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Die granzenlose Bewunderung, mit der ihn seine Zeitgenossen verehrten, wird mehr durch seine Prosa, als durch seine Poesie gerechtfertigt. Seine Ueberseßung des Tacitus ist ein Meisters werk. Beim Lesen desselben weiß man kaum, ob man mehr über die Erhabenheit des Originals oder über die Treue des Abbildes staunen soll. Durch dieselbe Würde, Kraft und Kürze zeichnen fich auch seine eigenen prosaischen Schriften aus. Er schrieb eine Geschichte Polens, eine Biographie des berühmten Kries gers Johann Chodkiewicz und eine Statistik der Krimm. Die sechs Bände seiner Polnischen Geschichte umfassen nur viers hundert Jahre der frühesten Zeit dieser Nation. Es ist der erste Versuch einer genauen philosophischen Untersuchung der Thats sachen und einer Ordnung derselben. Wie mühsam diese Aufgabe gewesen seyn muß, läßt sich daraus abnehmen, daß der Verfasser 360 Foliobande schriftlicher Dokumente hinterließ, aus denen er geschöpft und aus denen er weiter schöpfen wollte. Sein Plan Sein Plan wurde so bewundernswürdig und die Ausführung desselben so vortrefflich gefunden, daß die Vollendung feines Werkes eines der Hauptziele war, welche die Gesellschaft der Freunde der Wissen schaft und Literatur sich gesteckt hatten; einige ihrer talentvollsten Mitglieder waren damit beauftragt, die übrigen Regierungen der Polnischen Könige zu schreiben. Naruszewicz starb im Jahre 1796. So leiteten am Schluß des achtzehnten Jahrhunderts, als im westlichen Europa das höchste Verdienst mit Spott verfolgt wurde, wenn es den Priestermantel trug, in Polen zwei ausges zeichnete Prälaten das Vordertreffen im Feldzuge des Lichts und der Wissenschaft. Der Eine, heiter, gewandt, bei jedem Schritt neue Quellen des Wizes und der Leidenschaft eröffnend, stürmte oft über die engeren Geistesgränzen feines ihm folgenden Anhans ges hinaus; während der Andere, hoch über die Heerde sich ers hebend, ihren Marsch ordnete und sie langsamer, aber sicherer vorwärts führte. Krasizli unterhält, Naruszewicz belehrt, und fehr richtig prophezeite ein Polnischer Schriftsteller, die Werke des Legieren würden in den Händen der Gebildeten, die des Ers fteren aber in den Händen Aller seyn.

III. Stanislaus Trembezki.

Unter der Schaar der Polnischen Dichter erscheint Trembezki wie ein phantastischer Geist, der sich nicht sowohl durch hohen Genius, als durch das luftige Gewebe seiner Einbildungskraft über die Anderen erhebt und, unbekümmert um Lob oder Tadel der Menge unter ihm, seinen kühnen Flug fortseßt. Er singt von dem Drange eines überströmenden Herzens; feine Poesie folgt jeder wechselnden Regung feines Gemüths, jeder Wallung seines Bluts. Mag er nun den Zauber einer Schönheit preisen oder die schwelgerische Lust eines Festgelages, seine Lyrik ist stets voll Anmuth, und seine Begeisterung reißt den Lefer unwillkürlich mit sich fort. Wie wir über die prächtige Gewandung einer an tiken Statue wohl die klassischen Formen, welche darunter verbors gen find, auf eine Zeit lang übersehen, so vertieft sich bei den Werken dieses Dichters unsere Bewunderung in die entzückende Schönheit der dußeren Hülle, der reinen, herrlichen Diction, und vergißt darüber die Kühnheit der Erfindung und die Feinheit der Gedanken. Gern folgen wir ihm von dem lustigen prunkvollen Hofleben nach den grünen Rasenpläßen von Pomonst und So fiowka. Die ersteren schildert er in einem Jdyll, die leßteren in einem längeren beschreibenden Gedicht. Sofiowka war für das dftliche Polen lange Zeit, was Pulawy für das westliche, ein heiliger Ort, unter deffen Reizen und Denkmålern der pils gernde Patriot oft über die Träume der Vergangenheit und die Hoffnungen der Zukunft den Schmers der Gegenwart vergaß.

Trembezli's Ileberfeßungen des Enfant prodigue und des ersten Aktes von l'Orpheline de Chine erinnern uns an den prak tischeren Theil feines Lebens. Hier verwickelten ihn seine Gas lanterieen gegen das schöne Geschlecht und sein Geschmack an den gesellschaftlichen Vergnügungen, er war zum Beispiel ein leidenschaftlicher Schachspieler, in manche Handel. Zu Ehren der Damen focht er über dreißig Duelle aus, und in diesen war er glücklicher als im Schach, denn hierin verspielte er mehrere seiner besten Werke; unter anderen fiel feine Uebersehung des ersten Altes der Chinesischen Waise in die hande Radowizli's, eines Schriftstellers von sehr geringem Talent. Dieser vollendete die Uebersehung und gab das Ganze unter seinem Namen hers aus; aber die Krähe ward bald entdeckt und ihrer geborgten Federn entkleidet. Ein Wisling machte folgendes Epigramm auf die Geschichte:,,Von Dschengis Chan verschont, in Rado: wiski's Krallen, warst, arme Waise Du, durchaus dem Tod verfallen!"

Sein Talent auf solche Weise vernachlässigend und seine Kräfte vergeudend, hat unser Dichter nur wenig Werke hinters laffen, und der einst so berunderte Kammerherr eines der glans sendsten Höfe Europa's verlebte feine lesten Tage in Niedrig feit und Verlassenheit, Sperlinge fütternd und nach den Fleders mausen haschend, die über fein fieberkrankes Haupt dahinflatters ten, denn mit feinen Glücksgütern waren auch seine Sinne ihm entschwunden.

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Gesellschafts: Deklamator. 4 Bde. 8 St. 4) Auswahl von Kunststücken. 2 Bde. 4 Fl. Warschau. Muzeum historyi naturalnéy i cudów stworzenia. (Museum der Naturs geschichte und der Wunder der Welt.) Mit 24 Kupfern. Warschau. Pr. 9 Fl.

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Ein Russischer Winterabend. Nachdem uns Barns hagen von Enfe fürzlich im,,Freihafen" den Russischen Schrifts steller Fürsten Odojeffstij, durch eine mit feinster Grazie übertras gene Novelle desselben,,,die Sylphide", auf so empfehlende Weise Pennen gelehrt, bringt das neueste Heft jener Zeitschrift abermals eine aus derselben Feder geftoffene Ueberseßung aus dem Russis schen, die mit gleicher Meisterschaft eine Erzählung von Melgus noff,,,der Winterabend", wiedergiebt. Mit einer charakteristischen Einleitung beginnend, die uns in das winterliche Beisammenfeyn einer Gesellschaft auf dem Lande verseßt, weiß der Autor unfer Gemüth auf geschichte Weise in die Stimmung zu bringen, die sich willig dem Eindruck des Unheimlichen, ja des Entfeßlichen hingiebt; unerwartet aber führt er uns mit eben so viel Gewandts heit, die aufgeregten Wogen beschwichtigend, in das ruhige, freundliche Element der heiteren Gegenwart zurück,,, die Taus "1 So vers schung, die er schafft, gutmüthig selbst zerstörend. fcblingen fich Dichtung und Wirklichkeit auf eine höchst anmuthige Weise; der Verfasser idßt uns gleichsam einen Blick in die Werks statte der ersteren thun, indem er an einem Beispiele zeigt, wie die Wirklichkeit zur Dichtung wird, wie aber auch zugleich das Wurzeln diefer in jener die Grundlage aller Poesie ist. Die Er zählung verdiente es, einen solchen Leberseber zu finden, und die captatio benevolentiae, welche derfelbe in einem Vorwort zu Gunsten des Autors voranschickt, findet in Inhalt und Form des mitgetheilten Probesticks die vollkommenste Rechtfertigung. 3 meinerseits", sagt Varnhagen,,,bekenne ohne Scheu, daß überall, mo mir auf dem Boden edler, von humaner Güte und Einsicht durchdrungener Bildung ein so schöner Verein sinniger Lebenss auffassung, ästhetischer und sittlicher Reinheit und gewandter ans muthiger Behandlung begegnet, wie in den Erzählungen Melgus noff's, ich gar sehr erfreut und befriedigt bin und auch die Freunde getrost einlade zu einem solchen Genusse, den man sich ohne Zweis fel auch anderweitig verschaffen kann, nach welchem man aber auch allzu oft in der Nähe und Ferne nur vergebens spähet."

- Die Pariser musikalische Zeitung. Die Konkurs renz eines anderen Journals, welches kürzlich in Paris unter dem Titel: France musicale", angeblich unter den Auspizien und auch unter pefunidrer Betheiligung Auber's, begründet worden, hat den Herausgeber der Gazette musicale de Paris, Herrn Mos riz Schlesinger, zur Verdoppelung seiner Anstrengungen verans last, und die Abonnenten seines Blattes bekommen nun für dens selben Preis von 30 Franken jährlich gerade zweimal so viel zu lefen als sonst. Früher nämlich erschien diese Zeitung nur eins mal in der Woche, einen Bogen stark; jezt wird jeden Donnerstag noch ein zweiter Bogen, als Beiblatt, unter dem Titel,,Revue musicale", ausgegeben, der sich übrigens in Form und Ins halt von ersterem in nichts unterscheidet, nur das beide Blätter ihre besondere Reihe fortlaufender Haupt-Artikel haben und man auf die Revue auch allein, zu 20 Franken, abonniren kann. Außers dem erhält man monatlich eine Musik: Beilage, bestehend aus einer Sammlung musikalischer Antiquitäten im Kirchen und Kammer Styl, vom 16ten bis ins 13te Jahrhundert hinauf, größtentheils Französische Compofitionen, in unser jebiges Notens System übertragen. Endlich hat der Herausgeber des Blattes während der Saison auch noch Gratis Konzerte für seine Abons nenten veranstaltet. Die Gazette musicale vertritt übrigens in Paris diejenige Richtung der Französischen Musil, welche vorzugss weise den Grundsäßen der Deutschen Schule sich anschließt, wie schon das Verzeichniß ihrer Mitarbeiter zeigt, unter denen wir die Namen Berlioz, Castils Blaze, Fetis, Halevy, List, Marr, Rellstab und Seyfried finden. Auch Balzac, Aler. Dumas, Jules Janin und Georges Sand liefern Beiträge. Neben den musikas lischen Abhandlungen, Novellen und Kritiken enthält jedes Blatt dieser Zeitung drei stehende Artikel: Nouvelles, - musikalische Nachrichten und Notizen von allgemeinem Intereffe oder spes zielle Pariser Neuigkeiten, Chronique départementale und Chronique étrangère Muftberichte aus den bedeutendsten Französ fischen Provinzialstädten und aus dem Auslande.

Ein weiter Wilhelm Tell. Zu Ridgbury in Nords Pennsylvanien wurde vor kurzem von einem Manne, Namens Lathrop Baldwin, ein Kunststück ausgeführt, welches Tell's bes rühmten Schuß fast in den Schatten stellt. Der verwegene Schüße nahm eine Büchse und schoß auf achtzehn Ellen Entfers nung einen Apfel vom Kopfe eines anderen Mannes, Namens Thomas For. Der Leßtere batte Peine Kopfbedeckung, das Haar war ihm glatt heruntergefämmt, und der Apfel war sehr klein. Ob dies tollkühne Wagniß auf einer Wette beruht, habe, wird nicht eradhit; die Amerikanischen Zeitungen fagen nur, die Leute fenen beide etwas angetrunken gewesen; sonst hätte sich auch wohl der Eine nicht zur Zielscheibe bergegeben; aber andererseits würde das Gelingen des Schusses dann um so merkwürdiger seyn. Daß übrigens die Amerikaner lecke Wagehilfe und Abenteurer find, ist bekannt.

vierteljährlich, 8 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 103.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Poft - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Mittwoch den 28. August

1839.

England.

Lady Esther Stanhope, die Königin von Palmyra.
Von Henri Cornille.

In den Zeitungen las man neulich mit kurzen Worten fol gende Anzeige: „Lady Esther Stanhope ist nach einer langwie rigen Krankheit, 64 Jahr alt, zu Dschuni in Syrien gestorben.“ Und der gleichgültige Leser erinnerte sich vielleicht gar nicht eins mal, wer diese Frau war, die ihr Leben an den Granzen der Waste, mitten unter den Drufen und Turkomanen beschloß, über welche diese Tochter der Ungläubigen einst einen so seltsamen, ja fast wunderbaren Einfluß ausübte. Es gab in dem Leben der Lady Stanhope eine Phase, wie sie vielleicht nie wieder in die Jahrbücher des Orients eingetragen wird. Man denke sich viers aigtaufend Araber, die sich plößlich auf den Ruinen Palmyra's versammeln, unbezahmte Nomadenstämme, feurig wie die Gluch der Sonne, die mit ihren Strahlen auf dem Syrischen Sande brennt diese wilde Schaar steht unbeweglich und schweigend vor einem fremden Weibe; von Erstaunen und Bewunderung ers faßt, rufen Alle mit einem Mal die Tochter der Stuarts zur Beherrscherin der Wüste, zur Königin von Palmyra aus. Man verseße sich im Geist auf den Schauplah dieses fabelhaften Triumphes, und man wird das Wesen jener Frau begreifen, welche es verstand, dem muselmannischen Fanatismus Schweigen au gebieten und sich durch sich selbst eine wahrhaft zauberische Herrschaft auf dem Boden Mahomeds zu begründen.

Lady Esther Stanhope", sagt Lamartine in seinem herrs lichen Werke,,,war Pitt's Nichte. Nach dem Tode ihres Oheims verließ sie England und durchreißte Europa. Jung, schön und reich, wurde sie überall mit dem Eifer und dem Antheil aufger nommen, welche ihr Rang, ihr Reichthum, ihr Geist und ihre Schönheit ihr sicherten; doch verschmähte sie es standhaft, ihr Schicksal an das eines ihrer ausgezeichneten Verehrer zu knüpfen, und nach einigen in den vorzüglichsten Hauptstädten Europa's verlebten Jahren schiffte sie sich mit einem zahlreichen Gefolge nach Konstantinopel ein. Den eigentlichen Beweggrund zu dieser Auswanderung hat man nie erfahren können; Einige haben sie dem Tode eines jungen Englischen Generals zugeschrieben, der damals gerade in Spanien gefallen war, und dessen Andenken eine immerwährende Trauer im Herzen Lady Stanhope's zurück laffen sollte; Andere aber nur dem Geschmack an Abenteuern, und der unternehmende muthige Charakter der jungen Dame sprach für diese leßte Meinung. Wie dem auch sen, sie reiste ab, hielt sich mehrere Jahre in Konstantinopel auf und schiffte sich dann auf einem Englischen Fahrzeuge mit dem größten Theil ihres baaren Vermögens, mit ihren unschäßbaren Kleinodien und mit Geschenken aller Art nach Syrien ein. Ein Sturm aber überfiel das Schiff auf dem Wege nach Karamanien, im Meers bufen von Makris, es scheiterte, und die Wellen verschlangen alle Schäße der Lady Stanhope; sie selbst entging kaum dem Tode."

Nichts konnte indeß den Entschluß der Lady Esher wankend machen; sie kehrt nach London zurück, sammelt die Ueberreste ihres Vermögens, schifft sich von neuem ein, steuert nach Syriens Küsten hin und steigt bei Latalia, dem alten Laodicea, ans Land. Erst wollte sie sich in Brussa am Fuße des Olymp niederlassen; aber Bruffa hat sechzigtausend Einwohner und ist eine an den Landstraßen von Stonstantinopel belegene Handelsstadt, und Ladn Stanhope sehnte fich nach der Unabhängigkeit und Einsamkeit der Wüste. Sie wählte sich also die Einöden des Libanons, dessen Vers zweigungen sich mitten in SandsEbenen verlieren. Das in Trum mer gesunkene Palmyra, die alte Stadt der Zenobia, reiste ihre Einbildungskraft, und ihr neuer Wohnfig sollte an jene vergessenen Stätten gränzen, wo die Vergangenheit mit all' ihrem Zauber, mit ihrer ganzen Eigenthümlichkeit sich offenbart. Da ist sie nun im Dorfe Dschuni, die edle Verbannte, deren Leben von nun an allen Abenteuern des Zufalls geweiht seyn soll. „Europa", fagt sie,,,ist ein langweiliger, einförmiger Aufenthalt; da sieht man nur Völker, die der Freiheit unwerth find, und die Zukunft bietet mir dort nur endlose Revolutionen." So siedelt fie fich dann in ihrem Theben an, fie studirt das Arabische und müht sich, den Charakter der Syrischen Völkerschaften zu erfors schen. Eines Tages sieht man die Frode im Türkischen Kostüm

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fich auf den Weg nach Jerusalem, nach Aleppo, nach Damaskus, nach der Wüste begeben, in der Mitte einer mit Reichthümern, Belten und Geschenken für die Scheifs belasteten Karavane; bald fammeln sich um sie die Stamme, und es neigen sich vor ihr alle Völkerschaften, wie einst in Spanien vor Run Diaz de Vibar. Man giebt ihr den Namen,,Cid, und feine Stimme widerfest sich ihrem Triumphe. Nicht bloß durch ihre Freigiebigkeit hatte sich Lady Esher die Bewunderung der Araber gewonnen; mehr als einmal war auch ihr Muth auf harte Proben gejeßt worden, doch immer hatte sie der Gefahr mit kühnem Muthe und mit einer Kraft getroßt, deren Andenken die Stämme bewahrten. Auch verstand es Lady Stanhope, den muselmännischen Vorurtheis len zu schmeicheln; weder mit Christen noch Juden stand sie in der geringsten Verbindung; ganze Tage lang weilte fie in der Grotte eines Derwisches und ließ sich den Koran erklären; nie zeigte fle sich öffentlich anders als mit jener begeisterten, majestätischen und ernsten Miene, welche bei den Orientalen immer als Kennzeichen der Propheten galt. Bei ihr war jedoch dieses Wesen und dieser Ausdruck weniger die Wirkung einer klugen Berechnung, als jenes besonderen Hanges zu allem Ueberspannten und Absonderlichen.

Der Aufenthalt der Lady Stanhope, der anfänglich nur eine Einsiedelei war, verwandelte sich plößlich in einen orientalischen Palast, mit Pavillons, mit Orangen und Myrthen: Gebüschen, überragt von dem Laubwerk der Ceder, wie sie auf den Bergen des Libanon wächst und gedeiht. Der Reisende, dem Lady Esther den Eintritt in ihr Heiligthum gestattete, fand die Dame mit einem Turban geschmückt, der aus einem weißen oder rothen Kaschmir Shawl gewunden war; fie trug eine lange Tunika, mit offenen fliegenden Aermeln, weite Türkische Beinkleider, die auf ihre mit Seide gestickten Stiefeln aus gelbem Maroquin here abfielen, und am Gürtel den Vatagan. Lady Stanhope hatte einen ernsten und gebietenden Ausdruck, über ihre edlen und fanften Zige war eine Majestät verbreitet, die durch ihre hohe Gestalt und ihren würdevollen Anstand noch gesteigert wurde.

Doch leider erbleichte plößlich dieser mit so großen Kosten unterhaltene Zauberglans. Lady Esthers Angelegenheiten geriethen durch ihre Abwesenheit in Unordnung, mit jedem Jahre vermine derten sich ihre Einkünfte, diese positiven Hülfsquellen, die eine Zeit lang die Magie ihrer seltsamen Herrschaft so wohl unterstüße hatten. Die Königin von Palmyra stieg wieder zum Range der gewöhnlichen Sterblichen herab; sie, die einft alle jene unums schrankten Fermans unterzeichnet hatte, welche dem Reisenden gestatteten, nach seinem Gefallen das Gebiet von Palmyra zu durchstreifen, sie, deren Herrschaft die hohe Pforte selbst stills schweigend anerkannte. Bald sah sie ihre Allmacht nicht mehr von allen ihren Völkerschaften anerkannt. Man ließ ihr den Titel Königin, doch war er fortan_nur_ein Erinnerungszeichen, und von neuem herrschte klösterliches Schweigen in Dschuni's Einöden.

Lady Stanhope, ihres nur so lurze Zeit getragenen Diades mes beraubt, stirbt durch ein Spiel des Zufalls gerade in dem Augenblicke, wo der Orient wankt, wo auf dem wurmstichigen Throne Mahomed's II. der Erbe Achmeds den legten Seufzer aushaucht; fie stirbt einsam und vergessen, ohne daß ihr Name fich in diese großen Begebenheiten gemischt hat, beim Donner der Kanonen, der in Nisib's Ebenen rollt, als sollte ihr zu Ehren, wie einst beim Tode Alexanders des Großen, eine blutige Leichens feier begangen werden.

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Handelsbahnen und Waaren - Transporte in Rußland. (Fortsehung.)

Das Haupterforderniß einer guten Kunststraße ist wohl ohne Zweifel das, daß dieselbe zu allen Jahreszeiten, bei allen Wetters phanomenen und allen möglichen Zuständen der natürlichen Erds oberfläche eine dauernd feste und nußbare Basis darbiete. Dies Pönnen nun natürlich die Ruffischen Landwege noch nicht leisten. Sie sind gut, ja trefflich, so lange die Witterung trefflich ist. In der schlechten Jahreszeit aber verfällt, Alles in völlig untauglichen und bodenlosen Zustand. In den Zeiten des lleberganges der trockenen Jahreszeit zur kalten, und der durch Eis festen zu der durch die hise entfumpften Erdoberfläche, im Herbste und Früh linge, tritt eine völlige Auflösung und Entzweiung des ganzen Landes ein. Die besten Wege und der lebendigste Transport bes schränken sich daher auf die Sommer und Wintermonate, und im Herbst und Frühling giebt es alle Mal eine Zeit, wo das Land in einen so betrübten Zustand verfällt, daß aller Handel und Wandet völlig ceffire. Die ganze Oberfläche löst sich in einen ununterbrochenen sumpfigen Brei auf. Die in ihren Betten uns bewachten und ungenirten Ströme ergießen ihre Gewässer weit und breit durch das Land, und die wegschmelzende Schneedecke so wie die herabstürzenden Regenwasser bilden eine Menge tems porårer und unregelmäßiger Flüsse und Schmußbäche, die den Verkehr auf taufend Punkten hommen und hindern. Eine Reise im Lande zu diesen Zeiten ist mit einer Menge unfäglicher Mühen und bei uns unbekannter Gefahren verbunden. Alle Waaren und reifende Personen, Fuhrs und Kaufleute legen sich dann gewöhn, lich auf einige Zeit zur Ruhe in ihre Frühlings und Herbst-Quars tiere, und, wie sie mit einem eigenthümlichen fast unüberses: baren Russischen Ausdruck sagen, —,,überherbsten und über, Frühlingen".

In Bezug auf Sommer und Winter findet zwischen Süds und Nord-Rusland ein nicht unbedeutender Unterschied statt. In Nord Rußland ist in dieser, in Süd-Rußland in jener Jahreszeit der Verkehr weit bedeutender. Die treffliche, von.den Waffen so fehnlich erwartete und so gern benuste Schneebahn stellt sich ndmlich in ihrer nöthigen Vollkommenheit nur im Norden her, bis zu einer Parallele, die man etwa 50 bis 70 Meilen (genauer last fich dergleichen natürlich nicht bestimmen) im Süden von Moskau ziehen könnte. In den sädlich von dieser Linie beginnens Den Steppenländern sind die Winter für eine solche zu gelind und dabei doch an Stürmen, Schneegestöbern, Nebeln und ans deren Störungen zu reich, als daß sie bei ihrer völligen Schuß, losigkeit dem Wanderer und Handelsmann einige Aussicht auf fichere Erreichung des Zieles verbürgen könnten. Während daher im Norden eine Menge Transporte, die nicht etwa zu Wasser gemacht werden sollen, für die schöne Winterbahn aufgespart werden und alle Hauptzufuhren zu den Häfen Libau, Riga, Petersburg, Archangel ic., so wie alle in der Landwirthschaft nöthige Herbeischaffungen von Holzs und anderen Vorräthen zu den Hauptsißen der Güter im Winter statthaben, sucht man das gegen im Süden zu den Häfen Odessa, Taganrog, Krementschuy, Gelaterinograd, Mariopol u. f. w. alle Sendungen im Sommer au bewerkstelligen, so wie ebenfalls auch in der Landwirthschaft afle Anfuhren vor dem Winter abzumachen. Es ist indeß dies eine Verhältniß nicht das einzige, was eine Verschiedenheit in Dem Verkehr des Südens und Nordens begründet. Die ganz andere Natur des Steppenfüdens und des Schnechügels Nordens, fo wie ihre durchaus verschiedene Bevölkerung, haben in beiden eine sehr verschiedene Weise des Verkehrs einheimisch gemacht, die einer näheren Schilderung und Sonderung werth ist.

Für den Landverkehr des Nordens ist die große Frage des Herbstes und Winters die Bildung einer guten und soliden, früh eintretenden und lange dauernden Schneebahn. Gewöhnlich stellt fich diese schon sehr früh im Jahre her, Mitte Oktober oder doch Anfangs November, und dauert 5, wo nicht 6 Monate, bis Mitte ober Ausgangs Mars. Auf dem glatten Schnee und Eife ift der Transport natürlich leichter und billiger als auf dem starke Friction verursachenden nackten Erdreich. Alle Wirthschaften des Nordens, fleine wie große, vornehme und geringe, Kaufleute und Ackerleute, find daher mit Schlitten, Schlittenangespann u. f. m. immer reichlich versehen und brennen vor Begierde, damit im Winter to thatig als möglich zu fepn. Laufend Transporte, Reifen und Arbeiten werden auf den Eintritt der Schneebahn verschoben, und Alles i

Boden bedeckt, ihre Schlitten anspannen sieht, und daß sie, selbst wenn schon alle Felder kahl sind, doch noch in den Gräben, oder we fich sonst der Schnee häufte und länger liegen bleibt, auf Schlitten rutschen.

Die Schneebahnen, selbst wenn auch der beste Grund zu ihnen gelegt wurde, verderben sich doch bei längerem Gebrauche im Laufe des Winters, auch wenn sonst keine dußere zerstörende Einwirkungen des Wetters stattfanden. Zunächst an den Abhängen der Berge und Hügel, wo die Pferde oft nicht so schnell laufen können, als ihnen die Schlitten von selbst nachrütschen, und wo diese daher, da sie, anders als die Wagen, so gut vorwärts als seitwärts und rückwärts gleiten, jenen oft vorauskommen, bilden sich große, breite, glatte Eisbahnen, auf denen das Hinabfahren des Schleuderns wegen mit allerlei Gefahren verknüpft ist. Wenn die Berge einigermaßen hoch sind, ist das Herabgleiten einer großen Waaren Karavane und die mancherlei Ereignisse dabei ein interessantes Schauspiel für den Zuschauer, eine schwere Arbeit für den Schlittenführer. Alsdann entstehen auf den ebenen nicht abschüssigen Wegen mit der Zeit eine Menge Quers vertiefungen und Erhebungen der Bahn, die wie Wellen in völlig gleichmäßigen Entfernungen und alle von derselben Größe einander folgen und von den Russen „uchabi" oder,,Grüfte" ges nannt werden. Da, wo der Schnee sehr hoch gefallen ist, sind diese Uchabi oft so tief, daß die Schlitten aus einer Gruft in die ans dere fallen und das Herausarbeiten alle Mal wieder etwas Mühe kostet. Ja, nicht selten fallen_die_Schlitten__mit solcher Gewalt hinein, daß man sie darin stecken lassen muß. Auch bei den ges wöhnlichen Uchabi findet ein so beständiges Aufs und Nieders schwingen des Schlittens statt, daß die Reisenden dabei ähnliche Gefühle anwandeln wie bei der Seekrankheit.

Die beste und dauerndste Schneebahn giebt es im nördlichen und mittleren Rußland. Im fädlichen, bis zum Schwarzen Weere hin, pflegt man nur auf 2 Monate Schlittenbahn zu rechnen. Und auch diese sind noch unsicher. Auch in den Ostsecprovinzen, namentlich in der Halbinsel Kurland und dem westlichen Lithauen, ist die Schlittenbahn sehr unsicher, obgleich es dem Winter nicht an Lange, wohl aber an dieser schönen Moskauischen und Sibi rischen Beständigkeit von dreimonatlichen 15 Grad Kälte fehlt.

Wenn auf etwas, so verstehen sich die Russen aufs Schlitten bauen. Natürlich versteht jedes Volk sich am besten auf das; was seine Verhältnisse ihm am unentbehrlichsten machen. Allé Ruifische Schlitten, von den eleganten, filberbeschlagenen und pelzverbrämten der Petersburger Perspektive herab bis zu den aus Birkenstämmen zusammengebogenen der Bauern, sind samme lich höchst zweckmäßig, dauerhaft, leicht und dabei meistens sehr zierlich und geschmackvoll, besonders wenn man sie mit den Deuts schen Schlitten vergleicht. Es läßt sich so etwas schwer beschreis ben und ohne Zeichnung vorstellen. Aber im Ganzen macht der mit Schwanenhalsen, Engelsköpfen, Schellen ut. f. w. verzierte and dabei doch plumpe Deutsche Schlitten dem in seinem Bau daßerst zierlichen und mehr durch die eleganten Formen seiner wesentlichen Theile als durch bunte unwesentliche Anhängfel schönen Russischen Schlitten gegenüber den Eindruck einer ges schmacklos aufgepußten plumpen Frau einer wahrhaft noblen Dame von klassischem Benehmen gegenüber. Der Deutsche Schlitten fährt wie das Ballengerüßte eines rohen Flußschiffs, der Russische wie der Organismus einer gewandten Englischen Jacht. Die gewöhnlichen Ruffischen Schlitten, die beim Transs porte der Waaren dienen, haben die Kufen vorn des zuweilen so tiefen Schnee's und besonders jener obenerwähnten Grüfte wegen ungemein hoch umgekrümmt. Die umgekrümmte Spiße steht vorn bis 12 Ellen hoch. Der Kasten zur Aufnahme der Las dung ist ebenfalls ganz eigenthümlich gebaut. Er ist_vorn_tief, aber sviß zugehend, hinten verflacht, aber breiter, so daß die Hauptmaffe der Ladung mehr nach hinten liegt. Man sagt, es gefchehe dies ebenfalls der Uchabi wegen, damit man beim Hins absinken in dieselben die vordere leichtere Spißc bequemer bewes gen und herausreißen könne.

Vor jeden dieser Schlitten wird nur ein Pferd gespannt, die Ladung daher danach berechnet, die in Matten wohl verpacke hinten auf den Schlitten kommt. Jeder Fuhrmann über, sieht etwa 4 bis 5 Schlitten, und da immer mehrere Fuhrleute sich zusammenthun, entweder zu einer Gesellschaft von lauter gleichgestellten Brüdern, oder als Knechte eines anderen größeren Fuhrmannes von Kapital, fo sieht man immer lange Reihen von Schlitten, oft zu hundert und mehr Fuhren, hinter einander her traben. Man nennt eine solche Schlittens oder Wagen Karas wane in Rusland eine Obose. Die Führer dieser Obosen find Fuhrleute, die fich Jedermann verdingen und mit den Kaufleuten Kontrakte abschließen auf Waaren Transporte nach irgend einer beliebigen Gegend des großen Weltreichs. In Deutschland, wo fich Alles auf fo geregelten und bestimmten Bahnen bewegt und

bahn." Gut wird sie, wenn Gebe Gott uns eine gute Schnees wo die Fuhrleute meistens nur ihre alten gewohnten Trakte befah

fie mit Rohlfrost beginnt, der sundcft ren, der Eine diesen, der Andere jenen, würde wohl Mancher ers den Boden festigt und eine sichere Basis begründet, wenn ber schreden, wenn er die meistens nur mündlich abgemachten Kontrakte erfte Schnee bei ruhigem Wester fillt und Stürme ihn nicht der Rufflichen Fuhrleute anhörte, die nicht danach fragen, ob man unregelmäßig anbaufen, befonders wenn ihn etwas Feuchtigkeit sie nach Berlin oder nach Kiachta an die Gränze China's, nach an den Boden heftet und dann wieder Edlie alles Folgende balle Konftantinopel am Bosporus oder Beresow beim Nordpole schli und mauert. Lange anhaltenbes Thauwetter, sur Unseit einfallende ten wolle, und nicht wissen, ob gute und welche Wege dahin Rätte und Stürme können die Bahn von porn herein perderben, führen. Sie erfundigen sich nur, wie weit der Ort ungefdhr if, unbomilbe oder labifrostiges bas mas und ob danach der gebotene Lohn Vortheil zu versprechen scheint. hidan tai begierbe, Leyten fo groß, daß man er finden den ihnen bezeichneten Paul Petrowitsch, dem fie die

auf dem Gonce su fahrenden öncelaleler, der ben Maare bringen follen, ficher auf, und wenn er auch bei den Aus

Ne schon bei dem

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herrschten viele bösartige Krankheiten, die einen großen Theil der Bevölkerung von Lüttich dahinrafften; man fah, wie die Ges schichtschreiber berichten, das Gras auf den öffentlichen Plazen so üppig wie auf den Wiesen wachsen. Die Pest, der Aussaß und andere ansteckende Krankheiten waren im Mittelalter übrigens in den großen Städten sehr gewöhnlich; das Landvolk, welches den beständigen Bedrückungen der Edelleute und Barone ausgefest war, rettete sich in die Städte, und so mußten julest wohl durch die Ueberfüllung an Menschen in ungefunden Hausern, welche in foSengen Straßen standen, daß die Luft gar nicht hineindringen Ponnie, jene schrecklichen Katastrophen sich von Zeit zu Zeit immer wieder erneuern, durch welche das Volk dahingerafft wurde; dies war denn auch in Lüttich der Fall.

Das Bild, welches wir von dieser Stadt entwerfen wollen, würde unvollkommen seyn, wenn wir nur die dußeren Verändes rungen aufzählten, welche sich in Lüttich von seiner Entstehung an bis auf unsere Tage zugetragen haben; es scheint uns daher von großer Wichtigkeit, auch aller der verschiedenen Einrichtun gen zu gedenken, wodurch die Lüuicher beherrscht und Modific cationen in ihrer Staatsverwaltung hervorgebracht wurden; die Regierung Johann's von Flandern zeichnet sich ganz besonders durch folche Verordnungen und Friedensvertrage (pacta) aus. Hauptsächlich müssen wir der geistlichen Verordnung gedenken, die 1287 erlaffen und in welcher festgefeßt wurde, daß hinfort die Lebensmittel mit feinem Boll mehr beschwert werden dürften. In Folge dieser Verordnung wurde auch ein Gerichtshof aus sechs Domherren und sechs Bürgern eingefeßt, der von dem Bier, den Wagen und den Karren eine Steuer einfordern mußte, die zue Ausbefferung der Wege, der Mauern, der Brücken, der Thore und Graben, welche die Stadt einschloffen, angewendet wurde; dieser Gerichtshof führte den Namen des Einschlußs Hofes (cour de fermeté). Dann wurden auch dadurch die Schwierigs Feiten beseitigt, die fich feit langen Zeiten in Bezug auf die Ges richtsbarkeit erhoben hatten, welcher die Diener der Domherren unterworfen seyn sollten; die Geistlichkeit mußte aus der Bürgers schaft fieben Geschworene erwählen, welche, mit einer gleichen Anzahl von Schöffen vereinigt, aber dergleichen Fälle auf An suchen des Bischofs oder des Stadt Schultheißen Recht sprachen.

Vermöge dieser geistlichen Verordnung gehört auch die Sauves nière zur Stadt, und man fam überein, daß gegen die Entrich tung von 300 Mark, welche der Magistrat an den StadtsSchults heißen und die Domkirche zu zahlen hatte, die Bürgerschaft dies ses Viertels derselben Gerichtsbarkeit wie die Lütticher Bürger unterworfen seyn sollte, und daß man ohne Einwilligung des Kapitels kein Haus auf dem Pferdemarkt bauen dürfe. Ferner waren noch die Strafen für alle diejenigen darin verzeichnet, welche mit Gewalt in die Kirchen eindringen und hier irgend einen Feind verwundeten oder tödteten.

Gegen das Jahr 1290 erhoben sich furchtbare Streitigkeiten awischen den mächtigen Familien von Awans, und von Waroux, die fast ein halbes Jahrhundert hindurch dauerten, und während welcher sich die Nachkommen, Raes von Dammartin's in den Ebenen von Hesbane unter einander tödteten. Während der Adel sich selbst durch solche Privats Uneinigkeiten schwächte, gingen in Lattich wichtige und folgenreiche Ereignisse vor, denn ein Nachs folger Heinrich's von Dinant, der Stadtmeister Heinrich Le Pair von Warour, ein eifriger Feind der Großen, der gern an allen Unruhen Theil nahm, regte unaufhörlich das Volk gegen die Má bhrigen und Reichen auf und schlug demselben vor, sich in Brüderschaften oder Zünfte, je nach dem Handwerk, zu ordnen, fich durch einen Eid unter einander zu verbinden und dann, fos bald es die Umstände erforderten, bei dem Klange der weißen Glocke unter die Waffen zu treten. Dieser Vorschlag fand großen Beifall, und jede Zunft nahm 1297 ein besonderes rothes Banner an, auf welchem an der einen Seite eine goldene Freitreppe und an der anderen die Werkzeuge jedes Handwerks angegeben Als diese Vorfälle dem Bischof Hugo von Chalons bes Pannt wurden, ergrimmte er sehr; aber Heinrich le Pair, der den schmußigen Geis dieses Fürsten Pannte, besänftigte seinen Born durch eine von der Bürgerschaft aufgebrachte große Summe Geldes und erhielt fo. feine Zustimmung zu der Bildung der Bolls Brüderschaften. Im Jahre 1307, fügte Thibaut. de Bar zu den zwölf vorhandenen Brüderschaften noch sehn hinzu, und mit der Zeit stiegen. fie auf zweiunddreißig. Unter Adolph von Waldeck, 1302, wird zuerst der Titel Bürgermeister für Zeit oder Stadtmeister gebraucht, und 1303 fömmt zuerst der Gebrauch der Freitreppe in den Wappen der ersten Magistratspersonen vor, welche bis dahin einen heiligen Michael als Zeichen der Freunds schaft und Einheit führten. Noch in demselben Jahre wurde nach einem blutigen Kampfe zwischen den Weißkappen und dem Volle festgefeßt, daß in Zufuuft einer der Bürgermeister aus den Plebejern gewählt werden folle.

maren.

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Der Lütticher Adel, der mit großein Verdruß die Macht des Volkes immer mehr steigen sah, versuchte 1312 eine leste Krafts anstrengung gegen dasselbe und wäre dadurch beinahe an einem Tage gänzlich vernichtet worden; gegen 300 Adelige, welche das Volk in die Kirche St. Martin hineingetrieben und diese dann angezündet hatte, kamen unter den Trümmern des einstürzenden Gebäudes um. Auf die Köpfe aller derjenigen, welche diese furchtbare Katastrophe überlebten, die unter dem Namen Mal St. Martin bekannt ist, wurden Preise gefeßt; für einen Baron 100 Livres und für seinen Stallmeister 50. Um die Vernichtung des Einflusses der Patrizier zu vervollständigen, wurde im fols genden Jahre in den Vertrag von Angleur die merkwürdige Selaufel eingeschaltet:,,um in den Magistrat aufgenommen zu werden, muß man ein Handwerk treiben."

Das merkwürdigste aller historischen Denkmäler ans jener Beit ist unstreitig der Vertrag von Ferhe, den 18 Juni 1316 in dem Dorfe gleiches Namens abgeschlossen, wodurch den Unruhen, welche Brabant und das Lütticher Land verheerten, ein Ziel ges feßt wurde; diefer Vertrag war für die Lütticher das Palladium aller ihrer Freiheiten. Keinem Bürger von Lüttich waren die Artikel dieses Vertrages unbekannt, und bei der Revolution von 1789 bezog man sich nur auf fie. Im Jahre 1317 wurden in Lüttich im Namen des Bischofs, des Kapitels und der Stadt ,,Briefe zum allgemeinen Besten" bekannt gemacht, welche so manches auf den Handel und den Verkauf Bezügliche in Ordnug brachten. Die Verordnungen, welche sich auf die Tuchfabriken bezogen, die damals unter der Halle der Tuchmacher sich befans den, stammen aus dem Jahre 1323; ferner wurden im Jahre 1339 zwei Jahrmarkte von acht Tagen Dauer, der eine zu Anfang Mai, der Beginn des andern aber auf den St. Lambertus Tag angefeßt. Man schickte Boten in die umliegenden Gegenden und lud die Kaufleute sich mit ihren Waaren zu dieser Zeit in Lüttich einzufinden; es wurde ihnen auch Schuß gegen jede Bes drückung und eine freundliche Aufnahme zugesichert.

Wegen der Magistratswahlen fanden beständige Reibungen statt, und die darauf bezüglichen Verträge, besonders die von Wis hogne und Votem, fielen nicht zu Gunsten des Volkes aus; in dem legten wurde sogar bestimmt, daß die eine Hälfte des Stadt rathes aus dem Adel, die andere aber aus den reichen Bürgern der sechs Vinaven (Bezirke) gewählt werden sollte. Die Unzufries denheit über diese Bestimmungen nahm einen fo ernsten Charakter an, daß Adolph von der Mark sich 1343 genöthigt fah, die Artikel des Wihogner Vertrages zu modifisiren. Noch in demselben Jahre wurde das in der Geschichte Lüttichs so berühmte Tribunal der Zweiundzwanzig eingefeßt. Dieser Gerichtshof bestand aus 22 auf Lebenszeit aus den drei Ständen Lüttichs und einigen anderen Städten des Landes erwählten Richtern, welchen es oblag, die

Gewalthätigkeiten und Unbilden der bischöflichen Beamten zu uns terdrücken, ja, diese Leßteren im Nothfall sogar abzuseßen Nier mand durfte sich dieser Gerichtsbarkeit entziehen, selbst der Bie fchof nicht, and im Jahre 1377 wurde der Fürst sogar zur Wies dererstattung einer Geldbuße verurtheilt, die er ungerechterweise einem Bürger aus St. Trond abgefordert hatte. In den Archis ven dieses berühmten Tribunals findet sich auch mehr als Ein Beispiel vor, daß in Lüttich im 14ten Jahrhundert streng auf eine der Hauptgarantieen der conflitutionnellen Staaten gehalten wurde, die in unseren Zeiten meistentheils nichts als ein Blendwerk ift nämlich auf die Verantwortlichkeit der Minister.

Nach früher eingegangenen Verträgen waren die Bürger gezwungen, einen ihrer Bürgermeister aus dem Adel zu wählen; fie betrachteten diese Anordnung immer wie eine ungerechtigkeit, indem fie behaupteten, sich allein aus sich selbst regieren zu tóns nen, und schon drohten wieder ernste Unruhen deshalb in der Stadt auszubrechen. Der Adel aber, der sich zum Widerstand zu schwach fühlte, jog es vor, dem nahenden Sturme vorzubeus gen; die Familienhäupter begaben sich daher eines Tages in die Gemeinde Versammlung, welche in der Violette, dem Stadthause, stattfand, entfagten dort ihren Rechten und gestatteten den Bürs gern volle Freiheit, fich Bürgermeister und Rash selbst zu wah len, fügten jedoch hinzu, daß sie ja auch Bürger von Lüttich seyen und daher hofften, man werde ihrer bei den Wahlen gedenken.

Jest nun kommen wir zu den Kämpfen der Lütticher mit dem mächtigen Hause Burgund, die unter der Regierung Jor hann's von Bayern ihren Anfang nahmen, und während welcher das Sadtviertel von St. Lambert fast immerfort ein Haufen von Ruinen war. (J. d. L.)

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Mannigfaltiges.

Dante und die Patholische Philosophie des dreis zehnten Jahrhunderts. Unter diesem Titel ist zu Paris eine neue Eriduterung der Werke des Dichters der gönlichen Komödie erschienen. Herr Ozanam, der. Verfaffer dieses Kommentars, glaubte ndmlich, daß die Erklärer des Dante bis jest auf deffen philosophische Tendensen, die vielleicht der Hauptzweck seiner Werte gewesen, zu wenig Rücksicht genommen oder dieselben uns richtig aufgefaßt hatten. Der neue Kommentator nun giebt zus nach ein allgemeines Bild von dem dreizehnten Jahrhundert, dann schildert er die verschiedenen Phasen der damaligen Phis losophie, die Studien und Schicksale Dante's und den Einfluß, den alle diese Ursachen zusammen auf die Grundsäße und Denke weise des großen Dichters ausgeübt. Er sucht hierauf diese philofophischen Anschauungen selbst in einer Analyse der götts lichen Komödie und der anderen Schriften Dante's nachzuweisen, er charakterisirt das ganze System näher durch eine Vergleichung desselben mit den berühmtesten Philosophieen des Orients, des Griechisch Römischen Alterthums, des Mittelalters und der neueren Zeit, und fügt endlich noch einige beiläufige Früchte seiner Fore schungen bei, worunter fich ein Auffah über Beatrir, ein Englisch Normannisches Gedicht aus dem dreizehnten Jahrhundert und mehrere ins Französische überseßte, mit interessanten Fragen der Gegenwart in Berührung stehende Fragmente aus Bonaventura's und Thomas von Aquino's Schriften befinden.)

Law und Boleslaw. Nachdem die Skulptur in Rauch's bes -Kunstdenkmale zu Ehren der Könige Mieczys ersten christlichen Könige Polens geliefert hat, ist nun auch der Fannter Gruppe ein Meisterwerk zur Verherrlichung der beiden Malerei die Aufgabe geworden, deren Andenken auf eine würdige Schüler Overbeck's, von einem Posener Macen den Auftrag ers Weise zu befestigen. So hat Herr Brzozowski, ein talentvoller halten, für die dortige Domkapelle ein Gemälde auszuführen, welches eine religiöse Scene aus dem Leben Boleslaw's darstellen foll. Der Maler arbeitet jest in Rom daran, und Kenner, die nungen auf diesen Künstler. Das Bild zeigt die beiden Herrscher den bereits fertigen Entwurf desselben gesehen, sezen große Hoffe Boleslaw und Otto III., am Grabe des heiligen Adalbert knieend, zu welchem der Deutsche Kaiser im Jahre 1000 eine Wallfahrt nach Gnesen unternommen hatte, wo er von dem Könige der Polen, mit außerordentlichem Glans empfangen wurde. Die Fürsten sind von Großen und Rittern ihrer Reiche umgeben, und die Charakteristik der beiden im Gebet hier vereinigten Nationen. soll dem Maler meisterhaft gelungen seyn.

-Amerikanische Betriebsamkeit. In einem Dorfe des östlichen Theils der Vereinigten Staaten lebt ein Zeitungss Redacteur, der nicht nur fein eigener Seßer, Drucker und Laufe bursche ist, sondern auch eine Schenke hat, als Dorfschulmeister fungirt, als Hauptmann in der Milis dient, dabei sich selbst die Stiefeln und Schuhe flict, an zwei Tagen der Woche patentirte Villen, Effenzen und Zinnwaaren verfertigt, auch, wenn der Pfarrer abwesend ist, des Sonntags die Predigt ablieft. Er ist: verheirathet und hat sechzehn Kinder. Auch besigt er einen kleinen Schooner, auf dem er im Herbste nach Boston fährt und dort den Ertrag seines Feldbau's, Kartoffeln und Zwiebeln, verkauft. Vor seiner Abreise pflegt er dann feinen Abonnenten anzuzeigen, daß das Erscheinen des nächsten Zeitungsblattes von Wind und Wetter abhängen werde!

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