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Nummern. PränumerationsPreis 224 gr. († Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 99.

M a ga z in

für die

Beiblatt der Allg. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohüöbl. Poft - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Montag den 19. August

Frankreich.

Geschichte eines Pfefferkuchen - Degens.

Von E. M. von St. Hilaire.

Am 24. Oktober 1813 war Napoleon zu guter Zeit in Freis burg angelangt, wo man eine Wohnung für ihn im Hause des protestantischen Geistlichen eingerichtet hatte. Er schloß sich sos gleich mit Berthier ein und beschäftigte sich, ohne nur die ges ringste Nahrung zu sich zu nehmen, mit den Angelegenheiten Frankreichs, diftirte das Dekret der Zusammenberufung des ger feßgebenden Körpers und verfügte über Avancements, Geschenke und Ehrenzeichen. Dann legte ihm der Marschall das Verzeichs niß aller Verluste während und nach der Schlacht bei Leipzig vor. Berthier selbst hatte den Tod seines Neffen, des jungen d'Avranges, zu beklagen, welcher Oberst bei einem neuen Karassier-Regimente war, das vor wenigen Tagen erst_feinen Adler von Napoleon empfangen hatte. Dieser tapfere Offizier war in einer Vorstadt von Leipzig bei der Vertheidigung des Rückzuges des Fürsten Poniatowski gefallen. Bei dem Namen d'Avranges, der von Berthier mit einer wohl sehr natürlichen inneren Bewegung ausgesprochen wurde, erbebte Napoleon, sah den Fürsten von Neuchatel mit einem ganz besonderen Ausdruck an und fragte furs:,,Nun, welche Verluste habe ich noch zu beklagen, Herr Marschall?" ,,Sire, der Divisions General Delmas fiel unter dem Feuer der Sächsischen Artillerie und mit ihm Vial, Rochambeau ...." - Genug, genug, unterbrach ihn Napoleon und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen; dann wiederholte er leise:,,Bessieres, Duroc, Kirchener, Brunere, Vial, Rochambeau, Delmas, Poniatowski!.... Alle find todt! Alle! D, es ist schrecklich! Wann wird das ein Ende nehmen! Ist nicht schon Blut genug geflossen? Wenn sie sich noch an mich allein hielten!" Und nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: „Sie sagten, unter meinen tapferen Obersten feŋ auch d'Avranges...." ,,Sire, er fiel unter den Schwertern der Preußen. Die legten Worte meines Neffen waren ein Dank an Em. Majestät für alle Gnade, die Sie ihm bezeigt, und sein letter Scufzer galt seinem Vaterlande, feiner Mutter. Sire, sie ist meine Schwester, und er...." Hier schwieg Berthier und bedeckte die Augen mit der Hand.

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Während Berthier sprach, zuckten die Hände des Kaisers, seine Lippen wurden blaß, bei ihm ein Zeichen tiefer Erschüttes rung. Er hatte sich auf den Tisch gebeugt, vor dem er saß, und streckte den Arm aus, um Berthier's Hand zu ergreifen, die er zweimal drückte, ohne jedoch ein Wort zu sprechen. Der Fürst von Neuchatel faßte sich und fuhr fort:,,Sire, unter den Neben umständen, die auf den Tod meines Neffen Bezug haben, ist etwas, das ich mir gar nicht erklären kann, etwas, das ich kaum glauben kann, obgleich es mir als wahr versichert wird." Nun, was ist es denn?" fragte Napoleon.,,Sire, eine un Denkbare Sache, eine Kinderei; man fand zwischen seiner Uniform und seinem Küraß.... und doch war d'Avranges nicht ndr‹ risch...." —,,Aber, was ist es denn?" wiederholte der Kaiser mit der lebhaftesten Ungeduld. -,,Sire, man fand einen kleinen Pfefferkuchen Degen, wie man ihn Kindern schenkt, aber so ges hartet durch die Zeit, daß man gar nicht wußte, was es eigents lich seyn könne. Doch die Sorgfalt, mit welcher er in Papier gewickelt und in das Offizier Brevet der Ehrenlegion eingeschlas gen war, mit welchem Ew. Majestät meinen Neffen im vorigen Jahre beehrten, last uns glauben, daß diese Spielerei ihm sehr werth seyn mußte." ,,Das ist feltiam!" sprach Napoleon leise and starrte zerstreut vor sich hin, wie Einer, der worauf blickt, ohne jedoch zu sehen. „Sicher ist es ein Geschenk, das er als Kind, vielleicht von seiner Cousine empfing, die er sehr lieb hatte." ,,Sie irren sich, Berthier", erwiederte der Kaiser und fuhr mit der Hand über die Stirn. Ja, wahrhaftig!" Und wieder verfiel er in Nachdenken. Wie dem auch sey", fügte Ber thier hinzu,,,die Sache ist sonderbar.“ Kaum hatte er aber dies Wort ausgesprochen, so erschrack er über den Eindruck, welchen es auf den Kaiser hervorbrachte; denn dieser stand auf, ging auf Berthier zu, faßte seinen Arm mit krampfhafter Heftigkeit und war für einige Sefunden keines Wortes mächtig. Dann lächelte er, aber in diefes Lächeln mischte sich so viel Bitterkeit, daß der Fürst schon fürchtete, ihn beleidigt zu haben. „Sie sind wies

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1839.

der im Irrthum, es ist nicht sonderbar, es ist erhaben! d'Avans ges hat Wort gehalten, er ist seinem Schwure treu geblieben. Haben Sie mir noch Anderes zu berichten?" -,,Nein, Sire.“ Nun wohl, so gehen Sie; beschäftigen Sie sich sogleich damit, die von mir bewilligten Gratificationen auszahlen zu lassen. Vers laffen Sie mich, Berthier, ich wünsche allein zu seyn." Napos leon stüßte seinen Kopf in beide Hände und verfiel in tiefes Sins nen; der Marschall verließ ihn und fann vergebens darüber nach, welche Beziehungen zwischen Napoleon, seinem unglücklichen Neffen und dem kleinen Pfefferkuchen Degen stattfinden könnten.

Zu der Zeit, als der Vendome Plaz noch den Namen Pikens Plaß führte und die Steine des Denkmals, das hier dem viers zehnten Ludwig errichtet worden, auf dem mit Gras bewachsenen Pflaster umherlagen, im Jahre 1794, ging ein Artillerie - Offizier auf diesem fast öden Plaße auf und ab, mit nachdenklicher Miene und die Hände auf dem Rücken gekreuzt; er schien höchstens 25 Jahr alt zu seyn, war klein, hager und schlank. Seine langen schwarzen Haare hingen ihm bis auf die Schuls tern herab und verliehen seiner blassen, durch außerordentlich feurige Augen belebten Gesichtsbildung einen unbeschreiblich originellen Charakter. Dieser Offizier stand von Zeit zu Zeit still, um mit schwermüthigem Blick den Plaz zu überschauen, der seiner ihn noch vor kurzem verschönernden Trophäe beraubt war. Er betrachtete das Fußgestell der zertrümmerten Statue und blickte dann zum Himmel auf, wie Jemand, der in Gedans ken einen Tempel, einen Triumphbogen, eine Säule baut.

Der Offizier war noch in diese Art von Verzückung versun, fen, als ein junger Knabe aus einem der benachbarten Hotels heraussprang, sich ihm unvermuthet näherte und ihn mit soldas tischer Kühnheit fragte: Nicht wahr, Bürger, Sie find Genes ral?" -,,Nein, mein kleiner Freund." —,,Ach! Sie sind nicht General! Stehen Sie auch nicht bei der Artillerie?" Freilich habe ich die Ehre, dabei zu dienen; aber ich bin nur Komman dant.. Nicht wahr, das ist etwas sehr unbedeutendes?" Kommandant! Kommandant!" wiederholte der Knabe mit nach denklicher Miene, erhob dann den Kopf und blickte ihn mit großen klaren Augen an:,,Das gilt mir gleich", rief er mit erhobener Stimme, ich möchte wohl Kommandant seyn! Meine Oheime sagen, das sen schon ganz hübsch. An Ihrer Uniform sah ich wohl, daß Sie bei der Artillerie ständen, obgleich Job mir das nicht glauben wollte, aber er will mich nur immer drgern." ,,Wer ist denn der Job, welcher Dir zu widersprechen wagt?" „Ei, das ist Mama's Jokey. Wir standen beide auf dem Balkon und betrachteten Sie; sehen Sie dort oben, wo neben dem großen Fenster roth angeschrieben steht: Frei leben oder sterben.... Sie gehen hier wenigstens seit einer Stunde spas zieren, nicht wahre" — Bei dieser schnellen Frage erröthete der Offizier ein wenig, dann erwiederte er lächelnd:,,Ich warte hier schon lange auf Jemand." -,,Nun, de Ihr Freund nicht fömmt, sprach das freundliche Kind,,,so darf ich wohl eine Frage an Sie thun, ohne Ihnen beschwerlich zu fallen?" Frage, was Du willst, ich werde Dir gern darauf antworten, wenn ich es vermag, erwiederte der junge Offizier, der sich für den unbekannten Knaben lebhaft zu intereffiren anfing. wohl, sagen Sie mir schnell, würden Sie mich wohl in Ihr Res giment aufnehmen? Ich bin groß, ich kann schon recht gut lesen, habe schon ziemliche Fortschritte im Schönschreiben gemacht und lerne Geographie. Mein Lehrer versichert mir...." - 1,1,0, mein junger Kamerad", unterbrach ihn der Offizier,,,man wählt die Soldaten nicht nach der Größe, das kannst Du an mir sehen, sondern nach dem Alter und der Vaterlandsliebe. Wie alt bist Du denn?" -,,Ich werde bald acht Jahr seyn, Bürger! Bes trachten Sie mich nur genau." Und sogleich nahm der Kleine eine kriegerische Haltung an; freundlich blickte ihn der Kommandant an, und ein Lächeln schwebte auf seinen feingerötheten Lippen. ,,Du bist noch viel zu jung, mein kleiner Freund", sprach er dann. ,,Wenn man auch nicht die vorgeschriebene Größe hat, so muß man doch wenigstens die Kraft besißen, die Beschwerden des Krieges zu ertragen." -,,Aber es giebt doch Pfeiffer und Tams bours, die nicht größer find als ich. Erst gestern sah ich so einen an der Spiße eines Regimentes vorüberziehen." "Das kann seyn; aber Du mußt die Kraft haben, einen Degen zu führen; denn im Angesicht des Feindes reichen Herz und Muth allein nicht hin, mein junger Freund." —,,D, wenn's nur darauf ans

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Nun

tommt, ich verstehe schon einen Degen zu führen; fragen Sie nur meine Oheime, die Offiziere sind, wie Sie; ich kann ihren großen Sabel schon mit Einer Hand regieren, Sie sollen es sehen.".... Und mit der Schwelligkeit einer Kaze sprang er auf das Bassin, neben welchem sie mit einander plauderten, stüßte sich mit einer Hand auf die Schulter des Kommandanten, faßte mit der anderen den Handgriff des Degens und zog ihn aus der Scheide. Bei dieser unerwarteten Bewegung hielt der Offizier schnell die Hand des kleinen Schelms fest und sagte mit ernstem Ton und blisendem Auge:,,Geduld, Niemand als ich berührt diesen Degen! Es giebt Dinge, mit denen ein Kind nie scherzen mus; steige sogleich herunter, kleiner Mann!",,Ich wollte Ihnen bloß zeigen", stotterte das Kind;,,sind Sie boje auf mich, Bürger? Verzeihen Sie mir, ich thue es gewiß nie wieder!"

Gerührt umarmte der Offizier das Kind und stellte es auf die Erde: 3 konnte Dir die Probe nicht gestatten, die Du was gen wolltest. Um Dir aber zu zeigen, daß ich Dir nicht zûrne, und um Deine Kriegsluft zu befriedigen, will ich Dir einen hübs schen Pfefferkachen-Degen schenken; nimmst Du ihn an? Vielleicht kann ich Dir dereinst einen anderen geben; aber Du mußt auch nicht mehr weinen, denn das würde mir leid thun." -,,, ich will ihn wohl", rief der kleine Bursche, sprang vor Freuden in die Höhe und klatschte in die Hände;,, aber auf diesem häßlichen Play fist keine Pfefferkuchenhändlerin“, fügte er hinzu, indem er fich die Thränen trocknete. -,,Wir werden einige Schritt von hier, im Kapuziner Garten, schon eine finden, wenn Du so gut seyn willst, mit mir zu kommen.... Indes", unterbrach er sich nach einigem Besinnen,,,fürchtest Du auch nicht, daß man sich Deiner Abwesenheit wegen beunruhigen wird?.... Ich will Dich übrigens wieder hierher zurückgeleiten." O, ich darf schon allein nach der Terrasse der Feuillantiner gehen; in dek, damit Job von Mama keine Schelte bekömmt, will ich ihm doch lieber sagen, daß ich mit Ihnen gehe, und daß wir bald wieder zurück seyn werden." ,,Ja, das ist besser."

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,,Job", rief das Kind, indem es dem Joken winkte, der auf dem Balkon des Hotels Schildwach stand;,,ich gehe mit dem Kommandanten nach dem Kapuziner Garten, einen schönen Säbel zu kaufen; wenn Mama nach mir fragt, so sage ihr nur, daß ich gleich wieder da bin." Der Jokey eilte herbei, als er fah, daß der Offizier feinen jungen Herrn mitnehmen wolle; der Kleine aber, da er Job's Bedenken errieth, warf sich in die Brust, trat mit dem Fuße auf und sagte stolz:,,Wenn ich Dir erkldre, daß ich augenblicklich zurückkomme!" Dann faßte er die Hand des Kommandanten und fügte pathetisch hinzu: „Ich wußte es wohl, daß dieser Bürger zur Artillerie gehöre; aber Du willst mir nies mals glauben." (Schluß folgt.)

Herr Viennet, eine autobiographische Skizze.

(Schluß.)

litɗt tödtet uns. Die Parteistimmen antworteten mir mit einem Strom von Beleidigungen.

Die Tribune zeichnete sich in diesem Federkriege durch die heftigste Verleumdung aus. Ich zeigte diesen Artikel einem meiner Freunde, der mir weiter hinauf die drei Zeilen, in wel chen die Kammer selbst prostituirt genannt wurde, bemerklich machte, und ich zog die Redaction vor die Schranken. Die Minister, welche man anklagte, mich veranlaßt zu haben, zitters ten über meine Kühnheit, tadelten mich im Conseil, klagten mich der Zukonsequenz und Thorheit an; ein einziger unter ihnen führte meine Vertheidigung. Aber an dem anderen Morgen nach dem Siege kamen dieselben Minister einer nach dem anderen, mir Glück zu wünschen. Sie gingen so weit, mich ihren Retter zu nennen. Doch ich irre mich, es tamen deren nur sieben, der achie hatte seinen Besuch schon den Abend vorher gemacht; es war Herr Guizot. Von diesem Augenblick an war ich ein öffentlicher Feind; durch alle Schlünde des politischen Vesuvs ergoffen sich über mich Schmähungen, Verleumdungen, Sarkass men, Karrikaturen, Satiren. Das Lächerliche wurde mit vollen Händen über meinen Namen, meine Gestalt ausgestreut. Ums ringt in der Provinz von den Charivaris, verfolgt in der Haupts stadt von den Blicken und Zeigefingern der, Müßiggänger aller Klassen, würde ich mein Glück in drei Monaten gemacht haben, menn ich mich für Geld z. B. neben der Nordischen Riesin hätte sehen lassen. An Hanswürsten würde es mir nicht gefehlt haben; es hätte eine ordentliche Konkurrenz aus der politischen Welt stattgefunden und ich vielleicht jenen unverschämten Minister ges wählt, der einem meiner Freunde, als ihn dieser einst fragte, warum ich nicht zum Pair ernannt worden wäre, antwortete: Um Pair zu seyn, muß man sich nicht ridikül gemacht haben." Ich habe seinen Namen nicht erfahren; aber spaßhaft kam es mir vor, mir ein Ridikül an den Kopf werfen zu sehen, den einzigen Lohn meiner Hingabe, von Seiten eines Ministers der Monarchie, in deren Dienst ich es mir zugezogen hatte. Es hat mich nicht sehr verleßt, aber der Zufall unterwarf mich eines Tages einer harten Probe.

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Ich war Geschworner in dem Prozeß der 27, den man auch die Verschwörung Raspail genannt hat. Die Advokaten hatten ihre Gründe erschöpft, es bedurfte nur noch eines Namens, um die Jury vollzählig zu machen, der meinige wurde gezogen, und die Vertheidiger erbleichten. Dies war die erste Beleidigung, andere wurden mir nicht ersparı Zwei Gegner machten es sich zur Freude, eine Karrikatur von mir zu zeichnen, ein anderer machie Epigramme, welche die Journale am nächsten Morgen mittheilten. Der Zeuge Marrast wiederholte mit affektirtem Wes sen meine Worte über die Legalitat, legte es aber der Regierung in den Mund, damit ich als deren Echo erschiene. Ich sagte mir, daß ich das Leben dieser Menschen in meinen Hånden hielte, und ich fühlte nicht den Stachel. Das Komplott leuchtete mir nicht ein, und ich erklärte mich får die Unschuld derer, die, wenn sie an meiner Stelle gewesen wären, mich gewiß ungehört verdammt hätten. Die Minister schmollten, aber ich war zu selbstzufrieden, um mich noch um das zu bekümmern, was Andere dachten. Uebris gens gebrauchte ich meine Universal-Medizin, nämlich die Zurückges zogenheit in mein Zimmer, so oft die Ruhestorer sie mir zu genießen erlaubten. Hier nun, unter den beständigen Angriffen der Presse, die mich in ihrer Galle zu erfdufen trachteten, arbeitete ich sieben neue Theaterstücke aus, Episteln, Fabeln, und das Alles ohne einige Hoffnung auf Erfolg, fogar ohne die Möglichkeit, fle öffentlich werden zu sehen, der ungehörten Verdammung und uns glaublichsten Anschwarzung gewiß. Der Erfolg bewies, daß ich mich dennoch getäuscht hatte, meine Komödie,,die Schwüre“ bes fand sich unter den aufgeführten Stücken, und Publikum und Journalistik bewiesen mir, daß es für mich noch einige Nachs ficht gäbe.

Um wieder auf mein politisches Leben zurückzukommen, so habe ich von meinem Votum gegen das lebenslängliche Konsulat und das Kaiserthum schon gesprochen. Ich stimmie zum dritten Mal nicht anders gegen die acte additionel, und jede meiner Ans sichten wurde durch eine Broschüre unterstüßt, die oft sogar von der Regierung in Beschlag genommen, aber jedes Mal von der Opposition gelobt wurde. Von nun knüpfte ich eine Epistel oder Satire an jedes politische Ereigniß der Restauration, an die Ors donnanz vom 5. September, die Einrichtung der Armee, den Aufstand der Hellenen, das Auftreten der Kapuziner, die Unvers schamtheit der Jesuiten, endlich an jenes Gesez der Liebe, das in meinen Augen einer ehrenvollen Abseßung gleichlam. Meine Popularität wuchs dabei in dem Grade, daß bei der Wahl von 1827 die Stadt Béziers mich zu ihrem Deputirten ernannte. Ich nahm meinen Plaß in dem linken Centrum, das damals eine positive Stellung bezeichnete. Aber mit Herrn von Polignac war keine Vermittelung möglich. Ich feierte meinen Eintritt mit einer Philippika. Meine Epistel an Karl X. ging um mehrere Tage der Adresse der 221 voraus, und es gehörte von meiner Seite feine Ueberwindung dazu, für die Weigerung der Mitwirkung, die der König in seiner bekannten Thronrede in Anspruch genommen, zu stimmen. Ob es damals Verschwöruns gen gub, weiß ich nicht; man hatte zu viel Achtung vor mir,nistern votirt hatte. Wer hat Cafimir Périer mehr geachtet, ges um davon mit mir zu sprechen.

Beim Erscheinen der JulisOrdonnanzen befand ich mich auf dem Lande, 11 Lieues von Paris, und die erste unruhige Ahnung erweckte mir das Ausbleiben der Journale. Die erste Nachricht von der Revolution erhielt ich den 29sten Abends; den 30ften Mittags war ich auf dem Stadthause, wo ich der Munizipals Kommission meine Dienste anbot. Ich kam am folgenden Tage mit der Kammer dahin zurück, las dem Volte die Proclamation des Herzogs von Orleans als General Lieutenant des Königreichs vor, fah übrigens kein anderes Programm, als dessen Lesung mir anvertraut war. Als die Freiheit nicht mehr in Gefahr war, entschloß ich mich, die Monarchie zu unterstüßen, und ins dem ich nach Périer's Tode Aufruhr in den Straßen, Zwietracht in der Kammer, den Revolutions- Geist in der Presse, Schwäche und Trägheit bei den Ministern, Schläffheit auf den Tribunalen, Willkår und fitliche Entartung überall und von keiner Seite einen Gegendruck sah, zitterte ich für die Monarchie und Franks reich. Ich benußte die Erörterungen über die geheimen Fonds, um ein Manifest gegen die revolutionairen Leidenschaften au

Die, welche mich niederzuschlagen trachteten, haben mich selbst wieder aufgerichtet, und indem ich ihnen hier danke, wende ich mich noch einmal zu meinem politischen Leben zurück. Ic war Mitglied der wichtigsten Komiffionen der Kammer, der Pairs schaft, der Septembergefeße, außerdem noch zwanzig anderer; 20 Büreaus haben mir dieselbe Ehre widerfahren lassen. Man erlaube mir, dieses wieder in Erinnerung zu bringen, man that mir Unrecht, wenn man sagte, daß ich stets mit den zeitigen Mis

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liebt als ich? Ich habe ihm einige schwarze Kugeln gegeben. Späterhin konnten mich keine Bitten bewegen, das Disjunctions Gefeß zu votiren; die, welche mich baten, kannten mich nicht besser als diejenigen, welche mich so lange Zeit der Fuchsschwans zerei angeklagt haben. Ich habe eine wahre Othellos Liebe für das Rechte und Wahre. Das, was ich dafür halte, bemachtigt sich so stark aller Zugange meiner Seele, daß es mir unmöglich wird, ihm untreu zu werden, es zu verbergen oder zu verschweis gen, weil ich niemals einer Coterie angehört habe, und daher kommt es, daß ich von Niemand adoptirt oder unterstüßt worden bin. Zur Vergeltung fagt man, daß mich Jedermann lieb hat; leicht möglich, denn man hat mich so viel gezüchtiget. Immerhin, ich gebe es beinahe auf, von meiner Art geheilt zu werden, ich Pann durchaus nicht die Wahrheit verschlossen in der Hand tras gen; um so schlimmer får die Welt, wenu die Wahrheit ihr so oft wehe thut.

Witten in den Wirren, welche der Revolution folgten, hatte Cafimir Périer die Güte, zu bemerken, daß ich mit gefreuzten Ars men den Zuschauer abgabe. Er bot mir die Polizei Präfektur

des comptes. 3ch lehnte es ab, und ich fand in allen Relationen darüber, daß ich wegen meiner Unfähigkeit leer ausgegangen wdre. Wie soll man es anfangen, um die Fürsten der Welt zu befriedigen! Sechs Jahre später, als ich noch mehr Rechte auf die Erkentlichkeit der Minister erworben hatte, schlugen mir zwei andere Minister, die ich um nichts gebeten hatte, eine Stelle in der Bibliothek war. Waren diese Herren nicht die Scheidemünze Périers? ihr Anerbieten war nach Verhältniß. Als es sich das rum handelte, mich in Ruhestand zu versehen, beschäftigte sich der Minister Rath während zweier Sigungen mit dem Nachtheil, den ich von dem Unterschiede zwischen dem halben Solde und der Pension des Oberst Lieutenant haben könnte. Der ganze Verlust be trug sechzehn Franken monatlich, und acht Menschen, die über ein Budget von 80,000 Franken zu verfügen hatten, behandelten diese Sache mit ernsten Gesichtern. O Monarchie, du Anker der Freis heiten und der Ruhe meines Vaterlandes, was habe ich dir nicht zu vergeben gehabt!

Aegypten.

Sennaar und Kordofan.

Nach Dr. Ferlini.

Von Sennaar (sen bedeutet Zahn und naar Feuer) nach Baars Abiad braucht man fünf Tage. Man kommt durch Sibilla, Massala und Mangiara. In legterem Orte läßt die Regierung Barken bauen, um bei hohem Wasserstande den Fluß hinunter nach Kahira zu fahren. Unermeßliche Wälder und Riesenbäume fdumen die Ufer des Fluffes. Nachdem man ihn passirt hat, ers reicht man in acht Lagereisen Added, das erste Dorf in der Sandebene von Kordofan. Der sandige Boden der ganzen Halbs insel ist fast himmelblau. Bis Assaba find 13 Wegstunden, bis Doma 18 Stunden durch die Wüste, bis Kursich nur 8 Stunden; man muß aber dort übernachten. Am folgenden Tage erblickt man Kurback, das erste Gebirge in dieser endlosen Wüste, und noch einen Tag weiter die Hauptstadt der Provinz, Abajet oder Kordofan. Die Bewohner des Distriktes sind sehr fromme Musels manner. Sie halten ihre Gebetzeiten punktlich und lesen beständig im Koran. Alle Jahre pilgern sie nach Mekka, um ihres Pros pheten und Abraham's Grab zu besuchen. Sie müssen durch die Wüsten von Sabdarad ziehen, gar eine beschwerliche Reise, denn die Wüsten erstrecken sich über die ganze Insel Meroe. Die Regierung verweigert auch niemals den Gemeinden von Dars fur und Telelih, ihren Feinden, den Durchzug, wenn sie als Pils ger kommen. Es giebt Leute im Volk, welche die Reise nach Metta fünfmal gemacht haben. Diese frommen Schwarzen heißen Tafruri. Sie leben drei Monate lang ganz von Almosen und genießen nichts als Korn in Wasser geweicht, wie wir unseren Pferden den Hafer geben. Ihre Ausrüstung besteht in einem groben und schmußigen Linnenhemde, einem Stab, einem Garra oder gehöhlten Kürbis zum Trinken und Einweichen des Korns, einem kleinen Schlauch für das Korn und einem ähnlichen für den Wasservorrath.

Der Wüstensand enthält etwas Eisen-Oryd, welches die Schwarzen gewinnen, um Nagel zu ihren Fahrzeugen daraus zu machen. Die Brunnen sind sehr tief, haben aber ein schlechtes, ungesundes Waffer.

Wenn die Regeizeit kommt, so macht man die Aussaat von Korn, Taback, Baumwolle, Grune und Simsin, aus dessen Früchten Del gezogen wird. Die Regenzeit dauert drei Monate und manchmal länger. Schwere Gewitter begleiten fle; ein Orkan halt aber selten über eine Stunde an, und nach demselben brennen die Sonnenstrahlen mit ihrer dußersten Kraft. Das Korn von Sennaar ist Mais. Die Frucht ist in Kordofan etwas kleiner. Man bereitet aus den gegorenen Körnern die Getränke, welche Marissa und Bilbil genannt werden, einen Branntwein, in welchem die Eingeborenen sich gern berauschen.

Die Hduser sind fast durchgängig von Stroh, wie in den übrigen Theilen von Bellet, Sudan. Auf der Halbinsel findet man, wie zu Berber, einige einstöckige Wohnungen aus Ziegeln an der Sonne getrocknet. Die Bewohner von Kordofan haben keinen ordentlichen Lehm. Sie bringen aus ihrem Sande indessen ein Cement zu Stande, daraus sie ihre Mauern wenig über einen Fuß hoch aufführen. Wenn diese Schicht einige Tage lang der Sonne sum Trocknen überlassen gewesen, bringen sie eine andere Schicht darüber und erhöhen die Mauern bis auf etwa zwei Metres. In dieser Höhe decken sie das Haus mit Brettern, welche ihnen zugleich als Terraffe dienen. Zum Bewurf der Mauern machen fie aus Heckerling, Sand und Kuhmist einen Teig. Sehr fest können diese Gebäude natürlich nicht seyn. Bisweilen bel heftigem Regen durchweichen sich die Wände, und ein Haus fließt aus einander wie ein Stück Zucker. Wenn eine Feuersbrunst entsteht, bedarf es weniger Augenblicke, um ein Haus in Asche zu verwandeln, und da die Wohnungen sehr dicht ftehen, so gerathen fie bei solcher Gelegenheit gleich hundertweise in Flammen. Die Bewohner machen sich nicht viel Sorge darum, da sie lein Hausgeräthe von einigem Werth besigen. Sie nennen ihre Barracken Tukkuls.

Die Bevölkerung der Stadt Kordofan kann sich auf 12,000 Seelen belaufen. Die Garnison, zwei Bataillone stark, liegt in der Citadelle, d. h. in den Hütten, welche innerhalb der um schließenden Dornenbecke angelegt find. Das ganze dem Vice: Könige unterworfene Kordofan wird 300,000 Bewohner haben. Das Reich Darfur ist in diesem Theile von Afrika das bevöl

keriste. Der Gewiun, welchen die Aegyptische Regierung von diesen Provinzen zieht, ist aber überhaupt nicht groß. Die Leute haben dem Vice-Könige jährlich über 400,000 Pfunde Arabischen Gummi's zu liefern und erhalten für den Centner (c. 33 metr. Pfd.) einen Spanischen Thaler. Da die Transportkosten bis Kahira für den Ceniner 1 Thir. betragen, so hat die Regierung den alleinigen Vertrieb des Gummi. Mit den Elephantenschnen ist es diefelbe Sache. Die Regierung bezahlt 10 Span. Thlr. für den Centner. Der Gummi von Kordofan ist der beste und ges suchteste, dem von Mekka und Sennaar weit überlegen; er hat eine röthlich weiße Farbe. Wit Straußenfedern wird ebenfalls gehandelt, sie sind aber einem übermäßig hohen Zoll unterworfen. Eine Giraffe fauft man für 15 bis 20 Thaler.

Es giebt Nomadenstämme in den Ebenen, Bakari genannt, d. h. Rinderhirten. Sie rasten mit ihren Heerden da, wo sie einen Full, ein stehendes Waffer, antreffen. Sobald das Wasser verbraucht ist, ziehen sie weiter, den dürren Kräutern nach, welche in diesen Wästen, der starken Regengässe wegen, niemals fehlen. Sie effen kein Rindfleisch, sie brauchen nur die Milch und machen auch Butter, für welche sie Korn einhandeln. Die Butter oder andere fette und dlige Substanzen werden von den Reichen mit irgend einem wohlriechenden Stoffe gemischt, um sich den Leib damit zu falben. Diejenigen Bakari, welche Abgaben entrichten, stehen unter dem Schuß der Regierung, die übrigen sucht der Vicefönig gelegentlich mit Jagden heim. Er unterhalt unter ihnen befoldete Spione, um ihre Weideplähe zu ermitteln. Soll Jagd auf einen Stamm gemacht werden, so ziehen 300 Wann regulaire Truopen und 100 berittene Magrabins aus. Sie ers reichen etwa nach 30 Tagen das Lager der Hirten. Sie richten sich dergestalt ein, daß sie dasselbe mit Tagesanbruch überfallen. Die Heerde ist dann noch innerhalb der starken Hecken einges schlossen, welche über Nacht zum Schuße vor Löwen dienen. Der ganze Stamm läßt sich durch einige Flintenschüsse auseins andersprengen und flieht ohne den geringsten Versuch zur Gegens wehr; die Heerden aber werden von den Soldaten weggetrieben. Diese Jagden bringen der Aegyptischen Regierung jährlich mins destens 4000 Stück Rindvich ein. Das Vieh wird zunächst in den Dörfern vertheilt, wo Türkische Truppen liegen, fpdter aber partieenweise nach Kahira geschickt; die Hälfte davon pflegt in der Wüste Debbeb oder im Reiche Dongola, wo es gleichers maßen an Wasser fehlt, umzukommen. Das Detaschement Trups pen, welches diese Heerden transportiṛt, bringt 8 Monate unters weges zu. Ich traf eines Tages bei dem Oberst Rustam Bei das Oberhaupt eines freien Stammes der Bakari. Da ich meine Verwunderung über die ungeheure Menge des Hornviehs und die kleine Anzahl der Menschen außerte, wurde mir gesagt, daß dieser Stamm eigentlich 100,000 Mitglieder zählen follie. Man mußte den Despotismus der Türken kennen, welcher weder die Güter noch die Person ihrer Unterthanen schont, um dieser Ans gabe Glauben zu schenken. Die Rinder werden zum Feldbau verwendet, dienen auch sogar als Sattelthiere. Da sie nicht ges schlachtet werden, ist ihr Preis sehr niedrig. Man hat das Stück auf dem Markte zu 2 Span. Thirn. Das Gouvernement von Kahira verkauft seine Rinder an die Bauern von Obers und Unter Aegypten und gewinnt dabei beträchtliche Summen.

Die unglücklichen Afrikaner werden mit solcher Barbarei bes kriegt, daß sie in das Innere ihres Landes keinen Weißen lassen, aus Furcht, man wolle sie zu Sklaven machen. Ihre Furcht allein ist es, welche es den Reisenden unmöglich macht, das Land zu erforschen, indem Jeder, der sich hineinwagte, sich dem graus samsten Tode preisgåbe.

Die Gebirge liegen in diesen Wildnissen weit von einander entfernt. Auf den Gipfeln erbauen die Schwarzen ihre Städte. Die Bewohner der verschiedenen Ortschaften reden unterschiedene Sprachen und bekriegen einander beständig. Die Höhen suchen fie zu ihren Ansiedelungen, um besser vor den Waffen ihrer mächtigen Nachbarn, der Teleli, der Darfur, der Solucks und Tinlas ges schüßt zu seyn. Sie gehen ganz nackt und sind Fetischdiener. Es giebt einen Höhlen bewohnenden Stamm, welcher umhers streift, um Menschen zu rauben, und seinen Raub frißt. Diese Kannibalen heißen Banda gnam gnam. Ich fand Einige von ihren gefangen zu Kordofan. Sie sagten mir, daß sie ihre Schlachtopfer in Stücke schnitten, nachdem sie das aus den Wuns den springende Blut getrunken, und daß sie die noch zuckenden Stücke roh dßen. Eines von diesen Ungeheuern sah mit Bedauern das Beerdigen der Todten. Sie tödteten sich nicht unter eins ander, sagte er, aber wer stürbe, der würde von den Lebenden gefreffen.

Zweimal im Jahre macht die Aegyptische Regierung Jagd auf diese Wilden. Zweitausend Mann, aus Artillerie, Kavallerie und Infanterie bestehend, werden mobil gemacht, mit 700 Kamees len, welche Wasser, Proviant und Munition tragen. Angelangt am Fuße der Gebirge, fuchen fie der Quellen sich zu bemächti gen und umstellen dieselben. Da die Greise der Knechtschaft den Tod vorziehen, so sind es nur die Kinder, welche nach 3 oder 4 Tagen sich herangetrauen, um Wasser zu holen. Sie werden fogleich ergriffen und in die Mitte des Quarrés gebracht. Die shandliche Kriegslist mißglückt niemals. In ihren Hütten anger griffen, würden die Schwarzen sich niedermeßeln, aber nicht hins wegschleppen lassen; der Durst indeß zwingt sie, ihren Feinden sich selbst in die Hände zu liefern. Die Regierung erbeutet auf diese Art aus einer Ortschaft von 7-8000 Einwohnern gegen 2000 Sllaven. Den Gefangenen wird mit einem glühenden Eisen die Chiffer des Vicekönigs auf dem linken Arm eingebrannt, um

fie von den Sklaven, welche nicht Eigenthum der Regierung find, au unterscheiden. Die Kaufleute, welche sie der Regierung ab handeln, um sie nach Kahira oder Mekka zu führen, brennen ihnen ein zweites Zeichen ein. Junge Männer, welche zum Kriegs dienst tauglich sind, werden eingestellt. Auf folgende Art transs portirt man die Gefangenen: Ein kurzer Ballen ist auf beiden Enden eingespalten. In jede Spalte bringt man den Hals eines Sklaven, indem man sie öffnet, und legt ein Querholz dazwischen, damit die beiden Hälften nicht zusammenschnellen und den Ges fangenen erwürgen können. Die Enden des Querholzes werden mit Riemen aus Rinderhaut festgebunden. Die Sklavens Paare werden truppweise zusammengestellt und den Dörfers Chefs übers geben, welche den Zug zu leiten haben. Stirbt einer der Uns glücklichen, so schneidet man zum Wahrzeichen ihm die Nase, die Ohren und das marlirte Stück Haut ab. Die Zugführer bringen oft ganze Sammlungen von Nasen und Ohren an ihren Bestims mungsort. Dort endlich kommen die Sklaven in ein starkes Dorns gehege. Ein Koptischer Schreiber nimmt sie in Empfang und giebt den Zugführern ihre Decharge, nachdem die Nasen und Dhren mitgezahlt worden sind, welche den Beweis liefern, daß Niemand unterweges entwischt ist. Zulegt werden die Sklaven verkauft. Ist der Käufer vom Militair, so weist er den Betrag auf seinen Sold an; die übrigen Käufer bezahlen baar. Stirbt der gekaufte Sklave, so lange er sich noch in dem Gehege befins bet, so trágt die Regierung den Schaden; sobald derselbe aber nur einen Schritt hinausgethan hat, ist der Verlust auf Seiten des Kaufers. Den Stämmen, welche gejagt worden, läßt die Regies rung mehrere Jahre Frist, um sich zu erholen; man schönt das Wild, damit es sich mehre. Mehr als 40 Berge hat die Regierung auf diese Art allmdlig entwölkert. Das Regiment von Kordofan ist feit 12 Jahren immer nur mit den geraubten Schwarzen komples tirt worden. Ihre Ueberzahl war daher so groß geworden, daß man einen Aufstand gegen die Weißen zu fürchten gegründete Ursache hatte. Die Schwarzen dieser Stämme von den Höhen farben ihr Haar zum Unterschied von allen übrigen Afrikanern mit einer in fettiger Substanz angerührten rothen Erde.

Die Einfünfte der Regierung bestehen auf der Halbinsel_in Leinmand, Baumwolle, Butter, Mais und wenigem Gelde. Sie werden zur Besoldung der Garnison verwendet. Mit den Bes wohnern der Berge Gunsavi, Bartavi, Tinka und Soluck an der Gränze Abyssiniens hinter Fasolji wird beständig Krieg geführt. Mit den Abyssiniern läßt das Gouvernement sich ungern ein; die Gebirge find unzugänglich, und das Volk dort ist mit Luntenflinten bewaffnet. Auch find die Angriffe auf Tinka und Soluck nicht glücklich ausgefallen; denn die freiheitsliebenden Bergbewohner vertheidigen sich bis auf den leßten Blutstropfen. Der Generals Gouverneur leitet die Angriffe auf die unabhängigen Schwarzen; die Detachements werden von einem Oberstlieutenant von Cartum kommandirt.

Die vielen Harems machen genaue statistische Nachrichten unmöglich. Man erfährt niemals, wie viel Weiber und Sklaven in einem Harem stecken, und in Sklaven besonders besteht der Reichthum des Landes. Mancher Eigenthümer unterhalt Huns derte. Er kann sie verkaufen, verschenken, vermehren, vermins dern, von Ort zu Ort verseßen, ganz nach Gefallen. Manchmal, wenn Heerden von Sllaven hinab nach Kahira gehen, ist die Bevölkerung der Halbinsel schwach. Später mehrt sie sich wieder von der Ausbeute der Gebirge.

Man kann im Durchschnitt annehmen, daß die Regierung aus diesen Provinzen jährlich 400,000 fd. Gummiarabikum, 1000 Pfd. Elfenbein und 40 überaus fest gebaute Nilschiffe erhält. Die Schiffe müssen sehr fest seyn, um den Granitfelfen bei den Katarakten Widerstand leisten zu können. Dennoch pflegen einige zu zerbrechen, während man sie den Fluß hinunterschafft. Die Fluß Anwohner müssen außerdem Indigo bauen, der ein Monos pol der Regierung ist. Das Reich Dongola allein liefert unge, fähr 2000 Pfd. jährlich. An Ochsen treibt die Regierung etwa 2000 Stück ein. Es giebt viel Goldsand im Lande; man wäscht ihn aber wenig, weil die Kaufleute nur in Baumwolle und Steinsals handeln dürfen. Die Granit und Quarzfelsen sind ohnehin metallreich. Gold ist so hdufig, daß fast nur Goldmüns sen in Umlauf sind. Das Tamarindenmark, ehedem Monopol der Regierung, bezahlt jezt nur einen Ausfuhrzoll. Das Land haute noch viele Produkte mehr dem Handel darzubieten. Der Handel mit Abyssinifchen Sklaven, welche zu Gondaar geholt werden, gehört zu dem Abscheulichten und Grduelhaftesten, was in dieser Art zu finden ist. Ich mag davon die Details nicht mittheilen.

Das Verhältniß der Geburten zu den Todesfällen steht unter dem Einfluß mancher endemischen Krankheiten. Die Wechsels fieber, welche nach den periodischen Regen auftreten, weichen den Brechmitteln leicht. Die Eingeborenen gebrauchen Urin vom Rindvich als Purgativ. In manchen Jahren werden die Fieber gaftrisch und richten große Verheerungen an, besonders da die Heilkunst im Lande keine Mittel als Schröpfen und Brennen hat. Bisweilen wüthen die Pocken, unter den Soldaten besonders wegen Unreinlichkeit der Betten, Unterlassung des Badens und Beschmierung mit Fertigkeiten, welche die Ausdünstung der Haut verhindern. Sehr häufig ist die physandria medinensis im Lande. Es giebt viele Lahme, wohl mit, weil man nicht genug beslissen ist, die Nagewürmer auszuziehen. Die Leute werden

selten über 60 Jahre alt. Kontagidse Krankheiten, wie die Bus bonenfeuche und Karbunkel, welche in Aegypten so verheerend find, kommen niemals über die Katarakten. Die Eingeborenen haben aber vor diesen Krankheiten, die sie vom Hörensagen lens nen, eine große Furcht.

Mannigfaltiges.

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Don Juan und die Zauberflöte in der ersten Französischen Bearbeitung. Am 17. September 1805 wurde auf dem Theater der großen Oper in Paris zum erstens male das größte Werk des größten Tondichters gegeben. Thuring, Baillot und Kalkbrenner, der Vater des berühmten Klavierspies lers, brachten Mozart's Don Juan" auf die Bühne, aber in der grausamsten Verstümmelung, die beiden Ersteren hatten den Tert, der Lestere die Musik überarbeitet, und alle drei waren höchst frevelhaft damit umgegangen. Es wurde daran dermaßen zusammengestrichen, eingeschaltet, unter einander gemischt und instrumentirt, daß, als im Jahre 1834 diese Dper nach längerer Ruhe neu in Scene gefeßt werden sollte, auch nicht ein Stúd von den früheren Orchesterstimmen zu brauchen war. Erst seit fünf Jahren also hören die Franzosen auf ihrem großen Operns Theater den echten,, Don Juan"; was ihnen bis dahin hier unter diesem Namen vorgeführt wurde, war das abgeschmackieste Ragout. Castil Blaze giebt uns in einer Chronik der lyrischen Theater von Paris einige Proben dieser Sudelei. Obgleich die Bearbeiter vor dem Publikum behaupteten, sie hätten nur aus Mozart's Partitur geschöpft, so konnte doch Herr Kalkbrenner dem Gelist nicht widerstehen, Romanzen und Bolero's von seiner Coms position einzulegen und auch einige triviale Gesangstücke aus seiner Oper,,Olimpia“ unter Mozart's himmlische Melodieen zu mischen. Das Uebrige war allerdings aus der Partitur des,,Don Juan", aber aufs gråßlichste durch einander geworfen, in Feßen zerrissen, zusammengeflickt und überpflastert. Eben so wie mit der Partitur, mar man auch mit Da Ponte's trefflichem Tertbuch verfahren. Die Situationen, die Motive, Alles war so verändert, daß man es faum wieder erkennen konnte. Nur ein einziges Musikstúðk hatte man unangetastet gelassen, die Ouvertüre. Gleich mit der Introduction begann die Verhanzung; die Oper wurde mit einem von Kalkbrenner komponirten Recitativ eröffnet; darauf folgte Leporello's Solo:,,Keine Ruhe bei Tag' und Nacht", dem sich eine Romanze, eine Apostrophe an die Nacht, anschloß; diese eingelegte Serenade sang Don Juan unter den Fenstern der Donna Anna. Die ganze übrige Introduction blieb fort, also das Ringen Donna Anna's mit Don Juan, der Zweikampf und das herrliche Trio der drei Bässe. Das Duett zwischen Donna Anna und Don Ottavio war an den Schluß des ersten Aktes geschleudert; die Oper wurde nämlich in vier Akten gegeben. Da nun aber Don Juan den Komthur außerhalb der Bühne getödtet hatte, so fiel auch das dem Duett vorangehende große Recitativ weg, das an der Leiche des Erschlagenen gesungen wird. Eben so war die erhabene Scene gestrichen, wo Donna Anna den Mörder ihres Vaters erkennt, ihr Recitativ und die Arie: Du kennst den_Verrdther“. In dem ersten Finale erschienen anstatt Anna's, Elvira's und Dutavio's, man erschrecke nicht zu sehr, drei Polizeidiener, die mit ihren ungehobelten Mannerstimmen, denn man nahm Choristen zu diesen Rollen, sowohl das Masken Terzett wie die übrigen Partieen jener drei Hauptpersonen in den Ensemble's des Finale's abplárrten. Die Handlung spielte in Neapel; ein Ausbruch des Vesuvs bes gleitete den Schlußsaß dieses Finale's; der Palast, in welchem der Ball stattfand, wurde umgestürzt, ohne Jemand zu verlegen, und hinter den Trümmern erblickte man die Statue des Kom thurs, die Leporello zum Abendessen einlud. Diese Einladung und die Antwort darauf geschahen in einem von Kalkbrenner komponirten Recitativ: ein Schluß, des Anfangs würdig. Man denke, welche wahnsinnige Abgeschmacktheit dazu gehört, einen so titanischen Aktschluß in ein fades Recitativ auslaufen zu lassen, einem donnernden Ensemble und Orchester einen parlando-Sag anzuhängen! Es scheint in der That unglaublich). Man wird fragen, was denn aus dem schönen Duett geworden: Bild von Marmorsteine"? Ei, Herr Kalkbrenner und seine Associé's hatten es einem trivialen Gespräch untergelegt, welches Don Juan und Leporello späterhin im Saale eines Gasthofs mit einander führten; es war da freilich keine Statue, um mit dem Kopf zu nicken und das furchtbare: Ja! zu sagen, aber was that das? Die beiden Sanger fangen ihre Partieen her, ohne viel nach dem Sinn der Musik zu fragen. Hiermit wird man wohl genug haben und uns erlassen, noch mehr von diesem Galimathias mitzu theilen. Nicht besser wurde von denselben Herren die,,Zauberflöte" sugerichtet. Bruchstücke aus der Hochzeit des Figaro", aus Don Juan" und aus Haydnschen Symphonieen waren hineins gemengt, dem Duett zwischen Papageno und Papagena war noch eine dritte Stimme hinzugefügt, und das Champagnerlied aus,,Don Juan" hatten die Bearbeiter zu einem Trio für die drei Damen zugeschnitten! Und dies konnte am ersten lyrischen Theater von Paris, an der Académie royale de musique, viele Jahre hindurch geduldet werden, mit Zustimmung des Justituts, von dessen Mitgliedern mehrere zu der Jury gehören, welche über die Zulassung und Aufführung der Opern zu entscheiden hat!

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Nummern. PränumerationsPreis 22 gr. ( Thir.), vierteljährlich, 3 Eblr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchic.

ᏗᎴ 100.

M a ga z in

für die

Beiblatt der Aug. Pr. Staate Zeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post - Nemtern,

Literatur des Auslande s.

Berlin, Mittwoch den 21. August

Aegypten.

Soliman Pascha.

Vom Marschall Marmont.

Soliman Pascha, deffen eigentlicher Name Selves if, wurde su non geboren; fein Vater ist Eigenthümer einer bedeutenden Maschinenbauerei. Aus angeborener Reigung für das Kriegss wesen bereitete er sich schon frühzeitig dazu vor und wollte dann in die Marine eintreten; die Zahl der Bewerber war aber das mals so bedeutend, daß viele derfelben anderweitige Anstellungen " erhielten; die Einen wurden als Offisiere bei der Land Armee angestellt, die Anderen als Unteroffiziere bei der Marine Artillerie; au diefen Lesteren geborte auch Selves. Mehrere Jahre hindurch Diente er in dieser Eigenschaft und befand sich 1804 am Bord des vom Admiral Villeneuve befehligten Geschwaders. Mit dieser Flotte mabie er die Fahrt nach den Antillen, tehrie dann mit ihr nach Europa surück und wohnte dem Kampfe von Ortegal lischen Geschwader surudsog und demselben zwei seiner Schiffe überließ, welche unter den Wind gekommen waren und vor feinen Augen genommen wurden, ohne daß er etwas für ihre Rettung that.

Diese Expedition war der Beginn jenes großen Planes von Napoleon, der zum Zweck hatte, die Seemacht der Engländer zu serstreuen und die Französischen Geschwader im Kanal La Manche zu vereinigen, um Frankreich so eine zwar nur augenblickliche, aber doch entschiedene Uebermacht zu verschaffen, die Fahrt der bei Boulogne verfammelten Flotille, das Auslaufen der Flotte und die Expedition nach dem Terel zu beschäßen. Dieses Mandver, deffen sich die Engländer nicht verfahen, und welches zeigte, daß fich auch mit einer so geringen Seemacht, wie die unfrige es damals war, eine Zeit lang die Meeresherrschaft an unseren Küsten behaupten laffe, war dem Gelingen ziemlich nahe und fcheiterte nur an der Schwachheit des Admirals Villeneuve, der es mit 27 gut bemannten und ausgerüsteten Schiffen nicht wagte, Dem Englischen Geschwader eine Schlacht zu liefern, das nur 18 Schiffe start war und unter dem Befehl des Admirals Calder fland.

Der junge Selves, eines so ruhmlofen Dienstes måde, wünschte lebhaft, in die Land Armee einzutreten; ein Duell, in welchem er seinen Gegner tödtete, bestimmte ihn vollends dazu, bie Marine zu verlassen. Er begab sich nach Italien und suchte darum nach, als Gemeiner in das sechste Husaren Regiment eins treten zu dürfen, welches zu der Truppen Abtheilung gehörte, die unter meinem Befehl stand und von dem Obersten Pajot geführt wurde. Der Eifer dieses jungen Mannes und seine ganze dußere Erscheinung gefieten dem Obersten Pajol; er nahm ihn in sein Regiment auf und begünstigte ihn vorzugsweise, so daß er schon nach wenigen Monaten Unteroffizier wurde. Ein besonderer Umstand beschleunigte fein Avancement; Napoleon batte damals gerade die Sucht, bei den Infanteries Manövern auch die kas vallerie ererziren zu laffen, und die Hufaren waren davon eben fo wenig ausgeschloffen wie die Kürafniere. Im ganzen sechsten Husarens Regiment verstand Niemand sich auf diese Uebungen, und Selves, der sie bei der Marine Artillerie erlernt hatte, wurde zum Instruktor und zum Brigadier, furz darauf aber zum Quars tier Meister ernannt. Als 1809 der Krieg ausbrach, that sich Selves bald hervor, er wurde Offizier und machte in dieser Eigenschaft den Russischen Feldzug mit; während des Rückzuges war er Ordonnanz Offizier beim Marschall Ney. Im Jahre 1814 bekleidete er denselben Posten beim General Piré und hatte Ges legenheit, sich Napoleon bemerklich zu machen; es wurden ihm von demselben manche Auftrage ertheilt, und seine Zukunft schien gesichert, als plöslich das Gebäude des Kaiserreichs zusammens Fürzte. Den Feldzug der Hundert Tage" machte Selves im Generalstabe des Marschalls Grouchy mit.

Bei der Bildung der Königlichen Garde wurde er zu einer Adjutanten Stelle mit dem Rang eines Ober Offiziers beim 1ften vom Grafen Elie von Perigord befehligten Küraffiers Regiment Dorgeschlagen, jedoch zurückgewiesen, weil er mit bei Waterloo gefochten hatte. Da er nun ohne Stelle und Befodftigung war, To pachtete er eine Meierei in der Ebene von Grenelle. Die Garde manovrirte oft in dieser Ebene und fügte zuweilen feinen

1839.

Feldern großen Schaden zu; bei einem solchen Anlaß wurde mir Selves einst von dem General Coëtlosquet vorgestellt, der ihn Pannte und mit ihm befreundet war. Die Vorliebe für den Kriegerstand war indeß noch so überwiegend bei dem Landwirth, daß er 1817 den Entschluß faßte, Frankreich zu verlassen und fein Glück auf Abenteuern zu suchen. Es war mehreren Euros pdern in Persien geglückt; dahin beschloß er zu geben; als er aber durch Aegypten fam, traf er mit Mehmed Ali zusammen, der ihm den Vorschlag machte, in feine Dienste zu treten, und vbgleich feine Anerbietungen nicht sehr vortheilhaft waren, ents schloß sich Selves doch, fie anzunehmen.

Mehmed beabsichtigte damals gerade die Bildung regulärer Truppen, was eine sehr schwierige Sache war, weil die Driens talen eine unüberwindliche Abneigung gegen diese Art von Dienst zu begen schienen; schon einmal hatte es Mehmed Ali vergebens versucht. Dieser schwierige Auftrag wurde nun Selves anvers traut, der sich dabei mit feltener Gewandtheit und großer Ges chicklichkeit benahm, so daß er ein günstiges Resultat erzielte.

Bice König ihm noch einige Jahre unbedingtes Vertrauen schenkt, fo wird er gewiß die Aegyptische Armee der besten Europäischen gleichstellen. Während er so emporstieg und der Kreis seines Einflusses sich immer mehr ausdehnte, hat Soliman Pascha beständig über seine Kunst nachgedacht; er hat viel gelesen, viel Rudirt und seine Erfahrungen und die Früchte seines Nachdenkens sehr glücklich zu benugen verstanden. Er ist ein Mann von ganz vorzüglichem Verdienst; man fann von ihm sagen, daß er das errathen habe, was ihm seine Lebensverhältnisse nicht zu erlernen gestatteten; denn da er in Frankreich nur in fubalternen Graden Diente und fämpfte, fo bat er die Kriegführung im Großen eigentlich nur durch eigenes Nachfinnen gelernt und mit Erfolg in Aegypten in Anwendung gebracht. Er spricht darüber zum Erstaunen, hat die richtigsten Ansichten von Allem, was sich auf die Bildung der Armeen, auf ihre Bewegungen und die Grundsäße bezieht, nach denen sie geleitet werden müssen. Er ist ein gans vollendeter Feldherr, der sich in jedem Generalstabe auszeichnen würde, befist eine unermüdliche Thätigkeit, spricht Türkisch und Arabisch und kennt genau den Charakter des Volkes, mit dem er zu thun hat. Er wird gefürchtet und geliebt und übt großen Einfluß auf die Gemüther aus; furz, er ist der Schöpfer und Hebel der ganzen Aegyptischen Armee. Keinem Anderen als ihm würde Alles so gut gelingen, denn mit wahrem Talent verbindet er Erinnerungen, Erfahrungen, Menschen und Sachkenntniß, wie sie Niemand leicht in so hohem Grade bestyen kann. Mehmed Ali hat ihm immer das Vertrauen bezeigt, welches er verdient; indek wußte er vielleicht doch seine Talente noch nicht ihrem wahren Werthe nach zu würdigen; mir wurde die Gelegenheit, ihn in dieser Hinsicht aufzuklären, und ich habe ihm gewiß damit einen unends lichen Dienst erwiesen. In dem Sohne Mahnied Ali's, in Ibrahim Pascha, hat Soliman einen Mann gefunden, der fähig ist, ihn zu verstehen, und der ebenfalls ein bedeutendes militais risches Talent besigt. Das Zusammenwirken von zwei so ausges zeichneten Männern trägt nur zur Steigerung von Soliman Pascha's Macht bei und sichert ihm neue Erfolge. Er zählt jest funfzig Jahr und ist voll Kraft und Gesundheit; in ihm erblickt man den echten Typus eines Kriegers und Offisiers der Französ fischen Armee aus jenen Zeiten des Ruhmes und Glanzes. Trog seiner vielfachen Beschäftigungen gedenkt Soliman Pascha noch oft seines vergangenen Lebens, und in seinem Zimmer fand ich die Portraits Napoleon's, des Prinzen Eugen, des Marschall Rey und das meinige.

Ich habe schon oben gesagt, das Selves, jest Soliman Pas fcha genannt, die Bildung der Aegyptischen Armee bewerkstelligte; er fab fogleich ein, daß seine ersten Schritte von großem Einfluß auf sein ert seyn müßten, er beschloß also, erst den Kern der Armee aus einem kleinen, drets bis vierhundert Mann starken Mameluten Corps zu formiren, welches Mehmed Ali beständig um seine Person hatte. Daraus erwuchsen ihm manche Vortheile denn dies waren junge, muntere und verständige Leute, und von jeher wurden die Mamelulen von den Aegyptern eben so gefürchtet als geachtet; fie übten also schon durch ihre Abstammung einen bedeutenden Einfluß auf die öffentliche Meinung aus; wenn sich nun noch Talent und Fähigkeit dazu gefellten, so mußte ihr Beispiel unwiderstehlich wirken. Es tam aber jest darauf an,

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