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men und gehen, von denen man nie etwas hört. Ich erinnere mich der Familie, von der Du sprichst, nicht." —,,Ich wünsche, daß sie Dich verschonen; denn meinem ungereisten Urtheil nach find sie nicht sehr angenehm, troß Allem, was sie gesehen oder gesehen zu haben behaupten." Es ist freilich sehr möglich, daß man die ganze Christenheit besucht hat und doch höchst uns angenehm bleibt; dazu kommt, daß einer viel sehen kann, und doch nur sehr wenig Gutes."

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Es folgte eine Pause von zwei bis drei Minuten, während deren Eva einen Zettel las und ihre Cousine mit den Blättern eines Buchs spielte. Ich möchte gern", rief die Lehtere plößs lich,,,Deine wahre Meinung von uns kennen, Eva. Warum nicht bei einer so nahen Verwandten aufrichtig seyn? Sage mir ehrlich, bist Du mit Deinem Vaterlande ausgeföhnt?",,Du bist die eilste Person, die mir diese Frage vorlegt, welche ich sehr sonderbar finde, da ich nie mit meinem Vaterlande unzus frieden war." ,,So genau meine ich's auch nicht. Ich wünschte zu wissen, wie unsere Gesellschaft einem erscheint, der im Ausland erzogen worden." ,,Da verlangst Du Meinungen, die keinen großen Werth haben können, da ich erst vierzehn Tage hier bin. Aber es giebt ja viele Bücher über dieses Land, und manche darunter sind sehr hübsch geschrieben; warum schlägst Du die nicht nach?“ ,,Ach, Du meinst die Reisenden! Die sind nicht viel werth; wir alle verachten sie, einer wie der ans dere." ,,Daran ist freilich kein Zweifel möglich, da ihr es, einer wie der andere, beständig in den highways und by-ways erklärt. Es giebt kein gewisseres Zeichen von Verachtung, als wenn man unaufhörlich von der Stärke derselben spricht.“

Grace var höchst lebhaft, wie ihre Cousine. Obwohl gereist von Eva's ruhigem Angriff, war sie doch so vernünftig, zu lachen.

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,,Es mag seyn, daß wir unseren Unwillen etwas zu stark aus, sprechen für den guten Geschmack, wiewohl nicht zu stark, um zu überzeugen; aber Du mußt gestehen, Eva, diese Reisenden sind in Allem, was sie geschrieben haben, unausstehlich.“ Ich fann Dir versichern, nicht zur Hälfte. Mein Vater und Cousin Jack haben in meiner Gegenwart zu oft davon gesprochen, als daß ich nicht die politischen Schnißer kennen sollte, die sie ges macht haben." „Politische Schnißer! Davon weiß ich nichts; gerade in dem, was sie von unseren politischen Verhältnissen sas gen, glaubte ich, ihnen Recht geben zu müssen. Aber was sie von unserer Gesellschaft fagen, wird gewiß weder Dein Vater noch Herr John Effingham bekräftigen." Was das betrifft, so kann ich für Keinen von Beiden antworten." ,,Dann sprich nur für Dich: giebst Du ihnen darin Recht?" "Bes denke doch, Grace, daß ich in New York noch keine Gesellschaft gesehen habe." ,,Keine Gesellschaft, meine Liebe! Du warst ja bei Hendersons', bei Morgans' und Drewetts', und das was ren die drei größten réunions, die wir in zwei Wintern hatten.“ ,,Ich wuste nicht, daß Du unter Gesellschaft diefes unanges nehme Gedränge verstehst." ,,Unangenehmes Gedränge! Nun, liches Kind, das ist Gesellschaft, ist es nicht?" -,,Da habe ich einen anderen Begriff von Gesellschaft bekommen, das möchte ich lieber company nennen." Nennt man das nicht in Paris auch Gesellschaft?" Keinesweges; es mag ein Auswuchs der Gesellschaft, eine von ihren Formen seyn, aber nicht Gesellschaft selbst. Mit demselben Recht könnte man Spielparticen eine Gesellschaft nennen, als diese Bälle in kleinen und vollgedrängs ten Zimmern. Dies sind nur zwei von den verschiedenen Weis sen, in welchen Müßiggånger sich zu amüsiren suchen.“ Aber wir haben nicht viel mehr als diese Bälle, die Morgenbesuche und hier und da einen Abend, wo nicht getanzt wird." Thut mir leid: dann könnt ihr nicht sagen, daß ihr eine Gesellschaft habt." Und ist es in Paris, Florenz oder Rom anders?" Allerdings. In Paris sind jeden Abend eine Menge Häuser offen, wo man ohne viel Umstände hingehen kann. Unser Ges schlecht erscheint hier nach dem gekleidet, was ein Herr, dem ich bei Mrs. Hendersson zuhörte, ihre weiteren Absichten für die Nacht" nennen würde: einige tragen sich auf die einfachste Weise, andere sind für Konzerte, für die Oper, für den Hof fos gar gekleider: einige kommen eben von einem Diner, andere find im Begriff, noch spåt auf einen Ball zu gehen. Dies Alles bringt eine Mannigfaltigkeit mit sich, die zur Anmuth und Beshaglichkeit der Gesellschaft beiträgt, und mit guten Sitten, einer Art Kenntniß der Tagesbegebenheiten und einer glatten und sorgs fältigen Ausdrucksweise ist es den Damen nicht schwer, sich an genehm zu machen. Ihre Denkweise ist mitunter etwas heroisch: doch dies muß man übersehen, auch fängt dieser Geschmack an, abzunehmen, je mehr die Leute bessere Bücher als früher lesen.“

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Und diese Herzlosigkeit, Eva, ist Dir lieber, als die Natur Deines Geburslandes?// „Ich sehe nicht ein, wie eine so ru hige Zurückhaltung und guter Ton im geringsten herzloser sind, als Sticheln, Skandaliren und Kindereien. Natur mag aller: dings hier mehr seyn, aber wer aus der Kinderstube heraus ist, kann dies nicht so angenehm finden." Grace fah_betrübt_aus, aber sie liebte ihre Coufine zu aufrichtig, um ihr zu fürnen. Dazu kam noch ein leiser Verdacht, daß Eva wohl Recht haben möge; und während ihr kleiner Fuß sich bewegte, wußte sie ihre gute Natur zu bewahren, was für Leute, die da einsehen, daß ihre cigenen Superlative" kaum an die Positive" anderer Leute reichen, nicht so leicht ist.“

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Hinzufügen müssen wir noch, daß dieses Werk mit größerer Sorgfalt geschrieben ist, als Herr Cooper auf seine Novellen ger wöhnlich verwendet; und daß es in dieser Hinsicht als eine seis:

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Hat auf Sand sein Glück gebaut.

,,Alle

Es müssen aber viele Schweden dabei umgekommen seyn?" ,,An achttausend Mann", antwortete Ordenga. Wetter!" rief Szczuka,,,bei Narwa hat König Karl mit 7000 Schweden 80,000 Ruffen verjagt, und hier!...." ,,Ja, das Sprüchwort sagt: Ueber die Weichsel ist er gekommen, der Dus najez *) hat ihn mitgenommen! Hier hat der König mit Pols nischen Bauern, mit Bauern ohne Stiefeln, wie er jagen soll, zu thun. Und wie können die Kerle schießen! Leht war ich selbst dabei, es ging um eine Wette; der Verwalter der Frau Wojewodin hatte auf ein Brett die Buchstaben A. S. R., d. h. Augustus Secundus Rex geschrieben, da war der Förster der Dialynskischen Walder, der legte sein erbärmliches Ding von Büchse an, und in einer halben Stunde waren die drei Buchstas ben durchsichtig geworden."

,,hat sich der König lange gewehrt?",,Den ganzen Tag haben sie sich geschlagen, und noch war der Sieg sehr zweis felhaft, bis Telemiti, einer von den Hofleuten der Wojewodin, die Schweden im Rücken überfiel und ihre fünf Kanonen zum Schweigen brachte." —,,Vom Könige selbst hat man gar keine Nachricht?" fragte Szczuka weiter. ,,Der Himmel mag wissen, wo er sich jest befindet. Mein Knecht, der heute aus Lomza zurückgekehrt ist, hat gehört, daß die Kurpen ihn schon gefangen hatten, aber der Allmächtige hat ihn gnädig wieder befreit. Fünf Kugeln follen ihm an den Leib gefahren und wieder abgeprallt seyn, denn er trägt einen breiten Gurt von Büffelshaut. Den Gurt, meint der Pöbel, habe er sich vom Teufel verschrieben."

,,König August wird gewiß bei dem Unfalle profitiren wol len und denkt vielleicht gar schon, gewonnenes Spiel zu haben. Das soll ihm noch sauer werden!" rief Szczuka, indem er mit Gewalt auf den Tisch schlug, der vor ihm stand und auf dem ein Türkischer Teppich ausgebreitet war. ,,Wenn nur unser Durchlauchtigster König Karl den Bärenklauen glücklich entgans gen ist, der wird bald Alles wieder ins Geleis bringen." ,,Vielleicht", antwortete Ordenga;,, aber er wird die Narben von ihren Lahen noch lange fühlen!" -,,habt keine Bange! Er wird ihnen die Krallen verschneiden und einen Maulkorb ans legen", schrie Szczuka auf. „,Seht, Herr Bruder, wie grimmig ist der Bdr draußen im Walde, und doch führen ihn die Zigcus ner an einem Stricke umher, und er muß schön nach ihrer Pfeife tanzen."

,,Wohlgesprochen", sagte Ordenga.,,Aber die Zigeuner fürchten den Bären noch, wenn sie ihn an der Kette und ihm, einen Ring durch die Nase gezogen haben, und hüten sich, seine Wuth zu reizen." "Ist der Telembski nicht vom kleinen Adel?" fragte Szczuka, um der Rede eine andere Wendung zu geben.

Ordenga schaute bei dieser Frage zornig auf, denn Telembr ffi war ein weitläufiger Verwandter von ihm; seine Wangen färbten fich dunkelroth, er strich sich seinen grauen Schnurrbart und trat mit stolzer Miene vor Szczuka hin. „Sie vergessen, Herr Unterkanzler!" rief er,,,daß der Edelmann im Bauerns hause dem Wojewoden gleich steht! - Früher, da waren beffere Zeiten, da hat unser Adel nicht wie jest auf die fremden Titel Jagd gemacht, da gab es bei uns noch keine Grafen, Markgra fen, Fürsten und wie der fremde Schnickschnack all heißen mag. Edelmann ist Edelmann und immer noch mehr als Baron!"

Szczuka, von diesen Worten überrascht, gab dem an der Thür stehenden Haiducken einen Wink, und nach wenigen Minus ten standen einige Flaschen Ungarwein nebst einem Pokale auf dem Tische. Zu Euch, Herr Bruder!" sagte Szczuka, ins dem er den gefüllten Pokal in die Höhe hob. „Concordia res parvae crescunt, discordia maximae dilabuntur!"

Ordenga widerstand der freundlichen Einladung nicht, fein Gesicht heiterte fich wieder auf, und er hatte den Pokal eben bis auf den leßten Tropfen geleert, als lautes Hundegebell auf dem Hofe seine Aufmerksamkeit auf sich zog. ,,Sollten wir Gifte bekommen?" fragte Szczuka den haiducken. Dieser eilte hinaus und öffnete gleich darauf die Thür.

Voll Verwunderung blickte der Unterkanzier auf. Ein uner, warteter Gaft von hoher Statur trat ein, in einen Mantel ger hüllt, der mit dichten Schneeflocken bedeckt war. Ihm folgte ein anderer, mit einer Ungarischen Kurtka angethan. Der Erste behielt seinen dreieckigen Hut auf dem Kopfe, der Zweite hatte schon auf dem Flur den Schnee von seiner hohen Müße abge: schüttelt. Jener warf den Mantel von sich, und Szczuka rief aus: 3hr send es selbst, mein allergnädigster König?" Karl XII. trat sogleich, nur mit einem leichten Kopfnicken

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grüßend, an den Kamin und hielt die erstarrten Hände vor das Feuer. Vergeblich suchte sich Ordenga durch seine tiefen Vers beugungen bemerklich zu machen. Der Unterfanzler befahl, schnell ein Abendessen zu bereiten. Der Trabant stand wie ans genagelt an der Thür. -,,Herr Unterkanzler!" sprach endlich Karl,,,ich bedarf zweier Boien, aber sicherer Leute!" -,,3m Augenblick sollen sie zur Stelle seyn, Majestät!" ,,Feder und Dinte!" Karl seßte sich, schrieb einige kurze Befehle, übers gab sie den eintretenden Boten und bestimmte ihnen selbst die Stunde der Rückkehr. Dann trat er wieder zu dem Feuer.

,,Es ist Euch gewiß schon Alles bekannt, Herr Unterkanzler", sprach er nach einer Weile. —,,Ja, Er. Majestät!" erwiederte Szczuka, sich verneigend,,, aber ich fürchte...." -,,Ich, Nies manden!"

Ich wollte nur sagen, daß ich fürchte, August werde aus der augenblicklichen Verlegenheit Nußen siehen wollen." ,,August? - Den habe ich abgeseßt, und dabei bleibt's."

Bei diesen Worten wollte Karl nach seiner Gewohnheit sich mit der Hand die Haare streichen und berührte den Hut.,,O! vers zeiht, Herr Unterkanzler, daß der König von Schweden so unhöflich zu einem so freundlichen Wirthe eingetreten ist!" - Er übergab den Hut seinem Ungarn. „Schüttele draußen den Schnee ab!“

Der Trabant entfernte sich.,,Diesem ehrlichen Ungarn vers danke ich viel", fing Karl wieder an.,,Ein Kert, treu wie ein Hund, tapfer wie ein Löwe und dumm wie ein Ds!"

Der Ungar trat wieder ein.,,Nun, Kamerad?" sagte Karl,,,bist wohl auch halb erfroren, fomm her zu mir, wärme Dich. Haben wir doch auch bei den Bauern ohne Stiefeln mit einander gegessen und geschlafen."

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, Wie denn, gnädigster Herr, Du hast es gewagt, bei den Kurven, die Deine Soldaten niedergemacht haben, Dein Nachts lager aufzuschlagen?" fragte Ordenga mit Erstaunen. —,,Ich werde es ihnen auch wiedervergelten!" rief Karl' aufbraufend und Rampfte mit dem Fuße auf.

,,Ja, so wahr ich König bin, noch die Enkel sollen erzählen, wie Karl XII. seine Schmach gerdcht hat."

Er ftrich sich das Haar, warf die großen Handschuhe auf den Tisch und begann, mit raschen Schritten auf und abzugehen. ,,Wer ist denn Eure Frau Wojewodin, von der die Leute reden?" fragte er wieder. ,,Die Witwe des seligen Wojes woden Dialynski, eine Frau in jungen Jahren", entgegnete Szczula. Das muß ich sagen!" rief Karl mit höhnischem Lächeln,,,ebenbürtige Feinde treffe ich hier, Weiber und Bauern ohne Stiefeln!"

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,,Wenigstens ist uns der Trost geblieben, daß Gott nach seis ner Gate Ew. Majestät selbst aus diesem Ungemach gesund hers ausgeführt", wandte Szczuka ein. „Und glücklich falvirt hat“, feyte Ordenga zu.

,,Ich danke Dir, mein Unterkanzler!" erwiederte Karl, „ich weiß, daß Du mir treu ergeben bist, und deshalb habe ich auch Dein Haus zu meinem einstweiligen Aufenthalte erwählt. Ich bin ermüdet, möchte wohl etwas ruhen." —,,Es ist Alles bes reit, gnädigster Herr, wenn Ew. Majestät erlauben, so führe ich Euch."

Sogleich folgte Karl dem Unterkanzler in das Schlafgemach.

Mit Tagesanbruch war Kart XII. wieder munter. Er hatte cine unruhige Nacht gehabt; im Traume hatte er geglaubt, auf dem Schlachtfelde zu senn und seine muthigsten Streiter neben sich zusammenfinken zu sehen. Mehrere Male hatte er laut aufs geschricen, um den Seinen das Kommandowort zuzurufen, so daß Szczuka, der im Nebenzimmer schlief, auffuhr und einen Unfall befürchtete. Schon um Mitternacht fällte sich der Hof mit der herbeiströmenden Schwedischen Kavallerie und Infantes rie, welche der General Steinslicht befehligte. Der Unterkanzler wagte nicht, Karl XII. zu wecken und ihm zu melden, daß sein Heer sich zu sammeln beginne, doch bald trai Karl selbst aus seiz nem Gemache.

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,,Wie steht's, Herr Unterkanzler?" sprach er. „Sind meine Corps da?" „Ja, gnädigster Herr, sie erwarten die weiteren Befehle E. Majestät.“ Wer kommandirt sie?“ —,,Genes ral Steinflicht.” , Gottlob!" rief Kart, mit großen Schritten durch das Zimmer gehend.,,Er soll hereinkommen.“

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Steinflicht erschien und war hocherfreut, als er seinen König wohlbehalten vor sich sah. Karl trat ihm mit Heiterkeit entge gen und flopfte ihm auf die Schulter. Doch glücklich den Klauen der Kerle ohne Stiefeln entronnen!" rief er. Bringst mir Soldaten?" -,,Zwei Regimenter Infanterie, ein Regiment Kavallerie und vier Geschüße, Ew. Majestät; in zwei bis drei Stunden ziehen die anderen Corps_heran." ,,Wie groß find die?",,Ich habe die nöthigen Ordres ertheilt, daß sie ihren Marsch beschleunigen; es sind schn Regimenter Infanteric, sechs Regimenter Kavallerie und zehn Geschüße." ,,Gut, Genes ral fagte Karl,,,nun sollen die Kerle ihren Lohn haben. Es müssen starke Patrouillen in die Runde geschickt werden; das Regiment Infanterie soll Lomza besegen und zwei Geschüße mits nehmen. Ein Theil kann dann langsam den Weg weiter nach Ostrolenka einschlagen. Die Uebrigen bleiben bei mir."

Der General entfernte sich, um die erhaltenen Befehle zu vollziehen.

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„Ist Nachricht über August da?" wandie sich Karl fragend an Szczuka. ,,Ja, Ew. Majestät! Er hält sich nicht fern von hier bei der Frau Wojewodin auf.” — „Defto beffer!"

„Der

sagte Karl, wir werden uns ndher kennen lernen.“ Starost Simigielski iß mit einem bedeutenden Anhange vom Polnischen Adel angekommen, um Auguft's Partei zu untersüßen. Von allen Seiten strömen August's Parteiganger berbei, denn das Gerücht von dem Unfalle hat mächtig auf die Gemüther ges wirkt." 3ft mir gleichgültig!" schrie Karl, sich vor Zorn in die Lippen beißend. ,,August hat neue Befehle an seine Sachsen erlassen, und diese haben die vortheilhaftesten Stelluns gen in unseren Gegenden inne; ich glaube ...."

Ohne das Ende der Rede abzuwarten, stürmte Karl hinaus, wo ihn sein Heer mit wiederholtem Freudenruf begrüßte.

,,Malgosia! Maigosia! So antworte doch! Wo steckßt Du denn?" rief wiederholentlich Stanislaw Bonk, indem er in seinem Hausflur seine Flinte lud. -,,Was giebt's denn?" fragte ends lich Malgorzata, außer Athem aus der Scheune herbeirennend. ,,Stecke mir frisches Werg in meinen Ranzen."

Eben trat der Förster zu ihnen. Ihr sollt sehen", sagte er,,,es wird was Neues sehen! Auf unserem Hofe ist ein Rens nen und Laufen, und immer mehr vom Adel kommen da zus fammen, jeder bis über die Ohren gepanzert. Sie sagen auch, daß unser Konig, den der Schwede absehen will, bei unserer gnädigen Frau sich aufhält und sich bei uns Kurpen dafür bes danken will, daß wir die Schweden zusammengehauen haben. Aber noch etwas Anderes. Wißt Jhr, Gevatter, der hier bei Euch über Nacht gewesen ist, war wirklich der König. Und wir haben ihn wieder rausgelassen; oj, oj, wenn uns das nur nicht leid thun wird. Ich habe gleich gesagt: Faßt den Patron beim Kragen und bringt ihn zur gnädigen Frau!"

,,Nein, lieber Gevatter, das ging nicht an. Thut's Noth, so trete ich noch selbst vor unseren König und sage: Durchlauchs tigster König! 's ist wahr, der König von Schweden hat in meiner Hütte geschlafen; aber das war meine Hütte, und da durft ich ihn nicht verrathen. Wenigstens habe ich mein gutes Gewissen behalten."

Der Förster antwortete darauf nicht, sondern besah sich seine Büchse.

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,,Die Leute im Dorfe fagen", fiel Malgosia ein,,,daß die Schweden wieder da sind und sich an uns armen Leuten ráchen wollen." ,,Gottes Wille geschehe!" erwiederte Stanislaw. „Ist doch unsereiner schon in manchem Pulverdampf gewesen. Ich meine, es wird ihnen schwer werden, uns wieder anzugrei fell." Wenn die Leute davon sprechen, so ist gewiß etwas daran", sagte der Förster.,,Weinst Du, daß die rothen Teufel uns all das vergossene Blut schenken werden? Nein, Blut um Blut, heißt es. Ich ahue es, noch manche Kugel wir mir um die Ohren pfeifen, und Gott weiß, auf welche_Art_ich einmal mein Ende finden werde. Was da Malgokia gesagt hat, ist, so wahr Gott lebt, wahr; Einige der Unseren sind auf Kundschaft ausgewesen und haben die Schweden deutlich heranziehen sehen."

Indem lief Jasko herbei. In Dombrowo lauten fre Sturm", rief er.,,Die Kurpen sollen sich gleich sammeln. Die rothen Teufel haben uns überfallen, und drüben im Hofe hört man das Schießen ganz deutlich.” — Dem Förster sprühte Feuer aus den Augen.,,No, wohlauf, Stas! In Gottes Ras men. Zu den Waffen, Kinder!"

Malgorzata begann zu weinen. - hier helfen keine Thras nen", sagte Stanislaw,,,Gott wird uns schon beistehen! — Leb' wohl, meine Malgona, Jasko wird bei Dir bleiben." Er um armte seine Frau, auch der Förster drückte ihr einen derben Kuß auf die Lippen, und Beide traten aus der Hütte. Malgorzata jab ihnen lange nach, dann aber zündete fie ein Wachslicht vor dem Marienbilde aus Ezenstochau an, kniete vor demselben nieder und war noch in Andacht verfunken, als Jasko in die Hütte zurückkehrte. (Schluß foigt.)

Frankreich.

Die Theater während der Schreckenszeit.

Während das Blut in Strömen unter dem Beile der Guillos tine floß und alle waffenfähige Männer des Französischen Volkes das Vaterland gegen die Angriffe des Ausländes vertheidigten, zogen die zahlreichen Pariser Theater, deren es nicht weniger als zwanzig gab, eben so wie heutigen Tages die immer schaulustige Menge an. Mit vollem Rechie sagt man von jenem schreck lichen Zeitabschnitte, daß damals auf der Straße das Trauers spiel und im Theater das Hirtengedicht an der Ordnung war. Nachmittags um vier Uhr führte man auf dem Revolutionss, dem Carousels, dein Grèves, dem Antoine Plaße und an der Barrière Kenversée (der umgestürzten), der ehemaligen Barrière des Thrones, eine blutige Tragödie auf; um sechs uhr aber vers änderte sich die Scene, die Idylle und die Schäferspiele kamen dann an die Reihe. Ueberfliegt man in den Journalen jener Zeit die Theater Anzeigen, so kann man sich einiges Erstaunens doch nicht erwehren, wenn man in der drgsten Schreckenszeit fast nur idyllische Stücke angekündigt ficht. Die beliebtesten darunter waren: der Wahrsager des Dorses, Rose und Colas, Annette und Lubin, ländliche Verschmigtheit, die Kindesliebe oder das hölzerne Bein, die Neuvermählte des Dorfes, Paul- und Virginie und enige ahnliche. Alle unsere düsteren Melodramen, wie Antony, der Thurm von Neste, Lucrezia Borgia, würden damals wenig ges fallen haben. Ja, wären der berühmte Robert Macaire und sein

würdiger Genosse, der Galeerensflave Bertrand, in jener Zeit auf der Bühne erschienen und hätten, wie jeßt, der öffentlichen Ges rechtigkeit gespottet, es würde Gefahr für die Schauspieler damit verbunden gewesen seyn; irgend ein eifriger Sanskülott hätte fie der Erniedrigung der Volksherrschaft anklagen können, und die Köpfe der Verfasser wie der Schauspieler würden dieses contres revolutionnaire Waguiß gebüßt haben.

Es ist wohl faum nöthig, hinzuzufügen, daß man auch patriotische Stücke, vorzüglich an großen Festtagen, bei revolus tionnairen Feierlichkeiten und an den Jahrestagen merkwürdiger Ereignisse, aufführte. Doch trug die Obrigkeit am meisten dafür Sorge, auf der Bühne die Reinheit der Sitten, die stillen Lus genden verherrlicht zu sehen. Man wird sich davon durch fols gende Bekanntmachung überzeugen, welche überall in Paris ans geschlagen und in den Journalen jener Zeit von Amts wegen veröffentlicht wurde; sie scheint von den Weisen des Alterthums verfaßt zu seyn, die das goldene Zeitalter gern verlängert hätten.

Französische Republik. Paris, 6. Pluviose des Jahres II. Der Sicherheitss Ausschuß des Konventes hat den Direktoren der verschiedenen Pariser Theater angezeigt und sie in einer freunds schaftlichen, brüderlichen Besprechung aufgefordert, aus ihren Bühnen doch Sitten, und Anstands; Schulen zu machen; er hat ihnen daher erlaubt, abwechselnd mit den patriotischen Stücken, die man täglich aufführt, auch solche zu geben, worin die stilleren Tugenden in ihrem vollen Glanze hervortreten. Der Wohlfahrtss Ausschuß von Paris hat diese vom Geiste der Ordnung und Weiss heit vorgeschriebenen Maßregeln dadurch unterstüßt, daß er all den verschiedenen Schauspielern der Theater dieser Stadt eine Verordnung zusandte, welche Ermahnungen und geeignete Raths schlage enthält, um die Reinheit der Sitten zu bewahren und jene Kunstleistungen wieder zu beleben, die zur Veredelung der menschlichen Gesellschaft beitragen.“

Der Konvent ließ auch bei wichtigen Gelegenheiten dem Volke freie Theater Vorstellungen geben. Am ersten Jahrestage des 21. Januars, dem 2. Pluviose des Jahres II. (1794), wurden die Theater aufgefordert, freie Vorstellungen zu geben, und die Direktoren hüteten sich wohl, es zu unterlassen. Aber die Gerech› tigkeit verlangte, daß sie dafür entschädigt würden, und zu diesem Zwecke machte der Reprdjentant Lombard › Lachaur zwei Tage nachher einen Vorschlag, der auch angenommen wurde. Das desfalls erlassene Dekret scheint uns merkwürdig genug, um hier ganz getreu wiedergegeben zu werden: ,,Der National: Kons vent defretirt, daß man eine Summe von hunderttausend Livres zur Verfügung des Herrn Ministers des Innern stelle, die nach einem dem vorliegenden Dekrete beigefügten Etat unter die zwanzig Pariser Theater vertheilt werden soll, welche zufolge eines deshalb am 21. August erlassenen Dekretes jedes vier freie Vorstellungen zu Gunsten und mit Hülfe des Volkes gegeben haben."

Das Stück, welches zu jener Zeit den meisten Enthusiasmus erregte, war,,die Einnahme von Toulon", eine komische Oper. Dieser Sieg war damals noch etwas ganz Neues, und es würde schwer fallen, das Entzücken zu schildern, in welches bei dieser Gelegenheit die Ausschüffe, der Konvent, die Klubs und die Volkss Gesellschaften ausbrachen. In einer Nummer des,,Blattes für die Volkswohlfahrt vom 21. Februar 1794 befindet sich ein Bericht über diese Oper. Er giebt uns eine Idee davon, wie damals das dramatische Feuilleton beschaffen war, welches ganz am Ende des Journals nur ein kleines Plaschen fand und sich wohl hütete, mehr in Anspruch zu nehmen von einem Raume, der dazu bes stimmt war, die Sißungen des Konventes, die Todesurtheile des Revolutions Tribunals und die Bülletins der republikanischen Armee zu veröffentlichen. Hier folgt jenes literarische Dokument, das aus einer so interessanten Epoche der Französischen Geschichte herftammt.

,,Theater der komischen National Oper. — Die Wiedererobe, rung Toulons war für ganz Frankreich eine Begebenheit von der dußersten Wichtigkeit; diese so glanzende Waffenthat war von Umständen begleitet, welche den Antheil daran so mächtig steigern, daß alle republikanische Herzen von dieser glücklichen Nachricht Begeistert wurden. Alle nur irgend poetische Köpfe fühlten sich gedrungen, sie zu befingen; alle Theater versprachen am folgens den Tage auf ihren Zetteln eine Vorstellung derselben und wetts eiferten um die erste Aufführung. In einem solchen Augenblicke war gar nicht davon die Rede, den dramatischen Werth kalt zu berechnen; man fühlte nur zu sehr, wie jeder Franzose es bes daure, bei diesem Volls-Drama nicht selbst mitgewirkt zu haben, und wie man sich darüber nur trösten könne, indem man einer Vorstellung beiwohne, die uns die Wirklichkeit noch einmal vor Augen führen follte. Der kriegerische Erfolg sicherte den theatras lifchen; die Sache brauchte bloß dramatisirt zu werden."

,,Einige Schriftsteller verstanden jedoch die Kunst, mit dem Intereffe des Süjets auch poetisches Verdienst zu vereinigen, und der Verfasser des in der komischen National Oper aufgeführs ten Wertes, über das wir hier Bericht erstatten, gehört gewiß au dieser Zahl. Der Bürger Duval, ehemaliger Schauspieler des Theaters im Faubourg St. Germain, der durch den Erfolg feines niedlichen Lustspiels,,,die wahre Tapferfeit", das er in Gemeinschaft mit dem Bürger Picard auf dem Theater der Res publit gab, fich einen Namen machte, hat durch dieses leßte Werk Proben eines der Aufmunterung würdigen Talentes abges

legt. Die von ihm aufgestellten Kontraste zwischen einerayapt patriotischen Familie und den feindlichen Generalen, unter denen fich ein stolzer, fanatischer Spanier und ein sehr unmoralischer Englander befinden, welchen Lesteren eine lächerliche Nachahs mung der Französischen Leichtigkeit sehr komisch macht, verleihen diesem Stücke viel Reis und Heiterkeit. Wir sind nicht im Stande, eine Analyse davon zu geben; die einzelnen Scenen lassen sich nicht aus dem ihnen einmal angepaßten Rahmen hers ausreißen."

,,Die Musil zur „Einnahme von Toulon" ist der erste Vers such des Bürgers Lemierre, der erst durch einige kleine Compos fitionen bekannt ist. Mit vielem Beifall wurde eine sehr hübsche, von Elleviou in Englischem Kauderwälsch recht ergåslich vors getragene Arie aufgenommen. Einige andere Stücke verrathen eine gute Absicht, die aber aus Mangel an Gewohnheit, für das Theater zu arbeiten, nicht immer erreicht wurde. Wir fühlen uns veranlaßt, diesen jungen Tonseßer darauf aufmerksam zu machen, daß die von den Blases Instrumenten ausgeführten figus rirten Begleitungen den Gesang zu sehr verdecken und das Vers ständniß des Tertes verhindern. Andere Stücke seiner Compos fition würden von größerer Wirkung senn, wenn sie nicht so überladen waren. Man kündigt uns noch ein anderes Werf von ihm an, für welches wir im Voraus eine günstige Meinung fassen können."

Damals hatte man nicht die Muße, mehrere Zeitungs-Spalten mit Mannigfaltigkeiten und literarischen oder dramatischen Kritiken und Abhandlungen zu füllen. Es war nur Raum für die schrecks lichen politischen Entwickelungen. Da ist denn am Ende doch unsere jezige Zeit vorzuziehen, mit oder troß ihren täglichen ellens langen Feuilletons. (Gazette des Théatres.) Bibliographie.

Alphonse et Juliette. 15 Fr.

Roman von Madame Melanie Waldor. 2 Bde. Annuaire militaire, historique, topographique, statistique et anecdotique. Vom Cap. Sicard. Jahrg. 1839. 5 Fr.

Compte général de l'administration de la justice civile et commerciale, pendant 1835 et 1836, présenté au Roi par le Garde-des-sceaux. - 4. (Eine ahnliche Berichterstattung ist über die Kriminal-Justiz vom Jahre 1836 erschienen.)

Mannigfaltige 8.

Deutscher und Französischer Kunst, Geschmack. Herr Fortoul giebt in der Revue de Paris eine Beschreibung von München, wobei natürlich das dortige Kunstleben, die Werke, die unter der Leitung der Meister Cornelius und Klenze zu Tage gefördert werden, eine Hauptrolle spielen. Er _rühmt dabei vor zugsweise den Mangel an Einseitigkeit, die sich in den Frans zösischen Kunst Moden stets bemerklich mache und welche die Künstler oft zu Extremen führe, vor denen man in Deutschland leichter bewahre sey. So weist er unter Anderem darauf hin, daß jede der vier Façaden des neuen Königsbaues in München einer anderen Kunsts Epoche, der Griechischen, der Byzantinischen, der Gothischen und der Jtalianischen, angehöre, worin er einen kühnen Gedanken Klenze's erblickt. „Bei uns“, fügt er hinzu, ift in keinem Genre etwas Aehnliches aufzufinden. Von den Schulen, die in Frankreich gefeiert werden, würde es keine was gen, sich eine folche Kühnheit zu gestatten. Der Romantizismus selbst, so sehr er auch auf Freiheit pocht, hat doch auch seine ber sonderen Feldzeichen und seine eigenen unwiderruflichen Proscriptions Listen. Und wenn gleich gegenwärtig die Wuth jener ersten Kriegs, Erklärungen sich auffallend vermindert hat, so has ben doch die Künstler, die des Kampfes Zuschauer gewesen, von dem Eindrucke désselben sich noch nicht losmachen können und sich darum den größten Theil aller gegebenen und möglichen Formen untersagt. Nach unseren Kunst- Ausstellungen oder nach der Mode unserer Zimmer, Versierungen zu schließen, sollte man meinen, daß die Menschheit nur von der Regierungs-Zeit Frans des Erften bis zu dem Ableben Ludwig's XIII. der Aufmerksams keit und des Andenkens heutzutage noch würdig sen. Solche Mos notonie ist nicht bloß die langweiligste Augenweide für jeden historisch gebildeten ehrlichen Mann, sondern auch die greulichste Barbarei, die ich lenne. Jm vorigen Jahrhundert rief man: Wie werden wir nur erst die Griechen und die Römer los!" und man hatte unbezweifelt recht. Seitdem hat es sich geändert, und man kann mit nicht minderer Wahrheit rufen: Wie wers den wir nur erßt die Renaissance und das Rococo los!" Das Grundübel bei uns zu Lande ist, daß wir niemals zweierlei Ideen mit einander verbinden könnnen; wir werfen uns voll Eifers und ganz und gar auf Einen Gedanken; wir verkünden, daß allein in diesem die absolute Wahrheit und der vollkom mene Geschmack zu finden sey; wir wollen dann nichts als seine Verkörperung sehen und weisen alles Andere von uns. Aber bald rächen sich Wahrheit und Geschmack: wir halten es vor Langeweile in den Schranken, die wir uns selbst gesteckt, nicht mehr aus, wir reißen sie dann ohne Erbarmen nieder, ja, ohne daß wir uns der Unterhaltung erinnern, die sie uns gewährten, und indem wir unsere volle Freiheit wieder zu gewinnen meinen, schmieden wir uns neue Ketten, die wir morgen abermals zer brechen. Wenn ich die Sprache des vorigen Jahrhunderts schriebe, so würde ich sagen, daß wir darum, weil wir zu treu find, un beständig werden."

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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchic.

Ꮧ 17.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Pok - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 8. Februar

Aegypten.

Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn C. Lenormant, betitelt: Der Sarg des Mycerin's, im Journal des Débats.

Aus diesem Aufsaße habe ich folgende Stellen ausgehoben, die ich durch einige Zusage noch näher zu beleuchten versuchen werde. Sie lauten nämlich folgendermaßen:

,,Eine Gesellschaft Englischer Forscher ist während des Som mers 1837 in die dritte der Pyramiden von Memphis gedrungen; fie ist die kleinste an Umfang, aber von der reichsten Bauart, ins dem das Aeußere vormals mit rosenfarbenem Granit von Syene verkleidet war. Die Arabischen Schriftsteller sprechen als Augens zeugen von dieser Bedeckung oder Oberfläche, wovon man noch Reste am Fuße der Pyramide sieht. Wir wissen aus dem Zeug niß der Alten, daß die Pyramiden von Memphis dußerlich mit Hieroglyphen verziert waren; und hinsichtlich der dritten insbes sondere sagt uns Diodor, daß man auf der Nordseite das Gesicht des Königs sah, der sich dies wunderbare Grabmal hatte bauen laffen. Die große Pyramide ist schon seit Jahrhunderten den Reisenden zugänglich; alle diejenigen, welche Aegypten besucht haben, haben das Central Gemach des Monuments beschrieben, in welchem noch ein Sarkophag steht; man ist seitdem, und noch sehr neuerlich, in viele Zimmer und Raume gekommen, deren Eristens man noch nicht ahnte. Aber nirgends, weder in den schon früher entdeckten Gemächern, noch in denen, deren Kenntniß wir Herrn Caviglia und anderen Forschern verdanken, hat man eine Spur von hieroglyphischen Inschriften gefunden. Dasselbe muß man von der zweiten Pyramide fagen; Belzoni, der sich einen Weg dahin geöffnet, hat sich überzeugt, daß die Araber schon vor ihm einen ähnlichen Versuch gemacht haben. Die neuen Nachforschungen haben gelehrt, daß die Araber auch in die dritte Pyramide gedrungen waren. Damals ohne Zweifel wurde der Deckel des Sarkophags zerbrochen, das Grab verlegt und die an Stoff und Werth kostbaren Gegenstände zerstreut und zerstört. Und in der That, als die Englischen Forscher in das Gemach kamen, das den Mittelpunkt des Monuments bildet, so fanden sie auf einem Haufen von Trümmern den verstümmelten Untertheil eines Sarges von Sykomorenholz, mit einigen Resten von Linnen und Gebeinen. Das war Alles, was von der König lichen Mumie noch übrig war, welche die Araber aus dem Sarkos phage gerissen hatten, worin sie ruhte. Die Englischen Reisenden stiegen hierauf in das eigentliche Begräbniß Gemach hinab, das von den vorhergehenden durch einen abwärtslaufenden Korridor getrennt ist, und nach vieler Mühe und Anstrengung zogen fie den Sarkophag selbst heraus, der jest nach England unterweges ist. Was die Reste des Sarges anbetrifft, so figuriren sie jest unter den Schäßen des Britischen Museums, und es ist darüber eine besondere Schrift erschienen, aus welcher wir folgende Details entlehnen.

Was bei der Entdeckung wichtig ist, besteht nicht darin, daß man in der Pyramide Spuren einer Mumie gefunden hat. Man zweifelte nicht, daß die Pyramiden zum Begräbniß erlauchter Personen bestimmt waren, und die mitunter sonderbaren Meinun gen, die, von der ältesten Zeit bis auf unsere Tage, sich über die entweder mysteriöse oder nüßliche Bestimmung dieser Denkmäler fortgepflanzt, hatten wenig Glauben gefunden. Aber der in der dritten Pyramide gefundene Sarg bietet eine hieroglyphische Ins schrift dar, und diese Inschrift enthält den Namen eines Königs. Dies ist die Thatsache, welche bestimmt scheint, historische Folge rungen zu erzeugen, die der Aufmerksamkeit im höchsten Grade werth find.

Lange Zeit zweifelte man, daß irgend eine hieroglyphische Inschrift in den Pyramiden eristire. Der General Minutoli war der Erste, welcher diejenigen bemerkte und bezeichnete, die sich in der großen Pyramide von Sakkara (im Süden von Memphis) finden. Man kann in dem mit dem Berichte dieses Reisenden verbundenen Atlas (Plaite XXVIII.) die Verzierung der Thür sehen, die den Eingang zu einem der Sale dieser Pyramide bils dete. Die Thatsache ist der Aufmerksamkeit um so mehr werth, als man, nach allen Probabilitäten, die Pyramiden von Saffara für älter als die von Dschiseh halten muß; aber unter den Hieros

1839.

glyphen von Sakkara findet man keinen Königlichen Namen, was uns dann hindert, das Alter dieses Denkmals genau zu schäßen.

,,Die hieroglyphischen Namen der Erbauer der beiden größten Pyramiden find schon bekannt; man hat sie nicht in diesen Monus menten entdeckt, die, wie ich schon gesagt, nicht die mindeste Spur heiliger Charaktere darbieten.

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Der Name Suphis, des Erbauers der großen Pyramide, findet sich mehrmals in einem benachbarten Grabe, das einem ges wiffen Eimei, dem Baumeister der Wohnung des Königs Suphis, gewidmet war. Champollion hatte die Legenden ges lesen, die von Rosellini, in feinen Monumenti storici, und von Salvolini, in einer Anmerkung zu den Lettres sur l'orient von Michault und Poujoulat, bekannt gemacht worden sind."

Herr C. Lenormant führt nun ferner an, wie man nach der Leseart des Herrn Champollion den Namen von Menkari ermittelt habe, der nach der Chronologie des Wanetho's im 37sten Jahr, hundert vor unserer Zeitrechnung gelebt hat; also zählte diesem zufolge jenes Denkmal ein Alter von 5600 Jahren.

Was nun das Material betrifft, womit jene dritte Pyramide oder die des Mycerin's bekleidet war, so ist es, zufolge der Bruchstücke desselben, die man auf diesem Denkmale selbst, so wie am Fuße der Pyramide, noch antrifft, mehr als wahrscheins lich, daß sie mit röthlichem Granit bedeckt war; wenngleich Strabo im 17ten Buche seiner Geographie behauptet, daß folche:,,vom Grunde an bis fast zur Mitte mit jenem schwarzen Gestein, das weit her von den Aethiopischen Gränzen kommt, von dem auch die Mörser gemacht werden und das wegen seiner Härte und der Schwierigkeit der Bearbeitung sehr kostspielig ist", bekleidet gewesen sen. Jene fraglichen Bruchstücke bestehen aller dings aus röthlichem Granit, der aber von dunkler Farbe ist und abwechselnd schwarze Flecken hat, welcher Umstand wohl jenen Klassiker veranlassen mochte, jenen Granit für schwarz zu halten, so wie den Plinius (36, 7), ihn durch den Ausdruck von Ferrei coloris zu bezeichnen. Die Städte Kahira und Alexandrien haben bereits den größten Theil dieses schon behauenen Mates rials zu Bauten verwendet, und während meiner Anwesenheit in Acgypten wurden noch viele vorhandene Blöcke desselben zu Mühlensteinen benußt.

Ob die Oberfläche der Pyramide von Cheops ebenfalls mit Granit bedeckt war, ist bisher nicht ermittelt worden, dages gen ist aber etwa der vierte Theil der oberen Höhe der Pyras mide von Chephren mit einem gräulichen polirten Kalkstein bekleidet, der, aus der Entfernung und von unten angesehen, röthlich und gefleckt erscheint. Diese Flecken rühren von den Vögeln her, die sich auf der Spise der Pyramide niederzulassen pflegen und den Stein verunreinigen; und jene Farbe rührt von einer Art von Lichen her, der auf der Oberfläche dieses Steines wuchert. Dieser Umstand, so wie auch der, daß man am Fuße jener Pyramide einzelne zerstreute Granitblöcke aufgefunden hat, mochten wohl den Herrn Jomard zum Glauben veranlassen, als sen sie ursprünglich ebenfalls mit Granit bekleidet gewesen.

Aus den neuesten Forschungen hat es sich ergeben, daß die inneren Kammern und Grabesgrotten jener drei Pyramiden, wie wir solches bereits aus dem Herodot ersehen und ich solches ebenfalls in der von mir eröffneten siebenstufigen Pyramide von Sakkara bewährt fand, in dem Felsenkern selbst ausgehauen worden sind. In dieser legten sind nicht allein alle von mir aufs gerdumte Gange, sondern selbst der innere große 72 Fuß hohe Saal im Felsenkern mühsam ausgehauen worden. Daß übris gens das Material zum Bau des inneren Kerns der großen Phras miden von Dschiseh wohl meistens an Ort und Stelle ents nommen worden ist, glaube ich aus folgenden Umständen fols gern zu dürfen, daß man erstlich solche bald mehr, bald wenis ger mit sichtbaren Spuren von breiten und tiefen Graben umges ben findet, aus welchen man wahrscheinlich jenes schöpfte; und zweitens, daß man beim Vergleiche ihrer gegenseitigen Bestands theile eine vollkommene Uebereinstimmung findet, indem sowohl das zum Bau verwendete, als das in fenen Graben zu Tage brechende Gestein, aus einer kallartigen sehr dichten grauweißen Masse besteht, die stark mit Belemniten vermengt ist.

Villeicht ward aber auch ein Theil des Materials zur Ers bauung oder Bekleidung jener Pyramiden aus den Steinbrüchen von Torrah, dem ehemaligen Troja, welcher Ort unfern des

alten Kahira's, am rechten Nilufer liegt, genommen, indem man daselbst noch die Spuren von bedeutenden Excavationen gewahrt, die es wahrscheinlich machen, daß es vermuthlich dieselben Steins brüche sind, die Herodot bezeichnen wollte, als er bemerkte, daß die Erbauer der Pyramiden das Material zu ihrer Erbauung aus der Arabischen Bergkette geschöpft hatten. Strabo spricht sich hierüber noch bestimmter aus, indem er im 17ten Buche seis ner Geographie uns Folgendes hierüber mittheilt:,,Es ist auch) anderswo gesagt, daß bei den Steinbrüchen, aus welchen die Pyramiden erbaut worden, im Angesicht der Pyramiden jenseits in Arabien, ein ziemlich felfiger Berg liegt, welcher der Troische heißt; in ihm ist eine Höhle, und in ihrer und des Flusses Nähe ist ein Dorf, Namens Troja, eine alte Anlage gefangener Troer, welche dem Menelaus folgten und daselbst blieben.“ Ueberdies stimmt der Gehalt des in diesen Steinbrüchen vors handenen Materials ganz mit den vorhandenen Bruchstücken ihrer Bekleidung überein; das heißt, der Stein zeichnet sich durch graue Farbe und eine ziemlich angenehme Politur aus; so daß inan also mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen kann, daß er allenfalls zu der dußeren Bekleidung der zweiten, wo nicht selbst der ersten Pyramide benußt worden ist.

Daß die Pyramiden, diese Palatia mortis, wie der selige Bischof Münter sie so treffend nannte, zur Aufnahme von hos hen Personen nach ihrem Tode bestimmt waren, ersehen wir bereits aus dem Herodot und aus dem Strabo. Dieser leßte Klassiker stellt unter Anderem in seinem 17ten Buche Folgendes hierüber auf:,,Vierzig Stadien von der Stadt (nämlich Mem phis) ist eine bergige Höhe, auf welcher viele Pyramiden, Grüfte der Könige ind"; denn wenn Diodor 1. 64. uns ers zählt:,,Daß sich die Könige Pyramiden zu Grabmålern erbaut häts ten"; so fügt er auch hinzu:,,daß dennoch keiner darin begraben werden sollte, weil sich die Könige durch die höchst beschwerliche Arbeit, wegen vieler Grausamkeiten und Bedrückungen, verhaft gemacht hatten, und das Volk drohte ihre Leichen aus dem Grabe zu reißen und zu zerfleischen; weswegen beide Erbauer der beiden größten Pyramiden ihren Angehörigen befohlen hats ten, fie nach ihrem Tode in der Stille an einem unbekannten Drie beizuseßen.“

Das hier Aufgestellte, so wie der Umstand, daß man bis zur Eröffnung der großen siebenstufigen Pyramide von Sallara teine Mumie in deren Todtenkammern vorgefunden hatte, mochte wohl mit jene Zweifel über ihre eigentliche Bes ftimmung angeregt und noch kürzlich den Herrn Dr. Sacchi*) veranlaßt haben, Folgendes hierüber aufzustellen: „é certo che quelli, i quali hanno preteso, che i corpi dei primi Faraoni sieno stati posti nelle Piramidi, si sono senza dubbio ingannati, avegnaché non vantano questi monumenti una antichita cosi lontana, benchè siano antichissimi; ed in altro vero, che non è stata mai racchiusa alcuna mumia in veruna camera della Piramide di Memfi, ma bensi a molti piedi di profondita sotto i fondamenti di quell' edifizio." Um so interessanter war daher in dieser Beziehung die Auffindung einer Mumie, in jener durch mich eröffneten Pyramide von Sakkara, die höchstwahrschein lich einer hohen Person angehört haben mochte, indem deren Epis derme durchaus stark vergoldet war, eine Versierungsart, die mir bisher, so wie anderen Forschern, noch nicht vorgekommen ist. Ob meine Arbeiter diese Mumie in einem unverleßten Zustande antrafen, vermochte ich eben so wenig, als den Ort ihrer Auffindung zu ermitteln. Höchstwahrscheinlich hatten sie solche aufges schnitten, um sich der etwa unter den Binden verborgenen kosts baren Gegenstande zu bemachtigen, und nachher die Mumie felbst unter sich getheilt, welches ich aus dem Umftande zu fol gern geneigt bin, daß es einem meiner bei der Arbeit aufges ftellten Aufseher nur mit Mühe gelungen war, ihnen den Schas del sammt den Armen und Beinen wieder abzunehmen; welche sämmtliche Ueberbleibsel aber späterhin, nebft vier Fünftheilen meis ner ganzen Sammlung, ein Raub der Wellen geworden sind. So ward mir auch die Kunde, daß meine Arbeiter gleich bei der ersten Eröffnung der Pyramide viele interessante und kostbare Gegenstände aufgefunden und an bekannte Europder veräußert hatten, welcher Umstand mir um so schmerzlicher fiel, als die Kenntniß dieser Gegenstände vielleicht einiges Licht sowohl über die hier beigeseßte hohe Person als über den übrigen Zweck jes nes Denkmales selbst verbreiten konnten. Da jene Angabe mir durch ehrenwerthe Personen gemacht worden war, so trug ich um so mehr Bedenken hierüber, ndhere Nachforschungen anzus stellen, als mich solche leicht zu unangenehmen Entdeckungen ges führt haben dürften und ich überdies Aegypten bald verlassen wollte. Ich begnügte mich daher damit, durch bedeutenden Geld aufwand einerseits meine Kenntnisse erweitert und andererseits falsche Freunde auf meine Kosten bereichert zu haben.

Aus den in der dritten Pyramide vorgefundenen Trums mern geht hervor, daß die Perfer oder Araber schon früher in solche eingedrungen waren; allein hierüber darf man sich um so weniger wundern, wenn man erwägt, daß diese Eroberer ebenfalls die erste und zweite jener großen Pyramiden, so wie die von mir bei Sallara eröffnete, wahrscheinlich im Wahne, Schase darin zu finden, heimgesucht hatten; denn ich fand in diefer leßten, nächst noch mehreren wohl erhaltenen kosts baren Gefäßen, noch eine Menge zerschlagener Vasen und Schas ten von den schönsten Steinarten vor.

*) Siehe denen Auflage im Vol. 55. Fascicolo di Gennajo der Annali Universale di Statistica vom Jahre 1838, betitelt: L'Egitto di Geroglificí. p. 47.

Eine ähnliche Sucht, sich zu bereichern, bewog ia zur Zeit auch den Chalifen Abdallah-Mamoun, mit großer Mühe und großem Kostenaufwande die Pyramide des Cheops zu eröffnen; allein er fand in folcher Nichts; was ihm den Spott feiner Zeitgenossen zuzog. Dasselbe soll nach der Handschrift des Baloui (die sich in der Königl. Sammlung zu Paris befindet) unter Salahedin und dessen Nachfolger Otman der Fall ge wesen seyn. Dagegen behaupten wiederum andere Schriftsteller, daß man zur Zeit wirklich bedeutende Schäße in ähnlichen Denkmälern aufgefunden habe, und darf man der Aussage des Herrn Dr. Forlini aus Bologna Glauben beimessen, daß er den kürzlich nach Rom translocirten kostbaren Todienschmuck eines Aegyptischen Oberpriesters in einer zerstörten Pyramide bei Mes roe aufgefunden habe, so wären jene obenängeführten Nach forschungen nach Geld und Geldeswerth allerdings zu entschuldigen.

Daß zur Zeit auch Perser und Araber auch in andere Denkmäler eingedrungen seyn mochten, geht unter Anderem auch aus der durch Belzoni zu Obibansels Moluk eröffneten Königl. Katakombe hervor; denn er fand bei seinem Eindringen in solchen die Fragmente des kostbaren alabasternen Sarkopha gendeckels am Eingange der Grotte verschleppt, und die Mumie fehlte. Desgleichen ward eine ståhlerne mit Gold ausgelegte Spize eines Speeres, die ich nach Berlin brachte, und welche fich gegenwärtig im Museum befindet, in einer Katakombe zu Theben mehreren Aegyptischen Alterthümern beigesellt, aufgefuns den, woselbst sie wahrscheinlich von einem Araber zurückgelassen

worden war.

Was nun die hieroglyphen anbetrifft, womit angeblich, nach der Aussage einiger Klassiker, das Aeußere der Pyras miden verziert worden war, so sagt uns Diodor 1. 64., daß man unter Anderem auf der des Cheops aufgeschrieben fand, was der Unterhalt der Arbeiter während des Baues derselben ges kostet habe; und daß auf der dritten der Name ihres Ers bauers, nämlich des Mycerins, aufgeschrieben gewesen sey. Abdallatif erzählt uns dagegen, daß die Pyramiden mit uns bekannten Charakteren bedeckt gewesen waren, die damals kein Mensch in Aegypten zu deuten verstand, und fügt in einer mors genländischen Hyperbel hinzu, daß, wenn man nur diejenigen hatte abschreiben wollen, welche die Oberfläche der beiden ersten bedeckten, man noch mehr als zehntausend Seiten damit hätte an füllen können.

Da das hier Aufgestellte bisher nicht hinreichte, uns mit den Erbauern der Pyramide und dem Zeitalter ihrer Anlegung ber kannt zu machen, und Diodor selbst an jener Stelle fich fols gendermaßen hierüber ausläßt: Ueber die Pyramiden findet man übrigens bei den Eingebornen sowohl, als bei den Ge schichtsschreibern, durchaus keine übereinstimmende Nachricht"; so ist es um so erfreulicher, zu vernehmen, daß der in der dritten Pyramide aufgefundene Sarg eine hieroglyphische Inschrift oder vielmehr zwei kurze Zeilen in großen Charakteren darbietet, in welchen man, nach der Leseart des Herrn Champollion oder viels mehr nach den in seiner Aegyptischen Grammatik entwickelten Grundsägen, den Namen von Menkaré entziffert hat, welcher dem des Meicheres, den Manetho unmittelbar nach Suphis II. folgen läßt, am nächsten kommt. Dieser Monarch wurde von Herodot und Diodor Mycerinus genannt. Da nun Mas netho den König Mancheres in die vierte Dynastie verseßt, so folgert Herr Lenormant hieraus, daß der Erbauer der dritten Pyramide in das fiebenunddreißigste Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zu verfeßen sen. Nach den jus dischen Büchern sind nun zwischen Adam und der Sündfluth 1656 Jahre; nach den Samaritanern 1307, und nach der Septuaginta 2242 Jahre verflossen, mithin reichte das Alter jener dritten Pyramide beinahe bis zu der von uns angenommenen Schöpfungsgeschichte hinauf. Die Leichtigkeit, womit jener Ges lehrte die Jahrhunderte und selbst Jahrtausende zusammenhduft, darf aber um so weniger befremden, als er bereits in einem Briefe aus Acgypten vom 6. Oktober 1828 der Pyramide von Sallara ein Alter von wenigstens 7000 Jahren beilegte. Er ist jedoch einigermaßen dadurch zu entschuldigen, daß früher andere Gelehrte den Thierkreisen von Esneh und Tenthyra, auf den Manethofchen Kanon sich stügend, ein gar übermäßi ges Alter beimaßen und selbst neuere Reisende und Forscher mehreren Aegyptischen Denkmälern noch ein sehr hohes Alter zuschreiben.

So hált zum Beispiel der Engländer Wilkinson die Pyras miden für die ältesten Denkmäler Aegyptens und wahrscheinlich auch der Welt; und da er vermuthet, daß der Name Cheops, den Herodot dem Erbauer der ersten Pyramiden beis legte, von Schofs oder Chof, den die Griechen in den von Suphis umwandelten, abgeleitet worden fen, und der König Suphis und sein Bruder Sensuphis etwa im Jahre 2120 vor unferer Zeitrechnung lebten, so würde ihre Erbauung folglich in den ersten Jahrhunderten nach der Sündfluth fallen. Da wir aber vor den Dfirtasen, der ums Jahr 1740 vor unserer Zeits rechnung lebte und folglich ein Zeitgenosse Joseph's war, keinen zuverlässigen Leitfaden über die Denkmäler Aegyptens aufzuweisen haben und sich in den Nachrichten, die uns Heros dot, Manetho und Diodor über die Regierungsfolge der vers schiedenen Dynastieen und Könige hinterlassen haben, viele Wis dersprüche befinden, so hält es um so schwerer, fie mit unserer Beitrechnung im Einklange zu bringen, als wir nicht einmal mit Bestimmtheit anzugeben wissen, ob wir die Epoche der Einfüh› rung des beweglichen Jahres der Aegypter auf das Jahr 1322

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