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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne ErHöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 151.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Proving so wie im Auslande bei den Wohlebt. Pork- Aemtern,

Literatur des Auslandes.

1839.

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Berlin, Mittwoch den 18. Dezember

ali e n.

Die Frauen in Italien.

Von dem Bibliophilen P. L. Jacob.

Die Sittlichkeit der Italidnerinuen ist ein altes, vielbespros Henes Thema, und es ist zum Gemeinplag geworden, fie für schlecht zu erklären; besonders haben es sich Französinnen und Engländerinnen zum Geseß gemacht, die Italiänischen Frauen, welche Liebe treiben und dies naiv eingestehen, als wäre es eben so unschuldig, wie sticken oder Börsen stricken, unbarmherzig zu Reinigen; dabei forscht man aber nicht nach den Ursachen, die bei den Italianerinnen mehr Inkonsequenzen, Schwächen und Fehler entschuldigen fönnen, als sie deren begehen, obgleich fie gewiß nicht skrupulds find. In Italien ist Alles den Frauen entgegen, sowohl das Urtheil der Welt, in der sie nur eine untergeordnete Stellung einnehmen, als die Gesetzgebung, die fie der dußeren Unabhängigkeit beraubt, indem sie von der väterlichen Erbschaft ausgeschloffen sind, als endlich die Erzie hung, die sie geistig vernachlässigt, kurz Alles, mit Ausnahme der Liebe, für die sie ganz geschaffen sind und die man ihnen auch als beständigen Zeitvertreib gestattet.

Die Ehe, die man bei uns als eine Verbindung zwischen Gleichen mit gemeinschaftlichen Pflichten und Interessen betrach); tet, ist in Italien nur ein Vertrag zum Nachtheil der Frau, der die Ehe felten eine Stellung gewährt, welche während der Jugend ihre Eigenliebe zu befriedigen vermag, und noch seltener ein freies und glückliches Leben für die Zukunft sichert. Sklavin von der Wiege bis zum Grabe, nimmt die Italianerin in allen Perioden ihres Lebens eine viel niedrigere Stellung ein, als die Civilisation den Frauen in Europa anweist. Ihre Geburt gilt in den höchsten wie in den niedrigsten Klaffen der Gesellschaft für ein Unglück, und kaum findet sie in der Familie jene Liebe, die ihr allein Erfaß gewähren könnte für die persönlichen Rechte, die ein parteiisches Gesey ihr raubt. Wenn sie nicht als Fremde, wird sie als Nebensache behandelt: des Vaters verständiger Eifer, der Mutter Zärtlichkeit fehlen ganz bei einer Erziehung, die meist ungeschickten Miethlingen überlassen wird; denn die Erziehung der Frauen beschränkt sich in Italien auf etwas Manik und Tanz; alles llebrige wird für überflüßig gehalten. Es bat Frauen gegeben, welche auf den Univerfitaten Padua und Bos logna Griechisch und Philosophie lehrten, aber im Allgemeinen können die Italianerinnen kaum orthographisch schreiben, und die Gebildetßte fennt von der Geschichte des Landes nur einige Namen, die mit der Lokalität und den Monumenten in Verbins dung stehen.

Uebrigens ist die Gelehrsamkeit nicht das, was die Männer anziehen würde, da sie ihnen nur ihre eigene Unwissenheit vors hielte. Bor Allem sucht man ein junges Mädchen früh zu vers beirathen, wenn's geht, sobald sie mannbar ist, und zu zwölf Jahren ist sie heirathsfähig; zu zwanzig ist sie schon alt, und alte Madchen finden in Italien nie einen Mann. Die Aeltern haben also nichts Dringenderes zu thun, als eine Partie für ihre Tochter zu finden; diese nimmt sie mit geschloffenen Augen an, weil fle fühlt, daß sie ihrer Familie zur Last ist, und weil sie hofft, im Eteftand mehr Freiheit und Vergnügen zu finden. Diefe frühzeitigen Heirathen haben das Gute, daß sie dem Alter der Leidenschaften zuvorkommen und denselben nicht Zeit lassen, den Ruf eines jungen Mädchens zu Grunde au richten. fürchtet mit Recht das Temperament der Italiänerinnen, die, wie ein impertinentes Sprichwort sagt, Mütter werden, sobald ein Mann ihnen ins Gesicht sieht.

Man

Die nicht verheirathete Italianerin geht wenig aus, besucht keine Balle, genießt leine Zerstreuung, lebt stets einsam und sicht nur in der Kirche oder vom Fenster herab Menschengesichter. So erscheint ihr die Ehe in der Ferne als eine Befreiung; fie wünscht nur, in eine andere Lage zu kommen: ihre bisherige Lage war so traurig, so eintönig, daß sie bei der Veränderung nur gewinnen zu können glaubt, und diese Veränderung kann leine andere als die Ehe seyn, durch die fie förmlich emänzipirt wird. Von da ab gehört sie sich selbst, von da ab giebt sie sich der ganzen Welt hin, nur nicht ihrem Mann. Daher hat der Hoseitstag nichts Schreckliches, keine Thränen für sie sie wirft

keinen besorgten Blick in die Zukunft, sie sehnt sich nicht nac den schönen Jahren der Unschuld und der Sklaverei zurück; fie wünscht nur, Gattin zu seyn, um sich Alles zu erlauben, was man ihr bisher verbot, sie fühlt das Bedürfniß, zu lieben, und die Ehe ist nur der Weg zum Geliebten.

Kein Wunder: ein solches Mädchen stand immer ohne matters lichen Rath_da, denn in Italien ist eine Mutter nicht die Vers traute, die Freundin ihres Kindes, das sogar selten bei der Mutter erzogen wird; noch seltener ist es, daß die Mutter die Gefühle und Ideen ihrer Tochter zu erforschen sucht, um sie zu ordnen, zu berichtgen, zu leiten. Zwischen ihnen ist kein Band der Sympathie, der Pflicht und Dankbarkeit; sie lieben sich nicht, ja sie hassen sich zuweilen; die Tochter_grollt ihrer Mutter, daß sie fich so wenig um sie kåmmert; sie ist weder offen, noch zärtlich, noch rücksichtsvoll gegen sie; fie verbirgt ihr die zugellosen Pidne einer Phantasie, die sich mit jener Schnelligkeit und Kraft ents wickelt, welche die fruchtbare Natur und die glühende Sonne Italiens allen ihren Produkten mittheilen. Bei uns ist die Phantasie der Mädchen nicht so früh entwickelt, nicht so glühend und fuhn.

Die Liebe beschäftigt die Italidnischen_Phantasteen · zuerst; anfangs ist sie bei ihnen ohne bestimmies Ziel, aber eben dies ist das Unglück. Man beschäftigt sich mit den idealen Genåssen der Liebe, ohne sie in der Wirklichkeit zu lennen. Dadurch wird den Leidenschaften der Weg gebahnt, und das junge Herz hangt sich dann an den ersten Gegenstand, der sich ihm darbietet. Es ist gefährlich, sich für Schattenbilder zu paffioniren: die Seele gewohnt sich dann an die Leidenschaft und giebt sich ihr ohne Vorsicht, ohne Prüfung hin. Da follte das Auge einer Mutter aber die Gefühle dieser jungen Perjon wachen; die Erfahrung eines Weibes sollte der leichtgläubigen Unwissenheit eines anderen Weibes beistehen, ihr die Gefahr zeigen und bittere Täuschungen ersparen. Das fehlt eben der jungen Italianerin: ohne Führer durchwandelt sie diese Periode reiner, neuer Gefühle, die so leicht zum Guten zu lenken waren; fie schafft sich ein Liebhabers Phantom, das sie mit den seltensten Vorzügen schmückt; sie ents flamint, e brennt für diefes Schattenbild; bald aber wird fie's måde, dieje Liebesgluth in sich zu konzentriren, fie giebt ihr Phantom auf, sie will eine Liebe, die ihrer Liebe antwortet, fic will die Wirklichkeit nach dem Jdeal. Was ihr die Che so ans ziehend macht, sind nun nicht mehr Bälle und die Freuden der Welt, sondern das Glück, zu lieben und geliebt zu werden. Darum nimmt sie jeden Mann, den man ihr vorschlägt, mit Freuden an, ohne ihn gesehen zu haben, ohne zu wissen, ob er ihr gefallen wird, ohne auch nur zu fragen, ob er jung oder alt, schồn oder häßlich, reich oder arm ift. Ehen aus Liebe werden in den höheren Klassen Italiens selten geschlossen, und vielleicht ist das kein Unglück: die Ehe, wie fle bei uns eingerichtet ist, hat harte Prüfungen zu bestehen, wenn der Rausch der Liebe ihr vorangegaugen. Aber auch die Konvenienz Chen And in Italien selten; die Chen werden da auf eine ganz eigene Weise geschlossen, man beachtet weder die Neigungen, noch die Gewohnheiten beider Parteien: kaum wird es vors kommen, daß ein Mädchen den Gatten, den ihr die Acltern bes stimmen, ausschlägt. Nur in Italien konnte Venus einen Vulkan heirathen.

In

In Frankreich giebt es fast nur Konvenienz - Ehen, in denen die Gatten, ohne sich zu lieben, sich nicht gleich von vorn herein mißfallen, und da haben sie die Hoffnung, mit der Zeit Eigens schaften an einander zu entdecken, die sie nicht vermutheten und die ihr Bündnis fester fetten, als die Bande der Liebe. England und Deutschland werden sehr viele Ehen aus Neigung geschloffen, dafür ist aber auch die Phantasie dort nicht so leidens schaftlich, die Vernunft ist kälter als im Süden, und man be trachtet daselbst den Ehestand unter einem ganz anderen Gesichtss punkt, man schreibt ihm einen umumschränkten Einfluß auf das Wohl und Wehe des Daseyns zu. Indem, man in diefen Stand tritt, legt man sich Pflichten auf, die man, schon aus Egoismus, nicht zu brechen wagi: jeder der Gatten wärde seine Zukunfe aufs Spiel zu sehen fürchten, wenn er von dem Pfade abwiche, den das Geses ihm vorschreibt und den er zu wandeln vers sprochen. Wie viele Männer sind nur treu, um sich die Treue ihrer Frauen zu sichern! Man beobachtet sich gegenseitig, man handelt so, wie man's beim Anderen sieht, man widersteht und

fällt zugleich. Das Chrgefühl hat hier den Gürtel der Keuschs heit erseßt.

Der feurige Geist der Italianer ist dieser kleinlichen egoisti: fchen Berechnungen nicht fahig. In Italien hat man auch nicht einen so hohen Begriff von der Ehe, als einem bürgerlichen oder religiösen Institut; indeß heirathet man darauf loe, läßt sich auch alle Kinder gefallen, die aus der Ehe entspringen, aber man hat den betrogenen Gatten nicht, wie bei uns, zu einem gehörnten Thier gemacht, zu einem höllischen Schreckbild, das, auf der Schwelle des Hymentempels stehend, doch Niemanden vom Eins tritt abschreckt, zu einem ewigen Typus des Spottes und der Lacherlichkeit. Ein betrogener Ehemann ist in Italien nicht fchlechter als jeder andere Ehemann, und man könnte beinahe fagen, daß es in diesem glücklichen Lande gar keine betrogene Ehemanner giebt, denn wenn es nicht Alle sind, so erwarten sie's doch Alle zu werden und schlafen darum nicht schlechter. Wenn man übrigens das Benehmen der Manner im Hause kennt, wenn man weiß, wie wenig sie sich bemühen, die tugendhaften Gesinnungen ihrer Frauen lebendig zu erhalten, und wie unzart fie dieselben behandeln, so wird man sich über diese Sündhaftig Peit der Frauen gar nicht wundern. Den Italienischen Männern fällt es nie ein, ihren Frauen jene zarte Aufmerksamkeit zu bes weisen, die von Natur gute Seelen sicherer gewinnt, als eine große Leidenschaft. Sie glauben, durch ein vornehmes, abstoßen: des Betragen sich mehr als Herren geltend zu machen; gegen das, was sonst alle Männer der Welt im Innerften empört, find fie gleichgültig, und sie scheinen selbst dadurch einzugestehen, daß man fie behandelt, wie sie es verdienen. Liebenswürdig zu seyn, bemühen sie sich nie.

Doch giebt es in Italien eine Klaffe bizarrer Chemänner, welche auch eifersüchtig sind, aber nur zu Hause; sie würden sich entehrt glauben, wenn ihre Eifersucht bekannt wurde, und er: tragen lieber Alles, che sie dieselbe eingestehen.

Wir haben eben bemerkt, daß die Männer in Italien sich nicht sehr beliebt bei ihren Frauen zu machen suchen. So bemühen fie fich oft, den Werth derfelben zu verkleinern, aus Furcht, ihre Ansprüche zu steigern, wenn sie ihnen über ihre Figur oder ihren Geist das geringste Kompliment machten. Ueberhaupt beobachten fie nicht einmal die einfachsten Höflichkeits- und Anstandsformen gegen fie, nur daß sie sie nicht schlagen: von Vertrauen und Ach, tung zwischen Beiden kann hier natürlich nicht die Rede seyn. Ist es daher ein Wunder, wenn die Italianerinnen bei einer solchen Behandlung ihre Pflicht vergessen? Wie sie sich auch betragen, ihre Behandlung bleibt dieselbe.

Was besonders auszeichnet, türlichleit: fie find lebhaft, Beigreich, odetic, ohne die Be ringste Affectation; sie wissen nicht, was das heißt: Effelt machen. Daher fommt es, daß fie nie an sich selbst zwei feln, weil sie nicht zu reflektiren und zu vergleichen gewöhnt find, und daß sie nur so lange auf ihre Schönheit zählen, als diefelbe dauert. Nun dauert diese nicht so lange als im Norden, und sobald eine Italianerin in ihrem Spiegel sieht, daß ihre Reise abnehmen, sucht sie sie nicht durch Loilettenkünfte aufs zufrischen, sondern ergiebt sich darein, ihre Rolle zu ändern und alt zu werden.

Die Italianerinnen treiben diese Abneigung gegen alles Falsche oder Unnatürliche so weit, daß man ihnen in jedem Alter eine gewisse Nachlässigkeit in der Kleidung vorwerfen kann. Das Ein sige, worauf fie große Sorgfalt verwenden, ist die Anordnung des Haares, das sie mit Perlen, starken Nadeln und massiven Kam men somücken; im Uebrigen geniren sie sich nicht, einen halb offenen Mantel, schlecht gemachte Strümpfe, báßliche Schuhe zu tragen. Von Schnürleibern, Fischbein, Agraffen u. dergl. wissen fie nichts. Kura, fie balten alle kleine Toilettenfünfte, die unseren Franzöfinnen einen Reis mehr geben, für unnuß oder gefährlich. Aus dieser Naiverdt ist auch zum großen Theil ihre Unbefangen heit in der Liebe zu erkidren; fie sind nicht gewöhnt, ihre Empfins dungen oder Gedanken zu verbergen, und wenn sie daher lieben, tritt diefe Liebe fofort ans Tageslicht, ohne daß sie daran denken, fie in einen dichten oder transparenten Schleier zu hüllen. Man bat Unrecht gethan, ihnen deshalb Schamlosigkeit vorzuwerfen; es gereicht ihnen vielmehr zum Lobe, daß fie fich der Prüderie und Falschheit der modernen Sitten gegenüber fo frei und natürlich erhalten haben. Sie suchen ihre Schwächen nicht zu verhüllen, aber sie erheben sie gerade durch diese edle Offenheit, die dem Weibe so wohl ansteht und welche die Verfeinerung der Erziehung bei uns leider nur allzu sehr zerstört.

Auch darf man nicht vergessen, daß die Italiɗnerinnen, da fie in der Gesellschaft nur eine untergeordnete Stellung einnehmen, sich leicht daran gewöhnen, wie große Kinder behandelt zu werden, die man ftreichelt und liebkoft, so lange ihre Spiele und Launen gefallen, die aber, sobald man ihrer måde wird, sobald man ernstere Dinge vor hat, bei Seite geschoben und vergessen werden. Daher glauben sie sich auch mehr erlauben zu können, eben weil fle fich als Kinder betrachten; wie die Kinder, willen auch file nichts von Ehre oder unbeflecktem Ruf; ihre Verirrungen scheinen ihnen gar nicht so bedeutend, zumal da der Beichtwater nie die Absolution verweigert. Nach ihrer und ihrer Beichtwater Meinung bat die Liebe noch keine Seele in die Hölle gebracht; im Gegens theil, fle erlöst Viele durch die Menge von Gebeten and Bußen, die man für den Geliebten übernimmt. Kurs, sie sehen in der Liebe nicht etwas so Gefährliches, und die Liebe belohnt sie dafür. (Schluß folgt.)

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Wir wollen indeß nicht behaupten, daß Herr Thiers in der Schuld des Journalismus geblieben sen, denn Sie irren, meiner Ansicht nach, wenn Sie glauben, Herr Thiers verdanke den Jours nalen sein Glück. Erst von dem Augenblicke an, wo er den National" verließ und seine früheren Artikel verleugnete, eröffs nete er sich den Weg zu seiner späteren Stellung. Wir dürfen uns nicht täuschen: der Journalismus ist ein Feld, das nichts Anderes trägt, als was man gejdet hat. Viele haben vor Ihnen das Feuilleton des Journal des Debats" gehabt, und doch ist es Ihnen allein gelungen, sich darin zu einer Macht zu erheben.

Man muß immer zu der Ansicht zurückkehren, daß die Jours nale von denjenigen abhängig sind, welche sie machen. Die periodische Presse ist aber, theils durch die Mängel ihres gegen wärtigen Zustandes, theils durch die mit ihrem Wesen verbundes nen Mangel, in eine Lage gebracht, in welcher sie weit mehr ein Werkzeug des Afterwissens und der Zuchtlosigkeit, als der Vers nunft und der Bildung ist. Ich weiß sehr wohl, daß sie die Wunden heilt, die sie schlägt, aber noch besser ist es, wenn gar keine Wunden zu heilen sind.

Ich habe schon erwähnt, daß ein Theil der Uebelstände, welche mit der Presse verknüpft sind, nicht aus ihr selbst entspringt, sons dern aus den Einflüssen, inmitten deren sie sich entwickelt. Als das ancien régime sich dem Ende zuneigte, war der dritte Stand eine ungeheure sociale Thatsache geworden, aber dennoch weigerte ich die Regierung, fie anzuerkennen. Jest ift die periodische Presse mit ihren guten und schlechten Elementen eine sociale Macht, welche alle andere tyrannifirt und absorbirt; aber die Regierungen weigern sich, sie anzuerkennen. Sie wirkt daher in einem anderen Sinne als die geordnete und geregelte Gesellschaft, welche ihr gehorcht, ohne es zu wiffen oder zu wollen, und welche sie dennoch zurückfößt. Es ist folglich ganz natürlich, daß die Presse niederreißt, was die Gesellschaft aufbaut. Es ist augens scheinlich, daß die Journale nicht weniger Deputirte ernennen als die Wähler und nicht weniger Geseze machen als die Kams mern. Und dennoch sind die Journale, diese vierte Macht, welche unumschränkter herrscht als die anderen, weder anerkannt, noch ist ihr Machtgebiet bestimmt und geregelt. Der Erie Beste, welder eine Bürgschaft und einem Tefen unterichten will, muß nimmt Theil an diefer Madr. Wer Kinder im Eefen

eine Bestallung und eine Bürgschaft haben, und der Erste Beste gründet ein Journal und legt jeden Morgen das Bekenntniß seines Glaubens, d. h. feines Unglaubens, seiner philosophischen, polis tischen, literarischen Ansichten ab. Die Polizei: Beamten müssen darauf achten, daß in der Halle reife Früchte, bei den Schlächtern frisches Fleisch, in den Bäckerladen gutes Brod zum Verkaufe ausgefeßt werden, und uns ist es noch nicht gelungen, eine libes rale und fonservative Institution ausfindig zu machen, welche Frankreich die Bürgschaft richtiger Ansichten, weiser Meinungen, moralischer Grundsäge geben könnte.

In Frankreich fürchtet man die Journale und schmeichelt ihnen, aber sie werden nicht geachtet. In England müssen sie sich gewissermaßen in die Versammlungen des Parlaments einschleichen und die Verhandlungen stehend verfolgen. Die Folgen dieser Ges ringachtung liegen am Tage. Die Journalisten, welche fern von ben Angelegenheiten gehalten werden, können auch nichts davon wiffen. Da sie nichs davon wiffen und dennoch genöthigt find, darüber zu berichten, so erfinden fle. Was von den Angelegens heiten des Landes gilt, das gilt auch von allen anderen Sachen. Die periodische Presse irrt, vermöge ihrer Stellung, faft immer neben der Wahrheit her. Bringt man ferner noch das wüßte Ges wirr unserer Gesellschaft in Anschlag, die leine Hierarchie und feine bestimmte Regeln hat, sondern in der die Plage und Aemter wie die Bratwarßte an den patriotischen Festen vertheilt werden, so wird man auch die Kampfe und Feindschaften begreifen, denen die Preffe dient. Wem man feinen Fauftschlag verseßen kann, dem verfest man einen Artikel; wen man nicht niederschlagen kann, den bringt man um die Ehre.

Dies ist die immersprudelnde Quelle des Unrechts, das bie Journale den Verfonen und den Sitten zufügen. Es if eine schändliche, abscheuliche Gewalt, welche an Allem, selbst an der Freiheit zweifeln macht. Wiffen Sie auch, was der Patriarch des modernen Liberalismus, der Freund Voltaire's, der gute und ehrwürdige Franklin, von der Freiheit der Preffe dachte? Folgens des schrieb er am 12. September 1789 in der Bundeszeitung der Vereinigten Staaten:

Ich glaube eine Kontrolle entdeckt zu haben, welche, anstatt den allgemeinen Schaß der Freiheit zu vermindern, denfelben vielmehr vergrößern wird; dieselbe bezweckt, dem Lande eine Art der Freiheit zu geben, welche ihm durch die Gefeße vorenthalten wird, nämlich die Freiheit des Stocks. Wenn in den Urauständen der Gesellschaft ein Mensch einen anderen durch böswillige Reden fchmabte, is hatte der Beleidigte das Recht, ihm durch einen

aufschlag oder, wenn der Fall noch einmal vorkam, durch eine tüchtige Tracht Stockschlage au antworten, und er brauchte nicht au fürchten, gegen irgend ein Gefeß zu verstoßen. Jest ist aber das Recht, solche Antworten zu ertheilen, aufgehoben, und jeder derartige Versuch wird als Ruheftörung bestraft, während das

Recht der Beleidigung sich in voller Kraft erhalten zu haben fcheint. Mein Vorschlag geht also dahin, die Freiheit der Presse unangetaster zu lassen und die Ausdehnung ihrer Macht in nichts au bejchranken; aber man gestatte auch der Freiheit des Stockes, gleichen Schritt mit ihr zu halten. Dann könnt Ihr auch, meine werthen Mitbürger, wenn ein leichtsinniger Schriftsteller Euren Ruf, der Euch vielleicht heurer als das Leben ist, angreifen und diesem Manifeste feinen Namen vordrucken sollte, offen und frei au ihm gehen und ihm die Haut gerben. Verbirgt er fich dages gen hinter dem Drucker, und gelingt es Euch dennoch, au ents decken, wer er ist, so könnt Ihr, feinem Beispiel folgend, ihm auflauern und ihm eine tüchtige Tracht Stockschläge aufzählen. Wenn er Schriftsteller, die geschickter als er sind, besoldet, um Euch zu verleumden, so könnt Ihr einige Sackträger dingen, welche starkere Arme haben als Jhr, und welche Euch bei Eurem Rache werk kraftigen Beistand leisten werden. Dies ist mein Plan."

Diese Worte find von Benjamin Franklin, und dennoch darf er wohl zu den wärmsten Freunden der Preßfreiheit gezählt wer den. Aber alles Gesagte bezieht sich nur auf die Uebelstände, welche aus der falschen Stellung des Journalismus entspringen. 'Wir kommen jest zu den Nachtheilen, die aus seinem Wesen her vorgehen, denn alles Bestehende, selbst die Vernunft und die Freiheit nicht ausgenommen, sind mit solchen behaftet.

Meiner Ansicht nach, schlagen Sie die Vortheile der Preß freiheit, obgleich in der besten Absicht, viel zu hoch an. Wollten Sie die großen Dinge, welche die Freiheit der Presse bewirkt haben soll, an den Fingern herzählen, so würden Sie bald zu Ende seyn; und es ist auch nicht anders möglich. Im Grunde Pann die Preßfreiheit doch nur die Freiheit seyn, Alles zu sagen, was man weiß. Wenn man aber nichts weiß, so hält man den Mund, oder man sagt Dummheiten; das Leßtere that man nun in Frankreich seit funfzig Jahren. Man hat sich so sehr in dieje Freiheit verliebt, daß man glaubt, fie allein genüge schon, und ne Pönne Studium, Kenntnisse, Erfahrung, Weisheit, die Achtung der Vergangenheit und das Mißtrauen in die Zukunft erseßen. Funfzig Jahre besteht bereits die Freiheit, Neues zu sagen, und man sagt nur Altes einzig und allein darum, weil man nichts gelernt hat. Die politischen Journale wärmen den „Contrat Social", den,,Esprit des Lois" und die Broschüren des Abbé Sienes auf, die literarischen, Laharpe's Cours de littérature" und Vols taire's Kritiken. Im Uebrigen findet man nur altersschwache und wurmstichige Ideen; man stößt auf kein Buch, zu dem das vergangene Jahrhundert nicht ein kühneres Muster lieferte. Wer hat sich in der Philosophie mehr voran gewagt als Helvetius, wer in der Politik mehr als Roussean, wer in der Moral mehr als der Abbé Raynal, wer in der Religion mehr als Lamétrie, wer in der Schilderung eines gesellschaftlichen Utopiens mehr als der Abbé von Saint Pierre? Und dennoch lebten diese verwegenen Geister, welche so táhne, so umwälzende oder fo verderble Gedanken in die Welt schleuderten, in einer Zeit, wo es teine Preßfreiheit gab. Ich wiederhole es, dieselbe bes fteht seit funfzig Jahren, und dennoch hat man sich ihrer nur bedient, um das wieder aufzuwärmen, zu verdünnen und zu ents stellen, was in einer Zeit gesagt wurde, wo sie noch gar nicht vorhanden war.

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Nicht die Freiheit, Alles zu sagen, ist das Wichtigste, sondern etwas zu wissen. Die Presse ist nur das Mittel, die Ideen zu verbreiten, aber um sie zu verbreiten, muß man sie besigen. Wenn der Journalismus wirklich eine fruchtbare Einrichtung werden will, so muß er zuvor die Ruhe der Geister, die Lerns begierde wiederherstellen; fodann muß er eine aufrichtige, ans standige, zureichende Lehrmethode einführen. Wird er es je dahin bringen? Vielleicht; doch wird jedenfalls noch viel Zeit darüber hingehen. Ich weiß sehr wohl, daß die meisten Journalisten in dem bedruckten Papiere nur ein Mittel sehen, einem Minister das Leben fauer zu machen oder einen Menschen zu verleumden; Sie fehen darin das Mittel, ein Land zu leiten und sich an die Spiße der Bildung zu segen.

Nun werden Sie auch wohl begreifen, daß,,die Schule der Journalisten" Stoff genug zu einem Stücke bor, und daß es fogar ein schöner und reicher Stoff war; nun werden Sie auch wohl begreifen, daß die Frage der Journalistik, welche Sie in Ihrem allerliebsten Briefe so obenhin behandelten, manche traus rige und ernste Ansichten gewährt. Sie werden wohl einsehen, daß es teine Kleinigkeit ist, jeden Morgen das Schicksal eines Landes, feine Verwaltung, seine Gefeße, seine Kunft, feine Wissens schaft dem gierigen Zahn der Preffe preisgegeben zu sehen, der allmålig alle Bindeftoffe sernagt, welche die Gesellschaft mit ihren Traditionen, ihren Sitten und Grundgefegen verknüpfen. Es ist zugleich ein fomischer und ergöglicher Anblick, einen folchen kleinen Atlas, welcher die Welt auf seinen Schultern trägt, mit ihr in den Staub rollen zu sehen.

Sie beklagen sich, ic fomme noch einmal darauf zurück, daß Frau von Girardin nur die Bedientenstube des Journals gezeigt habe. Aber zur Zurüftung eines jeden Feftes ist auch ein Suchenjunge erforderlich, und die schönste Frau trägt ein Skelett in sich. Und dann giebt es noch einen anderen Grand, den Körs per des Journalismus anatomisch zu zerlegen. Die Presse muß jest wie eine schöne Maschine dargestellt werden, welche ftill Reht oder doch mindestens in Unordnung gekommen ist. Für das Auge und das Ohr kann man sich nichts Großartigeres denken: die Räder des Gedankens schnurren, die Vernunft ist in voller Arbeit, die bewegende Kraft der Bildung treibt unaufhörlich. So scheint es; sieht man aber etwas schärfer hin, so entdeckt

man bald die Mängel. Es ist viel Lärmen um nichts, eine falsche Wissenschaft, eine lugnerische Tugend. Wer in das innere Triebs werk nicht hineinschaut, der wundert sich, der zweifelt, der fragt, warum die Freiheit der Presse zum Ünheite der Völker und nicht für ihre Wohlfahrt wirkt. Dann ist es Sache des Dichters, der das sieht, was den Blicken des großen Haufens verborgen bleibt, die Maschine zu öffnen, sie auseinanderzunehmen, die Schraus ben und Rader zu untersuchen und den Ursachen der Unordnung nachzuspüren. Es ist dann leicht möglich, daß der Zuschauer sic von manchen Bestandtheilen abwendet, welche nicht für den Ans. blick gemacht sind, leicht möglich, daß das feinere Gefühl durch den eften Geruch des Deles und der Schmiere beleidigt wird, leicht möglich, daß die Phantasie das Schwinden ihrer Tauschung bejammert, wenn sie das Geheimniß dieses außerlich so großar tigen und poetischen Lebens durchschaut. Aber so. geht es einmal in dieser Welt, wo Alles seine Kehrseite hat.

Sie machen also ohne Grund Frau von Girardin den Vor: wurf, fe habe in einer Gesellschaft schöner Frauen und adeliger Herren die lächerliche und schmachvolle Seite des Journalismus hervorgelehrt. Ich sage ihr meinen Dank dafür, und Sie sollten es auch thun; denn von jest an werden uns diese schönen Frauen und adeligen Herren nicht mehr mit den geistlosen und obskuren Journalisten verwechseln können, welche uns mit ihrer Schmach besprißen; von jest an wird weder Ihr glänzender Styl, noch die ehrenwerthe Kritik, nach welcher ich strebe, die Rube der Familien stören oder einen großen Künstler an den Rand der Ver zweiflung führen. Sodann werden die beiden Parteien der Jours nalisti, die im Finstern schleichende und die offen wirkende, streng geschieden seyn. Unser Antheil wird fortan ausschließlich das Studium und das Nachdenken, aber auch die Anerkennung und die Ehre seyn.

Glauben Sie mir, die Vorlesung dieses Stückes hat weder Ihnen, noch denjenigen, die in Ihre Fußstapfen treten, geschader. Auch scheint es mir, daß Sie die armen Schauspieler etwas zu hart angelassen haben. Sie wünschen, daß dieselben,,die Schule der Journalisten" nicht spielen möchten, weil ihnen die Journa listen einige Dienste erweisen und ihnen einige Ideen, leihen. Aber bedenken Sie auch wohl, daß, wenn die Schauspieler ges zwungen find, alle diejenigen, denen fie verpflichtet sind, mit Rücksichten zu bezahlen, sie auch nicht einmal die drei Monate, welche Sie ihnen zugestehen, ihr Daseyn werden fristen können. Dann dürfen sie nicht den „Médecin malgré lui" spielen, aus Rück; ficht für die Doktoren, welche sie heilen, nicht die „Plaideurs", aus Rücksicht für die Advokaten, welche ihre Prozesse führen, nicht,,Turcaret", aus Rücksicht für die Banquiers, welche ihr Geld verwalten, nicht den Bourgeois gentilhomme", aus Rücksicht für den Schneider, welcher ihre Kleider macht, nicht George Dandin", nicht den,,Avare", nicht den Menteur", aus Rücksicht für die Geisigen, die kúguer und die betrogenen Ehemanner, welche der Vorstellung beiwohnen könnten. Dann müßten fogar der,,Misantrope" und die Ecole des Femmes" vom Repertoire gestrichen werden, um nicht bei den Celimenen, welche den Schaus fpielern zutacheln, oder bei den Angelika's, welche ihnen mit ihren kleinen Handen Beifall klatschen, Anstoß zu erregen.

Fürwahr, Sie haben ein zu schönes Talent, als daß Sie es durch Taschenspielerstückchen aufs Spiel feßen sollten. Es handelt fich weniger darum, den Journalismus mit aller Gewalt zu vertheis digen, als ihm auf die rechte Weise das Wort zu reden. Die Ges brechen, welche man in den Schatten stellt, schwächen die Gründe, mit denen man lämpft. Seyen Sie nicht sowohl der Advokat der Journale, als der Patron derselben. Verkünden Sie, welche Ansprüche die Aufklärung und die Vernunft an die allgemeine Achtung und Liebe haben. Mit diesen können wir offen hervor, treten, weil sie begründet find. Noch immer bilden wir Literaten den edelsten und herrlichsten Theil der Nation. Ich möchte sogar bezweifeln, ob man je irgendwo einen solchen Areopag von Schriftstellern, Gelehrten und Kanglern, wie bei uns, gefunden bat. Sagen Sie den Advokaten, die in der Kammer figen, sagen Sie den Ministern, die Frankreich zu beherrschen glauben, obfchon sie von uns den Impuls empfangen, und die aus unseren schlechten Artikeln ihre guten Reden zusammenftoppeln, fagen Sie diesen, daß von dem Augenblicke an, wo wir der Politik unsere Stus dien, unsere Scaße von Gedanken und Erfahrungen zubringen werden, diese auch die Würde, den Adet und die Unabhängigkeit erhalten wird, welche ihr noch fehlen. Sie meinen, wir hätten nur Geißt, aber es fehle uns an gesunder Vernunft. Das ist lächerlich, denn der Geist iß die zarteßte Blüthe der Vernunft. Sagen Sie diesen Menschen, was, wir sind und was wir zu seyn verdienen Sie find es ja recht eigentlich, die nicht drei Monate leben würden, wenn wir nicht täglich von ihnen sprachen. Brins gen Sie diefen in Erinnerung, daß Frankreich nicht die Herrs fchaft der rothen Strümpfe gestürzt hat, um sich unter den Druck eifenbeschlagener Schuhe zu bringen. Sagen Sie diefen, daß auch mir, die Philosophen, die Publizisten, die Dichter, die Schrifts Ateller, fie von ihrem Phuge weggeholt haben, obgleich fein Eincinnatus unter ihnen ist, um ihnen die Regierung Frankreicis ans zuvertrauen, die wir ihnen nehmen können, wie wir sie ihnen gegeben haben. Sagen Sie diesen, daß auch wir uns in dem Atrahlenden Lichte des Ruhmes und des Ansehens sonnen wollen, und daß, wenn wir den uns gebührenden Pläß nicht schon längst eingenommen haben, dies nur daher rührt, daß die Vernunft ges duldig ist, weil ihr die Ewigkeit gehört.

Granier de Cassagnac.

Nord-Amerika.

Die Quellen des Wakulla in Florida.

Das kleine Dorf St. Markus_liegt_in_Mittel- Florida, sechs Meilen von Talahasse entfernt, dessen Meerhafen es, so zu sagen, ift. Eine Eisenbahn, die freilich viel zu wünschen übrig läßt, verbindet beide Punkte und dient zum Transport der ungeheuren Baumwollen Sendungen, welche aus bedeutenden Entfernungen nach diesem Markte des Innern zusammenftrömen. Das St. Markus:Schloß, welches die Spanier vor mehreren Jahrhunderten erbaut, das jeßt aber ganz verfallen_ist, hat eine vortreffliche Lage am Zusammenflusse des St. Markus Flusses und des Wakulla, die sich dann einige Meilen tiefer in den Merikanischen Meers busen ergießen. Die Quelle des leßteren Fluffes ist im ganzen Lande berühmt, und obgleich die darüber umlaufenden Gerüchte fehr übertrieben waren, so erregten sie doch in hohem Grade meine Neugierde, und ich beschloß, fie selbst aufzusuchen. Die Banden der Seminolen, welche zu dieser Zeit das Innere des Landes sehr unsicher machten, nöthigten mich indeß, diese Reise mit einem zahlreichen Gefolge anzutreten.

Es ist unmöglich, von der zauberischen Schönheit der Lands schaft eine Vorstellung zu geben; die frische und üppige Veges tation, die Klarheit des himmelblauen Wassers, die uns umges bende Stille verseßten die Seele in eine heilige Stimmung, deren sich selbst die rohen Menschen, die mich umgaben, nicht erwehren fonnten. Unbeweglich saßen sie da, als wenn sie ges fürchtet hatten, die tiefe Stille durch ein menschliches Gerdusch zu entweihen. It is beautiful, very beautiful, Sir", sagte einer zu mir und rief mich aus der idealen Welt, in der ich weilte, in die Wirklichkeit zurück; ich_befahl, an dem freisten Orte anzulegen. Es wurde nun ein großes Feuer angezündet und ein Mahl bereitet. Das Wasser der Quelle ist sehr trinkbar, obgleich das des Fluffes übelschmeckend ist; an einigen Stellen schien dieses sogar einen leichten Schwefelgeschmack zu haben; die Magnetnadel ers litt in demselben keine merkliche Abweichung.

Wir lagerten am Ufer des Flusses. Unsere Leute entdeckten auf einem Baumstamme das grob und vor kurzer Zeit einges schnittene Bild eines Tigers; wir ersahen daraus, daß der Ins dianische Häuptling Tigers Tail (Tigerschweif) sich in der Nähe aufhalte, denn durch derartige Symbole bezeichnen die auf einem Kriegssuge befindlichen Schaaren der Wilden den Weg, den fie eingeschlagen haben. Dies veranlaßte uns, während der Nacht auf unserer Hut zu seyn; wir wurden indeß nur durch das ferne Gebrüll der Panther gestört.

Am folgenden Morgen fand einer von unserer Gesellschaft unter seiner Lagerstätte eine große Klapperschlange, and wir be merfien außerdem eine bedeutende Anzahl von Wasserschlangen, welche hier unter dem Namen Mocassins bekannt sind; auch fingen wir eine männliche Schildkröte (trionyx). Unsere Rück fahrt ging rasch von Statten, obgleich ich mehrmals anlegen ließ, um Pflanzen zu sammeln.

Die Thatsache, der ich nicht Glauben beimessen wollte und von der sich mir dennoch die Ueberzeugung aufgedrängt hatte, war die, daß ein Fluß, der an mehreren Stellen die Breite der Seine hat, plöglich, und nur sechs oder sieben Meilen von seiner Mündung entfernt, aus der Erde hervorspringen_sollte. Woher tommt nun eine so ansehnliche Waffermasse? Die einzige ans nehmbare Erklärung scheint mir die zu seyn, daß der Fluß durch unterirdische Kandle mit dem Jackson: See in Verbindung steht, der eine ziemlich starke Strömung in derselben Richtung wie der Fluß hat, obgleich_beide_fehr weit von einander entfernt liegen. Uebrigens ist auch Florida reich an unterirdischen Gewässern, und in diesen tiefen Höhlen verbergen sich zuweilen die Alligatoren. Mehrere Flüsse, strömen eine Zeit lang unter der Erde fort und tommen erst wieder in einiger Entfernung zum Vorschein. Auc findet man fast überall Seen von bedeutender Größe, welche eine mehr oder minder merkliche Strömung haben.

Am 18. Februar 1838 um 6 Uhr Morgens verließ meine Pleine Expedition, die aus drei Schaluppen und zwanzig gut bes waffneten Männern bestand, den Hafen, und nachdem sie das vorspringende Fort_umschifft hatte, lief sie in den Fluß ein, der an dieser Stelle sehr breit ist und deffen niedrige und fumpfige Ufer nur mit einigen Zedern und Fichten bedeckt sind. Der Wor gen war sehr kalt für diese Gegend, denn das Thermometer gab nur 7 Grad an, während wir vor zwei Tagen eine Temperatur von 25 Grad gehabt hatten. Ein heftiger Sturm war der Grund dieses plößlichen Temperatur Wechsels, der in Amerika sehr häufig eintritt; im Wasser stieg das Thermometer auf 12 Grad. Kaum waren wir eine halbe Mcile gesegelt, als die Scene sich pldßlich änderte und die Windungen der Ufer mit dichten Wäldern bedeckt erschienen. Die Natur nahm den Charakter einer großartigen Wildheit an, welche mächtig auf unsere Stimmung wirkte. Eichen, Zedern, Katalpa's standen dicht aneinandergedränge und waren von Lianen und wilden Weinreben eng umschlungen; dazwischen traten dann wieder die ungeheuren Magnolien und die riesens haften immergrünen Eichen mit dem fafugen Grün ihres Laubes hervor; Kaftuffe und Yucca's bedeckten den Boden und machten durch ihre langen Stacheln diefe Waldungen ganz undurchdrings lich. Von allen Baumzweigen hingen Tillandsia's herab, welche von fern wie lange Schleier erschienen und der ganzen Gegend einen düsteren Anblick geben, der noch dadurc daß fie allgemein als Beichen der Ungesundheit betrachtet wird, Uebrigens war die Vegetation so frisch wie mitten im Sommer, und die verschiedenen Färbungen des Laubes bildeten eine der schönsten Kontraste. Allmdlig bevölkerten auch zahllose Thiers schaaren die Eindde. Unter den Vögeln bemerkte man Pelikane, Reiher von blendender Weiße (Psittacus carolinensis), viele Arten von Kranichen, Enten, Anhinga's, Elstern. Der große weißköpfige Adler schwebte majestätisch über unseren Köpfen auf, und um unsere Bote tummelten sich Alligatoren von 12-15 Fuß Lange, welche, bald still im Waffer ruhend, nur die Augen und die Schnauze hervorstreckten, bald blißschnell vorüberschwammen oder ihre kurzen und dicken Körper im Schlamme wälzien.dern dieser hat auch in einigen Deutschen Blättern Wiederhall geMehreremale sahen wir auch die Nester der Kartenwespe, welche fich in den höchsten Zweigen einnister.

Wir hatten gegen eine starke Strömung zu kämpfen, und in jedem Augenblicke traten uns größere Hindernisse entgegen. Der Strom verengte sich, und die Krümmungen würden immer zahl reicher; an manchen Stellen war er nur 2–3 Fuß breit, wch. rend doch die mittlere Breite auf 12—15 angenommen werden fann. Kräuter, Schilf und Rohr erschwerten unser Vorrücken, und ungeheure Baumstämme, welche im Fluffe lagen, machten es fast unmöglich. Nur mit der Art in der Hand konnten wir uns einen Durchweg eröffnen.

Später waren die Ufer mit ungeheuren Cypressen beseßt, und es war feine leichte Aufgabe, unsere Bdte durch diese mach tigen Bäume, die so gewaltige Wurzeln treiben, hindurchzubrin gen. Als wir noch eine Weile vom Ziele unserer Wanderung entfernt waren, zeigte das Thermometer 101 Grad; ins Wasser gesenkt, stieg es schnell auf 17. Endlich bemerkten wir eine Lichtung, und die Aussicht auf ein baldiges Ende unserer Mahe verlieh uns neue Kraft zur Ueberwindung der noch übrigen Schwierigleiten. Bald langten wir auch in dem großen ovalen Grunde an, dem die Quellen entstromen. Die Breite, welche wir maßen, beträgt 300 Fuß, die Tiefe 76, doch soll sle an einer anderen Stelle 100 Fuß übersteigen. Die Temperatur der Obers fläche beträgt 174 Grad; an das Senkblei gebunden und in die Tiefe geworfen, seigt das Thermometer einen halben Grad weniger. Das Wasser ist von so bewundernswürdiger Klarheit, daß die Pflanzen, welche auf dem Grunde wachsen, und die Fische, die darin umherschwimmen, deutlich wahrzunehmen sind. Ein Kallfels Backen, welcher das Becken durchschneidet, scheint ich bis zur Oberfläche des Wassers hervorzuftrecken, aber das Gentblet belehrte uns, daß er 30 Fuß unter dem Wasser ruht. Die Bdte schienen über einem bodenlosen Abgrunde zu schweben, und dieser Eindruck war so mächtig, daß mir der Kopf schwin delte und ich mich an den Rand des Bootes anklammerie.

Graf von Castelnau.

Mannigfaltiges.

Professor Lerminier und die Deutschen Zeitun gen. Die unwürdige Art und Weise, in der der Französische Profeffor Lerminier auch in diesem Jahre verhindert worden, seine Vorlesungen über Rechtsphilosophie zu halten, ist nicht bloß in Pariser Zeitungen mit höhnendem Jubel verkündet worden, son,

funden. Wir sind nicht etwa Willens, den Pariser Zeitungen ges. genüber, die politischen Ansichten des Herrn Lerminier zu vertheis digen wir wollen sogar vorweg einräumen, daß, wenn es sich darum gehandelt hätte, den Professor zum Mitgliede der Deputir tenkammer zu erwählen, die Areng prüfenden Wähler vollkommen berechtigt gewesen wären, den Kandidaten abzuweisen. Aber jene Zeitungen und noch mehr die ihnen nachbetenden Deutschen Blät ter möchten wir fragen, was sie denn eigentlich unter Freiheit des Unterrichts verstehen, wenn sie es gutzuheißen wagen, daß ein Gelehrter darum, weil seine politischen Ansichten mißfällig sind, vom Lehrstuhl heruntergetrommelt und an Vortragen gehindert werde, die der Wissenschaft angehören und mit der Politik nichts gemein haben? Falls die Regierung einem Professor seine Vor: lesungen untersagte, weil ihr seine politischen Ansichten mißfielen, würden jene Zeitungen gewiß nicht unterlassen, dieses Verfahren als eine Verlegung der Unterrichtsfreiheit zu bezeichnen; warum haben nun dieselben Blätter kein Wort des Tadels, ja jogar nur Ausdrücke des Hohns und der Schadenfreude da, wo nichts wei ter als jugendlicher Uebermuth die Schüler antreibt, sich zu Rich; tern über die politische Gesinnung ihrer Lehrer aufzuwerfen? Als Mann der Wissenschaft hat Herr Lerminier seine Berechtigung hinreichend dargethan, um in dieser Eigenschaft auch von den öffentlichen Blättern gekannt und geachtet zu werden. Am allers wenigsten aber sollten Deutsche Journale in den Ton der Fran: zöfifchen einstimmen; denn gerade Deutschlands Philosophie, Deutschlands Unterrichtsfreiheit ist es, die Herr Lerminier in allen feinen Schriften hochstellt, welche überhaupt von der Art find, daß fle ihm nur die Achtung des Lesers gewinnen können. Wenn daher dasjenige, was in einigen Deutschen Zeitungen über den leßten Unfug der Pariser Studirenden gesagt wurde, die Französischen Blätter zu der Ansicht verleiten sollte, daß man auch in Deutschland solchen Unfug allgemein gutbeiße, so ist dies, wie wir, auf das Urtheil vieler kompetenten Männer gestüßt, versichern können, ein außerordentlicher Irrthum.

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Nanamern. PränumerationsPreis 224 Egr. ( Thlr.) vierteljährlich, 3 Thir, für das ganze Jahr, ohne Er: bebung. in allen Theilen ter Preusischen Movarcie.

A 152.

Ma ga j in

für die

Beiblart der Aug. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provin, so wie im Auslande bei den Wobuöbl. Post - Nemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 20. Dezember

Frant r e ich.

Skizzen aus dem Jagdleben. *)

Auch in dem Französischen Jagdleben hat die Resolution von 1789 eine ganzliche Umwandlung herbeigeführt, und der Jager aus der Gegenwart gleicht dem vor Diesem ungefähr so, wie ein Kramer, den seine Million adelt, dem Herzog von Buckingham oder dem Marschall von Richelieu. Die Gründe dieser Verandes rung sind nicht schwer einzusehen; ehedem gehörte die Jagd zu den Ergosichleiten einer kleinen Zahl von Beverrechteten, und da die liegenden Grände bei der Familie verbleiben mußten, fo jagten die Söhne in demselben Revier, in dem ihre Vdter gejagt und sich ausgezeichnet hatten; es pflanzten sich die erworbenen Fertigkeiten fort, so wie die Sprache, Methoden und Gebräuche, und Jedermann machte sich ein Studium daraus, um sich nicht dem Ladel der Einflußreichen und Kenner auszusehen. Die stets gezückte Waffe des Lächerlichen, über dem Haupté des Neulings schwebend, unterhielt die Furcht und den Eifer, weil in Franks reich solche Wunden den Tod geben. Den Augen des Laien seigte sich die Jagd als eine von Geheimnissen strøßende Kunst, als cine Art von Freimaurerei, wo man nur nach einem langen Noviziat Meister werden konnte. Wie heutzutage alle unsere Truppen in Kleidung und Manöver uniformirt find, so hatten die Jäger der alten Zeit gleichsam nur Eine Art von Tracht, Kunftsprache und Jagd: Praris. Daher ist es leicht, die Züge zu dem Bilde eines solchen Mannes zu entwerfen: ein Lands Edelmann im Treffenrocke, wie man ihn noch in den Boskets der Opéra-Comique sleht, den Kopf mit einem Federbarett bedeckt, ein Mann, der in gewählten Ausdrücken über die Schlacht bei Malplaquet und Fontenoi, über Zehnender und dreijährige Eber, Rebhühner, Kaninchen und galante Abenteuer spricht. Von einem Ende Frankreichs zum anderen, auf den gemeinschaftlichen Jagds Zusammenfünften, in diesen Assembleen des Waldbezirks, athmete Alles einen Wohlgeruch orthodoxer Kunstsprache, handelte man nach den Regeln der guten Jagdfitte, und nicht Ein Wort, das nach Keßerei roch, stórte durch unbefugtes Eindringen in die Ges sellschaft die hergebrachten Ideen, bei denen man sich wohlbes fand. Die in den Ebenen oder Forsten fanctionirten Gewohns -heiten pflanzten_sich in den Salons, am Hofe, in den Schlafı zimmern fort. Sedaine hat diese Epoche gut charakterisrt, wenn er den Baron von Clainville sagen läßt: 7,Madame, verdammie Schliche! Wir scheuchen das Wild aus dem Gehölz von Sals veux, unjere Hunde verlieren die Fährte; ich vermuche einen Abs sprung, wir finden sie wieder auf. 3 rufe Brevant zu, daß wir deren wieder sehen; er behauptet das Gegentheil. Ich aber fage: Siehe doch! die Vallen voll, die Flanken dick, die Schalen rund, die Klaue breit; es dankt mich, es ist eine gelte Hirsch, luh oder ganz gewiß ein Zehnender." Das ist lebhaftig der Jager von Ehemals, den Kopf angefüllt mit seinem Wörters buche, immer in Kunstausdrücken redend, selbst wenn er sich an Damen wendet.

Schwierig ist es, das Bild des jeßigen Jägers zu entwerfen. Er tritt in so mannigfaltigen Gestalten auf, nach dem Lande, das er bewohnt, dem Vermögen, das er befigt, dem Range, den er bekleidet, daß er, ein neuer Proteus, dem Maler unerfaßbar wird. Er ist ein lebendiges Kaleidoskop, zeigt uns landjunkerische, stußerhafte, komische, ernste, groteste, famastische Gestalten, und selbst wenn man sie schon im Umriß entworfen zu haben meint, zeigen sie sich in der nächsten Sizung wieder verändert. Ehemals mußte man, um zu jagen, ein vornehmer Herr seyn; heute, wo es keine vornehme Herren mehr giebt, jagt Jedermann. Man erlangt die Berechtigung dazu, daß man des Jahres die mäßige Summe von 15 Franken in das Weer des Budgets einlaufen läßt. Was fage ich? Unter benen, welche die Ebene mit der Flinte auf der Schulter durchftreichen, möchte man vielleicht eben so viele Rebellen gegen das Gesez des Waffentragens finden, als solche, die demselben sich unterworfen haben. Es ist leicht zu begreifen, daß, nachdem dieses Privilegium, früher im Befits einer einzigen Klasse, aufgehört hat, ein solches zu seyn, und der ganzen Gesellschaft zur Rußnießung freißteht, die Physiognomie des Jdgers sich verändern mußte. Er hat keinen eigenthümlichen

*) Aus dem Französischen Skizztubuche: Les Français,

1839.

Charakter mehr, hat seine Einheit verloren. Soll eine Schilder rung möglich werden, so massen wir eine Klassifizirung vornehmen. Zuerst kommt der echie Waidmann, dann der Kramer, der Alles todt macht, endlich der Dandy, der Nichts tödtet. Jede dieser Haupts Rubriken hat wieder ihre Unter Abtheilungen, die oft nahe an einander gränzen oder gar in einander übergreifen.

In unserem goldenen Jahrhundert, d. h. wo Gold über Alles geht, verdrängt die Aristokratie der Thaler die der Wappen. Wie das Vermögen auf der einen Seite zunimmt, nimmt es auf der anderen ab, weil bei dem ewigen Wechsel hier unten die Waags ibale des Glides sult, wenn e dräben Reigt. Die Einen arbeiten, gewinnen, kaufen Hunde und Jagdrecht, die Anderen sehen mit verschränkten Armen zu und verlieren. Wollen fie das Gleichgewicht erzwingen, so geben sie ihre Equipage auf und verkaufen ihre Jagd an die reichen Kramer in der Stadt. Wie viel Adelige wußte ich nicht zu nennen, die, ob sie gleich in grauen Schlössern mit Gothischen Thürmchen wohnen, ihrem Maurer oder Dachdecker die Erlaubniß, Hasen zu tödten, vers Pauft haben, und diese, um die bedeutenden Kosten nicht allein zu tragen, bringen die Jagd, wie andere gewerbliche Unterneh; mungen, auf Actien unter, affociiren sich mit dem Bäcker, dem Schneider, dem Rentier, dem Winkels Kaufmann. Wenn der bes dungene Tag herannaht, wälzt sich eine neue Bevölkerung über das herrschaftliche Terrain, das sich mit Staunen vom Burger: volke angefallen sieht. Solche Verbindungen finden sich heute in allen Klaffen; die großen Financiers miethen die Königlichen Parken und bilden sich ein, daß ihre Jagden denen Ludwig's XIV. gleichen, wovon sie nur eine gemeine Karrikatur sind. Was chader's? Genug, es giebt Gelegenheit, seine Jagdhunde in Zahlung zu bringen, seine Parforce Jager bei Pramien Vers Paufen anzuschlagen, seine Leithunde als Acceffit bei Baarzähluns gen zu diskontiren und seine Hirsche, Wölfe, wilden Schweine beständig im Munde zu fåhren, die erfolgreichste Aristokratens Sprache, welche von Allen, die sie hören, bewundert wird. So spielen diese Pachter die Rolle des Landadels und gewinnen das Recht, zu sagen:,,meine Jagd",,,mein Revier Jager",,,meine Rebhühner". Herrliches Beispiel von den Folgen der Aufklärung! Ehemals sammelte man Kapitolien zu Handels- Speculationen, in unseren Zeiten tritt man zusammen, um das gewonnene Geld wieder auszubringen. Die Erlaubniß, durch Felder und Wälder zu birschen, ist, wie ein Lager von Steinkohlen oder Erdhara, auf Actien untergebracht; schon zerlegen sich diese Actien in Coupons von einem Tage Dauer, und späterhin werden sie sich auf eine gewisse Portion Funrenschüsse reduziren lassen.

Ein großer Graudbeniger ist, in richtiger Schung der fynegerischen Wuth seiner Zeitgenossen, auf den glücklichen Eins fall gekommen, das Jagen auf seinem Gebiete vermöge einer Tare, die trefflich mit seinen Interessen harmonirt, zu erlauben. Man zahlt fünf Franken, um seine Ebenen zu durchstreichen, zehn Franken, um seine Forsten zu betreten, und für jeden Schaf die Kleinigkeit von zwanzig Sous. Ist ein Wild erlegt, so vers langt man funfzig Centimes mehr von dem Schůzen, der sie in der Trunkenheit des Erfolges nicht gut mit Anstand verweigern Pann, und will er sein Wildpret forttragen, erhebt der Aufscher einen neuen Tarif: zehn Franken für einen Fusan, fünf Franken für einen Hafen, vierzig Sous für ein Rebhuhn u. f. m. Wahrs haftig, dieser Biedermann versteht sich aufs Spekuliren! Es falle mir dabei die Geschichte eines Wucherers ein, der zu feiner Frau sagte:,,Der und der wird kommen, ich leihe ihm 1000 Franken, aber da ich die verabredeten Zinsen im Voraus erhebe, so wirst Du ihm, gegen Aushändigung seines Wechsels, der erst in swei Jahren fällig ist, baare 300 Franken zustellen." ,,Thor", ants wortete fle ihm, warum liehst Du sie ihm nicht auf vier Jahre? dann hättest Du ihm gar nichts herauszuzahlen." Diese Actien Andern oft den Herrn. Heute ist man Jiger, morgen nicht mehr. Wie geht das zu?" Ganz natürlich; Bank-Ereignisse, Börsens spiel oder der Handel mit trockenen Pflaumen führen gemine uns vorhergesehene Wechselfälle herbei; man muß, um den Ruin zu vermeiden, die Ausgaben beschranken.,,Actien zu verkaufen", liest man in den Journalen, förmlich einregistrirt wie Eisenbahns Actien; fle werden folportirt, sind dem Steigen und Fallen unters worfen, und am Schlusse des Monats, wenn der fatale Zahl, Termin da if, treten die Bedrängten fle den Glücklicheren ab, um wichtigere Schulden zu decken." Die Ungewißheit, wie lange

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