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erhielten eine Besoldung von 10-12,000 Fr., begaben sich dabei spắt in das Ministerium und entfernten sich früh. Uebrigens war auch nicht viel daran gelegen, ob fie kamen oder nicht; die Arbeit wurde doch gethan, weder besser noch schlechter, und das Land ichien nicht unter ihrer Trägheit zu leiden. Sie durchblätterten einen Aftenstoß, konferirten ein Viertelstündchen mit dem Büreaus Chef, Staats-Secretair oder Minister, beantworteten die Schreis ben der angesehenen Bittsteller, warfen die der unbedeutenden in den Papierkorb, und ihr Tagewerk war gethan, Abends konnte man sie dann ihr roches Ordensband und ihr blühendes Gesicht im Garten der Tuilerieen, im Amphitheater der Oper oder auf dem Ballon der Italianischen Oper zur Schau tragen sehen. Das waren glückliche Zeiten! Jeßt ist es anders; die Repräsens tativ Regierung und die ehrenwerthen Bewilliger des Budgets haben diesen Sinekuren ein Ende gemacht. Indeß jagt die Menge, der diese Reform entgangen ist, den Stellen noch eben fo eifrig nach, wobei sie darauf rechnet, daß ihre Beschüßer sich ewig halten werden. Die unbesonnenen Sollizitanten bedenken nicht, in welcher Zeit wir leben. Giebt es denn etwas Dauern; des und Beständiges? Wer weiß denn, wen der parlamentarische Orkan morgen niederwerfen wird? Fast tdglich schaut ein Bes amter, der 12,000 Fr. Gebait, das Kreuz der Ehrens Legion und eine Stelle ohne Arbeit geträumt hatte, vergeblich nach seinem Schußherrn um, der unversehens vom Schauplaß abgetreten ist, und sieht mit Schrecken, daß ihm für immer die höheren Stellen verschloffen sind.

Ein Beispiel wird das Loos der Mehrzahl der Beamten viels leicht am besten erläutern. Felician hat das Glück, im Staatsdienste zu stehen. Im zwanzigsten Jahre trat er in denselben, und jest ist er zweiunddreißig Jahre alt. Er zählt also zwölf Jahre Diensts zeit, während welcher er beständig die Zufriedenheit seiner Vors gefeßten zu bewahren gewußt hat. Indeß hat er doch zur Zeit nur ein Gehalt von 1200 Fr., und da er etwas ehrgeizig ist, so fählt er sich in seiner Lage nicht allzuglücklich und strebt nach Bes förderung. Wie viel Briefe hat er nicht schon von der Proving aus geschrieben, um feine Rechte, feine gute Aufführung, fein Alter, die vortheilhaften Zeugnisse seiner Vorgeseßten geltend zu machen? Wie oft hat er nicht schon seinen Deputirten ersucht, beschworen, ihn persönlich dem Minister, von dem sein Schicksal abbangt, zu empfehlen? Unnüße Mühe! Endlich faßt er in seis ner Wuth und Verzweiflung einen energischen Entschluß. Er schmalert sein väterliches Erbtheil um 1000 Fr. und reist nach Paris. Hier belagert er das Vorzimmer des Ministers, stürmt das heiligthum der Gunstbewilligungen. Was läßt sich einem Manne antworten, der zweiunddreißig Jahre alt ist, zwölf Jahre tadellos gedient hat, nur 1200 Fr. Gehalt bezieht und um eine Zulage von 2-300 Fr. bittet. Der Minister verspricht ihm die erste eröffnete Stelle. Die von Verrières wird es bald wers den", antwortet Felician, welcher auf Alles vorbereitet ist. ,,Gut, fie sollen sie haben.'

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Unterdes vergeht einige Zeit und er erhält seine Ernennung nicht. Was erfährt er endlich? Um Verrière's Stelle bewirbt fich der Schüßling eines einflußreichen Mannes, dem sie auch versprochen wird. Felician ist außer sich. Er macht sich noch einmal auf den Weg und führt, halb freiwillig, halb gezwungen, zwei oder drei Deputirten mit sich zum Minister, verschafft sich die Verwendung von Pairs und Generals Lieutenants und sogar ein Schreiben vom Hofe. Durch so fürchterliche Anstrengun gen gelingt es ihm endlich, die Mitbewerbung seines Nebenbuh, lers zu vereiteln. Einige Tage nachher begiebt er sich zum Minister; aber anstatt seiner Bestallung, findet er einen Bureaus Chef, der ihn mit folgenden niederschmetternden Worten empfängt: ,,Der Minister bedauert höchlichst, Ihnen nicht die Stelle bewillis gen zu können, die Sie nachgesucht haben. Die Gerechtigkeit, welche alle seine Handlungen leitet, hat ihm die Verpflichtung auferlegt, fie einem Familienvater zu geben, der schon zweiund zwanzig Dienstjahre zählt. Uebrigens können Sie darauf rech ,,Wie“, sagt Felician, den seine gewöhnliche Klug: heit ganz verläßt,,,ist es meine Schuld, wenn Sie gegen diefen Familienvater zwölf Jahre lang ungerecht gewesen find? Ich muß also zweiundzwanzig Jahre gedient haben und Vater von einem halben Dußend Kinder seyn, um auf ein Gehalt von 1500 Anspruch zu haben. Die Aussicht ist verführerisch." Felis cian kehrt wieder in sein Departement zurück.

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Wie viele Beamte hatten im Handel, in der Industrie, im Gebiet der Künfte mit der Hälfte Ausdauer, Geschicklichkeit, Talent, deren sie bedurften, um es im Staatsdienste zu einer mits telmäßigen Stellung zu bringen, ihr Glück machen können?

Es giebt natürlich unter den Beamten sehr verschiedene Charaks tere: Eifersüchtige und folche, die es nicht sind, zaghafte Seelen, Mübiggänger, eingebildete Kranke, arbeitsame Naturen, Schmeichs ler, Angler, folche, die fich gar nicht um Politik bekümmern, und solche, die auf jede Bewegung in Aegypten, England, Russ tand ihr Auge gerichtet haben und das künftige Schicksal der Reiche vorausbestimmen. Skizziren wir rasch einige dieser Charaktere.

Beamter und eifersüchtig seyn! Giebt es eine schrecklichere Qual? Man schreibt an einen Maire, einen Pfarrer oder irgend wen sonst, man regulirt die Ausgaben diefer oder jener Gemeinde, welche 200 Meilen von Paris entfernt ist; plößlich steigt ein Ges dante, ein großlicher Gedanke in dem Beamten auf:,,Meine

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Frau, wo ist meine Frau? Ist sie zu Hause? Wer ist bei ihr?re Bei einem solchen Gedanken schwindelt der Kopf, der angefans gene Say bleibt unvollendet, ein Rechnungsfehler ist unvermeidlich. Getrieben vom Teufel der Eifersucht, stiehlt sich der Gequálte aus dem Bureau, éilt nach Hause und umarmt seine Frau, die am Pianoforte einen Contres Tanz von Musard oder einen Walzer, von Julien einstudirt. Diesmal ist Alles gut abgegangen, aber wehe dem, der diese Besuche zu oft wiederholt. Die Furcht vor dem Minotaurus stürzt ihn in dessen Klauen, und der Ehemann, der seinen Verdacht zeigt, ist ohne Rettung verioren.

Ist der Beamte, dem die Qualen der Eifersucht unbekannt find, nicht weit glücklicher? Wie ruhig und harmlos verfließen feine Tage! Er steht zu seiner gewohnten Zeit auf, vor oder nach seiner Frau, wie es ihm beliebt, ist Herr im Hause, ißt alle Tage ein Lieblingsgericht, geht nach dem Bureau, wann er will, und macht dort, was er will. Wollte man sein Gesicht in gewissen Augenblicken einer genauen Untersuchung unterwerfen, so würde man vielleicht die Vorboten des Zorns, ein Runzeln der Stirn, eine Anwandlung der Empörung wahrnehmen können, aber in einigen Augenblicken find alle Wolken vorübergezogen, und sein Gesicht glänzt wieder klar und heiter. Was fehlt ihm auch zu seinem Glücke? Er hat eine hübsche Frau, rückt rasch vor, ohne je zu solizitiren, und bekömmt reichliche Gratificationen; sein Generals Secretair, welcher die größte Zärtlichkeit für seine jüngste Tochter empfindet, beauftragt ihn öfter, dies oder jenes Gefängniß, dies oder jenes Gestüt zu inspiziren, und seine Kolles gen sagen dann boshafterweise:,,Es scheint, daß Leopold's Frau ibn bald wieder mit einem neuen Pfande ihrer Liebe beschenken wird, denn er ist befördert worden. E sempre bene!"

(Schluß folgt.)

Mannigfaltiges.

Literarische Dede in Portugal, In keinem anderen Europäischen Lande hat die Literatur innerhalb weniger Jahre so große Rückschritte gemacht, wie in Portugal. Die in diesem Lande herrschende Preßfreiheit und der damit verbundene. Hang, aber politische Dinge auf das Ungebundenste zu raifonniren, hat bisher sehr traurige Früchte getragen, und wie man einerseits Großbritanien als Beweis anführt, daß in einem politisch ers starkten und mündigen Lande die Preßfreiheit eine Befördererin des Guten und Währen ist, so kann andererseits Portugal_als lebendes Beispiel dienen, wie in einem Lande, dessen Bevölker rung noch auf so niedriger Stuse allgemeiner Bildung steht, jene Freiheit nur von verderblichen Folgen ist. Obgleich in Portugal jest mehr als zwanzig Zeitungen und Journale erscheinen, wird man sich doch vergeblich bemühen, in einer dieser Zeitschriften auch nur einen Artikel zu finden, der im Entferntesten ein Inters effe an der Wissenschaft verriethe. Ja, selbst das politische Rais fonnement hat nicht einmal einen würdigen Charakter; meistens ist es Gelläisch und persönliche Invektiven, was darin dem Pu blikum geboten wird. Auswärtige Blätter und Bücher zu lesen, zeigt das leßtere, das an feine bessere Koft gewöhnt ist, feine besondere Lust, und höchstens sind es einige schlechte Französische Romane, die in die Boudoirs der Damen ihren Weg finden. Es geht den Leuten dort, wie manchem Theater - Publikum bei uns zu Lande; die Gewöhnung an erbarmliche Machwerke, mit der.en man sich unterhalt, stumpft nicht bloß das Publikum für alles Bessere ab, fondern hält auch gute Köpfe zurück, Zeit und Talent auf die Produzirung befferer Dinge zu verwenden.

Cooper und feine Abstammung. Herr James Fenis more Cooper, der bekannte Amerikanische Schriftsteller, hat in News Vork einen Injurien, Prozeß gegen den Herausgeber des daselbst ers fcheinenden Enquirer, Hrn. Webb, eingeleitet, weil dieser zur Widers legung einer Notiz in Cooper's neuestem Werke (Home as found) in seiner Zeitschrift einige indiskrete Aufschlüsse über die Herkunft des Herrn Cooper gegeben hatte. Leßterer soll sich in dem ger nannten Werke als eine Art von Amérikanischem Lord dargestellt haben, der eine Erziehung genossen, wie man sie selten in den Vereinigten Staaten antreffe. Hiergegen führt nun Herr Webb an, daß Herr Cooper zwar von ehrlichen, aber sehr niederem Stande angehörenden Leuten abstamme; sein Vater sen ein Fischhändler gewesen, der seine Waare in den Straßen von Burs lington ausgerufen; später, nachdem er einiges Vermögen ge fammelt, habe er eine Stellmacher: Werkstätte etablirt und fich· dabei so emporgeschwungen, daß er zum Friedensrichter der Gegend, in welcher er jegt noch wohne, erwählt worden; Herrn Cooper's Großmutter von mütterlicher Seite, Mistreß Fenimore, habe auf dem Markte in Philadelphia Grünzeug und andere Vegetabilien feil gehabt und hatte sich allerdings dadurch einen so bedeutenden Ruf erworben, daß man sich dort jest noch der alten Mutter Fenimore" und ihrer trefflichen Bedienung erinnere. Unstreis tig sollte Herr Cooper, wenn sich die Sachen wirklich so vers halten, in dieser Veröffentlichung seines Stammbaums eher eine Huldigung als einen Gegenstand zu einem Injurienprozesse finden; denn es gereicht ihm doch gewiß nur zu größerer Ehre, unter solchen Umständen seinen weit verbreiteten literarischen Ruf sich erwor ben zu haben. Es scheint indessen, daß Herr Cooper wirklich seine vornehme Abstammung beweisen will und daher der Pros jeß, von dem die geschwdzige Fama sich beeilt hat, auch den Les fern diesseits des Atlantischen Meeres Bericht zu geben.

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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. 15hung, in allen Theilen -der Preußischen Monarchie.

M 128.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Rr. 72); in der Proving so wie im Auslande bei den Webüöbl. Poft - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

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Berlin, Freitag den 25. Oktober

Frankreich.

Die Juli-Revolution und der Herzog von Orleans. Aus der Histoire de France pendant la dernière année de la restauration.") Der Herzog von Mortemart war ein kränklicher Mann; biss ber Französischer Gesandter in Rußland, war er wegen Kranklichs feit nach Hause zurückgekehrt, und dieser Uebelstand war nicht ohne Einfluß auf den Ausgang einer Unterhandlung, die so viel Thatigkeit und Energie erforderte. Am 30ften des Morgens reiste er mit Herrn von Argout ab; im Boulogner Schols stiegen fie aus und konnten sich nur mit Mühe einen Weg nach Paris bahnen. Der Herzog wollte sich anfangs zu den Deputirten bes geben, die bei Laffitte versammelt waren, unterließ dies aber, als ihm herr Bérard vorstellte, dieser Schritt sen unnúß, ja ges fährlich. Er ging daher lieber ins Luxembourg, wo achtzehn durchaus Königlich gesinnte Pairs versammelt waren. Von dies fen belam er aber nur Rathschläge und leinen entscheidenden Bes fluß. Man war der Meinung, der Herzog folle im Lurembourg seinen bleibenden Aufenthalt nehmen und feinen offiziellen Chas rakter daselbst so viel als möglich geltend machen. Der Großs Referendar stellte ihm die Secretaire der Pairs Kammer zur Disposition; aber die Bureaus des Moniteur waren mit Bewaffs neten befeßt, die im Namen der Munisipal-Kommission sich jeder Veröffentlichung von Seiten der Regierung widerseßten. Die anderen Drucker wollten ihre Preffen ebenfalls nicht hergeben, aus Furcht, das Volk möchte sie zerbrechen. So war man also auf innere Verwaltungs-Alte beschränkt, bei denen die Publizitat nicht unbedingt nothwendig war. Der Herzog hob den Belages rungszustand auf, feßte sich mit dem diplomatischen Corps in Vers bindung und wollte den Gang der Justiz wiederherstellen. Aber das Voll awang die Richter, auseinanderzugehen. Der Herzog war gendthigt, sich seine Vollmachten von der Revolution selbst bestätigen zu lassen, und da er selbst dazu zu schwach war, so übernahm Herr Collin de Sussy, einer feiner Kollegen, feine Mission, nachdem ihm der Herzog die Originalien der Ordons nanzen vom 29. Juli und Briefe an Lafayette, Gérard und Cas fimir Périer mitgegeben.

Noch ist hier einer interessanten Scene su gedenken, die sich, während der Konferens des Herrn von Mortemart mit den Pairs sutrug. Chateaubriand war auf die Nachricht von den Ordons nanzen aus Dieppe nach Paris geeilt; hier wurde er in der Nahe des Louvre erkannt und von einem Haufen junger Leute unter dem Ruf:,,Es lebe der Vertheidiger der Presfreiheit!" nach dem Luxembourg getragen. Der Dichter war von diesem Auftritt so ergriffen, daß er an den Verhandlungen jener Konfes rens anfangs gar keinen Theil nahm; als man ihn endlich um feine Meinung fragte, fagte er:,,Meine Herren, retten Sie die Preßfreiheit, und in zwei Monaten will ich den Thron ́wieder" aufrichten."

The wir sehen, was Herr Collin de Sussy jest ausrichtete, müffen wir den Kampf der verschiedenen Parteien betrachten, die den Sieg des Pariser Volks für ihre Zwecke zu benußen fuchten.

Zwei Hauptparteien standen einander gegenüber: die repu blikanische und die Orleanistische. Die erstere vertheilte sich in eine Menge Versammlungen von jungen Leuten, die Nichts uns versucht ließen, um ihren utopistischen Ideen den Sieg zu vers schaffen. In einer dieser Versammlungen wurde der Dichter Béranger, welcher zur Verbreitung der liberalen und irreligiösen Ideen viel beigetragen, mishandelt, weil er die Gefahren der republikanischen Regierungsform darzustellen suchte. An Lafayette wurden mehrere Deputationen geschickt, um ihn zu bewegen, daß er die Republik proflamire, die das Ziel und der Lohn der Ans frengungen des Volks fen. Lafayette war persönlich geneigt, die Amerikanische Constitution in Frankreich zu versuchen; doch die Erinnerungen von 1793 und die Furcht vor einem Kriege mit dem Auslande fchreckten ihn ab. Auch mußte er sich gestehen, dak die Mehrheit der Bürger gegen die Republik sen, und daß der wahre Republikaner vor Allem den Gesammiwillen achten müffe. Eine Deputation bot ihm selbst die Krone an; er meinte, ,,das würde ihm gerade so stehen, wie ein King einer Kage."

*) S. den legten Artikel aus diesem Werke in Nr. 108 18. F. des „Magazins“.

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1839.

Ein heftiger Redner der demokratischen Partei bemerkte ihm, er würde durch ein solches Benehmen seine Popularitdt verlieren. ,,Die Popularitdt", fagte er, ist ein großer Schaß; aber man muß ihn, wie alle Schäße, im Interesse des Landes zu verwens den wissen." Einige Legitimisten tießen ihm schüchtern antragen, die Regentschaft für Heinrich V. zu übernehmen; er ging naturs lich nicht darauf ein.

Auf der anderen Seite arbeiteten die Anhänger des Herzogs von Orleans für den Erfolg ihres Plans. Einige von ihnen hatten schon früh Morgens eine Proclamation abgefaßt, worin der Herzog zum General Statthalter des Königreichs ernannt ward; doch bei der zaudernden Politik des Herzogs wollte man sich nicht der Gefahr ausseßen, von ihm desavouirt zu werden, und schickte daher Herrn Thiers mit den nöthigen Beglaubigungss fchreiben nach Neuilly, um den Herzog um eine geheime Audieng zu bitten. Dieser hatte sich in den legten Tagen forgfältig vers borgen gehalten, aus Furcht, der Hof möchte ihn entführen lassen. Man behauptete, ein Gardes Bataillon habe den Befehl bekommen, fich in der Nähe von Neuilly aufzustellen und das Schloß zu cers niren, sobald das Volk Miene machte, den Herzog in sein Inters effe zu ziehen. Aber eine solche Vorsichtsmaßregel lag ju wenig im Geist der Regierung Karl's X., und Nichts berechtigt uns, daran zu glauben; auch wußte der König selbst noch nicht am 30sten des Morgens, daß sein Vetter sich in Neuilly befinde.

Herr Thiers bekam den Herzog von Orleans nicht zu sehen, sondern nur Madame Adelaide und die Herzogin, welchen er vor stellte, daß der Augenblick für den Prinzen da sen, sich zu erklären und zu handeln. Die constitutionnelle Partei", sagte er,,,scheine entschlossen, Karl X. und seine Dynastie nicht länger au ertragen; den Herzog von Reichstadt oder die Republik an seine Stelle zu seßen, sen aus mehreren Gründen nicht rachsam; also bleibe nur der Herzog von Orleans übrig. Seine Thronbesteigung würde Europa mit Frankreich aussöhnen, denn man wurde daraus abneh men, daß Frankreich von den republikanischen Chimåren für immer geheilt sen. Wenn übrigens noch Gefahren zu bestehen senen, so würde sich der Herzog feine Krone verdienen, wenn er diese Gefahren theile. Vor Allem aber komme es darauf an, das Volk nicht langer in Ungewißheit zu lassen." Hierauf entgegnete die Schwester des Herzogs,,,die Thronbesteigung ihres Bruders könnte leicht dem Ganzen das Ansehen einer Palasts Revolution geben; Europa fönnte glauben, Karl X. sen mehr durch eine Intrigue, als durch die öffentliche Meinung gestürzt worden. Dies könnte also gerade der Sache der Freiheit schaden, indem dann die frems den Mächte sich für Kart X. erfldren würden." Doch die leßten Worte des Herrn Thiers bewogen die Prinzessin zu dem Verz fprechen, an den Prinzen zu schreiben; sie selbst erbot sich auch, wenn es nöthig sen, nach Paris zu kommen und die Gefahren der Pariser zu theilen. Herr Thiers nahm mit den prophetischen Worten Abschied: „Heute, Madame, bringen Sie die Krone in Ihr Haus."

Die in Paris anwesenden Deputirten hatten sich, wie wir oben gesehen, in der Frühe bei Laffitte versammelt; einige Pairs waren unter ihnen. Hier war es, wo Laffitte und Dupin, im Vers trauen auf die allgemein herrschende Furcht vor der Republik, zum ersten Mal direkt die Erwählung des Herzogs von Orleans als das geeignetste Mittel empfahlen, der Unsicherheit ein Ende zu machen und die Volksbewegung an hemmen. Doch für diesmal trennien sich die Deputirten, ohne einer Entschluß zu fassen, und vertags ten fich auf den Mittag in ihren gewöhnlichen Berathungssaal, um den Herzog von Mortemart zu empfangen.

Funfaig Deputirte steuten sich hier ein, unter ihnen die Mits glieder der Munisipals Kommission. Herr von Mortemart Pain nicht, durch seinen Gesundheitszustand zurückgehalten; dies sha; dete der Sache Karl's X. sehr, denn die Anhänger des Herzogs von Orleans hatten dadurch freies Feld. Doch noch war nicht offiziell von seiner Erhebung die Rede. Erst entspann sich eine lange Debatte über die Gewalt der Munisipal Kommission; sodann theilten der General Gérard und Herr von Corcelles einige Ans gaben über die Pariser und die Königlichen Streitkräfte mit, und der. Erstere machte die Anzeige, daß die Höhen von Montmartre so eben von 1500 Rouennern mit zwanzig Stud Geschüß befeßt worden seyen. Herr Hyde de Neuville schlug vor, eine Kommission von fünf Pairs und fünf Deputirten zu ernennen, welche unters fuchen folle, was zu thun sen,,,um alle Interessen und Gewissen

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nanzen Karl's X. vorzulesen. Aber kaum hatte er nur den Titel derselben gelesen, als er schon unterbrochen ward.,,Mit welchem Recht", rief man,,,mage es ein Pair von Frankreich dem Paris fer Volt die Defrete eines entthronten Könige zu bringen? Die Familie der Bourbonen hatte genug auf Frankreich gelastet; die Krone, die man jest wieder aufheben wolle, fen für immer in den blutbesprigten Straßen der Hauptstadt verloren gegangen!" Lafayette hatte Mühe, den Tumult zu fillen. Die Lesung der Ordonnanzen erregte neue Erbitterung, bis endlich Lafayette, durch die allgemeine Stimmung und feine eigenen Erinnerungen fortgeriffen, lächelnd jene verhängnißvollen Worte sprach:,,Šie sehen, Sie müssen Verzicht leisten; es ist aus mit den Bours bonen!" Dies war das Lodes Urtheil der Dynastie Karl's X.. Herr de Susy versuchte noch eines; er sah ein, daß es vor Allem darauf ankomme, den General, wenn auch nur auf Augens aus dem Stadthause zu entfernen, und schlug ihm daher eine Unterredung mit Herrn von Wortemart im Eurembourg vor.

Die Deputirten waren noch versammelt, als Herr Collin de Guffy erschien, um an der Stelle Herrn von Mortemart's die neuen Ordonnanzen Kart's X. vorzulegen. Man hörte diese Ordonnans zen gleichgültig an und nahm sie nur wie einfache Mittheilungen, nicht wie offizielle Dokumente auf. Einige beschwerten sich über den Titel eines Großfiegelbewahrers, den sich herr Chantelauze in der Ordonnans beigelegt, welche Herrn v. Mortemart zum Minister ernannte. Andere fragten, ob die Mitglieder des alten Kabinets, die noch nicht erseßt seven, auch in dem neuen Sig und Stimme haben würden. Herr Collin de Sussy ließ durch Laffitte antworten, daß der Herzog von Mortemart nebst den Herren Casimir Périer und Gérard beauftragt seyen, das ganze Kabinet zu erneuern. Als er endlich die Versammlung um die einfache Abnahme jener Dokumente bat, verweigerte man dies, Es ist zu spat", sagte Lafayette;,, das Volk hat selbst in den felbe, um, wie Benjamin Constant bemerkte, jede, auch nur stills schweigend ausgesprochene Anerkennung einer Regierung zu vers meiden, die vom Volke gestürzt worden. So sehr hatten fich die Gesinnungen der Deputirten innerhalb weniger Stunden verändert.

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gens haben die Beamten in der Provinz, fie Heirathet senn oder nicht, ein glücklicheres Loos als ihre Kollegen in der Hauptstadt. Ihre materielle Eristenz ist mindestens ges sichert, und sie sehen die reichen Kaufleute und wohlhabenden Eigenthümer ein eben so bescheidenes Leben, wie sie selbst, führen. Dann steht auch der Beamie in den kleineren Städten in einem gewissen Ansehen. Ift er Junggeselle, so wird er vermoge feiner 1500 oder 1800 Fr. Gnade vor den Augen der Mütter un verheiratheter Tochter finden, und manche Jungfrau wird ihn einem wohlhabenden Handelmann vorziehen, weil sie als seine Frau nicht nöthig hat, den Laden zu huten, weil sie um fünf Uhr speisen kann, und weil sie beim Präfekten angenommen wird. Jit er verheirathet, so hat er Zutritt in den anständigsten Häusern, etroa das Oeil-de-Boeuf der Stadt ausgenommen, wenn das gewichtige Wörtchen nicht vor seinem Namen steht. Sit seine Frau jung, hübsch oder geistreich, so kann sie die Busenfreundin der Frau des Präfekten, der Frau Generalin oder der Frau Uns ter Intendantin werden; er wird zu allen Gastmahlern, Festen und Soireen beim General Einnehmer gezogen. Welch' glücklis ches Dajenn! Das ist noch nicht Alles! Abends, wenn der Kaufs mann seine Stücke nachmißt, wenn der Handwerker unzufrieden seufzt, oder wenn die fleißige Natherin ihre Hände in flinkere Bewes gung fest, weil sie noch nicht 20 Sous verdient hat, dann gehen der Beamte und seine Frau frisch und fröhlich, geschnürt und gepast im jardin des plantes des Orts, auf der Esplanade oder sonst we spazieren, oder, wenn es Winterszeit ist, besuchen fie Gesellschafs ten, spielen Karten, den Point zu einem Sou, plaudern, maftern die Schönheiten des Landes, lejen die nenen Revuen oder unters halten sich von ihren Aussichten auf Beförderung.

Dennoch ist das Glück der Beamten in der Proving nicht vollkommen; ein Wurm nagt an ihrem Herzen, sie beneiden das Loos der Beamten in der Hauptstadt.,,Ja, wenn wir in Paris wdren", flagen fie,,,würde man uns nicht so vergessen. Beförs derungen, Gratificationen, Alles ist in Paris. Es hilft immer zu etwas, in der Nähe der Sonne au leben. Ach, wenn wir doch nach Paris reifen könnten." Endlich erscheint der mit vielen Opfern erkaufte Tag, an welchem die große Reife angetreten wird, und da nichts versäumt worden ist, um die Verwendung möglichst vieler Deputirten, Pairs und General Lieutenants zu ers halten, so erwacht laum ein Zweifel, daß es nicht gelingen follte, den erwünschten Plaß zu erorbern. Doch es ist schon von der Enttäuschung und der Erbitterung des unglücklichen Felician die Rede gewesen. Solcher Fälle kommen täglich mehrere vor.

Man sieht hieraus, daß der Beamte nirgends glücklich ist. Er ist unzufrieden in der Provins, unzufrieden in Paris. Allge meines Resultat: es giebt fein taurigeres Loos, kein unglücklicher res Daseyn, als das eines Beamten. Man dente fich nur, daß er faum so viel bezieht, um leben zu können, daß er betteln, Priechen, sich erniedrigen muß, oder, wenn er diese Mittel verschmäht, fich darauf gefaßt machen muß, es nie au etwas zu bringen. Was bleibt ihm in dieser schrecklichen Atters native für eine Wahl? Auch ser tabalirt und intriguirt. Er bes müht sich, diejenigen, welche einft zur Macht gelangen werden, aus der Menge herauszufinden; an diefe hangt er fich, und fo gelingt es ihm wohl, indem er diefen zur Seite stößt, jenen, der ein begründeres Recht hat, verdrängt, eine Gineture mit 8 10,000 Fr. au erhaschen.

Wie die Loofe aber auch fallen mögen, fo schreitet die Zeit doch für Alle fort, und es kommt nach dreißig Dienstjahren die Zeit der Pensionirung. Jest ertönen neue Klagetieder. So lange der Beamte noch jung war, Tehnte er diesen Tag herbei, der seine Ketten gerbrechen, ihm seine Freiheit, feine Unabhängigs feit zurückgeben sollte nun dieser erschienen ist, wie sehr ändert er seine Sprache. Man wird unwillkürlich an die Fabel von dem Holzbauer und dem Tode erinnert.,, Welche Ungerechtigkeit!" ruft er aus,,,welche Barbarei! Ich fing faum an, die Frubie meiner Arbeit zu sammeln, und jest verabschiedet man mich, res duzirt mit einem Federzuge meine Einfünfte um die Halfte. Was foll aus mir werden, deffen größtes Vergnügen die Arbeit, das Registiren, Expedicen, war Der Beanie vergift, daß es auch für ihn eine Zeit gab, wo er bobst erbittert daraber war, daf die alten Leute den jungen den Weg versperrten. Was helfen? aber alle Klagen? Er wird darum nicht minder penfiontri. Sind alle feine Kinder verheirathet und fesselt ihn nichts mehr an Paris, fo sieht er fich in eine eleine Stabi der Umgegend zurück, to er feine lesten Tage friedlich verlebt. Gut für ihn, wenn er jo viet erspart hat, um sich ein Stick Land kaufen und sich gemeinschaft

lich mit dem Maire des Oris auf den Veteranen unter den Ops pofitions Blättern abonniren zu können.

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Ausnahmen von einer so glücklichen Resignation Alud indeß hdufig genug. Haben Sie schon gehört?“ sagt dann und wann ein Beamter au seinen Kameraden, indem er gerade eine Feder aufpigt; unser früherer Bureaus Chef-"- „Nun, was ist mit bem?" ,,Sie wissen wohl, daß er sich in der Nähe von Chan, tilly in einem allerliebsten Dorfe niedergelassen hatte. Die schönste Natur; aber der arme Mann sehnte sich nach dem Grån feiner Altenftude. Seine Gesundheit wurde immer schwächer, sechs Monate fiechte er hin; der Bureau: Staub war zu seinem Das feyn unentbehrlich; er wurde immer binfälliger, und endlich hat die Langeweile seinem Daseyn ein Ende gemacht." Paul Daval

Polen.

Abenteuer eines Polnischen Edelmanns. *)

Daiersanowili, ein Polnischer Edelmann, der sur Zeit August's III. lebte, ist seiner Schicksale wegen merkwürdig. Bu erft diente er im Jahre 1747 im Französischen Heere und lämpfte unter dem berühmten Marschall von Sachsen in den Niederlanden gegen das Bundesheer der Holländer und Englander. Nachdem er an zwei Feldzugen Theil genommen hatte, lehrte er nach Pos len zurück. Hier findet er seine Schwestern nach dem Tode des Vaters in ihrem Erbtheile beeinträchtigt, da der Vater fein gans ses Vermögen der Stiefmutter verschrieben hat. Dzierzanowski faßt sofort den Entschluß, ihnen mit Gewalt Recht zu verschaffen und unternimmt nach einer damals in Poler noch gebrauchlichen Sitte einen sogenannten,,,Bajazd“, d. h. er fällt mit einer Schaar niederen Adels unvermuthet in das Dorf der Stiefmutter ein und swingt diese, ihm eine Summe von 15,000 Gulden auszuzahlen, die er den Schwestern übergiebt, ohne das Geringste für sich zu behalten. Bald aber erwacht fein Gewissen, weil er dem leßten Willen seines Vaters zuwidergehandelt, und als Büßender begiebt er sich nach Rom. Nach mehrmonatlichem Aufenthalte daselbst wandert er in der Pilgertracht nach Frankreich. Hier wird die Polizei auf ihn aufmerksam, er wird beobachtet und endlich als Bagabund ins Gefängniß gebracht. Es gelingt ihm zwar bald, durch den Beistand einiger in Paris anwesender Polen, die für ihn Bürgschaft leisten, sich wieder auf freien Fuß au feßen, er ist aber nothgedrungen, von neuem in Franzöfifche Kriegsdienste su treten, und zwar mit dem Beding, sich in die Französischen Bes fisungen nach Ostindien zu begeben. Dort angelangt, hat er eine rohe, dufammengeraffte Schaar in den Waffen zu üben und weiß diese fo geschickt sur Mannszucht und zum Kriegshandwerke su gewöhs nen, daß fie in den Kampfen mit den Engländern allen regus lairen Truppen gleichkommt, und Dzierzanowski's Ruf erschallt in allen Kolonieen. Aber nicht lange, da entzweit er sich mit dem General Gouverneur der Kolonie und verläßt in Folge diefes Swiftes seine neue Stellung, um in Frankreich gegen seinen Vors gefeßten selbst Klage zu fahren. Das Schiff, welches er besties gen, landete unterweges auf den Französischen Beßigungen in den Antillen und blieb dort eine Zeitlang vor Anker. Die ihm gẹ: wordene Muße und eine Erlaubniß des Französischen Kommans danten benußte Dzierzanowski, um sich eine genaue Kenntniß aller Hafen und Landungsplaße der Inseln zu verschaffen und Grunds riffe derselben aufzunehmen. Als er nun aber in Frankreich anlangie, ward seine Angelegenheit mit seinem ehemaligen Chef nicht nach feinen Wünschen erledigt, und dies veranlaßte ihn, sich nach Engs land zu begeben und, aus Rache gegen das Franzöfifche Gouver nement, alle seine Pláne und Beschreibungen der Antillen, insbes fondere die der Insel Martinique, an den Minister Pitt zu verkaufen. Mataifa was In London macht Dzierzanowski die Bekanntschaft eines vors nehmen Portugiesen, der ihm vorschlägt, sich nach Lissabon zu wenden, wo eben eine Flotte ausgerüstet wurde, die das Spar nische Paraguan unterwerfen folite. Mit Begier ergriff er die Gelegenheit, fich neuen Kriegsruhm zu erwerben, und bald ist er in Portugal. Doch laum ist er ans Land gestiegen, als feine allzu freie Denlungsart ihn der Inquifition in die hande führt. Er muß in den Kerker wandern und würde wohl lange in dems felben geschmachtet haben, wenn sich nicht vornehme Personen abermals feiner angenommen hatten. In Freiheit gefeßt, geht. er nach Spanien hinüber, wo er als Ausländer bessere Aussichten, als in Portugal, haben zu können glaubt. Hier gerdth er wieder mit dem Sächsischen Geschäftsträger in Kollifion und vergißt sich so weit, daß, als er aus dem Munde desselben Beleidigungen ges gen das Polnische Voll zu vernehmen vermeint, er ihm öffentlich ins Gesicht schldgt. Wunderlicher Weise hatte diese einem unans tastbaren Staats Reprdsentanten sugefügte Beleidigung so gute Folgen für Dzierzanowski, daß ihm der Kurfürst von Sachsen und König von Polen, Auguft III, mit dem Range eines Sachs fischen Obersten den Auftrag ertheilte, ein Regiment in Polen für ihn neu anzuwerben. 12

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polska" (Liffa, bet Günther), eines encyklopädischen Wertes, das in gedrängter etter, and innerbloede Kürze über alle aus Volens Geschichte dentwürdige Personen, Dete u. 1. Auskunft ertheilt. narisagi kas 1999 $18

So lehrt denn Dzierzanowski nach langer Abwesenheit in fein Vaterland zurück. Er findet August III. nicht mehr am Leben, und während seiner legten Wanderung hat bereits Stanis flaw August den Thron bestiegen. Er wird dem neuen Könige vorgestellt, und dieser findet aisbald so großes Gefallen an dem Humor und den interessanten Erzählungen des weitgereisten Mannes, daß er ihn an seinen Hof sieht, ihm eine Kammerherrns stelle überträgt und dadurch veranlaßt, den Sdchsischen Dienßen Ju entfagen. Nun lebte Dzierzanowsli mehrere Jahre am Hofe Poniatowski's, bis die Verwirrungen in Polen eintraten und die Intervention der fremden Monarchen erfolgte. In dieser Zeit herrschte der Russische Gesandte, Fürk Repnin, in Polen mit fast unumschränkter Gewalt; in ihm ersah daher Dzierzanowsli den gefährlichsten Gegner feines Vaterlandes; heftig bei allen feinen Entschlüßen, trifft er mit mehreren Gleichgesinnten im Geheimen die Verabredung, den Fürsten mitten aus Warschau zu entführen. Wenn man der Erschlung Rulhiere's, der sehr oft parteiisch in seinen Darstellungen ist, Glauben beimeffen darf, so hat Dzierzanowsli den König zum Mitwiffer feines Planes gemacht, hat ihm sogar eine schriftliche Auseinandersegung deffelben übers geben, und diesen Plan hat der König selbst dem Ruifischen Ambassadeur verrathen. Genug, die Absichi Dzierzanowski's wurde entdeckt, er selbst aber noch bei Zeiten von der Gefahr in Kenntniß gefeßt. Unter einer Mönchslutte entfloh er aus der Hauptstadt und entging glücklich den eifrigsten Nachforschungen Repnin's, der 5000 Dulaten demjenigen versprach, der ihm den Flüchtigen lebendig oder todt überliefern würde. Dzierzanowfli wurde nachher Mitglied der Barer Conföderation und theilte deren Loos. Seine späteren Schicksale find nicht bekannt ges worden.

Bibliographie.

Wiersze różne. (Verschiedene Gedichte.) Von Leopold Potojki. Wars schau. 3 Fl. Pomysły do filozofii dziejów rodzaju ludzkiego. (Herder's Ideen zur Philo fopbie der Geschichte der Menschheit.) Ueberseßt von Jof. Buchow. 3 Bde. Warschau. 6) Sl.

Mannigfaltiges.

Englisches Urtheil über die kosmopolitische Wirksamkeit der Deutschen. Ein im leßten Hefte der Foreign Quarterly Review enthaltener Artikel über den Einfluß der Deuts fchen auf die allgemeine Civilisation sucht nachzuweisen, daß uns fer Vaterland von allen Europäischen Ländern dasjenige sen, wels ches die parteilosesten und richtigsten Ansichten über Menschen und Völker hege, die außerhalb des großen Kreifes Europdischber Gefittung sich befinden. Alle andere mächtige Staaten unseres Welttheils, heißt es in jenem Artikel, waren mehr oder weniger direkt durch den Besiz Amerikanischer Kolonieen beim Sklavens handel und bei der Unterdrückung der farbigen Menschenracen intereffirt; Deutschland allein hatte den Vortheil, aus der Ferne ruhig zu beobachten und sein Urtheil lediglich durch die ftrens gen Prinzipien der Wissenschaft oder durch die leidenschaftss lofen der Religion und der Menschlichkeit leiten zu lassen. Manner, wie Leibniz, Justus Möser und Lessing, fährt der Englische Reviewer fort, haben bereits in den beiden legten Jahrhunderten in Deutschland jene gefunden Ideen ausgejdet, die bei uns erst in der neueren Zeit zur Reife gediehen find. Bes sonders aber wird Herder hochgestellt, der, wie Coleridge von ihm gefagt hat, Begriffe und Gefeße antizipirte, welche in Frankreich erst nach einer blutigen Revolution Eingang fanden, England durch parlamentarische Kampfe dem Schlendrian der Gewohnheit entringen mußte, Deutschland aber im Frieden und unter aufges fldrten Fürsten sich erwarb. Kaum hat ein neuerer Schriftsteller", so schließt die Review ihren Artikel,,,den Herderschen Ideen zur Beförderung der Humanitát noch Etwas hinzufügen fönnen. Um seine Intentionen vollständig darzustellen, mußte man eine Uebersicht aller menschlichen Verhältnisse und aller Endzwecke der Schöpfung liefern. Die wesentliche Unterscheidung der mensche lichen Kreatur von allen übrigen gefchaffenen Wesen, der unges heure Irrthum, den Menschen eine bloße höhere Potens des Affent su nennen (den kürzlich noch Tiedemann vollends darlegte, indem er nachwies, wie sehr sich die Hirnbildung des Negers von der des Urang-Utang unterscheide), die Identität der Verstandeskräfte bei den verschiedenen Menschens Racen, ihre natürliche Tendens, mit einander in Frieden zu leben, die berechnete Grausamkeit des gewöhnlichen Verkehrs civilisirter Nationen mit den Wilden der gangen Erde, die Abscheulichkeit der Negersllaverei, die verschies denen Grade der Civilisation, als Stufen zu einem höheren Zus stande des socialen Lebens, die Nothwendigkeit, die Sprache, die Musil, die Regierung und die besonderen Zustände aller Völker der Erde zu studiren, die Pflicht des Menschen, Mitgefühl für das ganze Menschengeschlecht, für den Aermßten sowohl als für den Mächtigsten, zu haben alles dies, worüber erk jeßt ein größeres Einverständniß unter uns zu werden beginnt, ist bereits von Herder gelehrt und dargelegt worden. Und wahrlich, es gereicht. ben Deutschen niche menis sur Ebre, daß fo Biele unter ihnen diefen großen Schriftfeller noch eben so fchagen, wie es ihre Vdter vor funfzig Jahren gethan haben."

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