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Beiblatt der Allg. Br. Staate.
Zeitung in Berlin in der
Expedition (Friedrichs-Straße
Nr. 72); in der Proving so
wie im Auslande bei den
Wobüöbl. Post-Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 30. August

Frankreich.

Jakob Sobieski in Paris. ")

Ankunft und Aufenthalt.

Paris ist ein Wunderwerk; diese Stadt ist nicht bloß die größte des Königreichs, sondern auch die größte in ganz Europa, Die Zahl der Bevölkerung die größte des ganzen Weltalls. entspricht der Größe der Stadt; Paris umfaßt drei Städte, die Stadt, die Cité und die Universitdt. Der Palast des Königs steht in dem Theile, welcher die Stadt genannt wird; da sind auch die Hotels der Vornehmen, und es haben sich die vors Jüglichsten Kaufleute und Handwerker daselbst niedergelassen. Mehrere große und reiche Kirchen befinden sich auch in diesem Viertel, und zu Ostern empfangen hier mehr als achtzigtausend Personen das Abendmahl.

Man behauptet, die Italianer waren den Franzosen in der Baukunft überlegen, doch fann man nichts Schöneres als das Louvre (Lateinifd Lupara) fehen; auch das Palais Royal ist, froß seines Alters, noch prächtig. Der König Heinrich IV. hat es verschönern lassen; er ließ lange Galerieen erbauen, die von Dieser Palast ist Innen und Außen sehr reich verziert sind. mit schönen Italianischen und Niederländischen Malereien ausges schmückt. Ich rathe allen Reifenden, das Palais Royal zu bes fuchen. Heinrich IV. hat einen hübschen Garten hinzugefügt, und die neu erbauten Zimmer verdienen es, gesehen zu werden. Die Bastille ist ein altes Schloß, wo man wichtige Gefangene bewacht; dort ist auch der Schaß des Königs und das Zeughaus. Heinrich IV. hat zwischen der Bastille und der Seine einen. großen Palast für die Kaufleute und die Arbeiter erbauen laffen. Es soll überhaupt unter ihm sehr viel zur Verschönerung von Paris gethan worden seyn.

Die Königliche Familie und der Prinz von Condé.

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1839.

Es hat sich eine Begebenheit zugetragen, welche ganz Franks reich beschäftigt. Der Prinz von Condé, einer der Prinzen von Geblüt, ist nach den Niederlanden entflohen und hat sich nach Brüssel an den Hof des Erzherzogs Albert begeben, der diese Proving des Königs von Spanien verwaltet. Es giebt verschie dene Deutungen dieser Flucht; die Einen fagen, er hatte sich mit den Spaniern gegen feinen König verbündet; Andere meinen wieder, es sen aus Verzweiflung geschehen, aus Eifersucht auf den König, der sich noch in seinem Alter in des Prinzen junge und schöne Frau verliebt habe. Die Prinzessin von Condé ist die Tochter des Fürsten von Montmorency. Die Montmorency's sind eine der diresten Familien in Frankreich und im Katholizismus die eifrigste. Der Vater der Prinzessin von Condé war Konnes table, das heißt der Erste im Königreich nach dem Könige. Man glaubt allgemein, daß der Prinz von Condé gefürchtet habe, der König werde ihm seine Frau entführen, und er hatte gewiß Urs fach zu solcher Furcht, denn Heinrich bot Alles auf, um ihr zu Condé fonnte einen solchen gefallen und sie an sich zu ziehen. Schmerz und solche Besorgniß nicht ertragen, und da er jeden Augenblick befürchten mußte, getödtet oder vergiftet zu werden, Man verfolgre so zog er es vor, fich in die Fremde zu retten. ihn, aber er eilte so schnell, daß man ihn nicht erreichen konnte. Bis zum Tode des Königs blieb der Prinz von Condé am Hofe des Erzherzogs, dann kehrte er nach Frankreich zurück. Vorbereitungen zu einem Kriegszuge Heinrich's IV. und Krönung der Königin zu St. Denis. Der Monat Mai des Jahres 1610 wird in Frankreichs An naten ewig denkwürdig bleiben. Man rüstete fich zum Kriege, man fronte die Königin, und endlich wurde Heinrich IV. im Mo nat Mat verrätherischer Weise ermordet.

Auf der

Es gab verschiedene Meinungen über diesen Krieg; die Einen sagten, daß der König sich vorbereite, die Spanier in Italien zu bekampfen, die Anderen, er würde nach den Niederlanden ziehen; und noch Andere, er wolle nach Deutschland gehen, um sich zum Kaiser ausrufen zu lassen; so viel war gewiß, daß er gegen das Haus Desterreich ins Feld zog. Bei Chalons wollte der König die ganze Armee mustern und sich von da nach Deutschland wen den; doch ging diese Ausrüstung ganz im Geheimen vor sich, der König wollte seine wahre Absicht nie mittheilen. Seine sah man Schiffe mit Kanonen beladen, und es wärde ganz unmöglich seyn, die Menge von Kugeln, Pulver und Krieges vorrdthen abzuschäßen, die man får diesen Feldzug herbeischaffte. Der König, der sich gegen mich sehr gnädig bezeigte, forderte mich auf, an dem nahen Feldzuge Theil zu nehmen; er empfahl mich dem Hauptmann der Königlichen Garden, Herrn de Vitry, den ich überall hin begleiten sollte. Der Ausgang des Krieges war ungewiß; Heinrich IV. konnte bei dieser Expedition fein Leben einbüßen, und dann war das Leben eines zehnjährigen Kins des die einzige Garantie des Königreichs. Daher beschloß der König in seiner Weisheit, die Königin feierlich krönen zu lassen, denn das war das Mittel, alle ehrgeizige Pläne zu vernichten Wenn die Königin und die Ruhe des Königreichs zu erhalten. wurde.

Zur Zeit meiner Ankunft erfreute sich Frankreich eines tiefen Friedens; Heinrich IV. war ein großer König, Gott hatte ihn mit hohem Geist begabt; er besaß viel gesunden Verstand, Menschenliebe und Herablaffung; fein Aeußeres war leutselig und seine Sitten sanft. Der König, es sen mir erlaubt, mich fo auszudrücken, machte großen Anspruch auf Schlauheit, und Mit löblichem Eifer feine Politik empfand die Folgen davon. bewachte er die Geschäfte seines Königreichs und selbst die aller anderen Staaten der Welt; doch tros aller dieser schönen und erhabenen Eigenschaften beherrschte ihn der Geiz; er besaß ein uneridttliches Verlangen, sich Geld zu verschaffen, und zu diesem Zwecke dunkte ihm jedes Mittel gut, Auflagen, Erpressungen und was es sonst seyn mochte. Die Auflagen find die Erfindung eines nicht sehr tugendhaften Mannes, des Marquis von Rosny, Fürsten von Sully. Heinrich IV. riß ihn aus einer sehr bedrängs ten Lage und überschüttete ihn mit Gnadenbezeugungen und Vers trauen; fein Französischer Großer wurde fo ausgezeichnet wie Sully; doch liebte ihn das Volk nicht, und das zog dem König

einen Haß zu, der mit eine der Ursachen feines Loder wenig

Die Königin Maria von Medicis wurde vom Könige nur beachtet, obgleich er Kinder von ihr hatte; der König hatte Maitreffen und führte, tros feines Alters, ein unregelmäßiges Leben; feinem Antlig sah man die Spuren der Ausschweifungen an, und feine Gesundheit war sichtlich zerrättet. Nach diesem Allen wird man leicht begreifen, daß er nicht sehr fromm war, doch empfing er das Abendmahl mit einer so demüthigen Miene und unter so viel Thränen, daß selbst die Mönche von den strengsten Orden ganz erbaut davon waren.

Was die Kriegskunst anbetrifft, so war der König darin Allen überlegen, und man kann ihn ohne Nebertreibung den größten Feldherrn seiner Zeit nennen.

*) Die erste Lieferung eines unter der Leitung Leonhard Chodsko's su Paris erscheinenden Werkes: La Pologue illustrée, welches in 50 Lieferungen, mit Stahlstichen geschmückt, eine jede u 25 Centimes, bestehen und in unge fähr anderthalb Jahren beendigt fenn foll, enthält ein Tagebuch Jakob Sobieski's, Vaters des Polnischen Königs und Türkenbesiegers Johann Sobieski, woraus obiges Bruchstück entlehnt ist. Dieser Volnische Magnat machte nämlich zu Anfang des 17ten Jahrhunderts eine Reise nach Deutsch land und Frankreich und hielt fich mehrere Jahre, von 1607 bis 1611, alfo gerade in der lesten Lebensieit Heinrich's IV. und bei deffen Ermordung, in Paris auf.

Regentin war, so konnte sie das Land vor allen den Unruhen bes
wahren, welche eine minderjährige Regierung immer herbeiführt.
Der 12. Mai 1610 wurde zur Krönungsfeierlichkeit festgefeßt,
die in der Kirche von St. Denis stattfinden sollte; dort begrabt
man auch die Könige von Frankreich. In dieser Kirche, wo die
Benediktiner den Dienst versehen, sind viele heilige Reliquien,
Schage und Alterthümer. An dem Wege nach St. Denis,
welcher durchweg gepflastert ist, stehen hin und wieder Kreuze;
neben einem derfelben erblickt man die Statue des heiligen Dios
nysius, mit seinem Kopf unter dem Arm, sich von der Ermüdung
Die Krönungsfeierlichkeit war höchst
des Weges ausruhend.
imposant. Für die Polen hatte man eine Tribune bestimmt,
Die Kirche war mit Damast
von der wir Alles sehen konnten.
ausgeschlagen und Schiff und Chor mit goldgeftickten Teppichen
behangen. Prachtig gekleidete Herolde, die Trompeter und die
Königlichen Musiker, alle in blauen Sammet gefleidet, gingen
vor der Königin her. Zu beiden Seiten derselben gingen die
Adeligen mit goldenen Hellebarden in den Händen und Feders
büschen auf dem Kopf, dicht vor ihr kamen die Ritter des heir
ligen Geist Ordens. Dann folgten die Prinzen von Geblüt,
der natürliche Sohn des Königs, Herzog von Vendome, sein

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Bruder, der Prins von Conti, Malteser Ritter, du Perron, Soissons, Nevers, Guise und andere vornehme Herren des Hofes. Die Königin war in einen großen braunen mit goldenen Lillen gestickten und mit Hermelin gefütterten Sammet Mantel gekleidet; zwei Kardindle führten sie. Neben der Königin ging die Könis gin Margarethe, die geschiedene Gemahlin Heinrich's IV., Tochs ter Heinrich's II. und Schwester Karl's IX., Heinrich's III. und Frans des Zweiten. Margarethe trug denselben Anzug wie die Königin, nur hatte sie eine Krone auf dem Haupt; dicht hinter den beiden Königinnen kamen die Prinzessin von Conti, die Herzogin von Montpensier, die Prinzessin von Condé, die Hers sogin von Mayenne, die Herzogin von Nevers und andere. Sie hatten sämmtlich kleine Kronen auf dem Haupt, doch waren ihre Mantel nicht so weit und lang als die der Königinnen.

Der Kardinal von Joyeuse sang die Messe und fronte die Königin; vier Bischöfe standen ihm bei. Die Herzogin von Mayenne reichte der Königin das Gebetbuch, und die Herzoginnen von Vendome und von Guise hielten die Kerzen, während man die Königin mit Weihwasser besprengte. Der Prinz von Conti trug die Krone, und der Herzog von Vendome hielt das Scepter. Der König saß oben auf einer Tribune und konnte die ganze Ceremonie mit ansehen, ohne selbst gesehen zu werden. Der Päpstliche Nuntius, die Gesandten von Spanien, Venedig und Florenz wohnten der Feierlichkeit bei.

Nach der Krönung begab sich der König in das Kloster und war Zeuge eines ziemlich sonderbaren Auftrittes, den ich berichten will. Die Gesandten von Spanien und Venedig waren Sr. Mas jestät ins Kloster gefolgt; fie fingen, aus ich weiß nicht welcher Ursach, Streit mit einander an, es kam von Beleidigungen zu Ber leidigungen so weit, daß der Spanische Gesandte nach dem Des gen griff; unglücklicher Weise war der andere Gesandte unbe waffnet, er bemächtigte sich daher eines eisernen Feuerbeckens und wollte auf seinen Gegner losschlagen, als man sie endlich trennte. Und bei diesem Zwiste war der König zugegen und machte den Bermitler; doch während er begütigende Worte aussprach, lachte er beständig ans vollem Herzen. Ich begegnete ihm, als er das Kloster verließ; er lachte noch immer und erzählte mir das Aben teuer. Gegen Abend reiste der König nach Paris zurück, und die Königin begab sich ebenfalls inkognito dahin, weil ihr feierlicher Einzug erst den nächsten Sonntag stattfinden sollte. (Schluß folgt.)

Bibliographie.

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Wir sprachen bisher nur von dem Land Transporte, wie er in Mittel und Nord-Rußland, überhaupt in dem größten Theile des ganzen Reichs, vorzugsweise nur von den Großruffen bes trieben wird. Im südlichen Europäischen Rußland, innerhalb der oben bezeichneten Gränzen, so weit die Steppen reichen und wohin die dauerhafte Winterbahn sich nicht mehr erstreckt, ges schieht der Verkehr auf andere Weise, mit anderen Vehikeln, von anderen Leuten, zu anderen Zeiten.

Die oft völlige Bahnlosigkeit der Steppe im Winter, wo bei Nebeln, Stürmen und Schneegestöbern kein Wald, kein Baum, kein Hügel den Weg bezeichnet, wo häufig alle Spur von Phys fiognomie der Landschaft verschwindet, die vielen tiefen, in ihrem platten Boden von Regen und Flüssen ausgewaschenen Thäler und Schluchten (die von allen in den Steppen Reifenden so ge fürchteten,,Ballki" und,,Wuipolotsch" oder,,Ruitrina"), dies Alles macht den Winterverkehr in den Steppen dußerst gefährs lich, ohne daß durch eine gute Schneebahn solchen Gefahren auch große Vortheile zur Seite standen. Es sind daher die Sommers Monate die Zeit des Hauptverkehrs in den Steppen, der gewöhn lich um Ostern beginnt und im Anfange Oliobers endigt, ohne daß darum dann allem und jedem Verkehren völlig ein Ende gemacht würde.

Es sind hauptsächlich nur Kleinrussen, welche diesen Süds russischen Sommers Verkehr zwischen der Wolga und den Karpas then, zwischen dem Kaukasus und Pontus im Süden und dem Moskauschen Hügellande im Norden, unter den Städten Kiew, Odessa, Charloff, Astrachan, Saratoff, Taganrog, Krementschan u. f. w. treiben und leiten. Die Verschiedenheit dieser Klein russischen Fuhrleute und der Großrussischen ist groß und besteht in allen Kleinigkeiten der Einrichtung ihres ganzen Angespanns und aller bei ihnen gebräuchlichen Benennungen. So wie jene sich felber,,Jämschifchils", ihre Karawanen,,Öbosen“ nennen, sich der Pferde, der Schlitten, des Winters und leichtgebauter Wagen bedienen, so nennen sich diese,,Tschumal's", ihre Karawanen, ,,Walli", bedienen sich der Dhsen, des Sommers und feiner Schlitten, sondern plumpgearbeiteter Wagen, mit denen sie nur

Es ist sonderbar, daß in einem an Pferden so sehr reichen Lande, wie die Südrussischen Steppen sind, die ohne Zweifel die größten Pferdeheerden haben, welche ein Land in Europa aufs weisen kann, die unerschöpflichen Gestüte für die Russische Kas vallerie besigen und von jeher, zum Theil auch noch jezt, von Reitervölkern bewohnt werden, daß gerade hier das Pferd von den wichtigsten Arbeiten, die es sonst überall in Rußland und in anderen Ländern für den Menschen übernimmt, ausgeschlossen und der Ochse in so vieler Hinsicht an seine Stelle getreten ist. Jm ganzen Russischen Süden verrichtet der Ochse nicht nur die gewöhnlichen Geschäfte des Ackerbaus, das Pflügen, Getraides Einholen u. s. w., sondern dient auch als Lastthier dem weit ges henden Handel und vollbringt so weite Transporte, wie sonst diesem Thiere nirgends mehr zugemuthet werden. Das Pferd dient fast nur zum Reiten, zu Spazierfahrten und scheint übri gens nicht als Hausthier erzogen, sondern in den großen Tabus nen (wilden Pferdeheerden) als bloße Handelswaare erzielt au werden. Man sagt, die Kleinruffen häten für den Ochsen eine eingewurzelte Vorliebe und gegen das Pferd als Hausthier einen unaberwindlichen Haß. Der Öchse kommt bei schlechten Wegen in dem erstaunlich zchen Schlamm der Steppenoberfläche besser fort, er erträgt die trockene Hiße und den Staub des Steppensommers leichter. Er nährt sich in den grasreichen Steppen billiger, wo das Gras umsonst, der Hafer für das Pferd theurer ist. Dies sind indeß doch nur einzelne Kleinigkeiten, es liebe sich eben so viel wieder gegen den Ochsen, der bei Regen und Kälte gar nicht zu gebrauchen ist, so wie für das Pferd aufüh ren, und es bleibt bei der Sache immer etwas Sonderbares und Unerkiärliches.

Das Leben der Tschumak's und die Bewegung ihrer Wallen ist eine ganz andere als die Erscheinung der Obosen und der sie führenden Jämschischil's. Da die Ochsen sich weit langsamer bewegen als die Pferde, so schleppen sie sich weit länger auf den Wegen umber. Der Pontische Handel seht daher im Süden weit mehr Walken und Ochsen in Bewegung, als der Baltische Pferde und Obojen, und ein Reisender finder des Sommers die Steppen nicht wenig von ihnen belebt und Gelegenheit genug, e zu bes obachten. Die Kleinrassischen Tschumal's sind, wie alle Kleins russen, magere große Leute, mit kleinen struppigen Stußbärten und langem gottigen Haarschopf. Sie regieren ihre Ochien ohne Zügel und Peitsche mit langen Ståben und mit „zobbe!" und ,,zeba!", welches in der Ochsenfuhrleute Sprache rechts" und ,,links bedeutet, und das sie ihren Thieren beständig zurufen. Zwei Ochsen spannen sie, vor jeden Wagen und vereinigen ges wöhnlich 30 bis 40 zu einer ein Ganzes bildenden Walke, die unter Anführung eines Oberschumak und 3 bis 6 Untertschumaks ihre Steppenreijen vollbringt. Jedem Paar Ochsen werden 40 bis 30 Pud Waaren aufgeladen, mit denen sie des Tages etwa 3 bis 4 Meilen weiterkommen, und die sie gewöhnlich in Pferdes oder Kuhhaute verpacken. Ein durchaus nothwendiges Erforders niß bei jeder Walke ist auch ein Hahn, der seinen bestimmten Sig auf dem vordersten Wagen hat und ihnen des Nachts statt der Uhr dient. Dieser Hahn ist so an die Walke gewöhnt, das er nie seinen Herrscherßiß auf dem vorderen Wagen verläßt, außer wenn es zum Speisen geht, wo er immer mit seinen Herren, den Tschumak's, gemeinschaftlich dinirt, die ihm gewöhnlich außers ordentlich zugethan sind und ihm schmeicheln und Gutes thun. Des Abends gegen Sonnenuntergang sieht man schon immer aile Walken auf den breiten Wegen der Steppe still stehen. Die Wagen sind zu einer Art Wagenburg in ein Quarré regelmäßig zusammengefahren, in dessen Mitte sie ihre Keffel aufhängen, die gewöhnlich nichts als ihre National Gerichte,,Borscht“ (eine Krautersuppe) oder,,Mamaliga" (eine Art Polenta) enthalten. Ueberall sieht man dann des Abends in den Steppen die Feuer der Tichumal's aufleuchten, die friedlich umbergelagert ihre Gesänge weit und breit ertönen lassen. Die Ochsen lassen sie in die bes nachbarte Steppe hinaus, wo immer ein krduterreicher für Jeders mann bereiter Tisch für sie gedeckt ist. Gegen Sonnen-Aufgang fangen sie sie ein und schleppen sich dann mit zobbe" und „zebä' wieder ihre Tagereise von 3 Meilen zu einem anderen Weide? plage weiter. Nichts gleicht der Geduld und Weniges der Heis terfeit, mit der diese Tschumal's und Ochsen ihr Handwerk treis ben. Freilich verkehren auch die Großruffen mit ihren rascheren Pferden und beweglicheren Obosen im Steppenfüden, doch sind es nicht sowohl die gewichtigen Produkte des Landes, Getraide, Talg u. f. w., die sie verfahren, als die verderblicheren Waaren des Südens, die für den Norden bestimmt sind, die Griechischen und Krimschen Weine, die Trauben und anderen Früchte Tauriens und Konftantinopels.

Die beschriebenen Transportweisen sind entschieden die Haupts fachlichsten des Russischen Reichs, welche die Waaren zwischen den verschiedenen Siddten des Landes und von einer Gränze deffelben zur anderen spediren. Der Transport durch lasttragende Pferde und andere Saumthiere hat ein verhältnißmaßig nur ges ringes Verbreitungsgebiet in den Taurischen und Kaukasischen Bergen, so wie in den Armenischen Gebirgen. Eben so der durch das Kameel in der Nogaischen Steppe und den an die Bucharei granzenden Provinzen, so wie endlich auch der durch die Kennthiere und Hunde im äußersten Norden.

Von erstaunlicher Wichtigkeit dagegen für das Reich sind seine großen Wasserstraßen und die dadurch möglich gemachte außerordentlich großartige Flußschifffahrt. Die Russischen Flüsse und Strême haben durchweg einen weit ruhigeren und viel

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find weiter hinauf als die Flüsse irgend einer Weltgegend, das nördliche Amerika etwa ausgenommen, fast bis zu ihren Quellen hin schiffbar. Da sie meistens in Ebenen sich entspins nen, so sind viele von ihnen gleich bei ihren ersten Anfängen zu benugen, wo nur schon des Wassers genug ist, ein Schiff zu tragen. Alle Uebergange der Waaren aus dem einen Flußgebiet ins andere sind daher außerordentlich leicht, indem zwischen den zwei Anfangspunkten der Schiffbarkeit der beiden verschiedenen Ströme gewöhnlich nur eine sehr kurze Distanz bleibt. Es giebt daher eine Menge sogenannter,,Portages" oder,,Tragpläge" in Rußland, auf denen die Waaren aus dem einen Fluß in den ans deren hinübergetragen werden. Man nennt in Rußland solche Tragplase,,Wolok's", und viele Russische Markts und Handelss plage verdanken solchen Wolok's ihren Ursprung. Diese Wolor's find gewöhnlich von Kandlen durchschnitten, ja zuweilen sogar bilder welches Phänomen doch in anderen Ländern sonst dußerst selten ist die Natur selber solche Kandle, indem z. B. aus einem kleinen See zwei Ausflüsse in verschiedenen Richtungen hin stattfinden, oder indem bei hohem Wasserstande eine ganze hochliegende Gegend weit und breit überschwemmt wird und ihre Gewässer zu verschiedenen Fluksystemen abfließen läßt. Es finder auf diese Weise zur Zeit des hohen Wasserstandes bei mehreren Russischen Flußsystemen eine Schifffahrt statt, die ungehindert die Waaren aus einem Gebiet ins andere hinüberführt.

Früher war Rußland, als es nur noch den inneren Kern seis nes jezigen Reichs, die Quellengebiete seiner Flüsse, beherrschte, von allen Mündungen dieser Ströme ausgeschlossen, im Norden durch die Polen, Deutschen, Finnen, im Süden durch die Kosas fen und Tartaren. Seit Peter's des Großen und Katharinens Zeiten beherrscht es jezt alle große Ströme seines Landes von der Quelle bis zur Mandung mit den wenigen Ausnahmen der Weichsel und des Niemen und gewährt in dieser Hinsicht ein Schauspiel, das kaum ein anderer Staat der Welt bietet. Die großen Riesenströme Sibiriens beherrscht es von ihrem Aus fange bis zu ihrein 500 Meilen entfernten Ende, die ganze Wolga, die ganze Dana, Dwina, den ganzen Don und Dniepr desgleichen. Auf allen diesen Flüssen finder jest eine durch kein einziges politisches Hinderniß gehemmte Schifffahrt statt. Daher ist es diesem Staate denn auch mehr als irgend einem anderen Staate möglich, allgemeine Maßregeln für die Schifffahrt zu nehmen und bleibende und durchgreifende Veranstaltungen zu treffen. Das Departement der Wasser Communication, eine höchst wichtige Abtheilung des Ministeriums des Innern, steht an der Spiße der riesenmäßigen Arbeiten, die in Bezug auf Ras tifizirung und Verknüpfung der Flusbahnen in diesem Reiche vorgenommen werden. Wie überhaupt kein Staat der Welt in feiner inneren Entwickelung, in Vermehrung seiner Population, in Verdoppelung aller seiner Kräfte in neueren Zeiten so große Fortschritte gemacht hat als Rußland, so ist nun natürlich auch die Flußschifffahrt auf eine außerordentliche Weise gestiegen.

Der Dniepr, Dniestr, Don, die im ganzen Mittelalter und selbst in der neueren Zeit wenig benust waren, sind jegt von einer Menge Flußschiffe befahren. Jahrtausende lang wälzten die Ströme Sibiriens müßig ihre unbenußten Wellen zum Ocean bin, ja, es mögen vielleicht schon mehr als einmal alle Ges wasser des Erdglobus durch diese Ströme zirkulirt haben und ab, gefährt worden seyn, bis endlich Rußland ihre wilden Götter får die Menschheit in Dienst nahm. Jest fördern sie mit ihren gewals tigen Verzweigungen, die sich unter einander die Hand bieten, den Handel zwischen Peking und Petersburg und schlingen zwischen diesen beiden entfernten Residenzen vom Ural bis an den Fuß der Chinesischen Mauer eine Kette, deren Wichtigkeit mit jedem Jahre steigt.

Die Wasserverbindungen Rußlands sind jeßt der Art, daß man aus der Baltischen See in das Eismeer, aus diesem in den Pontus übergeht, ohne daß auf der ganzen Strecke ein Umladen der Waaren nöthig ware, ja daß man von Petersburg bis in die entferntesten Winkel Sibiriens 1000 Meilen weit auf Flüssen schiffen kann, ohne mehr als ein oder zwei Mal die Ladung über Wolofs transportiren zu müssen.

Daß die erstaunlichen Vortheile, welche die Russischen Flußs verbindungen gewähren, schon bereits alle benußt und in Thatigs Peit gefeßt wären, wird Niemand zu behaupten wagen. Wer bes denkt, was es heißt, einen Fluß zu rektifiziren, seinen Lauf zu bewachen und sein Bett zweckmäßig zu gestalten, wird leicht ers rachen, wie weit die Russischen Flüsse noch von diesem Ideale entfernt sind. Aber auch aus anderen Ursachen steht der Wasser, Transport in Rußland in einem nachtheiligeren Verhältnisse sur Landfracht, als in anderen Ländern. Die Russischen Gewässer find fast durchweg während der einen Hälfte des Jahres unter einer sechsmonatlichen Eisdecke erstarrt und der Benugung zum Waaren Transport unzugänglich. Derselbe Umstand, der sie daher unbrauchbarer macht, diese anhaltende Schnee und Eiss dece, macht zur gleichen Zeit die dadurch geglattete Festlands Oberfläche brauchbarer, so daß während der Hälfte des Jahres auf dem Festlande der Transport eben so leicht und billig ift, wie auf der Wasser› Oberfläche. Es läßt sich daraus abnehmen, daß unter diesen Umständen die Russischen Flüsse etwas weniger benußt find, als sie es unter einem anderen Himmelsstriche feyn würden.

So wenig die Ruffen sich, nach dem Urtheil der Engländer, in der Kunst, die großen Oceane zu befahren, auszeichnen, fo außerordentlich gewandte, erfahrene und kühne Flußfahrer_find sie, - wenigstens die Großrüffen. Es ist dies natürlich. Denn

wahrend die Meete, welche ihr Land umgeben, theils völlig uns schiffbar, theils nur klein und unbedeutend find, haben sie Flüsse erster Größe und üben sich in ihrer Befahrung beständig und in den größten Distancen. Man muß die Barkens Flotte der Wolga bei schwierigen Flußstellen, oder auch die der Mita bei Passirung der Wischneis Wolotschokschen Kanals Anstalten gesehen haben, um einen Begriff zu bekommen von der Energie, Thätigkeit und Geistesgegenwart dieser Russischen Plotniks (Floß und Schiffs führer).

Die Schiffe, deren man sich auf den Russischen Flüssen bes dient, sind zwar nicht überall ganz dieselben und haben auch vers schiedene Benennung. Auf einigen Flüssen heißen sie,,Barki", auf anderen,,Lotti", auf anderen, der Düna, dem Niemen u. f. w.,,,Strufi", wieder auf anderen, dem Dniepr, Bug, Dniestr,,,Baidaki". Im Ganzen aber herrscht doch in ihrer Bauart bei weitem nicht die Verschiedenheit, die man auf unseren Flüssen wahrnimme, wo fast auf jedem Strome völlig verschiedene Bildungen und Formen erscheinen.

Das Wesentliche bei den meisten reduzirt sich auf Folgendes. Die Böte sind gewöhnlich ungemein groß, und in der Regel ist so wenig Kunst daran verschwendet, daß sie mehr ein Naturs als ein Kunst Produkt zu seyn scheinen. Die Basis bilden dicke Fichten Stamine, an denen man die stärksten Seiten-Wurzeln figen ließ, die als Rippen des Boots emporragen. Die Bretter, mit denen diese Wurzel Rippen überkleidet sind, find nur mit dem Beile zugehauen und mit starken Holzpflöcken befestigt. Die Ladung ist mit einem aus jungen Birkenbaumen, an denen man zur bequemeren Verflechtung alle Zweige ließ, verfertigten hohen Dach versehen, das man noch zuweilen mit einer getheers ten Leinwand bedeckt. Rund um den Fuß dieses Daches führt eine Galerie herum, auf welcher die das Schiff leitenden Bootss leute gehen. In der Mitte des Schiffs und Dachs, die beide dadurch in zwei Theile getheilt werden, befindet sich das aus Brettern zusammengenagelte und mit bunten Tapetenficken und Heiligenbildern ausgeschmückte Zimmer des Schiffsherrn oder die Kajüte. Ein Fichtenstamm in der Mitte trägt als Mast ein ges waltiges Segel, und zwei andere Fichtenstämme, am vorderen wie am hinteren Ende angebracht, dienen als Steuerruder, die meistens noch länger als der Mast sind. Die Schiffe sind ges wöhnlich von sehr wenig fester Bauart, und bei weitem die meisten gehen nur stromabwärts und werden als Brenn, oder Bauholz an Ort und Stelle verkauft, indem die Waaren, welche stromaufwärts gehen sollen, dann im Winter auf dem Eise und Schnee transportirt werden.

Die Leichtigkeit, mit der man in Rußland alle diese verschies denen Schlittens, Wagens und Schiffs-Transporte unternimmt und ausführt, muß in der That Jeden, der aus unseren West Euros päischen Königreichen kommt, die man zum Theil zwischen Sons nen Untergang und Aufgang oder doch in wenigen Tagen durchs streift, in Erstaunen feßen, um so mehr, da der Entbehrungen und Strapaßen in diesem Lande so außerordentlich viele und der Gemächlichkeiten und Comforts so erstaunlich wenige find. Ein Ruffe übernimmt eine Reise zum Altai oder Ural mit so wenig Umständen, als galte es nur, auf der Eisenbahn von Liverpool nach Manchester zu fahren. Kein Volk haftet mit so wenigen Wurzeln an dem Boden seiner Heimat als die Russen, und durch alle Stände, von den vornehmsten bis zu den geringsten, macht sich eine Beweglichkeit und Verseßbarkeit bemerklich, die man nos madisch nennen möchte. Der Ruffische Iswoschischil (Fiaker), der in den Straßen von Petersburg seinen Erwerb sucht, hat rasch seine Droichle gewendet, wenn der Hafer im Norden theus rer wird, und fährt nach Moskau, wo er auf mehr Gewinn glaubt hoffen zu können. Der vornehme Reiche, der seiner Datfche (Villa) am Finnischen Meerbusen überdrüssig ist, packt sich seine Familie und Dienerschaft schnell entschlossen auf und rollt_mit seiner Karamane von Viers und Sechsspännern zu seinem Chuter (Landhaus) in der Krim, um die Seebɗder an der Pontischen Küste zu gebrauchen. Viele Familien verbringen den Sommer in der Ukraine, den Herbst am Ural, den Winter in der Residenz. Die Moskauer Kaufleute schicken ihre Pockaschtschils (Kommis) mit allerlei Aufträgen in die Welt hinaus, vernehmen Jahr und Tag kein Wörtchen von ihnen, sind aber sicher, daß sie nach 24 Mor naten an Ort und Stelle wieder anlanden werden. Iwan Wassiljewitsch", sprach einst ein General T..., der mit seinem Regimente am Fuße des Kaulasus den Tscherkeffen gegenüber stand, zu seinem Dentschuk (Diener),,,nimm unsere beiden Braus nen, spanne sie vor die gelbe Britschke und fahre damit auf unser Familiengut S in Kurland zu meinem Bruder Wilhelm, bitte ihn um 6 gute Jagdhunde, mit denen ich mir hier die Zeit vertreiben kann. Las dir auch einige gute Kurische Knappidie geben, die ich sehr liebe. Morgen früh um 4 Uhr mach dich auf den Weg. Da es Frühling ist, werden dich die ausgetretenen Gewässer etwas aufhalten. Du kannst aber doch immer noch vor dem Herbste wieder zurück seyn. - Jwan Wassiljewitsch antwors tete nichts darauf, als „Sluschu“ (ich gehorche), und führte den Aufs trag seines Herrn pünktlich aus. Täglich werden von Peterss burg Boten, Couriere und Feldjäger ausgefandt, die 12 Erdzonen zu durchstreichen haben, ehe sie ihr Ziel erreichen, und ein Dußend Flußsysteme durchwandern müssen, bis sie zurück find.

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Viele Waaren, besonders natürlich die schweren und volus mindsen, wandern jahrelang auf ihren Bahnen im Lande umber, bis sie ihren Markt erreichen. So werden die großen Wasten Mohilew's und Volhynien's, welche die Englander in Riga kaufen, im Sommer auf dem Prypet abwärts und auf dem

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Der Herzog von Kent, Vater der Königin Victoria. Von W. Rae Wilson.

Der Charakter des verstorbenen Herzogs von Kent war von seltener Art. Er besaß einen scharfen Verstand und ein energi sches Gemüth; hohe Unabhängigkeit des Geistes, feine Furcht lens nend, gab jenen Eigenschaften den freisten Spielraum, und was feine Hand irgend zu thun fand, das vollführte er mit der uners mädlichsten Anstrengung, Ausdauer und mit all seiner Macht, des Spottes und Stirnrunzelns nicht achtend, womit ihm manches Mitglied feiner eigenen Familie sowohl wie andere Personen bes gegneten, die auf seine geistige Ueberlegenheit und steigende Pos pularitat eifersüchtig waren.

Alle, die den Herzog für die Verbreitung des göttlichen Wortes und für die Armen und Nothleidenden sprechen hörten, deren er sich stets aufs eifrigste annahm, müssen sich erinnern, wie sehr ihm beide Gegenstände am Herzen lagen, wie tiefen Ein druck seine glühende Beredsamkeit auf Jedermann hervorbrachte, und welche Sympathie er ringsum für die vertheidigte Sache erweckte. Niemand stand höher in der Achtung der denkenden Klaffe, Niemand gab allen Standen ein glänzenderes Beispiel als der Herzog von Kent. In ihm war keine Doppelzüngigkeit, feine weltliche Klügelei, sondern offene, edle Freimüthigkeit und Geradheit zeichneten sein Benehmen bei allen Gelegenheiten aus. Die Lebensweise dieses Prinzen war höchst regelmäßig, ja systematisch. Er war das Gegentheil eines Bonvivants, Wohl ichmeckers, Spielers und Wettrenners. Wie er selbst sich, nach dem Beispiel feines Vaters, durch Mäßigkeit auszeichnete und fich in der luftigsten Tischgesellschaft vor dem geringsten Uebers maß im Genusse hütete, so rügte er auch solche Laster, wenn er fie bei Anderen antraf. Niemals pflog er Umgang mit liederlis den und unmoralischen Personen, sondern suchte vielmehr die Gesellschaft aller derer auf, die bekannt waren, die der Welt fich mathater der Menschheit erwiesen und deren Namen einen guten Klang hatte. So oft er mit Jemand in ndhere Berührung fam, war fein Erstes, daß er sich bei Anderen nach deffen Sitten erfundigte; hörte er, daß dieselben locker und unmäßig fenen, so zog er sich auf der Stelle von ihm zurücks

bemerken; er benahm sich gegen Jedermann mit einer Herab, laffung, die ihm alle Herzen gewann. Von warmem, wohlwol lendem Gefühl, zeigte er stets die lebhafteste Sympathie für die Lerden seiner Mitmenschen, seine Hand war dem Armen immer geöffnet, und der Strom feiner Wohlthätigkeit ergoß sich in zahl reiche Kanále, einheimische und fremde. Er war der bewährte Freund der verlassenen Witwe, der armen Waise und des braven Soldaten.

Vor keiner Macht sich beugend, modelte der Herzog seine Grundsäge nie nach den wechselnden Umständen. Er blieb viels mehr immerdar fest und beharrlich bei den liberalen Prinzipien, zu deren Annahme ihn die innigfte Ueberzeugung bewogen hatte, und weder sein Bruder, der Prinz Regent, noch irgend eine andere Person auf Erden, wie hoch sie auch gestellt seyn mochte, war im Stande, ihn in seinen Gesinnungen auch nur auf einen Augenblick wankend zu machen. Jede mildthdiige Anstalt der Stadt London, um deren Beschüßung dieser Königliche Prinz ers fucht wurde, förderte er aus allen Kräften, durch Beredsamfeit, Einfluß und Freundlichkeit; ja, er war ihr eigentlicher Lebens quell, ihre Seele. So oft er den Vorfiß in einer Versammlung dieser Anstalten führte, gelang es ihm, durch seine eindrucks vollen Reden die Herzen und Geldbörsen aller Zuhörer zu öffnen, und die Meisterschaft, womit er über jeden ihm vorkommenden Gegenstand zu sprechen wußte, erregte allgemeine Bewunderung.

Bis zu seinem Tode unterhielt der Herzog von Kent einen lebhaften Briefwechsel mit vielen der edelsten Manner, nament: lich auch mit dem Kaiser Alexander von Rußland und mit seinem von ihm sehr hoch geschästen Freunde, dem Herzoge von Orleans, jesigen Könige der Franzosen, und feine Bemühungen für die große Sache des Volksunterrichts, sowohl in England wie auf dem Kontinent und auf dem ganzen bewohnten Theile des Erds balls, haben ihm die vollsten Ansprüche auf den Dank der Nachs welt erworben.

Bibliographie.

Black's pieturesque tourist of Scotland, with maps and views. - 7 Ch. The laws, customs etc. of the island of Jersey, with notices of Guernsey. Von A. Jones Le Cras. 6 Sh.

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Sketches of missionary travels in Egypt, Syria, West Africa etc. Von
R. Marwell Macbriar. 7 Sh.

The valley of the dove, with illustrations.11 Ch.
Jones's book-keeping. -21 Sh.

The cloud of witnesses; a series of discourses. Vom Prediger James
Anderson. 10 Sh.

The churches of London. Bon George Godwin. 2 Bde. 1 Pfd. 12 Sh. Traverse tables. Vom Capitain 3. T. Boileau. 8 Sh.

Mannigfaltiges

Italianische Geschichtsforschung. Seit einigen Jahren sind die historischen Studien in Italien wieder in lebhafte Aufnahme gekommen; mehrere ausgezeichnete Schriftsteller haben ich Muratori zum Vorbild dienen lassen und bedeurende Ges fchichtswerte zu liefern angefangen. Die Sardinische Regierung fördert diese Unternehmungen ganz besonders und läßt unter dem Titel: Monumenta patriae eine große historische Sammlung hers ausgeben, wovon die ersten Bände fchon die Presse verlassen haben. Unter den Gelehrten, welche in ihrer Sphäre zu diesem Aufschwung am meisten beitragen, zeichnen sich zwei Piemontes fische Grafen aus, Cefare Balbo und Sclopis. Ein sehr geschäs tes Werk des Legteren ist namentlich seine Geschichte der Pies montesischen Gefeßgebung", vom 12ten Jahrhundert bis auf Phis libert Emanuel. Der Erstere hat seine Studien, angeregt durch die Briefe des Französischen Historikers Augustin Thierry über die Emanzipirung der Gemeinden, vorzüglich den Munisipal Verfassungen zugewandt. In einem su Turin im vorigen Jahre erschienenen Buche: Opuscoli per servire alla storia delle città e dei communi d'Italia, fest Balbo das bei dem Studium des Italianischen Gemeindewesens zu beobachtende Verfahren aus einander. Zwei Fragen beschäftigen ihn hauptsächlich, der Einfluß nach dem Gothischen und die Rolle, welche die Bischöfe bei der Entwickelung der Gemeinden in Italien gespielt. Außer den eigenen Forschungen beachtet und prüft diefer Ges schichtsforscher Alles, was außerhalb Italiens über ähnliche Ger genstände erscheint, und daß er sich auch mit der Deutschen Sprache und Literatur gründlich vertraut gemacht, davon zeugt feine Ueberfeßung des Werkes von Heinrich Leo über die Bers faffung der Lombardischen Städte.

Polnische Kanzelredner. Bei Ernst Günther in Lissa ist so eben das erste Heft einer von dem dortigen Propft Ties vers anstalteten Sammlung von Original Predigten der besten diteren und neueren Polnischen Kanzelredner (Wybór kazań oryginalnych, zebrany) erschienen. Man findet darin die auserlesensten Reden von Starga, Wujek, Bierkowski, Bialobrzeski, Woronics, Linowski, Dobrowolski und Anderen. Fast alle diese Kanzelredner waren auch Dichter und Schriftsteller und werden größtentheils zu den Polnischen Klassikern gezdhir. Berühmt sind unter den in der Sammlung befindlichen Predigten besonders die, welche Starga auf den Reichstagen gehalten, so wie seine Reden über die Barm herzigkeit.

vierteljährlich, 3 Thir. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

ᏗᎴ 105.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz fo wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post- Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Montag den 2. September

Spanien.

Cordova, seine Geschichte und seine Denkmäler.

(Aus Bentley's Miscellany.)

Der Weg von Sevilla nach Cordova führt zuerst durch eine tornbewachsene Hochebene mit zerstreuten Olivens und Fruchts bdumen; Hecken von Hagedorn fassen die Landstraße ein. Als wir den Berg erreicht hatten, deffen Gipfel die Ruinen des Maurischen Schlosses von Alcala de Guadaira frönen, blickten wir in ein enges Thal oder vielmehr in einen Abgrund, durch welchen sich, wie ein Silberfaden, ein Fluß hindurchzog, deffen ufer mit Feigen und Drangenbäumen, mit Aloën und Binsen eingefaßt waren, deren grüne, blaue, gelbe und braune Schats tirungen wunderbar gegen die röthliche Farbe des darüber hans genden ungeheuren Felsen abstachen. Vor uns lag eine weite wellenförmige Ebene, die immer fruchtbarer wurde, je mehr wir uns Carmona ndherten, wo wir zu Mittag speisen wollten. Die Posada dieses Orts war eben so erbarmlich und eben so uns behaglich wie alle andere in Spanien; fein freundlicher Wirth, tein geschäftiger Diener, keine lachende Magd treten dem Reis fenden entgegen und bieten ihre Dienste an; man ist nach der allgemein herrschenden Gewohnheit sich durchaus selbst überlassen. In Carmona verschaffte man uns doch wenigstens eine Bürste, ein Becken mit Wasser und für die ganze Gesellschaft ein einziges Handtuch; nach eingenommenem Puchero machten wir uns wieder auf den Weg, doch nur die Damen und ein Priester bestiegen die Landlutiche, wir Männer hingegen flimmien zu Fuß eine fteile, enge Straße hinauf, an deren Ende sich eine Mauer und ein Thor von Maurischer Bauart befinden, und nun waren wir auf dem Gipfel eines hohen Berges, der eine weite üppige Ebene beherrscht, die Vega de Carmona, welche schon zu den Römerzeiten durch ihre Fruchtbarkeit und ihren vorzüglichen Waizen berühmt war. Dieser Waizen, der von einer sehr dicken, nur dieser Halbinsel eigenen Art ist und durch seine langen Spigen dem Roggen gleicht, stand fest gerade in voller Reife; die Landschaft bekam dadurch das Ansehen einer großen Sands wüste, und als der Wind über die Aehren strich, so daß sie Wellen fchlugen, wurde die Täuschung so vollständig, daß man fast in Afrika zu reisen glaubte, hatten nicht das Grün der Delbäume und die fernen blauen Berge uns von Zeit zu Zeit an das schöne Andalusien erinnert. Am Fuß des Berges seßten wir uns wieder in den Wagen und fuhren durch diese Korn Einöde, auf welche eine endlose Haide folgte, ein Lieblings Aufenthalt der Banditen. Ungefährdet erreichten wir die Venta de la Portuguesa, ein einfas mes Haus, zehn Meilen von Carmona, wo die Maulefel gewechselt wurden; von da famen wir in einen dicken Olivenwald. Nichts ift trauriger und ermüdender als der Anblick dieser Bäume, deren düsteres und unschattirtes Laubwerk den Blick eher ermüdet als erfrischt; und ich, der ich mir von einem Oliven, Gehölz eine lachende, malerische Vorstellung gemacht hatte, wurde eben fo enttäuscht wie die Reisenden, welche zuerst einen Französischen Weinberg sehen.

Kurz vor Luisiana gesellten sich zwei Reiter zu unserem Wagen; diese neuen Gefährten, eine Art Wilder, waren mit schlechten Schafsfellen bekleidet und hatten Tücher um den Kopf gewunden, deren Zipfel im Winde flatterten; die Muskete hing hinten auf dem Pferde, die Pistolen am Sattel, der Säbel am Gürtel; fie waren als Ergänzungs, Mannschaft von den Dis rektoren des Postwesens abgesandt, um uns vor den immer sus nehmenden Gefahren unseres Weges zu schüßen, wozu die zwei Helden, die schon seit unserer Abreise bei uns im Wagen sich bes fanden, wohl nicht hinreichend senn mochten. Der Norden von Andalusien wird durch eine Rauberbande beunruhigt, welche den Namen der fliehen Kinder von Ecija führt, weil dieselbe nie mehr oder weniger als sieben Mann zahlt; wir tamen jedoch glücklich und wohlbehalten an den gefährlichsten Stellen vorüber und langten um zehn Uhr in Ecija an, wo wir übernachten wollten. Doch gönnte man uns laum zwei Stunden Ruhe, da stand schon wie der der Paftwagen mit Maulthieren, die auf echt Andalusische Weise bebändert waren, zur Abfahrt bereit; dicht hinter der Stadt fuhren wir über eine Brücke des enits, dieses in den Volksgefangen und in der Geschichte so berühmten Flusses. Bei Tagesanbruch Pamen wir nach Carlota, einer hübschen Stadt,

1839.

die aus einer langen und breiten, mit einer doppelten Reihe Bdumen bepflanzten Straße besteht; die Gegend ist hier lachend und malerisch, doch kaum drei Meilen weiter, in der Nähe von Mango Negro, nimmt sie ganz plöglich einen anderen Charakter an; man sieht nichts als durre, table Flächen, welche am Horis sont von der Sierra Morena, jenem braunen, von Cervantes verherrlichten Gebirge, begränzt werden. Als wir Mango Negro laum verlassen hatten, erblickten wir in geringer Entfernung auf einer Höhe mehrere bewaffnete Männer, wodurch die Reisenden und selbst unsere heldenmüthige Eskorte sehr beunruhigt wurden; lestere rüstete sich jedoch zur Vertheidigung; zum Glück aber wurde ihr Muth nicht auf die Probe gefeßt, wir famen unges fährdet vorbei. Auf der Höhe des Hügels breitete sich ein herrs liches Schauspiel vor unseren Blicken aus; vor uns erstreckte sich ein weites tiefes Thal mit der üppigsten Vegetation, durch wels ches der Guadalquivir sich schlängelte; am Horisont tauchten die grünen, mit weißen Häusern belaubten Bergrücken der Sierras Morena auf, die ungefähr 2-3000 Fuß hoch fich erhebt, und zu unseren Füßen, am jenseitigen Ufer des Fluffes, lag mitten unter herrlichen Baumgruppen eine Stadt. Es war Cordova mit seinen von tausend amphitheatralischen Garten umgebenen Hausern, wels ches durch seine weite Ausdehnung das Ansehen einer Haupstadt gewinnt. Das rechts von nackten, dürren Felsen begränzte Thal breitet sich links mehr aus, verengt sich aber bald wieder zwischen den umliegenden Höhen und bildet eine Art Trichter, an dessen dußerstem Ende das Gebirge von Almodovar sich erhebt, welches so senkrecht und regelmäßig in die Höhe steigt, daß es von fern wie ein ausgezackter Thurm aussieht.

Je mehr man fich der Stadt nåbert, desto mehr verliert sie an Bedeutsamkeit. Eine verworrene, unsymmetrische Masse von gelben, weißen und grauen dusern, ein Gewirr von Thürmen und Spigen, in deren Mitte sich die Kathedrale erhebt, serborstene Walle, einstürzende Thürme und vor Alter eingefunkene Thore, das ist das heutige Cordova, seines alten Glanzes ganz beraubt. Es ist nicht mehr die Stadt mit den Maurischen Baldsten, der Hauptort eines mächtigen Königreichs, aber in seinem alten, ehrwürdigen Aussehen, in dieser Zerfallenheit selbst liegt ein Zauber, der die Seele des Reisenden anzieht und ergreift. Von den Palmbäumen, die durch den ersten Abderrahman nach Spanien verpflanzt wurden, ist auch nicht ein einziger mehr vorhan den, sie sind mit den Mauren verschwunden. Der Weg geht immer bergab bis zum Fluffe, über den eine alte Brücke führt, deren Brückenkopf durch einen Maurischen Thurm vertheidigt wird; am entgegengefeßten Ende der Brücke ist ein Römisches Thor, das ehemals den Namen Morgenthor führte und durch welches man endlich in die Stadt selbst gelangt.

Eben so wie in Sevilla, interefftrt auch in Cordova die Kathedrale am meisten; in Sevilla erstaunt man über ihre Größe und ihre erhabenen Verhältnisse, in Cordova, wo die Kathedrale weniger großartig ist, wird man durch die in ihrer Art einzige Architektur und durch die erste Bestimmung des Gebäudes anges zogen. Sie war eine Moschee, die dritte der Welt, die nur wenig der Kaaba in Mekka und der Kibbla des Moses in Jerus falem nachstand, ja vielleicht fogar denselben Rang einnahm, und die ihr Erbauer, Abderrahman I., felbft über diese beiden erheben wollte. Das Aeußere derfelben bietet einen sonderbaren, dem Auge nicht wohlgefälligen Anblick dar; es sind dicke Mauern von gelblichen Steinen, ungefähr etwas über dreißig Fuß hoch, mit schweren viereckigen Pfeilern, unregelmäßig hier und dort angebracht und im Kleinen der Façade eines Flamandischen Hauses nicht unähnlich; zwischen diesen Pfeilern ist hin und wieder eine gewölbte Thür. Eine dieser Pforten führt in einen großen mit Orangenbäumen bepflanzten Hof, der patio de los Naranjos genannt, und durch eine andere Thür gelangt man dann in die Moschee. Hier befand ich mich nun in einem wahren Walde von Säulen, unzählige lange und enge Galerieen, bildend, die in allen Richtungen auf belle Punkte fließen, welches eben so viel offene Thüren waren. Ich erstaunte über die ger ringe Erhabenheit dieses Denkmales; so weit, hell und hoch mir die Wölbungen der Kathedrale von Sevilla vorgekommen waren, eben fo niedrig, finster und gedrückt schienen mir diese, die nur 60 Fuß hoch find. Die Höhe der Kathedrale steht gar nicht im Verhältniß zu ihrer unermeßlichen Ausdehnung, welche einen rechten Winkel von 150 Schritt Lange und 138 Schritt Breite

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