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lettere Formen nur bei Ungebildeten vorkommen. Die Ursache hiervon ist einfach: Gemüthsbewegungen und Gefühle können nicht willkürlich von dem Subjekte hervorgerufen oder unterdrückt werden. Wir werden uns ihrer nur während ihrer Dauer bewußt; ihr Anfang und ihr Ende haben für unsere Thätigkeit keine Bes deutung, weil diese Endpunkte von unseren Willen nicht abhängig And. Da nur bei Verbalbegriffen dieser Art die Endpunkte weg fallen und sie nur in ihrer Dauer für uns seyn können, so braucht man von der Form der Dauer oder des Mittelpunktes, als dem Unterscheidungszeichen von den zwei Endpunkten, feinen Gebrauch zu machen. Wenn ich also sage „I love", so muß die aorifische Form nur den Mittelpunkt ihrer Dauer anzeigen; denn eine Unbes Rimmtheit der Zeit giebt es hier nicht. Man macht 2) von der aoristischen Form bei solchen Verbalbegriffen Gebrauch, die, vers moge ihrer Natur, fest und unveränderlich sind, daher wird sie bei der Darstellung von ewigen Wahrheiten angewandt, weil dies felben, vermöge der in ihnen enthaltenen absolutën Nothwendigkeit, nicht sowohl in einem Gränspunkte einer bestimmten Zeit stattfin den, als vielmehr unbestimmt durch alle Gränzmomente einer jes den Hauptzeit: 3. B. virtue rewards itself (Locke), never saw I the righteous man forsaken (Goldsmith); thou shalt not kill (decalog). Aus dem Grunde, daß dasjenige, was zur Gewohn; heit werden soll, oft wiederholt werden muß, was aber oft wieders holt werden soll, einer ausgedehnten Zeit bedarf und der Charafı ter der aoristischen Zeit von der Art ist, daß sie sich unbestimmt hach allen oben bezeichneten Momenten einer Hauptzeit 'ausdeh, nen kann, läßt sich auch 3) erklären, warum diese Form oft gera; Dezu gebraucht wird, um ein Pflegen auszudrücken; als SO both families lived together in all that harmony, which generally precedes (vorauszugehen pflegt) an expected alliance (Goldsmith), und gleich darauf sagt derselbe,,the hours between breakfast and dinner the ladies devoted (pflegten zu widmen) to drefs and study. Infected minds to their deaf pillows will discharge their secrets" (Shakespeare).

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Soll aber eine Handlung nach ihrem ganzen Umfang genau bestimmt werden, so muß auch dieses in Bezug auf den Zeitraum in dem sie sich ereignet, sorgfältig geschehen. Und hier muß noch einmal zuvorderst bemerkt werden, daß jede der drei Hauptzeiten wiederum in unserer Vorstellung theilbar und ausdehnbar ist, was das für unsere grammatische Zeit im Englischen gebräuch liche tense, das von tenders herkömmt, zu bezeichnen scheint. Kein Zeitpunkt steht absolut, sondern er ist relativ mit einem auls deren verbunden; denn dasjenige, was von der Natur oder in sich nicht abgegránit ist, kann nur in unserer Vorstellung für einen gewiffen Fall als absolut gedacht werden. So umfaßt die Gegens wart nicht nur die Gegenwart als solche, sondern auch eine in ihr enthaltene und mit ihr verbundene Vergangenheit und Zus Funft; daselbe gilt von den anderen zwei Hauptseiten. Durch eine Handlung kann entweder ein Beginnangspunkt einer gewiffen Beit entstehen, oder ein Mittelpunkt, oder endlich ein Endpunkt derselben. Stelle ich z. B. eine Handlung dar, die ich im Begriffe. bin, war oder seyn werde, auszuüben, die aber ihren Anfang wirklich noch nicht genommen hat, so ist die Unterabtheilung der Beit, in welche sie fällt, der Anfangspunkt oder das Futurum einer beliebigen Hauptzeit. Theile ich sie aber als solche in ihrer Dauer mit, d. h. wie sie während des Zeitraums, von dem ich spreche, wirklich stattgefunden hat, so fällt sie in den Mittelpunkt oder in die Gegenwart einer beliebigen Zeit. Stelle ich sie ends lich in ihrer Vollendung dar, d. h. wie sie gerade in einer belies bigen Hauptzeit endet, von der ich spreche und in die sie fällt, so gehört fie dem Endpunte oder der Vergangenheit derselben an. Auf diese Art zerfällt jede Hauptzeit in drei Momente, so daß Die drei Hauptsciten neue Zeitmomente haben, wie folgendes Schema seigt:

Gegenwart.

Anfangspunkt: Ich bin im Begriffe zu schreiben, I am going to write.

Mittelpunkt: Ich schreibe, I am writing.
Endpunkt: Ich habe geschrieben, I have written.
Vergangenheit.

Anfangsp. Ich war im Begriffe zu schreiben, I was beginning to write.

Mittelp. Ich schrieb, I was writing.
Endp. Ich hatte geschrieben, I had done writing.

Zukunft.

Anfangsp. Ich werde im Begriffe fenn zu schreiben, I shall be beginning to write.

Mittelp. Ich werde schreiben, I shall be writing.
Endp. Ich werde geschrieben haben, I shall have done writing.

Wenn auch nicht alle in diesem Schema enthaltene Instanzen in allen Sprachen genau beobachtet werden, so ist doch die eine forgfaltiger hierin als die andere. Daß die Englische Sprache, schon wegen der ihr eigenen abstrakten Ausbildung ihrer Sprachs Kategorieen, hierin aufs genaueste verfahren muß (was im Deuts fchen kaum möglich ist), geht schon daraus hervor, daß sie den Mits tels und Endpunkten aller drei Hauptjeiten eine von der aoristi schen verschiedene Form gegeben hat. Selbst im Beginnungss Punkte, wo die Deutsche Sprache der Englischen gleich zu seyn [cheint, hat doch testere vor der ersteren das voraus, daß ste (mas noch von vielen anderen Fällen gilt), dasjenige, was erstere

butivlofen Verbum Seyn der Ruhe ausdrückt, mit einem lebendis gen attributiven Zeitworte der Bewegung giebt. In dem Anfangs puntie der vergangenen und zukünftigen Zeit wird mit Recht beginning dem going vorgezogen; denn das Verbum to go, das ein Gehen nach einem Eudpunkte andeutet, hat natürlich densels ben noch nicht erreicht, wodurch die Bedeutung von Werden und Wollen entsteht; beginning aber ist schon einen Schritt weiter und hier darum passend, weil der Anfangspunkt einer Handlung in der Vergangenheit und im Futurum relativ weiter vorge schritten seyn muß, als der in der Gegenwart. (Schluß folgt)

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Nachdem noch auf eine kurze Zeit der Hauptmann Lenard, Markowski und ein Fähnrich sich dem Einlasse des Gesindels vergeblich widersetzt hatten und aus allen Geschüßen und Hands gewehren, auf die sich dem Thore nahenden zu feuern verlangs ten, öffnete man auf Befehl des Gubernators das Thor. Die Einwohner boten bei der Begrüßung dem Gonta, dem Zielezniał und den anderen Häuptlingen auf einem Tische nach alter Ges wohnheit Brod und Salz dar; ihnen assistirten die vornehmsten Beamten. Es drang sogleich ein großer Haufe in die Stadt, und fofort wurde die Kapelle, die Pfarrkirche und die jüdische Synas goge von einer großen Schaar umftellt. Den Gubernator und dessen ganze Familie führte man in eines der Bürgerhdufer in siren. gen Gewahrsam und nach einer kurzen Unterredung zwischen Gonta and Zielesnial rief der Erfte den Kjalen zu: Auf, Brüder! Zeit ist's, das Werk zu vollbringen!" Da erfolgte die Grauels that, die in ihrer Vollständigkeit zu schildern Niemand unterneh men möchte.

Buert wurden die Einwohner niedergemacht, welche sich auf dem Markte befanden. Wehgeschrei erfüllte die Luft; in den Hausern, in den Straßen fielen die Opfer, ohne Rücksicht auf die Person, auf die Bitten und Thränen. Kinder wurden auf die Lanzen genommen, in die Luft oder auf die Dächer gewors fen und, wenn sie dann noch lebten, von neuem durchbohrt. Müttern wurde der Leib geöffnet, die Leibesfrucht hervorgezogen und vernichtet.

Die in der Stadt versammelten Konföderirten und gutsherrs lichen Soldaten versuchten zwar auch jezt noch eine Vertheidis gung, da sie aber nicht wohl angeführt wurden, denn der Haupts mann Lenard hatte sich gleich nach dem Zwiste mit dem Gubers nator aus der Stadt entfernt, so wurden sie sämmtlich, nach, dem fie einigen der Hajdamaken das Leben genommen hatten, niedergemacht. Von da an fanden die Mörder keinen Widerstand mehr, ein Theil eilte in die Pfarrkirche, ein anderer in die Kapelle des Basilianerklosters. In der ersten sprang ciner der Attamanen auf die Kanzel, verhöhnte die Bürger, verspottete die heiligen Ges bräuche und den Gottesdienst, die Sakramente und Bilder and stieß Lasterungen auf den ganzen katholischen Glauben aus. Auf feinen Ruf warfen sich die Empörer wie wilde Thiere auf die ehrenwerthesten und angesehenßten Personen. Der Geistliche Wadowski wurde am Altar mit einem Spieße durchbohrt; dem Einen wurden die Kleider vom Leibe gerissen, Andere fielen unter den Aerten, wieder Andere wurden erschossen und noch Andere mit Messern, Piken und Stangen niedergemacht. Chrwürs dige Greise sog man an den Haaren umher; den Frauen ward vor Aller Augen Gewalt angethan.

Nicht anders ging es in der Kapelle zu, wo man den Rektor der Klosterschule, Kostezki, als er,` schon von einem Schusse durchs bohrt, die von dem Raubgesindel zum Spotte hingeworfenen Hoftien von der Erde aufjuchte und genoß, mit Lanzen vollends tödiete und seinen Leichnam nachher in die Gosse warf. Mehrere Geistliche mußten erschreckliche Qualen ausstehen, weil man fie aur Entdeckung der verborgenen Klostergerche und deponirten Gelder der Bürgerschaft zwingen wollte. Aber diese Sachen waren schon vorher von anderen Schurken aufgefunden worden, deshalb wurden diese Geistlichen am Kopfe, im Gefichte und an den Schultern mit Knütteln and Riemen gräßlich geschlagen, halb nackt zum Hohne um das Rathhaus geführt und, da sie schon dem Tode nahe waren, auf Verwendung einiger Einwohner, in strengen Gewahrsam in das Haus des Bürgers Ignaz Rohat geführt, dann aber doch, da der Kaplan der Russichen Zerkiew sum Erzengel Michael, Namens Paroch, welcher bis jeßt außer Landes im Schisma beharrt, darauf drang, wieder auf die Straße geschleppt und in der Nähe der genannten Zerkiew ers mordet, die Leichname aber der Verspottung preisgegeben.

Nicht geringerer Grausamkeit waren die Juden ausgefeßt, deren in der Synazoge allein 3000 gemordet wurden. Viele Ponnte man auf den Straßen, von Blut triefend, bald ohne Hände, bald ohne Ohren umherschleichen sehen, welche nur

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aufammen, in welchem beschlossen wurde, daß einige Rotten in die nahegelegenen Städte und Dörfer ausgefandt würden, sheils um zu rauben, theils um noch mehr Volks heranzuzichen, und so erlitt die Umgegend mit Human gleiches Schicksal.

Judessen hatte sich der Seinik Szydlo mit funfzig berittenen und wohibewaffneten Kosaken und zwei Geschüßen nach dem Städtchen, Balta begeben, das an der Türkischen Gränze liegr. Er hatte auch hier die Juden und den Polnischen Adel gemorder. Da sich aber viele über den Fluß Kodoma auf die Türkische Seite gerettet hatten, verlangte er von dem Türkischen Pafcha deren Auslieferung. Diese wurde ihm verweigert, und vielleicht häne fich Szydlo bei dem Bescheide beruhigt und wäre in sein Lager zurückgekehrt, wenn nicht vor seinen Augen ein Grieche von einen Türken ware getödtet worden. Hierdurch aufgebracht, jog er noch funfzig Hajdamaken an sich und that einen Einfall in die Türkei mit solcher Gewalt, daß die Türken das Weite suchen mußten und Szydlo die ganze Türkische Seite in Besit nahm. Als darauf eine Anzahl Lataren den Türken zu Hülfe kam, hats ten die Kojaken mit dem in der Eil zusammengebrachten Raube bereits wieder das Feld gerdumt. Bei der Rückkehr dieses Sets nifs und anderer, die, gleichfalls mit Beute beladen, ins Lager einradten, nahmen wieder die Freudenschüsse, das Jauchsen und die Gastereien lein Ende.

Aber die Erluftigungen in Lager wurde Erluftigungen im Lager wurde dem Zieleznial und Gonta gemets Lager wurde nicht mehr lange. Während der det, daß ein Stadt eingerückt jen. Dicie Nachricht Donischen Rosafen in die Orabt eingerens Stropol, mit jedisig ericrecte zwar die Empörer, und sie beschlossen, gegen die Russen auf ihrer Hut zu seyn, aber der fluge Lieutenant wußte ihnen so viel Beweise seiner Freundschaft zu geben, daß Zieleznial und Gonta ihn nicht nur zu ihren Mahlzeiten einluden und ihm bes deutende Geschenke überfandten, sondern ihm auch erlaubten, die in der Stadt ausgestellten Wachen der Kojalen durch seine Leute abzulösen. Um ihre Thaten vor ihm zu rechtfertigen, und in ein udheres Verhältniß mit ihm zu treten, zeigten fie ihm den obens erwähnten von Melchisedek untergeschobenen Kaiserlichen Ukas und erklärten, daß sie bereit wären, auf Befehl der Kaiserin ihr Blut bis auf den teßten Tropfen zu versprisen. Zum Beweise wollten sie in Gemeinschaft mit ihm nach Berdycjows sich beges ben, um die dort befindlichen Konföderirten niederzumachen.

Krywej lobte dics Alles und versprach, sie mit einem ganzen Kavalleries Regimente, das sich der Stadt näherie, zu unterstagen. Zavor aber verlangte er, daß die Bauern mit ihren Frauen und Kin dern entfernt würden, weil diese die Beschwerlichkeiten des Krieges nicht auszuhalten vermöchten und nur zu Unordnungen Verans laffung gaben. Die Meinung fand Beifall, und sogleich ließ man ausrufen, daß alle Bauern und überhaupt alle diejenigen, die nicht Muth genug in fich spurten, um alle Unfälle eines Soldaten im Striege ertragen sa fönnen, austreten und nach Hause zurückkehren sollten. Viele Bauern entfernten sich hierauf, aber eben so viele blieben auch zurück.

Endlich wurde im Lager bekannt gemacht, daß die ganze Schaar fich zu dem in Verein mit den Russen zu unternehmens den Zuge nach Berdycsom bereit halten follten. Auf den Vorschlag des Russischen Lieutenants wurde am lesten Tage vor dem Auss marsche noch ein allgemeines Gelage gehalten, bei welcher Geles genbett fich die Hajdamaken im Meth und Wein so berranten, daß sich faum Einer von der Stelle rühren konnte. Die Russen blieben aber durchaus nächtern. Als Zielezniak und Gonta faum mehr ihrer Sinne machtig waren, forderte sie Krywoj, indem er ich gleichfalls berauscht feilte, auf, fich mit ihm in feine Woh nung nach der Stadt zu begeben. Sie folgten ihm dahin. Uns ter vertraulichen Gesprächen erhielt Krywoi die Nachricht, dah fich seine Reiterei schon unweit des Lagers befande, und da gab er plößlich den Befcht, den Gonta, den Zieleznial und Andere, die mit ihnen gekommen waren, in Ketten zu legen. Um Geschrei zu vermeiden, warfen sich die Kosaken auf fte, verstopften ihnen den Mand, and nun faßen fie in einem Winkel, einander zus nickend und ihr Schicksal beklagenb.

wahrend dies mit Zielezniak und Gonta geschah, umstellten die Donischen Kofaten und Rujnichen Kavalleristen das Lager. Das fiel den Empörern nicht auf, denn sie meinten, ihre Genossen seven angekommen. Erst als man ihnen von allen Seiten zurief, daß sie die Waffen niedertegen sollten, warden sie ihrer Lage fich bewußt, ein Theil suchte sich den eindringenden Ruffen entgegen

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zu werfen, bald aber, von machtiger Furcht erfaßt und in dem Rausche ihrer selbst nicht machtig, mußten fie fich sammelich ergeben. Viele waren sogar noch nicht aus ihrem Schlafe erwacht und abnien ihr Verderben nicht. Die Ruffen hatten eine Menge Stricke und Fußblöcke mitgebracht und ließen die Gefangenen von dem Landvolke, das sie zufammengetrieben hatten, theils bins den, theils in die Blöcke legen. Da dies aber des Nachts geschah, so gelang es doch so Manchen, unbemerkt aus dem Lager zu fliehen. Die Pferde, die Waffen, die Munition und die Beute der Empo rer wurde nun dem Russischen Obersten Nollin, der mit dem Kas valleries Regiment angekommen war, übergeben.

Bieleznial und dessen aus Rußland herübergekommene Ges nossen wurden mit der ganzen Beute nach Moskau geführt, der duptling, nachdem er die Knute erhalten, nach Sibirien vers fidt. Dahin brachte man auch den oftgenannten Melchisedel, der aber bald wieder nach Kiew zurückkehrte und sogar zu einem Abt eines Klosters erhoben wurde. Die übrigen Verbrecher ers litten Strafen nach der Sitte des Landes.

Diejenigen unter den Aufrührern, die im Polnischen Lande anidiig gewesen waren, brachte man in das Lager des Braniski, der unweit Mohiler mit seiner Divifion eine lange Zeit hindurch stand. Nach angestellter Untersuchung wurde Gonia in dem Dorfe Serby geschanden, und nachdem ihm hände und Füße abges hauen, das Herz dem noch Lebenden aus dem Leibe geriffen war, fein Körper geviertheilt. Seine Mitschuldigen wurden auf verschiedene andere Weise getödtet und bestraft, ein Theil wurde geföpft, ein ans derer gehängt, einem dritten der linke Fuß und die rechte Hand abs gehauen. Beugen dieser Strafen waren Kamienies, Lemberg, Kazimiers, Winiza, Bytomierz, Latycjom, wo die Verbrecher zu acht, zu sieben und zu fünf hingerichtet wurden.

Ein solches Ende hatte der Ukrainische Aufstand vom Jahre 1768, der nicht nur den Empörern, sondern auch vielen Bürgern des Vaterlandes zum Verderben gereichte. Einen nicht geringen Verlust brachte er dem Vaterlande, das ihn in seinem Schoße erzeugt und ernfhrt hatte, auch noch in der Rücksicht, daß mehrere Millionen, ein durch schwere Arbeit erworbenes Eigenthum, in fremde Hande famen.

Bibliographie.

Obraz Polaków i Polski w 18m wiekn. (Gemälde der Volen und Polens im 18ten Jahrhundert; eine Sammlung von Denkwürdigkeiten, Tages büchern, Staats- Korrespondenzen und Privatbriefen, Reifen und Schil derungen einzelner Begebenheiten, zur Beleuchtung des Zustandes von Poten in dem genannten Jahrhundert.) Herausgegeben vom Grafen Eduard Raczynski. Theil 1. Pofen. 3 1. Ilistorya panowania Jana Kazimierza. (Geschichte der Regierung Johann Kafimir's.) Nach einem Manuskript herausgegeben vom Grafen Eduard Raczynski. Zwei Thetle. Posen. 18 SI.

Spanien.

Palma, die Hauptstadt der Insel Majorka.

In das Innere der Stadt Palma führt eine ziemlich enge, etwas dunkle, aber sehr belebte Straße. Zur linken Seite liegt ein quadratförmiges Gebäude im Mauriichen Bauinle, welches einen impofanten und sehr gefälligen Eindruck macht. Es ist eine alte Moschee, welche nach Bertreibung der Mauren in eine Kirche verwandelt wurde und die jest als Börse benutzt wird. Die hohen Wölbungen ruhen auf schmähigen und eleganten Saulen. Am dußersten Ende dieser Straße liegt ein Pleiner uns regelmäßiger Play. Hier findet man zwei schöne Gebäude und einige drmliche Kaffeehauser. Die Kirche und das Kloster der Dominikaner, die in feiner Beziehung bemerkenswerth find, liegen an demselben Plaze. Rechts führt eine breit aufsteigende Straße zur Kathedrale und zu den Paldsten des Bischofs und des Gour verneurs. Die Kathedrale, welche die ganze Stadt beherrscht, erhält durch ihre Lage und durch ihre Ausdehnung einen großs artigen Charakter. Das Hauptportal ist mit vielen und seltsamen Figuren und Inschriften geschmückt. Die Straßen der Stadt find nicht regelmäßig gebaut, aber die Häuser sind meistentheils reinlich, freundlich und wohnlich, obichon niedrig. Fast alle haben einen Pleinen viereckigen hof, in den die Strahlen der Sonne nicht leicht Eingang finden, einen Maurischen Balkon und eine von außen aufführende steinerne Treppe. hinter einigen Häusern findet man auch Garten, und mehrere Gebdude sind der Art, daß sie felbst einer großen Stadt zur Zierde gereichen würden. Zuweilen find fie verschwenderisch mit Marmor geichmückt, und es kommt fogar vor, daß die Treppen und die Saulen, auf denen diese ruhen, ganz von gelbem Marmor sind,

Die Frauen auf Majorka sind größtentheils schön, und man Fönnte fogar fagen, daß es Peine baßliche giebt. Besonders find sie wegen ihrer Augen berühmt, und es ist in der That schwer, der Anziehungskraft derselben zu widerstehen.

Palma ist auf allen Seiten von Wallen eingeschlossen, welche forgfältig bepflanzt sind; hier erhebt die Aloe sols ihre Blüthen trone unter hohen Palmen. Der Gesichtskreis dehnt sich weit aus, und die Inseln Jviza und Cabrera tauchen in der Ferne aus den Wellen auf, die den Horizont begränzen. Am dußersten Ende der Stadt, in der Nähe des Jesus. Thores, ist eine mit Baumen, Blumen, bequemen Banken und eleganten Laternen geschmückte

Mannigfaltiges.

- Dramatische Musik in England. Es ist merkwürs dig, daß man in England, wo an guten Singstimmen durchaus tein Ueberfluß ist, doch die beiden Britischen Sängerinnen, Mis Clara Novello und Mistreß Shaw, die im vorigen und im vorlegten Jabre so großen Beifall in Deutschland sich erwarben, fast gauss ich ignorire. Mis Clara Novello ist bereits seit einiger Zeit wieder in ihrem Vaterlande, aber die öffentlichen Blätter, felbft diejenigen nicht ausgenommen, die sich vorzugsweise mit Musik beschäftigen, erwähnen ihrer faum. Dagegen wird viel Aufs hebens von einer Miß Delcy gemacht, einer neunzehnjährigen Primadonna, die durch ihr Auftreten im Drurylines Theater Furore erregt. Der Atlas fnüpft an diese Erscheinung die Hoffs nung, den alten frommen Wunsch, eine Englische National Oper zu befißen, endlich erfüllt zu sehen. Denn diesem Blatte zufolge, liegt es weniger an dem Mangel an guten Komponisten, als an der ganzlichen Unfruchtbarkeit des dramatischen Gesanges in Engs land, was der Erfüllung jenes Wunsches bisher im Wege war. Braham, der berühmte, jest aber schon zu den Veteranen gebös rende Sanger, wird als alleinstehende einzige Ausnahme feit vielen Jahren genannt; follte nun nicht aber auch Miß Delco au den Schwalben gehören, deren Erscheinen noch lange nicht den Sommer verkündet? Was die Komponisten betrifft, so behauptet der Atlas, daß seit Karl Maria von Weber's Anwesenheit in England, und feitdem man sich hier mit deffen,,Freijcus" und Oberon" befreundete, eine überaus wohlthätige Reaction im Geschmacke der Englischen Musikfreunde sowohl, als der dramas tischen Komponisten Englands eingetreten fen. Er beruft sich auf die Namen Barnett, Loder, Bennett und Macfarren, um darzuchun, daß sich im Lande eine musikalische Schule zu bilden beginne, welche, die Liefe, den Gefühlsreichthum und den humoristischen Anflug der Deutschen Musik sich zum Muster nehs mend, einem Ziele entgegengehe, das von Französischer Leichts fertigkeit und Italianischer Unnatur gleich weit entfernt sey. Wir müssen gestehen, daß uns diese Anerkennung und Huldigung Deutscher Musil fast beschämt; denn wenn wir sehen, wie Donis setti, Bellini, Adain und Thomas immer mehr die Tagesgdhen unferes Theater Publikums werden, so möchten wir uns selber nach einem Barnett und Bennett umsehen, der uns in treuer Verehrung Karl Maria von Weber's auch in Deutschland von jenem Jalidnijchen und Französischen Opernwefen befreie.

- Die Schule für das Studium mittelalterlicher Handschriften in Frankreich. Die erste Nummer einer neuen gelehrten Zeitschrift ist in Paris unter dem Titel Bibliothèque de l'Ecole des Chartes erschienen. Sie wird hauptsächlich die Ergebnisse der Forschungen des unter dem Namen Ecole des Chartes bekannten Instituts veröffentlichen. Dieses seit dem Jahre 1829 bestehende Institut verdankt seine Begründung ursprünglich einer Jdee Napoleon's. Es war um das Jahr 1812, als der Kaiser den Plan entwarf, ein Kollegium zu stiften, in welchem das Lesen alter Handschriften und die Kenntniß der Französischen Dialekte des Mittelalters gelehrt werden follten, um auf diese Weise gründ lichere Historiker für die Landesgeschichte heranzubilden. Der Rusische Feldzug tam jedoch der Ausführung des Planes in den Weg, und dieser ruhte nun in den Archiven, bis Karl X. im legten Jahre der Restauration durch eine Königl. Verordnung einstweilen zwei Profefforen ernannte, durch welche eine gewisse Anzahl von jungen Leuten in den obenerwähnten Disziplinen unterrichtet werden sollte. Diese Verordnung ist als die Grunds lage der Ecole des Chartes anzusehen. Seitdem hat sie mannigs fache Ausdehnungen und Verbesserungen erhalten, so daß sie jest unter ihren Mitgliedern mehrere ausgezeichnete Schriftsteller sfhlt und in der Folge für Frankreichs Geschichte das zu leisten verspricht, was früher einmal die verdienstvollen und gelehrten Benediktiner geleistet haben. Die Bibliothèque de l'Ecole des Chartes wird alle vierzehn Tage erscheinen und hauptsächlich historische Untersuchungen über das Mittelalter liefern. Die erste immer enthält einen intereffanten Bericht über die Geschichte der Schule selbst und der Modificationen, die fie nach und nach erfahren Einer ihrer Zöglinge hat fürzlich auch vom Frans 38fcben Ministerium den Auftrag erhalten, die Archive aller Hafensddie des Mittelländischen Meeres zu besuchen, um Darg au sammeln über die mittelalterlichen Handels Verbindungen Frankreichs mit Algier und den anderen Barbaresken, Staaten.

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Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 29. November

Italien.

Rom im Sommer.

Mittheilungen eines Deutschen.

Wie häufig auch immer Rom und Römisches Leben in alter und neuer Zeit, von wie verschiedenen Beobachtern und aus wie mannigfaltigen Gesichtspunkten dem Deutschen Leser vor Augen geführt worden sind, so achten wir doch nicht für unwerth der Mühe, noch für unwillkommen den Versuch, von dem Sommer: leben der Stadt, wie es gegenwärtig fich darstellt, eine Schildes rung anzubieten, theils, weil dessen Herrlichkeiten von den Frems den, welche Rom besuchen, weniger geschaut zu werden pflegen, theils, weil die Vergleichung der noch jährlich wiederkehrenden Erscheinungen mit denen, aus welchen fie geworden sind, bald von ihnen nur ein schwacher Wiederschein, bald ihr getreues, doch auch eben nur ihr Abbild, einen großen, vielleicht nirgends in dieser Art größeren Reiz gewährt. Um solcher Vergleichung willen beabsichtigen wir auch, von einigen Gebrauchen, Verans Ataltungen, Luftbarkeiten diterer Zeit, welche auswärts wohl wenig bekannt geworden und in der Erinnerung der Römer selbst schon fast erblichen sind, gelegentlich das Andenken zu erneuen.

Das Römische Jahr zerfällt aufs deutlichste in zwei geson derte Hälften, deren unterschiedene Farben, wie an einem Apfel, scharf sich abseßen. Es mag mehr wißig als wichtig scheinen, ist aber richtig und allzu auffällend, um nicht bemerkt zu werden, ・ daß dieselbe Zwiefältigkeit und Zwiespältigkeit, welche dem Jahreslaufe das Ansehen eines Janusbildes giebt, am Römischen Wesen auf allen Seiten, in jeder Richtung, an der Schale wie * am Kerne, sich hervorthut. Betrachte man das Regiment, es ist geistlich und weltlich zugleich, und vom Centrum aus verzweigt fich durch den ganzen Organismus das zwiefache Gedder. Bes trachte man die Wissenschaft, die Kunst, auf einer Seite Himmel, Schönheit der Natur, Stofffülle, Pracht der Vorbilder, Ruhms gedächtnis, auf der anderen Erschlaffung, Zersplitterung, Bes wußtlosigkeit, Unvermögen. Betrachte man die gemeinnüßigen Anstalten, die Mittel sind so reich und die Anlagen so großartig, als die Wirkungen schwach und die Erfolge gering find. Bes trachte man die Sitte, wo in der Welt ist in größerer Vertrags lichkeit die Strenge der Zucht mit der Larheit_der_Gesinnung, wo giebt es mehr verschlossene Thore und mehr offene Nebens thürchen, wo eine Angstlichere Ausbildung der höflichen Formen, verbunden mit einer geselligeren Freiheit und zwangloseren Leich tigkeit des Umganges? Betrachte man die Lebensweise, Speise und Trant und Kleidertracht, noch immer sind die Café's und Korso Promenaden, die Siesten und die Conversazioni unvers drångt von den daneben eingedrungenen Salon Sitten, Gefells schaften, fingenden und tanzenden Thé's; noch sind die Osterien nicht den Traiteurs, die Becher nicht den Kelchgläsern gewichen, noch bieten Mieder, schönem Nacken schmeichelnde hinterwärts gesteckte Busentücher, eckig gefaltete zurückfallende Schleier den Französischen Moden inmitten der Stadt Troß. Betrachte man die Stadt, den Leib der gesammten Eristens, man findet ein Doppelding in jedem Sinne, doppelt in zeitlicher, doppelt in rdumlicher, doppelt in dfthetischer, doppelt in gewerblicher Bes ziehung; eine Stadt, modern so sehr hier und antil dort, daß man zwischen beiden die Sperrkette ziehen könnte, hier wohlge: halten, dort in Trümmern, hier bewohnt, dort verödet, hier Stadt, dort Land, hier Paläste, enge Straßen, Gewerb und Ges wirr, dort Aecker, Garten, Weinberge, Einsamkeiten, alles dieses innerhalb derselben Mauern. Ja, betrachtet man auch Nichts als Licht und Luft, wer wüßte nicht, wie grell hier die Kontrafte find von Schatten zu Sonne, von Dunkel zu Hell, von Kalt ju Warm. Kein Wunder, wenn in einer solchen Stadt auch die Bevölkerung zwei Gefichter hat, das eine heiter, ruhig, auss drucksvoll, das andere unftát, launisch, wetterwendisch, das eine verwunderungslos, das andere neugierig, einheimisch das eine, das andere fremd. Und eben so kein Wunder, wenn fie beide nie augleich, fondern stets das eine um das andere zeigt; das eine ist das Sommer Antliß, das andere ist die Winters Waste. Rom ist also auch in dieser Hinsicht zweierlei 'Rom, Rom der Römer und Rom der überfeeischen und überalpischen Zugvögel, die bald auf langere, bald auf fürzere Zeit in ihm rasten; jene

1839.

Landes Fremden, die sich dauernd niederlassen, muß man im Ganzen zu den Römern zählen, denn die Romheit Roms verzehrt unglaublich schnell das ihr Widrige und artet sich dem leicht ers oberten Fremdling unwiderstehlich ein.

Der Fremdenzug, die Fest Charaktere der heiligen Tage, die Vertheilung mancher Geschäfte und der Wechsel der Temperatur, diese sind es unter deren mannigfaltigen Einflüssen die Wands lungen des Römischen Jahres gefchehen.

3m Winter, wann die Fremden die Stadt anfüllen, ziehen die Römer sich so viel als möglich in die Heimlichkeit der Woh nungen zurück. Die Geschäfte jeder Art sind dann in wenig unterbrochenem Gange; die Galerieen, die Bibliotheken sind den Liebhabern, den Gelehrten geöffnet; die Schulen find in voller Thätigkeit; die Straßen find den handthierenden Bürgern, den hungrigen Lohndienern, Ciceronen, Miethskutschern und den nahrs haften Gästen, an denen diese und jene nach Kräften zehren, preisgegeben. Die Kirchenfeste sind in dieser Zeit vorzüglich ernst, erhaben, feierlich. Es sind die hohen Feste von der Geburt des Herrn bis zum heiligen Frohnleichnam hin. In dieser Zeit läßt fort und fort die Päpstliche Kapelle ihre allgefeierten, feiers lich würdigen Gesänge vernehmen. Mancherlei Volkeslust schlingt die farbigen Faden durch das ernste und bedeutsame Gewebe der Ceremonien; die Pifferari fingen und spielen vor den Madonnens bildern; die Pizzicaroli pußen ihre Läden mit Fett und Lichtern und Flittergold auf; die Frittellari schüren ihre Köhlen und rühren in den Pfannen, daß es backt und brugelt nach Herzenslust; St. Peter's Dom feßt sein blendend, zauberisch, flimmerflammend Peridiadem aufs das Engels Kastell entlädt sich in Feuer, Kass faden. Und daß bei diesem Allen nicht doch noch der Ernst gar überhandnehme, fpult recht inmitten dieser Jahreshalbe das sausende, berauschende, volle und tolle Karneval dazwischen.

Feste, Feste, Feste! Heilige Feste, profane Feste, Kirchens feste, Volksfeste, Stadtfeste, Landfeste, Winterfeste, Sommerfeste, gemeine, hohe und Jubelfeste! Von Festen trägt das Römische Jahr einen großen, bunten, glänzenden Kranz auf dem Haupt, vor die Brust gesteckt einen reichen, blanken, stroßenden Strauß, und prangende, prunkende, zehnfach verschlungene Gewinde, um und um gehängt, von Festen, Festen und Festen! Es haben Völkerfluchen über Rom gebraukt; es haben Wetter und Wuth feine Mauern, feine Tempel, feine Paläste geschlagen; es haben die alten Geschlechter sich mit neuen vertauscht; es haben fremde Siamme Play genommen; es haben wiederum flammende Stürme von Unglück, Brand, Pest, Plünderung, Bürgerkrieg Vernichtung über Vernichtung gemäist noch heute schreit, wie vor Tausens den von Jahren, panem et Circenses das Volf. Rom bleibt Rom, weltherrschaftgierig, herzenbezwingend, listig, stolz, hungernd und spielsuchtig heute wie gestern.

Die Sommerhalbe des Jahres rechnet man am bequemsten von Corpus Domini, etwa Ende Mai bis zum Ende des Oktober. In ihr sind zwei Monate den Freuden geweiht, der August, feit uralten Zeiten festlich, und der Oktober, die eigentliche Lufts und Ferienzeit.

Kirchenfeste.

Die kirchlichen Feste des Winters unterscheiden sich schon durch Inhalt und Bedeutung von denen des Sommers. Den großen Mysterien des Gotteslammes geweiht, bilden sie, Ring in Ring, eine wohlgefügte Kette, Verkündigung, Geburt, Lod, Aufs erstehung, Himmelfahrt, Geist- Ergießung, dreieinige Gottheit und der Sühne Verewigung im hochheiligen Sakrament. Die Feste des Sommers fallen dagegen vereinzelter aus einander, indem sie die vielen Heiligen, Apostel, Martyrer, Engel und Jungfrauen, vor Allen die Jungfrau der Jungfrauen, die Gottgebårerin selber feiern, zulegt um das Ende des Oktobers oder mit Novembers Anfang aus der Zerftreuung vielfältigen Gedächtnisses und Dienstes in den Tagen Aller Heiligen und Aller Todten sich zur Einheit fammelnd. Der Anbetung der Madonna fehlt in Rom zwar keine Zeit des Jahres, denn da der Mai ehemals der einzige Monat war, in welchem sie keinen Tag die Ehre hatte, ist endlich dieser ganz ihr geheiligt und so zum eigentlichen_Marienmonat gewors den, aber vorzugsweise den Sommer verherrlichen die meisten und ausgezeichnetsten Marienfeßte, unter diesen die Geburt, die Heimsuchung, die Assumption. Nicht genug, daß ihren Triumph so viele Feste und der ganze Wai erhöhen, sind auch noch ihrem

heiligen Herzen besondere Altdre aufgerichtet, besondere Vereine gestiftet, besondere Kulte bereitet und wiederum ein ganzer Monat, der August, geweiht. Maria Santifsima, wegen vielfältiger Wuns der und Rettung aus Pest, Feuersbrunst und anderer Fahr, gilt der Stadt für ihre wahre Schüßerin und Advokatin; daher ihr Lag und Nacht viel Devotion dargebracht wird. Fromme Brüs derschaften nehmen von ihrer Anrufung den Namen her;, ihren Bildern fast allein, mit Blumen geziert, mit ewigen Lampen und gelegentlich mit reicherem Aufwand an Schmuck und Lichtern, begegner man in allen Straßen; ihrer Kirchen find 66 in der Stadt; unter vielen Titeln wird sie angerafen, als die Madonna des Heiles und der Hülfe, des Troftes, des guten Rathes, der Schmerzen und der Gnade, als die Trösterin der Betrübten und die Königin der Engel, auch unter fremden Titeln, als vom Kars mel, von der Eiche, von Loretto; ihre wunderthätigen Bilder, zum Beispiel, welches 1796 mit lebendigen Augen die umstehenden ans geblickt, oder das hochberühmte Bild von St. Sisto e Dominico oder Das von S. Maria Maggiore, welches S. Lucas gemalt haben soll, find stets von Betern umdrängt und locken an besonderen Festen größere Scharen von Gläubigen an. Der feierlichen Bräuche und Gottesdienste find zu viele und verschiedene, um hier geschil› dert zu werden. Nur des einen Festes der heil. Maria vom Schnee au gedenken, sen verstattet! Es war am 5. August des Jahres 352 als ein edler Römer, Johannes der Patrizier, und seine fromme Gattin früh Morgens forschten, wo über Nacht ein reiner Schnee in Rom gefallen wäre, denn jedem von ihnen besonders war die brünstig zuvor angefehte Jungfrau, welcher fie eine Kirche au bauen gelobt hatten, im Traum erschienen, dies Wunder verkündis gend, durch welches sie den von ihr selbst erkorenen Ort bezeich nen wollte. Liberius saß damals auf dem Stuhle des Apostelfürs sten. Der Papst hatte kaum das Unerhörte vernommen, als er mit feierlichem Zuge sich zu der begnadigten Stätte begab. Gleichzeitig mit den frommen Gatten langte er auf der Höhe des Esquilin an. Blendender Schnee deckie den Hügel. Der heilige Vater selber griff zum Grabscheit, damit die vom Himmel vorges zeichneten Granzen festgehalten würden. Und siehe! kaum berührte das Eisen die weiße Decke, so furchte sich freiwillig vor dem Spaten hin eine deutliche Linie in den Schnee und umsickte ohne menschliches Zuthun den von der Jungfrau beschlossenen Grunds riß ihres Tempels. Alljährlich wird nun in S. Maria Maggiore ein Fest des Schnees am 3. August begangen. Eine Kapelle ist heilig gehalten vor anderen und einst mit dem ersten Golde, das nach Amerika's Entdeckung nach Europa kam, verziert. Da senkt fich an dem Morgen dieses Festes langsam und allmålig von der goldenen Decke ein Blütenschauer herab von Balsaminen, weißen Rofen und Jasmin. Solches geschieht zum Andenken an jenes alte Wunder, dem die Bafilile ibr Dafenn verdankt, alljährlich vor dem flaunenden und anbetenden Boile; beglückt, wer von den Blüten eine erhascht und heimträgt.

Es ist eine vielverbreitete Devotion, zu Abend um die Stunde des Ave vor dem Madonnenbilde des Hauses die Lauretanische Litanei mit einem Antiphon und Evviva Maria zu singen. Diese Andacht pflegt von denselben Bersonen taglich vor demselben Bilde verrichtet au werden. Der refponforische Gesang erfreut gemeins lich durch die und Reinheit der Intonation, obgleich

man sich an enthümlichen Kehlton des Kömischen Volkss

gefanges, au welchem bei den liturgischen Stücken noch eine besons Dere conventionelle Manier hinzukommt, erst gewöhnen muß. Bis: weilen werden diese Liraneien dadurch unerträglich, daß alle Kins der der Nachbarschaft aust vollster Brust mithalten und die ges wohnte Weise ungeirrt zu Ende fingen, gleichviel, ob etwa der Einfaß um etwas mehr, um etwas minder zu hoch oder zu tief gerathen fen. Bisweiten aber sind sie wunderschön. Die Melos die, von hellen flangvollen Stimmen gefungen, wird von 2 oder auch mehreren, gerad' wie fichs schickt, doch meist geschickt genug behandelten Mittelstimmen getragen und von einem Baffe, den vielleicht ein einzelner Mann, der einzige unter vielen Weibern, nach seinem Instinkte kraftig durchführt, unterstügt.

In dieser Weise hört man verschiedene liturgische Gesange, nicht selten sierlich figurirte, an den großen Festen der Geburt und Assumption Mariae vor den Bildern Abends. Alle Hauser find alsdann aufs Mannigfaltigste erleuchtet, hohe Kerzen wechs feln mit Papierlaternen und fleinen Lampen; bald blinken nur von den Fenstern Lichter, bald zeigen fie die Ballone in feurigem Umris, bald folgen sie allen Simfen und architektonischen Linien der Paldste. Manche suchen durch die Zusammenstellung vielfars biger Flammen, Manche durch bemalte Tulpen und Becher von geöltem Papier oder Chinesische Ballons, Manche durch transpas rente Vorstellungen von Heiligen und Geschichten Reichthum oder Geschmack oder Verehrung darzuthun. In verschränkten Chiffern das A. M. und I. H. S., christliche Symbole, und Kranze und Kronen sieht man hier und dort von Lämpchen gebildet und in die funkelnde Verzierung des Hauses auf allerlei Weise verfloch, ten. Vor Allem aber hat auf die Verherrlichung des eigenen Madonnenbildes ein Jeder Kunst und Vermögen gewendet. Auf offener Straße Vergoldung und farbige Stoffe, tunstliche Blumen und gemalte Säulen, Engel, Wolken, reiche Vasen und duftende Sirduke, Wälder von Kersen, prachtige Leuchter, schwebende Kristallkronen, bisweilen Kostbarkeiten, Metalle und edele Steine wetteifern mit einander, das Bild felbst, dem sie dienen, au vers dunkeln, und in einzelnen Fällen auf passendes Gerüste vertheilt, mit Stufen, Baldachin, Altargebdu, die Façade des Hauses zur Kapelle umzuwandeln. An solchen Orten kann man als Hüter, fen

schultertem Gewehre Spalier bilden sehen, während in der Mitte des weiten Kreises, den sie umschließen, eine andächtige Gruppe entblößten Hauptes Psalmen fingt. Außen drängt das Volk an, gaffend, berend, bewundernd, die Männer mit abgenommenen Hüten, die Weiber mit einer Macht auf dem Haupte, einem weißen gefalteten Tuch, einem sauber gestickten Schleier. Vor den Palasten leuchten im Kreise größere Fackeln, auf Pfählen bes feftigt, und auf den Plagen werden getheerte dffer abgebrannt. Dem Voll ist in dieser Gattung eine solche Lust nicht wiederges worden, wie sie vor nun 200 Jahren ihm der Französische Ams bassadeur, Maréch. d'Estrée, bereitete, indem er hohe Pfähle statt der Fäffer mit brennbarem Stoff umwickelt anzünden tieß, so daß man, als fie brannten, flammende Sduten zu sehen glaubte. Aber ein eigenthümliches Schauspiel gewähren immer auch, im Ums fang eines gerdumigen Plages aufgestellt, die brennenden Fässer. An einem windstillen Abend, wenn die unbewegte Luft dem Feuers pfeiler gerade aufzufteigen erlaubt, glaubt man, in der Mitte des Plages Kolonna stehend, von einer ganzen Halle flammender Säulen eingeschloffen zu seyn. Oberhalb der FeuersSdulen_breis tet sich der Rauch aus, funkendurchblißt, und bilder von Säule zu Saule dunkele und von rothem Golde überflimmerte Bögen. Darüber hoch wölbt sich der feierliche Nachthimmel, mit Sternen bejdet, zum ernsten Dome. Tritt man ein wenig feitwarts, fo schieben sich die Feuer zu einer Flammenwand zusammen. Dies Feuerspiel ließe nichts zu wünschen übrig, wenn man seiner ges nießen könnte, ohne vom Rauche und von der Hiße belästigt zu werden, und wenn nicht jeder. Luftzug es in Verwirrung brachte und die Illusion zerstörte. Man muß aber die erleuchtete und mit Feuern angefüllte Stadt vorzüglich auch von einem der hohen Punkte überschauen, von einer der Sculen, vom Kapitolsthurm oder von einer der hohen Loggien auf dem Quirinal oder Kapitol, um, über Höhen und Thaler hin, an dem zaubergleichen Wechsel von Licht und Schattenmassen, Gluthen und Flammen, dammernder Helle und blendendem Glanze das Auge zu weiden. Ein Gegenstack zu dem weihnachtlichen Spiel der Pifferari vor den Bildern der Madonna bilden Nachtmusiken, die, ganz angemessen der lärmens den Lust des Sommers, ihnen von kriegerischen Banden dargebracht werden. Das Orchester ist klein, des Volles Ergößen groß. Unbes greiflich, wie dem beldubenden Getője, welches vier Soldaten mit einer Heerpaule und Türkischen Trommel, einer Pfeife und einem Triangel tapfer ausführen, stundenlang die musiksinnigen Römer ihre Ohren preisgeben mögen! Inzwischen sind die Feuer era storben, die Fackeln erloschen, die Lichter allmdlig niedergebrannt. Die Menge ertheilt sich. Vor den Bildern wird es leer. Ges sang und Musil verstummen. Die Straßen werden immer eins famer, dazu die Café's und die Schenken. Und während hier und dort nur noch einzelne Edmpchen brennen, freift bier und dort ein einzelnes Pärchen an den Haufern hin, schwankt hier und dort ein Nachzügler von denen, die sich aus Devotion bis auf die Neige gutlich thaten, heim. C'est comme chez nous. Es hat Miternacht geschlagen. Das Fest ist aus, die Lust vers rauscht, das Geld, und nicht bloß fromm, verthan. Bei Einigen kommt der Segen, bei Vielen die Sorge nach.

Diese Luftbarkeiten, Illuminationen, Freudenfeuer zeichnen die Marienfeste aus, und zwar nur die genannten beiden, welche Feste des gesammten Volkes find. Andere werden nur von eins selnen Gemeinden, von besonderen Kirchen, Bezirken, Brüders schaften gefeiert, so auch die Feste anderer Heiligen. Hervorragend unter den legteren find im Sommer die Feste des Taufers Jos hannes und am meisten das Fest der Apostel Petrus und Paulus. S. Rochus und S. Bartholomɗ haben von jener ehemaligen Herrlichkeit verloren. Die vornehmsten Feste kündet früh Mor gens von der Engelsburg der Donner der Geschüße an. Die partiellen Fefte wandern rastlos durch die Stadt, öffnen bald hier, bald dort zu dreis und achts und nenntågigen Feiern, Messen und Abendandachten die reich verzierten Kirchen. Leinwand - Dächer, an langen Seilen über Straße oder Play gespannt, gehen von der heiligen Pforte aus, wo fie denen, welche aus und eingeben oder draußen au weilen genöthigt sind, und den Bettlern auf den Stufen und den frommen Krámern Schatten geben. Vor den Thüren nämlich drängt sich Kram an Kram, wie auf einem Lands markt, Tischchen an Lischchen, bunt aufgepußt, behängt, bedeckt mit Rosenkranzen, Kreuzchen, Bilderchen. Von wunderthätigen berühmten Bildern sind da Abbildungen feil, um Vieles, wie sich denten läßt, verzerrter und häßlicher noch als ihre Driginale; Denn irdischer Schönheit pflegen Bilder, welche Wunder thun, au spotten, aber wie diese mit Juwelen, Gold und Pracht beladen And, so jene auf dem Papier mit Schaumgold beklebt, mit Wachsperichen, Flittern und Glasstückchen durchstickt, insbesondere die Madonna von Loretto und andere ihrer Schwestern und der Gefu Bambia von Araceli, dann ganze Galerieen von Heiligen, Sponfalizien, Versückungen, Berklärungen, aus dem Fegefeuer. mit halbem Leib hervorlangend und schreiend Seelen, welche ihre unbeschreibliche Misgestalt ganz hinein verwünschen sollte. Muf dem Boden find Myrthenzweigen ausgestreut; Laubgehänge, freuzweis umwunden mit grell gefärbten Bändern, hangen an den Pfosten nieder und in Kränzen von dem Thurgefims; darüber ist etwa ein Bild des Heiligen, der verehrt wird, gemeinlich aber eine Reihe von Wappenschildern mit den kirchlichens Ins fignien und denen des Stifters, des Patrons der Kirche und manche buntgetünchte Rosette auf hölzerner Tafel zu schauen, ein Schmuck, der viel von gutem Willen an fich trägt und in feiner prahlenden Naivetat jedem Gebirgsdorf Ehre machen würde.

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