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Nammern. PränumerationsPreis 224 Sgr. ( Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er dōhung, in allen Theilen der Breußischen Monarchie.

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Beiblatt der Aug. Pr. StaateZeltung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Proving fo wie im Auslande bei den Wobüöbl. Poßt - Aemtern.

Literatur des des Auslande s.

Berlin, Freitag den 6. Dezember

Fr anfrei ch.

Der Handlungs - Reisende. *)

Aber was ist denn nun eigentlich ein Handlungs-Reisender? Ein Handlungs Reisender ist mit der Zeit ein durch und durch elastisches und kosmopolitisches Wesen geworden, das erst nach und nach Form, Geltung und einen Namen gewonnen. Der Handlungs, Reisende widmet sich dem Dienst des Maßes, Gerichts, Zuckerlandis, Jugwers, der gedruckten Leinwand und der Kalifore. Der Handlungs Reisende ist der vollständige Bes griff des merkantilijchen Fortschrittes, das Nec plus ultra der Ehre und Würde des Laden Geschäfts; er ist das Lebens Element des Fabrikanten, der Niederlagen und des Großhändlers; er ist das perpetuum, mobile des Bedarfs, des Mangels und des Uebers Auffes; er ist eine nie versiegende Quelle für Güter: Versender, Spediteure und Commissionaire, der spezielle Messias des Gafts wirths, des Dienstmädchens und des Stiefelpußers; er ist der Despot der Table d'hôte, der Stammgaft des Kaffeehauses und besonders des Billards; er ist - doch was ist denn eigentlich der Handlungs Reisende nicht? Ohne ihn giebt es keinen Wig, kein Räthsel, kein Wortspiel; ohne ihn feinen, Schers, leinen Spaß. Wer könnte also leugnen, daß ein Handlungs-Reisender ein durch; aus beachtenswerthes, außerordentlich nüßliches und über alle · Maßen bedeutendes Wesen sey?

Der Handlungs Reisende läßt sich in viele Abtheilungen und Unter Abtheilungen bringen, in Kategorieen, Seccionen, Typen und Prototypen; doch stellen sich folgende fieben Klassen, besonders heraus: der Reisende für das eigene Haus, der Reisende Associé, der Reisende Commissionair, der Volontair Reisende, der Immer: währende Reisende, der Fußs Reisende und der Tabuletkramer.

Den Reisenden fürs eigene Haus erkennt man an dem Ernst feines Gesichts, an der Vorsich in seinem Benehmen und an feiner würdevollen Haltung. An der Wirthstafel seßt er sich da, wo es am wenigsten belebt ist, ist ruhig, spricht nicht ein Wort, beobachtet unter der Hand, runzelt die Stirn, legt sorglich seine Serviette zusammen, braucht einen Zahnstocher, erhebt sich und geht, um seine lau werdenden Kunden aus ihrer Lethargie aufs Juwecken. Sein Eintritt in ein Handlungshaus ist wurdevoll, ruhig und ganz der Wichtigkeit feiner Stellung zu demselben angemessen. Mit einem einzigen Blick hat er den Bedarf des Committenten übersehen, und bevor noch dieser Zeit hatte, selbst zu überschlagen, was ihm wirklich fehle, hat der reisende Prins sipat in fein Notizbuch bereits eine ganze Liranei von Arufeln aufgenommen und dabei gesagt: „Diese Waare fehlt Ihnen, von jener werden Sie viel verlaufen; hiervon werde ich Ihnen einige Stücke zusenden, davon sollen Sie auch erivas haben." So verfährt der Reisende fürs eigene Haus mit Sturm ers steigt er die Festung, so daß der Kommittent, wie durch ein Blendwerk getduscht, gar nicht den Gedanken cines,,Nein" faffen fann. Und dann ist es ja auch der Chef des Hauses, der so viele Vortheile, so vielen Rabatt zu gewähren im Stande ist, diesen kann man unmöglich so leer, das heißt, ohne Auftrage, ausgehen lassen. Auf diese Weise wird der reifende Prinzipal da gewiß Bestellungen erhalten, wo sein armer Stellvertreter ohne Auftrag abgefertigt wird. So vielen Eifer, so viele Selbst liebe dieser auch an den Tag legen mag, das eigene Haus wird jedesmal den Sieg über ihn davontragen; er wird immer einen gewiffen Einfluß geltend machen, dem fein Kommittent riders stehen kann. Das Kostüm des reisenden Prinzipals ist weder gesucht, noch in die Augen fallend; er trägt sich einfach, sauber gebürstet und besonders feine Stoffe.

Der Prinzipals Reisende hat immer nur einen guten Hand schuh auf der Hand, der andere, zerriffen, wird in der Hand ges tragen. In neuerer Zeit, besonders feit der Revolution ven 1830, wagt er schon ein feitenes Schnupftuch, echt Ostindische Waare aus Lyon.

Der Reisende Associé steht gewöhnlich in einem problemas tischen Alter, schwankt zwischen fünfunddreißig und vierzig Jah ren, trägt meistens ein Toupet und falsche Zähne von berühms ten Artiften; follte er aber zufällig weder eine Perrücke, noch ein Gebiß falscher Zähne tragen, so ist er ganz gewiß mit einem

*) Nach dem Franzöfifchen Skizzen - Buche: Les Français.

1839.

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Bleikämmchen versehen, mit dessen Hülfe er bemüht ist, den Schaden der Zen wieder zu verbessern und die auf dem Scheitel einzeln hervoriprießenden Haare nach vorn zu kämmen; wenn er spricht, wird er den Mund nur so weit öffnen, um der Zunge freien Spielraum zu gestatten. Der Reisende Associé ist ein ins teressantes, zweibeiniges Wesen, gewöhnlich klein, unterseßt, dicks bauchig, im Ganzen aber eine gute Haut. In seinem Anzuge ift er folett, er riecht nach Eau de Cologne, zuweilen auch nach Parschuli; er trägt eine weiße Halsbinde, eine weiße Weste, schwarze Beinkleider und einen Rock von derselben Farbe gans wie man sich vordem getragen. Am Zeigefinger seiner rechten Hand macht sich ein Siegelring von majfivem Golde bemerkbar, an seinem Hemde Knöpfe von Perlenmutter oder Elfenbein und an seiner Hosentasche eine flache Uhrkene à la Vaucanson. Bei Tische spricht er wenig, aber gut und abgemessen, das heißt, seine Worte tragen das Gepräge eines gewissen anmaßenden Lones, and was ihm in der Rede unwahrscheinliches entschlüpft, dem weiß er einen Anstrich von Gemächlichkeit und Aufrichtigkeit zu geben. Der Reisende, Associé speist nicht mit dem kleinen Auss chuß seiner Kollegen; an der Table d'hôte trinkt er seine halbe Portion Kaffee, steht dann auf, spricht einen Augenblick mit dem Gastwirth, reft einen Bedienten, der ihm ein wenig die Stiefel bürsten, und verlangt einen Burschen, der ihm seine Musterkarten tragen soll. Bei dem Kommittenten ist er, wie überall, höflich, zuvorkommend und unterwürfig; er füßt das frankliche Kind, spielt mit dem jungen Pudel, sagt der Laden: Wamfell einige Artigkeiten und bietet dem Chef eine Prise an. Er erkundigt sich nach dem diesjährigen Stand des Weines, macht den Wetterpropheten, läßt sich über Ackerbaulunde weitläuftig aus, giebt eine Uebersicht von der Beschaffenheit des Roggens, des Hafers und der Melonen, frage nach dem Befinden der Madame und ladet den Herrn freundlich ein, nas Paris zu kommen.,,Wir werden dann im Rocher de Cancale speifen", sagt er mit einem wohlberechneten Lächeln;,,auch werden wir einigen verlappten Flaichen Cypers wein den Hals brechen", fügt er flüsternd hinzu. Kurz, er ers halt einen Auftrag und zuweilen einen guten Auftrag.

Der Reijende Commissionair war zur Zeit des Kaiserreichs ein apolryphisches, ideales, oder wenigstens unbestimmtes Wesen; zur Zeit der Restauration hat es sich schon mehr verkörpert, hat cinen Kopf und Arme erhalten; feit den glorreichen Julitagen aber hat es sich dergestalt mit seiner Rolle identifizirt, ist es so gewissenhaft mit den Vollkommenheiten unserer Zeit mitgegans gen, daß es nun der Schrecken der Kramer, der Niederlagen und des ganzen Geschäție überhaupt geworden. Will man sich von der geistreiben Ausgeburt unserer Zeit einen Begriff machen, so dente man sich ein Wesen, das an die Funfzig streift, bald dlter, bald jünger, meistens aber diter. Dieses Geschöpf ist Eigenthümer eines mir grauen, pomadirten Haaren gekrönten Hauptes, davon auch die Schlafe bedeckt sind. Außerden ist er mit einem schabis. gen Rod, mis faltenreichen Pantalons, einer patentirten Halss binde, einem weißen Hut und schiefgelaufenen Stiefeln bekleidet. In dem sonderbaren Aufzuge spielt diese Art Mauvais, Sujet den Stußer und Angenehmen; von seinem weilen Jabot streift er oft den Taback ab, um bei diejer Gelegenheit die vergoldete Einfassung seines Haarrings, den er von seiner lezten Eroberung erhalten, glänzen zu lassen. Der Reisendes Commissionair hat lange die Welt durchstreift, hat Alles gesehen, Alles untersucht, Alles beobachtet, weiß Alles zu schaßen. Er kennt alle Mittel, alle Hülfsquellen, alle Wege und Stege, jeden Punkt und Strich, die Eins und Ausgange, mit einem Worte, alle Geheimnisse seines Metiers, seines Standes, seiner Kunst. Ist von einem berühmten Hause die Rede, so besinnt er sich leinen Augenblick; als eine nothwendige Einleitung wiegt er sich auf seinem Stuhle, steckt einen Finger in seine mit ciselirten Knöpfen befeßte Weste, blinst mit den Augen und sagt:,,Dieses Haus? ich fenne es, im Jahre IX waren wir, der Chef und ich, Commis in einem Haufe." Z von einem Kaufmann die Rede: Ich kenne ihn, er hatte den Debit in Loco au besorgen, während ich die Versendungen nach außerhalb machte." Neunt man einen Banquier: 3 kenne ihn, er war noch Kassendiener, als ich "Der Reisendes Commissio nair hat bereits Alles gethan, ist bereits Alles gewesen, in der That aber that er nichts und ist auch nichts gewesen. Doch muß man ihm Gerechtigkeit wiederfahren lassen; so kennt er zum Beis spiel alle Hotels in ganz Frankreich, von ihren guten und schlech,

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In der Regel geht er am liebsten mit jungen Reisenden und den Milchbarten um. Und zwar deshalb, weil er das Domino, Whist, Ecarte und vorzüglich das Billard vortrefflich versteht, und sobald er in ein Kaffehaus gerdth, ist er gewiß, von dem Neulinge seine halbe Portion Kaffee, sein Schnapschen, seine Cigarre und Flasche Bier zu gewinnen, lauter tägliche Ausgaben, die feinem geringen Haushalt zu Gute kommen. Der Reisendes Commissionair wir bitten ihn um Verzeihung; allein die Wahrs heit über Alles! der Reisende Commissionair hat meist cynische Sitten; hört man am Tische eine zwang und schminklose, schmußige Unterhaltung, eine von jenen Unterhaltungen, die uns nöthigen, den Mund zu verschließen, und unsere Nachbarin, die Augen zu senken, so dürfen wir bloß nach dem dußersten Ende desselben hinsehen und gewiß seyn, dort ein schmußiges Wesen zu erblicken, mit einem unrasirten Barte, einer finnigen Nase, einem frummen Kinn, mit trüben, schmußigen, Perlenmutter dhnlichen Augen, das sich ein Reisender Commissionair neunt; dieser Zotenreißer nimmt weder auf den Ort, an welchem er sich befindet, noch auf die Gesellschaft, die ihn umgiebt, noch auf die Möglichkeit, daß auch Damen zuhören könnten, irgend eine Rücks ficht. Von den Kunden wird er bald mit Laune, bald mit Kälte und wie ein Fieber aufgenommen; um ihn los zu werden, wird ihm ein Auftrag ertheilt; so gering er auch seyn mag, seinem Hauje, welches so unglücklich war, ihm Proben anzuvertrauen, wird er gewiß das Doppelte aufgeben. Ist die Bestellung ges macht, aufgegeben und ausgeführt, so erkennt der Kommittent den Betrug, schimpft, flucht, verwünscht den Reisenden zu allen Teufeln und läßt die Waare zur Disposition liegen. Während dessen ist der Reisende Commissionair nach Hause gereift; er, macht auf seine zwei bis drei Prozent Ansprüche, er erhält seinen Antheil, das ist Alles, was er will. Er hat die Kunden und feinen Prinsipal angeführt, weiter verlangt er nichts. (Schluß folgt.)

Einige Tage im südlichen Frankreich.

1. Lyon und Avignon.
(Schluß.)

...

Wir gelangten nun in einen hohen pyramidalischen Thurm, der oben durch eine Klappe verschlossen und eigentlich nichts weiter als ein gerdumiger Rauchfang war. 3m unteren Theil befand sich noch vor wenig Jahren ein eiserner Käfig, deffen Klammern man noch in der Mauer sieht. Dieser Ort diente zu den Autos das Fe's, und der Ruß, der oben die Mauern schwärzt, deutet an, daß die Bestimmung der Stätte keine Sinekure war. Ein schmaler Gang führt zu dem Gerichtssaale, dessen Richterstuhl mit vergoldeten Fresken umgeben ist; gegenüber befinden sic Sinnbilder, welche noch jezt entseßeuerregend sind; die darunter gefeßten Schriftstellen hat die Zeit aus Schaam verlöscht. Man unterscheidet nur noch einzelne Worte: hunc gladium... justos amo, malos debello... Arius... haeretici.. Zu beiden Seiten des Tribunals befinden sich in der Mauer eine Art von Orgels pfeifen, durch welche man den Angeklagten die Fragen zukommen ließ und ihre Antworten entgegennahm, denn die Gefangenen befanden sich in einem tieferliegenden Gemache und durften ihre Richter nicht sehen. An diesen Saal stößt ein enger Kerker ohne Licht und Luft an, neben dessen Eingange man den zum siedenden Del bestimmten steinernen Bottich bemerkt; dicht dabei find die Oublietten, eine Art unterirdischer Kerler, welche für lich vermauert warden, und die Folterlammern, deren Ofen nod) jezt ein drohendes Ansehen hat; wenn aber auch seine Einheizer nicht fehlten, er würde hoffentlich nicht wieder glühen, denn der Hauch Gottes hat ihn ausgelöscht. Weiterhin steht ein sieben Stockwerk hoher Thurm; das ist das Staatsgefängniß, we Rienzi gefangen saß. Außer den Mauern ist weiter nichts mehr übrig, als einige Trümmer der Treppe, die durch den Tritt der hinaufsteigenden Unglücklichen ganz abgenußt wurde, und ein enger in der Mauer befindlicher Gang, der wahrscheinlich dazu diente, fie zu belauschen und ihre Scheimnisse zu erforschen. Schon lange sind die Unterdrücker todi, aber die Werkzeuge ihrer Grausamkeit legen noch immer Zeugniß von ihnen ab, sie hatten ja so viele Sorgfalt aufgewendet, um sie recht dauerhaft zu machen! Rings um den Palast herum zieht sich ein bedeckter Weg, wo man während der Schreckenszeit Hunderte von Opfern einsperrte, auf die Jourdan, wie es heißt, kanoniren ließ. Ich weiß wirklich nicht, in welches Jahr diese That fällt, und ob ich jenen alten berühmien Namen auch nicht unabsichtlich verleumde; so viel ist gewiß, daß man in der Mauer noch die Spuren der Kartdischen fleht. Wer nun aber auch der Vollstrecker des Bluts gerichts der einen und untheilbaren Republik war, das thut wenig sur Siche; man erkennt doch hieran sehr wohl ihr Losungswort und ihre Devise: Freiheit ........ zu plündern und zu morden,

reich dieser Palast an Erinnerungen ift, und wie eine der anderen, selbst in langen Zwischenräumen, noch den Rang streitig macht. Etwas nefer als der Palast der Päpste liegt die Kirche Nos tre Dame des Dons, die, wie es heißt, von Karl_dem Großen wieder aufgebaut wurde, und wirklich hat auch die Façade etwas vom Byzantinischen Styl, der zu jener Zeit im Schwung war. Es drängte mich, Crillon's Grab daselbst zu sehen, das in allen Reisebestreibungen verzeichnet ist. Nichts als Betrug! man finder bloß einen Marmorstein, der unter der Restauration von der Familie gleichen Namens zu seinem Andenken gefeßt wurde, and ich suchte doch den Aeltervater selbst. Ich bedauerte sehr, eine schöne Statue der Jungfrau von Pradier nicht sehen zu können, die man noch unter Verschluß hält; eben so wollte man mir nicht das prachtige Gothische Grabmal Johann's XXII. zeigen, welches fich in einer Kapelle befindet, die Deveria aus Paris so eben mit Fresten ausgeschmückt. Der Kirchendiener versicherte mir, man habe seinen Vorganger bloß deswegen fortgejagt, weil er Jemand in jene Kapelle eingelassen hatte. Es blieb mir also nichts übrig, als mir den Eingang zu erzwingen, alle daraus entstehenden Unannehmlichkeiten auf mich nehmend. Ohne Umstände klopfte ich an die Thür, die ein Handlanger halb öffnete, um mich abs zuweijen. Ich wünsche Herrn Deveria zu sehen.“ ,,Er ist nicht hier." So will ich eine Bestellung an ihu zurücks lassen." Er befindet sich aber gar nicht in Avignon, es ist Niemand als sein Gehülfe hier." ,,Ei vortrefflich, den will ich gerade sprechen." Der ist zum Mittagessen fortgegans gen." ,,So will ich auf ihn warten, verstehst Du mich, Eins faltspinsel", und ihn mit dem Ellbogen beiseitstoßend, trat ich ein und betrachtete das Meisterwerk. Was Deveria's Fresken anbetraf, so gab ich mir gar nicht die Mühe, den Vorhang wegs zuziehen, denn es war weiter nichts als Schüler, Arbeit; der Meister streift unterdeß auf Rechnung des Quantum's im Lande umber und wird gerade ju rechter Zeit zurückkehren, um das Gemälde zu unterzeichnen und die Zahlung zu bescheinigen.

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Die Kathedrale ist weit unbedeutender als Notre Dame des Dons, und das Grab Mignard's ist die einzige Merkwürdigkeit in derselben. Das Calveische Museum, eine reiche Stiftung, führt den Namen nach ihrem großmüthigen Gründer. Es ents hält schöne Alterthümer, die man zum Theil in Avignon selbst, hauptsächlich aber in dem Flecken Vaison fand, Statuen und Büsten von Kaisern, Torso's, Urnen, Grabmdler und Altare von ansehnlichem Umfang, mit Bildhauerarbeiten, die man eher für Celtischen als Römischen Ursprungs halten würde. Es sind auch zahlreiche Statuetten sowohl von Menschen als von Göttern darunter; die merkwürdigste, ja, wie es heißt, die einzige ihrer Art, foll eine Karrikatur des Heliogabalus seyn. Wo aber ist der Beweis dafür Bemerkenswerth schien mir eine in zwei kleine Rundungen auslaufende Hellebardenspise, welche dem Bildniß des Kaisers zum Rahmen diente und die man als Heereszeichen gebrauchte.. Zahllose Münzen befinden sich hier, doch für diese Art von Merkwürdigkeiten ist eine kurze Besichtigung nicht hins reichend. Die Bildergallerie ist von Interesse, fie enthält schöne Gemälde von Joseph, Charles und Horace Vernet, die alle drei aus Avignon stammen; darunter ragt besonders der Mazeppa auf dem wilden Pferde hervor, der durch den schönen Kupferstich von Jazer allgemein bekannt ist. Horace Vernet, der dieses Stück für seine Vaterstadt bestimmt hatte, durchstach es zufällig bei einer Fechtübung mit dem Rappiere. Er besserte es möglichst gut aus und verfertigte eine Kopie davon für das Luxembourg; da es ihm aber einfiel, daß Paris wohl eines Tages Ansprüche auf das Original machen könnte, so sandte er beide dem Museum von Avignon zu. Auch Mignard hinterließ seinen Mitbürgern ein schönes Denkzeichen seines Pinsels. Außerdem erregten meine Aufmerksamkeit nur noch ein Portrait von Crillon und zwei von Petrarka; das eine derselben, welches zu Lebzeiten des Dichters gemalt seyn soll, ist zugleich das schönste und das charaktervollste, es ist auch das Original aller jener Kupferstiche, die man überall fieht; das zweite Bild aber hat auch nicht die geringste Aehnlich, keit mit demselben. Zwet Portraits von Laura, einander eben so unähnlich, sind die Seitenstücke dazu. Was nun die Bibliothel betrifft, so war mir darin folgender Nebenumstand das Merks würdigste. Dem verbindlichen und bereitwilligen Ansehen des Mannes nach, der es übernommen hatte, mir die Büchersåle zu zeigen, schmeichelte ich mir, tausend nüßliche Belehrungen über. den Juhalt, den Werth, das Alter und die Folge der zahlreichen Manuskripte von ihm erhalten zu können; er hingegen, der wahrs scheinlich meine neugierige Micne für eine Kennermiene hielt, schmeichelte sich seinerseits, daß ich ihm einen ähnlichen Dienst würde leisten können. Ich harrte, er harrte, wir harrten beide, und so möge auch der Leser auf die weiteren Details harren.

Da ich im Museum aus dem Plan von Avignon erfah, daß mir noch Laura's Grab zu sehen übrig blieb, so szögerte ich nicht, mich nach dem anderen Ende der Stadt zu begeben, und beeilte mich nicht wenig, um mir eine solche Sehenswürdigkeit nicht entgehen zu lassen. Ein neuer Betrug! dieser aber war unverschämt und unverzeihlich! Mitten in einem öden Garten seigte eine Art Menfch), mit einer Armenbüchse in der Hand, einen verunglückten Säulenstumpf, noch ganz frisch und neu, den ein Englander an dem Orte hatte errichten laffen, wo seiner Meinung nach_Laura's Grab seyn konnte, um so allen Kunfts freunden das Suben desselben zu ersparen; so wingt man uns durch den unwiderstehlichen Reis von Laura's Namen, hierher zukommen und etwas anzuf.hen, was eigentlich nur beweisen soll,

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Für diese Tauschung suchte ich mich im Invalidenhause zu entschädigen, war einem nachgebornen Bruder, aber doch einem Nebenbuhler des Pariser Domes. Wenn dieser lettere nichts weiter als ein Denkmai seyn soll, welches die National-Eitelkeit dem National Ruhme errichtete, so trägt er den Preis davon; war man aber wirklich Willens, eine wohlthätige und belohnende Anstalt zu gründen, follte er eine Stätte der Ruhe, der Ehre und der Erholung für das Alter der Tapferen seyn, so verdient der Invas liden Dom von Avignon den Vorzug. Man tritt in einen schönen, gerdumigen Plan, der von zahlreichen, schattigen Fußsteigen durchs schnitten wird, die fortwährend von dem Klappern der Stöcke und Krücken wiederhallen. Die ihn umgebende Mauer ist ein großes Gemälde von einfacher und ernster Arbeit, aber reich durch seinen Inhalt, denn es bilder einen vollständigen Kursus des Französischen Ruhmes. Von 1789 an find hier alle Siege eingeschrieben, mit dem Datum und dem Namen des kommandirenden Generals. Dicht gedrängt stehen sie in den Rahmen. Hier liest man alle Namen der Marfchälle, Generale und Admirale. Der Ausfühs rung dieser Tafeln liegt ein großartiger und doch zugleich zarter Gedanke zum Grunde; jeder Invalide kann vor sein Feld_treten uud dort seine Ruhmes Trophɗen und seine verlorenen Glieds maßen aufsuchen, und das ist sein Troft. Im Hintergrunde des Gartens, am Gebäude entlang, zieht sich eine gerdumige Terrasse hin, auf welcher alle diese ehrwürdigen Trümmer sich an Avigs non's schöner Sonne erwärmen und sich zum hundertsten Male ihre Feldzuge erzählen, denn sie sind simmilich lebende Bülletins. Es befinden sich hier 700 Invaliden, alle im blauen Ueberrock und dreieckigen Hut. Ich näherte mich der Gruppe; da erhob sich der ruftigste von ihnen und bot sich mir treuherzig zum Führer an. Ich fragte ihn, ob sie auch Marenganer hier hätten. freilich dort unten steht gleich einer. Komm her, La France, tomm, erzähle uns etwas. Der Gerufene war ein Südländer voll guten Willens, aber die Sachen fingen schon an, sich in feinem Kopfe etwas zu verwirren. Ich fragte, ob sie auch noch Aegypter hätten? „Nur noch sehr wenige, aber sie sehen alle nicht mehr recht. He, kommt doch näher, Ihr da, hier ist ein Bürger, der die Alten liebt." Sie kamen herbeigehumpelt, sahen alle ein wenig műrris aus und waren gerade nicht sehr gesprächig, doch beantworteten fie meine Frage freimüthig und furs; ich hörte ihnen mit Ehrfurcht zu und trocknete mir unbes merkt die Augen. Ich habe meinen Thiers wohl zweimal durch, gelesen, wenige Worte aber von diesen Invaliden verseßten mich beffer in jene Zeit, als seine malerischsten Schilderungen. Nur noch einige Jahre, und diese ganze Armee, die jeßt noch ein wenig mit zur Gegenwart gehört, ist weiter nichts mehr als ein weit entferntes unglaubliches Mährchen! Mein Führer zeigte mir die Schlafgemacher, die Küchen und Speisesale; Alles ist reinlich, ges rdumig und bequem, aber ohne Aufwand; auch eine Bibs fiother feht au ihrer Benußung da und ist mit schönen Kupfers Richen von Ludwig Philipp, Napoleon, ihrem Gouverneur Mons cen und allen Marschällen geschmückt. Alle, die ich befragte, lobten die gute Behandlung und das Wohlsenn, deffen sie sich ers freuten. Für sie ist immer Ruhetag. Zuerst wies der Invalide mein Geldstück zurück, ich tauschte mir aber dafür eine Prise Taback ein und bat ihn, einen Schluck auf mein Wohl zu trins ten; das Wort Schluck ist ein geheiligter Ausdruck und wird nie surückgewiesen. Ich entfernte mich mit großer Befriedigung.

Ei

Nur Eins blieb mir noch zu sehen übrig, und zwar das Juwel des Jrren-Hospitals, ein berühmter elfenbeinerner Chriftus von ungefähr zwei Fuß Lange. Es ist in der That ein vollende tes Meisterwerk, denn nie sah ich einen so ausdrucksvollen, so göttlichen Christuskopf, der so herrlich das Ideal versinnlichte, welches sich die Einbildungskraft davon geschaffen hat. Sonders bar daran ist, daß die eine Hälfte des Gesichts den Schmers, die andere aber die Ergebung ausdrückt, und doch stört dies nicht, denn betrachtet von vorn, so verschwindet diese Vers schiedenheit. Billermin aus Avignon im Jahre 1650 vers fertigt, ward er von dem Künstler den Orden der Büßer übers reicht, um seinen Bruder von einer schweren Strafe loszukaufen, und der Handel wurde angenommen.

In Avignon giebt es auch ein Judenviertel, welches aus freier Wahl noch immer der Wohnfiß der Ifraelitischen Bevdls ferung ist, obgleich sie nicht mehr daran gebunden ist. Die Herrschaft in Avignon führt jest der Krapp; die Fabrikanten und Bahndrate bewohnen die Paläste und besprißen im Vorübers fahren mit dem Koth der überaus schmußigen Graßen alle die armseligen Barone und Herzoge, die nicht den Muth haben, sich zum Handel zu erniedrigen, um sich dadurch wieder aufzuhelfen. Ein Herzog aus berühmtem Geschlechte hat seinen Palast vers Pauft, schlug es aber ab, auch seinen Titel als Grand von Spanien zu Gelde zu machen, für den man ihm 400,000 Fr. geboten hatte. Borüber foll man sich mehr wundern, über das Anerbieten oder über das Ablehnen? Eine der reichsten Erwerbsquellen von Avignon If die Durance, deren Waffer durch einen Kanal herbeigeleitet wird die Felder bewaffert, was zwar ziemlich kostspielig ist, aber die Ausgaben reichlich vergilt. (Bibl. Univ.)

China.

Canton im Jahre 1838.

IL Faktoreien und Basars.

Die Britische Faktorei ist das merkwürdigste Europdische Etablissement in Canton, ja sie würde selbst in Europa ein prach

tiges Gebäude senn. Der Hauptsaal oder die „Britische Halle" seyn. hat ein wahrhaft Königliches Ansehen, er ist mit sehr loftbaren Trumeau's und einem prächtigen Bildniß Wilhelm's IV. in Lebensgröße geschmückt. Das den Faktoreien bewilligte Terrain hat eine Tiefe von ungefähr 250 Fuß, die Gebäude sind in der Mitte von zwei Straßen oder größeren Passagen durchbrochen, und an jeder Seite dieser Straßen ist eine Reihe Chinesischer Kaufladen und Magazine angebracht, in denen man alle Gegens stande, welche die Neugier der Europder in China aufsucht, vors finder. Ich schlenderte fünf bis sechs Stunden lang in diesen Basar's herum, bald den Waaren, bald den Verkäufern meine Aufmerksamkeit zuwendend, und konnte mich gar nicht satt sehen. Ich fand hier nicht die demüthigen und Priechenden Chinesen von Manilla; die Kaufleute von Canton fühlen, daß sie in ihrer Heimat find, und daß, wenn es ja einem Privatmann gestattet wäre, die Rolle des Unterdrückers zu spielen, diese Rolle ihnen von Rechtss wegen zukáme. Deffenungeachtet behandelten fie uns mit großer Rücksicht und Höflichkeit und zeigten sich sehr bereit, dem indivis duellen Geschmacke, ja selbst den Launen der Käufer zu genügen. Alle steckten in wohl gefütterten Winterkleidern; eine Art langer feidener Weste ohne Kragen, die wattirt und mit goldenen oder messingenen Knöpfen befeht war, kreuzte sich über ihrer Brust; weite Pantalons und Strümpfe von starker Wolle schüßten ihre Beine. An den Füßen trugen sie seidene Schuhe mit zwei Finger dicken Sohlen aus dicht gepresien Blättern von Bambus Papier, die sehr gut gegen Näffe schüßen. Ihre Kopfbedeckung war eine feidene oder wollene Müge von sehr verschiedener Form. Bei strenger Kalte wird ein großer Pelzmantel über die anderen Kleider geschlagen, das Pelzwerk an demselben is oft so kostbar, daß ein solcher Mantel über 250 Thaler nach unserem Gelde kostet und in Europa noch weit mehr fosten würde.

Man findet vielleicht nirgends gefchicktere Kaufleute, als in China. Ihre Geduld und Ausdauer sind eben so bewundernswürs dig, wie ihre praktische Klugheit. Leute, die ungeheuere Geschäfte machen, debattiren und feilschen oft Stunden lang um eine wahre Kleinigkeit. Ihre Beredsamkeit ist ohne gleichen, wenn sie nur den unbedeutendsten Vortheil dabei im Auge haben; sie wissen ihre Artikel von tausend Seiten zu empfehlen und erreichen fast immer ihren Zweck, selbst bei Ausländern, in deren Sprache fle nur nochdürftig sich_mittheilen können. Alle Kaufleute in den Querstraßen der Faktoreien verstehen und sprechen Englisch: es gehört aber längere Uebung dazu, um mit ihrer eigenthümlichen Aussprache vertraut zu werden.

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Die erste Bude, welche in diefem Basar meine Aufmerksam; Peit feffelle, war mit den wunderlichsten, grotestesten Figuren, die man sich nur denken kann, angefüllt. Ich kam mir vor, wie ein Kind, das zum ersten Male in einen Laden tritt, wo lauter Spielsachen zum Verkaufe Reben. Zwei Stunden lang amffirten mich die drei Fuß hohen vornehmen Herren und feinen Damen in ihrer kostbaren Kleidung, die wackelnden Köpfe der unzähligen Pups pen Idole, von denen immer eines häßlicher ist, als das andere, und die fürchterlichen Drachen, die bei jeder Berührung drduend ihre Augen verdrehen. Vor Allem erregten die zu Gruppen geschaars ten Figuren, welche Kostüme der verschiedenen Provinzen des Reichs und die mannigfachsten Sitten und Gebrauche darstellten, mein Interesse. Von da begab ich mich in ein Seidenwaarens Magazin. Hier lagen eine Menge trefflich gearbeiteter Shawls jeder Farben und unvergleichliche, gestickte Tüll's vor dem Schau, und Kauflustigen ausgebreitet. Man zeigte mir Stücke Seidens stoff, wie sie unsere besten Fabrikanten in Lyon kaum liefern föns nen. Die schönsten Chinesischen Seidenzeuge kommen aus der Provinz Kiangnan, diesem Babylonien China's in ungeheurem Maßstabe, das für sich allein schon volkreicher ist, als das ganze Russische Reich, dem Lande der üppigsten Fruchtbarkeit, der erstauns lichsten Betrübsamkeit in allen feineren Kunstarbeiten, aber auch. des weichlichsten Wohllebens. Was in der Provinz Canton fabris sirt wird, ist im Allgemeinen von geringerer Güte. Auch sah ic unzählige, herrlich gefickte Bauder, deren Anblick viele unserer Damen entzückt hätte. Ganz verblendet von allen diesen Schäßen, wollte ich in einem Laden mit lackirien Waaren etwas Ruhe und Erholung suchen; allein der Herr dieses Magazins reiste meine Schauluft von neuem, indem er mir Necessaire's_zeigte, die so unvergleichlich lackirt waren, daß fie recht gut als Spiegel dienen konnten. 3 öffnete mehrere wunderschöne Arbeitstische und konnte nicht måde werden, die feine Arbeit an den tausend Artikeln aus Elfenbein, die sie enthielten, zu bewundern. Koftbar geschmückte Spiel Schachteln, allerliebste Thee Büchsen und eine Menge anderer Gegenstände, die man mit Lack zu überziehen pflegt, machten vor meinen Blicken Parade. An das Magazin mit lackirten Arbeiten stieß ein anderes, in welchem alle Herr lichkeiten des Bijouteriehandels ausgestellt waren. Die Chinesen find vortreffliche Juweliere; fie liefern auch in diesem Zweige der Industrie oft Vorzüglichlicheres als wir. Nirgends habe ich so leichte und feine Filigran Arbeit von Gold und Silber gesehen j man zeigte mir Ohrgehange, Armbänder und andere Schmud fachen, deren Gewebe, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist (denn Geflecht wäre zu unbehülflich), mit Nichts, was wir in Europa kennen, eine Vergleichung läßchen von 13 Bollenberg duldet. Unter Anderem fab ich Schmuck und zarter Arbeit, daß ihr Gewicht beinahe Null war, obschon sie eine Höhe von sieben bis acht Zoll hatten.

Aus dem Bijouterie, Laden ging ich in das Atelier eines Malers und flaunte nicht wenig, recht gute Kopieen der Kunst werke unserer Ausstellungen vorzufinden. Phantasie. Stücke der

Herren Dubuffe und Grevedon tapezierten die Wände dieses Chis nesischen Ateliers, das jedoch mit größerem Rechte den Namen eines Magasins verdiente; denn Herr Samilua (der Maler) hat feine stärkere Dosis schaffender Phantasie, als seine Landsleute überhaupt. Die Malerei ist dem Chinejen eine mechanische Kunst, die er wie jede andere ihrer Schwestern treibt, und kein Mensch kann es im technischen Theile derselben weiter bringen. Nicht bloß die Stillleben, die Pflanzen und Thiere, die Gewänder u. s. w. versteht er mit großer Genauigkeit, Nettigkeit und Saus berfeit zu fonterfeien, auch seine Portraits lebender Personen haben überraschende Aehnlichkeit, sofern diese in materieller Res production der Züge besteht. Aber Geist und Seele des Drigis nals darf man in diesen Portraits nicht suchen.

Meine Musterung der Chinesischen Magazine bei den Fals toreien währt schon länge, und doch kann ich hier noch nicht abs brechen. Treten wir auf ein halbes Stündchen in jenen Laden mit Elfenbein Waaren, wo wir allerliebste Siegel mit dem Wappen oder den Anfangs Buchstaben aller Glieder unserer Familie, das Stück zu fünf Franken, gestochen bekommen. Schau einmal jene konzentrischen Kugeln, von denen je sechs oder fieben, eine in der anderen, sich bewegen; alle find mit solcher Vollkommenheit à jour gemeißelt, als hatte der Künstler jede einzelne Kugel als sein Meisterstück behandelt. Die Chinesen vers rathen es feinem Ausländer, wie sie das Elfenbein bearbeiten; Methode und Werkzeuge sind uns gleich unbekannt. Gehen wir weiter! Hier verkauft man Kräutersäckchen von eben so zierlicher Form als lieblichem Geruche, und parfümirte Matten, die, wenn sie angefeuchtet werden, den köstlichsten Duft verbreis ten; dort prangt ein Porzellan Magazin mit allen feinen Schäßen. Man würde sich nach Paris verjeßt glauben, wenn man nicht fehr bald bemerfie, daß alle dieje Artikel von den unftigen vers schieden sind. Zu unseren Magazinen findet man keine so Polossale Vajen mit Schlachtgemälden und keine Taffen, wie diese, die so fein und durchscheinend sind, daß man sich fast scheut, sie anzus faffen. Und nun laß uns noch ein paar Augenblicke vor der Bude jenes merkwürdigen Mannes verweilen, der Doktor and Apotheker in Einer Person ist. Ein kleiner Tisch und ein Schemel find sein ganzes Mobiliar. Sichst Du das Bündel kleiner Stabs chen in dem großen vor ihm stehenden Glase? Kein Europder ahnet ihre Wunderkraft: an jedem derselben steckt ein Rezept. Diese Stäbchen sind nach einem gewissen Prinzipe durch einander gemengt. Sobald Du dem außerordentlichen Manne Dein phy. Asches Leiden geklagt hast, sieht er, anscheinend aufs Ungefähr, eines der Stäbchen heraus, liest den geheimnisvollen Zettel und bereitet sofort eine Arznei, die Jeden heilen muß, dessen Glaube an ihre Wirksamkeit stark genug ist. *) — Aber vielleicht bedarfst Du feines leiblichen Arztes; eine gewagie Speculation macht Dir Unruhe, oder Du willst sonst einen Knoten Deiner Zukunft gelöst wiffen? Ei, wir sind ja schon zehn Mal bei dem Wundermanne vorüber gekommen, der solche Mysterien zu ents hüllen versteht! Siehst Du ihn einsam auf seiner Bank sizen? Vor ihm liegen Pleine Streifen Papier und fleine versilberte Stabben auf einem Tische. Dieser Mann ist die Sibylle; seine Bank ist sein Dreifuß, und die Papierstreifen sammt den Stäb chen find die Drakel, die er Dir für einige Sapek's, d. h. für wenige Kreuzer verläuft.

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Endlich sind wir aus der Passage an den Faktoreien heraus; wir haben vor lauter Schauen und Bewundern sehr guten Appes tit bekommen und erfrischen uns nun in dem riesenhaften Mas gazin von Ekwaaren an der Ecke zur Rechien. Die Büffers dieses Magazins oder dieser encyklopädischen. Speise Anstalt brauchen sich einer Vergleichung mit denen des Palais Royal nicht zu scẩmen. Mit einem Worte China ist für wohls habende Leute und für Solche, die keine Bambus Streiche zu befürchten haben, das wahre Land des Comforts und behaglichen Lebensgenuffes.

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I hate in allen Magazinen der beiden Bafars eine außers ordentliche Thätigkeit bemerkt; auch wer mir nicht entgangen, daß die Kaufleute ihre Waaren mit ungeheurem Eifer und selbst um niedrige Preise los zu werden suchten. Mein Begleiter fagie mir, diese stürmische Geschäftigkeit habe in der Annäherung des neuen Jahres ihren Grund. Kraft eines Reichs Gesezes müssen alle Geschäfte mit dem Schlusse des Jahres zu Ende seyn; daher wird es jedem Kaufmann zur Pflicht gemacht, in den leyten Lagen des leßten Monats seine Bilanz fertig zu haben. Diese Befreiung von den Lasten des alten Jahres feiert man mit großen Luftbarkeiten. Hat ein Chinese seine Rechnungen abgeschlossen, so schmückt er seinen Laden an der Vorderseite mit Blumens Gewinden, Raketen und Schwarmern. Der Larm der abgebrann ten Feuerwerke verkündet seinen Nachbarn einstweilen, daß ihn Peine alte Sorge mehr drückt; dann ladet er eine Auswahl vers trauter Freunde zu sich und secht und pokulirt mit ihnen ein paar Tage lang. So lange die Orgien dauern, bleibt jede Hauss ihür verschlossen, und eine transparente Leinwand vor den Fenstern

*) Wir erlauben uns hier die Bemerkung, daß man auch in China swischen achtbaren verstandigen ersten und den Quackfathern der Baars, bei denen nur das Volk Hülfe sucht, sehr wohl zu unterscheiden weiß. Ron den Ersteren, die sich niemals in Hokuspokus herablasen, sind Biele sehr literarisch gebildet und fruchtbare Schriftsteller. Was fie in ihren Werken von den Vflichten des Arztes sagen, ist so vortrefflich, daß es ohne alle Modification auch unseren angehenden Medizinern sugerufen werden tönnte.

schüßt die Bewohner vor den Blicken profaner Neugier. Bei reichen Chinesen dauern diese Feste oft vier Wochen lang. An deu beiden ersten Tagen des Jahres find alle Låten geschlossen, Niemand thut eine Handarbeit, und Jeder denkt nur an heitere Berstreuungen. Dafür hat aber auch der fleißige Chinese sonst Feine Ferien mehr, ausgenommen den Tag des Drachenfeftes und den des Laternens Festes. Der erstere ist eine Art von Fastnacht; er wird mit Maskeraden und allerlei anderen Possen begangen, bei denen der Drache die Hauptrolle spielt. Das Laternen Fest, an dem ganz China bei ndchiliger Weile einem bunten Feuermeere gleicht, ist schon oft beschrieben worden.

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Mannigfaltiges.

Die Versammlung in Pisa. Die im Monat Oktober d. J. in Pisa stattgefundene erste Versammlung der Italicnischen Naturforscher und Aerzte bilder noch immer den Hauptgegenstand der Besprechung in den Journalen Ober Italiens. Mit Ausnahme des Kirchenstaates hatten sämmtliche Italiänische Provinzen ihre Vertreter auf diesem wissenschaftlichen Kongresse. Selbst Neapel, das sonst an den gemeinsamen literarischen Bestrebungen der Halbinsel nur geringen Antheil zu nehmen pflegt, hat doch nicht unterlassen, einige Gelehrte aus seiner Mitte zu senden, die denn auch in der offiziellen Zeitung des Königreichs beider Sicilien einen Bericht über diese unverfängliche Gelehrten Versammlung abstatteten. Eine gründlich auf alle Erscheinungen des für Italien so neuen Schauspiels eingehchde Relation enthält das Novembers Heft der in Mailand herauskommenden Rivista Europea. So detaillirt ist dieselbe, daß sie sogar von den Einlaßkarten der fremden und einheimischen Gäste eine Beschreibung und Abbils dung mittheilt. Man sieht es dem Berichte an, wie unerwartet und überraschend allen Theilnehmern diese erste Regung eines gemeinsamen wissenschaftlichen Lebens der Italianer war. Wir Deutice pflegen in unserer Sprache und Literatur, in unseren Universitäten und - scientivischen Vereinen den gemeinschaftlichen Mittelpunkt zu erkennen, in welchem die getrennten Theile als ein Ganzes sich wiederfinden; nicht so ist es jedoch in Italien: dort giebt es Schlagbẩume, wie für die Lebensmittel und Fabrik. Waaren der verschiedenen Staaten, so auch für deren Bücher und Unterrichts - Anstalten. Der Gelehrte und der Buchhändler in Florens haben faum eine Kunde von dem, was in Neapel dosirt und gedruckt wird, und eben so umgekehrt. Darum mußten solche Versammlungen, wie die in Pisa, als eine außerordentliche Reuerung erscheinen. Glücklicherweise nahm sie jedoch der aufs geflärte Großherzog von Toskana in feinen fürstlichen Schuß, und so ist wohl zu hoffen, daß die neue Institution, die eben für Zialien ganz besonders fruchtbringend zu werden verspricht, auc in der Folge fich erhalten werde. Interessant ist folgende Notiz, die der Berichterstatter der Rivista über den Versammlungsort der Naturforscher in Pisa giebt: „Was in der That", sagt er,,,den seltsamsten Kontrast zu der gegenwärtigen Benußung dieses Gebäudes bildet, ist der Umstand, daß es einst ein Dominis Pauer Kloster war, und zwar der Siß des fürchterlichen Inquifie tions Gerichts. Von hier gingen zu allererst die schmählichen Verfolgungen aus, denen, zur, ewigen Schande ihrer Urheber, jener große Geist ausgefeßt war, dem nur allzu spát die verdiente Genugthuung zu Theil geworden, jener unsterbliche Sohn Pisa's, Galileo, unter dessen Auspizien jeßt, nach zwei Jahrhunderten, die erste Versammlung Italienischer Gelehrten stattfand." Die Enthüllung von Galileo's Standbild in den Räumen der Sapienza" (des Universitätss Gebäudes) war auch das Erfte, was die versammelten Gelehrten in Pisa gethan und womit fie auf würdige Weise die von Deutschland näch Italien verpflanzte Inftitution eingeweihet haben.

Bühnen Demoralisation. Von der unfittlichen Tens dens der kleineren Theater in London kann man sich im Auslande faum einen Begriff machen. Da es diesen Bähnen durch eine Parlaments Afte verboten ist, solche Dramen aufzuführen, die das ausschließliche Privilegium von Coventgarden und Druryldne bilden, so nehmen sie natürlich zu denjenigen Mitteln ihre Zus flucht, die auf die große und angebildete Menge berechnet und und ihre Anziehungskraft selten verfehlen. So las man kürzlich auf einem Theaterzettel solcher Bühnen die Ankündigung eines Nationaltanzes von zwanzig oder dreißig jungen Dieben, Alle in charakteristischem Kostüm gekleidet. In einem Stücke, das ungeheuren Zulauf hatte, ward ein Mensch auf der Bühne ges hangt, und zwar mit allen Formalitäten, wie sie bei Hinrich tungen in England ftauzufinden pflegen. In einem anderen Stücke zeigt man ein genaues Facsimile der rothen Scheune", in welcher der berüchtigte Corder die unglückliche Maria Martin getödtet und verscharrt hatte. Ja, in einer Farce: des Teufels Lochter", wird sogar das Leben und die Verführungskunst der gemeinen Buhldirnen Londons zu einem Gegenstande theatralischer Aufführung gemacht. Wie wir bereits erwohnten, find diese uns fitlichen Darstellungen zum Theil das Resultat einer bestehenden gefeßlichen Bestimmung. Natürlich fragt man sich nun, warum, wenn das Parlament einmal Verordnungen über das Theater erläßt, diese nicht lieber die öffentliche Sünlichkeit, statt der Pris vilegien von Coventgarden und Druryldne, im Auge haben?

Nummern. PränumerationsPreis 22 Sgr. (Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er: höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 147.

M a g a z in

für die

Beiblatt der Allg. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlsbl Post - Aemtern.

Literatur des des Auslandes.

Berlin, Montag den 9. Dezember

Frankreich.

Das Journalwesen in Frankreich).

1. Janin's Apologie des Journalismus. Das nachfolgende Plaidoyer des Journalismus in Form eines Sendschreibens an Frau von Girardin, geb. Delphine Gay, ist durch ein Schauspiel dieser Lesteren, betitelt,,die Schule der Journalisten", veranlaßt worden. Da die Theater: Censur die Aufführung des Stückes nicht gestattete und dasselbe nur zur Kenntnis derjenigen Personen gelangt ist, welche die Verfasserin zur Vorlesung hinzugezogen hatte, so läßt sich über die Art, wie die Aufgabe, den Journalismus von seiner Schattenfeite zu zeigen, gelöst ist, nichts sagen; so viel ist aber wohl aus den in dem Sendschreiben gegebenen Andeutungen ersichtlich, daß das Ge: malde grau in grau gehalten ist, und daß dasselbe schonungslos die parties honteuses der Tagespresse aufdeckt. Bedeutungsvoll ist es immer, daß die schärfsten und vielleicht auch gefährlichsten Angriffe auf den Journalismus von den Jüngern desselben selbst ausgehen; denn Frau von Girardin ist nicht die Erste; schon vor ihr hatte Balzac in seinem grand homme de Province à Paris" das Signal gegeben und das Thema so erschöpfend be: handelt, die Farben so start aufgetragen, daß es schwer werden dürfte, etwas hinzuzufügen oder hinzuzudichten. Schon hier er: scheint das Bureau eines Journals fast wie eine Mörderhöhle, die Journalisten als Ritter der Heerstraßen, die den schneidenden Dolch des Worts erbarmungslos in die Brust ihrer Opfer stoßen und ihr Talent auf die niedrigste Weise in Geld umfeßen, oder, wenn es hoch fömmt, als Condottieri des neunzehnten Jahrhun derts, die sich der Partei verdingen, die ihnen das Meiste bietet, bei denen aber keine Spur von Ueberzeugung und Aufrichtigkeit zu finden ist. Wenn übrigens Balzac Manches gegen den Jour: nalismus auf dem Herzen hatte und hierin vielleicht die persön lichen Motive seiner Anklage zu suchen find, so hält es schwerer, folche bei der Verfasserin der Schule des Journalisten" aufzus finden. Getränkte Eigenliebe kann es nicht gewesen seyn, denn von ihrem ersten Auftreten an wurde sie von der Presse ges hatschelt und sogar als Muse der Restauration gefeiert; ja sie felbft hat das Feuilleron der „Presse“ unter dem Namen des Vicomte v. Lannon mit manchen artigen Schilderungen bereichert und somit an den Sünden der Tagespresse Theil genommen. Das Journal la Presse hat seitdem auch aus der Feder des Herrn Granier de Cassagnac eine Vertheidigung der Frau v. Girardin gegen die Angriffe des Herrn Janin geliefert, und wie billig werden wir auch die andere Partei in einem Streite hören, der ein so bedeutendes Moment der heutigen Literatur, wie den Jours nalismus, zum Gegenstande har. Ein Nachflang jenes frühes ren Wohlwollens mag es übrigens seyn, daß der Feuilletonist des Journal des Débats, der hier als Paladin des Journalismus auftritt, fie mit so vieler Courtoisie bekämpft, während Balzac mit Hohn und Spon überschüttet wurde. Wir lassen seine Apos logie des Journalismus hier felgen.

An Frau von Girardin.

Ich war von Ihnen eingeladen worden, am vergangenen Dienstage der Vorlesung Ihres neuen Stücks, der „Schule der Journalisten", veizuwohnen. Ich nahm die Einladung an, ohne etwas Arges dabei zu denken. Einer Schriftstellerin, die fo muthig und so ausdauernd wie Sie fdmyft, die vor Allem ein fo großes Talent hat, kann meine Theilnahme nicht entgehen. Da Sie wußten, daß ich mich zu Ihren Freunden rechne, und daß ich Ihrem Geifte und Ihrem Style vollkommene Gerechtig Peit widerfahren lasse, so hatte ich wohl allen Grund, zu glaus ben, daß Sie mich in keine Falle locken wollten, mich, den Mann der Preffe, den Sohn der Presse, der nur für und durch fie tebi, der sie wie eine treue Plegerin, wie eine Mutter liebt, mich, der ihr, in Bedacht dessen, was sie Großes, Nigliches, Ehrens werthes und Schönes wirkt, Alles, selbst ihre Grausamleiten und Ungerechtigkeiten, verzeiht.

Ich fand mich also zeitig in den schönen Räumen ein, welche dem Vorlesen und der traulichen Unterhaltung so günstig sind; ich bewanderte die geschmackvolle Pracht, die Gemälde, von denen zwei Boucher's Namen tragen, die Spiegel, die Golds

1839.

leisten, die bequemen Sessel, die wahrhaftig nicht zum Anhören einer Vorlesung gemacht scheinen, den schönen Garten, der an Jhr Arbeits- Kabinet stößt, die zuvorkommenden, gut gekleideten Bedienten, und, ich versichere Jhuen, nicht einen Augenblick kam es mir in den Sinn, daß für eine beliebte Journals Schriftstelles rin, wie Sie es sind, dies Zimmer zu schön, diese Möbel zu prächtig, der Schein der Kerzen zu blendend, die Dienerschaft zu zahlreich wäre. Im Gegentheil, es ist mir wie eingefallen, daß man den Günstlingen der Tages Presse einen Vorwurf dars aus machen könnte, daß sie so elegant wie die Wessel Agenten eingerichtet sind; die Einen jesen Ideen, die Anderen Thaler in Umlauf; jene leben von ihrem Talente, diese von ihrem Gelde. Die Zeit ist längst vorbei, wo man einen Schriftsteller fragte, warum er nicht mit seiner Frau und fünf oder sechs Kleinen in einer Dachkammer wohne, warum er sich einen Bedienten zu seiner Aufwartung, eine Uhr, welche ihm die Stunden anjagt, ju halten erlaube, warum er seine Füße auf ein weiches Volster strecke, warum er eine schöne und junge Frau zum Liebesgenuß habe, einen Wagen, der ihn in die Welt der Reichen und Stückz lichen führt; wir sind schon längst darüber einverstanden, daß die poetische Armuth ein Ding der Unmöglichkeit bei uns geworden ist, weil der Mensch bei uns nicht nach dem, was er werth is, sondern nach dem, was er vermag, geschägt wird. Seitdem aber das Geld eine Macht geworden ist, sind die größten Dichter der neueren Zeit, Lord Byron, Walter Scott, Chateaubriand und Lamartine, darauf bedacht gewesen, so viel Geld wie möglich zu verdienen, schon aus Eitelkeit und Stolz.

Ich bewunderte also diese Dinge, indem ich mir Ihre ersten poetischen Ergüsse ins Gedächtniß zurückrief, als Sie, ein schönes, blondes und begeistertes Kind, ihre schönen Verse unter der Kups pel des Pantheon am Grabe des Generals Fon hersagten, und ich dachte nicht ohne ein Gefühl des Stolzes daran, daß die Macht des Journalismus so groß ware, daß Sie von Ihrer dichterischen Höhe herabgestiegen, um Ihre beredte und einschmeichelnde Stimme auf der Tribüne des Tages vernehmen zu lassen, daß aub Sie allmatig in das Journalleben eingedrungen, welches das wirkliche Leben der poenichen Welt ist. Ich sagie zu mir selbst: Es ist unmöglich! Man hat wieder einmal gelogen! Diese wird nicht undankbar gegen die Preffe handeln, welche sie gepflegt hat, diese wird ihre gute, wenn auch etwas launische Pflegerin nicht anflagen und fhmähen. Das kann nicht seyn. Alles, was man von diesem Stücke erzählt hat, die Sarkasmen, die Verwünschuns gen, die Ausfälle sind erdichter. Sv groß war mein Vertrauen zu Ihnen, mein Bruder, das ich gar nicht daran dachte, wie günstig die Mitglieder des Théâtre Français, die Schule der Journalisten" aufgenommen und mit welcher rührenden Einstim migkeit sie sich für die Annahme Ihres Stücks erklärt hatten. Und doch hatte ich leicht denken können, daß Sie den Journalisten sehr übel mitgespielt haben mußten, um dieje rührende Einkimmig feit der Schauspieler, welche ohne die Preise nicht drei Monate bestehen würden, zu Stande zu bringen. Aber ich vergaß gern dicfe traurigen Vorbedeutungen, so groß war mein Bauch, Sie gerecht und leidenschaftlos zu finden.

In diesem Gedanken wurde ich noch bestärkt, als ich Ihren Salon fidh allmdlig mit den Männern fällen fah, auf welche die Paris ser Presse mit Recht stolz ist. An jenem Abend sah mau bei Ihnen Journalisten jeder Art, jeder Partei. Da fand man den Volinker, der die geringsten Einzelnheiten der Constitution auswendig weiß und den Europäischen Begebenheiten mit der Feder in der Hand folgt, den philosophischen Journalisten, diesen Geschichtsschreiber der Ideen und nicht der Thatsachen, den Kritiker, der die alten Meisterwerke vertheidigt und der alle Chatten der Welt für Beis teau's Art poétique oder für Shalipeare's Sommernachtstraum hingeben würde, da sah man den poetischen Journalisten, der hier und da die Gebilde seiner Phantasie aussireut, damit sie deko schneller Eingang bei der Menge finden, den dramatischen Dichter, der den fliegenden Blättern das Drama anvertraut, welches er der versammelten Menge im Theater nicht erzahlen kann, den farkastischen Journalisten, der mit den Waffen der Ironie kämpft. Diese waren alle da, Sie, unser Bruder, der sich auf allen Gebieten der Kunst versucht hat, nicht einmal mit: gerechnet. Wie hätte ich vermuthen soilen, daß Sie uns eigens zu diesem poetischen Feste eingeladen hatten, um uns Alle ins gesammt abzuschlachten? Wie hatte ich eine so mörderische Abr

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