Billeder på siden
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man das Jagdrecht bessßen, werde, ist die Ursache von dem Tode
wieler Hafen; man tödtet, so viel man kann.,,Wozu meinem
Nachfolger etwas lassen?" so denken sie und ahmen den reisenden
Handlungsdienern nach, die an der table d'hôte sich den Magen
verdeiben, damit ihnen die Mahlzeit nicht so theuer zu stehen
tomme.
(Schluß folgt.)

Italien.

Die Frauen in Italien.
(Schluß.)

Bei der untergeordneten Stellung und Unfreiheit, in der die Itas flanerinnen leben, giebt es doch auch eine Freiheit, welche ihnen die Ehe verschafft, nämlich die, allein in die Salons, ins Schauspiel, auf die Promenade zu gehen und sich die Gesellschaft, die ihnen am besten gefällt, auszuwählen, unter Männern, wie unter Frauen. Dabei find sie ganz ohne moralischen Schuz; denn die Zialiáner machen es nicht wie die Franzosen, die nur zu oft die Duennas bei ihren Frauen spielen, während die Italianer selten mit ihnen ausgehen. Auch fehlt ihnen die Obhut diterer Frauen, die ja aus der Liste der großen Welt ausgestrichen sind und nicht einmal als chaperons dafelbst erscheinen, um ihre Tochter und Schwieger töchter zu beschüßen; denn in Italien, wo die Frömmigkeit immer an die Stelle der Liebe tritt, giebt es ein bestimmtes Alter, wo die Frau sich selbst aus der Gesellschaft der Jüngeren verbannt.

Sobald dieses Alter da ist, giebt sie alle weltliche Gedanken auf und beschäftigt sich nur mit Gott; von da ab (denn die,,Dreißig Fährige" des Herrn Balzac ist jenseits der Alpen unbekannt) trägt fie einen Schleier, verbirgt ihre Haare, macht ihren Mantel ges wiffenhaft zu und führt ein klösterliches Leben fern vom Geräusch der Welt. Jest beschäftigt sie sich eben so eifrig mit ihrem Seelens heit als früher mit der Liebe und büßt durch die pünktlichste Frömmigkeit die Verirrungen ihrer Jugend. Diese Frömmigkeit hat viel Aehnliches mit der Liebe, wenn sie ihre Lippen an den Marmor einer Madonna oder an das Metall eines Kelchs preßt. Es ist die Lieb mit ihrer Gluth, ihren Freuden, ihren Thränen und Schmerzen; nur ist diese Liebe beständiger als die frühere, da der Gegenstand immer derselbe bleibt und die Verehrung, die man ihm zolli, immer ausschließlicher wird; der Himmel be: tommt jest das, was früher zehn Liebhaber auf einmal.

Auch als Witwe hat die Italianerin nicht die beste Stellung, wenn sie nicht die Gemüther ihrer Kinder zu beherrschen weiß; denn sobald ihr der Ehe Kontrakt nicht ein Witthum ausseßt, hat fie lein Recht auf die Erbschaft des Mannes, und die Söhne brauchen ihr nicht mehr zu geben, als zur Subfiftens unentbehrs lich ist. Das Gesez sorgt nicht für das Schicksal der Witwen, und ein Mann, der ohne Testament stirbt, läßt seiner Frau nicht mehr als die Zinsen ihrer nie sehr bedeutenden Mitgift, so daß eine folche Frau, die bei Lebzeiten ihres Mannes an eine glan sende Eriftens gewöhnt war, sich auf ihre alten Tage in einem Dent Elend nahen Zustande befindet, wenn ihre Kinder ihr nicht au Hilfe kommen. Das Königreich Sardinien ist der einzige Theil Jtaliens, wo man kürzlich diese ungerechten Bestimmun gen verbessert hat: die neue Gefeßgebung von 1838 sichert den Löchtern einen Antheil an der väterlichen Erbschaft und den Witwen den Genuß eines Theiles der Einkünfte ihres Mannes. Doch man wird sich hüten, im übrigen Italien diese Verbesse rung, die für eine dem reformatorischen Geist der Zeit gemachte Konzession gilt, nachzuahmen, und die Frauen werden nach wie vor durch den Tod ihrer Acltern und Gatten enterbt werden.

Ist es nun der Italianerin zu verdenken, wenn sie sich erit Durch die Liebe und dann durch Frömmigkeit zerstreut? Von Jus gend auf unglücklich und Sklavin, ist es anders möglich, als daß fie außerhalb des talten Kreises, in den sle hineingebannt ist, eine Entschädigung fucht? Sie wäre glückliche Gattin und glückliche Mutter gewesen, wenn sie einen andern Mann und andere Kin der gehabt; da aber ihr Streben ist, sich und Andere zu beglücken, so wird ste erst die Menschen lieben, ehe sie sich Jesus und den Heiligen ergiebt. So füllt sie die Leere aus, die ihre Familie in ihr zurückläßt, und ist viel eher zu entschuldigen, als die Frauen diesseits der Alpen, die sich durch Koketterie zu zerstreuen suchen, weil ihnen das häusliche Eheglück zu ennuyant ift.

Die eigentlich fogenannie Kolenterie ist nicht der Fehler der Italianerinnen, wenn man unter Koletterie die Sucht versteht, die Blicke, die Huldigungen und die Herzen zu gewinnen und Liebe zu spielen, ohne sie wirklich zu empfinden. Ist aber Kolets terie nur das Streben, zu lieben und Liebe zu finden, dann find die Italianerinnen durchaus kolett. Es schlummern in ihnen die besten Keime, die aber durch parteiische Geseße und unvernünfs tige Sitten verdorben werden. Wäre dies nicht, so würden fle die trefflichsten Wirthschafterinnen, die besten Hausmütter, die lie: benswürdigsten Frauen in der Gesellschaft werden: so aber find Ale leichtsinnig, forglos, ohne alle Erziehung, und nur jenes reis sende Naturel versöhnt uns mit ihnen, das zwar mitunter alles Andere bei ihnen erseßt, aber nicht immer vergessen läßt, was ihnen fehlt. Es ist eine eble Pflanze, die nur etwas mehr Pflege verlangt. Daher sind auch die Italianerinnen, die in Frankreich verheirather sind, unter dem wohlthätigen Einfluß Französischer Sitten und Gefeße, Mußter von Tugend und ehelicher Treue. Wenn die Erziehung der Frauen in Italien vernachlässigt if, fo ist es die der Manner nicht weniger. Man scheint diese Erziehung der Natur zu überlassen, die bis auf einen gewissen,

wo die Leute einen angeborenen Lalt, eine Faffungskraft und eine Beweglichkeit des Geistes besigen, die wahrhaft außers ordentlich sind. Doch diese Naturgaben allein genügen nicht für das Leben. Die glücklichsten Anlagen müssen durch die Erziehung entwickelt, vervollkommnet werden. Daher bringen es auch die jungen Leute der ersten Familien felten zu etwas Großem, obgleich fie meist voller Geist sind; aber der Geist läßt nur ihren ganz: lichen Mangel an Bildung hervortreten: file find fast alle in der Kindheit und Jugend sich selbst überlassen geblieben oder in schlechte Schulen gesteckt und den Händen unwissender Erzieher preisgegeben worden, die ihren Zöglingen nur zu schmeicheln wiffen, um sich lebenslängliche Pensionen zu verdienen. So ge wöhnen sich die Italianer frühzeitig an Nichtsthun, und diese Gewohnheit wird später befördert durch den Mangel jeder Laufs bahn, die ihren Ehrgeiz erwecken kann, durch die Entfernung von den öffentlichen Angelegenheiten und die Unfähigkeit, ihrem Va terlande nåßlich zu seyn.

In dieser Unthätigkeit, der auch das Klima Vorschub thut, ist vielleicht der Ursprung der cavalieri serventi oder cicisbeo's zu suchen. Das sind die chapeaux d'honneurs der verheiratheten Frauen, die im Leben, besonders in der Gesellschaft überall die Stelle des Ehemanns vertreten. Wahrscheinlich haben die Müßigs gånger der großen Welt diese echt Italianische Gewohnheit anges nommen, um ihre Zeit und Phantasie auszufüllen. Diese Site, die besonders den Fremden ein Stein des Anstoßes ist, aber we niger durch das, was sie jezt davon sehen, als was sie in den Büchern darüber lesen, verliert sich jest immer mehr und wird in vierzig Jahren ganz verschwunden seyn. Besonders herrscht fie noch in einigen kleinen Provinzialstädten, die sich etwas darauf zu Gute thun, eine eigene Gesellschaft und eigene Sitten zu haben; in ihrer ganzen Kraft besteht sie noch in Toskana, wo die Italiänis fchen Sitten ein legtes Ashl gefunden haben. In Florenz erscheint eine verheirathete Frau öffentlich niemals mit ihrem Mann und ohne den Freund des Hauses, der nach der skandaldsen Chronik seine Freundesrechte bis auf die dußersten Kosequenzen geltend macht. Nichts ist geheimnißvoller, als das Verhältniß eines cavaliere servente zu der Dame, der er dient": das ist der Ausdruck, den man allgemein angenommen, um die Natur seiner Pflichten und Attribute zu bezeichnen.

Der cavaliere servente ist der Sklave feiner Dame; hier fins det sie eine Entschädigung für die niedrige Rolle, die sie in ihrer Familie spielt. Er ist früh morgens bei ihr und nimmt die Bes fuche auf, die er auch wieder ins Vorzimmer und die Treppe hinabbegleitet; er geht mit ihr aus, zu Pferde, zu Wagen, zu Fuß; im leßteren Fall trägt er ihr den Mantel und schüßt sie mit der ombrella gegen die Sonnenstrahlen. Er begleitet die Dame ins Schauspiel, wo er mit der zartesten Aufmerksamkeit für sie forgt; er fährt fle wieder in den Wagen zurück, wo sie sich neben einander niederlassen, ohne auch nur den Mann, wenn er zufällig auch in der Loge ist, zum Mitfahren einzuladen.

Uebrigens schen die Ehemanner dieses Verhältniß gar nicht ungern: der cavaliere ist ihnen so gut wie den Frauen ein Bes dürfniß. Wenn dieses Ehe Supplement seine Rolle nur ein Biss chen versteht, so kann er es sogar dahin bringen, der Freund des Mannes zu werden, der ihm dann alle Geheimnisse und Anges legenheiten des Hauses anvertraut und ihn zu seinem Majordomus macht. Es kommt wohl vor, daß dann der Mann mit dem größten Ernst von der Welt zu seiner Frau sagt: hör mal, werde mir nur nicht unserem Freunde untreu, ich würde Dir's nicht vers seiben." Bu feinem Stellvertreter aber sagt er, ohne daß es ihm einfällt, au lachen:,,Du, ich will Dir nur sagen, daß meine Frau Dir nicht lange untreu bleiben wird; sie liebt Dich von Herzen und wird bald wieder zu Dir zurückkehren." In Florenz ist es, wo der betrogene Gatte nie dem Spott ausgefeßt ist; denn man weiß, daß es allen Männern eben so gehen kann, und sobald man sich verheirathet, ergiebt man sich in das gemeinsame Loos. Ueberhaupt ist es einmal ein allgemein herrschendes Prinzip, daß ein Mann sich nicht mit seiner Frau beschäftigen darf: er verläßt fle, um sich unter das Joch einer anderen zu beugen, und daher ist es nicht mehr als billig, daß es auch der Frau frei steht, fich einen Kavalier zu wählen, der fle für die Vernachlässigung von Seiten ihres Gatten entschädigt. Man scheint damit andeuten zu wollen, daß die Ehe mit der Liebe unverträglich ist.

Man sieht, dieses Verhältniß ist ein viel innerlicheres und also auch bindenderes, als das zwischen Mann und Frau. Daher macht es aud allgemeines Aufsehen, wenn man von dem uns widerruflichen Bruch einer solchen Verbindung hört: je, langer fie gedauert hat, desto größer ist der Skandal, denn gewöhnlich dauern solche Verbindungen mehrere Jahre, ja oft das ganze Leben hindurch. Eine Trennung ist selten das Resultat einer vors übergebenden Kaprice, und doch verzeiht man es einem Kavalier nie, wenn er seine Dame zuerst verläßt, was auch dieselbe gethan haben mag, um diese Trennung herbeizuführen; man hat das Prinzip, daß ein Kavalier jeiner Dame Alles nachsehen muß, selbst eine Pleine Untreue. Auch sind wirklich die cavalieri sehr Standhaft und großmüthig in diefer Beziehung: nur in cinem Fall verlieren sie die Geduld, sobald sie sehen, daß ihr Play, wenn auch nur vorübergehend, von einem Fremden, einem Nicht: Zealidner bejezt ist. So gern fe ein Auge zudrücken, wenn ein Landemann mit ihnen fonfurrirt, so unerbittlich sind sie, wenn der Dritte ein Ausländer ist. Dann stoßen sie Verwünschungen aus gegen das Weib, das die Pflichten der Gastfreundschaft zu weit getrieben und auf die Gefühle ihres Eicisbeo so wenig Ricks

"

....

Die Marquise S...., die im vorigen Winter die Sonne der Florentinischen Gesellschaft war, wunderte sich, auf einmal ihre Loge und ihren Salon verlassen zu sehen. Alle Einladungen waren vergebens; man antwortete mit vagen Entschuldigungen oder gar niche. Der Mann der Marquise, dem die Traurigkeit der fæönen Verlassenen Kummer machte, übernahm es, einige versöhnende Schritte bei den Anbetern seiner Frau zu thun. Diese verbargen ihm den Grund ihrer Desertion nicht; sie sagten ihm ganz einfach: Wir wollen nicht die Fackeln des Lord. senn Non vogliamo servire di candelieri a lord....)." Lord...., der seit einiger Zeit in Florenz wohate, hatte sich in die Marquise verliebt, machte ihr den Hof und nahm ganz die Stelle eines cavaliere servente bei ihr ein. Der Mann machte ihr Vorstellun: gen, sie widerstand anfangs, aber die Einsamkeit war zu drückend, ne verabschiedere Lord...., und sogleich kehrten ihr Kavalier, ihre Freunde, ihr gewöhnlicher Hof zurück. Man kann sich denken, daß sie sich fest vornahm, sich nicht mehr der Anglomanie au ergeben.

Troßdem muß man sagen, daß die Jtalidnische Gesellschaft immer mehr Französisch oder Englisch wird; vergebens flüchtet fle sich in die kleinen Städte, in das Heiligthum der Familien in Rom und Mailand, in die Erinnerung der alten Italiäner, die fie fortwahrend zurückrufen, ohne sie mit ihren eigenthümlichen, naiv unmoralischen Sitten erhalten zu können. Ju funfzig Jah: ren wird man kaum eine Spur davon finden. Die Zahl der Fremden, die wie neue Schwärme von Galliern, Hunnen und Gothen nach Italien strömen, nimmt jährlich zu: diese Fremden bringen die Sitten, die Jdeen ihres Landes mit. Wohin sie koms men, verderben sie den Lokalgeist und reizen die Eingeborenen zur Nachahmung, troy aller National: Verurtheile. Schon werden die Italianer in Italien selten; bald wird es da nur eine foss mopolitische Bevölkerung geben, die alle Sprachen spricht, nur nicht ihre eigene, die gekleider ist à la francaise und lebt à l'ang laise, und nur daran denkt, den Reisenden ihre Sonne, ihre Ruinen, ihre Erinnerungen, ihre falschen Medaillen, ihre Makas roni, ihren Karneval und ihre heilige Woche so theuer wie mög lich zu verkaufen. Dann wird man auf dieses berühmte Vaters (and großer Männer mit Recht Brutus Wort anwenden:,, Italien, du bist nur ein Name!" Paul L. Jacob.

China.

Canton im Jahre 1838.

VII. Die Börse und andere öffentliche Drte.

Von dem Klostertempel_begaben wir uns nach einem Etas blissement, das mit unseren Europäischen Börsen verglichen wers den kann, aber zugleich auch eine Kapelle ist, wie alle öffentliche Anstalten der Chinesen. Hier versammeln sich die Kaufleute von Ning po in der Provinz Fulian, welche mit Canton einen sehr bedeutenden Binnenhandel in Thee und Flockjeide treiben. Die inneren Gemächer konnten wir nicht besuchen, und selbst der Eins tritt in den Versammlungs - Saal war uns nur deshalb erlaubt, weil die Wachen nicht an ihren Posten standen. Dieser Saal hat einen wahrhaftig großartigen Charakter; er ist rings mit hohen Spizen bestellt; und in der Mitte erhebt sich die Statue des Schußpatrons aller Kaufleute, an dessen marmornem Altare prachtige Skulpturen und. Leichtes Tafelwerk von herrlicher Arbeit umzieht den Altor mit seinen Blumengewinden, ohne ihn zu verstecken. Diese Kapelle war die kostbarste, die ich auf meiner ganzen Reise gesehen. Auf einer etwas niedrigeren Efrade vor dem Altar steht ein mit Drachenköpfen gestickter Prachifessel, der nur andeuten soll, daß der Kaiser, obschon weit entfernt, doch bei jeder wichtigen Verhandlung als gegenwartig gedacht werden müße. Ungebeure Laternen schmücken die meisterhaft ausgelegte Decke des Saates. Ich habe in den von mir. besuchten Öffentlichen Gebäuden der Stadt überhaupt öfter Gelegenheit gehabt, wahre Meisterstücke von Zimmerwerk und Tischlerei zu fehen; der gefchickteste Handwerksmann in Europa wårde keine elegantere und solidere Arbeit liefern können. An beiden Hauptwanden des Saates befanden sich zwei große Gemdide auf Papier: Gegenstand des einen waren zwei hochbejahrte Greife, die ein Opfer bringen und mit dankbarer Befriedigung den Dampf aus der Schale emporsteigen sehen. Auf dem anderen Gemälde war ein zartes Kind dargestellt, das einem ehrwürdigen Greise ein Gefäß mit Blumen reichte. Beide Figuren fand ich vortrefflich: die Physiognomie des Alten athmete Wohlwollen, und die des Kindes hatte einen reizenden Ausdruck von Unschuld und Frömmigkeit. Diefes Gemälde bewies, daß auch Chinesischen Künstlern zuweilen etwas Höheres, als blöße technische Kunffers tigkeit einwohnt.

Am anderen Morgen unternahmen wir bloß eine Wäfserfahrt nach einer Insel, die vier bis fünf fleine Weilen oberhalb Canton liegt. Die Chinesen nennen sie Lusthung bei den Europäern aber heißt Ne das Paradies. Ihre Lage ist recht anmuthig; fbóne uralte Blume schmücken das steile und sier zugängliche Ufer. J bemerkte Ruinen, die auf eine ehemalige starke Bevölkerung des Eilandes schließen lassen, darunter einen Tempel, den ich, wegen seiner überaus malerischen Lage skizzires Einige hundert Schritte vom Ufer lagen zerstreute Fischerhütten, mit kleinen Feldern von Reis und Taro (drum esculentum) darcben Zwei Traditionen knüpfen Ach an die Ruinen von Lutjun, eine historische und eine mphische. Der erfterën zufolge, haute die reisende Lage des

Eilandes eine große Menge reicher Familien dahin gezogen; als aber die wilden Horden der Mandschu's im Jahre 1644 das ganze Land um Canton verheerten, wurden alle die friedlichen Bewoh ner von Lustfün, ohne Unterschied des Alters oder Geschlechtes, niedergemezeit. Die Mythe aber berichtet, daß es schon vor alter Zeit in dem jeßt verödeten Dorfe nicht geheuer gewesen sey; gespenstische Unholde drangen bei nächtlicher Weile in die Hauser und raubten Menschen, so das kein Morgen anbrach, an dem nicht eine Familie den Verlust eines oder mehrerer von den Ihrigen zu beweinen hatte. Die Bewohner wurden bald von cinem folchen Schrecken ergriffen, daß alle Ueberlebende der damonischen Insel für immer den Rücken lehrten. Die wenigen Fischer, welche sich später hier angebaut haben, führen ein zu arbeitsames und kümmerliches Leben, als daß ihnen Zeit bliebe, au Gespenster zu denken.

Des anderen Tages blieb ich, von den vielen Exkursionen der vorhergehenden Tage etwas erschöpft, in den Faktoreien und stattete nur dem merkwürdigen Hospitale des Amerkanischen Missionairs, Dr. Parker, einen Besuch ab. Man hat dieses Hoss pital das ophthalmologische betitelt, weil Herr Parker vors nehmlich Augenarzt ist; doch finden auch andere Patienten von jeder Art in demselben Zulaß. Es giebt in China sehr viele augenkranke Individuen, was vermuthlich darin seinen Grund hat, daß man sich dort allgemein die Augenlieder mit einer Art von Pfrieme reinigen läßt; ich habe in den Straßen von Canton wohl hundert Mal schaudernd zugesehen, wie ein Barbier unter freiem Himmel dastand und sein sichlernes Instrument an den zurückges schlagenen Augenliedern eines Menschen hin und her bewegte."

Die ungeheure Galerie des Hospitals ist mit Gemälden bes hangen, welche alle merkwürdige Kuren des Dr. Parker darstellen. Ungefahr 300 Individuen beiderlei Geschlechts fäßen auf Bänken um die Galerie herum und erwarteten den Besuch des Doktors, der mir erlaubte, ihn zu begleiten. Die fanfte und liebreiche Art, womit er seine Kranken behandelte, war mir sehr rührend; er befragte sie gewissenhaft und redete ihnen Trost zu, bevor er das Heilmittel anwendete. Fast alle Patienten hatten Augenübel von den verschiedensten Arten und Stadten, bei denen ich nicht länger verweilen will. Im oberen Stocke befinden sich noch zwei Zimmer mit ungefähr 'zwölf Betten får solche Kranke, die der Doktor im Hospitale pflegt und behandelt; unter diesen befand sich fogar ein Würdenträger aus dem Innern, den Herrn Parker's Ruf weit hergelockt hatte, um eine verjährte Augenkrankheit los zu werden. Medizin und ärztliche Behandlung sind unentgeltlich; am Ende jedes Jahres überreicht Herr Parker der Missions Ges fellschaft fein Budget und bekommt nur so viel für sich, als zu den dringendsten Bedürfnissen ausreicht. Er soll bei allen Chine fen, die von ihm und seinem Wirken Kunde erlangt haben, in großer Hochachtung stehen.

Am Abend jenes Tages gab er ein glänzendes Bankett in der Britischen Faktorei; der prachtige von tausend Flammen erleuch tere Saal diefes Palastes, seine ungeheuren Kamine von weißem Marmor, und sein kostbar fervirter Tisch erinnerten mich einen Augenblick an die Festscle unserer Königlichen Schlösser. Nach dem Diner kamen Jongleurs aus Peking, deren Talent mir sehr gerühmt worden war; aber sen es nun, daß ich zu viel von ihnen erwartete, oder waren sie wirklich nur gemeine Jongleurs: genug, ihre Gewandheits-Spiele schienen mir wenigstens nicht bewun dernewürdiger, als die, welche ich von Indischen Taschenspielern hatte ausführen sehen.

Des anderen Tages ließ ich mich in eine Thee Manufaktur füh ren: ich hatte große Luft, genauere Bekanntschaft mit der Zubereitung dieses Blattes zu machen, dessen Verkauf zwei Drittheile des uns ermeßlichen Handels der Engländer mit China ausmacht, und welches in mehreren Europäischen Ländern ein so nothwendiger Artikel geworden ist, daß die Britische Regierung schwerlich die Verantwortlichkeit einer den Theehandel, sistirenden Maßregel übernehmen möchte. Nachdem die Theebldner eingesammelt und an der Sonne oder bei gelindem Feuer geröstet worden, rollt man sle bekanntlich mit den Händen und liest sie dann aus. Die Heizungist das lebre Geschäft. Der Saal, in welchem wir uns befanden, enthielt ungefähr 50 Kessel_in Oefen von Mauerwerk. Jeder Kessel war bis auf 170 Grad Fahrenheit erhist und faßte fech's bis acht Pfund grünen Thee, den ein Mann ungefähr drei Viere telstunden lang ohne Unterbrechung mit bloßer Hand umrührte. Diese Feuerprobe müssen die Theeblätter drei bis sechs Mal ber stehen; das legie Mat mengt man einen Löffel voll einer Mischung darunter, die aus zwei gleichen Theilen Berlinerblau und Gets saet (?) besteht. Diese Mischung giebt dem Thee, deffen gedörrs tes Blatt von Natur grau ist, jene bikuliche oder grduliche Farbe, von welcher diese Gattung grüner Thee heißt.

Der schwarze und der grüne Thee find Blätter desselben's Strauches. Einige Personen haben mir versichert, die Blätter › des schwarzen und die des grünen Thre's würben zu verschiebenen Jahreszeiten gepflückt; aber ich glaube, daß die Verschiedenheit beider Serten mehr als Eine Ursache hat. Zum grünen Thee wählt man die zariesten Blätter; auch wird dieser mit befonderer Sorgfalt gelesen und gerollt, und endlich geht die lehte Dorrung oder Heizung ganz anders vor sich. Der schwarze Thee wird. nicht in Kessel, sondern in große Körbe gethan, die gleich Siebengeflochten sind; unter diesen Körben entzündet man ein Feuer von gereinigten Kohlen, damit der Rauch den Geschmack des Gewächses · nicht verderbe.

In der Umgegend von Canton bereitet man nur Thee von ges ringerer Qualität allein die Eingeborenen verwandeln diesen geme is

nen Thee in granen und verlaufen ihn so dfter får Thee aus dem Inneren. Zu diesem Zwecke streden sie die Blätter in großen flachen Kasten und schneiden sie vermittelst eines feinen und scharfen Ins strumentes in kleine Stückchen, wie die grünen Theeblätter. Um die Tauschung vollständig zu machen und die Spuren dieser Oper ration zu tilgen, rollen sie den zerschnittenen Thee noch einmal awischen großen Stücken Leinwand, segen ihn dann von neuem ans Feuer und geben ihm die erforderliche Farbe.

Der Herr des Etablissements wollie mich durchaus einige Taschen Thee kosten laffen, ehe wir schieden; er war aber jo jartfühlend, uns keinen Thee aus seiner eigenen Fabrik anzu bieten. Unter den acht oder zehn Sorten, die wir erprobten, schien mir eine Sorte Heijon (nson) die edelste. Das Getränť wird in China auf andere Art, als bei uns bereitet. Man thus in jede Tasse die nöthige Quantität Blätter, füllt sie dann mit Pochendem Wasser und verschließt sie hermetisch mit einer Art von Deckel. Sobald das Getränk die erforderliche Kraft hat, wird es noch heiß und in kleinen Schlückchen getrunken, wobei man jedesmal den Deckel des Tißcens lüftet und gleich wieder zudrückt, damit das Aroma nich: verdunste.

Das Probiren ist beim Theehandel eine Sache von großer Wichtigkeit. Als die Ostindische Compagnie noch im ausschließ lichen Besize dieses Handelszweiges war, hatte sie ihre Probirer, die bis zu 3000 Pfd. Sterl. (20,000 Thir.) jährlich erhielten. Wir fahen bei einem Englischen Kaufmanne, Herrn Dent, der jege Französischer Konjul in Canten ist, wie man bei dem Probis ren verfährt. Zuerst wird das Ansehen, dann der Geruch des Thee's geprüft; da aber diese oberflächliche Prüfung noch Zweifel übrig laffen fönnte, so hat man ein Mittel erfunden, das zu posts tiveren Ergebnissen führt. Eine geroiffe Quantität Blätter wird, nachdem sie sehr genau abgewogen worden, in cine kleine Kanne gethan; ist dies geschehen, so gießt man kochendes Wasser auf und kehrt gleichzeitig eine Sanduhr um, die eine Minute anzeigt. Ist die Minute abgelaufen, so wird der Thee eingeschenkt. Nach einem so genau berechneten Aufgusse giebt sich die wahre Eigens schaft des Blattes aus der Kraft und dem Geschmacke des Ges trantes zu erkennen.

Am Nachmittag deffelben Tages besuchten wir das Dorf Hosnan, in welchem die Europäer vormals frei sich ergehen durften: jest ist es nur noch erlaubt, den dortigen Klostertempel au betreten, der gleich am Landungs-Plage sich erhebt, und dessen Gründung in ein hohes Alterthum hinaufreichen foll. Den Ein gang zu diesem ehrwürdigen und sehr großen Gebäude bilder ein ungeheurer of mit Bäumen, die Jahrtausende alt seyn mögen. Eine erste Vorhalle wurde von zwei ungeheuren, einander ans gringenden Koloffen bewacht, und an der zweiten Vorhalle, zu der man durch einen anderen Hof gelangte, standen vier solcher höls zerner Riefen von 18 bis 20 Fuß, die sich auf allerlei Weise ihre Zeit vertrieben. Der Eine, mit martialischer Miene und buschigen Brauen, sog seinen Sabel halb aus der Scheide, als erefutirte er ein Kommando der Portugiesischen Armee, welches cara firoz ao inimigo (ein wildes Gesicht dem Feinde!) heißt; der Andere spielte eine Art von Mandoline und fang auch wohl dazu, denn sein Mund war halb geöffnet und ließ eine fürchterliche Reihe sechs Zoll langer Zähne sehen. Das dritte Ungeheuer hielt ein Scepter in der Hand; welches aber die Beschäftigung des Vierten war, ist mir rein entfallen.

Der Tempel von Hosnan besteht zum Theil aus fünf Haupts Kapellen, die durch Höfe, mit sehr schönen Bäumen bepflanzt, von einander getrennt werden. Die Zellen der Mönche und die Ne bengebäude siehen sich an den Flügeln hin, welche durch kleine Brucken mit dem Hauptgebäude verbunden sind. In einer dieser Kapellen fanden wir ein prächtiges Grabmal aus weißem Mars mor, das, wenn man es nach dem Gottesacker des Père Lachaise transportirte, die schönsten Monumente dieses Pariser Kirchhofs verdunkeln würde. Die etwas mehr als vier Fuß hohe Basis bildet ein regelmäßiges Viereck, dessen Façaden je zehn Fuß Breite haben mögen; auf dieser Basls erhebt sich eine Art Scule in Spindelschnecken Form, die oben spig aulduft. An jeder Façade befinden sich Skulpturen von merkwürdiger Arbeit. Vier Engel oder höhere Intelligenzen knieen an jeder Ecke des Mausoleums, das, wie man mir versicherte, über der Asche eines der ersten Ers bauer des Tempels errichtet ist.

Eine Scene, deren ich mich nicht versehen hatte, follte mein ganzes Interesse auf die vornehmste Kapelle des Tempels fonzen friren: die Bonzen hatten sich zum Abendgebete versammelt. Ihr langes Gewand aus grauer Seide war zum Theil mit einem gelbseidnen Stoffe überdeckt, der den rechten Arm frei ließ und vermittelst filberner oder fupferner Spangen an der linken Seite der Brust fest saß. Die Kapelle, wo das Gebet gesprochen wurde, hatte ungefähr 80 Fuß Lánge bei 50 Fuß Breite. Im Mittels punkt standen drei Polossale Buddha Statuen, von denen die mitts iere wahrhaft monkrds war; zahlreiche Laternen mischten ihren bunten Schein in die scheidenden Strahlen der Sonne, und auf den Altaren dampften geweihte Stabe aus wohlriechendem Holze, An jeder Seite spaarten fich 150 bis 200 Bongen; ihr Gottesdienst beRand darin, daß die Mönche zur Rechten einen Vers vorbeteren, der von denen zur Linken nachgebetet wurde. Ein Glöckchen mahnte aum Niederknieen und ein Triangel zum Aufstehen; so oft die Versammlung aber auf die Kniee fiel, lehrte sie das Antlig, nicht den Buddha, Bildern, sondern der untergehenden

Sonne zu.*) Als die lehten Strahlen des Taggestirns verlöscht waren, warf sich der ganze geistliche Chor noch drei Mal nach einander, und zwar wiederum gegen Abend gekehrt, an die Erde; dann machten sie, einen Manu hoch, drei Umzüge um den Tempel und verschwanden endlich, bis auf Zwei oder Drei, welche die Lampen auslöschten und die Pforten verschlossen.

The wir dem Gebete beiwohnten, hatte man uns in einen Hof geführt, wo die ungeheuersten und fettesten Schweine, die ich jemals gesehen, unterhalten werden. Jeder Bonze weiht bei seinem Eintritt ins Kloster dem vollendeten Buddha ein solches Schwein, das hier sein Lebelang die sorgliche Pflege finder. Man schlachtet diese Thiere niemals, und wenn Eines derselben verender, so ist dies ein Tag der Trauer für die ganze ehrwürdige Gemeinde.

Zum Schluffe fahen wir noch den Garten des Tempels, wo man vielerlei Sorten Gemüse, die einzige Speise der Bonzen, anbaur. Im Hintergrunde des Gartens liegen ihre Grdber; sie bedecken den ganzen öflichen Abhang einer Anhöhe. Ueber jedem Grabe erhebt sich ein kreisförmiges Mauerwerk, mit einer Oeffnung gegen Often, und eine schlichte Inschrift auf dem Steine giebt über den Namen des Verstorbenen und die Zeit seiner Bestattung Auskunft.

Mannig altiges.

Der Rhein und der Englisɖe Humor. Dem Deutschen Rhein ist jeht auch die Ehre widerfahren, von den Engs ländern travestirt zu werden. Bereist, beschrieben und befungen mit jedem Jahre mehr, mußte natürlich, nachdem alle Seiten des mas lerischen Stromes erschöpft waren, auch die komische einmal an die Reibe kommen. Thomas Hood, der Herausgeber des Comic Annual, der glückliche Rival von Boz, hat eine mit Holzschnitten reich ausgefaltete Rhein-Reise unter dem Titel Up the Rhine (Den Rhein hinauf) herausgegeben. Die,,Pilger auf dem Rhein" von Bulwer bildeten augenscheinlich die Grundlage zu der Hoodschen Parodie. Wie in jener Darstellung, ist es auch in dieser eine ganze Familie, die von England aus die Rheinfahrt unternimmt; nur mit dem Unterschiede, daß, statt der schönen Rhein, Sagen, die dort eingeflochten find, hier die karrikiriesten Geschichtchen mit passenden Bildern sich finden. Die reisende Familie besteht aus einem hypochondrischen „Onkel Orchard", der viermal in jeder Woche sein zeitliches Ende herannahen sieht, einer vers mitveten,,Tante Wilmor", die ihren,,seligen Georg" beständig im Munde führt, einem Neffen,,Frant Somerville", welcher der Poet und Sportvogel der Gesellschaft ist, und endlich einem fenti mentalen Kammermädchen,,,Martha Penny". Alle Vier schreiben Briefe in die Heimat, und diese theilt uns der Herausgeber mit. Besonders zeichnen sich darunter die von Martha Penny durch ihre Orthographie aus. Den Namen Rotterdam z. B. schreibt sie gewöhnich Rotter D-m, ganz in derselben Weise, wie Einige den Kraftauss druck God D-m abzukürzen pflegen. In Nymwegen wird Onkel Orchard mit einem,,Sparbette" bekannt, einem hölzernen Trog von vier Fuk Lange, in welchem, um nicht gekrümmt wie ein Z zu liegen, die Füße des Schlafenden weit über das Gestell hinwegs reichen. Die Abbildung dieses Sparbettes mit seiner zierlichen, den Schlafenden halb unbedeckt lassenden Steppdecke wird uns in einem Holzschnitte gegeben, wie denn überhaupt diese Illus strationen, die ebenfalls von Hood selbst gezeichnet, noch viel farrifirter als die Reisebeschreibung selbst sind. Indessen dürfen sich die Rheinlander das nicht zu Herzen nehmen, denn gerade das Hochstehende wird in England am meisten mit Karrikaturen beehrt, und so dürfte ihnen Hood's Rheinreise im nächsten Jahre einen noch zahlreicheren Besuch von Lords und Ladies zuführen. Die Gewohnheit der Lesteren aber, auf dem Kontinente mehr als alle andere Reisende zu knausern, bestärkt Herr Hood noch durch ein Rheinlied, in welchem er die Schönheiten des Stro mes preift, dabei jedoch immer den Refrain wiederholt: „Take care of your pocket!" (Nehmt euren Beutel in Acht!)" Die den Engländern widerwärtige Site, daß Männer sich gegenseitig fassen, was, ihren Begriffen nach, auch die Frauen sich taum gestatten dürfen, wird durch ein sehr lustiges Bild farrilirt, das den schlechten Pun (Calembourg) als Unterschrift trägt:,,der Omnis Buß." Eben so ist ein Tabacksklub in Köln mit der Unters schrift,,Bellevue“ dargestellt, doch sieht man eben weiter nichts, als Dampf und Bier und Wein. Eine Deutsche Post ist mit vier Pferden lang gespanne in vollem Trab abgebildet, doch bleiben die vorderen zwei Pferde von Zeit zu Zeit stehen, um sich nach den Hinterpferden umzuschauen. Nicht minder sind die Deutschen Studenten Trachten, die Philißer auf ihren Sonntagss Spaziergangen, ja sogar die Künstler und die Gelehrten parodirt. Doch, wie gesagt, das ist Alles nur ein Beweis, wie sehr diese Dinge jest in England the lyons of the day”, d. h. die viels. gesuchten Tagesgößen find.

*) D. h. entweder nach der Heimat ihrer Religion (Indien), oder nach der imaginairen, von dem Buddha Amitaba beherrschten Welt der fe lighten Freude, welche im Westen unserer Erde, aber in einer Entfernung von Quintillionen Meilen gedacht wird.

Das mit dem 31ßten d. M. zu Ende gehende Abonnement wird Denjenigen in Erinnerung gebracht, die in dem regelmäßigen Empfange dieser Blätter keine Unterbrechung erleiden wollen.

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Nummern Pranumerations
Preis 22 Ear ( Thir.)
viertchabrlic, 3 3pir. für
das ganze Jahr, ohne Er
bohung, in allen Theilen
der Brewdifchen Morerchie.

No 153.

M a g a z in

für die

Beitlatt der Allg. Dr. Staats-
Zeitung in Berlin in der
Expedition (Friedrichs-Straße
Nr. 72); in der Provinz so
wie im Auslande vel den
Rohüdb!. Hof - Asmitern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Monteg den 23. Dezember

Franfreich.

Einige Tage im südlichen Frankreich.

III. Toulon.

Der Weg von Marseille nach Toulon ist malerisch, voller
Abwesjetungen und ziemlich bergig; man würde sich in der
Schweiz oder in Savoyen glauben, wenn nicht hin und wieder
das Meer durchblickte und man nicht überall jene unglückseligen
runden und gleichförmigen Delbiame antráfe, deren mattes and
staubiges Grün von nun an die Grundfarbe der ganzen Lands
schaft bleibt. Eine kurze Strecke vor Cuje bemerkte ich ein
frisches, safug grünes Thal, welches wohlangebaut, friedlich und
von allen Seiten eingeschlossen war, und wo meinem Auge nur
ein Bach fehlte; hätte ich nur einige Streifen klaren Waffers
entdecken können, so würde ich gleich Tempe! gerufen haben, so
wenig war ich durch den oberen Theil der Provence verwöhnt
worden. Dicht hinter Euje sieht man eine waldbewachsene Hügels
reihe mit verschiedenen Schluchten, bei deren Anblick den Reisens
den die Haare au Berge steigen, denn erst ganz kürzlich müßte
eine Abtheilung Gendarmen aufgeboten werden, um sie von den
Dieben zu befreien, die sie unsicher machten; welch' ein herrlicher
Stoff für die gelehrten Stammgaste der Diligencen! Von hier
an bieten die Höhenzüge, welche die Fernsicht beschränken, einen
fonderbaren Anblick dar, denn um die Bearbeitung derselben zu
erleichtern, sind sie in breite Stufen umgewandelt worden, deren
Fläche bejdet wird, so daß diese A terrassirter Ebenen von
wentem wie ein schön gestreifter Stoff oder wie eine Musterkarte
aussieht. Der höchste Punkt zwischen beiden Städten ist der Pak
von Dilioules, welcher mit dem von Echelles bei Chambery viel
Aehnlichkeit hat. Fast eine Viertelstunde lang zieht sich der Weg
zwischen schiefen, zerrissenen Bergen hindurch, deren seltsame
Gestalt und kallige Farbe auf einen vulkanischen Ursprung hins
deuten. Man glaubt in der Tiefe eines weiten Schachies zu
wandern, deffen Ausgang man vergeblich sucht. Das Dorf
Evanot front den einen dieser Berge, und sein altergraues Schloß
fieht aus, als wäre es durch eine Feuersbrunst so geschwarzt;
eine kleine Strecke weiter hin steigen die Trümmer des Schlosses
von Ollioules empor und scheinen den Vorüberreisenden mit
ihren enfleischten Armen zu drohen, wie jene Schreckgestalten,
welche den Eingang der Zaubergärten hüten. Hier steht man
auch in der That am Thore der Hesperischen Gärten, denn laum
find dieje Schrecknisse vorüber, so gewahrt man zum ersten Male
auf den Terraffen, welche den Weg begränzen, die goldenen
Aepfel der Orangenbaume.

Toulon fändigt sich gleich als eine Festung an, schon aus
der Ferne durch seine Redouten und Wälle, und nahebei durch
feine Schildwachen und Zugbrücken, so wie durch die genaue
Pass Untersuchung. Der Name Toulon's erinnert mich an einen
Rath, den ich meinen Lesern wohl ertheilen möchte: wenn je
irgend einer derselben eine Vergnügungsreife macht, so unters
laffe er es ja, sich mit Empfehlungsbriefen zu versehen. Gewöhn
lich wissen die Leute, an welche man empfohlen wird, weniger
von den Sehenswürdigkeiten ihres Landes, als wir selbst, und
wenn sie auch damit bekannt wären, so haben sie andere Dinge
zu thun, als sie uns zu zeigen; man gewinnt also dadurch nichts
als eine für beide Theile gleich lästige Einladung zum Mittag.
Wenn es Euch um bloße Anerbietungen zu thun ist, wohl, fo
verseht Euch nur mit Empfehlungsbriefen; bedürft Ihr aber
wirklicher Dienstleistungen, so bezahlt sie lieber, das ist das
Kürzeste und das Sicherste. Ein Kaufmann in Toulon, der for
gleich von meiner Ankunft benachrichtigt wurde, und der sich
verpflichtet glaubte, mich zu begrüßen, fam eiligst (zwei Stunden,
nachher) nach meinem Gasthofe, mich zum Thee einzuladen (mit
dem ich so eben fertig war) und in mich zu dringen, daß ich
doch weine Abreise aufschieben möchte (für welche er meinen
Plaß schon belegt wußte). Ich glaubte in Genf zu seyn, denn
ich hörte alle jene Wenn's, die man für echt Genferisch hält.
Wenn wir von Ihrer Ankunft vorher unterrichtet gewesen
mdren, so würden wir Sie aufgenommen haben, denn wie Sie
sehen, fehlt es uns nicht an Play." ,,Wenn Sie noch einige
Tage verweilen wollten, so würden wir Sie mit der Umgegend
bekannt gemacht und Sie bis Hyères begleitet haben.“ “Kurz,

"

1839.

die ganze Eitanei dieser Conditionnels, die man nie in Futura zu
verwandeln gedenkt, und die den Fremden nur in Verlegenheit
seben, weil er sehr wohl fühlt, daß er sich lecherlich macht,
wenn er sich dafür bedankt, und doch wiederum unhöflich ist,
wenn er nicht etwas Verbindliches darauf erwiedert. Den ans
deren Tag muste ic, troß diefer berühmten Wenn's, vers
fuchen, mic surechtzufinden, und mir allein die Sehenswürdigs
teiten aufluchen.

Es war ein Sonntag, und die Seeleute und Soldaten von
allen Waffenarten begingen ihren Gottesdienst mit dem Glase in
der Hand und jälenderten die Sträßen im Zickzack entlang; man
muß freilich eingestehen, daß Tausende von Schenken bereit
waren, sie in ihren Schooß aufzunehmen, und ich selbst hatte
mich beinahe von den einladenden Schildern verlocken lafen.
Das Innere der Stadt bietet nicht das geringste Sehenswürdige
dar, wenn man davon die Brunnen mit Tritonen und Delphinen
ausnimmt aus welchen das Wasser in Bassins hinabfällt, die
mit Moos und Muschelwerk verziert sind und einen angenehmen
Anblick gewähren. Der Cours (Spaziergang) ist eine breite mit
Bäumen bepflanzte Straße, zu deren beiden Seiten ich die
schönsten Magazine befinden, die mit Seelcuten in blauen Jacken,
flachen Hüten, auf welchen der Name des Schiffes geschrieben
Reht, und Halsbinden mit langen à la Jeannot geknüpften Enden,
wie man sie in jedem guten Vaudeville sehen kann, völlig ges
pflastert ist. Die anderen Straßen sind sehr eng, und alle die,
welche auf den Hafen zulaufen, find mit Leinen bezogen, auf
welchen die Hemden der Matrosen zum Trocknen aufgehangt
sind und hin und her flattern; in der That ein sehr leicht zu
befragender. Windmesser, der nur das Unangenehme hat, daß er
die versteckte Armseligkeit der Touloner Garderobe zu öffentlich
entschleiert.

Das Fort Lamalgue, das über und über von Kanonen starrt,
ist ein ganz vorzügliches militairisches Werk und zugleich der
herrlichste Aussichtspunkt, den man sich nur denken kann. €8
beherrscht das ganze Baffin von Toulon, wie Notre Dame de
la Garde das von Marseille, und die Lage der beiden Rheden
und der Insein, welche sie durchschneiden, der beiden Städte und
der fie umgebenden Hügel, ist, von diesen beiden Punkten aus
gesehen, so gleichartig, daß es sehr schwer wird, fle nicht in der
Erinnerung zu vermijchen, wenn man sie nur einmal betrachtet
hat. Von hier aus überblickt man mit Ehrfurcht jene Kette von
Festungswerten, welche Toulon zu einem uneinnehmbaren Plage
machen: das Fort Valaguier, das St. Katharinens Fort, das Fort
von Artigue, das Pharao-Fort, das höchste von allen, und das
kleine Gibraltar, welches durch die ersten Heldenthaten des kleinen
Lieutenants berühmt wurde, der Alles, was er einmal berührt
hatte, mit in seinen Ruhm hineinsog. Ich bedauerte sehr, daß es
mir an Zeit fehlte, um das See Hospital von St. Mandrier zu
besuchen, welches an der entgegengesezten Seite der Meeresenge
liegt, und das ich, trog der drei Lieues, die mich davon trennten,
mit der Hand berühren zu können wähnte, so weitläuftig unb
großartig ist es angelegt. Möchte doch dieser Königliche, bis
jezt noch unvollendete Bau, der für den Fall eines Krieges eitis
gerichtet wird, niemals benußt werden! Die Könige brauchten
nur Vorfizer der Friedensgesellschaften zu werden, und die Sache
wäre in Ordnung. Doch muß ich gestehen, daß ich bei Abstellung
des Krieges mehr auf die Selbyfucht als auf die Menschenliebe
záhle, mehr auf das Interesse als auf das Gefühl, mehr auf die
Wagons und auf die Eisenbahnen, als auf die schönrednerischen
Gesellschaften und ihre Traftätlein.

Der Hafen von Toulon wird nicht, wie der von Marseille,
durch einen unermeßlichen Handelsverkehr belebt; aber Schiffe
von allen Größen und allen Benennungen liegen auf der Rhede,
und die entmasteten Veteranen, die hier von ihrem ruhmveller
Lagewerke ausruhen, geben ihm ein so imposantes Ansehen, wie
es der andere nicht hat. Uebrigens find sich beide Häfen zum
Verwechseln dhnlich, sowohl in der Gestalt ihrer Quai's und
dem Aussehen ihrer Speicher, wie in dem beständig hin und her
wogenden Menschengedränge; nur strömen nach Toulon nods
mehr Quackjalber und Marktschreier herbei, die ihre Hoffnung
auf die blauen Jacken seßen. Der Ballon des Stadchaufes wird
von zwei Karyatiden von Puger getragen, deren Züge und Hals
tung aufs vortrefflichste die Verzweiflung der dußersten Maitigs
Beit ausdrücken; sie sind die schönste Zierde des Quai's.

Wir becilten uns, des günftigen Windes wegen, nach dem ,,Montebello", diesem König der Meere, dem Admiralschiffe von 120 Kanonen, uns führen zu lassen. Unterweges famen wir vor dem,,Muiron“ vorbei, einer abgetakelten Fregatte, welche hier den Ehrenplag einnimmt. Witten unter den Basreliefs, welche die Pyramiden, die Mamelufen und die berühmte Abfahrt vors stelien, und über denen der Kaiserliche Adler schwebt, ließt man Folgendes:,,Diese Fregatte wurde 1795 der Republik Venedig abgenommen und führte 1799 Bonaparte von Aegypten nach Frankreich zurück." Dies Denkmal, das so viel Erinnerungen weckt, eröffnet den Hafen; man kann weder hinein noch hers aus, ohne es zu erblicken, und ich denke, man betrachict es ges wiß ohne Ehrfurcht; es ist das Geschick des großen Mannes, das Caesarem vehis. (Schluß folgt.)

Skizzen aus dem Jagdleben. (Schluß.)

Neben den Jägern von Profession und den Mieths, Jägern giebt es noch Gratis Jäger, d. h. nicht zahlende Jagdberechugte. Es sind Leute, die viel Bekanntschaft, überall Freurde haben, die fich einladen lassen und, ohne einen eller auszugeben, an einem Vergnügen Theil nehmen, das Andere bezahlen. Man kann sie Schmaroßer Jäger nennen, fie treffen gewöhnlich gut, tödten viel und essen herkulisch.. Nach diesen kommen die Wilddiebe, die Piraten und Flibustier der Forsten. Sie würden es für die größte Schande halten, das Recht, ein Rebhuha zu tödten, erst zu ers caufen; sie ziehen aus, ohne zu wissen, wohin, kennen das Land auf mehrere Weilen in der Runde und vermeiden, wo fie's irgend können, den Revier Jäger. Werden sie zufällig auf frischer Chat betroffen, so macht ihnen das keine Unruhe; mit einem eisernen Kolben versehen, treten se ruhigen Schrittes den Rückweg an und lassen es darauf ankommen, ob man sie verfolgen wolle. Machet diesen Herren den Vorschlag, eine Actie auf Eure Jagd zu nehmen, und sie werden Euch in's Gesicht lachen. Ein folder sagte einmal zu mir:,,Wenn ich auf meinem eigenen Grund und Boden jagte, so würde ich nicht halb so viel Ber: gnügen empfinden, als jest, da ich bei meinein Nachbar jage. Nur die Furcht vor dem Jäger ist mir unangenehm; ich brauche aber Bewegung, und um mir deren mehr zu verschaffen, ist es wahrscheinlich, daß ich im nächsten Jahr kein Gewehr mitnehmen werde, dann brauche ich nicht Posten noch Gendarmen zu sceuen. 34 verspreche mir mehr Spaß davon.

War gestohines Brod, geheim verzehrt,
Allzeit mehr als selbsterworbnes werth.

An großen Jagdtagen haben diese Freibeuter besonders guns Riges Spiel. In jedem Dorfe giebt es eine Menge Aecker, die den Bauern gehören. Diese erlauben den ersten besten Ankömms ling, auf ihren Gebiete zu jagen, und während die Actionairs ihre Püffe rechts und links versenden, flüchtet das gescheuchte Wild in die Luzernens und Rotherüben-Felder, welche an die Wohnungen granzen, und der Fang der Wilddiebe ist meist lohnend. Sobald die Jäger sich entfernt haben, nåhern sich die Nachzügler, eilen in die verlassenen Felder, und zuweilen ist ihre Stoppellese mehr werth als die Aerndte der Anderen. J kenne deren manche, die Wachen ausstellen, um sie von der Wiederannäherung der Jagd zu benachrichtigen; Andere, die Lorgnetten in ihren Jagdtaschen führen und von Zeit zu Zeit refognosziren, ob der Feind zu einem Ueberfall heranrücke. Ich habe auch schon solche gefchen, die einen Kittel trugen, der inwendig weiß, auswendig blau war, und, während die Wächter einen blauen Idger verfolgten, sich hinter die Gebüsche, wie hinter eine Kulisse, zurückzogen, das Kostẩm ånderten, indem sie die weiße Seite nach außen lehrten, und dem herannahenden Verfolger einen weißen Jäger zeigten, der mit herabhängender Flinte und verschränkten Armen den Gegner anredete: Sie sehen wohl dem blauen Jdger nach, der so eben hier vorüberlief? Den müssen Sie bald einholen, er sah sehr abgejagt aus, verdoppeln Sie Ihre Schritte." - Diese Flibustier kennen die Anzahl und das Aussehen der Actionaire, Ört und Stunde ihres Frühstücks, und da die Aufseher in jedem Stande außerordentlich pünktlich sind, fich da zu rechter Zeit eins zufinden, wo gegessen wird, so haben jene eine volle Stunde die bequemite Gelegenheit, ihre Nese auszuwerfen. Zuweilen wird durchs Loos entschieden, wer den Revier Jager in Schweiß sehen soll, und während dieser durch eine geschickte Diversion nach der einen Seite hin gelockt wird, indem der Verfolgte in gemessenen Pausen wieder zum Vorschein kommt, bleiben die Wilddiebe auf der anderen Seite nicht müßig und tödten, was ihnen in den Wurf kommt. Das nennen fie cynegetische Kriegslift.

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Jn der Nahe von Paris And die Eigenthamer vor allen uns befugten Eingriffen in ihr Jagdgebiet gefchert; sobald man fich aber auf einen Umkreis von zwanzig Stunden entfernt hat, trifft man auf Ebenen, die Jedermann mit der Flinte über dem Arm durchstreifen kann und die das Ziel der Reise, Jäger find. Steigt man im Monat September in eine Diligence nad Orleans, Chartres, Sens u. f. w., so finder man ein Dugend Zager im Wagen und eben so viele Hunde auf demselben, die während der ganzen Reise mit Beißen oder Knurren nicht aufhören. Diese Sonntags Jager, die Abends von Varis abreisen, tonimen Sonns tag früh in ein Revier, schießen den ganzen Tag und reijen noch

früh nicht zu verfehlen. Die Beamten in den Ministerien, Nos tarien, Hülfsschreiber, Huifers bilden hauptsächlich diese Klasse von Nomadens Jägern. Wie auch das Wetter sen, sie werden ihre Reise am Sonnabend nicht unterlassen; die Jagd ist eine Leidenschaft, die um jeden Preis befriedigt werden muß. Florent Chrestien, der Lehrer Heinrich's IV., drückt diejen Gedanken in seiner Ueberseßung des Oppian in folgenden eben so harmonischen als zierlichen Versen aus:

Car la chasse est coquine, en sorte que quiconques,

L'a goustée une fois ue s'en lassera onques.

Die Jagd ist eine lockre Dirne; fintemalen

Wen ihre Rets' entzückt, der last auch nicht vom Dalen

Es ist gewiß, daß der Etußer aus dem Jockey: Klub, der Renner aus dem Viertel du Marais, der Zimmerhof Benßer, der Stiefel Fabrikant aus der Rue Vivienne, der Stifts: Advokat, der Commis, der Secretair nicht einerlei Sprache, Kleidung, Sitte haben können. Alle sind Jäger, darin tommen sie überein, aber in allem Anderen sind sie verschieden. Der Stußer will für einen Jäger gehalten seyn und giebt sich keine Mähe, es zu werden; das gerade Gegentheil vom Aristides, von dem em Grieche fagte:,,Er will gerecht seyn, nicht scheinen." Dejer junge Herr geht nicht auf die Jagd, sich zu ergößen, sondern um morgen jagen zu können: Ich komme von der Jagd.” Trifft er unterweges eine Dame, so wird er sie verfolgen; was hat er nöthig, den Rebhühnern nachzulaufen, ist er denn nicht sicher, deren genug nach seiner Rückkehr bei Chevet zu finden? Das Wesentliche für ihn ist, auf der Jagd gewesen zu seyn; damit hat er das Recht erworben, bei seiner Rückkehr Geschichts chen zu erinnen und in zwanzig verschiedene Häuser Körbe mit Wildpret zu schicken. Der Fashionable hat nicht die Zeit, sich zum Jager zu bilden; wenn Diana eine Feindin der Liebe ist, so ist die Liebe eine Feindin Dianens. Dieser Herr, immer vers liebt, wird sich nicht das Gehirn anstrengen, um über die Feins heiten der Jagd nachzudenken; er zieht es vor, die der Frauen zu besiegen. Da aber die Jagd eine Kunst ist, wobei man Ges schicklichkeit, Kraft, zuweilen Muth entfalten muß, so will der Stuber für einen Jäger passiren, um bei den Damen brav, get schickt, herzhaft zu heißen. Ist er reich, so unterläßt er nicht, fich jedesmal ein neues Gewehr zu kaufen, so oft ein Waffens schmidt eine Verbesserung erfunden, und da solche vorgebliche Entdeckungen nicht selten vorkommen, so ist unser Mann Herr eines furchtbaren Arsenals. Er hofft nämlich, endlich einmal ein Gewehr zu finden, dessen Schüsse nie das Ziel verfehlen. Der Vorrath an Waffen hat einen doppelten Zweck: einmal beweisen sie den Reichthüm ́des Mannes, und das ist in Paris etwas Wichtiges; dann dienen sie, die Eigenliebe des Besizers zu retten. Wenn er fehlt und das geschieht oft so hat er seine Ents schuldigung in Bereitschaft: Es ist eine neue Flinte, ich habe ihre Handhabung noch nicht weg; ich habe das nicht voraussehen können, doch soll es mir zur Lehre dienen.

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Der Dandy geht spft zu Bette und kann sich am 1. Septem ber nicht früh aus den Federn machen; es ist endlich neun, ehe er nach dem Modes Journal gefleidet aus den Handen seines Kammerdieners hervorgeht. Gebürstet, pomadirt, kostůmirt, glâns aend, die Hände in buttergelben Handschuhen, steigt er in seinen Tilbury, vor den ein stampfendes Roß gespannt ist, das die Lüfte zu durchschneiden schnaubt. Er läßt die Zügel schießen, es geht fort; kaum hat der Lakai, eben so abgeschmackt gekleider als sein Herr, Zeit gehabt, aufzufpringen, ohne vom Wagenrade zermalme zu werden. Was liegt an einem Bedienten weniger oder mehr? Man wollte im Galopp vorüberfahren, man haue zwei Damen an Fenstern bemerkt, mußte fich schnell in Positur seßen und das unbandige Rok paradiren lassen. Wer weiß? man kann morgen eine Eroberung gemacht haben.

Er kommt an die Frühjagd ist beendigt, von allen Seiten eilt man in das einsam liegende Forsthaus, wo das Frühftlich bes reit steht. Der Stußer findet den Einfall geistreich, er hat Huns ger und wird später jagen. Er steigt aus. Was ist das für ein zerlumpter Mensch, der vor ihm steht, indem er den Fuß auf die Erde fest? Seine gefickten Kamaschen werden von Bindfaden wie von Schnallen aufammengehalten, Pantalons, Jagbrock, haben die ursprüngliche Farbe verloren, eine alte schwere Flinte hängt ihm von den Schultern, seine Jagdtasche droht in Stücken zu fallen, der Riemen, an dem sie befestigt ist, scheint von Zunder gemacht. Diefer Mann ist ein 3dger. Wenn man ihn so dem Fashionablen gegenüber sieht, follte man meinen, daß er sich hins geftellt habe, um eine oratorische Figur, eine Antithese zu bilden. Beide sind mit ihrem Aufzuge zufrieden. "Ich werde durch den Kontraft gehoben“, sagt der Eine; ich werde, diesem Hafens fuß zur Seite, einem Waidmann dhnlicher sehen, denkt der Ans dere. Wenn Ihr glaubet, daß dieser zerlumpte Mensch, diefer mit einer Flinte bewaffnete Bettler, ein armer Schlucker ist, der fich so fleidet, weil sein Schneider ihm ferner zu Preditiren fich weigert, so send Ihr in einem großen Irrthum. Dieser Jdger ist im Bestß des Schlosses, das Ihr am Rande der Ebene ers blicket, Inhaber von Koblengruben, WollsSpinnereien, Hochöfen, ja, Eisen Galvanisirs Fabriken. Er lieft die Forsts Literatur,,, Jäger mit dem Spürhund“,,, den Jäger mit dem Windhand", ,,den Jdger Almanach", und da der Redacteur dieser drei Blätter mit aufgehobenem Arm über die Stußer herfällt, die auf ihr Jagdkleid so viel kurus als auf ihre Ball-Garderobe verwenden, so ist er in das Uebermaaß des Gegentheils gerathen. Er affefs

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