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der Flinte und reinlichem Jagdrocke. Eine neue Wildtasche flößt ihin Abscheu ein, er hat seine jüngst gekaufte gegen die alte ums ge.aucht, die er trägt, fie hat 20 Jahre lang auf dem Rücken eines Bärenhäuters Kreuzs und Querzüge gemacht und zeigt deuts liche Spuren von den verschiedensten Arten Wild, das sie behers bergt. Die, welche den alten Novis Jäger nicht kennen, sagen, wenn sie ihn in diesem Aufzuge sehen:,,Ei, über den Wages bale! der alleik trifft mehr als die Uebrigen zusammengenommen." Colche Bemerkungen sind ihm ein Ohrenschmaus, machen ihn stols, erquicken seine Seele. Seine Leidenschaft ist, für einen ges schickten Jäger, einen erfahrnen Jäger, mit den Strapazen spies lenden Jäger gehalten zu werden, er möchte sich gern das Ans fehen eines Wilddiebes geben, wie mancher Jüngling aus Eurer Bekanntschaft für ein schlechtes . Subjekt gehalten zu werden hofft, sobald er ein Stußbärichen trägt oder mit einer brennenden Cigarre über die Straßt geht, obgleich er nicht das geringste Arg in seinem Herzen trägt.

Diese beiden Jäger nehmen, die oberste und unterste Staffel der Leiter ein; einander entgegengesest, was die Kleidung be trifft, find sie an Ungeschickucken und Unwissenheit sich gleich. Um fie gruppiren sich eine Menge von Diletauten, die sich nur durch leichte Schaterungen von einander unterscheiden. Erst, wenn man sich weiter von der Peripherie entfernt, gelangt man nach und nach zu dem Mittelpunkt, wo man auf den wahren Jäger stößt. In einer Gesellschaft von zwanzig Personen, die Flinte oder Jagdhorn führen, findet man kaum einen Mann, der diesen ebrenvollen Titel verdient, sie werden alle mehr oder minder an den Krämer oder Stußer gränzen, gar nichts oder Alles schießen. Den echen Jäger erkennt man leicht an seinem sonneverbrannten Gesicht, seiner klassischen Tracht, an jener leichten Art, die Flinte zu tragen, an der Wachjamkeit seines Hundes. Er ist angdadig gekleidet, nett, aber ohne Pracht, die Bluje von blauer Leinwand, Die trefflichen Lederkamaschen vertreten bei ihm den Knierock mit goldenen Knöpfen oder die Firnißstiefel und die grauen Lappen, welche mit weißem Zwirn wieder zusammengenäht sind. Er wechselt nicht jedes Jahr jeine Waffen, versucht es nicht mit jeder neuen Verbesserung. Zufrieden mit seinem Schießgewehre, warum follte er ein anderes wählen?,,Wer nur Genuß sucht im Ges nießen, keinen anderen Gewinn kennt als einen hohen, nur dann die Jagd liebt, wenn er mit vollen Händen nimmt, der muß sich nicht zu unserer Schule zchlen", daßert einmal Montaigne. Der wahre Jager jagt um des Zagens willen, um List mit List zu bes kämpfen, er genießt, wenn er seine Hunde mandvriren sieht, wenn der Hase den ganzen Tag vor seiner Weute ausgehalten hat. Er liebt den Kampf mehr um des Kampfes, als um des Sieges und der Beute willen, er will nicht zehn Hasen, nur einen tödten, er würde sich schämen, den Fleisher zu spielen.

König Modus, Gaston Phobus (de Fon) und die alten Jagds Schriftsteller haben das Jagen als ein vorzügliches Mittel gegen den Müßiggang empfohlen; sie wollen, daß man laufe, sich müde mache, um Appetit zu bekommen und gefund zu bleiben, aber sie erfldren den muthwilligen Wildverderber für ehrlos. Ein wahrer Jager gleicht dem Gastronomen von Profefflon, der von allen Speisen foftet und mit einer leichten Neigung, weiter zu effen, von Tische aufsteht. Wenn er auf die Jagd geht, so ist seine Absicht, die Geschwindigkeit feiner Beine, die Erfindungskraft seines Geistes, die Geschicklichkeit 'seiner Arme, die Richtigkeit seines Augenmaßes zu üben, nicht, daß er das gebratene Rebhuhn, das hajenschwarz, die gebackene Wachtelspeise, die Rehkeule, das Schnepfen Ragout verachte, im Gegentheil, er that sich auf den Namen eines Gastronomen etwas au Gute; denn der wahre Jdger ift ein Mann von Geist, und es ist nur eine Ausnahme von der Regel, wenn er kein Feinschmecker ist, so wie es eine Ausnahme ift, wenn ein Gourmand ein Dummkopf ist. Die Dinge nach ihrem wahren Werthe beurtheilend, ißt er das Wild, wenn es einmal getödter ist, aber er jagt nicht, um zu essen. Arioft sagt, der Jager achter nicht den Hasen, den er einmal gefangen." Eine falsche Behauptung; Pönnte man nicht wiederholen, was ihm eines Tages der Kardinal Hippolyt v. Este zugerufen:,,Meister Ludwig, wo nehmt ihr all das närrische Zeug her?" (?) Ein Jdger aus dem Handelsstande jagt wohl ein wenig um des Vers gnügens willen, zu jagen, aber der Werth der getödteten Stücke muß wenigstens dem Aufwand an Geld, Zeit, Pulver, Schuhwerk einigermaßen gleich fommen. Ein im Walde laufender Hafe ift für ihn nur ein 100 Sous Stück auf vier Pfoten; von ihm hoffet leine Schonung; wenn er tausend Rebhühner tödten könnte, er wurde es thun und sie nach der Halle schicken. Sprechet ihr von Schonung, davon, daß man auf's andere Jahr, auf morgen dens ten müsse, so wird er Euch nicht verstehen oder wie Figaro ant worten:,,Wer weiß, ob die Welt noch drei Wochen steht." Ik es ein Wilddieb dieses Standes, so wird er, da seine Ausgaben unbedeutend sind, sich mit Wenigem begnügen, aber wenn er das Predikat eines Actionairs fich erworben, wenn er fein Vergnüs gen bezahlt hat, so wird der Dämon des Geizes und der Begierde fich mit dem der Jagdleidenschaft verbinden und das Gehirn des Tropfs so verwirren, daß er täglich in den heftigsten Fiebers Patoryemen und Nervenspannungen seyn wird.

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au 100 rozens unterworfen. Je menige Sonnenaufgang fein An großen Jagdtagen ist das Wild einem Steigen von 100 tödtet, desto mehr wird gekauft. Der Mann, der new haus mertaffen hat und Abends Tendenlahm und verhungere aus rudkommt, fann Anstands halber nicht mit leeren Handen erschei nen, ohne sportifc fagen zu hören: Es hat sich der Mühe vers lohnt, so früh aufzustehen!" Darum bringt jeder Jdger, der

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diesen Tag auch nur fünf Franken befißt, wenigstens zwei Rebs hübuer mit nach Hause; hat er überdies einige Sperlinge auf den Ulmen der dußeren Boulevards geschossen, so offerirt er sie als Zugabe, oder zwei junge Steintauben, jo beehrt er sie mit dem Range von wilden Holztauben. Nur ein Wunsch ist ihm fehlgeschlagen, ein schwarzes Ferkelchen anzutreffen, mit welchem Vergnügen mollie er seiner Frau einen Frischling oder jungen Eber verehren! Da dieje wackeren Schüßen nicht ohne Ballast heimkehren dürfen und wenigstens einige Rebhühner im Tornister führen müssen, so übernehmen die Versorgung die Gastwirthe an den Barrieren, die den Wildhandel betreiben helfen, und ges winnen an Hafen und Rebhühner so viel, als wenn sie Wasser in Wein verwandeln. Sie sind die Unterhändler der Walddiebe; so bald der feine Herr im Tilbury anhalt, nähert sich ihm ein Knabe und rauni ihm ins Ohr:,,Ich habe zwei Fasanen, drei Hafen, zehn Rebhühner Ihnen anzubieten, sie müßten sich trefflich auf Ihrem Jagdwagen ausnehmen." Unmeglich können sich die Seidenschnüre der Börse gegen einen solchen Vorschlag u fammenziehen; denn Chevet ist für morgen gut, wenn man die Sendungen an die Damen machen wird, man muß aber bei der Ankunft auch etwas vorzeigen können.

Eine Klaffe von Jägern habe ich noch nicht erwähnt, die theoretischen Jäger, mit denen es seine eigene Bewandtniß hat. Der Theorieenidger thut dem Wild nichts zu Zeide; denn er jagt niemals; er hat indesen ehemals gejagt und nimmt sich fest vor, einst wieder zu jagen, überdies spricht er täglich davon. Was er auch sey, Arzt, Advokat, Notar, Senjal, Auctions Koras miffarius, so zieht er du Fouillour dem Hippokrates, Salnove dem Barthole, 'Vanville dem Barême vor. Gerathet Ihr auf das Kapitel von Feuerwaffen, so wird er euch alle Systeme auss einanderseßen; jedes Jahr, wenn neue Verbesserungen aufkommen, wünscht er sich Glück, noch keine Flinte gekauft zu haben. Er wird Euch mit dem Kalender Datum angeben, wann der Wachtels, wilde Enten und Schnepfenzug beginnt, und gelingt es Euch, eines dieser Thiere vor dem festgefesten Termin zu tödten, so behaltet das Geheimniß bei Euch und verursacht ihm keinen empfindlichen Verdruß. Wollt Ihr ihn von seiner starten Seite kennen lernen, so merket, es ist die Gesezgebung, und zwar speziell, der Theil, welcher sich mit Vorschlägen zur Verhütung des Wilde schadens beschäftigt; hier hat er immer einige Dußend derselben in der Tasche, darum send auf Eurer Hut; wenn er auf diejes Kapitel kommt, dann wird er erbarmungsles über Eure Geduld herfallen und sein ganzes Repertorium voriesen. Ich wurde einst so überfallen, ich, der ich dieses schreibe, aber nachdem er feine erste Ladung glücklich abgefeuert hatte, unterbrach ich meinen Mann:,,Alle Jäger sind eifersüchtig", sagte ich zu ihm,,,das Stück Wild, das sie nicht erlegen, ist ein Raub, den man an Ihnen begeht; schlagen Sie ihnen daher folgendes Gesez vor, und Sie werden es mit Freuden votirt sehen. Es lautet: Erster und einziger Artikel: Die Jagd ist Jedermann vers boten, außer...... (die Lücke beliebe jeter Gesesgeber mit seinem Namen auszufüllen.)“ Elzéar Blaze.

China

Canton im Jahre 1838.

VIII. Das Opiumhaus und die Neuvermählten. Der leßte Tag meines Aufenthaltes in Canton sollte noch reich an Erlebnissen werden. Ein Britisher Freund lud mich ein, mit ihm nach einem Opiumhause zu geben, und ich nahm diese Einladung um so lieber an, als es schon lange mein leb hafter Wunsch gewesen war, die Wirkungen dieses verderblichen Genusses; wenigstens an Anderen zu beobachten. Wir traten in einen gewöhnlichen Laden, wo allerlei Waaren von geringem Werthe zur Schau lagen, damit die Wächjamkeit der Polizei ges tduscht würde. Mein Gefährte sagte dem Hüter des Ladens einige halblaute Worte, und dieser geleitete uns zu einer verschlossenen Thür, die auf fein Geheik wie von unsichtbaren Händen geöffnet wurde. Wir fliegen cine Treppe hinan und befanden uns in einem geräumigen Saal, mit einem Alkoven im Hintergrunde, ben feidene Umbange verbüllten. Man zog die Umhänge weg; eine Art Feldbett, auf welchem eine Mairage und eine Decke aus kostbarem Stoffe lagen, füllte den ganzen Alfoven, und einige reich gelleidete Chinesische Herren thaten sich auf den weichen Polstern gütlich. Ihr rothes gedunsenes Gesicht und ihre ges schwollenen Augen verkündeten mir gleich, daß fie in der Kunst, Opium zu rauchen, keine Neulinge waren. JH nahm Plazß an der Seite des Einen; man stellte ein Kitchen zwischen uns und brachte uns dann Pfeifen aus sehr seinem Bambusrohr, von zwei Fuß Lange; deren Mundstücke von Elfenbein waren. Ungefähr fechs Bell über dem unteren Ende steckte ein kleines, gegen die Basis hin sich erweiterndes Köhrchen in dem Haupirohre. An unsere Seite stellte man einen lieblich duftenden angesündeten Wachsstock, darauf langte mein Nachbar eine fieine filberne Dose! und eine Art Fingerhut von Gold aus dem Käßchen heraus. Die Doje enthielt præpariries Opium; der Chinese that Etwas davon in den Fingerbut, reichte mir eine der Pfeifen und lud mich ein, feinem Beispiele zu folgen. Ich mußte ihm durch Zeichen zu vers fiehen geben, daß ich ein großer Ignorant fey und seines gütigen Unterrichts bedürfie. Das ernsthafte rothe_Gesicht des Chinesen blieb unempfindäch; er nahm ein wenig Opium von der Dicke einer Erose, knetere es ein Weilchen zwischen den Fingern und

legte es in die Deffnung des kleinen Tubus. Darauf freckie er sich seiner Länge nach auf dem Sofa aus und hielt die Flamme des Wachsstocks an das Opium. Das Kügelchen erweiterte sich zuerst, verläugerie sich dann, nahm allerlei Formen an und jog sich wieder zusammen. Sobald es seine erste Gestalt und Größe svieder erhalten hatte, steckte der Raucher das elfenbeinerne Munds stack in den Mund, hielt den kleinen Tubus von neuem an die Flamme und sog dreimal in gierigen Zügen den Dampf eing feine Augen schlossen sich, und er blieb mehrere Minuten lang in füßer Extase liegen. Jest war die Reihe an mich gekommen. Ich empfing die wohl präparirte Pfeife aus den Händen meines Nachbarn, legte meinen Kopf auf das Kissen, enigündete mein Opium und that vorschriftmäßig dieselben Züge; aber meine Augen wollten sich nicht schließen, ich verspürte teine Extase und überhaupt keine Art von Aufregung. Wir füllten und leerten um die Reihe vier bis fünf solcher Pfeifen, und mein Chinesischer Nachbar wurde allmalig bis in den siebenten Himmel verzückt; vor seinen halb geöffneten Augen mußten die lieblichsten Visionen vorübergehen, denn auf dem ganzen Gesichte malte fich eine felige`, Befriedigung, die keine Sprache wiedergiebt. Ich für meinen Theil erhob mich von unserem Lager, fast ungehalten darüber, daß immer noch gar keine Veränderung in mir vorgehen wollte; keine Ahnung des Paradieses der Optumraucher rear mir beschies den. Vermuthlich wirkt dieser Genuß nur bei dem recht lebhaft, der feinen Nerven schon viel geboten hat.

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bei uns am Morgen der Aichers Mittwoch sieht. Dann kamen Leute, die Ketten und Peitschen trugen, und hinter ihnen eine Anzahl beruener Offiziere, unter denen man die Tataren an ihrem wilderen, mastialischeren Gesichte und an den langen Schnauzbärten erkannte. Einer dieser Eisenfreffer benußte die Gelegenheit, als der Zug wegen des Gedränges in einiges Stocken, gerathen war, um uns Europder mit einem Auge anzuftieren, in welchem Neugier und Verachtung auf sonderbare Weise sich mischten. Als er bemerkte, daß wir seinen Blicken ohne Scheu begegneren und unser Auge nicht niederschlagen, zuckte ein Bug des Zornes auf feiner Sürn. Den Oräzieren folgten in Palans lin's viele Civils Beamie, deren Begleiter von Zeit zu Zeit ihre Gong's dröhnen ließen. Endlich kam der blutroth gekleidete Nachrichter init seinem breiten Schwerte, dessen Scheide ebens falls blutroth war, und hinter ihm der Delinquent, den aber lein Priester, kein gönlicher noch menschlicher Troft auf dem legien schrecklichen Gange begleitete. Eine andere Abtheilung Soldaten schloß den Zug.

Die musterhafte Strenge der Chinesischen Polizei wurde mir am heutigen Tage sehr anschaulich; ja, sie wäre mir beinahe fühlbar geworden. Zahlreiche mit Peitschen oder langen Bams basstäben bewaffnete Sbirren züchtigten jeden Verwegenen, der inmitten des Zuges quer über die Straße laufen wollte. Die Richtstätte ist ein kleiner freier Play, an dessen Gränzmauer eine Maschine steht, die sich ungefähr wie ein Kleiderschrank ohne Thüren ausnahm. Auf diesem blutigen Gestelle waren mehrere erst fürzlich abgehauene Köpfe zu schauen. In einiger Entfers nung gegenüber faßen die Richter an einem Tuche und schrieben, während das Militair hinter dem Tribunale fich in Reihe und Glied Fellte. Der Delinquent, dessen Zustand an Bewußilofigs feit zu grangen schien, mußte, nachdem der Henker seinen Zopf auf dem Haupte festgebunden hatte, vor dem gráßlichen Schaus gerüste niederknieen. Dann lehrte sich der roche Mann mit ges zogenem Schwerte gegen das Tribunal, und gleichzeitig dröhnte ein Gong, das mir noch, wie eine Todtenglocke, im Ohre nacs fummt. Einer der Richter stieß mit dem Fuße seinen Schreibs

terliche Schwert bligte in der Luft, und im nächsten Augenblic rollte der Kopf des Verurtheilten zu den Füßen des Henters. Wir kehrien schweigend und tief bewegt nach den Faktoreien zurück.

Mannigfaltiges.

Wenige Stunden nach meinem Besuch im Opiumhause sollte ich Unwürdiger die Ehre haben, einer neu vermählten jungen Chinesin aufwarten zu dürfen. Sie war die Gattin eines Lins guiften oder Dolmetschers, der einem Englischen Kaufmann fo große Verbindlichkeiten hatte, daß er ihm die Bitte, ihn seiner jungen Frau vorzustellen, nicht abschlagen zu dürfen glaubte. Herr *** fud mich ein, ihn zu begleiten, und wir erreichten bald die Wohnung des Linguisten, der uns im Vorzimmer einstweiten Play nehmen ließ und dann nach den inneren Gemächern sich begab. Die junge Frau muß ihm viele Bedenken entgegengesetzt haben; denn wir blieben so lange allein, daß wir die ganze Auss Raffirung des Zimmers bis in ihre winzigsten Details gemächlichtisch um, welcher Alt das Signal der Hinrichtung ist; das fürcs betrachten fonnten. Endlich, nach einer vollen Stunde, kam der Linguist wieder und sagte uns, seine Frau sey eben im Begriffe, zu erscheinen. Fast in demselben Augenblick rat wirklich ein junges Weib, auf zwei Dienerinnen gestüßt, ins Zimmer. Sie that einige Schritte vorwärts, beantwortete unsere Verbeugungen mit einem leichten Kopfnicken, fah uns einen Augenblick von der Seite an, ohne die Augen zu erheben, drehte sich dann auf ihren kleinen Füßchen wieder um und entfernte sich, wie sie gekom: men war. Man wird ohne Mühe begreifen, wie sehr ich mich getäuscht fühlte; ich hatte etwas ganz Anderes erwartet, hatte auf das Vergnügen gerechnet, mit einer Chineflichen Dame konvers firen, über ihr Benehmen und ihren Geist urtheilen zu können. Alles vergebens. Nur so viel blieb mir in der Erinnerung, daß fie jung und vielleicht hübsch war — ich sage, vielleicht denn ich bemerkte in ihrem Gesicht dieselbe Maske von Schminke, die mich schon an den Blumenmädchen unangenehm überrascht hatte. Ihr Kopfput schimmerte von Goldblech; ihre Hand schien mir, alabasterweiß und ungemein schön geformi; ihre Finger, dercu Nagel übrigens eine bedeutende Lange hatten, waren mit Juwes len geschmückt. Eine Postbar gestickte violente Tunika, die etwas über das Knie herabfiel, zeichnete die anmuthigen Umrisse ihrer feinen Gestalt, und unter den bauschigen Beinkleidern à la Turque blickten kleine rothe Puppenschuhe hervor, worin die verstämmels ten Füßchen steckten. Ihr wankender unsicherer Gang erregte mein inniges Bedauern; fie würde ohne den Beistand ihrer Dies nerinnen wohl zwanzig Mal gefallen seyn. Wie sehr muß diefer abscheuliche Zwang, dem die Frauen von Kindheit an sich unters werfen müssen, auf ihrer Einbildungskraft lasten und den Kreis ihrer Ideen einschränken! Freilich in auch ein Chinesischer Ches herr dessen gewiß, daß er seine Frau immer zu Hause findet; und fdmmt er des Abends, von Geschäften ermüdet oder mit fors genvollem Kopfe nach Hause, so braucht er nicht zu befürchten, baß seine Gefährtin ihm dringend anliegen werde, fie auf die Promenade oder nach Bällen und Konzerten zu bringen. Aber welchen Trost, welchen Reiz kann ihm die erstickte Seele des armen Weibes gemshren? In einem so traurigen Haushalt giebt es feine einigen Ergüffe des Herzens, kein zärtliches gegenseitiges Vertrauen; der Mann bleibt ein Fremdling an seinem eigenen Heerde.

IX. Eine Hinrichtung.

Einer traurigen Scene follte ich an diesem Tage noch beis wohnen es war dies die Hinrichtung eines Schleichhändlers, bei welchem die Polizei einige Opium:Pillen entdeckt hatte. Auf dem Wege zum Richtplage, der im Osten von Canton liegt, Ponnte ich nicht ohne Schauder daran denken, daß ich selbst vor wenigen Stunden Opium geraucht. Das Voll schien mit solchen Schauspielen vertraut; es benahm sich aber dabei viel ernster und würdiger, als der Janhagel Europäis& ir Hauptstädte bei ahnlichen Gelegenheiten. Hinrichtungen in China find immer mit großem Pompe verbunden: eine Compagnie von Pikenmännern, deren Hüte dem berüchtigten Helm des Mambrin glichen, ers dffneten den Zug; ihre mit rothen Bandstreifen besezte Kleidung gab ihnen einige Aehnlichkeit mit den Masken Truppe, die maň

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Ungarn, feßt das Land der Touristen. Miß Julla Pardoe, die Verfafferin einer mit Beifall aufgenommenen Dars ftellung von Konstantinopel, so wie der,,Erzählungen des Harems", befindet sich jest in Ungarn, das sie von allen Seiten kennen au lernen sucht, um sodann nach den Notizen, die fie forgfältig in ihre Tagebücher einträgt, eine möglichst treue Schilderung dieses eigenthümlichen Landes herauszugeben. Ungarn wird demnach im bevorstehenden Jahre ein besonders viel ausgebeuteter Stoff der literarischen Reisebeschreibung seyn. Denn auch der Fürst Puckler hat sich bekanntlich langere Zeit in Perth und in anderen Theilen des Landes aufgehalten und wird uns unstreitig die Ber obachtungen mittheilen, die er in den Paldsten und Burgen der edeln und gaftfreien Magyaren gesammelt. Mik Pardoe ist nicht minder, sowohl bei den Magnaten und Deputirten des Reichss tages in Preßburg, als bet dem Adel in Pesch und Ofen und bei den Bergwerks Beßißern in Kremniß und Schemniz, mit großer Zuvorkommenheit und Gastfreundschaft aufgenommen wor den. Die Ungarn scheinen außerordentlichen Respekt vor berühm ten Schriftstellern zu haben, besonders wenn diese die Abscht verrathen, ihre Beobachtungen drucken zu lassen. Der Miß Pardoe zu Ehren ward im Palaste des Pråjes der Ungarischen gelehrten Gesellschaft in Pesth ein glänzendes Fest gegeben, an deffen Epige die Grafin Laszló von Telefy stand. Herr Peter Vajda, ein bes fannier Magnarischer Schriftsteller, war so aufmerljam, während Mis Pardoe fich im Lande aufhielt, in mehreren Ungarischen Blättern Ueberseßungen aus ihren früber erschienenen Berken mitzutheilen.

Das Jahr 40. In Frankreich giebt es eine Redensart: Je m'en moque comme de l'an quarante (Das ist mir eben so ldaperlich, wie das Jahr Vierzig). Diese Redensart foll aus dem vorigen Jahrhundert herstammen. Man hatte nämlich von dem Jahre 1740 prophezeit, daß es sehr unheilbringend für die Regie rung Ludwig's XV. seyn würde. Um nun ihren linglauben an diese Prophezeiung darzuthun, hatten es fich die Freigeister am Hofe Ludwig's XV. fchon im Jahre 1739 angewöhne, bei jeder passenden Gelegenheit zu sagen:,,Je m'en moque, comme de l'an quarante." Gleichwohl blieb die Vorhersagung im Schwunge, und diese erweiterte sich im Volke bald dahin, daß im Jahre 1740 die Welt untergehen würde. Aber weder der Weltuntergang noch sonst irgend ein bedeutendes Ereignis in Frankreich war einges treien, als die erste Stunde des Jahres 1741 schlug, und num stimmten nicht bloß die Syötter, sondern auch die Leichtgläubigen in jenen Ausruf ein, der bis zum heutigen Tage sich erhalten hat.

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Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohüdbl. Poft - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Dienstag den 24. Dezember

Aegypten.

Mehmed Ali und Aegypten.

Einleitung.

Wenn Franzosen und Engländer den Charakter Mehmed Ali's schildern, sind ihre dabei einwirkenden Vorurtheile und Partei lichkeiten verschieden von der Vorliebe und den Parteilichkeiten Deutscher Schriftsteller über den merkwürdigen Mann. Die Deutschen Vorurtheile haben ihren Sih in der vorherrschenden Ansicht von der Civilisation des Landes und von der Seelengröße oder Seelenkleinheit des Beherrschers; der Deutsche fragt sich, ist das Herrscher: System des gewaltigen Pascha's wohlthätig, gewahrt es eine Abhülfe für den tiefgesunkenen Zustand der Asiatischen Völkerschaften, trägt es die Saaten einer fruchtbaren Bukunft in seinem Schooße, wenn auch der stumpfe Sinn lang jähriger Knechtschaft für jeßt noch den Wohlthaten Europäischer Kultur unzuganglich bleibt, oder wirkten voreilige, mit dem Geist der Araber und Türken nicht übereinstimmende Einrichtungen und Anstalten hemmend oder zerstörend? Beim Französischen Publis siften hingegen, und noch mehr beim Englischen, ist zwar die Stimme fosmopolitischer Betrachtung nicht ganz unterdrückt, aber fie kann nicht vor der Stimme des persönlichen und Landesnugens zu Worte kommen. Der Engländer fragt, wie viel können wir durch die Regierungs- Maßregeln des Pascha's in und auf dem Wege durch Aegypten gewinnen? Der Franzose dagegen fragt, wie weit kann ich die Handels- Vortheile des Nebenbuhlers bei Freund Mehmed Ali schmdlern, und wie viel kann ich an mich reißen? Als Freund betrachtet Frankreich den Pascha längst ichon aus mehreren Gründen. Seit seiner Festseßung in Nord-Afrika pflegt es die freundnachbarlichen Rücksichten des Aegypters, wei! der alte Wunsch Napoleon's, daß das Mittelländische Meer nur ein Sinnenfee von Frankreich fen, noch stark in der Gallischen Politik spukt und Mehmed Ali's Herrschaft, über einen Theil der Küfte den verhaßten Eindringling vom Oceane her auch gern von Malta und den Jonischen Inseln verjagen möchte. Außerdem bes trachten die Franzosen die jeßigen Einrichtungen Aegyptens als ihre Schöpfung, da in der That der von Napoleon_ausgestreute, von den Engländern zum Theil wieder zertretene Saame unter des Pascha's Wartung zur Frucht wurde. Die Engländer auf der anderen Seite betrachten Mehmed Ali dls den Drachen, der fich auf dem Wege zu den Schagen Indiens lagert, als den Riesen, der mit der einen Hand das Rothe Meer bedeckt und die andere jeit der Schlacht von Nisibis sagar nach dem Schwarzen ausstreckt; der nicht nur den Kaffee von Mokka, den Weihrauch, den Balsam des glücklichen Arabiens jelbst drndtet und selbst an das fonfumirende Publikum verkauft, sondern auch seine Länder durch Gewerbfleiß von der Nothwendigkeit emanzipirt, unter welcher fie bisher ihre Bedürfnisse an Manufakturen von den Werkstätten Englands nahmen. Daher der Groll der Englischen Politik und der einzelnen Kaufleute, daher die ewigen Lamen tationen über Bedrückung des Pafcha's, über unerhörten Despotens Grduel gegen das Volk, über das Elend des leßteren und über die Zerbrechlichkeit des Staatsgebäudes, welches der heillose Usur pator aufgeführt hat. Wir sind weit entfernt, zu verkennen, daß der Vice König seine Fellahs und noch mehr die armen Neger in Sennaar und Kordofan feinesweges im Seifte Europäischer Milde oder einer christlichen Gesinnung regiert; aber welcher Billige wird den eigenen Maßstab an einen total anderen und fremden Zustand legen? Wir erkennen vielmehr die Geisteskraft Mehmed Ali's in den Aeußerungen seiner Tadler, wie in denen seiner vielen und zum Theil hochgestellten Lobredner. Die Ans erkennung seiner Vorzüge inmitten eines Stromes von Vorwürfen und Tadel ist sogar, wegen ihrer Unwillkürlichkeit, glaubwürdiger, als die mit Absicht gehduften Lobeserhebungen. Der folgende, dem United Service Journal entlehnte Artikel cines Englanders, der lange in Aegypten gelebt, hat diese Eigenschaft; er wird dem Leser, dem unbefangenen gewiß, troß der Klagen gegen den mächtigen Pafcha, auch Verehrung für ihn abzwingen; deshalb, und weil er in merkantiler und kameralistischer Hinsicht neue Aufschlüsse giebt, glauben wir, unseren Lejern durch die Uebers tragung einen Dienst zu leisten.

1839.

,,Der Pascha von Aegypten ist ohne Zweifel ein großer Mann; er ist über die Vorurtheile seines Bolles erhaben; er sieht und hört mit offenen Aagen und offenen Ohren. ́ Die Bes weggrunde, durch welche alle seine Handlungen geleitet wers den, sind Ehrgeiz und Habsucht; doch die leßtere Leidenschaft dient gewöhnlich der ersteren. Obgleich er kein Mann von ents schiedenem Herrschertalent oder von schöpferischem Genie ist, so ist er doch schlau und flug, faßt außerordentlich schnell die Pläne und Ansichten Anderer auf und weiß ihren realen Werth zu schäßen. Er ist immer fest und entschlossen in seinem Vors haben, begierig, seine Macht zu erweitern und sich von den Fesseln des Vasallenstandes zu befreien. Er hat von Natur keine Liebe får Europder; im Gegentheil, er besigt viel von der Antipathie eines gewöhnlichen Türken gegen fie; doch in Augenblicken der Gefahr von ihm angestellt, erkannte er bald ihre Brauchbarkeit und ihre unendliche Ueberlegenheit über sein Volk; fie find ihm jetzt zu seiner Existenz als Souverain nothwendig geworden. Fakt jeder Plan zur Erhaltung und Erweiterung seiner Macht, jeder Entwurf zur Vermehrung seiner Einkünfte durch Kultur und Fas briken ist von Europäern, mit denen er in Verkehr und Verbins dung steht, ausgegangen. Leicht zugänglich und von einer faft findischen Neugierde, hört er bereitwillig die Einflüßterungen eines Jeden an; und wo leine Gegeneinflüsse ihn umgeben, fällt er oft als Opfer seiner eigenen Habjucht. Bloß von Eigennuß geleitet und ganalich unbefümmert um die Interessen Anderer, sest er voraus, daß alle Menschen von ähnlichen Beweggrunden bes herrscht werden; und deshalb zeigt er sich, vielleicht mit wenigen Ausnahmen, undankbar gegen seine geschickteften Europdifcben Diener, welche, wenn sie auch die Neigung dazu hditen, doch weder Mittel noch Gelegenheit haben, sich auf die von den Eins geborenen angewandte Weise zu bereichern. Viele von den Euros pdern entworfene und unter ihrer Leitung ausgeführte Pläne find gut und werden ohne Zweifel sehr heilsam senn, aber nur wenige werden mit gehöriger Kraft und Klugheit durchgefeßt. Es giebt in Aegypten Gießereien, in welchen kriegerische Werkzeuge von der schlechtesten Beschaffenheit fabrizirt werden; eine Münze, welche das werthlofeste Geld von der Welt pragt: Kleiderfabriken, deren Fabrikate bloß aus Zwang von den Fellahs getragen werden. Aehnliche Mängel sind in seinen Indigo Pflanzungen und Zucker Raffinerieen sichtbar. Ungeachtet der Vorschriften Mus hammed's destillirt er Branntwein; und obgleich selbst außerors dentlich máßig in seiner Lebensweise, wünscht er doch nicht, daß seine Beamten und Günftlinge zu Mäßigkeits-Vereinen gehören möchten.

Wenige Europder im Dienste des Paschas werden im Ver hältniß zu ihren Lebensbedürfnissen bezahlt. Zwar find die ges wöhnlichen Lebensbedürfnisse außerordentlich wohlfeil; aber die Lebensweise der Türkischen und Aegyptischen Beamten ist sehr Postspielig, und der Aufwand steigert sich mit dem Range in weit größeren Verhältniffen, als die Erhöhung des Gehaltes erlauben will. Kaffee und Taback, Båder und Tanzerinnen, Sllaven und Diener, Wiechszins und Gaftmähler zehren das größte Einkommen auf; und ich glaube nicht, daß ein einziges Beispiel angeführt werden kann, daß ein Europäischer befoldeter Diener des Paschas fich aus seinem Dienste mit einem nur måßigen Ersparniß zurücks gezogen hatte. Viele geschickte Handwerker Englands sind durch scheinbar sehr liberale Anerbietungen verlockt worden, ihre heimaths lichen Geschäfte aufzugeben, um die Pläne des Paschas zu leiten und auszuführen; aber sie haben, zu ihrem Schaden, die Wahrs heit des alten Sprüchworts, daß,,nicht Alles Gold ist, was glänzi", bald erkannt. Der Pascha ist ein schlechter Zahler; und wenn das Geid durch die Hände der Unterbeamten gehen muß, so wird sein Werth in Aegypten sehr heruntergefeßt.

Die Aegypter feufsen unter dem eisernen Joche ihres Zucht meisters, welcher, gleich feinen mächtigeren Vorgängern, - den alten Pharaonen, - im Allgemeinen der Herr des Bodens, des Lebens und des Eigenthums seiner Unterthanen ist. Es ist jẩm: merlich, mit anzusehen, wie die armseligen Gruppen von Männern, Weibern und Kindern, die zu öffentlichen Bauten verwendet wer den, mit der Peitsche zur Arbeit angetrieben und durch eine sons derbare Verkehrtheit von Vernunft und Humanitdt gezwungen werden, bei der Arbeit zu fingen und den Schein von Zufriedens heit anzunehmen. Es ist eine faum glaubliche, aber unleagbare Thatsache, daß der Gesang der Fellahs ihre Arbeit affompagniren

mus; wo nicht, so wird die Peitsche angewandt. Allerdings haben durch die weisen Rathschlage philanthropischer Europder die unglücklichen Einwohner seit kurzem einige Verbesserung ihres Zustandes erfahren, und in verschiedenen wichtigen Punkten ist ihnen eine Erleichterung zugesichert worden: so hat der Pascha, durch große Gnade, dem Bauer erlaubt, steuerfrei sein Korn auf den Markt zu bringen, es nach einem beliebigen Preise zu vers kaufen, feine eigenen Kleider zu machen, fein eigenes Vieh zu schlachten, sein Geflügel, seine Eier u. f. w. zu verkaufen. Diese Konzeffionen können ihm zu einiger Popularität verhelfen; doch ich zweifle jehr, ob er sich je die Achtung oder das Vertrauen feines Volles erwerben wird.

In Mehmed Ali fteckt viel von einem philosophischen Staats: manne und zugleich von einem Despoten; so hat er, mit Aus: nahme außerordentlicher Fälle, in Aegypten die Todesstrafe abges schafft und an ihre Stelle lebenslängliche Zwangsarbeit gefeßt; doch der fanfte und fast weibische Charakter der Aegypter, welche nie als Mörder und selten als verwegene Verbrecher bekannt sind, machte die Todesstrafe immer unnöthig.

Eines der erfreulichsten Resultate der Regierung des Pascha's ist die Veränderung, welche in dem Betragen der Einwohner dieses einst unzugänglichen Landes gegen Fremde und besonders gegen Englander stattgefunden hat. Wir können jest mit eben so vieler Sicherheit, wie in jedem anderen Lande Europa's, allein durch die Dörfer und Ebenen wandern, oder die Gebirge erklims men: Achtung und Bewunderung begleiten unsere Schritte, und wenn das hungrige Landvoll nach Burisch schreit, so muß man es ertragen und dabei eingedenk seyn, daß es jämmerlich arm ist, und daß seine Armuth nicht aus Trägheit, sondern durch die kurz fichtige Polink seines Herrschers entstanden ist.

(Fortseßung folgt.)

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Frankreich.

Einige Tage im südlichen Frankreich.
III. Toulon.
(Schluß.)

Der Lieutenant, welcher uns an der Treppe des,,Montebello" empfing, hatte zufällig die Dame, welche ich hierher führte, auf einem Ball Pennen gelernt und hielt es daher für seine Pflicht, hier die Honneurs als Wirth zu machen; er zeigte sich also in seinem vollen Glanze als Franzose und als Seemann. Um meinem Berichte eine lokale Färbung zu geben, mißte ich Eugen Sue's Wörterbuch plündern, der seinerseits wieder aus Cooper entlehnte; da wir aber Beide, Du, verehrter Leser, und ich, Bes wohner des festen Landes find, so gestatte mir, in unserer Sprache zu reden. Schon von außen gesehen bot das Schiff einen mách; tigen Anblick dar; bei Betrachtung aller der Feuerschlünde, mit welchem es überfået ist, wenngleich fie angekettet und verschlossen find, schauder: einem doch die Haut eben so, als wenn man durch die Eisenstäbe blickt, hinter denen die Löwen und Tieger einer Menagerie liegen. Nichts aber gleicht der Verwunderung, die uns ergreift, wenn wir nun das Schiff selbst besteigen. Stellt Euch einen ungeheuren Saal vor, mit einer langen Reihe jener schrecklichen Musikanten von blizender Schwärze eingefaßt, die Jum Todestanze aufspielen follen. Zweihundert Freunde dieses Lanzes verzehrten ihr Mittagsmahl zwischen den Stückpforten und aßen nicht Schiffszwieback, sondern frisches Brod, Kartoffeln und gutes Fleisch, das sie mit einem Glase vortrefflichen Weins hinunterspülten, denn als Erfaß für alle Entbehrungen, welche den Seeleuten bevorstehn, werden diese besser als die Land-Truppen belöftigt. Seitdem das Holz auf den Schiffen durch die Steins Pohle ersetzt wird, die weniger Raum einnimmt, können größere Vorräthe an Mehl untergebracht werden, und seitdem hat sich auch die Schiffskost verbessert. Während die Mannschaft ihre Mahlzeit zu sich nahm, besuchten wir die verschiedenen Stockwerke dieser Welt im Kleinen. Doppelte, überaus zierliche und saubere Treppen führten von einem ins andere. Wir waren über die bewundernswürdige Ordnung ganz erstaunt, welche in dieser Unmasse von Gegenständen herrscht, die zur Ausrüstung eines Schiffes nöthig find. Für jede Sache ist ein überschriebener Plas bestimmt, und jedes Ding befindet sich auch an seinem Orte, wos durch die Schönheit und die durchaus nothwendige Ersparniß an Zeit und Raum befördert wird. In dem Stockwerk über dem unteren Schiffsraum befinden sich die Gemscher der Offiziere, ein numerirter Verschlag, worin die Kleidungsstücke und die ganze kleine Habe der Matrosen aufbewahrt wird, und das Ar fenal oder das allgemeine Magazin, in welchem die Waffen, die Taue, die Segel, das Eisenwerk und die Vorrdthe aller Art vers wahrt werden, und das an Reichthum den schönsten Bazar, in ziers licher Anordnung das systematischste Museum übertrifft. Dann bes Bichtigten wir noch das Krankenzimmer und den Schlaffaal, in wels dem zwölfhundert Hängematten dicht neben einander an den Balken der Decke aufgehängt und frühmorgens wieder abgenommen werden; dann die Küche und den Eksaal, dessen ich schon gedachte, und das Zimmer des Befehlshabers, welches sehr bequem, und das des Admirals, welches ganz besonders prachtig eingerichtet ist, und zuleßt den Oberlauf, das oberste Verdeck. Für diejenigen, welche in dieser Beziehung so unbewandert sind wie ich, füge ich noch hinzu, daß die drei Decke jeßt mit Perkussions Kanonen bes waffnet sind, welche sicherer und in einer Minute sechsmal feuern.

auf einmal losdonnern! Der Lieutenannt versicherte uns, daß er bei einem nur etwas heißen Kampfe die größte Mühe hatte, den Leuten die Befehle des Kommandanten verständlich zu machen, wenngleich er sie ihnen mit dem Sprachrohre in die Ohren schriee. Wir hatten das Glück, Zeugen eines Mandvers zu seyn, das etwas fehr Seltenes auf einem nicht ausgerüsteten Kriegsschiffe ift, welches statt feiner vollständigen Bemannnung von 11 – 1200 Mann jest nur ungefähr noch 200 zahlte; denn auf der Rhede liegt Alles im Schlafe, Regsamkeit, Mannszucht und Sauberkeit; doch ist dies nur ein leichter Schlummer, den das erste Signal vers scheucht. Dieses Signal wurde gegeben, und sogleich ertönte ein dumpfes Gesumme in der Liefe dieses Bienenstocks, aus allen Deffnungen drängten sich Menschenschwärme auf das Vers deck und stellten sich sogleich jeder an seinem Posten auf. Auf den größten Edrm folgte die tiefste Stille; dann ertönten Signale, die mit dem Gesange einer Nachtigall Aehnlichkeit hatten, und fogleich waren die Leitern, die Masten, die Stangen und das Takelwerk mit Matrosen bedeckt, die sich so leicht darauf bewegs ten, wie der Vogel auf dem Zweige, und gleichzeitig eine und dieselbe Bewegung ausführten. Die Raaen waren buchstäblich ganz in Menschen eingehüllt, die dicht an einander gedrängt wie Lerchen am Bratspieß hingen, hier die Köpfe, dort die Füße nach unten gekehrt; so suchten sie in dem Raume unter ihnen die schweren Segel, um sie zusammenzuziehen und aufzubinden. Mit derselben Ordnung stiegen fie dann hinunter, und Alles vers schwand wie eine Vision. Wir hatten, ohne es zu bemerken, zwei Stunden auf dem Schiffe zugebracht, und ich kann es nicht verlassen, ohne der einfachen und würdigen Art Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, mit welcher der Öffizier uns die Sach lage auseinanderseßte, von den Diensten sprach, zu welchen_fie berufen werden könnten, und uns die Wegnahme des Englischen Piloten vor St. Juan de Ulloa erzählte. Offenbar zürnte die Marine nicht gerade der Jugend Joinville's wegen ihrer furia francese, aber sie erkannte auch an, daß es vollkommen gerecht fen, Genugihuung für eine Beleidigung zu gewähren, für die man ein Gleiches gefordert haben würde.

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Da die Stunde vorüber war, so hatten wir viel Mühe, uns die Erlaubniß zur Besichtigung des Marine Arsenals und des Bagno zu verschaffen; doch man kann Alles, was man will, wenn man es nur recht will. Wir erlangten folglich den Eintritt, faben die in Zellen eingetheilten Diligencen ankommen, welche dem Erebus neue Gäste zufährten, berichtigten die Kanonen und Waffen:Depots, die Magazine, welche zur Ausrüstung der Flotte bestimmt waren, die Seilerei, wo Alles, wegen der beständigen Diebstahle, die hier vorfallen, von freien Arbeitern gethan wird. Diese Werkstatt ist von ungeheurer Länge und erinnert an Gestalt und Perspektive an den Themses Tunnel. Wir bewunderten die Ausbesserungs, Baffins, in welche die beschädigten Schiffe durch eine Schleuse hineingebracht werden, worauf man das Wasser durch Dampfmaschinen ausschöpft, bis der verwundete Riese sich nach und nach bis zum Mittelpunkt des Einschlusses hinabsenkt und sich hier auf großen Steinblöcken_niederläßt, die ihn in der Luft erhalten, so daß man von allen Seiten feine Wunden unters fuchen und heilen kann. Im Vorübergehen begrüßten wir den Duquesne" und alle jene alten Seehelden, die einen Theil des Französischen Ruhmes ausmachen, zerfallene Rümpfe, denen nichts als ihr Namen blieb. Fünf große Schiffe waren gerade im Bau begriffen, doch hatte man, wie es hieß, den 120 Kanonen entfagt, weil sie zu schwierig zu mandvriren seyen. Dann bega ben wir uns in den Modell Saal, der die Miniatur: Abbildungen aller Arten von Schiffen und aller einzelnen Theile emhält, die zu ihrem Bau nöthig sind. Mit Entzücken würde ich diesen Saal gemustert haben, wenn ich dazu noch die Kraft gehabt hätte, doch leider waren wir von unserem Morgenspaziergange schon zu ers matter, und eine lange Besichtigung verlangte ungeschwächte Geistes und Körperkraft. Uebrigens war unser Führer auch ein unwissender Schwäßer, der, des Trinkgeldes wegen, weit mehr über Alles schwagte, als er davon verstand. Die moralische Abs spannung, die er mir verursachte, war noch größer als meine Pörperliche, und so sehnte ich mich nur immer nach dem Augens blick, wo ich Alles gesehen haben würde; daher betrachtete ich auch Alles nur halb, weil mir der Egoismus der Ermüdung alles Imtereffe, ja selbst alles Mitleid raubte. In der Nähe ger sehen sind diese Galeerensklaven überhaupt weniger beklagenss werth, als man glaubt. Allerdings ist es wahr, daß die Neubins zukommenden kein Fleisch erhalten, daß sie an einer Kette auf einem unermeßlich großen Feldbett ohne Kiffen und Decken in ihrem Anzuge schlafen und mit Ungeziefer bedeckt sind; sobald fie aber nur die leisesten Zeichen von gutem Willen geben, werden fie unter die,,Erprobten" eingereiht, welche auf Matrazen schlas fen, beffer ernährt werden, von der gemeinsamen Kette befreit ind und nur einen Ring am Fuße tragen. Von da an genießen fie einer ziemlichen Freiheit, was der Mißörauch, den sie damit treiben, hinreichend beweist; denn troß aller Beaufsichtigung ges lingt es ihnen beständig, zu stehlen und zu entwischen. Einige von ihnen hatten Hunde abgerichtet, die sich in das Bagno eins fchleichen und dann ihren Spießgefellen außerhalb desselben allers hand Dinge zutragen mußten, die sie ihnen im Maule verstecks ten. Man fand kein anderes Mittel, diesem Unfuge zu steuern, als andere Hunde abzürichten, welche diese diebischen Comiffio naire angreifen und sie so zwingen mußten, das Versteckte fallen zu lassen. Sicher ist meinen Lesern die Geschichte von jenem Soufflard bekannt, der die Kapelle des Bagno bestohlen hatte,

jutanten durch das große Thor fich fortbegab: die Trommeln wirbelten, die Garde trat unters Gewehr und erwies alle milis` tairische Ehrenbezeugungen vier oder fünf Galeerensklaven waren es, welche diese Maskerade aufführten und von denen man nie wieder etwas sah. Das einzige ziemlich sichere Schuß mittel gegen folche Täuschungen ist der geübte Blick einiger Wächter, welche das linke Bein aller Hinauskommenden beobachs ten, weil die beständige Last, welche die Galeerensklaven daran tragen, ein fast unmerkliches Hinken verursacht, von dem sie sich schwer wieder entwöhnen. Man ertheilt den erprobten Galeerens sklaven sehr gern die Erlaubniß, für ihre eigene Rechnung zu arbeiten; einige arbeiten allerhand kleine, leicht zu verfertigende Gegenstände, die wieder von anderen zum Verkauf herumgetras gen oder ausgestellt werden, und sie ziehen davon änsehnlichen Vortheil, da so viel Fremde hierher kommen. Andere zeigen Zauberlaternen, Eichläschen und tausend verschiedene mehr oder weniger sinnreiche mechanische Kunstwerke. Eure Börse müßte sich sehr schwer öffnen, wenn Ihr beim Fortgehen noch irgend etwas darin behalten hattet. Meine Gefährtin, klägte über Ermattung; fogleich entfernte fich einer jener Krämer, der an Gestalt und Manieren sich vor allen vortheilhaft auszeichnete, und kam mit einem Feldstuhle zurück, obgleich wir ihm auch nicht das Geringste abgelauft hatten. Ich wollte ihm einen kleinen Beweis meiner Dankbarkeit in die Hand drücken; er erwiederte, obgleich wir ganz allein waren: ,,Nein, mein Herr, ich nehme durchaus nicht das Geringste; ich würde es gern gesehen haben, wenn Sie mir et was abgelauft hätten, dies aber würde mich drücken." Leider war meine Kaffe erschöpft, denn ich hätte mich gern für seine Weigerung entschädigt und noch ein wenig mit ihm mich unters halten, um seine Geschichte zu erfahren, die sehr interessant seyn mußte. Alle Galeerensklaven tragen die Genfer Farben; die Un glücklichen! gelbe Beinkleider und rothe Jacken; die unverbeffers lichen Sträflinge haben zweifarbige Aermel. Die Müße ist roth, und die zum zweitenmal bestraften tragen einen gelben Rand an derfelben; bei den auf Lebenszeit Verurtheilten war er grün, jest aber werden diese nach Brest transportirt, jedoch sah ich noch einen, und zwar einen Vatermörder von höchstens 17 bis 18 Jah; ren. Uebrigens hångt es sehr von den Sträflingen ab, sich ihre Strafzeit nicht nur zu mildern, sondern auch bedeutend abzukür zen. Um ihrer erschreckenden Anhdufung abzuhelfen, werden viele scon_nach zwei oder drei Jahren, ja meist alle vor Ablauf der Strafe begnadigt. Vergebens, fragte ich nach gewissen Dieben, die Aufsehen erregten, und nach jenem Pfarrer Delacollonge, deffen schaudererregende Geschichte wir zur Zeit gelesen hatten; alle waren schon längst freigelassen. Ein erst kürzlich angekommes ner Notar war zum Schreiber und Faktotum des Commissairs ernannt worden, und dieser Posten, der sehr einträglich ist, wird ihm in kurzer Zeit das Recht erwerben, in besserer Lage als früher zurückzukehren. Ich für mein Theil, fühle mich versucht, zu glaus ben, daß diese zu weit getriebene Nachsicht, die eben so verwerflich ist, wie die außerordentliche Strenge, welche derselben voranging, die Rechtspflege entehrt und die Gesellschaft ins Verderben stürzt. Das Einzige, um das man sich gar nicht bekümmert, ist die Seele dieser Unglücklichen, für deren Befferung rein nichts gethan wird, denn sie haben weder Geißtliche, noch Predigten, noch Messen und arbeiten des Sonntags eben so wie an den Wochentagen. Die Abschaffung der Schiffslaplane geht noch allenfalls an, denn so sehr auch diese Maßregel zu beklagen ist, so steht es doch den Matros fen wenigstens frei, das Wort Gottes aufzusuchen, das nicht mehr ju ihnen fömmt; die Galeerensllaven können nur das haben, was man ihnen giebt; nun aber gewährt man ihnen in dieser Hinsicht nichts, sondern es scheint, als wolle man ihnen absichtlich auch das noch nehmen, was sie befizen. Zum Glück scheint ein Morgenroth des Christenthums über dies Land heraufzudammern, und durch den christlichen Geist wird auch unfehlbar ein neues Strafgeset hervorgerufen und in diesem ein gerechtes und mit leidvolles Wohlwollen mit Strenge gepaart werden; denn hierin besteht die wahre Barmherzigkeit, zuerst in Hinsicht auf den Missethäter und dann in Bezug auf die Gesellschaft, welche doch wohl etwas mehr Berücksichtigung und eine größere Sorge für ihre Sicherheit verdient. (Bibl. Univ.)

China.

Canton im Jahre 1838.

X. Ein Chinesisches Diner.

Herr Dent war so gütig gewesen, mir zu einem Chinesischen Diner eine Einladung zu verschaffen; demzufolge hatte ich von dem Hanisten Samekua eine rothe Einladungs-Karte erhalten, mit zierlichen Charakteren darauf, deren Sinn man mir erfidrte. Um sechs Uhr Abends verfügten wir uns nach dem Hause diefes Herrn, der uns mit großer Herzlichkeit willkommen hieß. Sam; Tua ist ein Mann von schöner, einnehmender Gesichtsbildung und sehr feinem Benehmen, der aber, leider! kein Wort Englisch vers steht. Während der halben Stunde, die dem Diner voranging, besah ich mir die Möblirung der verschiedenen Zimmer, in welche wir Zutritt hatten. Eine Veranda oder Galerie mit Aussicht auf den Fluß beherrschte eine große Anzahl Barracken, deren Fundas ment Hafendämme aus Schlamm bildeten, welche die Fluth aweimal täglich wässert. Das Elend. dieses Reviers kontrastirte mit dem lachenden Anblick des Flusses, wo tausend und aber tausend bunte Dschonken der untergehenden Sonne Raketen und

Kanonensalven nachschickten. Die Nachbarschaft unserer Faktos reien hatte das Mobiliar des Herrn Samskua etwas europäisirt; in seinem Studirzimmer sah ich eine Perpendikels Uhr auf dem Tische, und Bücher Gestelle, wie man sie in Frankreich_zimmert. Nur der große und luftige Speisesaal war noch ganz Chinesisch. An der Decke desselben hingen kampen von gummiriem Reiss Papier, die eine sauberische Wirkung hervorbrachten; außerdem enthielt dieser Saal große Schenktische, kostbare Vasen, allerliebste Modelle von Dschonken und zwei oder drei Sofa's.

Ein Cloison aus sehr feinem, mit illuminirten Zeichnungen bedeckten Stoffe trennte den Speisesaal von einem anderen Zims mer; dieser Stoff war so durchscheinend, daß ich ihn von fern für gemaltes Glas angesehen hatte. Auch hier fand ich die Eins richtung eben so kostbar als geschmackvoll. Im Hintergrunde der Galerie war eine Statue des Handelsgottes; rechts und links von dieser Statue entdeckte ich zu meiner nicht geringen Ueberraschung - wird es der Leser wohl glauben? einen Kupferstich, Nas poleon am Simplon, und ein Portrait des Herzogs von Reichstadt! Eine Chinesische Weltkarte, die in demselben Ges mache hing, erregte mein lebhaftes Interesse, denn sie gab mir einen recht anschaulichen Begriff von dem Nationalstolze der Chinesen: fie maß ungefähr zwanzig Quadratfuß; aber wenigs stens neunzehn Zwanzigtheile dieses Raumes absorbirte das Chines fische Reich, dessen berühmter Gelber Fluß (der Riesenstrom hoangsho) schon allein so breit wie eine Hand gezeichnet war. In einem unscheinbaren Winkel gegen Nordwesten lag Rußland, und an diesem Ländchen hingen als Zugaben: England, so groß wie eine Wallnuß; Frankreich und Holland, beide wie Haselnüsse; dann noch einige Staaten von Erbsengröße u. s. r. Welche Des müthigung für uns Europäer! Ich war noch immer mit der Karte beschäftigt, als man mir anzeigte, daß eben aufgetragen fen. Vier reiche Kaufleute von Nanking, die sich so ernst und feierlich wie Muselmẩnner benahmen, hatten unterdeß die Gesells schaft vermehrt; es waren uuferer überhaupt achtzehn Personen, und man vertheilte uns an drei Tische, die in Form eines Dreis ecks standen. Die Tische sowohl als die Sessel, auf denen wir Blag nahmen, waren mit kostbar gestickten Scharlachtüchern übers deckt. Ich für meine Person saß zwischen Sam,lua_und_einem wohlbeleibten Kaufmann aus Nanking, der, wenn ich mich recht erinnere, Kuniung hieß!

Ein Chinesisches Diner erschöpfend beschreiben, wäre eine Aufgabe, die beinahe meine Kräfte überstiege. Here Dent hatte bei unserem gütigen Wirthe als eine Gunst sich ausgebeten, daß 'die Mahlzeit ganz à la Chinoise ware, ohne die geringste Beis mischung Europäischer Köche, und Herr Samskua hatte Wort gehalten. Das ganze Diner zählte wenigsteus 50 Gedecke; von denen freilich jedes nur Eine Schüssel bildete. Das Couvert eines jeden Gastes bestand aus einem kleinen filbernen Teller, einer Tasse von demselben Metall, die als Glas diente, zwei Pleinen elfenbeinernen Stäbchen, und einer Art Löffel von sehr dickem Porzellan. Zuerst wurde ein dünnes Fricassé oder eine dicke Suppe von Schwalbennestern aufgetragen, welches Gericht unsere Chinesischen Mitgäste wunderbar schnell aufsehrten, wäh rend wir große Noth hatten, um nur unserer Stäbchen Meister zu bleiben. Man hält beide in der rechten Hand, das eine zwis schen dem Daumen und Zeigefinger, das andere zwischen Mittelund Ringfinger, so daß ein Dreieck entsteht, deffen Spiße sich öffnet. Die ernste beinahe finstere Miene unserer Chinesen erheiterte sich sehr, als sie bemerkten, wie sauer es uns wurde, ihrem Beis spiel zu folgen; aber fie ließen es dabei nicht bewenden, sondern gaben uns mit feltener Geduld so lange Anleitung, bis Jeder feine Stäbchen leidlich manipuliren konnte. Alle Gäste fanden die Schwalbennester delikat; sie sind eine in China sehr gesuchte Speise; auch wurden wir fünf oder sechs Mal, versteht sich in schicklichen Intervallen und unter verschiedenen Formen, damit bewirthet. Tauben: Eier, ganz in Lammbrühe gekocht, folgten den Schwalben, Nestern, und Jeder versicherte, nie etwas so Leckes res verzehrt zu haben. Dann kamen die HundesCotelette's, eine Speise, zu deren Genuß ich unter keiner Bedingung mich ents schließen konnte, obschon ich wußte, daß es an einer Chinesischen Tafel für sehr unhöflich gilt, ein Gericht auszuschlagen. Nach den Hundes Cotelette's bewirthete man uns mit Haifisch‹ Floffen, die ungefähr wie Seekrebse (Hummer) schmecken. Sie werden in der Nachbarschaft kleiner verödeter Eilande gefischt, wo arme Fischer drei Viertheile des Jahres Entbehrungen aller Art auss Rehen, um ihren reichen Mitbürgern diese Delikatesse zu vers schaffen. An die Haifischflossen reihten sich Holothurien oder Seeblasen, eine Art Meerwürmer, die man ungetheilt gelaffen hatte, um sie nicht zu ́entstellen. Auch dieses Mal regte sich in mir das gerade Gegentheil von Appetit; ich konnte diese dicken, schwarzen, wohl sechs Zoll langen Würmer, die ihre mit Stacheln bewehrten Ringe wie zur Vertheidigung zusammenzogen, ohne. Grausen kaum ansehen, während meine beiden Nachbarn sie mit ihren Stäbchen an der einen Extremitắt zierlich anfaßten und dann hinunterwürgten, wie die Schlange ihre Beute verschluckt. Ich bedeckte das Scheufal, das man auf meinen Teller gelegtTM hatte, mit meinem breiten Löffel, um es nicht vor Augen zu haben. So tamen denn noch eine Menge Gerichte, deren Namen und Composition mir gleich unbekannt waren; Hirsch › Sehnen, Fisch, Augen, Gemüse und Fleisch › Sorten aller Art und Alles von dem fonderbarsten Ansehen und Geschmacke. Es entstand in meinem Magen ein grauliches Chaos, und selbst der heiße Sam;:schu, von dem ich jede Minute ein Täßchen trinken mußte, konnte die Drds nung nicht ganz herstellen.

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