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if nicht zum Schweigen verurtheilt; endlich find awei besondere Höfe zum Promeniren da, einer für die Verbrecher und einer für die Bagabunden."

Dann folgt die Beschreibung einer Reife des Helden und der übrigens sehr gewöhnlichen Mittel, durch die er sich in den Befis fremden Gutes feßt. Hier,,verdient" er fünf Pfund, dort 15, noch weiter 30, und so jeden Tag. In dieser Weise durchreist er den ganzen Norden Englands und den Süden Schottlands, überall mit demselben Erfolg,,arbeitend“,,,sich nirgends mit Bewunderung der baulichen Merkwürdigkeiten aufhaltend, die Shillinge der Bewohner den Monumenten ihrer Drie vorzichend und mehr Vergnügen darin findend, ihre Taschen zu durchsuchen, als vor den Statuen auf den öffentlichen Pläßen in Ertafe su gerathen." In Durham jedoch konnte er sich nicht enthalten, ,,die Kathedrale mit Vergnügen zu betrachten", und in Sunders land, wo er eine ganze Woche,,ausruhte, widmete er seine Zeit frommer Lektüre."" ,,Die Bibel", sagt er,,,interessirte mich sehr, und eine Nacht, da ich nicht einschlief, wurde ich von den Schöns heiten einer Stelle im Jesajas ergriffen, wo er in herrlichen Zus gen den Erlöser schildert, der die Welt befreien soll. Diese Ers innerung wird nie aus meinem Gedächtniß schwinden." Eine fchöne Erinnerung, man muß gestehen, in einem mit Rothwalsch durchspickten und mit Diebess und Prostitutions-Geschichten anges füllten Selbstbekenntniß.

Nach diesem graduirten Doktor der Diebeskunft kommt in dem Bericht ein Filou von niederer Klasse, dessen Wittheilungen wieder von anderer Art sind, der nicht als Schöngeist glänzen will, der die Dinge ganz einfach und, wie die Franzosen sagen würden, als positiver Mensch erzählt.

Man fragt ihn z. B., was der Dieb thun muß, wenn er auf der That ertappt wird. Wenn's geht, muß man flehen", sagt er;,,wo nicht, muß man sehen, wie man sich den Zudringlichen vom Halse schafft, ohne ihn zu tödten. Wir haben dafür verschies dene Methoden: man schlägt seinem Mann mit einem Wollstrumpf, in dem ein Stein liegt, auf den Kopf; das tödtet nicht und macht tein Geräusch, und wenn man sich nur mit Geschick dessen bedient, so ist der Mensch sofort betdubt, und weiter braucht man nichts. Noch sicherer ist es, die Nase des Unwillkommenen breitzuschlas gen, bis man ihm den Knorpel zerbricht. Diese Operation macht den, der sie erfährt, sofort stumm, und man kann ruhig weiter arbeiten." Ein anderes treffliches Mittel ist, seinen Mann bei den Haaren vorn zu packen und ihn mit dem Gesicht auf den Boden niederzuwerfen, damit er nicht schreien kann. Ein Haus, das mir gehörte, fügte er hinzu, müßte keine unterirdische Küchen haben; denn ihre Fenster bieten den Dieben einen sicheren Weg jur Flucht."

Auf die Frage, ob die Diebe unter einander assoziirt, ob die Banden zahlreich sind, ob sie ihre Beute theilen u. s. w., ants wortet er:,,Ich habe die großen Banden nie leiden können; allein arbeiten ist das Beste, die Beute ist größer, aber auch die Gefahr. Gewöhnlich muß man zu Zweien oder Dreien höchstens feyn: ein Mann und eine Frau; ein Mann und zwei Frauen; auch ein Kind that oft gate Dienstez zuweilen gehen zwei Frauen aufammen, ohne einen männlichen Begleiter; auf dem Jahrmarkt aber, wo sie sehr nüßlich sind, verbinden sie sich auf die ganze Dauer des Geschdfts mit Männern. Während die Männer ars beiten, halten die Frauen Wache. Sie wenden die Gefahr ab. Wenn ein Konstabler kommt, fo thun fie, als wenn sie in heftis gem Streit begriffen wären, und schlagen einander; so wie aber der Beamte sich einmischen will, fallen die Paffe auf ihn, und er wird bald außer Stand geseßt, zu schaden. In solchen Fällen ist ein kurzer Stock sehr werthvoll; man fällt nieder und schlägt dem Konstabler auf die Waden. Dieses Verfahren wird nie feine Wirkung verfehlen. Ich habe es auf den Messen von Bartholomew und Bougthon Green und bei den Wettrennen von. Burton und Newcastle mit Erfolg anwenden sehen."

Ein dritter Gefangener theilt den Gebrauch eines neuen Ins Aruments mit, des,,Taschenleerers.",,Man bekommt ihn", sagt er,,,für zehn Shilling bei den affilirten Schlossern. Er ist dem Werkzeug dhnlich, womit man Pfropfen, die in die Flaschen ges fallen find, herauszieht. Er hat drei nach innen gewendete Bans gen, die sich durch den Druck einer Springfeder schließen. Gos bald man ihn in die Tasche, die man plündern will, hineingebracht und die Zangen das Schnupftuch, die Börse, die Brieftasche oder irgend etwas Anderes ergriffen haben, drückt man an der Springfeder, und der Gegenstand ist gefangen, wie in den Schees ren eines Krebses. Dieses Instrument wird besonders auf den Viehmärkten gebraucht, und wenn man es mit Geschick handhabt, hat man die großen und weiten Taschen der Pächter bald ges leert. Für die Frauentaschen reicht die Hand aus; nur muß man zu zweien seyn, man arbeitet dann schneller und sicherer; der Eine hält sich zur Linken der. Person, und während er ihre Aufs merksamkeit fesselt, indem er ihr etwas zeigt oder mit ihr spricht, faßt der Andere an der Rechten (das ist die Seite, wo die Bauer rinnen ihre Taschen tragen) mit der linken Hand die Tasche, nach der er Verlangen trägt, zieht sie leise vom Körper weg und leert ie mit der anderen Hand. (Schluß folgt.)

Biographische Notizen über James Watt.
Zweiter Artikel.

Das Museum der Universität Glasgow bewahrte ein kleines Exemplar einer Newcomen'schen Dampfmaschine, mit dem man

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so gut als gar fein Experiment anßellen konnte, und Watt wurde ersucht, es in befferen Stand zu feßen. Er machte sich an die Arbeit, untersuchte den Gegenstand theoretisch und praktisch von allen Seiten, und das Ergebniß war eine große Entdeckung, die uns jeßt so nahe zu liegen scheint, daß wir taum begreifen fönnen, warum tein früherer Mechaniker auf denselben Gedanken tam. Diese Entdeckung war die Anwendung des Kondensas tors; fle fällt in das Jahr 1765, und zwei Jahre vergingen, che man es versuchte, von derselben in größerem Maßstabe Ges brauch zu machen. Watt assoctirte sich in der Folge mit Dr. Roebuck, dem Gründer eines großen Etablissements zu Carron, welchem er kontraktmäßig zwei Drittheile seines Patentes übers lief. Alsbald wurde nach den neuen Prinzipien eine Maschine gebaut, die Alles bestätigte, was die Theorie antizipirt hatte. Zhr Erfolg war vollständig; aber Roebuck erlitt unterdessen einen empfindlichen Verlust an seinem Vermögen, und dies bestimmte Watt, in einer anderen Branche seines Faches zu arbeiten.

In den Jahren 1767 bis 1773 beschäftigte er sich mit Vers messungen und Nivellirangen zur Anlegung von Kandlen; und zu Anfang des Jahres 1774 trat er mit einem Herrn Boulton aus Birmingham in Geschäfts & Verbindung. Das erste Patent war 1769 ausgestellt und hätte damals nur noch wenige Jahre Gültigkeit gehabt. Die beiden Geschäfts Genossen kamen beim Parlamente um Verlängerung des Termines ein, und es gelang ihnen mit großer Noth, ihr Patent noch auf 25 Jahre gesichert zu erhalten. Von der Zeit an fand das neue Maschinenwesen in allen Bergwerken Eingang, und Boulton und Watt bezogen ein Drittheil von dem Werthe der Kohlen, die durch ihre Waschinen gewonnen wurden. Die Erfindung erwies sich so einträglich, daß die Besizer einer einzigen Grabe in Cornwallis, wo drei Pums pen im Gange. waren, den Erfindern ihre Rechte um jährliche Intereffen von 2500 Pfd. Sterl. für jede Maschine ablauften. Ein paar Jahre später wurden es die Gruben Besißer müde, die Erfindung so theuer_bezahlen zu müssen, und sie bestritten die Kraft des Patents. Es entspannen sich hartnäckige Prozesse; aber die Patentirten blieben endlich Sieger. Jene ersten Maschinen hatten bloß zum Auspumpen des Wassers gedient; aber Walt verwandelte sie bald in Maschinen für Bewegungen jeder Art und brachte sie zu derjenigen Vollkommenheit, die seinen Namen unsterblich gemacht hat. Die folgende Stelle aus Herrn Arago's Werke giebt uns einen Begriff davon, welche ausgezeichnete Fähigkeit der große Mechaniker besaß, um Verbesserungen jeder Art an dem Wunder wirkenden Automate zu ersinnen:

Jeßt, da so Viele mit Projekten von rotirenden Dampfs maschinen sich beschäftigen, würde es unverzeihlich seyn, wenn ic mit Stillschweigen überginge, daß Watt solche Maschinen nicht bloß erdacht, sondern wirklich gebaut hat. Er sah in der Folge von ihnen ab, nicht, weil die Experimente verunglückten, sondern weil er Maschinen von doppelter Kraft und geradeliniger Oscillas tion, aus slonomischem Standpunkte betrachtet, für weit vorzugs licher hielt. Unter den großen und kleinen Erfindungen, die in der Struktur unserer heutigen Dampfmaschinen so wunderbar kombinirt sind, giebt es in der That nur wenige, die nicht bloße Entwickelungen der originellen deen dieses außerordentlichen Mannes waren. Man prüfe seine Arbeiten, und man wird unter den vornehmsten Punkten, die im Terte genau aufgezählt find, auch finden, daß er Maschinen ohne Condensation vorschlug, in denen der Dampf, nachdem er gewirkt hat, in der Luft sich vers theilt, und welche für solche Dertlichkeiten berechnet waren, wo man nicht leicht große Quantitdten kalten Waffers haben konnte. Die Wirkung des Prinzips der Ausdehnung in Maschinen mit verschiedenen Cylindern war ebenfalls sein Projekt. Er brachte zuerst gewiffe Kolben, die, obwohl ganz von Metall, der Eins wirkung des Dampfes widerstehen sollten, in Anregung. Er war der Erfte, welcher sich Quecksilber Manometer bediente, um die Elastizität des Dampfes in dem Kessel und in dem Kondensator au messen; er lam zuerst auf die Idee eines einfachen permanens ten Vifters (gage), vermittelst dessen man immer und auf den ersten Blick das Niveau des Waffers im Keffel bestimmen könnte eines Vifiers, welches, um das bestandige schädliche Variiren des Niveau's zu verhüten, die Bewegungen der Waffers Pumpe (feeding-pump) mit denen einer kleinen Flöße (aus Kort? float) in Verbindung feßte u. f. m. u. f. w. Bliebe mir Zeit genug abrig, so würde ich ferner zeigen, daß Watt in seinen Vers fuchen, die Keffel zu verbessern, die Abnahme der hige ges ringer zu machen und den Schwall schwarzen Rauches, der aus gemeinsamen Schorsteinen, wie hoch sie auch seyn mögen, dringe, au lonfumiren, nicht weniger geschickt und glücklich

war."

Man hat viele interessante Anekdoten von fleineren Entdeckuns gen Watt's, die zum Theil seinem Berufe fremder waren. So beweist Herr Arago mit siegenden Gründen, daß Watt die wah. ren Bestandtheile des Waffers vor Lavoisier und Cavendish ents deckte; und es bleibt nur noch zu untersuchen, ob diese beiden Herren nicht heimlich seiner Erfindung sich bemeistert und nur den Schein ganzlicher Unbekanntschaft mit derselben angenommen haben. Die beigefügte Abhandlung Lord Brougham's betrifft denselben Gegenstand und führt so ziemlich zu demselben Ergeb niß. Der Lord bemerkt, daß aller Dunkelheit und Unsicherheit vorgebeugt worden ware, wenn James Watt seine Theorie eben fol Plar auseinandergeseßt hatte, wie Lavoisier gethan; aber Herr Watt der Sohn zeigt in einer Note, daß sein Vater so deutlich und bestimmt, als nur irgend möglich, sich ausgedrückt hat. Die Worte des Briefes, in denen er seine Entdeckung mits

theile, müssen alle Zweifel an der Verständlichkeit der Auseinans derseßung niederschlagen.

James Watt Rarb, allgemein betrauert, im Jahre 1819. Es ift unnöthig, der Auszeichnungen zu gedenken, die ihm bei seinen Lebzeiten zu Theil wurden, oder der Ehre, die seinem Andenken widerfahren ist. In seinen häuslichen und freundschaftlichen Vers haltnissen, muß er ein Mann von sehr liebenswürdigem Charakter gewesen seyn. Die folgenden Auszüge aus Lord Jeffrey's Lobrede auf Watt wird Niemand ohne lebhaftes Intereffe. lesen. ,,Dies wird der Ruhm unseres Watt bei künftigen Generationen seyn, und er ist hinreichend für sein Volk und fein Vaterland. Diejenigen aber, denen er unmittelbar angehörte, die in seiner Gesellschaft lebten und seiner Unterhaltung sich erfreu ten, haben noch manche andere, dem Publikum verborgen geblies bene Phase seiner Individualitat kennen gelernt. Ganz abgesehen von seinen großen Talenten im Gebiete der Mechanil war James Watt ein außerordentlicher und in manchem Betrachte ein staunens würdiger Mensch. So vielseitige und vielseitig genaue Kenntnisse, eine so riesenhafte Belesenheit und eine so ausgezeichnete Gabe, alles Gelesene fich zu eigen zu machen, waren vielleicht keinem Witlebenden zu Theil geworden. Er faßte und durchdrang mit beispiellofer Schärfe und Schnelligkeit, was ihm geboten wurde, und wußte aus Allem etwas Köstliches zu erbeuten. Der uners meßliche Schaß seiner Gelehrsamkeit verdiente Bewunderung; noch bewundernswürdiger aber war die Geisteskraft, womit er in dem Erworbenen waltete. Es schien, als ob jede Materie, die in einer Unterhaltung mit Watt zufällig zur Sprache kam, der neueste und dabei vornehmste Gegenstand feiner Studien gewesen ware: so groß war die Fülle, die Genauigkeit und die Klarheit der Belehrung, welche er ohne Baudern und sichtbare Anstrengung au jeder Bett und über Alles ertheilen konnte. Neben seinen ties fen und umfassenden Kenntnissen im ganzen Gebiete der Mathe matif und Mechanil_war er in der Chemie, Physik und Mes dizin und in allen_Naturwissenschaften trefflich bewandert, ein vollendeter Architekt und ein umfassender Kenner der Rechts wissenschaft. Er verstand die meisten Europäischen Sprachen und war mit der Literatur jedes Europäischen Volkes vertraut. Es ereignete fich gar nicht selten, daß man den großen Mechaniker und Maschinenbauer Stunden lang über die metaphysischen Theos rieen Deutscher Philofophen diskutiren oder über Form und Stoff der Deutschen Dichtkunst raisonniren hörte."

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Was feinem wunderbaren Gedächtnisse ohne Zweifel gros Ben Vorschub that, das war eine höhere und seltenere Gabe die unschaßbare Gabe, jedes Material der Belehrung zu fichten, ihm die rechte Stelle anzuweisen und alles Werthloje oder Uns erhebliche auszuscheiden und zu verwerfen. Kein Wortkram, fein Wuft roher Stoffe füllte seinen Kopf; nur der edelßte Extralt, die feinße Effens resultirte aus dem chemischen Proseffe, der in feis nem Innern vorging. Daher fonnte man auch, wenn er irgend ein Werl gelesen hatte, aus seinen Gesprächen über den Inhalt viel größeren Nußen siehen, als die kelture des dickleibigen, wortsch wallreichen Buches selbst jemals gewährt hatte; und jede Absurditát und geiftige Verirrung eines Autors ergab sich schon aus der Klarheit und Scharfe, womit Watt dasjenige sergliederte, was der Autor wahr und richtig gedacht hatte."

In seinem Verkehre mit Anderen war dieser merkwürdige Mann nicht bloß freundlich und gefällig, sondern auch edels müthig und voll zarter Rücksicht. Jeder junge Mensch von Tas lent, der um Schuß oder guten Rath bei ihm anhielt, fonnte auf liberalen Beistand und fráftige Ermuthigung rechnen. Seine im Kindesalter schwächliche Gesundheit schien mit den Jahren sich zu befestigen, und er bewahrte bis jum legten Augenblicke nicht bloß die ganze Größe, Kraft und Geschmeidigkeit seines außerordentlichen Geistes, fondern allen Humor und geselligen Frohsinn seiner glücklichsten Tage. Seine Schottischen Freunde hatten ihn niemals lebendiger und belehrender, geistreicher und humoristischer gesehen, als zur Zeit feines leßten Befuches in bottland (1817). Nach seiner Rückkehr arbeitete der 82jdbrige Greis mit wahrem Jünglings, Eifer an einer neuen Maschine Jum mechanischen Kopiren von Bildhauer, Arbeiten!

Dieses glückliche und fegensreiche Leben endere mit einem fanften Tode. Im Sommer 1819 fühlte sich Watt etwas leis dend; aber erst wenige Wochen vor seiner Auflösung wurde er in bedenklichem Grade frank. Jeßt fühlte er oder schaute viels mehr klar, was ihm bevorstand, und beeiferte fich, seine Freunde zu trößten; denn er selbst bedurfte leines Troftes. Er sprach feine Dankbarkeit gegen die Vorsehung aus, daß fie ihn mit einem langen Leben gefegnet, der meisten Gebrechlichkeiten des Alters überhoben und, nach Vollendung seines ebrenvollen Toges werks, einen heiteren Lebens Abend genießen lassen. Und so trennte fich feine große Seele ohne Pein und Kampf, mit ruhigem Bewußtseyn von der irdischen Hülle, um in einer Welt höherer Intelligenzen wieder jugendlich fortzuwirken. Zonary

Watt ist zweimal verheirathet gewesen, hat aber nur einen Sohn, den vieljährigen Gefährten seiner Studien und Bestres bungen, und wei Enfel, die Lesteren von einer vor ibm bin geschiedenen Tochter, hinterlaffen. Er war Mitglied der Königs lichen Societdren in Paris und Edinburg und einer von den wenigen Briten, die das Französische Nationals Institut zu seinen Mitgliedern wählte. Alle Männer der Literatur und der Wif senschaft waren seine herzlichen Freunde, und sein, eben fol mils

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der als liberaler Charakter entwaffnete endlich den. Neid` felbft; ja, man darf annehmen, daß Watt zu den wenigen höher begabs ten Menschen gehört, die bei ihrem Tode gar keinen Feind hins terlassen haben.

Herrn Arago's Abhandlung über die Wirkungen des Mas schinenwesens mit Rücksicht auf den Wohlstand der arbeitenden Klaffen muß alle verjährten Vorurtheile in Betreff dieses Gegens standes mit der Wurzel ausrotten. Einige dieser Abhandlung entlehnte Thatsachen und Berechnungen werden dem Leser ins tereffant und belehrend seyn.

Die Quantitat Wassers, welche täglich vermittelst Maschis nen aus den Gruben von Cornwallis geschafft wird, erforderte eine Kraft von 30,000 Pferden oder 300,000 Menschen. Eine eins sige Kupfer Mine in Cornwallis realisirt die Arbeit von 1000 Pfers ben in 24 Stunden. Kein Spinner würde aus einem einzelnen Pfunde rober Baumwolle einen Faden von 150 Miles spinnen fönnen, wie die Mules Jenry vermag. In London beschäftigte der Bücherhandel vor Erfindung des Druckens etwa 200 Indis viduen, jest hat sich diese Zahl bis weit über 10,000 gesteigert. Als der berühmte Arkwright, der zuerst Barbier in Preston war und seinen Kindern ein Vermögen von 100,000 Pfd. Sterl. idhrs lichen Einkommens hinterließ, die den Fingern der Spinner subs stituirten Dreh Rollen nüßlich und einträglich gemacht hatte, bes lief fich der jährliche Ertrag der Baumwollen Manufakturen in England nur auf 2,000,000 fd. Sterl.; jest übersteigt er 37,000,000 Pfd. Sterl. In der Grafschaft Lancaster allein wird den Manufakturisten jedes Jahr eine Quantität Baumwollens Garn geliefert, die 21 Millionen erfahrene Spinner mit Spins del und Rocken nicht beschaffen könnten!!! Anderthalb Millionen Werkleute finden jest täglich bei diesem Gewerbe Beschäftigung, obschon die Zahl derselben vor Watt's und Arkwright's Erfins dungen nur 50,000 betrug. In der Spigen Manufaktur zu Stock port hat die Errichtung von Dampfmaschinen bewirkt, daß die Bahl der bei diesem Gewerbszweige beschäftigten Arbeiter in sehr wenigen Jahren um ein Drittheil zugenommen hat.

Herr Edward Laines berechnet die Länge des Fadens, der alljährlich zur Fabrication von Baumwollen Waaren verwendet wird, auf das Einundfunfzigfache der Entfernung der Sonne von unserer Erde, d. h. ungefähr 2000 Millionen Seemeilen. 2

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Angelsächsische Literatur. Für die Freunde dersels ben in England - und deren Zahl wird täglich größer, weil das Sprachenstudium überhaupt immer allgemeiner und das Bedürf niß, den Spuren der Muttersprache nachzugehen, stets mehr ges fühlt wird — ist vor einiger Zeit ein treffliches Wörterbuch ers schienen, das auch in Deutschland bekannt zu werden verdient. *) Der Verfasser deffelben, Herr Bosworth, hat ein jahrelanges Studium dazu benußt und nicht bloß die neueren Leistungen seiner Landsleute Thorpe, Kemble und Cardale, sondern auch die treffe lichen Vorarbeiten auf dem Gebiete Angelsächsischer Sprachlunde, wie sie sich in Grimm's Deutscher Grammatik und in Rafl's Slandinavischen Forschungen finden, mit großem Nußen und fcbdsenswerther Anerkennung feinem Werke su Grunde gelegt. Dem Lerilon selbst geht eine Abhandlung über den Ursprung, die Geschichte und die Verwandtschaft der Germanischen Sprachen vorau. Das Niederdeutsche, das Hochdeutsche und die Slans dinavischen Mundarten werden sundcft von einander gesondert und nach ihren Harakteristischen Unterscheidungs, Merkmalen dars gelegt. Ausführlichers Betrachtungen find demnächst dem Angels facbifchen, dem Frießlichen, dem Holländischen und dem Deutschen insbesondere gewidmet. In Bezug auf das Friesische, das von allen verwandten Dialekten die meiste Aehnlichkeit mit dem Ans gelsachischen hat, verdankt Herr Bosworth sehr viel dem Nieders ländischen Gelehrten, Herrn Halbertsma, der sich in seinem Vaters lande hauptsächlich mit dem Studium des Frießlschen beschäftigt. Den Wittheilungen und Belehrungen der Gebrüder Grimm, fagt der Verf. sehr bescheiden, sey er nicht minder dafür verpflichtet, daß er von manchem Irrthume zurückgekommen und zum Vers ftändnisse dunkler Stellen selbst Angelsächsischer Schriftsteller ges langt fen. Jm Wörterbuche wird das Angelidische durch die entsprechenden Worte der verwandten Sprachen, durch das Eng lische und endlich auch durch das Lateinische erklärt. Fast jedem Worte find Stellen aus Angelsächsischen Schriftstellern mit einer fo treu als möglich gehaltenen Englischen Ueberseßung anges hangt. Die grammatikalischen Flectionen der Wörter find, eben so wie das Geschlecht der Subßantive, genau angegeben. Im Allgemeinen hat zwar der Verfaffer das Jahr 1100 als die späteste Zeit des reinen Angelfibifchen angenommen, indeffen hat er doch auch ausnahmsweife manche jungere Worte, besons ders solche, die in der Saxon Chronicle vorkommen, seinem Lèris fon einverleibt. Am Schlufe des Werls befindet sich ein auss führlicher Inder der darin enthaltenen Lateinischen und Englischen Bedeutungen, so daß dasselbe auch als Wörterbuch zum Uebers fegen in das Angelsächsische benugt werden fann.od min så mail

origin and counexion of the Germanic tongues, Map of Languages and the

*) A Dictionnary of the Anglo-Saxon Language; with a preface on the Essentials of Anglo-Saxon Grammar. By Rev. T. Bosworth LL. D. London, 1839.

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 132.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße
Nr. 72); in der Provinz so
wie im Auslande bei den
Wobllöbl Post- Aemtern..

Literatur des Auslandes.

Frankrei

Der Spekulant. *)

Berlin, Montag den 4. November

Der Spekulant ist der Mann unserer Zeit, der hervorstechende Charakter der jeßigen Generation, der getreueste Ausdruck des Geld Jahrhunderts. Wer hätte beffer, als er, die Vergangenheit; die Gegenwart und die Zukunft studirt, um irgendwo eine neue Unternehmung ausfindig zu machen? Wer hat gründlicher über die sich neu erhebenden Monarchieen und über die alternden Reiche, über die wahrscheinlichen Revolutionen und die möglichen Republiken nachgedacht, um zu entdecken, welches gesellschaftliche Chaos die reichste Ausbeute geben wird? Der Spetulant schwebt wie der Geist des Bösen über die Berge und Thaler dahin und jagt dem Glücke auf den Flügeln des Dampfes nach. Er gers gliedert die Wissenschaften und zerlegt die Berühmtheiten, übers jeugt, daß jeder Dunst eine bewegende Kraft ist, welche sich zu Banknoten ausmünzen läßt. Er kombinirt das Gute und das Bose, das Heilige und das Profane, das Recht und das Faltum, das Wahre und das Falsche, das Gerechte und das Ungerechte, um durch irgend ein chemisches Verfahren ein industrielles Pros duft zu erzielen, auf das Actien ausgegeben werden können. Die Wechselfälle der Reiche sind für ihn ein merkwürdiges Schaus spiel, ein vortheilhaftes Geschäft, weil er von den Zuschauern das Geld für die Plage in Empfang nimmt. Er weiß aufs Haar, was, ein Jahr ins andere gerechnet, jede ministerielle Krisis einbringt. Ihm verdanken wir es endlich, daß der Handel in Betrügereien, die Politik in Geldschacher, die öffentliche Sin lichkeit in eine Finanz- Combination ausgeartet ist, und daß die anze Gesellschaft nur noch eine Höhle voll Robert Macaire's ist. , großer Mann! Heil Dir!

1839.

Der Spekulant, der einmal im Zuge ist, kleidet sich elegant; er läßt einen Jeden das köstliche Zeug seiner Beinkleider und den herrlichen Stoff feiner Weste bewundern. Es find neue Ers findungen, für die er ein Patent nachsucht. Das Bedürfniß einer Verbesserung der Toiletten's Artikel war längst allgemein empfuns den; er hat die umfassendsten Plänes an Kapitalien kann es nicht fehlen, denn die Auslagen find unbedeutend, und der Gewinn ist Polossal. Indem er dies auseinanderseßt, steigt der Spekulant in ein herrliches Lilburn, welches mit einem Vollbluts Pferde bes spannt ist, das er auf die vortheilhafteste Weise erworben hat. Er verlauft es wieder an einen Freund, der es durchaus haben will und dem er Gelegenheit zu einem vortheilhaften Kaufe zu geben wünscht. Er opfert sich selbst und bezweckt feinen anderen Gewinn, als eine Bagatelle von 100 Louisd'or; mit Kleinige keiten giebt er sich nicht ab.

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Ift er im Bois de Boulogne angelangt, so erhebt er sich von. den schwellenden Kissen, von denen herab er auf seinen kleinen Groom und die Vorübergehenden niederschaut, und mischt sich unter die Spaziergänger, um einem reichen Fashionable des Jockey Klubs ein Geschäft vorzuschlagen, welches Gold in Schefs feln einbringen muß. Es bedarf nur eines Einlage Kapitals von einigen hunderttausend Francs. Eines der schönsten Geschäfte ist die Errichtung eines Hauses im Großen zur Paarung der Stärke und der Schwäche, der Kraft und der Anmuth, d. h. zu einer engeren Verbindung beider Geschlechter. Bei der Errichtung dies ses wesentlich philanthropischen und nationalen Instituts, welches den leidenschaftlichen Naturen einen Abfluß eröffnen wird und für die öffentliche Sittlichkeit, für alle Familienvåter der Provinz und der Hauptstadt eine Bürgschaft seyn soll, wird allen Anfors derungen des feinsten Geschmacks genügt werden. Die Actionaire erhalten Nummern und Billette, vermöge welcher fle zu jeder Zeit Zutritt haben. Ein genauer und umfassender Bericht wird die Actionaire in den Stand sehen, sich beständig von der Sach, Der Spekulant nimmt alle Mühseligkeiten und Beschwerden der ersten Einrichtung über sich,, und die Theils nehmer werden nur die Mühe haben, den Gewinn einzuziehen. Er selbst hat dabei nichts Anderes als das Interesse des Landes und die Sicherung der Ordnung im Auge; für ihn ist es eine rein moralische Frage. Daher übernimmt er auch auf die un eigennüßigste Weise, ohne alle Entschädigung, die Verwaltung, die Rechnungsablegung, alle Geschäfte, Schreibereien und die Kaffe.

Der große Mann fängt meistentheils seine Speculation ohne einen rothen Heller an; dafür hat er Schulden; diese sind der Antheil, den er in den Fonds der von ihm organisirten Gefellslage zu unterrichten. schaften einlegt. Daher sest er auch mit unvergleichlicher Kühns heit und mit der großartigsten Ruhe-Millionen aufs Spiel; er wagt ja weiter nichts als das Geld anderer Leute. Sein Ges wissen könnte vielleicht einige Zweifel erheben, aber er betrachtet die Dinge von einem zu hohen Standpunkte aus, als daß ihn folche Kleinigkeiten beunruhigen sollten. Die Feffeln der Pflicht und der Moral sind zu schwach, um ihn zu hemmen. Wenn er fich nur sicher vor der Zucht Polizei weiß, so fürchtet er nichts. So lange ihn die Afstsen nicht vor ihre Schranken ziehen, macht er sich breit mit dem Anstrich der Tugend, die er auf eine geniale Weise zur Schau trägt. Ueberschreitet er die Linie, welche den Bürger, der zu allen Aemtern geschickt ist, von dem Gebrands. markten trennt, nicht um die Breite eines Haares, so trägt er den Kopf hoch und glaubt sich auf dem Pfade der Ehre. Man sehe nur, mit welchem Selbstvertrauen er alle ihm zustehende Rechte ausübt; es giebt keine Würde, auf die er nicht Anspruch machen könnte. Er fann Geschworener, Spion, Nationalgardist, Zeuge vor Gericht, Diplomat, Stadt Sergeant, Minister, Aufs rührer werden; und indem er nöthigenfalls alle diese verschie denen Charaktere sich zu eigen macht, hat er nicht seinesgleichen.

D, Wohlthat der Civilisation! Der Spekulant, der seiner Beute nachjagt und sich in alle Irrgänge unserer Zeit verliert, bedarf, um glücklich daraus hervorzugehen, weder des Schwerdtes des Theseus, noch des Fadens der Ariadne. Er bekämpft die Ungeheuer nicht, die ihm in den Weg treten, sondern er schlägt ihnen Zeitkdufe vor, er blendet sie mit dem Zauberspiegel der phantastischen Erfindungen, er födert sie mit industriellen Actien und bewegt die gezähmten Ungeheuer, mit ihrer Klaue ein ge ftempeltes Papier zu unterschreiben und, nach Art der frischges backenen parlamentarischen und constitutionnellen Monarchen, ihm einen bürgerlichen Handschlag zu ertheilen.

Von der hier geschilderten Figur würden sich vielleicht zwei streng geschiedene Arten aufzeigen lassen: der Mystifizirende und der Mystifizirte. Aber der wahrhafte Spekulant, das Ideal der Gattung, vereinigt beide. Verschiedenheiten in sich. Bald betrügt er, bald wird er betrogen. Heute verkauft er, morgen wird er verkauft; Betrug ist sein Handel, Unredlichkeit sein Geschäft. Es ist dies ein gutes Geschäft.

• Nach der Skizzensammlung: Les Français.

Der Spekulant in den höheren Sphären wartet nicht lange auf das Glück; für ihn arbeitet der Telegraph, ihm klopfen die Emeuten vertraulich auf die Schulter, ihm nicken die Verschwdz rungen zu; ist das zusammengenommen nicht der Stein der Weisen? Er weiß einige Stunden zum voraus, was aus dem gdhrenden Gebrdu, das in dem großen repræsentativen Kessel

dumt und wallt, hervorgehen wird. Für jeden Fall hat er eine Combination in Bereitschaft. Er gewinnt 10 Centimen an den Doctrinairen, etwas weniger an den Dynastischen, weit mehr am linken Centrum. Das Wesentliche ist nur, daß er bei Zeiten in Kenntniß gefeßt wird. Zu diesem Zwecke hat er vom Palaste der gefeßgebenden Versammlung an bis zum Tempel der Wechsels Agenten Posten aufgestellt, welche ihn durch verabredete Zeichen von Stunde zu Stunde von den Pulsschlägen der Regierungss Krisis und den Fieberzuckungen der Rednerbühne benachrichtigen. Wem wird der Sieg verbleiben? Daran liegt wenig. Vor Allem die Speculation. Diese bringt in einem Augenblicke Paldste, Villa's, Kreuze der Ehrenlegion, reiche Erbinnen. Sind diese Geschenke von Dauer? Je nachdem. Es ist ein frecher und phantastischer Schwarm, der wie in den Mährchen der tausend; und einen Nacht plöglich erscheint und vorübergaukelt. Bald dies fer, bald jener; Frankreich trdgt die Kosten.

Der Spekulant der Mittelklasse hat eine komfortable Woh, nung, einen bestimmten Plaz an der Börse und bei Tortoni, eine Familie irgendwo und eine Maitreffe hier oder da. Um sich vor den politischen Wetterschlägen zu schüßen, hat er einen Fuß im Lager der Legitimisten, einen Arm im juste-milieu und einen anderen Theil des Körpers bei den Republikanern. Aus den Kreuzen der Ehrenlegion_macht er sich eben so wenig, wie aus den Suppen der Wohlthätigkeits-Anstalten. Die Armuth bringt nichts ein. Die Julis Feste sind ihm eben so zuwider, wie die Gefechte der Polichinelle, die Programme des Rathhauses eben

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und nach dem Einbruch der Nacht weiter fahren könnte, in viers sig Tagen ungefähr füuf gewinnen."

so sehr, wie die lebenden Werkwürdigkeiten.,,Bei diesen schlechten Späßen kömmt nichts heraus."

Wenn er die Kunst, zu schreiben, versteht, und das kömmt vor, so verlauft er seine Manuskripte fünfs oder sechsmal. Zuerst bringt er sie in den Feuilletons an, dann läßt er sie in Oktavo drucken, und endlich verarbeitet er sie zu Dramen oder Vaudes villes. Das ist eine literarische Trilogie in drei verschiedenen Formen, in drei verschiedenen Gewändern, mit drei verschiedenen Titeln, welche doch eines und dafsselbe sind. Die Hauptsache ist, daß er dreimal Geld bekommen hat und das gute Publikum am Ende dreimal getäuscht worden ist. Spdter kann er die Trilogie noch einmal in 12mo oder in 18mo ausgeben und sie endlich noch in seine gesammelten Werke aufnehmen. Bewundernswercher Fortschritt der Wissenschaft!

Das Landleben liebt der Spekulant_nicht besonders. Wozu find auch die Felder und die Saaten? Sie ernähren ja doch nur höchstens die Bewohner der Erde. Das mag ganz vernünftig und für den großen Haufen gut genug seyn; der wesentliche Punkt für ihn ist ja aber nicht, die Menschen zu måsten, - sondern die Speculation zu nähren. (Schluß folgt.)

England.

Ueber den Umfang des Diebeshandwerks in den Englischen Grafschaften.

(Schluß.)

Ein vierter Dieb giebt der Kommission merkwürdige Des tails über die Landstreicher oder Zigeuner, welche unstreitig die zahlreichste Klasse der Uebelthfter bilden. Wie groß ihre Zahl ist, kann man daraus schließen, daß nur die Gefängnisse von Eng land und Wales jährlich mehr als 18,000 Subjekte dieser Sorie beherbergen.

Die Zigeuner find die schlauesten Diebe, in allen Gattungen des Diebstahls gleich geschickt. Auch die Frauen besißen diese Gewands heit: besonders wissen sie durch Wahrsagen den Leuten das Ihrige abzunehmen, sie sind mit dem geringsten Geschenk, mit einem Penny, ja mit einem Stück Brod zufrieden, während sie mit dem größten Geschick Alles, was ihnen in die Hände kommt, bei Seite bringen. Sie machen auch goldene Ringe aus dem Mess fing alter Knöpfe, und wenn sie Bauern mit gutmüthiger ehr licher Miene kommen sehen, bäcken sie sich und thun, als wenn fie diese Ringe, die sie in Papier eingehüllt haben, eben erst ges funden hatten; dann klagen sie über den Fund und meinen, ein Stud Brod oder ein Paar Penny, um welches zu kaufen, wäre ihnen lieber gewesen. Es ist felten, daß sich der Landınann nicht betrügen läßt und diese Ringe für mehrere Shilling zuleht kauft. Die Zigeuner machen auch falsches Geld, besonders im südwests lichen Theil Englands, namentlich in den Grafschaften Suffer, Kent, und Northampton. Ihre Sitten sind die der früheren Jahrhunderte; sie sind in Clans eingetheilt. Die drei genannten Grafschaften enthalten den Stamm der Cooper, der Stanleys und der Bucklands. Die beiden Stämme Boslem und Smith, deren jeder gegen 60 Individuen schlt, leben in Nottinghams shire und Derbyshire, wo dieselbe Abwesenheit der Polizei ihre Räubereien begünstigt. Sie haben keine Religion, låstern wie Ungläubige, begatten sich wie die Thiere und sind eben sowohl die Schmach, als der Aussaß der Civilisation. Die Untersuchung brachte heraus, daß sie den Landleuten eine Art abergläubischer Furcht einflößen. Washington Jrving spricht in seiner,, Astoria" von einem berühmten Indianischen Häuptling, genannt der fchwarze Vogel", der vermittelst Arsenik, welches ihm von Weis Een geliefert worden, feinem Stamm einzureden wußte, daß ereine übernatürliche Macht befize. Wenn ein Unzufriedener sich widerspánftig zeigte, fo prophezeite der schwarze Vogel" seinen Tod auf den und den Tag, und die Prophezeiung traf unfehls bar ein. Die Zigeuner üben in den Englischen Dörfern durch dasselbe Geheimmittel eine gleiche Macht aus. Nur muß hier bloß das Geflügel und die Schweine bißen, wenn die Bauern den Zigeunern etwas abschlagen.

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Die Reifenden werden von diesen Leuten nicht angegriffen; aber die Straßen sind darum nicht sicherer, und es giebt andere Kauber genug, welche die Landstraßen gefährden. Das Verhör mehrerer_reisenden Commis hat der Kommission bewiesen, daß die Straßen, außer in der Nähe großer Städte, nicht sicher find. Auf dem Kontinent ift die Sicherheit viel größer. In Deutsch land hört man nur selten von einem angehaltenen Reisenden; in Preußen ist es langft eine unbekannte Sache; in Frankreich ist die Gefahr noch nicht ganz verschwunden, aber viel geringer als bei uns, und wenn Spanien und Italien die Länder sind, welche am meisten Reise Abenteuer aufweisen, so nimmt wenigstens England mit vollem Recht den dritten Rang cin.

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Dieselben Reisenden råhmen die Sicherheit der Landstraßen in der Nahe der Hauptstadt. Einer von ihnen hat erklärt, daß er zu jeder Stunde des Tages oder der Nacht, zu Fuß oder zu Pferde, ohne Furcht daselbst reisen würde. Die Kom miffarien fragten ihn, wie hoch er den Schaden schdße, der für feine Geschäfte aus dem Aufenthalt hervorgehe, zu welchem ihn die bei dem gegenwärtigen Zustand gewiffer Englischer Straßen und der großen Anzahl Banditen erforderliche Vorsicht zwanger Die Antwort lautete: ,,Wenn ich auf allen Straßen mit gleicher Sicherheit reifen könnte, wie in den Distrikten, wo eine regels

Neben, wo nicht über die Straßenräuber sind die schändli den Menschen, welche die Schiffbrüchigen plündern, zu stellen. Der Bericht erklärt, daß an den gefährlichsten Küsten, befonders in Cheshire, die ganze Bevölkerung dieses Gewerbe treibt, und zwar mit solchem Eifer, daß man keine Ursache hat, die Wahre heit der alten Geschichte von dem Pfarrer von Cornwallis in Zweifel zu ziehen. An einem Sonntag hört derselbe mitten in einer Predigt über das 13te Gebot:,,Fremdes Gut sollst du nicht nehmen" unter seinen Zuhörern die Nachricht zirkuliren, daß ein Schiff gestrandet sen. Sofort schicken sich diese guten Christen an, nach dem Ufer zu eilen. Der Prediger hält sie auf: ,,ob sie denn ohne ihn arbeiten wollten?" Und fofert Meßger wand und Chorrock von sich werfend, springt er über die Kan zel:,,Vorwärts, meine Jungens, jest heißt's laufen."

Die Gier der Küstenbewohner nach diesem Raub ist uners hört: es ist ein Wetteifer unter ihnen, wer zuerst einen geftrans deten Gegenstand berühren wird; fie glauben, daran ein unbes Streitbares Eigenthumsrecht zu haben. Vor drei Jahren scheis terte ein Schiff, welches der Grieche" hieß, unter Capitain Salisbury an dieser Küste. Der Capitain kam um, und sein Körper wurde ganz nackt gefunden. Ja man hatte ihm sogar einen Finger abgeschnitten, um sich eines Ringes zu bemachtigen. Der Kopf einer Frau, die in demselben Schiffbruch umfam, wurde ohne Ohren gefunden; man hatte sie ihr abgeschnitten, weil das Abnehmen der Ohrringe zu viel Zeit erforderte. Bei einem anderen Schiffbruch hatte sich einer von den Plünderern mit Hülfe feines Sohns eines Fasses mit Rum bemächtigt; nach einigen Tagen fand er die Tonne feer: fein eigener Sohn hatte ihn bestohlen. Muß es nicht so kommen, wenn diese Elenden ihre Kinder an diese schändliche Räuberei gewöhnen? Männer, Weiber, Kinder, Jung und Alt stürzen an die Küste, sobald ein Schiff in Gefahr ist, und statt ihm beizustehen, befördern sie vielmehr feinen Untergang. Was müssen die Völker von uns denken, wenn England solche Verbrechen ungestraft läßt?

Nicht weniger gefährlich als die bisher Genannten sind die vierundzwanzig Logirer, die in den großen Städten, beson ders in London, eine wahre Schule des Lasters halten. Ihre Häufer versorgen England mit jener Maffe von Verbrechern, die in offenem Kriege mit der Gesellschaft liegen. Die jungen Leute, die aus irgend einem Grunde das väterliche Haus verlassen müssen, finden da eine sichere Zuflucht. Die,,Logirer" wissen sie allen Nachforschungen zu entziehen. Der junge Mann, der eins mal da hineingerathen, ist verloren; man lernt hier den Ges schmack am Bösen durch die Gefänge ́ ́und das Lachen, womit die Leute erzählen, was sie gethan oder gesehen haben, durch auss schweifende Gelage, berauschende Getränke, Taback, Karten, Würs fel, Billard und vor Allem durch die Frauen. So lange der neue Antömmling Geld oder Kleider hat, bezahlt er seinen Ans theil an dieser ewigen Orgie. So wie das aufhört, kann er sich die Mittel, daran Theil zu nehmen, nur durch Stehlen schaffen.

Der Bericht der Kommission zeigt durch eine Menge von Thats sachen, daß, wodhrend in den Städten durch den wohlthätigen Einfluß der Polizei das Uebel im Abnehmen begriffen ist, auf dem platten Lande dagegen, wo es an jeder schüßenden Gewalt fehlt, es täglich schlimmer wird. Unter Auderem fährt sie zur Unterstüßung dieser Behauptung folgendes Faktum an, das zu bedeutsam ist, um mit Stillschweigen übergangen zu werden.

Der Lieutenant Cole von der Königlichen Marine hatte ein adeliges Gut bei Rhayader in der Grafschaft Radnor in Wales gekauft. Neben dem Wohnhause waren einige Grundstüce, welche von dem bisherigen Befißer mit Mauern umschloffen worden. Ein Nachbar machte dennoch Ansprüche auf ein gemeinsames Eigenthumsrecht an diesen Grundstücken; es war ein durch seine Familienverbindungen im Lande einflußreicher Advolat. Als er die ersten Versuche machte, sich den so bestrittenen Boden anzus eignen, schlug ihm der Lieutenant Cole vor, die Frage entroeder durch Schiedsrichter oder durch einen Gerichtshof entscheiden zu laffen. Diese Vorschläge wurden zurückgewiesen, und von einem Haufen Menschen, welche mit Blei beschlagene Stöcke trugen, begleitet, serbrach der Eindringling die Thüren des Gehages und trich seine Pferde und fein Vieh hinein. Der gefeßmäßige Eigen thümer wandte sich an die Behörde; nach sehntägigen Sollis citationen erlangte er endlich, daß ihm sechs Spezials Konstabler beigegeben würden, weil die gewöhnlichen hier nicht ausreichten. Der Lieutenant bemächtigte sich nun des Viehes seines Gegner's und schickte es in das Gefängniß, das zur Aufnahme von Thieren bestimmt ist, welche fremde Weiden betreten. Der Eigenthümer des Viehes tam mit einer stärkeren Macht hinzu, nahm seine Heerde zurück und führte sie aufs neue auf den Boden des Lieus tenants. Die Behörde, bei der sich Herr Cole wieder beklagte, antwortete ganz einfach, er muffe sich die Mittel verschaffen, mit bewaffneter Macht den Angriffen feines Gegners zu widerstehen. Von den Konstablern jedoch wollte Keiner mehr dem Lieutenant helfen. Die Drohungen seines Gegners schreckten sie zurück. Herr Cole war gezwungen, auf seine Kosten einen Trupp von 25 Mann zu halten, um Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Nun erst, als man sah, daß er su energischem Widerstand entschlossen sen, begann man eine Instruction gegen die Leute des Advo faten und überführte fie der Unordnung und des Aufruhrs (riot). Doc da es an genügendem Schuß gegen die Rache fehte, die man nach ihrer Verurtheilung zu befürchten hatte, so sprach man blo § die

Die Kommissarien, erstaunt, daß dergleichen in einem Lande vorkommen könne, wo die Achtung für das Eigenthum bis zum Fanatismus geht, fragten den Lieutenant, ob sein Fall ein außers ordentlicher und ohne Beispiel fen. Die Antwort lautete:,,Solche Dinge sind sehr häufig. Nur Eins war bei diesem Vorfall ohne Beispiel, die Hartnäckigkeit nämlich, mit der ich mich dem Ans griff auf mein Eigenthum widerseßte. Der Arme giebt gewöhns lich nach, denn er weiß es nicht anders, als daß die Gewalt über das Recht und das Faltum über das Geses den Sieg das vonträgt."

In dieser allgemeinen Musterung der Verlegungen, welche die Gesellschaft täglich erfährt, haben die Kommissarien auch ihre Aufmerksamkeit auf die gefährliche Lage der Fabrikherren gerich set, die ohne Vertheidigung dem so leicht zu verführenden Haus fen ihrer Arbeiter gegenüberstehen. Denn die bewaffnete Macht schreitet immer dann erst ein, wenn die Unordnung den höchsten Gipfel erreicht hat, und die Quelle dieser Unordnungen ist nicht, wie die Radikalen behaupten, in dem Haß gegen die Aristokratie au suchen, sondern in der mangelhaften Einrichtung der Polizei an allen anderen Orten als London. Selbst mitten in einer Emeute kann der Soldat keine individuelle Thatkraft entwickeln: unbeweglich, steht er, an die Reihen gelettet, mit dem Gewehr da, und wenn man ihm endlich die Erlaubniß giebt, zu handeln, so ist der Aufrührer verschwunden, und den unschuldigen Zuschauer trifft Feuer und Schwert. Die militairische Macht bringt unter diesen Umständen den friedlichen Bürgern keine wirksame Hülfe, und diese werden immer das Opfer solcher Vorfälle seyn, so lange nicht die Behörden mit einer besonderen Polizei ausgerüstet sind, welche aus energischen, verständigen Leuten besteht.

Der Bericht der Kommissarien schließt mit den verschiedenen Klaufeln einer Bill zur Errichtung einer solchen Polizei in den Ruraldistrikten Englands. Das Ministerium hat bekanntlich diese Bill in der legten Session dem Parlament vorgelegt; doch hat Lord John Russell nicht gewagt, das Institut, das durch dieselbe geschaffen werden soll, auf alle Punkte des Landes in gleichmẩßi› ger Weise auszudehnen und ihm ein gemeinschaftliches Centrum zu geben. Die Englischen Vorurtheile gegen die Centralisation und der Widerstand der Aristokratie, welche sich die Regierung der Grafschaften nicht nehmen laffen will, erlaubten es nicht, diese neue Macht in die Hände des Ministeriums zu legen. Die Bill ermächtigt die zu den vierteljährlichen Sessionen versammelten Friedensrichter, eine befoldete Polizei einzuführen, welche theils die Raubereien auf dem Lande reprimiren, theils in den Städten bei einer Volksbewegung die öffentliche Ordnung beschüßen foll. Nach dieser Bestimmung wird die Polizei ganz von den Lokalbes hörden abhängen; auch ist es nicht anders möglich, da die erekus tive Gewalt weder in den Städten, noch in den Grafschaften dis refte Agenten hat. Diese Bill hat das mächtigste Argument für fich, die Nothwendigkeit. Die Tornistische Opposition hat ihr auch

nur einen unbedeutenden Widerstand elleicht erregt sie den

Argwohn der radikalen Partei, welche

in dieser permas nenten Gewalt ein Unterdrückungswerkzeug sehen wird. So viel ist ausgemacht, daß die Einführung einer befoldeten Polizei in England eine wahre Revolution in den Sitten dieses Landes ist.

Rußland.

Theehäuser und Restaurationen in Moskau..

Von J. G. Kohl.

Wer alle Moskauer Kirchen genau besehen und darauf noch, wie ich am 2. Mai 1837, alle Irrgange der Handelsbuden Stadt und Basare durchlaufen ist und zehn Stunden hindurch nichts Anderes zu sich genommen hat, als Kirchenluft und Straßenstaub, der kann nicht start getadelt werden, wenn er mit einiger Be gierde alle Schilder der Häuser durchliest und hastig nach dem erquicklichen Wörtchen Restauration sucht, selbst wenn es auch mit einem orthographischen Schnißer,, Restirazie" buchstabirt seyn sollte, wie es in Moskau bei einigen Restaurateurs geschries ben steht, die da dachten:,,Das Russische Wort restiratj heißt serknacken, serbeißen. In meiner Wirthschaft find ja nun viele Dinge, welche meine Gdfte zu zerbeißen pflegen. Restauration muß also wohl eine Art von Zerbeißungshaus fenn, und die Frans sofen, die bekanntlich keine gute Ruffen sind, haben sich hier offenbar versehen und haben Restirazie statt Restauration schreiben wollen."

Bald war ich nun auch so glücklich, mir aus der Ferne die Restauration des Kaufmanns Manzoff freundlich zurvinken zu jeben, und sogleich richtete der begierige Steuermann Hunger, der einstweilen bei mir den Vorsiß führte, die Kiele meiner Schuh: fohlen auf jene goldene Inschrift zu, die vor einem Gange der Elias Straße Kitaigorod's prangte. Am Ende des Ganges fand ich eine Thar und Treppe, und am Ende der Treppe, im ersten Entrees Zimmer des Traiteurs, ach, welche anmuthige und feetens labende Fülle von serbeißlichen Waaren! In diesem ersten Zim mer wurde nämlich das, was man in das zweite, dritte und vierte zum Zerbeißen schickte, geschmort und gebraten, gefocht und geröstet. Auf buntgeschmückte Klaschen gefüllt, standen die

erquicklichken Flüffigkeiten umber, Bier, Meth, Wein,

Liqueurs, Nalimli's und Nastoili's u. f. w., bei deren Anblick man in Herametern sprechen möchte, wie Odysseus bei der Be schreibung der Milchs und Käse Kammer des Enllopen, Brodie, Karbonaden, Eier und allerlei Gemüse Portionen, Kuchen und

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hunderterlei Backwerk häuften sich hier auf einander in einem UeberAuß, wie auf einem Küchen Gemɗide aus der Nieders ländischen Schule! Welche wohlgefällige Thätigkeit für einer Hungrigen in dem Vorzimmer eines Russischen Kaffeehauses, welches hin und Herschleppen so süßer Lasten, welch einladens des Tellergeflapper und appetitliches Bruselu und Sprudeln der Suppen und bratenden Fische! Welche freundlichen Klange der vom Koch fordernden Marqueure: Zwei Portionen Sselennoi Schtschi! eine Portion Ikra machkoje! mir vier Portionen Skoromnaja Suppe!" Alles um so interessanter, weil es unvers ständlich ist und also die Erwartung spannt. Ich, der ich hier in Moskau nur Eine Idee hatte, nämlich:,,Russen, Rußland und Russisches", deffen Blicke nur nach Ruffifchen Formen jagten und dessen Ohren, wie Neße, nur nach Russischen Tönen ausgestellt waren und deffen Gaumen nur nach Russischen Speisen lechate,

ließ mir gleich etwas National Russisches geben, einen Teller, mit dem so beliebten,,Sselennoi schtschi" (grúne Krautfuppe), und ich muß gestehen, daß ich es nicht bereute. Diese Suppe ift an und für sich schon sehr schmackhaft. Dazu birgt sie noch auf ihrem Grunde allerlei fleine unerwartete Surprisen und übers rascht den hungrigen, mit dem silbernen Löffel darin Fischenden auf die mannigfaltigste cife, bald durch ein lieblich geröthetes Stückchen Schinken, bald durch ein Ei, bald durch ein Paar kleiner Sauffischen und noch durch manche andere schmackhafte Dinge. Denn fie ist eines von den in der Ruflichen Suche fo beliebten Potpourri's. J- ließ darauf in gebratene Blinni mit frischem Kaviar folgen und ging dann schmeckend den ganzen Ruffischen Speisezettel durch, was für einen huni grigen Ethnographen ein sehr vergnügliches Geschäft ist. Doch Lassen sich Reminiscenzen, an solche Dinge schwer für Andere genießbar reproduziren. Als ich endlich zur Zigarre und zur Laffe Kaffee gekommen war, überließ ich mich der gemüthlichen Betrachtung des Russischen Kaffeehaus Lebens.

Diese Kaffeehauser sollten eigentlich nur Theehäuser genannt werden, insofern Thee entschieden das vornehmste und gesuchteste Getränk dort ist und Kaffee nur höchstens dann und wann von einem Nicht Ruffen gefordert wird, ja in den meisten selbst gar nicht zu haben ist. Es haben sich diese Theehäuser, wie alles echt Russische, am eigenthümlichsten in Moskau ausgebilder; doch giebt es deren nach dem Moskauschen Zuschnitt auch in allen größeren Provinzstädten. In Petersburg giebt es nur Kaffee, hdufer nach unserer Weise, und höchstens nur für die geringeren Klassen Russische Theehäuser. In Moskau finden sich die meisten am Fuße des Kremis um den Alexander Garten herum, wo sich). das meiste Leben der Stadt sammelt.

Die Zimmerrdume jind in diesen Theehäusern, wie überall in Rußland, sehr groß, und es giebt ihrer gewöhnlich eine ganze Suite. Sie sind immer sehr bunt ausgemahit und besonders auffallend reich mit Spiegeln versehen. In einigen hängt zus weilen das Portrait des Kaiser's, in jedem ohne Ausnahme aber ein großes, in goldenen Rahmen gefaßtes Heiligenbild mit sters brennendem Lampchen. Keiner der eintretenden Gäste versäumt es, vor ihm seine Verbeugung, Kreuz und Devotion zu machen, so wenig wie in einer Kapelle, und diese beständigen Gebetvers richtungen in einem Kaffeehause find für den Fremden ein sehr sonderbarer Anblick. Die Anzahl der Domestiken in diesen Kaffees hdufern ist eine wahre Unzahl, eben so wie in den Häusern der Reichen. In meinem Kaffeehause Manzoff, wo doch nur_acht Zimmer waren, belief sie sich auf sechzig. In anderen finder man sogar ein Corps von 80 Bedienten. Diese Leute sind durch, weg in Moskau weiß gekleidet: sie tragen weiße Pantalons, ein weißes Hemd oder Gewand darüber, das von einem weißen Gürs tel zusammengehalten wird. Am Sonntag, so lange dies weiße Gewand noch unbefleckt ist, nehmen sich diese jungen, in der Regel hübschen, bärtigen Burschen recht nett in diejer Uniform aus. Man begreift aber nicht, wie die Kaffeewirthe, die doch eben so genau berechnen wie die unsrigen, eine solche Menge von Leus ten für unumgänglich nöthig halten, und warum denn immer sechs Rücken sich bücken müssen, wenn ein Gast bewillkommnet werden foll, oder zehn Arme sich ausstrecken müssen, wenn Jemand tever fab niet deeling. verlangt dig ulls de pubileum fuman bedeutend viel Bedienung. Denn nur Pfeifen müssen von den Dienern gereinigt und gestopft, sondern den Herren auch brennend in den Mund gesteckt werden, nicht bloß Mantel und Pels dem Kommenden abgenommen, sondern auch dem Gchenden wieder umgehängt werden. Manche lassen sich auch sogar den Thee cinfchenken und eine Sichen zerschneiden. Es fehlte nichts, gewöhnlich sogar die gebrachte Karbonnade oder Beefsteals in

als daß fie sich dieselben auch noch in den Mund stecken licken. Bei allen diesen Dingen wäre doch immer auch Einer hins reichend. Allein gewöhnlich greifen überall ein halbes Dußend Hände zugleich &, und namentlich beim Mantelumhängen sind immer Viele zugleich geschäftig, und alle Diener des Zimmers verneigen sich höflich zugleich gegen den Hinausgehenden. Es kann daher nicht fehlen, daß sie manche müßige Stunden haben. Ueberhaupt ist kaum ein Land in der Welt, wo immer so viele Menschen in Ordnung gehalten werden müssen, als in Rußland. Hundert Menschen gehen zusammen aufs Feld zum Ackern, Aerndten, Sden. Jeder kleinste Transport geschieht von ganzen Karamanen yon Wagen. Sehr selten sieht man einzelne Menschen in Rukland. Alles häkelt und hangt an einander, und alles regt und bewegt sich in Massen.

Die Gesellschaft in diesen national Nassischen Kaffeeh dusern ist immer eine echt Raffiche. Es kommen dahin die bergen

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