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grdßlichen Höhlen die armen Teufel aufgesucht, die von Gift, Schmdhungen und Lügen leben, die mit Verleumdungen ihr tag liches Brod verdienen, und die dennoch mehr zu beklagen als schädlich find? Sie sind ja nur die unschädlichen Insekten eines großen Körpers, der ihre Stiche gar nicht fühlt! Was that dem Löwen der Floh, der in seiner Wahne nistet? Diefen haben Sie gesucht, Madame. Sie hatten die lange Liste der Journalisten vor Augen, auf der alle glorreiche Namen eingeschrieben sind, welche das Geschick Europa's feit 1789 geleitet haben. Hier Rehen Mirabeau, Madame Roland, Bailly, Barnave, Lameth und aus einer späteren Zeit der General Zon, Benjamin Constant, die beiden Bertin's. Wie wäre es aber möglich, alle Journalisten zu nennen, welche die Welt aufgeklärt und gebildet haben? Kennen Sie nicht Chateaubriand's Kämpfe für den Frieden, die Freiheit und den Glauben? Anstatt aber die Schriftsteller aufs zuzahlen, welche der Stolz ihres Landes und des Journalismus waren, fragen wir lieber, welcher irgend bedeutende Mann in unserer Zeit nicht Journalist gewesen ist. Guizot, Oditon Barrot, Mauguin, Berryer sind_Journalisten. Das Journal ist unsere Rednerbühne, ist unser Forum, ist das politische Leben, ist die Stimme, welche zu Allen dringt, ist die Gegenwart, welche die Zukunft herbeiruft. O, wie beklage ich Sie und Ihren edlen Geist, daß Sie sich zu so ohnmachtigen Declamationen haben verleiten lassen! D, wie beklage ich Sie, daß Sie sich nur mit diesen schmachvollen und elenden Einzelnheiten beschäftigt haben, ohne auf den Gesammtzustand einzugehen. Sie haben sich, theure Dichterin, ich muß es offen und frei sagen, auf den untersten Standpunkt der Frage gestellt. Sie haben nur nach unten ges blickt, nicht nach oben, nicht zur Seite. Sie haben uns mit vielem Geiße und Talente die Bedientenstube des Journalismus geschildert. Wer aber, frage ich Sie, der sich an eine glanzende, mit Krystallgefaßen und Blumen geschmückte Tafel jeßt, wird wohl in die schmußigen und schmierigen Löcher hinabsteigen, wo die Saucen gebraut werden? Sie hatten ein Glas voll edlen Weines in der Hand, und Sie denken nicht daran, daß die Füße eines fchmuzigen Winzers die Rebe gepreßt haben. Wer laßt fich den Genuß des Brodies verkümmern, weil der Bäckerbursche den Teig mit seinen schweißigen Händen gefnetet hat? Eine Komödie macht man nicht, indem man mit dem Halen des Lumpensammlers in dem Auswurfe des Lebens umherwählt. Wenn ich Ihnen nun gar erst sagen wollte, was die kühnsten Kriegsführer, die tapfersten Heere thun, ehe fie zur Schlacht gehen was liegt daran, wenn die Schlacht gewonnen wird? Wenn der Richter auf seinem Richterstuhle sigt und Recht und Unrecht abwagt, was tammert's mich, ob er am Morgen ein reines Hemde angezogen hat? Molière's Tartuffe würde gewiß noch schrecklicher_anzusehen seyn, wenn der Dichter ihn uns ausfäßig und mit Geschwüren bedeckt gezeigt hätte. Aber Molière last als großer Dichter feinen Seinheiligen, ehe er ibn aufs Theater, bringt, von Kopf bis zu Suf von Drgon an Pleiden. Und Sie, elegante Dame, wollten etwas darauf zu Gute thun, wenn das Parterre über die Lumpen der Literaten lachte, wie über die Lumpen Robert Macaire's und feines würs digen Freundes Bertrand.

Es ist mir unmöglich gewesen, den ersten Akt der „Schule der Journalisten" zu billigen. Derselbe ist eine Orgie ohne Wahrheit, die Sie irgend einem schlechten Romane des Herrn von Balzac entlehnt haben. Angenommen auch, es gehöre so wenig Geist und Talent zur Redaction eines Journals, wie Sie vorausseßen, so modre doch die Feier einer Drgie immer ein sehr ungeeigneter Beitpunkt. Sie wissen sehr wohl, daß eine nur irgend vernünftige Seite nicht unter den Ausdünstungen des Weines geschrieben werden kann. Ich frage Sie, die zum Hand werke gehören, kennen Sie viele Schriftsteller, welche ihr Leben mit Ehen, Trinken und Singen ausfüllen, und die fich zum Ueberfluffe die gröbsten Beleidigungen fagen? So geht es ja nicht einmal in einer Gesellschaft von Lumpensammlern und Dieben zu. Jedes Gefchaft, selbst das schändlichste, erfordert eine Zeit der Arbeit und der Besonnenheit. Der Mörder, welcher feinem Opfer auflauert, bleibt nüchtern und wartet, um sich zu berauschen, bis er den Wein mit Blut mischen kann. Und doch foll der Journalist gerade den Augenblick, sich zu berauschen, wählen, wo er der Besonnenheit, des Styles and des Geistes am dringendsten bedarf! Als Beweis führten Sie in der Unters haltung, die sich zwischen uns in Ihrem Salon entspann, einen Mann an, der den gebildetften Gefchmad, das fiberfte Urtheil hatte, einen der größten Schriftsteller, auf den Frankreich in einer befferen Beit Rols gewesen seyn würde. Dieser Mann, fagten Diefer Mann, fagten Sie, war berauscht, als er einen Journals Artikel schrieb, der als eines der schrecklichsten Kapitel in der Geschichte der Zeit figurirt. D, wie wenig Fannten Sie diesen Mann), wenn Sie glauben Ponnten, er habe in dem Zustande, in welchen ihn feine unglück felige Leidenschaft verfeste, eine Beile geschrieben. Im Gegens theil, er achtete die Französische Sprache so sehr, daß, wenn er fich einmal zum Schreiben anfchickte, was freilich selten geschah, er sich dazu durch eine lange Enthaltsamkeit vorbereitete. Wenn er die Feder in der Hand hatte, trant er nur Wasser. Den Artikel, vo von dem Sie sprechen, dieses Mene, tekel, phares, wel ches einer Monarchie den Todesfreich verfeste, schrieb er mit tüblem Blute und in vollkommen nüchternem Zustande. Wenn der Wein ihn begeistert hatte, würde er dide Bande hinterlassen

Es ist hier Etienne Berguet gemeint, der Verfasser des Artikels im Journal des Débats, welcher mit den Worten: „Unglücklicher König! unglückliches Frankreich!!! schloß.

haben, während wir jest nur wenige unvergångliche Seizen von ihm besigen. (Schluß folgt.) #yanneh Bibliographie.

Les Guépes. (Die Wespen.) Unter diesem Aristophanischen Titel hat der Schriftsteller Alph. Carr angefangen, auf eigene Hand eine Monats: fchrift herauszugeben, mit der er der Tagespresje, gleichviel, ob sie dem Ministerium oder der Opposition huldige, selbständig entgegentreten will. Herr Carr geht von der Ansicht aus, daß alle Zeitschriften ents weder durch ihr Publikum oder durch ihre Protektoren und Actionnaire eine einseitige Richtung erhalten, die er vermeiden will. Wer leistet jedoch Gewähr gegen die Einseitigkeit des Herrn Carr?

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Canton zerfällt in zwei Städte, die innere und die dußere. Eine sehr alte Mauer mit Zinnen trennt beide Städte von einander: diese Mauer ist 20 bis 25 Fuß dick und in gewissen Zwischens raumen von gewölbten Thoren durchbrochen, die man am Abend verschließt. An einem dieser Thore dürfen die Fremden in außerordentlichen Fällen ihre Petitionen abgeben. In der innes ren Stadt residiren der Vice-König und die übrigen ersten Behör den; man erkennt ihre Behausungen an zwei sehr hohen Masten, von denen jeder eine Kugel trägt. Es ist den Fremden ausdrück lich verboten, die innere Stadt zu betreten; und wer diesem Verbote zuwider handelte, der würde sich den größten Gefahren ausießen, aber in der dußeren Stadt, die allein schon über eine halbe Million Bewohner zählt, darf man sich ergehen, so viel man will. Beide Städte sind in gleichem Style erbaut; die mit großen Steinplatten gepflasterten Straßen haben kaum sechs. Fuß Breite; und die vornehmsten derselben jind an beiden Seiten mit unzähligen Kaufmanns Läden versehen. Nichts ist malerischer oder, beffer gesagt, grotesker, als der erste Anblick einer Chines flichen Straße. An jedem Laden befindet sich ein coulissenartig angebrachtes Brett, das vom Boden bis zum Dache reicht. Auf allen diesen Brettern, deren Farbe abwechselnd roth, blau, grün, gelb u. f. w. ist, prangen kolossale Charaktere aus Kupfer oder vergoldetem Holze, die uns über den Namen des Kaufmanns. und die Gegenstände seines Handels Auskunft geben. In den Straßen selbst ist (ohne Zweifel schon wegen ihrer Enge) ein Lärmen und ein Gedränge, von dem die bevölkertsten Straßen Europäischer Hauptstädie keinen Begriff geben: wir schoben uns oft mehr vorwärts, als wir gingen, und dennoch bekamen wir feine Kopf oder Rippenstöße, obschon selbst Eastträger mit unges beuren Lasten dicht neben uns sich Bahn brachen. Als ich mich in diefer wogenden Mafie sum erkenmale wurde mir wirtlich etwas unheimlich au muthe; denn ich ges dachte der zahlreichen Beispiele von Gewaltthätigkeiten, deren Opfer andere Europder geworden waren und von denen ich erst gestern Abend hatte erzählen hören. Vielleicht ist Manches übers trieben; wie dem aber auch seyn môge, so kann ich wenigstens vers sichern, daß mir und meinen Begleitern während unseres ganzen Aufenthalts auf Chinesischem Boden keine Art von Schimpf widerfahren ist.

fab,

Die dußere Stadt Canton ruht, wie Amsterdam, auf Pfählen in einem schlammigen Boden und ist so vor den Ueberschwems mungen des Flusses gesichert, dessen Wasser zur Fluthzeit unter den Straßen fließt. Europäische Bauten würden für dieses kunsts liche Terrain zu schwer seyn; aber das Material der Chinesischen Häuser, die außerdem im Durchschnitte nur aus einem Erdgeschoß und einem niedrigen oberen Stock bestehen, ist sehr leicht. Dens noch fab ich ein Gebäude aus Quadersteinen, dessen Alter man anf 2500 (?!) Jahre berechnet. Die Stadt erstreckt sich auf einer Linie von ungefähr zwei Französischen Meilen in westöstlicher Richtung langs dem Flusse; ihre Breite bis zur Mauer der innes ren Stadt beträgt wenigstens eine Weile.

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Wir hatten auf unserer ersten Wanderung durch diese Pleine Welt von wimmelnden Gaffen hauptsachlich den Zweck, eine weit vom Thore entfernt liegende große Fabrik lackirter Waaren in Augenschein zu nehmen. Das Revier der Fleischer und Viktuas lien Händler, welches wir zuerst betraten, ist dußerst sehenswür dig; hier find alle Laden mit genießbaren Dingen der drei Naturs reise angefüllt; alle Elemente der Küche, roh und gefocht, todt. und lebendig, in buntester Mischung. Die Fleischer in Canton brauchen von den unsrigen nichts zu lernen; man sleht nirgends beffer gehauene Ochsen: Viertel, schönere Hammel, appetitlichere Côtelette's und fetteres Rüffelvieh. Kennst Du auch jenes Thier, deffen Fleisch so absonderlich lecker aussieht? Ach! es ist der Fund, der treue Gefährte des Menschen, den er nach seinem Tode hier ernähren hilft. Betäubt Dich nicht das Geschnatter der Moriaden Enten, die in haushoch über einander getharmien dfigen stecken? Und nun fleh einmal, wie meißerlich der Chinese die gefangenen Fische lebendig und gefund zu erhalten versteht! Aus einer machtigen Kufe, die als Reservoir dient, steigen Springbrünnchen empor, und fallen in eben so viele kleine, mit Flichen angefüllte Zober. Ich eile raidh an den Gestellen vors aber, auf welchen Schwalben Nester, Bauchflossen von Haifischen und tausend andere Delikatessen für verwöhntere Gaumen fymmes trisch rangirt find. – Nach den Magazinen mit Efwaaren koms men die Kleider Magazine; man hat hier die Wahl ol unter fer

fertis

gen und ganz vollständigen Anzügen für alle Bürger Klassen, von der schlichten baumwollenen Tunika des Handarbeiters bis zu dem Postbaren seidenen Gewande des höheren Würdenträgers, das mit blaudugigen und rothsúngigen goldenen Drachen prangt. Etwas weiter ab liegen die Kaffeehauser, oder vielmehr die Theebuden, wo man den Thee so heiß trinkt, daß nur ein Chinesischer Gaumen unverlegt bleibt. Hier bemerkte ich zum ersten Male viel mehr Einfachheit und viel weniger Luxus, als in Europa. Die Café's von Canton haben weder loftbare Spiegel, noch marmorne Tische, noch reich geschmückte Büffers aufzuweisen; einige Banke und ein ordinairer Tisch sind das ganze Mobiliar. Auf dem Tische stehen Täßchen, nicht viel größer, als Fingerhute; aber diese Taßs ben enthalten auch einen Schluck Thee, wie man ihn nur in Canton zu bereiten weiß, selbst unter den niederen Ständen. Uns mittelbar an die Tscha pu's (Theebuden) stoßen die Magazine der Tabackshändler, die ihre Waare dadurch am besten zu empfeh len glauben, daß fie, mit befriedigender Miene am Boden kauernd, aus ihren langen schwarzen Pfeifen schmauchen und die blauen Wölkchen dem Vorübergehenden ins Gesicht blasen. Ein paar Schritte über die Tabacks Gränze hinaus befinden wir uns im Reviere der Feuerwerker. Wundere Dich_nicht, wenn die Laden diefer Leute noch weiter reichen, als Dein Auge tragt! Die Last an Feuerwerken ist ein charakteristischer Zug der Chines fischen Nation. Wir rühmen uns in Europa, das Pulver erfuns den zu haben; aber die Chinesen lachen über unsere Ansprüche, fie wissen aus ihren Annalen, daß man schon vor Christi Geburt im,,Reich der Mitte“ Kunftfeuer von allen Farben abbrannte, und man muß aufrichtig gestehen, daß die Europdischen Feuers werker noch sehr weit hinter den Chinesischen zurückgeblieben sind, wie große Fortschritte auch diese Kunst seit 50 Jahren in unserem Westen gemacht hat. Es herrschte in diesen Magazinen erstauns liche Thatigkeit; ich besah mir eines derfelben und erinnerte mich dabei der Zeit, in welcher ich das glücklichste Kind in Europa gewesen wäre, wenn man nur ein Zehntheil dieser Schäße zu meiner Verfügung gestellt hätte.

Aus dem pyrotechnischen Viertel führte unser Weg durch einen minder belebten Stadttheil, wo schöne Hdufer von filbers grauem Baumaterial, deren Zwischenrdume mit sehr weißem Kalk ausgefüllt waren, als die Wohnungen der reichen Bürger sich ans fündigten. Endlich standen wir vor der Manufaktur lacirter Waaren, dem großen Gegenstand unserer Wanderung. Ihr Eigens thumer, ein Herr Hipilua, dem hundert Arbeiter zu Gebote stehen, führte uns persönlich in seine Werkstätten und erklärte uns mit großer Zuvorkommenheit, wie viele Metamorphosen der Lack durchmachen muß, bevor er seinen Zwecken ganz entspricht. Im ersten Saale waren die Tischler mit Bearbeitung des Holzes beschäftigt. Wenn dieses Hola, welches dem Kirschbaumholze sehr dhnlich ist, die gehörige Form hat, so bringt man es in einen aweiten Saal, wo es einen Ueberzug von einer Art grobkörnigem Thon erhält. Ist der Thon trocken genug, so wird er vermittelst eines platten und harten Steines geschabt, so daß er in die Poren des Holzes einzudringen vermag. Das also zubereitete Hola ers halt die erste Deckung von Lack. Ich wünschte die Bestandtheile dieses Firniffes zu erfahren; allein Herrn Hip:kua's Antworten waren nicht sehr befriedigend; ich fonnte nur so viel daraus ents nehmen, daß der Lack ein Gemisch von Gummi-Arten und des Saftes verschiedener Pflanzen ift. Hip:kua zeigte uns mehrere Kiften voll diefes edlen Fabrikates und sagte, jede dieser Kisten, die ungefähr 50 Pfund wogen, foste 80 Piafter, d. h. etwas über 100 Thaler. Man glaube aber nicht, daß ein Ueberstrich von Firs niß schon hinreichend sen. Die erste Lage wird, sobald fle trocken ift, wieder abgeschabt. Das Hola behält nur eine leichte schwarze Färbung und muß, je nachdem der Lad eine größere oder ges ringere Vollendung haben foll, noch zwei bis zehn Mal überstrichen werden. Endlich last man es langere oder fürzere Zeit trocknen. Alle diese Details beziehen sich aber nur auf einfache Lacirung; follen noch Zeichnungen hinzulommen, so erfordert dies eine ganz andere Arbeit.

Die Wohlfeilheit der lacirten Waaren hatte mich zu dem falschen Schluffe verleitet, daß ihre so bewunderten goldenen Deffins nur das Ergebniß eines einfachen Verfahrens senen. Dem if aber nicht so. Man ficht sundchß mit einem feinen spißigen Inftrumente ein auf Papier gezeichnetes Muster nach; dann flebt man das Blatt auf den Lac, der die Zeichnung empfangen soll, und bededt es mit pulverifirtem Talle. Diefes Pulver bringt durch die Löcher des Papiers und läßt auf dem Lack einen Abdruck der Zeichnung, den ein Arbeiter mit einem spigen Instrument einrigt. 38

Gefchaft einele Arbeit gethan, so wird das weitere Ladiren das

Malers, der mit einem sehr feinen Winsel die erften Lagen rother und brauner Farbe, welche der Bergoldung vorangehen, aufträgt. Ehemals begnügte man sich mit matter oder glänzender Vergoldung; jeßt fügt man noch Verfilberungen, grünes Blatterwerf, weiße und rothe Blumen hinzu. Der Fabrit berr jabli feinen beiben erken Matern je 20, den vier Chefe der Berkhatten je 15 und den übrigen Arbeitern 4 bis 5 Viafter monatlich. Die Arbeit dauert von 7 Uhr Morgens bis 34 Uhr Abends; die Arbeiter halten täglich awet Mahlzeiten, und für jede Mahlaeit bewilligt man ihnen eine halbe Stunde. Hipilua zeigte uns in feinen Magasinen unadblige lackiere Gegenstande, flagre aber sehr, daß der Abfas dieser Artikel nicht mehr fart fen. Die Lack, Waaren haben, da fie in Europa außer Mode gekommen

find, auf dem Markte von Canton die Hälfte ihres früheren Werthes verloren.

Wir dankten Herren Hip kua für seine Gefdlligkeit und kehrten dann auf einem anderen Wege nach den Faktoreien zurück, ohne die geringste Beleidigung zu erfahren, obschon das Viertel, das wir dieses Mal passtrien, sehr selten von Europdern besucht wird. Wenn drei oder vier Chinesen mit ihrem seltsamen Kostüm in den Straßen von Paris berumspazierten, so würden sie die Neugier des Pöbels gewiß viel mehr reizen, und vielleicht könns ten sie sich glücklich schäßen, wenn es ihnen geldnge, ohne ein unangenehmes Abenteuer in ihre Wohnung zu kommen. Man versicherte mir übrigens, daß die Polizei-Agenten strengen Befehl baben, jeden in der Stadt verirrten Fremden, der ihnen begegnet, in Schuß zu nehmen und nach den Faktoreien zurückzubringen.

Mannigfaltiges.

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St. Marc Girardin und Gans. Herr St. Marc Girardin, der so eben wieder mit glänzendem Erfolge feine Vors lesungen über Poesie bei der Sorbonne in Paris eröffnete, hat in das neueste Heft der Revue des deux Mondes feinem verstors benen Freunde Eduard Gans eine Gedächtniß und Ehrentafel gefeßt. Lerminier war ihm darin bereits vorangegangen, indem er in seiner Abhandlung über die geschichtlichen Gegensdße unserer Zeit" (S. Nr. 73 und 74 des,,Magazins" von d. 3.) dem Deutschen Gelehrten, mit welchem er in der philosophischen Auffassung des Rechts auf Französischem Boden zusammenges troffen war, einen Plag auch in der Kulturgeschichte Frankreichs vindizirte. Was dieser jedoch nur gelegentlich ausgesprochen hatte, das thut St. Marc Girardin in einem eigenen, dem Verstorbenen gewidmeten Artikel, der mit der ganzen Energie, Klarheit und Anmuth des Ausdrucks geschrieben ist, die wir an diesem Frans zösischen Schriftsteller zu bewundern pflegen. ,,Noch einmal", fagt er im Beginn seines Artikels,,,habe ich die Briefe, die ich von Gans befige, und die Bemerkungen überlesen, die ich über unsere im Jahr 1830 in Berlin gepflogenen Unterhaltungen niedergeschrieben. Wie ist eine solche Lektüre doch erschütternd! Welcher schmerzliche Rückblick auf das Leben! Und ach, wie oft fommt man in diesen Fall, wenn man auch erst ein Alter von vierzig Jahren erreicht hat! Wie doch unser Kreis von Freunden schon gelichtet ist! Da und dort, überall hat der Tod Bande und Neigungen zerstört, von denen uns nichts, als einige Briefe geblieben, die, ach! in der vollen Gluth der Jugend ges schrieben, voller Zukunftspläne und Hoffnungen sind, die wir, als wir sie zuerst gelesen, freudig begrüßten, jest aber mit zusammens gepreßtem Herzen wiederlesen bei dem Gedanken, daß von so vieler Liebe, so vielen guten und edlen Gesinnungen, so vielem Geifte und Leben, Nichts uns bleibt, als im Himmel eine unsterbliche Seele, mit der wir vielleicht in keinerlei Verbindung mehr stehen, und auf der Erde die Erinnerung, die der Lauf der Zeit und die Sorgen jeglichen Tages nach und nach selbst aus den treuesten Herzen verwischen!!! Girardin erzählt darauf die Geschichte seiner Bekanntschaft mit Gans, und wie er in ihm einen Deutschen gefunden, der, wie wenige feiner Landsleute, Frankreich kannte und liebte, aber bei aller Vorliebe für dasselbe ich auch der geistigen Vorzüge seines Vaterlandes stets bewußt war und mit der Anerkennung des Französischen Einflusses auch denjenigen immer geltend zu machen verstand, den Deutschland auf Frankreich, wie auf das übrige Europa, übte. ,,Gans", fährt sein Französischer Freund fort, ,,irrte sich sehr oft in der Beurtheilung der Gegenwart, d. h. in der Politik; aber er excellirte in der Philofophie der Geschichte, wenn es galt, Begebenheiten aus der Ferne und in großen Waffen, zu würdigen. Alsdann hatte er auch eine merkwürdige Beredsam leit, die halb Französischer und halb Deutscher Natur war, halb Esprit und halb Enthusiasmus. Die Philosophie der Geschichte. war seine Lieblings-Wissenschaft. Ein Schüler Hegel's, hat er die Grundfäße dieser Schule in eigener, oft mit denen des Meisters scheinbar in Widerspruch stehender und doch wiederum völlig mit ihnen übereinstimmender Weise angewandt. Wie gern unterhielt ich mich mit ihm über dieses Thema; welche lange und für mich belehrende Conversationen lieferte uns die Philosophie der Ge fchichte. Nur dann, wenn Gans zu glauben schien, daß die großen Ideen über den Fortschritt des Menschengeschlechts einzig und allein Deutschen_Ursprungs fenen, erlaubte ich mir, ihm eine Stelle von Bossuet oder Fenelon au citiren, welche vor Herder und Hegel, ohne ein System daraus zu machen und in ihrer gewöhnlichen Sprache, den Plan der Vorsehung und den Gang der Civilisation mit bewundernswerther Klarheit darges legt hatten." In dhnlicher Weise citirt nun St. Marc Girardin andere Unterhaltungen mit Gans und langere Stellen aus Briefen des Verkorbenen, die er beißt. Endlich aber giebt er eine Uebersicht der Schrift: Rückblicke auf Personen und Bus stånde“ (was nicht ganz richtig durch Coup d'oeil rétrospectif sur les personnes et sur les circonstances überfest if), weil Gans darin feinen Aufenthalt in Paris zu drei verschiedenen Perioden beschrieben und eine fisse vieler Franzöfifcher Illus ftrationen geliefert bat. Als besonders ergreifend, bebe Herr St. Rare Girardin das Bild hervor, das sich in diesem Buche von der Herzogin von Broglie (einer Tochter der Frau v. Staël) bes findet, da auch diese feitdem bereite, ungefähr um dieselbe Beit, wie Gans, ihren Freunden durch den Lob entriffen worden.

Nummern. PränumerationsPreis 221 Sgr. ( Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 149.

Ma ga z in

für die

Beiblatt der Alig. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 13. Dezember

Scantreich.

Einige Tage im südlichen Frankreich.

II. Air und Marseille.

Nun machte ich mich nach Air und Marseille auf den Weg, immer von jenem unseligen Mistral begleitet, welchen die Leute dieser Gegend als einen Wind bezeichnen, der einem den Kies ins Gesicht treibt. Wir reisten Nachts und ließen es darauf ans tommen, jo den Anblick der zwei oder drei Merkwürdigkeiten von Air zu verlieren, wodurch wir den Vortheil hatten, diese traurige Provence nicht zu sehen, in der man nichts als verfallte Steine erblickt. Der Eilwagen ist ganz abscheulich, doch besige ich glücklicherweise ein Minel gegen alle diese kleinen Reises Unannehmlichkeiten, dessen ich früher schon einmal gedachte und das ich nun so frei bin, in aller Form anzuempfehlen. Befinder fich auf dem Eilwagen ein Handlungs - Reisender, und man trifft auf dergleichen Personen fast immer, - so rathe ich Jedem, fich mit ihm zu befreunden; denn einmal haben die Handlungss Reisenden immer Zeit zu Vergnügungen, selbst wenn es ihnen daram zu ihren Geschaften gebricht, und dann haben sie alle Wiz oder doch so etwas Aehnliches. Sie kennen alle im Lande übliche Fluch und Betheurungswörter, verstehen sich darauf, angenehm mit allen Vorübergehenden zu scherzen; jede Lokal-Anekdote, jede Sehenswürdigkeit des Weges ist ihnen bekannt; sie wissen Alles, wie zum Beispiel, daß es in Nimes mehrere Arena's giebt, und dergleichen mehr; ganz besonders aber sind sie mit dem Theater vertraut, und von ihnen beziehe ich meine ganze Kulissen-Chronil. Was nun den Handel anbetrifft, so lennen fie ganz genau den Preis der Elle, des Dußends oder des Fasses, doch ist dies uns glücklicherweise das Einzige, worüber sie einige Verschwiegenheit beobachten. In Bezug auf die Politik gehören e natürlich zur Opposition, weil man dadurch sogleich ein Ansehen von Unabs hängigkeit und Geist gewinnt und auch nichts zu erfinden braucht, da einem die Zeitung am Morgen den Vorrath für den Tag liefert. Die Bekanntschaft mit diesen Herren ist leicht angeknüpft, denn ganz ohne Umstände fangen fie damit an, die Eurige ju machen; sie erfundigen sich nach Eurem Namen, Vornamen, Reisesweck, und nun gehören fie Euch bis zu Eurer Ankunft gänglich an, fie plaudern ohne Aufhören und bieten Euch alle Nafelang eine Wette an:,,Wetten wir um eine Bowle, um eine Flasche Champagner, um ein Theaters Billet"; eine Art von Handel, bei dem der Vortheil ganz auf ihrer Seite ist, der Schaden aber ihrem Hause zufällt. Zuweilen begegnet man auch ·Handels: Reisenden, die sich noch auf andere Dinge verstehen, die bescheiden und zurückhaltend sind; man gehe diesen aber ja aus dem Wege, denn sie sind lange nicht so spaßhaft wie die anderen.

ཝཱ།

Gans frühmorgens langten wir in dem gerduschvollen Mars feille an, das schon lange erwacht war, weil es eigentlich gar nicht schläft. Es fündigt sich durch einen noch unvollenderen Triumphbogen an, welchem, um schön zu seyn, nur das Paffende fehlt; denn wenn man die Marseillaise und die daran haftenden Erinnerungen ausnimmt, so kenne ich keinen anderen Ruhm von Marseille, als feinen Handel; Bogen und Sdulen aber find keine Handels Trophden; dazu gehören Haufen flingender Thaler. Und es besißt solche Pyramiden, was fehlt ihm also noch?

Von Seiten der Augenweide it Marseille beinahe ohne Nebenbuhler; es hat schöne Spaziergänge, geräumige Pidge, malerische Brunnen, breite und gerade, aber nicht einförmige Straßen, Miethomagen, die so prächtig wie die Equipage eines Gesandten sind, ungahlige Kaffeehduser, in welchen die Marseiller ein Drittel ihres Lebens verbringen, und die gewiß in Allem den Pariser Café's gleichlommen, wenn sie nicht diese noch an Glanz überstrahlen. Am bemerkenswerthesten fand ich das Viertel Bonaparte mit seiner Sdule, die Straße St. Ferreol, welche mit Laden eingefaßt ist, die an die schönsten der Cheapfide und des Palais Royal erinnern, und den Cours (Spázierplaß), der Vors mittags zur Börse dient, wo sich dann, wie bei einer Emeute, Kopf an Kopf drängt. Ich war hier Zeuge eines schmerzlichen Schau spiels; das zufdllige Absterben mehrerer der fchönen Bäume, mit de nen er bepflanzt war, so wie das Siechthum einiger ans deren, hatten die Stadt veranlaßt, diese herrliche Zierde ganz

1839.

auszurotten, die überall so loftbar ist, doch unter der Marseiller Sonne ohne Werth zu seyn scheint. Stricke, die an allen vier Seiten angebracht waren und von Schiffswinden angezogen wurs den, stürzten diese hundertjährigen Häupter mitleidslos in den Staub, und die Aristokraten des Pflanzenreichs fielen unter dem thörichten Jauchzen der Menge, die immer für Todesvollstreckuns gen eingenommen ist, und geschchen sie auch auf ihre Kosten. Wir trat eine Thrane ins Auge über die Thorheit, fast möchte ich sagen über das Verbrechen einer solchen That gegen diese ehrwürdigen Freunde der Menschheit; mir war, als sen ich unter jene barbarischen Völker verjeßt, die ihren Greisen das Kopftiffen unter dem Haupte wegziehen. Hätte man nicht das Abfallen der leßten Knospe, des lesten Zweiges abwarten müssen, bevor man es zu diesem dußersten Entschluß kommen ließ?

Die vorzüglichste Schönheit von Marseille ist die Seele dier fes großen Körpers, ist die Beweglichkeit und, wenn ich mich so ausdrücken darf, die Elastizität seiner Bevölkerung, denn der füds liche Charakter haucht Allen ein energisches Leben ein. Kein Kaufmann steht stumm vor seinem Laden; alle Augenblicke blieb ich auf der Straße stehen oder eilte zum Fenster, weil ich immer einen Streit zu hören glaubte oder ein Handgemenge befürchtete, und doch waren es nur zwei Lente, die um eine Orange hans delten oder ganz freundschaftlich an einander Fragen richteten. Die Nacht selbst dämpft diese Bewegung und diesen Glanz nur fehr wenig, fo sehr bestrebt sich das Gas, den Tag zu ersehen. Kaffeehauser, Magazine, Hotels, kurz Alles, nur nicht die Straßen, Laternen, ist mit Gas beleuchtet; dies scheint eine sonderbare Auss nahme zu seyn, die sich aber dadurch erklären läßt, daß diese La ternen auch so schon gerade nicht schlecht erleuchten, und Alles, was ziemlich gut feine Dienste verrichtet, ist gewöhnlich weniger für den Fortschritt empfänglich. (Schluß folgt.)

Das Journalwesen in Frankreich.

I. Janin's Apologie des Journalismus.
(Schluß.)

Sie wissen so gut wie Jedermann, daß der Wein noch Nies mand begeistert hat. Selbst die Dichter, welche Bacchus und Venus preisen, feiern fie nüchtern und Morgens. Wenn Boileau fagt: Horace a bu son soul, so begeht er eine dichterische Licenz. Und wie wollte man erst bei einem Trinkgelage ein Journal schreiben, d. h. ein ganzes Buch, welches durch alle hande geht und alle Angelegenheiten des Landes behandelt, die größten und die fleinsten. Schaffen Sie also doch aus Ihrer Komödie die ges meinen Punsch Terrinen weg, deren Flammen einen so dåsteren Schatten auf Ihren Geist werfen. Schaffen Sie die dampfenden Speisen und die Trüffeln weg, das Gellirr der zerbrochenen Gidser und der Teller, die man sich an die Köpfe schleudert. Mit vollem Bauche und auf Sopha's hingestreckt, welche die Unmäßigkeit befudelt hat, würde man nicht das jammerlichste Sudelblatt schreiben können, wie viel weniger ein Journal, das, wenn es seine Stimme erhebt, ein Ministerium stürzt. Dies ist gerade einer der schreiendßten Widersprüche Ihrer Komödie, daß das Journal troßdem die unerhörtesten Wirkungen hervorbringt. Kaum ist das Journal, welches Trunkenbolde und Schlemmer mit vollem Bauche und leerem Kopfe schreiben, erschienen, als auch schon das Ministerium zusammenstürzt, der Thron in Ges fahr fömmt, in der Familie des Ministers das Unheil ausbricht und der größte Künstler der Gegenwart sich aus dem Fenster stürzt. So viel Unheil, so viel Elend bringt in Zeit von viers undzwanzig Stunden ein von solchen Wichten geschriebenes Jours nal hervor.

Noch drgere Vorwürfe verdient der zweite Alt. Nachdem wir den Journalisten außer dem Hause im Rausche gesehen haben, wird er uns in seiner Behausung vorgeführt. Hier suchen wir aber vergeblich den eleganten Salon, das freundliche Arbeitss simmer; wir finden nichts als Unordnung und Unreinlichkeit. Schon ist es zwölf Uhr, und der Kammerdiener hat das Zimmer noch nicht gereinigt. Hierin besteht indeß nicht allein die Unords nung; wir finden bei dem Manne ein schreckliches herzloses Ges schöpf, welches ihn beherrscht und schmäht, einen jener abgezehrs ten Ddmonen, weiche in der Oper tanzen und aus dem Lodiens

tanze gestohlen zu seyn scheinen. Wir fragen wiederum, warum hat man auf eine beflagenswerthe Ausnahme, die sich in unserem Stande so gut wie in jedem anderen findet, eine allgemeine An Plage begründet? Ist es nicht grausam von Ihnen, daß Sie diese Tanzerin, welche mit dem ganzen Gewichte ihrer Nichtigkeit und verwundeten Eitelkeit auf dem Manne lafter, auf das Theater sie hen? War e Ihres Zornes werth? Wie können Sie glauben, daß ein solches Weib, das sich im Kothe des Theaterlebens umber: geschleppt hat, einen edlen Geist beherrschen könne? Wie würde dieser Mann, der doch einige Achtung vor sich selbst haben muß, da Sie ihm Talent zugestehen, einem solchen Wesen gestatten, in feinem Journale eine Familie zu schmähen, die er achtet, eine junge Frau, welche er liebt, ein großes Talent, welches er verehrt? Wüßten Sie, wie unmöglich es ist, daß ein Mann sich selbst ein geftehe, daß er ein Niederträchtiger und Verleumder sen, so würden Sie diese Einzelheiten ausstreichen, welche höchstens des elenden Romans des Herrn von Balzac würdig sind, der der Presse nun einmal seinen Zorn gewidmet hat, obgleich diese auf feine Schmähungen wie ein Riese auf den Angriff eines ungezos genen Kindes antwortet. Wenn man Portraits zeichnet, so muß man zwischen La Bruyère und Vérif de la Bretonne, zwischen dem Salon und dem Rinnsteine zu wählen wiffen. Ohne auf die lächerliche Klaffifizirung der Marschälle, Capitaine, Lieutenants und Korporale in der Literatur einzugehen, muß man doch aner Pennen, daß es in der Schaar der Belletristen auch Troßbuben giebt. Mit diesen aber haben die Komödie und der Roman nichts au schaffen: De minimis non curat praetor. Sie sprechen von der Schmach der Journalistik; wassen Sie aber wohl, daß, wenn Sie beabsichtigten, alle unter dem Aussaße der Literatur wühlende Infekten aufzuzählen, Sie noch weit von der Wahrheit ents fernt geblieben fine? Warum, wenn Ihnen der Much nicht fehlte, gergren Sie uns nicht die schreckliche Wunde in ihrer ganzen Häßlichkeit? Wissen Sie auch, daß es in Paris Menschen giebt, die für 10 Thaler - wir nehmen eine runde Summe gegen einen beliebigen Menschen Schmähungen drucken lassen, welche die Damen der Halle nicht in den Mund nehmen würden? Sie laffen von diesem Manne drucken, daß er ein Spizbube, ein Be trüger, ein Mörder ist, daß seine Frau sich verkauft, seine Tochter fich preisgegeben hat. Für die zehn Thaler, die indes voraus bezahlt werden müssen, schickt dieser Literat auch noch sein Jour nal den dreihundert Freunden des Mannes zu, den Sie entehren wollen. Nennen Sie das aber ein Journal und den Nichtswür digen einen Journalisten? Dann müssen Sie auch zugeben, daß es im Bagno Pairs von Frankreich, General-Prokuratoren, Fürsten der Römischen Kirche giebt; dann dürfen Sie keinem Notar dic Hand reichen, weil Sie an den fürchterlichen Pentel denken müssen. Was sodann ihre Anklage betrifft, der Journalist arbeite zu schnell, so scheint mir diese unbió glaube, Gie werden meiner Ansicht seyn ganz unbegründet. Wer von einem Jours nalisten spricht, der spricht zugleich von einem Improvisator, von einem schnellfertigen Schriftfeller, der die Schwierigkeiten der Sprache schnell überwindet, von einem Schöngeiste, der zu seinem Publikum, wie der Advokat zu seinen Richtern, zu jeder Zeit, su jeder Stunde redet, und der ein wenig von Allem spricht. Wer von einem Journal spricht, der spricht auch von einem ephemeren Werke. Ist das in der Eile und ohne Ansprüche, obgleich nicht gewiffenlos hingeworfene Wort nur elegant und lebendig, ist der Ausdruck nur flar und bestimmt, so genügt das. Das Publikum macht an das Journal nicht die Ansprüche eines Buches, eben so wenig wie es z. B. von Chair-d'Est Ange, wenn er vor den Ges schworenen spricht, eine ausgearbeitete Rede fordert, wie sie der Römische Redner lieferte, der für Milo oder den Dichter Ars chias das Wort führte.

Damit ist indeß noch nicht gejagt, daß man auf den im Fluge geschriebenen Spalten des Journals nicht bewundernss werthe Stellen fánde. Und was schader es im Grunde auch, daß eine Nation täglich fo ihren Geißt, ihren Muth, ihr Talent vers schwender? Wir scheint es im Gegentheil ehrenvoll, Zeuge dieser unermüdlichen Anspannung der Postbarsten Fähigkeiten au feyn, wie wir es find, und diesen Aufwand von Geist ohne Gewissens biffe, fogar ohne Dankbarkeit zu benußen, wie wir es doch Alle thun. Die Verschwender schaden sich nur selbst, und deshalb ichagt und liebt man fie, fo lange fie nichts schulden. Derjenige, welcher ein Buch schreibt, welcher sich geschickt hinter seiner uns bedeutenden Persönlichkeit verschanzt und für feinen eigenen Ruhm forgt, welcher vollkommene Muße hat, die Materialien zu fammeln und sie in das günstigste Licht au Rellen, ist hdufig ein Egoist. Aber der Journalist, der jeden Morgen dem Ersten Besten feinen Geißt hinwirft, der Niemand feinen Namen fagt, aufer denjenigen, die ihm ans Leben wollen, der ohne Maß und Ziel feinen Geift, feine Leidenschaft, feine Jugend und seine Liebe vers schwendet, der macht vielleicht einen schlechten Handel, aber Mitgefühl können wir ihm doch sicherlich nicht versagen.

Im dritten Alte führen Sie uns sodann in die Familie des Ministers (Thiers) ein, dessen Namen ein Jeder beim Vorlesen nannte. Ich brauche Ihnen hier wohl nicht zu sagen, daß dieser Mann der Stols der Presse unserer Zeit ist. An dem Tage, wo dieser Wann sich selbst zum Conseils. Präsidenten ernannte, gewann die Französische Presse ihre Schlacht bei Außterlig. Sie lennen eben fo gut wie ich die Bedeutung diefes allgewaltigen Redners; Sie kennen die Beweglichkeit feines Geistes und wissen, wie leicht es ihm geworden, den schwierigsten Lagen zu genügen. Das fcheinen Sie aber nicht zu wissen, daß der hohe Verstand dieses

andichten. Seine Einsicht in die Natur der Pariser Preffe, dieser launischen Gewalt, aus der er selbst hervorgegangen ist, hat ihm den Muth gegeben, alle Launen und Ungerechtigkeiten derfelben zu ertragen: der gewöhnlichste Muth, den eine hohe Stellung erfordert, ist ja der, daß man ruhig die Beleidigungen, sarkastis schen Ausfälle, Ungerechtigkeit und Grausamkeiten der periodischen Presse hinnimmt.

Wir kommen jest zum leßten Theil der Anklage. Ihr Stück besteht aus drei streng gesonderten Theilen. Wir haben zuerst die Komödie der lärmenden und sechenden Journalisten, die Komödie des von der Länzerin tyrannisirten Journalisten, awei traurige Komödien. Hierauf, nachdem Ihre erkünftelte Heiterkeit erschöpft ist, erzählen Sie uns mit vieler Wärme die klägliche Geschichte des durch einen Journal-Artikel entehrten Hauses. Nachdem auch dieses Drama zu Ende ist, gehen Sie zu einem anderen Drama über. Sie führen uns ein zweites Schlachtopfer vor: nach dem Staatss manne fömmt der Künstler, damit jeder sein Theil erhalte und kein Opfer beim täglichen Mahle des Menschenfressers fehle. Das leßte Opfer ist also der Künstler, der größte Maler seiner Zeit, der den Ruhm der Soldaten der großen Armee und des Kaisers verewigte; dieser stirbt besiegt, geschmäht, gemordet durch die Journale. Dies sagen Sie, und um uns zu zeigen, daß Sie Recht haben, führen Sie uns anstatt eines machigen Geistes, der die Palette kähn wie Murat den Schild erhob, einen kindischen Greis vor, einen Schwachkopf, der seinen vers lorenen Ruhm bejammert. Dieser Mann schleicht umher und schimpft auf die Journale, als wenn diese der Ruhm wären, als wenn diese eine alternde Phantasie verjüngen, dem Herzen neue Lebenskraft, dem Blicke Schärfe, dem Gedanken neue Schnellkraft geben könnten. Wenn die Journale das könnten, dann wären sie ja mächtiger_als_Gott. te konnte es Ihnen aber entgehen, Madame, daß Sie diesem Greije alle Würde des Alters nahmen, indem Sie ihm eine so unglückliche fire Idee gaben? Wie sollen die Zuschauer einen Mann achten, der die Meisterwerke feines reifes ren Alters selbst verachtet und im sechzigsten Jahre noch um die Lobs jprüche der Journale bettelt? Sie glauben also nicht, daß, wie für jeden anderen Menschen, so auch für den Künstler eine Zeit der Ruhe eintrete? In der That, Sie sind zu milde, und ich fürchte sehr, daß das Publikum Ihre Nachsicht nicht theilen werde. Das Publikum, dieses tausendföpfige Ungeheuer, ist grausam und uns barmherzig. Es spielt mit seinen großen Mannern, es spielt mit seinen Künstlern, wie das Kind mit seinem Spielwerke. Wie können Sie verlangen, daß wir uns für einen Greis intereffiren, welcher Lobiprüche erbettelt, und noch dazu bei einer Nation, bei der der Abgott des heutigen Lages nie der des morgenden ist.

in Pariser Welt ist ein schrecklicher Abgrund. Sie verschlingt, Massen und im Einzelnen, den Ruhm, das Talent, die Schöns heit, die Jugend, den Muth, die Berebsamkeit und felbft die Lus gend, und sie kann nie genug bekommen. Sie ist taub wie der Stier des Phalaris, hat alle kleine Leidenschaften der Weiber, hängt sich an ein Nichts und zerbricht freudig die Feffeln, welche sie sich in einer Liebesregung auferlegte. Und Sie wollen uns in ihrer Komödie beweisen, daß man die Künstler bis zum Tode loben soll? Haben sie auch bedacht, wohin ihre Paradore führen könnten? Sie wollen aus der Kunst gerade das ausschließen, was noch in etwas das richtige Urtheil des großen Haufens sichert. Sagen Sie doch zu der Stimme, die ihren Schmelz verloren hat: Singe noch! Sagen Sie doch zu dem rungligen Gesichte und den grauen Haaren: Komme zu uns, bekränzt mit Blumen! Sagen Sie doch zu dem findisch gewordenen Condé: Führe uns in die Schlacht! Sagen Sie doch zu dem geistesschwachen Pass cal: Vollende Dein großes Werk über die Wahrheit der Religion! Das geht nicht, und es ist vergebliche Mühe, dem schwachen Alter den Lebensgıhem einblasen zu wollen, vergebliche Mühe, den vermoderten Ruhm aus dem Staube aufzurichten. Geben Sie doch um Mitternacht auf den Kirchhof des Père Lachaise, und rufen Sie den großen Geißtern, den verwellten Schönheiten, die dort ruhen, zu: Stehet auf und folget mir! Rein, Sie wers den den schlimmen Hang des Menschen nicht andern; er findet ein Vergnügen daran, das zu zerbrechen, was er angebetet hat.

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Sodann dürfen wir auch wohl fragen, hat denn ein Mann, der zwanzig Jahre hindurch mit Lobsprüchen überschüttet wurde, das Recht, fich zu beklagen? Was würde denn dieser Manne than haben, wenn er das giorreiche Elend so vieler anderer Künfts Ler, die größer als er waren, hatte ertragen müffen? Was hatte Gros, denn feine Geschichte eradhlen Sie uns doch, Frankreich vorzuwerfen Frankreich hatte ihm Rubm, Reichthum und Ehre verliehen; die Zahl seiner Schüler bildete ihm eine Ehrenwache; der Kaiser ernannte ihn zum Offisier der Ehrenlegion, weil er seine Schlachten malte, die Restauration zum Baron, weil er die Kuppel der Kirche St. Geneviève ausführte. Eins Jeder gab dem Künstler, was er ihm geben founte: Vermögen, Ruhm, Orden, Titel. Wenn man das Genie bezahlen tann, fo murde er gewiß bezahlt. Was that indeß Gros? Er bezahlte der menschlichen Schwäche seinen Tribut, er wurde alt. Als er eins mal so weit war, batte er sich in seinen Ruhm hullen follen, wie fein berühmter Freund, der Baron Gérard; in Frieden konnte er den Subm, den Reichtbum, die Verehrung, die man ihm solltes ges nießen; wo er sich gezeigt hatte, würde man fich bis zur Erde vor ihm geneigt haben. Aber da begedt er die Unbesonnenheit, fich von neuem dem öffentlichen Urtheile auszulegen: er malt einen Herkules, er malt das Portrait ClotsBen's, balb in Aegyps tischem, halb in Franzöfifchem Kostume. Was follte das Publis

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Sollte es vor einem Gemälde niederknieen, in welchem sich kaum noch der legte Wiederschein eines untergehenden Geistes zeigte? Das Publikum, ohne sich weiter um den berühmten Namen au Pümmern, den diese Arbeiten trugen, geht weiter und sagt: Es ist fcade! Die Journale, welche nur das Urtheil des Publikums aussprechen, sagen ebenfalls: Es ist schade! Sie sagten es mit Besonnenheit und Mäßigung. Auch die strengsten fagten nichts weiter. Und was follten sie denn auch anders thun? Sollien sie das Portait Clot: Bey's, bewundern? Sie hätten ja dadurch das Portrait Napoleon's herabgefeßt. Sollten sie den Herkules bewundern? Dann hätten sie ja die Pestkranken zu Zaffa vers dammen müssen. Die Achtung vor dem vergangenen Ruhme des Künstlers machte es sogar zur Pflicht, ihm zu sagen, daß er jich diesmal tđusche.

Hätte Gros nur noch einige Zeit gewartet, hätte er nicht, wie alle schwache Geister, dem ersten Eindrucke nachgegeben, sons dern ganz einfach sein Glück genoffen, hatte er mit wohlwollens dem Blicke die neuen Kampfer auf der Bahn, welche er verlass sen, verfolgt, so würde für diesen Mann, der Ihnen so unglück lich erscheint, noch einer der schönsten Tage seines Lebens gelom men seyn; er würde, umgeben von allen berühmten Namen Franks reichs, der Eröffnung des Versailler Museums beigewohnt haben. Der König würde sich in eigener Person cingefunden haben, um den Künstler an der Schwelle des Palastes Ludwig's XIV. 34 empfangen, und in der großen Schlachten Gallerie hatte der alte Maler, auf den Arm des Königs gestüßt, in der schönsten Be: leuchtung die Schlachten des Kaiserthums, die Siege, die er mit dem Pinsel erkämpft, die historischen Riesen, die vollendet aus feinem Haupte hervorgesprungen waren, bewundern können. Noch einmal hätte er das Fußvolk mit aufgerollten Fahnen vorüberziehen jeben, noch einmal hätte er das Schnauben der Pferde vernom men, noch einmal hätte er seine Soldaten, seine Helden, seinen Gott, seinen Freund, Napoleon Bonaparte, begrüßt. Dann würde er wie der greife Simeon zum Könige gesagt haben: Seyen Sie gesegnet, Sire, Sie haben meinem Geiste in Versailles ein Haus gebaut! Seyen Sie gesegnet, Sie haben den Staub von meinen Gemälden und meinem Ruhme abgeblasen! Jeßt, wo meine alten Augen Jaffa, Abukir, Eilau wiedergesehen haben, kann ich ruhig sterben." An diesem Tage würde er vielleicht im Vollgefühle feines Ruhms gestorben seyn, und die große Armee würde Trauer für ihren großen Maler angelegt, Franks reich ihn beweint haben.

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Wollen Sie gerecht seyn, Madame, so burden Sie nicht den Journalen diesen Selbstmord auf. Es ist ja ein Selbstmord wie alle andere, den die Eitelkeit zum kleinen Theile, die Narrheit aum größten verschulden. Wollte ich lächerliche und beklagenes werthe Todesfälle anführen, von denen Niemand die Ursache Pennt, fo follte es mir nicht an Beispielen fehlen; ich würde solche sowohl unter den jungen Leuten wie unter den Greifen finden. Escouffe tödtete sich in einem Alter von noch nicht fünf und zwan aig Jahren nach einem glänzenden Erfolge in der theatralischen Laufbahn. Nourrit tödtete sich, und an Lobsprüchen hat es ihm doch wahrhaftig nicht gefehlt. Auger, der beständige Secretair der Académie française und ein ausgezeichneter Journalist, vers ließ eines Tages seine Wohnung, um sich unter dem Ponts dess Arts zu ertränken. Mit allen diesen Fällen haben die Journale nichts zu schaffen, und gerade in ihrer Inbegreiflichkeit und Räth. felhaftigkeit liegt das Schreckliche derselben. Senen Sie über: haupt überzeugt, daß die Journale an Niemandes Lode schuld find, daß sie nicht einmal den Ruhm tödten können, denn sie sind nichts als das Echo des öffentlichen Urtheils. Man sage und thue, was man wolle, ein guter Vers bleibt ein guter Vers, ein gutes Gemälde ein gutes Gemälde, ein ehrlicher Mann ein ehrlicher Mann. Hinge die öffentliche Meinung wirklich so ganz von den haltlosen Urtheilen ab, wie Sie glauben, so müßte man an der menschlichen Gesellschaft verzweifeln. Daß die Meinung zuweilen ungerecht fen, unterliegt einem Zweifel. Die Ungerechtigkeit schleicht sich überall ein. Aber weil die Verurtheilung des Calas ein juristischer Word war, sind wir nicht berechtigt, die Richter und Gerichtshöfe in Frankreich abzuschaffen. Ueberdies ist die Deffentlichkeit eine der Grundbedingungen der conftitutionellen Freiheit. Sie mögen sich anstellen, wie Sie wollen, Sie werden fich nicht der amiefachen Kontrolle der Tribune und der Jours male entziehen können. Nehmen wir also mit den Vortheilen dieser neuen Einrichtung auch deren Nachtheile hin.

Nun noch eine Frage. Indem Sie mit so vielem Aufwande von Geist eine Komödie, nicht sowohl gegen die Preffe, als ges gen die kleinen. Bosheiten, die fie fich gegen bedeutende Männer erlaubt, schreiben, fürchten Sie nicht, in dem Falle des Bären zu seyn, der einen Felsstein aufhob, um eine Fliege zu tödten. Vers dienen denn diese kleinen Bosheiten ein so großes Aufheben? Wäre es nicht Ihrer würdiger gewesen, den armen Mann zu bes mitleiden, der schon über das funfzigste Jahr hinaus ist und tag lich Blut und Waffer schwißt, um etras Gift, Galle und Geifer auszubrůten, mit denen er die Stiefel der größten Geis kter, der seltenften Talente, der unbescholtensten Charaktere wichst? Was schaden denn diese Menschen demjenigen, der nur das ges ringste Verdienst aufzuweisen hat? Im ganzen Königreich giebt es feinen Mann, der mehr beschimpft wird als Ludwig Philipp, und erwandelt ruhig seine glorreiche Bahn. Wenn man in folcher Gesellschaft geschmäht wird, sollte man nicht stolz darauf feyn? Seyen fie also nachsichtig, besänftigen Sie Ihren Born, legen Sie den Dingen teine größere Wichngleit bei, als sie vers dienen. Bedenken Sie, daß das öffentliche Leben, der Ruhm

ihre Reise, aber auch ihre Uebelstände haben. Sie wollen gelobt fenn, machen Sie sich auch auf scharfen Tadel gefaßt; der Ladel ist der Gefährte des Lobes. Selbst Cafar mußte es dulden, daß bei seinem Triumphsage der Troß der Armee hinter ihm herzog und ihn an seine Kahllöpfigkeit erinnerte. Achilles war nur an der Ferje verwundbar; auch jezt noch werden die großen Mäns ner in die Ferje gestochen, aber darum ist es ihnen auch so leicht, das Gewurm zu zertreten. Mit einem Worte, in dem conftitu tionellen Leben, wie es sich gestaltet hat, muß man seine Wahl zu treffen wissen: man muß Allen angehören oder sich allein; man muß ein Staatsmann senn oder in der Straße Saint-Denis Tuch verkaufen; man muß schön, Dichterin, beneidet seyn oder auf den Markt gehen und die Strümpfe feines Mannes. Ropfen. Jeder hat seinen Ruhm, Jeder seine Beschwerde. Für den Einen sind die Lobsprüche und die Sticheleien der Journale, für den Anderen die Freundschaft und das Gelläisch der Nachbarn, für den Einen der Beifall der Menge, der Lärm des Tages, für den Ans deren die Eintönigkeit und die Langeweile des häuslichen Lebens. Ein drittes giebt es nicht.

Ich komme zum Schlusse; es ist Zeit. Sie haben mir die Ehre erwiesen, mich zu der Vorlesung einzuladen, nicht nur mir eine Falle zu legen, sondern damit ich Ihnen offen und frei meine Meinung jagen follte. I erwartete, nur Kollegen bei Ihnen zu finden, und in diesem Falle würden wir die Frage bei verschloss senen Thüren erörtert haben. Ich sah mich aber in eine Gesells schaft geistreicher Leute, schöner Damen, Staatsmanner, großer Herren versest. Was ich Ihnen nicht leise sagen konnte, schreibe ich Ihnen also öffentlich. Ihre Komödie wurde ja auch vor Männern der Presse wie vor Leuten gelesen, die nichts Besseres zu thun haben, als in allen Salons zu erzählen, was sie gehört haben, und Ihre Komödie hat daher vollkommen den Charakter der Oeffentlichkeit. Sie haben mit dem Zauber eines beredten Advokaten gesprochen, und keiner dieser schönen Herren, leine dies fer schönen Damen ist weggegangen, ohne überzeugt zu seyn, daß der Journalist ein Scheufal, ein gottloser, talentloser, herzloser Mensch ist, welcher ein Vergnügen darin finder, den Ruhm und die Schönheit zu schmähen, welcher das Alter und die Jugend schlachtet, welcher aus bloßer Mordlust würgt und sein Gift auf jeden Vorübergehenden sprigt; daß er Morgens und Abends be: trunken ist, versteht sich von selbst.

Madame, wenn Sie diesen Brief eben so aufmerksam lesen, wie ich ihn geschrieben habe, so werden Sie hoffentlich darin die Sprache eines Mannes finden, der sein Handwerk vor allem Anderen sæäßt und liebt, der ihm seine Arbeit und sein Leben wid met. Meine Person gebe ich gern Angriffen preis, wenn aber der Journalismus angegriffen wird und seinen Mund nicht auf: thut, so kann ich nicht stumm und fühllos bleiben, besonders wenn der Angriff von einer so schönen, talentvollen und geistreichen Schriftstellerin wie Sie ausgeht.

China

Canton im Jahre 1838.

V. Die Hanisten oder Hong-Kaufleute. Einige Tage hielt mich das schlechte Weller zu Hause; ale der Himmel sich wieder aufgeheitert hatte, brachte man eine andere interessante Exkursion in Vorschlag. Ich willigte um so lieber ein, als der Weg durch Stadttheile führte, die wir auf unferem ersten Ausfluge nicht betreten hatten.

Der erste Gegenstand, der dieses Mal, außer einigen hoch; seitlichen Aufzügen, unsere Neugier rege machte, war ein sehr langer Kaufmannsladen, welcher Kostbarkeiten und Seltenheiten yon mancherlei Art enthielt. Unter den ersteren bemerkten wir jene granen in Daumen Ringe gefaßten Steine, die von den Chinesen sehr geschäßt werden. Man forderte 100 Pfd. Sterl. (700 Thaler) für einen solchen Stein. Alle Preziosen waren, wie in den Magazinen zu Parts, unter Glas und Rahmen auss gestellt. In dem hinteren Raume des Ladens ftanden allerlei Seltenheiten aus China und Japan, nebst Alterthümern beider Länder, größtentheils Figuren aus Bronze, Kiefelstein oder Pors sellan, von denen einige uralt seyn sollten. Wir fauften einige diefer Kuriosa; allein der hohe Preis, den die Chinesen auf solche Gegenstande seßen, zwang uns bald, unfere antiquarischen Gelüste au mafigen.

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Die einfache, aber sehr wirksame Talsil, vermittelst deren die Chinesischen Bettler sich reichliche Almosen zu verschaffen wiffen, gewahrte uns auf unserem ganzen Wege große Belusti gung. Gewöhnlich gehen ihrer Zwei mit einander, und Jeder führt ein metallenes Becken oder Gong, das sie vor den Ohren des Kaufmanns, den sie zu ihrem Opfer auserjehen, ertönen lassen. Ihre höllische Wufil nimmt nicht eher ein Ende, bis der Zwed, weshalb fie gekommen, erreicht ist. Za Europa würde die Polizei solchen Erpressungen bald ein Ende machen; aber in China, wo die Regierung für das Armen Wesen nichts thut, ers laubt man dem Bettler jedes Mittel, wodurch er sich die Bes dürfnisse des Lebens verschaffen kann, vorausgefeßt, daß er nicht stiehlt, raubt oder mordet. Kein Mensch har die Verpflichtung, Almofen zu geben; allein es ist auch freils untersagt, einen Bettler fortzujagen oder zu mishandeln. Hatte das Chinesische Voll nicht eine natürliche Antipathie gegen Mäkiggang, so würde es mich Wunder nehmen, daß die Zahl der Better vers hältnißmaßig so gering ist, da sie ihr Däjcyn so leicht' fristen

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