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sonen des Reichs, deren Unterhaltung bei der Mußk eines beson ders, schlechten Orchesters vor unberufenen Ohren sicher seyn konnte. Ranelagh war Jahre lang Alles in Allem; es ist bes fannt, daß von seinen Thüren ab die Wagen eine fortlaufende Reihe bis zur Ecke der St. Jamesstraße bildeten, und erst in den leßten Jahren hat man die Straße, die jest Ranelagh Street heißt, mit Schlagbdumen versehen, um die ankommenden und abgehenden Züge in gehöriger Ordnung von einander entfernt zu halten.

Ranelagh ist von der Erde verschwunden; eine Dampfmaschine blast ihren gerduschvollen Rauch aus, wo früher die Seufzer von Liebenden die Luft erfüllten, und ein sogenannter Delphin, der den Zweck hat, aus der Mündung der Westminsters Schleuse reines Waffer auszupumpen, ift da zu sehen, wo früher eine glänzende Treppenflucht für die ängstlichen Gäste angebracht war, die lieber das irdische Paradies zu Wasser besuchten, um nur die Gefahren des Wagengedranges zu Lande zu vermeiden.

Auf Ranelagh folgte Vaurhall; neulich verbreitete sich das Gerücht, auch Baurhall gehe jest den Weg alles Fleisches oder alleröffentlichen Vergnügungsorte." Das ist zwar nicht wahr, aber so viel ist gewiß, daß Baurhall nicht mehr das ist, was es war. Die Sitte, in Baurball zu soupiren, hat aufgehört, und die Klasse seiner Besucher ist verändert. Vor dreißig Jahren war es der Sammelplag des Vornehmsten und Glänzendsten. Die Herzogin von Devonshire, die Herzogin von Bedford, die Hers Jogin von Gordon, Lady Castlereagh und Alle, die in der elegans ten Welt den Ton angaben, tamen dorthin, und um sie herum fah man nicht bloß diejenigen, welche zu ihren eigenen Kreisen gehörten, sondern auch die, welche, den Glanz ihrer Kleidung und ihre feine Sitten nachahmend, schaarenweise die Gärten anfällten.

Dies ist jest anders geworden, und das kommt daher, weil man jest ähnliche Gesellschaften in Privathäusern giebt, nur in viel glanzenderem Maßstabe. Die Feten des Adels verdunkeln alle Anstalten, die an öffentlichen Orten gemacht werden, um Glanz und Unterhaltung zu schaffen, und die immer auf einem Streben nach Gewinn basirt sind. Die Privatfete ist in einer Nacht zu Ende, der öffentliche Garten bleibt die ganze Saison hindurch offen. Von dem Augenblick ab, wo es Sitte in der Aristokratie wird, sich abwechselnd Feten zu geben, wird ihr Zusammentreffen an einem öffentlichen Ort überflüssig. Daher gehen auch die Fashionabeln nicht nach Vauxhall. Troß der ges rühmten Selbstständigkeit unserer Landsleute ist doch die Liebe zum Rang und der Wunsch, mit ihm in Berührung zu kommen, eine allgemeine Leidenschaft. Sobald die Fashionabeln weg bleiben, kommen auch die Nicht-Fashionabeln nicht mehr hin, und so nimmt die ganze Geschichte ein Ende.

Eine viel bedeutendere Veränderung in den öffentlichen Ver: gnügungen, die in noch fürserer Zeit eingetreten ist, besteht in der Veredlung der Genüsse der niederen Klasse und der Verfeis nerung des Geschmacks, wie sie sich sehr sichtlich darin ausspricht, das Konzerte auf einmal so beliebt geworden sind, und daß zu ihrer Aufführung an öffentlichen Orten oder in Theegarten, die vor wenigen Jahren eine sehr untergeordnete Rolle spielten, Zimmer eingerichtet werden, die an Glanz mit denen des Almacks Klubs oder Hanover Square's wetteifern sollen. Während die Theater in der leßten Saison ganz leer waren, sobald sie nur dramatische Unterhaltungen gaben, waren sie zum Erdrücken voll, wenn Kons zerte aufgeführt wurden, und obgleich der Eintrittspreis nur 1 Shilling betrug, so ging doch Alles viel geordneteter und rubiger zu, als man sonst von einem so gemischten Publikum erwartete. (Schluß folgt.)

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V. Dionysius Kniaznin.

Das Talent dieses Dichters brachte ihn frühzeitig mit den Beschüßern der Kunst und Literatur in Berührung, an deren Spise die Czartoryskische Fürstenfamilie stand. Der wahrhaft Königliche Hof der reichsten Edelleute, an welchem früherhin eitle Musiggånger herumschwärmten, verwandelte sich, als eine moralische Metamorphose mit dem Lande vorgegangen war, in einen Schuh und Zufluchtsort für die Jüngeren, die sich erst einen Namen machen sollten, und für die Alten, deren Tage des Ruhms schon vorüber waren. In Pulawy fand der junge Kniaz nin einen Arm, der ihn stüßte, und Augen voll Feuer, die ihn auf seiner poetischen Laufbahn ermunterten. Der begeisternde Einfluß des genius loci ist überall in seinen Dichtungen wahrzu nehmen. Seine drei Schauspiele: die dreifache Heirath",,,die Zigeuner" und die Spartanische Mutter", wovon das leg: tere herrliche lyrische Stellen enthält, wurden für das Theater von Pulawn geschrieben. Sein,,Ballon", ein Gedicht in zehn Gefangen, schildert die Unternehmungen einer au Pulawy unter Leitung eines Französischen Mathematikers gebildeten Ge sellschaft. Die Pläne derselben gelangen nicht, gaben aber dem Dichter einen unterhaltenden Stoff. Den Joyllen Kniaznin's fehlt es nicht an Grazie; den meisten Werth aber haben seine Oden, in denen sich oft große Kraft aufs harmonischste mit sanfter Schwermuth paart. Gewaltiges Pathos hat er nament: lich in den,,Elegieen des Orpheus auf Eurydice" entwickelt. Außerdem dichtete er auch Fabeln und machte treffliche Latei: nische Verse, die in vieler Hinsicht sehr an Comper's dhnliche Arbeiten erinnern. Eine unglückliche Leidenschaft verdüßterie Kniaznin's Tage; es fehlte dem Ort seiner dichterischen Triumphe nicht an einer Eleonore, die zu hoch stand für seine Haldigungen. Seine Liebe brachte ihm einen frühen Tod.

Mannigfaltiges.

Flamandische Sprache und Literatur. Als ein erfreuliches Resultat des zwischen Holland und Belgien zu Stande gekommenen Friedens darf zunächst auch die Wiederbelebung des Eifers für Flamándische Sprach und Literatur Denkmäler anges sehen werden. Das Flamandische, vom Holländischen so wenig verschieden, daß der Ausländer den einen Dialekt von dem anderen kaum zu unterscheiden vermag, war in Belgien, einestheils durch die Antipathieen gegen Holland und anderentheils durch die Sym pathieen für Frankreich, besonders seit den Ereignissen von 1830 so mißachtet, daß es nicht bloß von der politischen Rednerbühne und in der höheren Gesellschaft ganz verschwand, sondern allmás lig durch die größere Verbreitung Französischer Zeitungen, durch die Anstellung Wallonischer Prediger in Flamandischen Gemeinden und durch die ganz Französische Organisation des Militairs auch bei den niederen Ständen zu verschwinden drohte. Daß eine folche Misachtung der Muttersprache aus bloßer Nachaffung des Auslandes den Flamandischen Belgiern eben nicht zur Ehre ges reichte, sahen die Besseren unter ihnen wohl ein, doch ließ Die politische Leidenschaft keine Stimme aufkommen, die sich etwa für die Erhaltung jener National Denkmäler wollte vernehmen lassen. Erst in der neuesten Zeit und seitdem der König Leopold, dem, als einem Deutschen, das Flamandische allerdings werth feyn mußte, eine gewisse Theilnahme für Bestrebungen dieser Art zu erkennen gegeben, machen sich diese auch mehr bemerklich. Der König hat fogar eine besondere Kommiffion ernannt, die sich mit einer größer ren Vereinfachung der Flamandischen Orthographie beschäftigen foll, und diese hat bereits ein Gutachten darüber veröffentlicht. Gleich dem Holländischen wird auch das Flamandische darin als ,,nederduitsche taal" (Niederdeutsche Sprache) bezeichnet und damit das Verhältniß des Dialektes zum Hochdeutschen von selbst festgestellt. Besonders die Schreibung der Diphthonge, so wie der Gebrauch des I und des Y, fand bisher auf sehr willkürliche Weise statt, und dem wird nun bereits durch die Vorschläge der Kommission abgeholfen. Die Geistlichkeit hat sich bereit erklärt, in den Gesangs und Gebetbüchern, die sie von jest an drucken läßt, eine Ponforme Schreibung in der vorgeschlagenen Art statts finden zu lassen. Gleichzeitig ergiebt sich auch, daß bereits ein kleiner Kreis recht verdienstvoller Flamandischer Dichter eriftir. Wir nennen darunter Herrn Prudent van Duyse, welcher unter dem Titel,,Vaderlandsche Poezij" drei Bande lyrischer Gedichte herausgegeben, von denen ein größeres:,,ber Lad des Grafen von Egmont", von einer Flamandischen Ges fellschaft mit einem Ehren Preise belohnt wurde; ferner Herrn Ledegand, welcher einen Band Bloemen mijner Lente (Blumen meines Frühlings), und Madame van Acker, die ebenfalls einen Band Gedichte unter dem Titel Madelieven" (Maßliebchen) erscheinen ließ. Als Schriftsteller in Profa werden die Herren Willems, Visschers, Lambin, Snellaert u. A. genannt. Der Einfluß Deutscher Romantik macht sich bei allen neueren Flamandischen Dichtern bemerklich, insofern sie nämlich nicht mehr, wie ihre Vorgänger, bloße Bearbeitungen Französischer Themata liefern oder die Mythologie der Griechen und Römer ausbeuten; indeffen ward ihnen dieser Einfluß nicht direkt au Theil, sondern erst auf einem Umwege, durch die Vermittelung der Franzosen, sind sie unbewußt auf Deutschen Boden zurücks geführt worden.

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Nummern. PränumerationsPreis 224 Sgr. († Thir.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 108.

Ma ga z in

für die

Beiblatt der Allg. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wobüöbl. Post - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Montag den 9. September

Frankreich.

Der 27., 28. und 29. Juli 1830 in Paris. (Nach der Histoire de France pendant la dernière année de la Restauration. ") Der 27. Juli folgte einer ruhigen Nacht. Seine ersten Augens blicke wurden durch einen Vorfall bezeichnet, der zur Verstärkung des Volks: Aufstandes in bohem Grade beitrug. Auf die Weiges rung ihrer Drucker hatten die Redacteure von drei Journalen fene vor den Richterstuhl des Herrn von Belleyme geladen, der Präsident des Civil, Tribunals von Paris war. Dieser Richter hatte sich durch ein geschicktes und angemessenes Benehmen in feinen Functionen als Königlicher Anwalt und Polizeis Präfekt eine gerechte Popularitdt erworben. Herr von Bellenme stüßte Rich in seinem Urtheile auf den Umstand, daß die auf die Preffe bezügliche Ordonnanz noch nicht in der legalen Form bekannt gemacht sen, und machte dem vorgeblichen Widerstande der Drucker ein Ende. Obwohl diese Entscheidung die Gesezmäßigs Peit (Legalitat) der Ordonnanzen implicite anerkannte, so sahen doch in ihr die Journalisten eine Aufmunterung von Seiten der Magiftratur zum Widerstande der Presse.

Troß der Ordonnanzen, wurden alle Blätter der Opposition, mit Ausnahme des Journal des Débats und des Constitutionnel, ohne Censur publizirt. Zu Laufenden wurden ihre Exemplare gekauft und drangen in die entferntesten Gegenden der Stadt, um hier eine starte Gahrung hervorzurufen. Der Polizei Prdfekt befahl die Wegnahme der Preffen, welche zu der Vermehrung jener Jours nale gedient hatten; aber diese Operation vollzog sich nur unter großen Schwierigkeiten. Die Herren Thiers, Carrel und Mignet schlossen sich in den Bureaus des National ein; man mußte ihre Thüren erbrechen. Man beauftragte einen Schlosser, die Preffen zu vernichten; aber durch die Drohungen des Volks eingeschüch tert, konnte dieser Mann nur eine unbrauchbar machen, die noch an demselben Abend ohne Unterbrechung des Dienstes wieder hergestellt ward. Unter den Redacteuren des Temps zeichnete fich besonders ein Mann durch seinen starken Widerstand aus, den er den Polizei-Agenten entgegenseßte. Dieser, Herr Baude, früher Unterprdfelt, seit langer Zeit ein heftiger Gegner der Restauration, bedrohte die Agenten laut mit den Strafen des Code pénal, fchüchterte die Arbeiter ein, welche die Pressen un brauchbar machen sollten, kurz, man sah sich genöthigt, den Schloffer des Schaffots herbeizurufen. Unter dem Schuge vieler Gendarmen nahm man die übrigen Preffen fast ohne ernstlichen Widerstand weg. Dagegen wurden die Preffen der royalistischen Journale durch Volkshaufen unaufhörlich beunruhigt, die ihrem Gebrauche alle nur mögliche Hindernisse entgegenfeßten.

Diese Wegnahme der Pressen zeigte die dußere Seite der vers haßten Angriffe auf das Eigenthum und rief in den Gemüthern eine große Aufregung hervor. Zahlreich versammelte man sich in den Büreaus des National; drohende Aeußerungen ließen sich hören.

Die Wiege der Revolution von 1789, das Palais Royal, war auch dieses Mal der Schauplaß der heftigsten Gährung. Die Kaufleute schlossen ihre Laden; Redner lafen und erklärten mit lauter Stimme die verbotenen Journale; überall achtete man' der Ordonnanz nicht, welche die Auslegung jener Journale an den öffentlichen Orten verbot; die Versammlungen wuchsen von Augenblick zu Augenblick. Gegen Mittag befahl der Polizei Pras felt das Aufhören dieser Versammlungen und ließ an verschie benen Punkten Militairposten ausstellen.

Mehrere Drucker hatten Abends vorher ihre Arbeiter aus dem Dienste entlassen, indem sie ihnen die Unmöglichkeit vorstells ten, ihnen Arbeit zu geben. Ebenfalls ließen zwei Chefs der Industrie, welche zugleich Mitglieder der Deputirten Kammer waren, ihre Werkstätten räumen. Ihr Beispiel fand viele Nach ahmung. Furchtbar und rasch wuchs hierdurch die emporleimende Insurrection. Die Straßen der Hauptstadt füllten sich mit einer Menge starter Menschen, welche durch das Unglück zur Vers 3weiflung gebracht und größtentheils in den Waffen geübt waren. Die Handlungsdiener verließen ihre Gewölbe, um auf die öffents Lichen Plaße sich zu begeben; die Böglinge der Rechtsschule und

*) Vergl. Nr 78 des Magazins.

1839.

die jungen Medisiner sprachen ganz offen die Absicht aus,__an dem Tumulte Theil zu nehmen. Eine Bekanntmachung des Con seils des öffentlichen Unterrichts erinnerte sie an die Strafen, welche für solche Fälle durch die Ordonnanzen von 1820 und 1828 festgefeßt waren. Aber der Minister weigerte sich, die Schließung der Schulen zu befehlen; er glaubte mit Recht, daß ein solcher Entschluß die Zahl der unruhigen Köpfe vermehren und die Gemüther erbittern würde.

Diese

Die zu Paris gegenwärtigen Deputirten vereinigten sich des Morgens bei Casimir Périer. Labben de Pompières præfidirte dieser Versammlung. Périer bemühte sich, zu zeigen, daß in der gegenwärtigen Lage die Klugheit der einzige Entschluß wäre, welchen die Ereignisse geböten. Der ditere Dupin wollte diese Ermahnungen noch übertreffen und rief durch seine furchtsamen Rathschldge mehrere Male den Unwillen der Versammlung hervor. Verschiedene Meinungen famen zu Tage. Einige Deputirte meinten, man müsse durch eine Adresse oder in einer Audienz den König um die Zurücknahme der Ordonnanzen bitten, indem man ihm die Gefahren des Landes vorstelle. Andere wollten, man möge die für die Wahlen_festgeseßte Epoche erwarten; dann könne man der Sache der Opposition das Uebergewicht vers schaffen. Aber Mauguin, de Laborde, von Schonen, Andry de Punraveau, Perfil, Labben de Pompières sprachen sich für einen aktiven Widerstand aus. Inzwischen tamen zwei Deputationen der Wähler, an der Spige der einen Mérilhou und Boulan de la Meurthe, der anderen Thiers und Chevaliers Lemore. baten die Versammlung, fie möge unverzüglich den Entschluß einer bewaffneten Insurrection faffen. Diese Meinung ward von C. Périer lebhaft bekämpft. Er behauptete, daß die ordnungss mäßig aufgelöste Kammer ohne Kollektiv. Gewalt sey, und warf seinen Gegnern vor, daß sie durch ihr Aufgeben der legalen Bahn die Sache der Opposition verschlimmerten. Vorzüglich machte er auf den ungleichen Kampf aufmerksam, welchen man mit der Regierung eingehen wolle, und lud die Versammlung zur Wahl eines Lokals ein, das den Blicken und der Thätigkeit der Autoritát weniger ausgefeßt wäre. Die Wohnung des Herrn Périer, welche in der Straße der Kapuziner lag, war allerdings unaufs hörlich von jungen Leuten umgeben, welche die Deputirten bei ihrem Eintritte mit lautem Beifall begrüßten. Die Straße wurde durch Gendarmen vermittelst einiger Schüsse gerdumt. Die Des putirten vertagten sich bis auf den folgenden Tag, hatten aber den Entschluß gefaßt, daß alle Mitglieder, welche damit einvers standen wären, zur Versammlung einen Proteftations - Entwurf mitbringen follten. Besonders wurden Guizot, Villemain und der ältere Dupin aufgefordert, sich mit der Abfassung eines solchen Entwurfs zu beschäftigen.

Doch der Augenblick des Aufruhrs war gekommen.

Der Herzog von Ragusa, Ober-Befehlshaber der Garde, hatte vom Conseil der Minister am 25. Juli das Ober-Kommando der in der Hauptstadt vereinigten Truppen empfangen. Diese Wahl, auf welche die Empfehlung des Herrn von Bourmont_besonders eingewirkt hatte, war eine unglückliche zu nennen. Denn von der Impopularitat ganz abgesehen, welche durch sein Benehmen im Jahre 1814 unter den Mauern von Paris zu sehr motivirt war, hing der Marschall dem Systeme nicht an, zu deffen Stüße er berufen war. In einer langen und mühevollen Laufbahn hatte das Glück selten seine militairische Geschicklichkeit unters füßt. Er stand mit mehreren Häuptern der revolutionnairen Pars tei in Verbindung und verhehlte feinen Unwillen nicht über den Vorzug, welchen der König dem Herrn von Bourmont gegeben hatte, als er diesem, der im Range dem Herzoge von Ragusa nachs stand, den Oberbefehl über die Expedition nach Algier übertrug.

Karl X. selbst theilte dem Herzoge von Ragusa su St. Cloud die Mission mit, welche ihm anvertraut war, und befahl ihm, sich ohne Verzug nach Paris zu begeben, wo er das Kommando der Truppen übernehmen sollte. Der Marschall gehorchte und empfing von Herrn von Polignac die Ordonnanz, welche ihn in feine Stellung einfeßte.

In Paris fand er den Generalstab der Garde in Unordnung. Mehrere Offisiere hatten keine Pferde. Auch waren für den Fall eines ernstlichen Widerstandes keine Vorbereitungen gemacht; fos gar waren die Truppen in ihren Quartieren nicht einmal konfigs nirt. Die militairische Macht in Paris mochte sich ungefähr auf 12,000 Mann belaufen, von welchen man an 1300 Mann für

den Dienst der Königlichen Wachen zu Paris und St. Cloud abs ziehen muß.

Der Marschall ertheilte den Truppen unverzüglich den Bes fehl, die Waffen zu ergreifen, und vertheilte die verschiedenen Corps mit der Artillerie auf den Boulevards, dem Pont Neuf und den Hauptplågen der Stadt.

Des Morgens früh batte ein Befehl des Polizei, Präfekten das Palais-Royal geschlossen. Diese Maßregel verstärkte nur die Volksgahrung. Auf den Plaß und in die benachbarten Straßen zurückgeworfen, wuchs die Menge mit jedem Augenblicke und ließ den Ruf hören:,,Es lebe die Charte! Nieder mit den Minis stern! Die Kaufmannsgewölbe wurden augenblicklich geschlossen, und die Commis, zur Unthätigkeit genöthigt, vergrößerten die Masse der Unruheftifter. Mit solchen war gegen zwei Uhr der Plas des Palais-Royal ganz angefüllt. Die Gendarmerie erhielt den Befehl, die Räumung des Plases zu bewirken, und führte ihn aus. Die zurückgeworfene Menge zerstreute sich nach verschies denen Richtungen, offenbarte abes drohende Bewegungen. Ein Theil derselben sammelte sich auch wieder in einer Ecke der Galerie von Nemours, dem Kaffeehaufe der Regentschaft gegens über, und warf von hier aus Steine auf die auf dem Plage stehenden Gendarmen. Ein Detaschement der Königlichen Garde vertrieb diese angreifende Schaar, welche bald verschwand. Gegen drei Uhr bildeten sich noch zahlreichere Versammlungen in der rue du Lycée. Um diese Straße zu säubern, rückte der Offizier aus, welcher im Palais Royal Dienst hatte, ungefahr mit zwanzig Mann. Seine Ermahnungen blieben ohne Erfolg; er bemächtigte sich des Gewehrs eines Sergeanten und befahl seiner Schaar, zu feuern. Aber man gehorchie ihm nicht; man machte ihm Gegenvorstellungen; er hielt ein. Allein da das Volk fortfuhr, auf dieses Detaschement Steine zu werfen, wieder holte der Offizier seinen Befehl; dieses Mal schoß man; ein Mensch wurde getödtet und drei andere verwundet. Das war das Zeichen zum Kampf. Das Gerücht hiervon verbreitet sich bligesschnell in den nahen Gegenden des Palais-Royal, verdops pelt die Erbitterung der Menge; überall versammelt man sich unter dem Rufe:,,Es lebe die Charte!" Die Gendarmen schießen in die benachbarten Straßen; die Uhlanen durcheilen den Play Vendôme und die benachbarten Quartiere und zerstreuen mit ihren Waffen zahlreiche Versammlungen. Mehrere Personen find vermummt. Ueberall hört man ein Rachegeschrei. Die Aufs rührer bewaffnen sich mit den Ueberresten einer Ladung von Zies gelsteinen, welche zum Bau des Palais Royal bestimmt sind. Die wachsende Menge verbaut die Straßen St. Honoré und Richelieu, und die Gendarmerie, mit Stöcken und Steinwürfen, gewaltig angegriffen, wird zu schwach, um die Verbindung wieder herzustellen.

Gegen sechs Uhr werden mehrere Detaschements Infanterie und Kavallerie von der Garde in Bewegung gefeßt. Eine starke Patrouille durchzieht die Straße St. Honoré. Eines dieser Des tajchements wird mit einem Hagel von Steinen empfangen, den es mit Gewehrfeuer beantwortet. Einer der ersten Schüsse trifft einen Englander, einen Studirenden der Medizin, mit Namen Folks, den man in poetischer Auffassung in For umgewandelt hat. Eine weite Ladung in die Straße Traversière bringt vier Menschen den Tod.

In demselben Augenblick erhob sich in der Straße St. Honoré, die erste Barrikade, aus drei großen umgeworfenen Wagen ers' richtet. Diese Art der Vertheidigung, deren Wirkung so mächtig seyn sollte, war seit den Unruhen der Fronde in der Hauptstadt nicht wieder angewandt. Das Voll, welches sich ihrer bei der Emeute in der Straße St. Denis, 1827, erinnerte, schien sie an dem blutigen Tage des 13. Vendémiaire gänzlich vergessen zu haben.

Eine andere Barrikade erhob sich fast gleichzeitig an der Straße Ebelle. Ein zahlreiches Detajchement kam herbei. Der Offizier forderte das Volk auf, sich zurückzuziehen; man ants wortete ihm nur mit Steinwürfen. Hierauf läßt er schießen; die Aufrührer weichen zurück; die Barrikaden werden zerstört. (Forthegung folgt.)

England.

Die Vergnügungen der Engländer jetzt und ehedem. (Schluß.)

Eine andere Volksbeluftigung, die jeßt aufgehört und, wenn man Swift glauben darf, zu seiner Zeit wenigkens beim Volk sehr beliebt war, ist das Balladen ingen auf den Straßen; zwar hört man noch dann und wann ein Paar Schreier, aber sie wers den von Niemanden beachtet, und die Balladen, die jegt auf der Straße verkauft werden, haben meist einen ernsten, sentimens talen oder wild fröhlichen Charakter, wie sie schon bei den Kons zerten Mode geworden And oder in denjenigen dramatischen Uns terhaltungen, die sich des Patronats eines urtheilsfähigen Publis tums erfreuen.

Ein Fortschritt aber, der vielleicht so bedeutend ist als irgend ein anderer, der in den legten dreißig oder vierzig Jahren einger treten ist, seigt sich in dem dramauschen Geschmack des Volks; um die Veränderungen, die sich hier hervorgethan haben, zu ers Pennen, braucht man nicht einmal bis zur Zeit zurückzukehren, wo Garrid im Theater das Scepter führte, einer Zeit, die vor

fung einer Komödie den Gegenstand der allgemeinen Unterhals tung und sehr oft einer voluminösen Korrespondenz, und die Aufs führung derselben war eben so geeignet, die Stadt ins Theater au locken, als ein,,Aufruf", das Unterhaus voll zu machen. Damals waren auch nur zwei Theater, die nur vom 15. Seps tember bis zum 15. Mai spielten. Jedes Theater hatte seine bes stimmte Schauspielergesellschaft, und die geringste Veränderung in derselben machte gleich Aufsehen. Scenische Darstellungen hatten auch noch später für das Publikum viel Reiz, bis jene vom modernen Liberalismus für ein grobes Monopol erklärte Einrichtung aufgehoben wurde und fast in jeder Straße der Hauptstadt Theater entstanden.

Als Grund für die Aufhebung jener Beschränkung führte man an, die Bevölkerung Londons und der Vorstädie habe sich so sehr vermehrt, daß die vorhandenen Schauspielhauser nicht mehr für sie reichten, und daß man mehr Theater brauche. Dasselbe konnte man mit gleichem Recht von Bildern, Büchern oder Statuen fagen; doch hier wäre die Antwort: Ja, aber wo wollt ihr die Maler, Kupferstecher und Bildhauer herneh men?" Hierauf würden wieder viele hundert Stimmen schreien: ,,Hier sind wir"; jeder Pfuscher würde kommen und sich Alles in allen möglichen Zweigen der Kunst zutrauen. Das Publikum sicht, denkt und fühlt anders. Wir haben Theater, aber wo find die Schauspieler und Schriftsteller, die uns hinlocken? Affen, Hunde, Ziegen, Pferde, Riesen, Löwen, Tiger und Herren, die mit gesenktem Kopf auf den Brettern herumspazieren, sind wohl in ihrer Weise interessant und werden mitunter, wenn auch nicht immer, die Theater fällen. Aber den Geschmack am echten Drama hat das Publikum ganz verloren, und daran ist erstens die Menge von Theatern Schuld, die über die ganze Stadt zerstreut find, und zweitens die daraus hervorgehende Zerstreuung des dramas tischen Talents. An jedem dieser kleineren Theater findet man drei oder vier gute Schauspieler, die, wenn man sie, wie früher, in zwei gute Gesellschaften vereinigte, uns das wahre Drama geben wurden. Das Publikum würde sich freuen, seine Liebs linge so beisammen zu sehen, und die dramatischen Schriftsteller würden sich bemühen, uns gute Stücke zu liefern, ermuthigt durc die Hoffnung, sie gut dargestellt zu sehen.

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Konkurrenz in der Kunst ist Unsinn. Soll das Land befries digt werden, so darf nur das Große und Anerkannte sich geltend machen. Wenn ihr irgend eine große öffentliche Arbeit der Konkurrenz preisgebt, so wird sich finden, daß ein großer Künstler an einer solchen Konkurrens niemals Theil nimmt, und daß die Ausführung des Werks dann immer der Mittelmdßigkeit anheims fällt. Wozu dies? Warum soll das Erercitium eines Schülers zum Entwurf dienen, wonach ein großes National Monument für die Nachwelt errichtet wird? Wer würde es sich gefallen laffen, sich einen ganzen Monat hindurch von 30 Barbierlehrlins gen barbieren zu lassen, um sich einen geschickten Bartkraher aus ihrer Mitte zu wählen, wenn er gleich nach dem Meister selbst schicken kann, der ihn zu barbieren versteht? Warum sollen die Theater Schulen für Schauspieler werden, wenn man in der Stadt und der Nachbarschaft Talente genug zerstreut findet, um gute Truppen für zwei Theater abzugeben?

Daß auch die Veränderung der Zeit des Schauspiels viel zum Verfall der Theater beigetragen hat, leider keinen Zweifel; denn wenn einmal eine Vorstellung gegeben wird, die besucht zu werden verdient, so geht gleich die ganze Lebensordnung einer Familie drunter und drüber. In diesem Augenblick z. B., wo die Wiedererweckung Heinrich's V. durch den eifrigen Shakespeas rianer Herrn Macready so viel Theilnahme erweckt, sind die Unbequemlichkeiten, welche diejenigen Personen zu ertragen haben, die das Stück zu sehen wünschen, unberechenbar. Und warum gehen sie hin? Eiwa um sich am Stück zu ergößen? um den unsterblichen Dichter zu bewundern? Weit gefehlt, sie wollen nur die schönen Decorationen sehen, die von einem unserer ersten Künstler gemalt sind, und den Chor, der durch den klassischen Direktor wieder ins Leben gerufen worden.

Daß die Tragödie die bombastische Tragödie abgerechnet, die noch für Privatschulknaben und Lehrlinge anziehend ist, ihre frühere Popularitat verloren hat, kommt daher, weil die Leute nicht mehr so sentimental sind. Man finder jest nirgends mehr Etwas, was wie Empfindung aussieht. Aufklärung und Erzie hung haben sie aus der Gesellschaft vertrieben. Verliebte Leiden find jest eine Zielscheibe des Scherzes geworden. Die Liebe, die früher die Tugend so empfindsam machte, hat sich in nackte Leis denschaft oder in Eigennug verwandelt. Die Leute heirathen, weil fie glauben, daß sie sich weich und warm in der Ehe fübs len werden, oder weil sie einen befonderen Zweck dabei im Auge haben; aber das Gewimmer einer Theaterheldin oder das Schlucht jen eines halb verrückten Liebhabers machen, wenn man das Gelächter, das sie erregen, abrechnet, nicht mehr Eindruck als die,,Mondscheinleiden der intereffanten Delias, Cetias, Julias und Amelias aus der respektabeln Firma der Herren Lane und Newman seligen Andenkens.

Eine andere Ursache dieses Abfalls ist die Verbreitung ges selliger Fertigkeiten in diesem Lande. Man findet kaum ein Mädchen in einer mittelmäßig guten Gesellschaft, die nicht besser Angt und spielt, als vor einem halben Jahrhundert diejenigen, welche in diefen beiden Künsten unterrichteten. Unterstüßt werden fie in diesen Bestrebungen von den jungen Männern des Tages, and so schaffen sie sich im Bunde mit einander Genie in ihren eigenen Wohnungen, die nicht wenig dadurch an Reis gewinnen,

Berdnderung, die feit sehr kurzer Zeit in der höheren Gesellschaft zu Stande gekommen ist, daß das Studium der Musik, der Ins strumentals wie der Vokalmusik, bei den jungen Männern vom ersten Rang im Lande so allgemein geworden. Der Thyrsis des Weingotts hat der Leier Apollo's Plaß gemacht, und die fashionabel gewordene Sitte, sich des Weins nach Tische zu ents halten, die fast in eine strenge Thee Diät übergegangen ist, bietet der schönen Liebenden reichliche Gelegenheit, die Talente ihres Freundes in Fertigkeiten glänzen zu laffen, die noch vor' vierzig oder funfzig Jahren seinem Rang und seiner gesellschafts lichen Stellung nicht geziemt hätten.

die aber in Die Enthaltsamkeit, von der ich spreche haben wir ohne manche Kreise noch keinen Eingang gefunden Zweifel unserem ununterbrochenen Verkehr mit dem Kontinent zu verdanken, und dieser ist wieder das Werk des langen Fries dens, der Dampfböte und der Eisenbahnen. Aber wenn wir in geselligen Genüffen durch diesen Verkehr gewonnen haben, so ist er leider auch Schuld an der Einfährung des Rauchens als eines öffentlichen Vergnügens. Das Rauchen kannten wir zwar schon seit der ersten Entdeckung des Unkrauts", und vor hundert Jahs ren war es sogar allgemeine Sitte, Pfeifen waren an der Tagess ordnung, ja, das Unterhaus selbst wäre ohne Rauchzimmer nur ein schlechtes Rezeptakulum für die ',,Kollektivweisheit“ der Nation gewesen. Aber das hatte sich geändert, die Sitte war abgefoms men und nur noch auf die niederen Klassen beschränkt. Der Vers kehr mit dem Festlande hat uns diese Ennuyante in einer anderen Gestalt wieder zurückgebracht, sie ist wieder ganz allgemein, nicht, wie in den Tagen des vernünftigen Rauchens, auf Gasthöfe und Bierhduser beschränkt, sondern an öffentlichen Orten, in öffents lichen Fahrwerken, ja auf den Straßen und Pidßen, überall wird geraucht.

Eine andere merkwürdige Veränderung im Leben der Haupts stadt ist der Verfall der Schenken und Kaffeehdufer. Als Zubes hör eines Hotels für die Bequemlichkeit seiner Bewohner ist eine Kaffeestube noch überall zu finden, aber ein Kaffeezimmer in einem Wirthshaus zur Aufnahme von allerlei Gästen ist schon eine Seltenheit, außer in der City, wo es gilt, den Appetit der Geschäftsleute ju stillen und wo das Klubsystem noch nicht sehr herrschend geworden ist. Die Verbreitung und Ausdehnung der Klubs find merkwürdige Zeichen der Zeit; ihr Nußen und ihre Vortheile sind von der Art, daß man sich wundern muß, nicht bloß warum diese Dinge nicht vor Jahren schon eingeführt wurs den, sondern wie überhaupt die Menschen ohne sie leben konnten. Die Klubs, die London viele Jahre hindurch hatte, waren der Whitesche, der Brookessche und der Boodlesche. Der Whites febe ist der älteste und war zu Hogarth's Zeiten als Chokolades fle haus berühmt. Der Brookesfche entstand, nachdem die Herren Boothby und James im Whiteschen durchgefallen waren gründeten ihn, um ihn mit dem legteren rivalisiren zu lassen, und er hatte anfänglich seinen Sig bei Almacks. Sir Willoughby Aston war es, der später den Boodleschen ins Leben rief; aber diese Klubs waren nur politische und Spielklubs, sie waren noch nicht allgemeine gesellschaftliche Rendezvous und boten nicht die großen ökonomischen Vortheile beim Frühstück, Mittags und Abends brod, wie die gegenwärtigen Anstalten dieser Art.

Und, was mit diesem Punft in gewisser Hinsicht zusammenhängt, welche wunderbare Veränderungen sind in der Lage der Dinge einges treten seit jener Zeit, wo es Sitte des Königs war, am Vors abend des Dreikönigstages öffentlich im St. James, Palast Ha, zard zu spielen?

3m Gentleman's Magazine von 1753 findet man folgenden Bericht von den Resultaten dieses Spiels in jenem Jahre: Sonnabend, 6. Januar. Am Abend spielten Seine Majestät Hazard zuin Benefiz des Oberthürftehers; die ganze Königliche Familie, die mitspielte, gewann, besonders der Herzog, 3000 Pfd. Die bedeutendsten Verlierer waren der Herzog von Grafton, die Marquise von Huntingdon, die Grafen von Holdernesse, Ashburns ham und Hertford. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz von Wales und Prinz Edward und eine ausgesuchte Gesellschaft tanzten im kleinen Galazimmer bis eilf Uhr, wo die Königliche Familie sich entfernte."

Die Sitte des Hazardspiels hörte nach der Thronbesteigung Georgs III. auf; aber seltsam ist es doch, wenn man nur achtzig Jahre zurücksicht, zu finden, wie der Souverain, nachdem er am Morgen dem Gottesdienst mit der größten Feierlichkeit beigewohnt, am Abend das thut, was in unseren Lagen Jedermann den härtes Ren Strafen ausfeßt und zu dessen Entdeckung und Verhinderung eine Bill dem Parlament vorliegt, die der Polizei die Macht geben foll, au jeder Stunde des Tages und der Nacht in die Hauser der Unterthanen Ihrer Majestat einzudringen. *)

Eine andere Veränderung im geselligen Leben ist an dem Verschwinden der Karten aus der Gesellschaft bemerkbar. Die jungen Leute spielen selten øder nie Karten, und da bei dem gegens wärtigen Stand der Dinge die alten Leute felten zu sehen sind, so if auch das Spiel selten geworden. Karten werden gefpicit, aber nur von bestimmten Personen zu bestimmten Zwecken; betrach tet man aber die große Waffe der Gesellschaft, so bilden sie nicht

*) Das im St. James Valak zum Spiel bektimmte Zimmer war aufe fallend dunkel und wurde deshalb von den Bewohnern des Palaßtes Hölle" genannt. Davon, and nicht, wie man gewöhnlich glaubte, weil es fo fchlecht Barin aussah, bekamen alle Spielhäuser in London denselben furchtbaren Na men. Die, welche das Englische Hazard fotelen oder gespielt haben, werden fich erinnern, daß aus einem ähnlichen fonderbaren Grunde der Mann, der die Würfel zusammenscharrie und die Vortheile ausrief, der groomporter" oder Oberthürsteher" genannt ward.

mehr, wie früher, als musikalische Fertigkeiten noch selten waren,
einen Haupttheil der Abendunterhaltung.

Pferderennen scheinen sich zu erhalten, und das ist auch recht
gut, da sie zum Gedeihen unserer National Pferdezucht nothwens
dig sind; obgleich zu fürchten ist, daß bei der Verbreitung der
Eisenbahnen und den großen Ankaufen, die von den Fremden ges
macht werden, der Stamm sich bis zu einem Grade vermindern
wird, der diejenigen beunruhigen muß, welche wissen, was wir
im lesten Kriege unserer trefflich berittenen Kavallerie zu vers
danken hatten.

Der Preis oder Faustkampf ist in Verfall gerathen, und zwar zum großen Theil durch den Mangel an Vertrauen von Seiten seiner Patrone zu ihren Schüßlingen. So roh dieses Vers gnügen auch scheint, hat man immer zu seiner Vertheidigung dies angeführt, daß es nothwendig sen zur Erhaltung jenes Britis tischen Geistes, der zwei Leute, die mit einander in Streit geras then sind, zu einem männlichen Kampf treibt und jene hinterliftis gen, meuchelmörderischen Sitten nicht aufkommen läßt, wie man sie bei Nationen findet, die von der Borerkunft nichts wissen. Wie weit diese Vertheidigung haltbar ist, lassen wir dahingestellt; so viel aber ist gewiß, daß seit der Zeit, wo das Boren selten geworden, faum eine Woche vergeht, wo nicht ein oder zwei Erdolchungsfälle, die bisher in England so selten waren, vor uns seren Gerichten verhandelt werden.

Der Hahnenkampf ist nicht bloß gefeßlich strafbar, sondern ist auch neulich von den Richtern unseres Vaterlandes wirklich bestraft worden. Auch die Stier und Bärenheßen sind vers schwunden, dagegen sind Bogenschießen und Falkenjagd seit einis gen Jahren in einer Wiederbelebung begriffen, die eben so weise und nüßlich ist, als der Eifer, womit man in Wales arbeitet, die alte Welsche Sprache wiederherzustellen.

Rudern, oder wie es klassisch genant wird,,,Schiffen", nimmt unter den Vergnügungen des Tages einen, sehr hervorras genden Play ein. Beim Beginn des vorigen Jahrhunderts und bis zur Mitte desselben stand diese,, Wasserübung keinesweges in gutem Ruf. Die steifen, goldverbrämien Jacken der Dandies jener Zeit paßten eben so schlecht dazu, als ihre Sitten und Ges wohnheiten zu den Leuten, mit denen sie dadurch in Verbindung famen. Und doch ist es eine von den Erholungen, die, indem fie körperliche Uebung mit Zerstreuung verbinden, zugleich Gesunds heit und Genuß gewähren doch nicht, wie wir so häufig sehen, ganz ohne Gefahr.

Das Turnier lebt immer mehr auf, und die herbstlichen
Uebungen bei Lord Eglintoun versprechen bedeutende Resultate.
Es ist zu hoffen, daß nicht ernste Unglücksfälle daraus entstehen,
bei der Probe hatte, nicht unbedeutend waren.
obgleich die Folgen, die es für einen oder zwei von den Rittern

Ein sehr flüchtiger Blick auf das Register der Sehenswürs
digkeiten, die jest am meisten besucht sind, wird Jeden die Totals
Nation in der bezeichneten Periode erfahren haben.
Veränderung erkennen laffen, die der Geist und Charakter der

An der Stelle trivialer, unnüßer Augenweiden, womit fich das Publikum abspeisen ließ, finden wir jeßt die Galerieen voll gedrängt, in welchen in der größten Fülle die Wunder der Natur und die neuesten und wichtigsten Entdeckungen in Kunst und Wissenschaft ausgestellt sind, und Damen vom furchtsamsten Charakter tragen fein Bedenken, sich unter dem zweideutigen Schuß einer Laucherglocke in die Tiefen einer künstlichen See hinabzuwagen.

Ein Volle Vergnügen, das früher sehr beliebt war, hat gang aufgehört, die Messen". Bartholomäus Messe, Southwarks Messe und Mais Messe nahmen vor hundert Jahren unter den öffentlichen Belustigungen einen sehr bedeutenden Plaz ein.

Der geschmackvolle Journalist, den wir oben zitirt, fagt hierüber (1729): Ich habe in meinen Tagen Mais Messe gesehen, jenes Lieblings Vergnügen des Adels und des Pöbels, das zum großen Leidwesen Aller, nur nicht der Mächte, denen wir uns geduldig unterwerfen müssen, ganz aufgehört hat. Selbst die Fittige meines alten Freundes Bartholomaus sind beschnitten, feine Freiheiten beschrankt, seine Privilegien zerstört. Wie vers andert wie herabgefunken von seinem goldenen Zeitalter, von jenen luftigen Lagen, wo der unsterbliche Ben darin einen nicht unwürdigen Gegenstand feiner komischen Muse fah! - Wir leben der Hoffnung, diese Verluste werden uns auf der anderen Seite der Themse erseßt werden, und Southwark wird seyn, was die Mais und Bartholomäus Messe gewesen find." Weiter sagt er, indem er die Klasse der Gesellschaft bezeichnet, welche diese Mess sen besuchte: Da können sich die Stußer und die Schönen (die den ganzen Sommer hindurch nichts als die staubige Luft vom Hyde Park eingeathmet haben) ganz verlieren, fie entdecken nicht, wo sie sind und was sie vorhaben, bis der Nebel von ihren Augen gefallen und der angenehme Traum verschwunden ist."

Diesen fashionabeln Messen folgten Auctionen, wo, wie ein Beide Schriftfeller der Zeit sagt,,, feine Damen hingehen, um einige mußige Stunden zu tödten, begleitet von feinen Herren find Ehren halber genöthigt, auf Etwas zu bieten, und mag es das Ueberflüssigste feyn, und wenn sie so glücklich find, einen gue ten Handel gemacht zu haben, wissen sie nicht, was sie mit ihrem Kleinod anfangen sollen, und möchten 50 Prozent darum geben, wenn man es ihnen abnahme."

Alle diese Lappereien haben aufgehört Damen unserer Tage haben wenig oder gar keine mäßige Stunden - die ges gendriige Generation is stolz darauf, vollauf beschäftigt au fenn. Vor dreißig Jahren war jede Lady ihre eigene Schuhe

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*Moses ben Esra aus Granada. Darstellung feines Lebens und Niterarischen Wirkens c. von Leopold Dukes. Altona, 1830.

Mannes auf ein paar Zeilen von Wolf und De Rofft zurückges sogen hat, so mußten sich seine besten Schriften mit einem Wins felchen der Bodleianischen Bibliothek zu Orford begnügen, wo fie durch die unantastbaren, ungerechten Gerechtsamen der Eng lischen Universitäten fast unzugänglich geworden sind, und wo durch Widersprüche der Bibliographen Gagnier und Uri der Leser ihrer Beschreibung verwirrt wird. Wie erfreulich mußte es bei solchen Verhältnissen daher seyn, daß sich jest gerade die beiden Desterreichischen Gelehrten Luzzato und Dutes in der Bekanntmachung und Beleuchtung der Schriften des geiftvollen. Spaniers begegnen! Luzzato hat die glücklichste Möglichkeit ges habt, über diesen Mann zu sprechen, da er im Besize zweier foftbarer Handschriften desselben ist. Die eine, das Buch,, har shish" enthaltend, das nur noch auf der Hamburger Stadtbiblios thel, in München, in Paris (wahrscheinlich) und in Orford ift. Wir sagen in Orford, weil wir nicht mehr zweifeln, daß das Nr. CCCCXCIV. bei Uri aufgeführte Buch von Moses ben Esra Pein anderes ist, als Tharshish, obgleich es dort einen anderen, und zwar Arabischen, Namen führt. Die InhaltssAngabe dieses Buches bei Uri, verglichen mit der Inhalts Angabe des Buches Tharshish bei Dukes, muß Jeden von der Wahrheit unserer Vermuthung überzeugen, obgleich Herrn Dukes selbst diese so sehr in die Augen springende Vermuthung entgangen ist. In dem Hamburger Koder entspricht der Inhalt des Sten Kapitels dem 7ten des Orforder und das 7te den Sten. Bei Luzzato aber ist auch diese kleine Verschiedenheit nicht, die übrigens für die Sicherheit unserer Vermuthung nicht gefährlich wäre. wird den Gegenstand in einer besonderen Abhandlung über Moses ben Esra) bald weiter verfolgen, und wir erklaren hier nur noch, daß wir uns der (uns mündlich gewordenen) gewichtvollen Beistimmung des vor allen Anderen zu entscheiden berechtigten 3Buns erfreuen. Die zweite kostbare Handschrift ist der Divan, eine Sammlung religiöser und profaner Gedichte, 300 an der Zahl.") Aus beiden Werken giebt Luzzato Proben und Erkids rungen in Hebräischer Sprache; Dukes dagegen hat das obenges nannte Tharshish vor sich gehabt, und von dem Divan hat ihm der befreundete Luzzato Proben mitgetheilt. Außerdem hat er noch ein auf der Hamburger Bibliothek befindliches Fragment von dem philosophischen Werke des Moses ben Esra,,,Gewürz beet" genannt, benußt, während Luzzato eine hoch in Ansehen stehende Gebetsammlung (Machfor von Dran) trefflich für seinen Gegenstand ausgebeutet hat.

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