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weil dieser behauptet, daß die Stadt Anthilis, fammt den fie umgebenden Weinbergen, den Königinnen von Aegypten als Apas nage zugetheilt worden ware; indem diese Stadt erst nach der Eroberung von Aegypten durch Kambyses den Beherrscherinnen Persens überwiesen worden sey, worauf sie alsdann den Namen Gyndopolis oder Frauenstadt erhalten haben soll.

Den einheimischen Frauen war ebenfalls der Genuß des Weins erlaubt, wie dies aus mehreren Abbildungen auf alten Denks målern, welche Tafelfreuden darstellen, hervorgeht. Daß auch das zarte Geschlecht hierbei nicht immer mäßig blieb, geht aus der Darstellung Fig. 18 hervor, die man zu Theben findet. In Griechenland scheint eine ähnliche Sitte geherrscht zu haben, denn es tadelt unter Anderem Athendus den mit dem Wein getriebenen Mißbrauch sehr. Die Römer scheinen hierin gewissens hafter gewesen zu seyn, indem z. B. Ognatius Mecennius seine Frau dem Tode weihte, weil sie das Verbot des Weintrinkens überschritten hatte.

Durch jene Rüge Paw's wird aber die Behauptung des Athendus, daß Anchilis damals den Weinbau betrieben habe, nicht widerlegt. Dies schließt freilich auch den Umstand nicht aus, daß dennoch viel fremder Wein in Aegypten eingeführt worden sey; denn so soll z. B. nach der Aussage Herodor's jährlich zweis mal eine bedeutende Wenge in irdenen Jarren eingebracht wors den fenn, worauf die leeren Gefäße nach Memphis geschafft, das selbst mit Nilwaffer angefüllt und alsdann nach der Syrischen Gränze gebracht wurden.

Unter den Brotomáern und den ihnen folgenden Römern mag allerdings der Weinbau in Aegypten zugenommen haben und mögen auch Griechische oder andere fremde Weinstöcke eingeführt worden seyn, wie dies bereits aus den oben angegebenen und durch Plinius angeführten dreierlei Sorten, wenigstens der Etymologie nach, hervorzugehen scheint, bis dies Land endlich durch die Araber erobert ward, die den Gebrauch des Weins aus dictetischen Rücksichten untersagten oder wenigstens sehr beschränks ten und auf diese Weise natürlich den Weinbau nach und nach verfallen ließen.

Das der Wein bereits im höchsten Alterthume in großer Wenge in Aegypten angebaut worden seyn mag, ersehen wir evenfalls aus den Büchern des alten Bundes; dafür spricht namentlich folgende Stelle im 4ten Buch Moses, Kap. 20 V. 5: ,,lind warum habt ihr uns aus Aegypten geführt an diesen böjen Ort, da maa nicht den kann, da weder Feigen, noch Weinstock, noch Granatapfel find."

Während meiner Anwesenheit in Aegypten fand ich bei Es neh in der Thebaide Trauben, wenigstens aß ich dergleichen im Monat Januar 1821, die man für mich vom Stocke gepflückt hatte. In der Proving Fayoum trifft man noch viele Reben an, die auf dem Boden nachldig fortranfen, vortreffliche Erau: ben tragen, die man meistens als Frucht zu genießen pflegt, aus welchem aber Christen und Juden sich heimlich Wein bereiten. Ich fand ebenfalls in der Oase des Jupiter Ammon Reben, ivos Durch abermals die Aussage Strabo's, der behauptet, daß in dieser Dase Wein wachse, bestätigt wird, ungeachtet der Frans sösische Akademiker, Herr Letronne, der Meinung ist, daß hier unter Palm wein zu verstehen sey, der (oder vielmehr Palme brannimein) daselbst allerdings heimlich zubereitet und ges noffen wird. Es gelang mir auch, dergleichen, wie ich dies bes reits in meinem Reiseberichte anführte, durch die Vermietung des meine Karawane führenden Scheifs und meines Wame lufen, der den von mir mitgenommenen Wein nicht verschmähte, insgeheim zu erhalten und zu kosten.

In der Umgegend von Beni Haffan, Theben und den großen Pyramiden mag der Weinbau bereits im höchsten Alter: thume betrieben worden seyn; man finder in den dortigen Grabesgrotten, außer den vielen Gegenständen, die Bezug auf das priesterliche und kriegerische Leben der alten Aegypter haben, auch Scenen aus dem bürgerlichen und häuslichen Leben dieses Volkes, unter den mannigfaltigsten Modalitcten, und unter diesen ebenfalls den Weinbau, die Weinlese und selbst die Aufs bewahrung des Weins abgebildet. Der verstorbene Louis Regs nier aus Lausanne, der die Französische Expedition als Gelehrter und Beamter begleitete, verücherie mir, in einer Grabesgrotte in der Nähe der Pyramiden ähnliche Abbildungen, die Bezug auf den Weinbau und die Weinlese hatten, gefchen zu haben. Chams pollion ist es aber gelungen, auf Aegypuichen Denkmälern Hicros giyhen zu entdecken, die den Weinbau bezeichnen), und eben so eine Opferscene zu ermitteln, auf der sich weiße mit rothem Bein angefällte Flaschen fanden, die, jeiner Meinung nach, aus einem hohen Alterthum stammen sollen. Der Engländer Wilkinson hat ebenfalls in seinem interessanten Werke über egypten) eine Hieroglyphe, die den Weinfock oder den Weinbau darstellt, so wie mehrere auf dicien, auf das Weins pressen und das Aufbewahren diejes Getränkes sich beziehende Abbildungen, aus jenen Grabesgrotten beigebracht. Fig. 9 zeigt jene den Weinstock oder den Weinbau bezeichnende hieroglypbe. Desgleichen findet man in den Hypogeen hanfig irdene oder hölzerne Gefäße, auch Körbe von Dartelbast mit Trauben anger

*). Hier sehen wir freilich voraus, daß dieses Aegyptologen Erklärungen der Hieroglyphen auch die Feuerorobe einer strengen Kritik aushalten: denn es fcheint mir, als mystifizire er zuweilen einen Theil des zu leichtgläubigen ublikums. Vielleicht gelingt es aber dennoch den vereinten Bemühungen thätiger Archäologen und Paläographen, auch über diesen interessanten Gez genstand mehr Licht zu verbreiten.

**) Betitelt: Manners and customs of the ancient Egyptians ete. in three

füllt, die man den unterirdischen Göttern wahrscheinlich als Sühnopfer dargebracht hatte.

Da jene Grotten von Beni, Hassan bis zu dem Pharao Osirtasen hinaufreichen, der ums Jahr 1740 vor unserer Zeits rechnung lebte und folglich ein Zeitgenosse Joseph's war, der im 40ften Kap. der Genesis bei der Auslegung der Traume des Bäckers und Schenken ebenfalls des Weins erwchat; da ferner der Ursprung Thebens bis in das graueßte Alterthum hinaufs reicht, die Grotten in der Nähe der Pyramiden, d. h. diejenigen, die man in dem Felsen von Käffres: Sejed, dem alten Cheno boskion, antrifft, nach der Vermuthung Champollion's, Ros fellini's und Wilkinson's, älter als die von BenisHaffan seyn und noch vor der Ankunft Abraham's in Aegypten erbaut seyn sollen, so sprechen jene Darstellungen für eine sehr weit hinaufreichende Kultur des Weinstocks.

J werde nunmehr einige aus dem Wilkinsonschen Werke entnommene Darstellungen, die Bezug auf den Weinbau 2c. haben und die ich selbst an Ort und Stelle jah, hier beibringen und zu deuten versuchen.

Die Reben wurden im alten Aegypten entweder an Wänden oder Geländern, die theils aus Stangen oder Latten bestanden, die auf verzierten und oft selbst bemalten Pfeilern oder Säulen, oder auf bloßen hölzernen Gabeln ruhten, und auch in Lauben, Bogengangen und einzeln stehenden Stöcken gezogen; denn die Sitte, solche nach der Weise der alten Römer und der heutigen Italianer an den Bdumen ranken zu lassen *), scheint bei den alten Aegyptern nicht üblich gewesen zu seyn, wenigstens geht dies aus den mir bisher bekannten Darstellungen des Weinbaus auf ihren Denkmälern nicht hervor. Fig. 1 und 4 zeigen dhns liche an Geländern und Fig. 15 in einzelnen Silcken gezogene Reben; Fig. 2 aver derglichen in Bogengangen angelegte. Wenn der Wein anfing zu reifen, dann mußten mit Schleudern bes waffnete Knaben die fich demselben nähernden Vögel zu vers scheuchen suchen. Fig. 3 zeigt einen in dieser Art beschäftigten jungen Aegypter.

Der Wein pflegte im Monat Epiphi, welcher am 25. Juni beginnt, aur Beiniese reif zu werden, welcher Umstand aber das frühere oder spätere Reifen einzelner an Spalieren oder Wänden gezogenen Trauben nicht ausschloß. Die zum Effen ges vflückten Trauben wurden in flache Körbe gelegt und mit Laub bedeckt, die zum Preffen bestimmten aber in tiefe Körbe oder Kabel geschüttet, die alsdann entweder auf dem Arme, auf der linken Schulter, auf dem Kopfe oder vermittelst einer Trage über beide Schultern nach der Weinpresse getragen wurden. Fig. 1, 2, 4, 7 und 15 zeigen mehrere mit Pflücken und Tragen der Trauben beschäftigte Aegypter. Ob man sich auch der Affen zur Weinlese bediente, vermochte ich bis jetzt nicht zu ermitteln. Fig. 5, welche Darstellung man in einer Grabesgrotte zu Benis Hajjan findet, zeigt nämlich einen Baum, vielleicht einen Sn: femorenbaum, auf welchem drei Affen figen, wovon zwei mit Pflücken der Früchte desselben beschäftigt sind, während der brine mu Sen auf eigene Rechnung sich beschäftigt. In der Provinz Jumna, im südlichen Habyssinien, sell man die Affen zu mancherlei häuslichen Verrichtungen abrichten und fich ders selben besonders als Fackelträger bei Nachtmahlen bedienen, wobei sie zwar manchmal ihres Amtes vergessen und Unordnun gen anrichten, allein bald wieder durch den Stock und durch Fasten zur Ordnung zurückgeführt werden.

Nach vollendeter Weinleje licß man die einzeln stehenden Weinstöcke durch die Ziegen abweiden, wie dies Fig. 15 seige. Bei den Römern scheint dasselbe üblich gewesen zu seyn, denn so sagt Horaz B. IL Sat. 4. 43:

,,Vinea submittit capreas'non semper edules.”

Der Wein wurde auf verschiedene Art gepreßt, denn so benuste man hierzu z. B. die Hand, und die Fußpreffe unter verschiedenen Modalitaten. So wurden unter Anderem bei der ersten Art die Trauben in einen Sack geschüttet, zwei Stangen durch beide Enden desselben gesteckt und jener alsdann über ein großes Gefäß gehalten, in welches nunmehr der Traubensaft vers mittelft des Zusammendrehens des Sacks gepreßt wurde. Fig. 14 zeigt cine folde Darstellung, die aus einer Grabesgrotte in der Nähe der Pyramiden entnommen ist. Merkwürdig ist die Pros zedur der mit dieser Arbeit beschäftigten fünf Aegypter.

Fig. 19, die man in einer Felsengrotte zu Beni Hafsan abgebilder findet, zeigt einen ähnlichen Sack, der aber zwischen einem Rahmen angebracht und befestigt ist, das eine Ende deffels ben nämlich vermittels einer Schleife, während das andere, welches ebenfalls mit einer Schleife versehen, durch den Rahs men gezogen ist und durch drei Handlanger, vermittelst eines durchgesteckten Stabes, herumgedreht und auf diese Weise der Traubenfaft in ein unterhalb des Sacks angebrachtes Geldß hins eingepreft wird. Ein vierter Handlanger ist mit dem Sack selbst beschäftigt.

མོ་མ་

und 8

Die Fußpreffe war, wie die Darstellungen Fig. 7 zeigen, die man in den Grabesgrotten von Cheben abgebildet findet, gestaltet. Vielleicht gab es aber noch mehrere Arten ders felben. In Fig. 7 erblickt man zuerst links ein paar Weinstöcke, die wahrscheinlich den Weingarten oder Weinberg andeuten sollen, desgleichen zwei Aegypter, die mit Trauben angefüllte Körbe oder "Horaz bezeichnet dies in feiner 11. Epode B. 9 und 10 durch folgende Worte: Ergo ant adulta vitium propagine

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Kübel nach der Presse bringen. Diese ist mit Sculen und Schnißs werk verziert und blau, roth, gelb und grün bemalt, und auf dersels ben erblickt man fünf Aegypter, welche die Trauben mit bloßen Beinen stampfen, wobei sie sich aber an eben so vielen an dem oberen Querbalken angebrachten Leinen festhalten. Zur rechten Seite der Weinpresse erblickt man einen anderen Aegypter, der bemüht ist, den Most aus dem Trog, der vor dem Hahn des Kaftens ange bracht ist, mit einem Gefäße zu schöpfen, um solchen alsdann in eine hinter ihm aufgestellte Jarre oder Amphora einzufüllen. Oberhalb erblickt man noch drei auf Sidndern angebrachte Weins gefäße, die wahrscheinlich bereits angefüllt aber noch nicht bedeckt oder vielmehr verstopft sind.

Diese leßte Art, den Wein zu Peltern, war auch bei den Jfraeliten üblich, wie dies aus mehreren Stellen der heiligen Schrift hervorgebt; denn so heißt es . B. im 13. Kap. v. 15 des Buches Nehemia:,,Zu derselben Zeit sah ich in Juda Kelter treten am Sabath." Daß auch die Römer den Wein mit den Füßen zu teltern pflegten, ersehen wir aus einer Mofail, die zu Rom aufgefunden ward, auf welcher man drei bekränzte Knas ben tanzend und springend den Wein mit den Beinen feltern Rieht, so wie aus folgender Stelle des Virgil's (Georg. II. 7.); ,,nudataque musto

Tinge uovo mecum direptis crura cothurnin."

Der Wein wurde in Jarren oder Amphora's von mannig, faltiger Gestalt aufbewahrt. Fig. 6, die aus einer Grabesgrone in der Nähe der Pyramiden entnommen ist, zeigt zwei Aegypter, die beschäftigt find, eine Jarre anzufüllen. Die angefüllten Gefche wurden alsdann forgfältig zugepfropft, oder mit Deckeln versehen, die mit Nilschlamm, Thon, Gyps, Kalf, Harz, u, a, in. hermetisch verschlossen wurden, und auf welchen man alsdann meisiens einen Stempel einzudrücken pflegte. Hiernächst wurden die Jarren, falls sie wie die Griechischen oder Römifchen einen ipigen Fuß hatten, entroeder, wie Fig. 10 jeigt, auf einen ausges höhlten Untersaß oder mit dem Fußen Sande gegen die Kellers mauer aufgestellt oder angelehm. Fig. 6, 7, 8, 11, 12 und 13 zeigen mehrere ähnliche verschlossenene Jarren von verschiedener Form.

Nach dem Herodot, I. 121, foll man zur Zeit des Ramps senit den Wein ebenfalls in Schläuchen aufbewahrt haben. Die Römer nannien chnliche Weingefäße auch Testae, denu so sagt Horaz 1. 18. 2 und 3:

,,Gracca quod ego ipse testa Conditum levi -"

Daß der Aegyptische Wein nach der Gährung umgefüllt wurde, geht bereits aus der oben angefährten Stelle Strabo's hervor, wenngleich die näheren Umstände hierüber nicht anges geben werden."

Ob die Qualität des Weins, so wie deffen Alter, durch bei fondere Aufschriften bezeichnet wurde, vermochte ich bis jest nicht zu ermitteln. Vielleicht sollen die auf Fig. 11 befindlichen hiero, glyphischen Zeichen dies andeuten. Bei den Römern war dies wenigstens üblich, wie wir dies aus der 34jten Sat. des Pe tronius ersehen.

Franfreich.

Edgar Quinet über das Wesen der Kunst.

(Schluß.)

Ferner hat das Christenthum den Genius der Musk, wenn nicht geschaffen, so do wenigstens enthüllt, dieser geistigen Kunst, denn man kann von ihr sagen, daß fle bis zur Seele dringt, wie die Stimme des göttlichen Geistes, ohne Vermittelung der Sinne. Der Protestantismus, der von Anfang an die anderen Künfte aus dem Tempel verbannte, hat diese legtere beibehalten und Pultivirt. Sie ist übrigens diejenige, welche von allen am besten einen formellen Glauben und ein durch Ueberlieferung festgestelltes Symbol entbehren kann. Ihre Glanzperiode ist nicht die des Glaubens, sondern die der Philosophie. Mozart und Beethoven find die Zeitgeneffen Kant's und Hegel's.

Auf dem Gipfel aller Künfte erhebt sich endlich die Poesie, die in gewisser Hinsicht sie alle umfaßt. Sie ist Architektur, denn e simmert und baut; Skulptur und Malerei, denn fie ft vor dem inneren Auge die erkennbare Welt hervortreten und fil dert sie ihm; besonders aber ist sie Musik und Harmonie, denn das ist ihr Wesen. Mit ihr ist die Leiter der sichtbaren Schön: heit erflommen. Wer höher an ihr hinaufsteigen will, der ver: langt von der Kunst, was nur die Moral und die Religion ge währen können. Solche Verwirrung führt an den Abgrund, we Schwindel uns erfaßt. Jede Poesie, die ihre natürlichen-Gráns zen überschreiten will, gerah ins Leere; den Glauben hinter_sich laffend, verfällt fie in Träumerei. Nach der regelrechten Ents wickelung der Griechischen Poeße in Athen, der Stadt der Schöns heit, kömmt die überspannie und ausschweifende in Alexandrien, der Stadt des Mystizismus.

Nicht nur in allgemeinen Beziehungen zu allen anderen Kunsten Ateht die Poesie; ste theilt sich in mehrere Gattungen, die eine jede irgend eine besondere Aehnlichkeit mit der Architefs tur, oder mit der Skulptur, oder mit der Malerei haben. Zundcft, in der unmittelbarsten Form, ist sie lyrisch, der erste Laut der im

Unendlichen erwachenden Menschheit. Sie befingt das Ewige ohne Rücksicht auf Zeit, den Gott im Geschöpf, das Wesen an sich, nicht die einzelnen Wesen. Hiermit beginnt jede Civilisation; als Poesie des Tempels und der Kirche, die einzige, welche Plato in seiner Republik dulden wollte, ndhert sie sich der religiösen Architektur. Ihre Strophen erheben sich wie heilige Säulen. Sie ist dazu gemacht, im Heiligthum wiederzuhallen; bier ist sle an ihrem Play, hier kann fie ihre ganze Bedeutung entfalten. Dies ist die Dichtung des Priesterthums; da, wo es keine Theor fratte gab, wie in Kom, war diese Hymnen - Poesie eine fünfts liche, wenn sie überhaupt sich hervorthat.

In zweiter Reihe Reht die epische Poefte. Sie erhebt den Menschen auf das Piedestal, ja, sie beter ihn fast an. Was ans ders also, als daß sie ihre Personen unter demselben Gesichtss punkte betrachtet, wie die Bildhauerkunft? Sie vergrößert, erz höht dieselben, giebt ihnen zwölf Fuß. Auch gelten die meisten Gefeße der einen eben so für die andere. Es ist der Epopóe. nicht genug, daß ihre Personen groß seyen; sie nimmt das Uebers natürliche zu Hülfe und macht Halbgötter aus ihnen. Da úbris gens diese Gattung von Poefte hauptsächlich von Erinnerungen lebt, so blüht sie vorzüglich in den Zeiten, die reich sind an Fas milienüberlieferungen. Welche Sinnesart pflanzt aber am besten die Ueberlieferungen fort? Die aristokratische doch wohl? Und beschauen wir nun die Helden alle der heroischen Epopie, fo finden wir nicht einen einzigen, der nicht zur Kaste der Krieger oder der Edlen gehörte Achill, Aeneas, der Cid, König Arthur, Karl der Große, keiner von ihnen ist aus der unteren Volkss Plaffe hervorgegangen. Die heroische Epopõe war der Gefang der Krieger Klasse unter den Indiern, unter den Griechen und in der christlichen Feudalzeit. Es ist das eigentliche Gedicht jeder Aristokratie.

Die dramatische Dichtung dagegen ist das Werk der Demos Pratie. Ueberall ist das Drama mit ihr groß geworden. Das · Theater entwickelte sich in Grichenland unter der Demokratie der Jonier, nicht unter der Aristokratie der Dorier. Bei den Neueren erfheint es zuerst in der höchsten Gleichheit der Kirche, nicht im Schoße des Ritterthums. Die Mysterien wurden zuerst in den Kathedralen aufgeführt. Die Epopße des Mittelalters, für die Ritter gedichtet, ward vor allen auf den festen Schlößern gefuns gen und resitirt. Das Drama war stets für das Volk. Jm Orient, bei den Hindus, war es aus der Reihe der heiligen Bücher ausgeschlossen. Ím Abendlande giebt es so lange kein eigentliches Drama, als die Inftitutionen des Mittelalters dauern. Diese Dichtungsart ist erst seit zwei Jahrhunderten, seit der Emancipation des Volks, zu ihrer Vollkommenheit gelang. Wenn übrigens das Drama mit einer der obengenannten Kanne einige Aehnlichkeit hat, so ist es vffenbar mit der Malerei; weder das Luftipicl noch das Traueripiel verwandeln ihre Personen in Halbs götter, gleich der Skulptur und der Epopde. Sie laffen ihnen ihr persönliches Wesen, zuweilen sogar ihre physische oder moralische puchkeit. In dieser Hinsicht kann man die Malerei cin stums mes Drama nennen und das dramatische Gedicht ein lebendiges Gemälde.

Baukunst, Skulptur, Malerei, Musik und Poeßte, dies find die Stufen, auf welchen die menschliche Einbildungskraft fich bis zur unperblichen Schönheit zu erheben vermag. Sie bilden die Zalobsleiter, auf der die Phantasieen des menschlichen Geistes unaufhörlich emporsteigen. Mit dem einem Ende stügt sie sich auf die Erde, init dem anderen berührt sie den Himmel. Sind dies aber wirklich die Künste alle, durch die man zur göttlichen Schöne hinanklimmen kann? Die erste und wichtigste von allen dürfte wohl noch fehlen. Die Neucren denken nicht daran inihren Theorieen; die Alten aber hüteten sich, fie jemals zu vers geffen. Diese höchste Kunst, welche sonst kann es seyn als die der Weisheit, Gerechtigkeit und Tugend, oder, um Alles in Ein Wort zu faffen, die Kunst des Lebens? Ist nicht in der That jedes Menschenleben in sich selbst ein Kunstwerk? Bringt nicht jeder Mensch bei der Geburt in seinem Innern ein moralisches Sönheits Ideal mit auf die Welt, welches er allmälig durch seine Handlungen offenbaren, ausdrücken, verwirklichen foll? Ja, um es nur ganz herauszusagen, in Jedem von Euch ist etwas von einem Phidias, denn es lebt ein solches Etwas in jeglicher moralischen Kreatur. Ja, es ist jeder Mensch ein Bildner, der an seinem Marmor oder Thon jo lange formen muß, bis er aus der verworrenen Waffe seiner rohen Anlagen eine geiftig freie Person herausgearbeitet. Der Gerechte, der seine Thaten nach einem gönlichen Vorbilde regelt, der, welcher zu sterben weiß, wenn co gilt, die Hälle des irdischen Lebens abzuwerfen, wie der Bildhauer den Marmor abwirft, um zur inneren Statue ju gelangen, Sofrates, der den Schierlingsbecher trinkt, der heilige Ludwig auf dem Aschenlager, Johanna d'Urc im Handgemenge, und wer noch? Napoleon? Ja, aber nicht Napoleon als Kaiser, sondern Napoleon auf der Brücke von Arcole; mit Einem Wort, jeder Held und jeder Heiliger, sie sind die dußerste Gränze und der höchste Gipfel der Schönheit auf Erden. Sie find das Ger dicht, das Gemälde, die Harmonie im höchsten Sinne des Worts, denn sie sind eine lebendige Harmonie, ein lebendiges Gedicht. Das Werk und der Werkmeister find hier untrennbar eins; daråber, hinaus giebt es nichts als die Gottheir felbft.

Napoleon's Esprit. *)

Genie und Esprit finden sich selten zufammen, was gar kein Wunder ift: denn jenes hat es mit der Tiefe der Dinge, dieser mit ihrer Oberfläche zu thun.

Man bute ich, denen zu glauben, die Einem im Doltorton versichern, daß Nichts so verbreitet ist wie der Esprit, und daß diese Waare auf den Straßen zu finden fey, Viele hört man vornehm ausrufen:,,Wer hat nicht heutzutage Esprit?" Solchen Leuten antworte man nur: Erftens habt ihr feinen, und dann Die Narren."

Es giebt einige Genies, die fich durch Esprit auszeichneten: ja, he fanden darin ihre Erholung, wenn fie von den Höhen der Philofophie oder der eraften Wissenschaften herunterfliegen. Fontenelle batte Esprit, und eines Tages fagte er, als von Las fontaine die Rede war, dem Boileau feinen Mangel an Esprit vorwarf's ist wahr, Lafontaine bat so wenig Esprit, daß er nicht einmal weiß, daß er mehr werth ist, als alle große Männer feines Jahrhunderts."

Moliere war ein Mann von Genie und Esprit zugleich; Voltaire hatte eben so viel Esprit als Genie, und der Verfaffer des Esprit des Lois, von welchem man gesagt hat, es enthalte Efprit über die Gefeße" (de l'esprit sur les lois), hat auch die Lettres persannes geschrieben, wo der feinste Esprit und der tiefste Verstand auf jeder Seite zusammentreffen. Napoleon hatte auch Esprit, so gut wie Genie, und man kann mit den Wißen und Schlagworten, die er in die Welt geworfen und die man uns treu aufbewahrt hat, ganze Bände anfüllen. Besonders seigte sich sein Esprit darin, daß er in großen wie in Pleinen Dingen Nichts so sehr liebte, als Geistesgegenwart und raschen Entschluß: wer sich rasch, wie durch Inspiration, entschließe, fagte er, werde selten etwas schlecht machen. Jede Unentschloffens heit hielt er für das Zeichen eines verfchrten oder schwachen Geistes, d. h. eines angels an Geist. Ein unsicherer Blick fonnte ihn zornig machen oder ihm Etel einflößen, und ein Fehler, der die Folge eines raschen Entschlusses war, dunkte ihm unfträflich. Daher wollte er von seinen Offizieren und Soldaten, wenn er fie fragte, vor Allem schnell geantwortet haben, selbst auf die Gefahr hin, daß die Antwort geradezu falsch sey: jedes Schweigen oder Stammeln erregte seine Strenge.

Du bist nicht mehr in meiner Garde", sagte er einst zu einem feiner Brummbärte, der auf eine feiner Fragen mit ges schlossenem Munde dastand; nun brummie dieser einige Worte, als der Kaiser sich entfernte. ,,he, ich glaube, Du brummst; was sprichst Du? laß hören!" Ich fage, Sire, daß ich jebem Anderen, der mich nur mit der Zunge gefragt, geantwor tet hatte; aber Sie fragen mich mit den Augen, und das vers nichtet mich." Du bist Sergeant.",,Morbleu! Sire! großen Dank!" ,,Na, ich glaube, Du wirst vor dem Feind

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Aber.. ,,Nimm Dich in Acht, die Kugeln haben Augen; fie suchen fich die Feiglinge mitten aus dem handgemenge." Out, Sire, fie follen mich nicht finden." ,,Wie so?" ,,Weil Ihre Worte mir Muth gegeben haben." I werde Dir nach der Schlacht etwas Anderes geben." ,,Das ist nicht fo ficber." ,,Wie fo?",,Weil ich mich wahrscheinlich werde tödten laffen."

,,Der Poften war gefährlich", sagte er in einer seiner bes rühmten Proclamationen; aber ich war ruhig, die 32fte Halbs Brigade war da.... Und die Soldaten rechneten es sich zur Ehre, sur 32ten gehört zu haben."

,,General, an Sand, auf die Schrift zu streuen, fehlt's Ihnen nun nicht." Das sind die ersten Worte Bonaparte's, welche die Geschichte aufbewahrt hat: es war bei der Belages rung von Toulon, als eine Bombe einen Theil der Brustwehr, an welche der General und der Artillerie: Lieutenant angelehnt standen, wegriß.

Ich sah einmal einen Band von Voltaire, der von des Kais fers hand beschrieben war. Eine hohe Person, die ihn besaß, wollte ihn für eine bedeutende Summe, die ein Banquier ihr bot, nicht losschlagen. Napoleon hörte dies und schickte ihm einen zweiten, eben so beschriebenen Band, indem er ihm das ganze Wert mit seinen werthvollen Kommentarien versprach. Dann kam die Insel Elba, und die Arbeit blieb unvollendet. Doch die Bemerkungen des Kaisers über die Tragödien Bols taire's find Muster von Geißt und Geschmack.

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Er wollte einmal in feiner Bibliothek ein Werl nachschlagen, das in einem hohen Fach stand, und da er es nicht erreichen fonnte, so nahm er einen Stuhl. ,,Erlauben Sie, Sire", sagte der hagere D...,,,ich werde die Ehre haben, Ihnen das Buch au geben. Ich bin größer als Sie." ,,Ednger, wollen Sie fagen." (Schluß foigt.)

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Mannigfaltiges.

Das Leben einer vom Glück begünstigten Frau. Die unlängst in London erschienenen,,Memoiren der Herzogin von St. Albans", herausgegeben von Mistreß Cornwell Barons Wilson, werden jest von allen gebildeten Ständen Englands, von fürstlichen Personen, wie von Staufleuten und Künstlern, mit gleichem Interesse gelesen. Denn die Verstorbene hat allen drei Ständen angehört und zeichnete sich in jeder Stellung durch ihren tugendhaften Lebenswandel und durch ihren trefflichen Charakter aus. Zuerst hatte sie als Miß Harriet Mellon eine Provinzials Bühne betreten, um für den Unterhalt ihrer blutarmen Familie zu sorgen. Ein glückliches Geschick führte sie nach London, wo fie fich die Protection Sheridan's, die Freundschaft der Mistres Siddons und den stets wachsenden Beifall des Publikums erwarb. Es waren hauptsächlich komische Rollen, in denen sie glänzte. Ihre liebenswürdige und natürliche Fröhlichkeit war ganz geschafs fen, dasselbe Gefühl auch bei Anderen zu erwecken. Eines Soms mers reiste sie mit ihrer Mutter nach dem Bade Cheltenham, wo fie Gastrollen gab und auch eine Vorstellung zu ihrem Benefiz erhielt. Die Einladungen zu dieser Vorstellung wurden in üb licher Weise an die Bades Gäste gesandt. Unter Anderen war Herrn Coutts, dem reichsten Banquier von London, eine Loge ans geboten worden; dieser nahm die Einladung in einem verbinds lichen Schreiben der biedes del din Barrin fan Guis neen mit dem Wunsche, daß dieses Gold ihr Glück bringen möge. Es waren glänzende neue Guineen, und die junge Schauspielerin ließ sich von der Bezeichnung,,Glücksgeld" (luck-money) fo ens thusiasmiren, daß fie, die ganze übrige Einnahme ihrer Mutter überlaffend, dieses Gold für sich behielt, um es als Glückss Aussaat zu verwahren. Und in der That bewährte es sich als folche. Herr Coutts, dem es sehr wohl gefiel, als er hörte, daß das junge Mädchen seinen Wunsch so in Ehren hatte, wollte felbst zu deffen Erfüllung beitragen und blieb von der Zeit an ihr Protektor - ein Verhältniß, das so wenig Anstoß zu erregen geeignet war, daß selbst die drei Töchter des Herrn Coutts, die Marquifin von Bute, die Gräfin von Guildford und Lady Burdett (die Gemahlin des bekannten Partaments Mitgliedes Sir Francis Burdett), sich mit der liebenswürdigen Miß Mellon befreundeten. Nach dem Tode feiner Gattin heirathete Herr Coutts die Kunsts lerin, die das Theater verließ, um die reichste Frau in London zu werden. Zwölf Jahre war fie mit dem Banquier verheis rathet, der fle bei seinem Tode zur Haupterbin feines Polossalen Vermögens einfeßte. Als sie nach einiger Zeit mit dem Herzoge von St. Albans fich vermählte, zeigte sie an ihrem Hochzeitstage wieder die fünf Guineen vor, die fle in Cheltenham als Glückss Aussaat aufbewahrt hatte. 3hr freundschaftliches Verhältniß der Familie ihres verstorbenen Gemahls dauerte auch nach ihrer zweiten Verheirathung ununterbrochen fort, wie sie denn auch bei ihrem vor zwei Jahren erfolgten Ableben eine Enkelin des Herrn Coutts, Mis Angelina Burdett, zu ihrer Universal, Erbin eingefest hat. Ihre Memoiren find reich an interessanten Zügen ans einem Leben, das die erstaunlichsten und beneidetsten Glücks: wechsel erfuhr, die einer Frau zu Theil werden können.

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