermaßen lautet: Jedes Werk in Französischer oder fremder Sprache, das im Ausland zuerst erschienen ist, darf bei Lebzeiten des Ver faffers und nach seinem Tode bis zum Ablauf eines durch die Verträge zu bestimmenden Termins, ohne die Eins willigung des Verfassers oder seiner Vertreter, in Frankreich nicht abgedruckt werden. Jeder Abdruck solcher Werke soll als Nachdruck angesehen und bestraft werden, doch soll diese Bestim mung nur auf diejenigen Staaten Anwendung finden, welche den Werken in Französischer oder fremder Sprache, die zum ersten Mal in Frankreich erscheinen, ein gleiches Recht fichern werden.

Man sieht, daß hier das Recht der Verfasser nicht unbedingt anerkannt wird, sondern nur nach gegenseitigen Veträgen. Uns scheint es der Französischen Nation würdiger, laut zu erklären, daß das literarische Eigenthum unverleßlich ist, und daß jedes im fremden Lande erworbene Recht vor unseren Gerichten gleiche Kraft hat. Vielleicht wären einem solchen Beispiel alle Nationen gefolgt, selbst die, denen das Unrecht Gewinn bringt, während eine strenge Reziprozität nur von den Staaten wird ans genommen werden, die dabei ihre Rechnung finden. Doch da einmal der Code civil erklärt, daß jeder Fremde in Frankreich nur die Rechte genießt, die dem Franzosen in seinem Land bes willigt find, so wollen wir uns schon an jenen Vorschlag des neuen Geseß Entwurfs halten und näher sehen, was er in der Ausführung verspricht. Derselbe ist offenbar viel zu unbestimmt; es ist darin nicht erklärt, welches die Grundlagen des gegenseis tigen Uebercinkommens seyn sollen, das zwischen Frankreich und den verschiedenen Staaten zu schließen ist. Nach der Kommission von 1836, aus deren ursprünglichem Antrag jener Artikel hervors gegangen, soll ein solches Uebereinkommen aus zwei Verpflich tungen bestehen: Frankreich, England und Deutschland insbes sondere sollen sich gegenseitig versprechen: 1) den Nachdruck im eigenen Lande zu unterdrücken, und 2) dem Nachdruck, der aus fremdem Lande kommt, weder den Transit, noch den Debit im Innern zu gestatten. Betrachten wir diese zwei Bestimmungen ndher, so findet sich, daß sie fast unausführbar sind, besonders die zweite von ihnen. Wie sollen die Regierungen im Stande fenn, einem solchen Uebereinkommen Achtung zu verschaffen? Soll etwa jedes Land besondere Beamten anstellen, um eine Ins dustrie, die der Freiheit bedarf, zu beaufsichtigen? Und wenn die Douaniers einen Pack Bücher in die Hand bekommen, sollen sie etwa untersuchen, auf welche Bücher noch der Verfasser das Verlagsrecht hat, und welche schon öffentliches Eigenthum ges worden sind, und die erstern nicht durchlassen? Auf solche Weise läßt sich der Buchhandel nicht bewachen; es ist bekannt, wie wenig die Inspektoren des Buchhandels geholfen haben, die Nas poleon ernannt hat. Es bleibt also nur eine Garantie, welche die Regierungen in einem Vertrage der Art einander geben lönnen, nämlich die, daß, wenn der rechtmäßige Verleger in einem fremden Lande, dessen Regierung einen solchen Vertrag anges nommen, fein Eigenthum gemißbraucht sieht, seine Klage vor den Gerichten dieses Landes angenommen wird. Dies ist freilich ein schwacher Schuß, aber die Natur des literarischen Eigens thums gestattet feinen stärkern. Frankreich selbst kann seinen Buchhandel im Innern nicht besser schüßen. Jeder Verleger mus selbst den ihn beeinträchtigenden Nachdruck entdecken und vor Gericht verfolgen.

Doch gehen wir noch weiter: es ist klar, daß eine Regierung den Fremden nicht mehr Schuß gewähren kann, als den eigenen

jezt bei allen Europäischen Völkern anerkannt, aber die nähern Bestimmungen daraber sind sehr verschieden. Besonders ist die Dauer des literarischen Eigenthums in den verschiedenen Ländern nicht gleich. Wird nun vor einem fremden Tribunal das Ges ses des Landes gelten, aus welchem das ursprüngliche Eigenthum stammt, oder das Gefeß, dem der Nachdrucker unterworfen ist? Nehmen wir ein Beispiel: Würde nicht ein Verleger in Eng land, wo die Schriftsteller nur ein lebenslängliches Recht haben, die Werke eines Preußischen Schriftstellers nach dem Tode dess selben abdrucken können, obgleich in Preußen das literarische Eigenthum noch 30 Jahre nach dem Tode des Verfasers forts dauert, und wenn nun der Deutsche Eigenthümer vor dem Eng lischen Gericht auf Nachdruck klagt, dürfte man den Engländer zu Gunsten eines Rechts bestrafen, das in seiner Heimath nicht anerkannt ist? Hierauf ist nur negativ zu antworten. Ein Ans geklagter kann nur von seinen natürlichen Richtern verurtheilt werden, und ein Richter kann nach keinem anderen Geseß ents scheiden, als nach dem seines Landes. Sonst würden ja auch fämmtliche Schriftsteller Europa's sich in den Schuß des Gesezes begeben, dessen Bestimmungen die günstigsten sind, und das Volk, bei dem das literarische Eigenthum die langste Dauer hat, würde das Monopol des Drucks an sich reißen.

So würde also die wesentlichste Bestimmung eines solchen Vertrages zwischen den Europäischen Regierungen ungefähr in folgenden Worten abgefaßt seyn:,,Wir bewilligen den Schrift stellern (dieser oder jener Nation) oder ihren Rechtsvertretern den Schuß der Geseße, denen das literarische Eigenthum bei uns uns terworfen ist." Uebrigens ist es wahrscheinlich, daß die gegens seitige Anerkennung des literarischen Eigenthums nach und nachh alle Europäischen Staaten dahin führen würde, auch gleiche Ges feße darüber festzustellen.

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wenden wir uns jest zu den einzelnen Ländern. Wir fangen mit England an. Hier wird die Achtung des literarischen Eigenthums noch dringender reklamirt, als selbst bei uns. Denn der hohe Preis der Manus skripte, die Theuerung des Papiers und der Arbeit, und mehrere Abgaben verschiedener Art machen die Fabrication der Bücher hier viel kostspieliger als anderswo. Die Engländer haben bes sonders von den Pariser Nachdruckern viel zu leiden. Sie schicken uns jährlich im Durchschnitt nur für 120,000 Franken Bücher, während sie an 6-900,000 Originalwerke von uns beziehen. Doch zu dieser Summe gehören auch die alten Ausgaben, die feltenen und furiofen Bücher, so daß die Zahl der neuen Bücher nur schwach ist, die sie wahrscheinlich durch Belgischen Nachdruck erseßen. So wäre also hier ein Uebereinkommen für beide Staaten gleich vortheilhaft und wünschenswerth. Das Englische Gefeß selbst, das bis jest dem literarischen Eigenthum nicht sehr günstig ist, würde bald eine Modification erfahren. Es ist ber kannt, daß das Verlagsrecht eines Werks 28 Jahre dauert, außer wenn der Verfasser diesen Zeitraum überlebt, in welchem Fall er lebenslänglich Eigenthümer bleibt.

In Deutschland ist die Dauer des literarischen Eigenthums nicht überall dieselbe, aber das Prinzip ist vorläufig vom Buns destage fanctionirt, und der Nachdruck ist aus sämmtlichen Staas ten verbannt. Deutschland hat sich jüngst über Pariser Nachdrücke beklagt und fürchtet besonders die Ueberlegenheit der Pariser Preffen, daher kann ihm ein internationales Uebereinkommen in dieser Beziehung nur erwünscht seyn. Sobald die Produkte des Belgischen Nachdrucks jenseits des Rheins keinen offenen Markt mehr finden, so ist ihm der Gnadenstoß gegeben. Jest liefert uns Deutschland für 350,000 bis 400,000 Franken Bücher, und rvir geben ihm ungefähr das Doppelte. Wird dem Betrug ein Ziel geseßt, so hat man die Aussicht auf einen viel lebendigeren Austausch.

In Rußland erschienen im Jahre 1834 achthundertvierund vierzig Werke. Unter dieser Zahl befinden sich 91 Deutsche und 36 Französische Bücher. Mehrere dieser Werke waren freilich im Ausland zuerst erschienen. Doch muß man nicht glauben, daß Rußland für das Bestehen des Nachdrucks interesfire ist. Es scheint fogar, die schönen Original, Ausgaben dem unkorrekten Nachdruck vorzuziehen. Von Paris bezieht es für 600,000 Frans ken Bücher, und die Sendungen Belgiens sollen weit hinter dieser Summe zurückbleiben.

In den Landern, die aus mehreren, unabhängigen Staaten bestehen, ist die Anerkennung des literarischen Eigenthums für die Verfasser nur ein illusorisches Recht, weil das Privilegium, das in Zürich Kraft hat, in Luzern nicht gilt, weil ein Buchhändler in Florens nachdrucken kann, was in Rom erschienen ist. Ein allgemein bindendes Geses würde diesem Uebelstand ein Ende machen. Man müßte, um ein solches zu Stande zu bringen, mit jedem Italianischen Fürstenthum, mit jedem Kontonsrath unters handeln, doch diese Unterhandlungen waren troß der Mannigfals tigkeit nicht schwer. Italien und die Schweiz haben kein großes Interesse dabei, sich von Belgien mit Nachdruck zu versorgen. Ware das literarische Eigenthum anerkannt, könnte das Genie überall erwerben und besigen, so würde in dem Vaterland Tasso's und Macchiavelli's ein neues literarisches Leben entstehen, und auch das Helvetische Volk würde bald eine National Literatur ha ben. Was die Jberische Halbinsel betrifft, so ist erst jüngst in Madrid eine Verordnung gegen den Nachdruck erschienen, welche boffen läßt, daß auch Spanien einem solchen gegenseitigen Uebers einkommen beitreten werde.

Sind erst fast alle civilisirten Völker zu der Ueberzeugung gekommen, daß ihnen theils die Ehre, theils ein Handels Ins

tereffe die Abwehr des Nachdrucks gebiete, so werden die nach: druckenden Völker bald allein stehen und auf ihre eigene_Cons sumtion angewiesen seyn. Solche durch die Natur der Dinge zum Nachdruck veranlaßte Völker sind Belgien und die Freistaas ien von Nord-Amerika: Belgien bildet den Nachdrucksheerd für Frankreich, Amerika den für England. Was ist nun aber die Folge eines solchen Verhältnisses? Die Verleger in beiden Läns dern, welche das Vorrecht haben, sich ohne Kosten die berühms ten Productionen zweier großen Literaturen anzueignen, vers schmähen es, die Werke ihrer Landsleute herauszugeben. Daher fehen auch dort die in ihrem Stolz und Interesse verleßten Schriftsteller ein, daß der Vortheil eines Haufens Spekulanten die Entwickelung einer National Literatur Hemme. Erst neulich gestand ein Belgischer Schriftsteller in der Vorrede eines Buchs: um demselben bei seinen Landsleuten Eingang zu schaffen, fen er gezwungen gewesen, dasselbe in Frankreich drucken zu lassen, in der Ueberzeugung, daß dann der Nachdruck es nach Belgien bringen werde. Vor drei Jahren bildete sich in Brüssel eine Ges sellschaft zur Beförderung der Herausgabe einheimischer Schrif ten, von der die Belgischen Verleger in dem Programme, das sie verbreitete, noch ärger mitgenommen wurden, als von den Französischen Autoren. Dieselbe Stimmung herrscht in Amerika, wo die Klagen der Schriftsteller einen Annehmer im Kongres gefunden haben. Sind erst die Schriftsteller oder vielmehr die edleren Geister aller Klassen in Amerika und Belgien gewonnen, dann würde es möglich werden, bei beiden Völkern diese Ges wohnheit zu zerstören, die Regierungen würden einsehen, daß sie nur den Aufschwung der Nation hemmen, daß sie eine reiche Quelle geistiger Schäße verstopfen, um etwa hundert Spekulans ten reich zu machen. Auch würde ja der Verlust der Exportation, die eine Folge des im Ausland allgemein angenommenen Res preffiv-Systems seyn muß, die Lehteren selbst entmuthigen,

Noch eins: die Bemühungen der Französischen Regierung, die übrigen Europäischen Staaten zur Prohibirung des Nach drucks zu bewegen, können nur dann einen wahrscheinlichen Ers folg haben, wenn auch das Interesse der fremden Konsumenten nicht unbeachtet gelassen wird, wenn der Französische Buchhandel, dem der Nachdruck am meisten schadet, die Preise für seine Pros dukte billiger stellt und so den leßten Vorwand, die leßte Ausflucht, die der Nachdruck für sich hat, niederschlägt. Es ist auch au pras fumiren, daß dies der Fall seyn wird; denn sobald die Verleger sehen werden, daß sie Aussichten auf einen viel größeren Abfah haben, so werden sie die Ziffer der Auflage erhöhen und die Käufer durch Billigkeit an sich zu locken suchen. Ueberhaupt kann man dann dem literarischen Leben, mit welchem doch der Buchhandel so innig zusammenhängt, einen Fortschritt zum Besses ren prophezeien. In den gegenwärtigen Verhältnissen muß der Buchhandler bei seinem beschränkten Markt dem Schriftsteller, der eine Idee weiter ausführen, Forschungen vervollständigen und mühs sam erworbene Wahrheiten und Resultate mit allen Reizen einer schönen Sprache veröffentlichen will, oft seine Mitwirkung versas gen. Die Kosten, die der Buchhändler macht, um ein Wert zu vers bessern, sind aus die unerne ein Reis mehr für die Nachdrucker. Daber Ants die er am liebsten betreibt, nicht die, welche einer Zukunft bedürfen, sondern die, welche wenig Vors schuß nöthig machen und ganz ephemer find. Ist die Literatur nicht mehr vom Völkerrecht ausgeschlossen, dann wird sich der Gesichtspunkt der Speculation sofort ändern. Jeder verständige Verleger wird die Namen, die einen Europäischen Ruf haben, zur soliden Basis seiner Unternehmungen machen, und der Schrifts steller wird nicht mehr, wie jest, mit kleinen Arbeiten ganze Bände aufzublafen oder in zwanzig Journalen seine Gedanken au verbreiten brauchen: ein Werk von wenigen, aber guten Blättern, welche das Denken oder das Intereffe der Völker ans sprechen, wird ihm einen Wirkungskeis sichern, der fruchtbar genug ist, um seine Familie reich zu machen. Mit einem Wort, das Gute, das Solide wird zunehmen, das Schlechte aber, das Charlatanmäßige, besonders die Bücher, die fast mehr leeres als bedrucktes Papier haben, werden verschwinden.

Die Pariser Kaffeehäuser.

Nach der Schilderung eines Englanders..

In Paris giebt es mehr als fünfhundert Kaffeehduser. Das ålteste von allen ist das Café Procope, welches man noch jest in der Vorstadt St. Germain findet. Es wurde von einem Itas lidner, Namens Zoppi, gegründet. Ihm gegenüber stand einst die Comédie Française. Dieses Theater verwandelte sich nachmals in das Atelier des berühmten Malers Gros und ends lich in ein Papier Magazin. Das Café Procope war der Erho lungs Drt Rousseau's, Frèron's, Voltaire's und des Satirikers Piron; jest find Studirende der Rechte, der Medizin und der Philologie feine vornehmsten Kunden. Hier versammeln sie sich mit ihren hohen Spißhüten, ihren republikanischen, über die Schultern herabwallenden Locken und ihren unrasirten Bärten, um der dame-du-comptoir Artigkeiten zu sagen, über die Pans delten zu scherzen und Domino zu spielen. Das eben erwähnte, nicht allzu topfbrechende Spiel ist besonders ihre Leidenschaft. Gewöhnlich spielt man um das Frühstück. Alle diejenigen, die verloren haben, spielen unter einander, und so kommt es gar nicht selten dahin, daß Einer, der um zehn Uhr in das Café trat, und außer café au lait und einem petit pain nichts bestellie, um

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uns den edelsten Mokka Trank. In dem Café de l'Opéra
Comique wird der Nektar Arabiens aus wahren humpen ges
trunken; im Café Vivienne lacht er uns auf Tischen vom
schönsten weißen Marmor entgegen. In dem Cafe des Bas
riétés fredenzt man denselben in orientalischen Prachtzimmern,
und eben so bei Véron. Das Véronsche Kaffeehaus erinnert
mit seiner Menge von Vergoldungen an das goldene Haus Nes
ro's. Decken und Wände sind hin und wieder mit den lieblichsten
Frestos Gemälden von Vögeln und Blumen, von Faunen, Nymphen
und Grazien geschmückt. Vier ungeheure vergoldete Lufter hangen
an der Decke; ein hoher Kandelaber erhebt sich mitten im Zim
mer, und zwei schöne Lampen stehen auf dem Büffet. Zu dieser
herrlichen Beleuchtung, zu diesen Malereien und Vergoldungen
denke man sich noch eine Menge hoher Trumeaus Spiegel, die
Alles zwanzigfach zurückstrahlen! Ueberhaupt ist wohl in ganz
Paris kein Kaffeehaus anzutreffen, das nicht zum Ueberfluß mit
Spiegeln versorgt ware - doch, was rede ich von Kaffeehausern!
Es giebt hier Spiegel in jedem Kaufladen, und war er noch so
unansehnlich Spiegei schmücken die Diligencen und Omnis
buffe Spiegel reflektiren ein halbes Dusend Mal den Stiefele
wichser, während er unter einem Schilde mit der Ueberschrift
On cire les bottes" sein Geschäft verrichtet. Paris ist schon an
fich eine der ansehnlichsten Städte Europens; aber mit allen feis
nen Spiegeln ist es zwanzig Mal größer als die größte Stadt
in der Welt.
(Schluß folgt.)

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Von Edgar Quinet. 2 Bde.

Ethologie de Parmée, ou tableau de son état moral et matériel, et des remèdes à y apporter. -Von M. Delacroix.

Histoire de l'Espagne, tableau pittoresque et anecdotique des vicissitudes de
la Peninsule, depuis la plus haute antiquité jusqu'a nos jours. - Von
Cuisin. 2 Bde. 6 Fr.

Mémoires de la Société Linnéenne de Normandie. Vol. VI. 4. 15 Sr.
Le prédestiné, histoire contemporaine. Von Ed. d'Anglemont. 7 Sr.
Recueil de documens sur la prise de Constantine. 15 Fr.
Statu quo de l'Orient, Revue des événemens qui se sont passées en Turquie
pendant l'année 1838.
Théorie de la machine à vapeur. - Von F. M. G. v. Pambourg. 73 Fr.

Mannigfaltiges.

- Italianische Grabschriften. Es giebt in der Itas lianischen Literatur einige Erscheinungen, die sie auch in unserer Zeit noch vor anderen Literaturen auszeichnen. Ihre Improvis fatoren, wie gewandt auch einige Deutsche und Franzosen es ihnen nachzumachen wußten, stehen doch unübertroffen da. Ihre Sprache, das Produkt eines glücklichen Klimas und das Erbtheil einer klassisch gebildeten antiken Welt, leiht den Italianischen Jms provisatoren ein so weiches und bildsames Material, bie es die denkenden und dichtenden Sprachen der Nachbarländer noch lange nicht darbieten. Im Volke selbst ist daher auch mehr poetischer Sinn verbreitet, ein poetischer Sinn, der sich auch in öffentlichen Inschriften, besonders aber auf Grab, Denkmälern ausspricht, die bei uns zu Lande, wie in Frankreich und England, oft einen großen Mangel an Takt verrathen und nicht bloß unlapidarisch und unpoetisch, sondern zuweilen sogar komisch und wider Willen epigrammatisch find. In Italien macht man aus gesammelten Grabschriften eine poetische Lektüre, und Herr Luigi Muzzi hat fürzlich bereits das neunte hundert einer solchen Epitaphiens Sammlung herausgegeben.) Die nach und nach erschienenen ersten acht hundert sind mehrfach aufgelegt und nachgedruckt worden ein Beweis, wie gern man sie als klassiche Vorbilder benußte. Wir theilen hier aus dem neunten Hundert die Grabs schrift des Komponisten Bellini mit:

Das literarische Patronat der Kaffeehduser ist nicht immer ihr einziges; viele haben auch wegen ihrer politischen Besucher Berühmtheit erlangt. Das Café Valois und das Café de Fons sind vorzugsweise von Revolutions Männern besucht worden, wie das Café Lemblin von Liberalen; jest aber bes gegnen sich die verschiedenen Parteien friedlich an einem und demselben Belustigungsorte. Legitimisten, Doctrinaire und Re: publikaner, Dynastiker und Anti-Dynastiker sehen einander jeden Abend von verschiedenen Tischen desselben Gaftzimmers in die Augen, ohne daß es zu Streit und Blutvergießen fame. Kauf leute und Actien Bucherer treffen zwischen zwölf und ein Uhr in großer Anzahl vor dem Café Tortoni zusammen. Wer in Ges schaften sein Glück machen will, dem ist dringend zu empfehlen, daß er täglich vor diesem Etablissement hin und her schlendere. Willst Du von Allem, was auf Erden vorgeht, die früheste Kenntniß erhalten, so gehe zu Tortoni; willst Du außerdem die Pöstlichste Chokolade und das köstlichste Eis genießen, das man in der ganzen Welt haben kann, so gehe au Lortoni. Das Eis Tortoni's ist eben so hoch über alle Eisarten erhaben, wie Des moiselle Taglioni's Lanz über alle Arten des Langes. Der Garçon reicht Dir ein Kartchen, auf deffen beiden Kolumnen, Sunter den Rubrifen,,Crème und,,Früchte", neben anderen Delikatessen, auch Citronens, Vanillen und Himbeerens Eis vers zeichnet ist. Du wählst Himbeeren Eis; in wenigen Augenblicken stellt der Garçon einen filbernen Teller vor Dir nieder, auf dem folgende Dinge stehen: ein Becher, mit einem Löffel darinnen, eine Flasche, die zur Hälfte mit eiskaltem Kleines Körbchen mit Waffeln, und ein Blas, let gefüllt in, ein über welches das Himbeeren Eis, dem es als Träger dient, in fonischer Form wohl sechs Zoll hoch emporsteigt. Jeder hat seine eigene Manier, das Eis zu verzehren. Bei Tortoni wußte ich taum, welche Mas nier den Vorzug vor den übrigen verdiente, doch möchte ich Jes dem empfehlen, sich so zu seßen, daß er, während ein füßes Eis Partikelchen ums andere an feinem Gaumen zerfließt, eine der schönsten Buffets Damen gemächlich bedugeln kann. Lortoni's Eis muß überdies, wenn man den rechten Genuß davon haben will, sehr langsam und, wo möglich, ganz ohne Gespräch ges nossen werden. Für eine,,Framboise" zahlt man einen Franken und legt etwa noch zwei Sous für den Garçon auf den Tisch. Richts übertrifft den Glanz, die Schönheit und Lebendigkeit der Scene um das Café Cortoni an einem schönen Sommerabend.) Delle Iscrizioni di Luigi Muzzi Centuria IX. Bologna, Tipografia delle Der prachtvollen Kaffeehauser, unter denen mir die Wahl schwer würde, giebt es acht oder zehn.") Auf dem Café de Fon hört man nie das Geräusch der Dominos Steine; das Spiel ist hier verpont. Die Café's,,du Caveau" und "Orleans" bieten

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 26.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post- Aemtern.

Literatur des Auslande s.

England. Glasgow.

Berlin, Freitag den 1. März

Kaum war James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, gestorben, als Herr Boulton, der bei den meisten industriellen uns ternehmungen desselben betheiligt gewesen war, eine Versamms lung der bedeutendsten Einwohner von Greenock und Glasgow zusammenberief und in derselben den Vorschlag machte, das Ans Denken des Mannes, der durch die Entdeckung einer neuen Kraft so wunderbare Resultate hervorgebracht hatte, durch die Errich iung einer Statue zu ehren. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Von Seiten der Einwohner von Greenock und Glasgow war dieser Entschluß der Ausdruck einer sehr natürlichen Dankbarkeit, denn James Watt hatte durch die Anwendung der Dampffraft auf die Schifffahrt und die Industrie den Wohlstand beider Siddte begründet. Vor ungefähr funfzig Jahren war Glasgow nur eine Provinzialstadt dritten Ranges, die freilich schon seit dem Anfange des vergangenen Jahrhunderts in einem gewissen Aufschwunge begriffen war. Der Abscheu vor dem hers gebrachten Schlendrian zeichnet alle Schotten aus. In Edinburg tritt diese Eigenthümlichkeit besonders in den religiösen und geistigen Beziehungen hervor und ruft alljährlich neue religiöse Seften ins Leben. Die Bewohner von Glasgow haben dies Bes streben auf die Industrie übertragen; sie nehmen, ohne sich lange au befinnen und ohne lange Prüfung, jede nüßliche Erfindung an, und auch James Watt's neues Verfahren brach sich hier bald Bahn und gelangte in furzer Zeit zu einem außerordentlichen Erfolge. Es entstanden bald neue Fabriken, und auch die Ar beiter, denen man diese Neuerung als ihre gefährlichste Feindin geschildert hatte, legten bald ihre Vorurtheile ab. Innerhalb funfzig Jahren stieg die Bevölkerung Glasgow's in einem nie dagewesenen Verhältnisse von 40,000 auf 220,000 Menschen, und Glasgow ist jest nach London die bedeutendste Stadt des Königreichs.

Die Bevölkerung Glasgow's und der industriellen Umgebung der Stadt, zu welcher Paisley, eine Stadt von 60,000 Eins wohnern, Renfrew, Dumbarton, Lanark, Port: Glasgow und Greenod hinzugerechnet werden müssen, beläuft sich jest auf fast 450,000 Menschen. Glasgow ist London in verkleinertem Maß stabe. Beide Städte haben übrigens manches Uebereinstimmende. Beide liegen an einem schiffbaren Fluffe, und langs der Ufer deffelben liegt beständig eine dreifache Reihe von Schiffen jeder Größe vor Anker. Die handeltreibenden Theile Glasgow's lier gen, wie die City in London, gegen Often, die neueren Stadts theile dagegen nach Süden und Westen zu. Die Clyde hat aller: dings nicht die Ausdehnung der Themse, aber sie ist von prách tigen Kais eingefaßt. Diese Kais find mit mehreren Reihen von Bdumen bepflanzt, und in gewissen Abständen sieht man geschmacks volle Waaren Magazine. An den Ufern herrscht beständig ein außerordentlich reges Leben, und Matrosen, Kaufleute, Reifende und Tagelöhner drången fich bunt durch einander; Waaren jeder Art werden ein und ausgeschifft; fremde Hölzer und Theelisten, feidene Zeuge und die ungeheuren Baumwollen Ballen, welche aus Nord Amerika anlangen, treffen mit den Eisenwaaren, leinenen und wollenen Stoffen, welche verladen werden, zusam men. Dennoch geschieht Alles ohne Gerdusch und Unordnung. Die Menschen sind ernst, weil sie mit Geschäften überhduft find, und kaum hört man zuweilen den Gefang eines frohgelaunten Matrosen.

Es dürfte indes interessanter fenn, aum Ursprunge dieser Bewegung, sur Quelle dieser Reichthümer zurückzukehren und die Theile der Stadt zu besuchen, in welchen sich die Manufafs turen befinden, um in eine der ungeheuren Anstalten, von welchen jährlich jede so viel baumwollenes Zeug verfertigt, daß der größte Theil Schottlands damit bekleidet werden könnte, einzutreten. Man kann sich eine solche als eine ungeheure Feste des Mittels alters vorstellen, als ein ungeschicktes und weitläuftiges Gebäude mit hohen kahlen Mauern, die nur hier und da von kleinen Fenstern durchbrochen sind; an den Seiten erheben sich Thürme von gebrannten Steinen, die an ihrem Fuße auweilen funfzig Fuß im Durchmesser haben und eine Höhe von hundertundfunf sig Fuß erreichen." Diese hohen Thürme find nichts als Schorns

1839.

Reine, und man findet deren in Glasgow und in der Umgegend einige Hunderte. Die Garnison dieser Vesten besteht aus hunderts undfunfzig Unglücklichen, welche nie zur Ruhe kommen; es find die Fabrik Arbeiter. Ein jeder derselben hat eine bestimmte Ver richtung. Die Heizer zuerst leben in unterirdischen Räumen, welche man für die Luftlöcher der Hölle halten könnte; die Aufs gabe ihres ganzen Lebens ist, das Feuer in den ungeheuren Defen beständig zu unterhalten. Das Wasser, dessen Dämpfe die Hebel der Maschinen in Bewegung feßen, focht in ungeheuren Keffeln, und die Maschinisten, welche die belebende Seele der Maschinen zu seyn scheinen, wandeln zwischen denselben hin und her. Ihnen ist eine jede Zerstreuung untersagt, denn dieselbe würde lebens gefährlich seyn. Die Defen und die Maschinen sind das Herz der Fabrik, von welchem aus das Leben in die übrigen Theile überströmt. Der Dampf treibt eine Welle, welche in senkrechter Richtung aufsteigt und durch alle zehn Stockwerke lduft; in jedem der zehn Stockwerke greifen Räder in die Zähne der Welle ein und seßen die verschiedenen Maschinen in Bewegung. Jede ders selben hat eine bestimmte Verrichtung; die im zehnten Stock werke fondert die Baumwolle aus dem Ballen, reinigt fie und breitet sie in dünnen Schichten aus; die dünnen und zarten Bidt ter fallen dann auf die tausend Zähne der Krämpel- Maschine im neunten Stockwerk. Diese Maschine hechelt die Baumwolle und ertheilt sie in Streifen, welche die Maschine des achten Stocks werkes erfaßt und zu Stricken zusammendreht; diese Stricke werden dann wieder zu Fåden von gleicher Stärke verarbeitet. Die Fäden endlich werden von zahllosen Spindeln, die durch die Maschinen der folgenden Stockwerke in Bewegung gefeßt werden, versponnen. Ein jeder Webestuhl löst wie ein geschickter und vers ständiger Arbeiter feine Aufgabe, schleudert das Webeschiffchen, die zufammen breitet den fertigen Stoff aus. Ein Urbeiter, oft nur ein Kind beaufsichtigt sehn solcher Webestühle, von denen jeder täglich 30 Ellen verfertigt. Gerdth etwas in Unordnung, so rührt der Arbeiter an einer Feder, und es hört augenblicklich jede Bewes gung auf.

Jest mogen wir die unermeßlichen Sale des benachbarten Gebaudes besuchen; hier werden die gewebten Zeuge weiter bearbeitet. Die Druckmaschine fann zwanzig Stücke Zeug, welche über einander ausgebreitet werden, auf einmal farben. In einem anderen Gebäude werden sodann die bedruckten und gefärbten Stoffe durch eine finnreiche Anwendung der Luftpresse zusammengepreßt. Von hier werden sie dann abgeholt, um nach allen Weltgegenden hin verführt zu werden und um die Depor tirten in Botany Bay, die Neu-Seelander oder die Neubekehrten auf den Sandwichs Inseln au bekleiden. Der Anstoß, welchen die Dampflraft dem ganzen Manufakturwesen gegeben, läßt sich kaum in Worte fassen. Sie ist das Prinzip jeder Bewegung; fic treibt die Maschinen, transportirt die Ballen und Pakete, bewegt die hebel, dreht die Schrauben, und das Alles ohne Verwirrung und mit einer bewundernswürdigen Geschicklichkeit. Der Dampf, kann man fagen, ist die vom Menschen beherrschte und geregelte Kraft; er ist der fdrkste und treußte Diener, ein Sklave, der weder Leidenschaften, noch Launen, noch Trägheit kennt.

Glasgow adhlt zwanzig Baumwollen Manufakturen oder coton-mills, der ähnlich, die wir beschrieben haben. Die Zahl der Fabriken, welche leichte Zeuge anfertigen, ist ebenfalls sehr beträchtlich. In einigen werden mit Hülfe der Dampflraft ges stickte Muffeline gemacht. Uebrigens fabrizirt Glasgow auch Tuch, wollenen Musselin, wollene Zeuge und grobe Leinewand.

Im Jahre 1668 kam ein Kaufmann in Glasgow, Patrick Gibson, auf den Gedanken, ein Schiff mit Häringen zu befrachten und nach Frankreich zu senden; dasselbe brachte Salz und Branntwein zurück. Dies ist der Ursprung des Handels dieser Stadt. Damals hatte Glasgow nur sechs bis siebentausend Eins wohner; aber schon damals kannten dieselben sehr gut den Werth eines Schillings und wendeten die ganze Betriebsamkeit, welche dem Schottischen Charakter eigenthümlich ist, auf die Anhdufung des Geldes. Nicht allein sendeten sie jest Schiffe nach den Fran zösischen und Spanischen Hafen, sondern einige gingen auch nach Amerika und kehrten mit reichhen Ladungen zurück. Der Reichs thum der Stadt wuchs nun schnell, und in weniger als einem Jahrhunderte stieg die Zahl der Bewohner auf das Fünffache. Glasgow, eine niedliche Stadt zweiten Ranges, mit dem besten

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