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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 89.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei dew Wobubbl. Pest - Aemtern.

Literatur des Ausland e s.

Ostindi e ́n.

Berlin, Freitag den 26. Juli

Rendschit Singh und das Pendschab.

Aus brieflicher Mittheilung eines Britischen Diplomaten. Rendschit's Armee ist groß. Zu Amritsir zeigte er uns zweis undzwanzig Bataillone in Reihe und Glied, jedes Bataillon uns gefahr 900 Mann stark, und 96 von Pferden gezogene Kanonen. Alles war nach Französischer Weise organisirt. Nur zwei Bas taillone hatten respektive einen Engländer und einen Hannoveras ner zum Chef; diese schienen mir aber beffer disziplinirt, als die übrigen Bataillone. Die Laffetten und das Geschirr der Artilles rie waren sehr mittelmäßig, die Kanonen von jedem Kaliber und immer eine schlechter als die andere. Rendschit ließ dieses Trups pen Corps weder mandvriren, noch hielt er über selbiges Heers schau. Seine Reiterei, von der nur ungefähr 4000 Mann zu Amrithir fich befanden, schien mir nicht sonderlich disziplinirt; aber dasjenige Corps, welches aus Sith's besteht, ist unstreitig tapfer und hochgesinnt. Das ganze berittene Heer dürfte sich auf 25,000 bis 30,000 Mann belaufen. Große Strecken Landes, und zwar selbst in der unmittelbaren Nähe von Lahor und Amrithir, haben unangebaut bleiben müssen, damit es so vielen Pferden nicht an Weideplähen gebreche. Die ganze Armee ist, wie man sich denken kann, elend befoldet; aber die Infanterie und Artilles rie, als die Lieblings - Waffengattungen des Fürsten, erhalten wes nigstens regelmäßigeren Sold als die Reiterei.

Rendschit's Gunstlinge und Vertraute gehören nicht zum Volle der Sith's. Die zwei Fürstlichen Brüder Dhian Singh und Gulab Singh, ohne Zweifel die vielvermögendsten Personen seiner Umgebung, sind Radschputen; Beide haben große Trup pen Corps von jeder Waffengattung unter ihrem Kommando. Der Minister für die Britischen Angelegenheiten, Asis sud, dihn, ist ein sehr Pluger Mann, der die ganze Geschmeidigkeit eines Brahmanen hat. Sein Bruder ist Statthalter von Gowizdger. Beide stehen in hoher Gunst, und besonders der Erstere hat große Autoritdt bei dem Könige. Ich sah diesen Mann sechs Wochen hindurch fast alle Tage, und es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß seine diplomatische Feinheit und Dialektik ihn beinahe auf gleiches Niveau mit Talleyrand stellen. Da der Britische Einfluß im Pendschab täglich bedeutender wird, so hat Asis-ud-dihn vers muthlich das Zenith seines Einflusses noch nicht erreicht.

Rendschit's alterer Sohn, Cherrek Singh, ist ein schlichter Mann von ungefähr 40 Jahren, mit einer ausdruckslosen Phys fiognomie. Diejenigen, die ihn näher kennen, behaupten, er bes fige viel gesunden Verstand; und einige Antworten, die er in meis ner Gegenwart dem General-Statthalter auf seine Fragen ertheilte, lassen mich ein Gleiches vermuthen. Sein Sohn, Noh_Nuhal Sing, ist ein vielversprechender Jüngling von 18 bis 19 Jahren. Höchst wahrscheinlich hat unsere Regierung diesen Beiden die Erbfolge garantirt; die Unterlassung einer solchen Maßregel ware jedenfalls sehr undiplomatisch gewesen; indem ein Familienkrieg um die Erbfolge das ganze schlecht zusammengekittete Reich wies der zertrümmern tönnte.

Rendschit's bürgerliche Verwaltung ist schlecht, nur um Wes niges beffer, als die von Audi oder Heiderabad. Die ganze Rechtspflege, die Gewalt über Leben und Tod ruht in den Hans den der reichen Grundbesizer und Dschadschirdare; daher muß der persönliche Charakter jedes Individuums den Maßstab für feine Verwaltung abgeben. Radscha Gulab Singh schaltet in feinen Distrikten mit eisernem Scepter; Sawen Mell, der Lehens fürst von Multan, etwas menschlicher. Multan ist seit der blutis gen Eroberung durch die Sith's ziemlich volksleer geworden. Sawen Mell, verdrießlich über den geringen Heiraths Trieb der Damen von Multan, hat kürzlich befohlen, daß jeder Bürger, der eine heirathsfähige Tochter besigt, dieselbe bei Strafe des Vers lustes seiner Nase und Ohren in den Stand der Ehe treten lasse. Damit aber kein Mädchen aus Armuth chelos bleibe, so soll dies jenige, die ihren Mangel an Mitteln rechtskräftig beweisen kann, aus dem öffentlichen Schaße eine bestimmte Summe und ein hochzeitliches Gewand empfangen. Kaschmir seufzt, wie gewöhns lich, unter tyrannischen Statthaltern. Diese unglückliche Provinz scheint seit den Zeiten der ersten muhammedanischen Invasion immer ein gleiches Schicksal gehabt zu haben. J fand eine zahlreiche Kolonie armer Kaschmirer in Ludiana, wo ihre In

1839.

dustrie unter der våterlichen Verwaltung des Oberstlieutenants Wade große Anregung findet.

Der Glaubenseifer der Sith's ist jeßt, da sie keine Verfol gungen mehr zu bestehen haben, sehr abgekühlt. Rendschit hat aus dem größeren Theile ihrer Krieger eine Art von berittenem Regiment gebildet. Sie paradirten an uns vorüber, schimpften etwas auf Rendschit Singh und sagten, sie würden bald kommen und Kalkutta einnehmen. Alle diese Sikh's sind vom Stamme der Aferni's und folglich lauter sittenlose Kerle von fatalem Ansehen.

Sie werden mich jest fragen, ob ich denke, daß Rendschit feinen glänzenden Ruf verdient. Was ich von ihm gesehen und gehört habe, läßt mir an seinem Scharfsinn, seiner Entschlossene heit und Seelenstarke keinen Zweifel mehr; aber als Staatsmann ist er in vieler Beziehung ein Barbar geblieben. Er verachtet jedes Projekt, das seine militairischen Zwecke nicht mittelbar oder unmittelbar fördert. Sein Land würde unter einer guten Regierung die Staats Kaffe um das Doppelte bereichern. Die Muhammedas ner, ein großer Theil der Bevölkerung, werden schlecht behandelt; da man ihnen jeden öffentlichen Gottesdienst untersagt, so sind sie immer in gereizter Stimmung und bereit, Jedem die Hand zu bieten, der das Reich der Silh's zu stürzen unternimmt. (Madras Spectator.)

England.

Gegenwärtiger Zustand der Russischen, Nordamerikanischen Französischen und Britischen Seemacht. (Schluß.)

Last uns einma! wirklich den Fall eines ernsten und unvors hergesehenen Krieges annehmen: die Cadres, sagt man, find auf 69,000 Matrojen für den Seedienst berechnet, (das ist uns gefahr so viel, wie unter der Regierung Ludwig's XIV.); gefeßt nun auch, Frankreich könnte aus den einregistrirten Klassen 53,000 Mann erhalten, und die Rekrutirung gabe dazu, nach ihren gewöhnlichen Verhältnissen, noch etwa 7000 Mann, so würden immer noch 9000 fehlen, um die Zahl des unerläßlichen Bestandes zu erreichen. Fügt man hierzu noch die Wechselfälle des Krieges, die Verluste und Krankheiten, so würde dies Defizit fich bald bedeutend steigern. In der That, die Umstände sind günstiger für uns, als es scheint. Wir wollen also wieder Muth faffen. Weil Frankreich in den ersten Jahren der Revolution 14 Land-Armeen improvifirt hat, so bildet es sich ein, die Bemans nung seiner Flotte mit derselben Leichtigkeit herbeischaffen zu können. Doch um das zu leisten, was jest von einem guten Matrosen gefordert wird, ist eine lange, forgfältige Belehrung und Zeit nöthig; vorzüglich kömmt Alles auf eine lange Lebung zur See an. Weder auf den Kasernen Schiffen noch in den Has fenschulen wird man jene entschlossenen Männer von eiserner Natur und unerschütterlicher Seele ausbilden, jene fogenannten ,,Meerwolfe", welche der Ruhm ihrer Flagge und der Schrecken der feindlichen Mannschaften sind.

Große Summen werden jährlich für Material ausgegeben, welches veraltet und verloren geht, während man den Sold des Marine Personals keinesweges im Verhältniß zu der Preiserhds hung der Lebens › Bedürfnisse gesteigert hat; vielmehr sind, eben fo wie in England, unter dem Vorwande von Ersparnissen, kleine liche Einschränkungen darin vorgenommen worden. Die Vers besserungen der Französischen Marine seit dem Frieden erstrecken fich vorzüglich auf das theoretische Wissen und auf die vermehrte Zahl der Schiffe. Die Kenntnisse der Französischen See Offiziere stehen denen der Englischen wenigstens gleich; die Zahl aber, die physische Kraft und die Fähigkeit der Matrofen ist auf unserer Seite.

Dies ist der Anblick, den die drei anderen bedeutendsten Sees machte unseres Jahrhunderts darbieten; wir sprechen nicht von dem unglücklichen Spanien, welches in unserem lehten Kriege noc glänzend auftrat, sich aber seitdem vom Kampfplaß zurückgezogen hat, auch nicht von Holland, das nur noch eine Küsten-Macht ist, eben so wenig von der Türkei, die wir zu Rußlands Vortheil bei Navarin in den Grund bohrten. Der Hauptinhalt unserer Betrachtungen ist folgender: Rußland besigt in der Ostsee und im Schwarzen Meere mächtige Flotten; Nord-Amerika kann sich

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einer See Coalition mit einem ansehnlichen Geschwader anschließen, und Frankreich, unser furchtbarster Nebenbuhler, durch den uns thätigen Zustand, den uns der Frieden auferlegt, begünstigt, hat feine Seemacht auf wunderbare Weise neu belebt, so daß seine Flagge siegend auf dem Tajo, im Adriatischen Meere, in Algier, im Rio de la Plata und an den Merikanischen Küsten weht, ja, es hat selbst mehrere dieser Staaten ohne vorgängige Kriegs Erklärung angegriffen.

Damit aber keine von diesen drei großen Mächten uns den Vorrang streitig mache, muß Großbritanien, das so ausgedehnte Kolonieen und einen Welts Handel, aber nur schwache Küsten besigt, alle seine Hülfsquellen aufbieten, wenn es nicht im Fall einer feindlichen Sees Conföderation für seine Herrschaft Alles fürchten will. Und deswegen behaupten wir auch, daß der ma: terielle Theil der Britischen Marine zu sehr vernachlässigt worden ist; denn wenn er gleich in numerischer Hinsicht noch unermeßlich erscheinen mag, so müssen wir doch nicht außer Acht lassen, daß es den Herren des Meeres zukommt, nicht allein jeder einzelnen Seemacht für sich, sondern den gesammten Europäischen Flotten überlegen und auf jedes gegenwärtige oder künftige Begebniß vorbereitet zu seyn.

Der neueste Etat der Britischen Marine, der zu unserer Kenntniß gelangt ist, lautet wie folgt:

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Das sind zusammen 88 Linienschiffe und 109 Fregatten, die unsere Hauptmacht ausmachen. Dazu kommen noch 190 andere Fahrzeuge, wie kleine Fregatten, Korvetten, Briggs, Kutter, Paketbote; 65 Dampfschiffe von verschiedener Größe, 3 Trans portschiffe und 3 Jachten. Einiges muß jedoch aus dieser sehr schmeichelhaften Anzahl gestrichen werden. So haben zum Beis spiel drei von den bemannten und mit der Admiralsflagge vers febenen Schiffen vom größten Umfang kaum die Hälfte ihrer Mannschaft. Mehrere andere Kriegsschiffe, obgleich fie fich an der Spiße von auswärtigen Stationen befinden, find dorthin ohne die Kanonen ihrer ersten Batterie und nur mit zwei Drits teln der nothwendigen Matrosen gesandt worden. Das Alles find die Folgen einer kläglichen Sparsamkeit, welche unsere Flagge der Herabwürdigung ausfeßt. Ein anderes großes Schiff von 74 Kanonen ist, um Soldaten zu transportiren, wie ein Flütschiff ausgerüstet worden; auf solche Weise nun wird die Mannszucht gerrüttet, bloß um die Kosten eines Transportschiffes zu sparen. inter den angeführten Fahrzeugen sind auch wenigstens 40 Liniens schiffe nach einem so beschränkten Plan erbaut, daß sie sich zur Schlachtordnung nicht beffer eignen, als früher unsere Vierunds fecbsiger gegen die Französischen Vierundfiebziger. Ein anderes Uebel, defen Schuld unsere Schiffbauer tragen, besteht in der unglückseligen Gewohnheit, eine Menge alter Schiffe wieder für den Dienst auszubeffern, so daß unfere Flotten weit davon ents fernt find, das wirklich zu seyn, was sie scheinen.

Aus der folgenden Tabelle kann man über unsere Fortschritte urtheilen.

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Ruffell.

Wellesley

Talavera

Melville.

74 In Sheernes.

74 In Ostindien mit 50 Kononen u. Freg.-Bemannung. 74 Im Mittelländischen Meere.

74 Am Bergebirge der guten Hoffnung mit 50 Kanonen und Fregatten - Bemannung. Das ist der Zustand unserer jeßigen Streitfrdfie, die unsere Macht in der ganzen Welt aufrecht erhalten sollen. Zu dieser Labelle muß man noch den,,Ganges" von 84 Kanonen hinzus fügen, der so eben fegelfertig gemacht wird; dann noch 12 andere Linienfchiffe, die man Demonstrations Schiffe nennt und die mit Maften, Gegeln und Vorrathen versehen find, um sogleich in See stechen zu fönnen; doch fürchten wir sehr, daß im Fall der Noth feines von allen bereit feyn wird, denn wenigstens follten fie auch bestandig, statt gang leer dazuliegen, den Stern ihrer Mannschaft an Bord haben. So find auch die in unseren Hafen

einer hinlänglichen Anzahl von Matrofen versehen zu seyn, nichts weiter als Pontons. Ferner findet man auf den vorhandenen Listen noch die Namen verschiedener Linienschiffe verzeichnet, wie die,,Viktoria" von 140 Kanonen zu Portsmouth, den,,St. Jos seph von 112 Kanonen zu Plymouth, den,,Ocean" von 80 Stas nonen zu Sheerneß und den,,Magnifique" von 74 Kanonen zu. Jamaika; diese Schiffe sind aber so vernachlassigt und schlecht, daß fie bald auf ihren Ankern verfaulen werden. Das leßte dieser Schiffe ist jest nur mit vier Kanonen bewaffnet.

Als Entschuldigung dieser verminderten Mannschaft und der mangelhaften Ausrüstung unserer im Dienst befindlichen Schiffe führt man an, es werde nur eine bestimmte Anzahl von Personen votirt, und es sen daher beffer, viele Schiffe mit geringer Manns schaft, als wenige vollständig bemannte und ausgerüstete zu bes igen. Auch meinen die Anhänger dieses Systems, daß die Auss rüstung des ersten Verdecks sehr leicht und ein Werk von gerins gem Belang und Zeitverlust sen. Welcher Jrrthum! Das System der verständigen Yankees sollte ihnen gezeigt haben, daß ein eins siges gut ausgerüstetes Fahrzeug zehn solcher Flütschiffe aufwiege. Uebrigens sollte ein Englisches Kriegsschiff immer das feyn, was es scheint, und immer zum Dienst fertig. Drei unserer Admis ralsschiffe von 74 Kanonen, deren Mannschaft auf die Hälfte herabgefeßt ist, befinden sich auf fremden Stationen und find dem Angriff aller Schiffe und Fregatten ausgefeßt; wie könnten sie sich da wohl, im Fall es Noth wäre, vollständig ausrüsten? Sollten der,,Wellesley" von Ostindien, der,,Melville" vom Vorgebirge der guten Hoffnung und der,,Cornwallis" von Bars badoes zurückkehren, um Leute und Kanonen an Bord zu nehmen? Man wird einsehen, wie abgeschmackt dieses System ist.

Unsere Mittel follten wenigstens mit denen unserer Feinde gleich fenn, jeßt aber würden wir bei einem Kampfe von Fres gatten und Korvetten den Kürzeren ziehen. Da mehrere unserer kleinen Fahrzeuge von 28 Kanonen und die Mehrzahl unserer Schaluppen ihre Flagge dem Feinde gegenüber nicht behaupten fönnten, so muß das Gefühl ihrer Schwäche die Offiziere dieser Fahrzeuge mit Furcht erfüllen. Es ist sehr zu beklagen, daß unsere Minister immer erst unsere Schiffe an Größe und Stärfe anderen Nationen nachfolgen ließen, anstatt ihnen darin zuvorzus tommen. Vor dem Kriege von 1812 wurden fie unabldifig auf die Wichtigkeit der sogenannten Fregatten der Nord Amerikaner aufmerksam gemacht; sie erwiederten, daß die Erfahrung und Thätigkeit unserer Offiziere und Matrofen die Ueberlegenheit der feindlichen Schiffe bei weitem aufwiegen würden; die Folge hat aber ihre irrige Ansicht widerlegt, obgleich in der Zahl der Schiffe das Uebergewicht auf unserer Seite war.

Vom Jahre 1815 an wurde unter dem Bormande von Ers sparnissen die Königliche Marine vermindert, weil man vom Auss lande nichts mehr fürchtete. Unsere Zeughauser kamen so herab, wie man es bis dahin noch nicht erlebt hatte. Während des Krieges beschäftigte Deptford 2800 Arbeiter, Woolwich 1800, Chatham 2230, Portsmouth 4000, Plymouth 3000 und Pembroke 550. Nach dem Frieden wurde diese Zahl ungefähr bis auf 7000 herabgefeßt; da die Schiffszimmerleute, Schmiede, Kalfaterer, Tischler, Seiler, Takelagenmeister und alle andere Arbeiter hiers bei mit einbegriffen find, so schien eine noch größere Vermin derung unmöglich; aber dennoch hat man feit jener Maßregel nicht allein unsere Zeughaufer immer mehr von Arbeitern ents blößt, sondern man machte arch diesen Lesteren bei ihrer Ente laffung keine Versprechungen für die Zukunft, noch gab man ihnen irgend eine Pension, so daß es wahrscheinlich an hinreis chenden Arbeitern fehlen wird, wenn man derselben benöthigt feyn sollte. Die Sorglosigkeit für die Zukunft hat sich selbst bis auf das Baus Material erstreckt. Wir wollen nur ein Beispiel anführen: man weiß allgemein, daß vor kurzem eine hohe Pers fon in allen unseren Zeughausern nicht das nöthige Material zur Anfertigung eines Mastes für ihre Jacht auftreiben konnte. Wie groß wird also die Menge der Munition seyn, über die man in dringenden Fallen verfügen könnte? O gewiß, wir stehen der Zeit fehr fern, wo Herr Dupin zur Besichtigung unserer Zeugs hauser nach England kam. Die Lobeserhebungen in Bezug auf unsere Werfte haben ihre Geltung verloren; damals bewunderte er die Ordnung und das Stillschweigen, welches von allen Ars beitern beobachtet wurde, jest aber herrscht hier das Schweigen des Todes. Als wir vor kurzem über die Werfte von Deptford gingen, hörten wir nicht einen Laut, erblickten nicht einen Mens schen; alle Magazine waren leer; nicht ein Seil, nicht ein Stücks chen Zeug, nicht ein Splitter Hols lag darin; man hatte glauben follen, die Franzosen wären dort gewefen.

Und was thut Frankreich während dieser Zeit? Ahmt es unsere Gleichgültigkeit nach? Bewahre der Himmel! Man braucht nur seine Sees Werfte zu überblicken, um sich von seiner immer zunehmenden Thätigkeit zu überzeugen. Außer 3000 Hands werkern von der See Artillerie und zahlreichen hydraulischen Ars beitern, ist die Wenge feiner in den verschiedenen Arsenalen bes schäftigten Leute noch sehr ansehnlich. Brest beschäftigt 3465 Leute, Toulon 3164, Rochefort 1102, Lorient 1312, Cherbourg 1128, St. Servan 394, Indret 310. Gewisse Dekonomisten meinen, das es noch immer Zeit fen, Schiffe zu bauen, sobald wir derfelben bedürften, nämlich nach geschehener Kriegserklärung. Zweifelsohne besdßen wir im Fall eines Bruches noch Krafte genug, um einen tüchtigen Streich zu vollführen, aber den Sieg felbst müßten wir fürchten, wenn wir die in einer Schlacht bes schadigten Schiffe nicht durch andere erseßen könnten.

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nannte. Man kann also leicht sehen, woher die Kandidaten genommen werden. Einige der neuen Korvetten Befehlshaber gelangen zum Capitains-Rang, und dann hört man nicht mehr von ihnen, wenn es ihnen nicht beliebt, das Kommando über ein Schiff oder einen wichtigen Posten zu übernehmen, oder auch die Stelle eines Hafen Capitains, in welcher fie ruhig die für den Grad eines Contre Admirals erforderliche Dienstzeit abwars ten. So machen es die Meisten; und wenn diese größtentheils reichen jungen Leuten hinreichenden Einfluß, einen geschmeidigen Charakter und keine körperliche Gebrechen haben, so ist ihnen übrigens eine gänzliche Unkenntniß ihres Standes an ihrer Cars rière nicht hinderlich.

Ein anderer wohlzuerwägender Punkt ist die Unzulänglich keit der den Marine Offizieren bewilligten Gehalte; doch es scheint nun einmal, daß unsere Regierer dieses so ehrenwerthe Corps in jeder Hinsicht stiefmütterlich behandeln wollen. So erhielt zum Beispiel bei der Krönung der jungen Königin, als auf alle Welt fich die Ehrenbezeigungen in Strömen ergoffen, von 9 Groß freuzen, 28 Commandeurs und 104 Offizier Kreuzen des zur Bes lohnung militairischer Verdienste gegründeten Bath: Ordens die Marine nur eine einzige Auszeichnung der ersten Klasse, 2 der zweiten und 8 der dritten. Mit angstlicher Erwartung harren wir auch des nächsten Beschlusses der Marines und Armees Kommission, der über die fünftige Ehre unserer Flagge und folgs lich über die Existenz des Landes entscheiden wird.

So viel ist klar, daß England noch alle Grundlagen der Macht besißt, und daß es nur darauf ankommt, einen dauerhaften und umfangreichen Bau auf denselben zu errichten. Die Vervolls tommnung der Marine Offiziere, die Förderung der feemannischen. und handeltreibenden Klassen, die Ergänzung der Schiffsmann schaften, die Entwickelung der unserem Lande eigenthümlichen Vortheile, die Aufmunterung unserer Seeleute zu nautischem Wetts eifer mit unseren Nebenbuhlern, dies sind die Mittel, welche, jus fammengenommen, der Englischen Nation die Meeresherrschaft fichern können. Wer aber das Meer beherrscht, der beherrscht die Welt, denn diejenige Nation, welche so viel Länder als mögs lich mit einander in Verkehr zu bringen und sich zum Centrum und Mittel des gegenseitigen Verkehrs der Völker zu machen im Stande ist, diese wird eben dadurch auch das thätigste Werkzeug für die Verbreitung der Civilisation und die stärkste, nothwendigste und geachterste Mächt seyn. (Unit. Serv. Journ.)

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Italien.

Giuseppe Minoja, der edle Laubstumme.

Keiner ist großmüthiger, als ein Armer, der sein eigenes ihm. spärlich zugemessenes Stück Brod mit dem hungernden Armen theilt. Keiner erweckt größere Rührung, als ein vom Schicksal Gebeugter, den das Unglück seines Mitmenschen zu Thrdnen stims men fann. Ein wahrhaft merkwürdiges Beispiel dieser Art haben wir in unseren Tagen an einem Taubstummen erlebt, der, nachs dem er eine geistige Bildung empfangen, die ihn zum Antheil an der Gesellschaft befähigt, die Unterweisung feiner Unglücksges fährten zur Aufgabe seines Lebens macht; es ist Giuseppe Mi: noja. In dem bekannten Institute zu Mailand erzogen, war Minoja kaum nach seiner Heimath. Villanova in der Proving Lodi zurückgekehrt, als der Anblick eines armen und verlasses nen Taubstummen sogleich den edlen Vorsaß in ihm weckte, dies fen Unglücklichen von seiner moralischen Dumpfheit zu erlösen und den Schaß der eigenen Kenntnisse mit ihm zu theilen. Er rief ihn zu sich, gab ihm regelmäßigen Unterricht und öffnete feinen Geist und sein Herz neuem Wissen und bis dahin kaum geahnten Neigungen.

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Gewiß hatten die schönen Früchte seines wohlthätigen Bemůs hens unserem Minoja innige Befriedigung gegeben; denn sobald er erfuhr, daß noch andere Unglückliche dieser Art in der Provinz lebten, fam er 1832 auf den Gedanken, eine Schule für sie zu gründen. Das Gerücht von seinem edlen Vorhaben bestimmte mehrere feiner Mitbürger und andere Bewohner der Proving, ihm ihre taubstummen Kinder vorzuführen; er nahm sie freunds lich auf und widmete seine ganze Sorge ihrer Erziehung und Bildung, obgleich er keine Entschädigung dafür erhielt.

Gerührt von Minoja's uneigennůßiger Menschenfreundlichkeit, nahm der Pfarrer von Villanova, Giorgio Gelmini, an dem Uns ternehmen thatigen Antheil; er wurde Direktor der Schule und ließ sich jedes Mittel, das ihrem Gedeihen förderlich seyn konnte, sehr angelegen seyn. Viele von Villanova entfernt Wohnende waren noch nicht im Stande, ihre taubstummen Kinder nach der Schule zu schicken; denn die Kosten ungerechnet, gab es in Villas nova keine Familie, die zur Koft und Pflege solcher Unglücklichen fich bereit gefunden hätte. Diese Schwierigkeit konnte nur durch Errichtung einer Pensions Anstalt in der Nähe der Schule beseis

tigt werden; und bald erreichte man diesen Zweck, indem die Fas milie Minoja einen Theil ihres eigenen Hauses großmüthig dazu hergab. Gegen Ende des Jahres 1837 wurde die neue Anstalt eröffnet.

Minoja, der immer nur den Vortheil feiner unglücklichen Zöglinge im Auge hat und vor Allem dahin strebt, daß der Ges nuß dieses Vortheils den Unbemittelten erleichtert werde, hat das Kostgeld, welches für die taubftummen Kinder gezahlt werden foll, so niedrig als möglich angefeßt. Sie erhalten Wohnung, Koft und Pflege für 14 Desterr. Lire monatlich; und bleibt am Ende des Jahres ein kleiner Ueberschuß, so wird er zu Anschaffung von Kleidungsstücken und anderen nöthigen Dingen für die armen Kinder verwendet. Wohlhabende Leute haben Speise und Wein noch besonders zu bezahlen; doch beläuft sich auch für sie das ganze Monatgeld nur auf ungefähr 22 Lire. Sonach kann eine arme Familie, wenn ihr nur geringe Ersparniß möglich, ihren taubstummen Sohn in Villanova erziehen lassen; und er findet einen Unterricht, wie ihn das beste Taubstummen Institut Italiens nicht besser zu geben vermag.

Minoja unterweist die Taubstummen nach derselben Methode, die in dem Institute zu Mailand angewendet wird. Die Gegens stände des Unterrichts sind: Religion, biblische Geschichte, Eles mente der Naturbeschreibung, Geographie und Arithmetit. Das mit die Zöglinge aber auch etwas lernen, das ihren Lebensuns terhalt sichern könne, so find Minoja und der Pfarrer Gelmini übereingekommen, fie in müßigen Stunden mit Formschneiders Arbeiten, Tischlerei u. f. w. zu beschäftigen.

Gegenwärtig hat Minoja eilf Schüler, von denen fünf aus Villanova sind und bei ihren Aeltern wohnen; die übrigen haben in der Pension Unterkunft gefunden.

Baron Magenta zeigt in seinem trefflichen Werke,,leber fromme Stiftungen", daß die Zahl der taubstummen Kinder in Italien, sehr niedrig angeschlagen, auf 1650 berechnet werden lann, von denen bis jest höchstens 250 in Taubftummen-Anstalten erzogen werden. Es muß also von Seiten der Regierungen und großmüthiger Privats Personen noch viel geschehen, che nur die größere Zahl jener Unglücklichen der Wohlthat des Unterrichts theilhaftig werden kann. Defendente Sacchi.

Mannigfaltiges.

Sainte Beuve's literarische Portraits. Die fünf Bande Critiques et portraits von Saintes Beuve, wovon die beiden leßten in Paris so eben erschienen find, bilden nunmehr eine schon sehr reiche Galerie der bedeutendsten Französischen Schrifts steller des 17ten, 18ten und 19ten Jahrhunderts. Nur die drei oder vier ersten Stücken des im Jahre 1832 erschienenen Bans des trugen noch das polemische Gepräge des „Globe", dieses in den legten Jahren der Restauration so berühmten literas rischen Journals, an dessen Kampfen Sainte Beuve mit allem Feuer eines jugendlichen Genies Theil nahm. Die folgenden Gemälde verloren immer mehr jenen doctrinairen Charakter und gewannen eine objektivere, praktischere Haltung. Man hofft übrigens, daß der Verfasser dieser Literaturgeschichte in Portraits sein Werk noch weiter fortseßen werde, da demselben noch einige der Hauptgestalten fehlen, um uns ein vollständiges Bild der geistigen Entwickelung Frankreichs in den drei leßten Jahrhuns derten zu geben. Man vermißt_namentlich Rousseau und Vols taire, den Kardinal Reß und Lesage in der Reihe seiner Schildes rungen. Es kann bei dieser Gelegenheit auch bemerkt werden, daß Sainte-Beuve, der sich jeßt in Italien aufhält, Materialien au einem großen Werke über den berühmten Jansenisten, Sig Port Royal sammelt.

Chinesische Warnung vor dem Gebrauche des Opiums. Eine Chinesische Dame in Canton hat unlängst uns ter dem Titel Sin-pen-kian-yung-yin, d. h.,,Neue Warnung vor dem Gebrauche des Opiums, ein fliegendes Blatt folgens den Inhalts drucken lassen:,,Die jeßige Zeit ist von den frühes ren Zeiten ganz verschieden. Woher kommt es nur, daß die Ges wohnheit, Opium zu rauchen, jest so sehr überhandnimmt? Dieses Unheil ist durch Ausländer in das Reich der Mitte ges kommen und hat schon viele Tausende unserer Landsleute zu Grunde gerichtet. Warum låsfest auch Du, mein theurer Gatte, der immer so wacker und thatig war, Dich umgarnen? Gewiß sagen Dir Einige, das Opium fen an der Mode, und man könne es heimlich in froher Gesellschaft genießen. Von Anderen hörst Du, es sen ein aus Arsenik urd thierischen Exkrementen zus sammengesettes Gift. Ein Gift ist es ohne Zweifel; da es aber in einem ferneren Welttheil bereitet wird, so sind mir seine Bes standtheile unbekannt. Ich weiß nur so, viel, daß es eine Menge Geld kostet und den Körper aufreibt. Um des Opiums willen haben Viele ihr Vermögen durchgebracht und ihre Gesichter so entstellt, daß sie Gespenstern gleichen. Ihr Gang ist schlotternd, und vergebens erwarten ihre Famillien von ihnen Schuß und Hülfe. Theurer Gatte, ein Vater und eine Mutter sehen ihre ganze Hoffnung auf Dich! Ein Weib und kleine Kinder betrach ten Dich als ihre einzige Stüße! Kannst Du dem Genusse des Giftes nicht ganz entsagen, so versuch' es wenigstens, Dich etwas zu mäßigen. War' es Dir aber möglich, diese Gewohnheit ab zulegen, so würde ich, Dein Weib, von Herzen gern mein Leben zum Opfer bringen!"

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 90.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Proving so wie im Auslande bei den Wobuöbl. Post- Aemtern.

Literatur des Auslandes.

England.

Berlin, Montag den 29. Juli

Berichtigung des dem United Service Journal ent nommenen Artikels: „Einige Berichtigungen über die Schlacht von Waterloo."

In der Anmerkung, mit welcher der obige Auffaß diesen Blättern einverleibt ist"), fordert die verehrliche Redaction su etwanigen Zusagen auf. Wegen der ersten drei allgemein vers breiteten Irrthümer lann lediglich auf die klassische, auf jeder Seite an die ruhige Würde und flare Bestimmtheit des Tacitus erinnernde Geschichte des Krieges von 1815, nach den Vortragen des Herrn kommandirenden Generals von Grolmann- und den offiziellen Armee Berichten :c. von dem Herrn Major von Damig ausgearbeitet (Berlin, Mittler, 1837), Bezug genommen werden, in welcher dem Berichtiger der Irrthümer zum größeren Theil beigepflichtet wird; ich will hier nur von dem vierten vermeints lich berichtigten Irrthum_sprechen.

Es wird nämlich bestritten, daß es noch auf dem Schlacht felde und bei der Meierei,,la Belle Alliance" gewesen sen, wo die beiden Feldherren Blücher und Wellington nach Beendigung der Schlacht auf einander gestoßen waren; und doch ist dem ganz bestimmt so. Schon das eben genannte Geschichtswert, in welchem noch Niemand eine Unrichtigkeit gefunden haben wird, erhält darüber Th. I. S. 315 Folgendes:

,,Der vorrückenden Englischen Infanterie hatte der Herzog von Wellington das Gehöft von Belle Alliance; wo man wäh rend des ganzen Tages die drohenden Reserve's Massen erblickt und die Leitung Napoleon's wahrgenommen hatte, als Rich tungepunkt gegeben.

Dem Preußischen Heere war schon bei dem Vorrücken aus dem Walde von Frischermont dieselbe Meierei, welche hochgelegen und an einem rothen Ziegeldache zu erkennen war, als Directionspunkt für sämmtliche Truppen angewiesen. Man hegte die Meinung, daß mit dem Erreichen dieses Punktes der Sieg errungen werden und daß das Zusammentreffen zum Gewinn der Schlacht hier stattfinden müsse.

Als daher beide Heere und, durch eine Gunst des Zufalls, auch die Feldherren Blücher und Wellington hier zusammens trafen, so befahl der Feldmarschall, im Gefühl des durch die brüderliche Hülfsleistung beider Heere erfochtenen Sieges, daß diese Schlacht die Schlacht von Belle Alliance genannt werden follte."

Es möchte eigentlich überflüssig erscheinen, dem Vorstehenden noch etwas hinzuzufügen; da dieser Berichtiger jedoch so speziell und positiv ein merkwürdiges historisches Faktum entstellen will, das vielleicht noch 50 lebende Augenzeugen genau fennen, fo will ich, als einer derselben, mir erlauben, folgendes Nähere zu bemerken.

Es war allerdings schon etwas dunkel, als das Zusammen; treffen der Heerführer stattfand; aber deutlich genug konnte man an der großen Menge Todter und Verwundeter, unter denen wir hielten, sehen, daß wir noch mitten auf dem Schlachtfelde, und feinesweges, wie jener Berichtiger will, zwei Meilen, wenn auch nur Englische, darüber hinaus waren. Auch daß es wirklich das kleine Haus mit dem schönen Namen war, bei welchem wir uns befanden, ward an Ort und Stelle von dem Bayerschen Alfres ditirten im Hauptquartier, Obersten Gr. Thurn und Taris, und mir, die wir sehr spezielle Karten hatten, an einem neben dem Hause lodernden Feuer auf das Vollständigste konstatirt, während die Feldherren sich mit einander besprachen. Von dem Schluffe dieser Unterredung gedenke ich hier nur des Umstandes, daß der Herzog dem Fürfen durch den im Englischen Hauptquartier als Freditirten Herrn General von Müffling fagen ließ:,,Er nehme fein Nachtquartier in Mont St. Jean, wo Napoleon heute früh habe schlafen wollen", worauf der Fürst entgegnete:,,Sagen Sie dem Herzog, daß ich dahin gehe, wo er diese Nacht noch fchlafen will, da jage ich ihn hinaus!" (wörtlich:,,da stöckere ich ihn raus!") Und so geschah es. Der Herzog fehrte mit feinem Gefolge um und ritt die Chauffee in der Richtung nach Brüffel zurück; der Fürst aber, an der Spiße seines Hauptquars

*) S. Nr. 81 des Magazins.

1839.

tiers, wandte sich links die Straße nach Genappe entlang, auf welcher der Feind geflohen war. Vorher mußten wir Alle, die um ihn waren, die verschiedenen Truppentheile aufsuchen und legten Hauch von Mann und Pferd an die Verfolgung du feßen." ihnen den berühmten, so folgenschweren Befehl überbringen:,,den Nachdem dem alten Helden noch aus einer an der Straße geles bleifirt worden war, erreichten wir fast noch vor der Tête der genen Meierei sein legtes Pferd durch eine Flintenkugel im Halse ganzen Armee gegen Mitternacht das zum Theil noch mit Frans dosen angefüllte eben genannte Siddichen.

Daß der Herzog von Wellington, wie der Berichtiger ber ware, ist durchaus unrichtig. Der Fürst blieb in diesem Orte in hauptet, noch an diesem Abend ebenfalls bis Genappe gekommen dem ersten Hause links, dem Wirthshaus zum König von Spanien, wo er oben ein kleines Kammerchen für sich wählte; im Vors dimmer lagen sechs bleffirie Franzosen, die er zu pflegen und zu verbinden befahl, und ruhig die Nacht mit ihnen zusammenschlief. Er behielt, während die Generale Gr. Gneisenau und von Grol den Feind bis zum hellen Tage unablässig verfolgten, von feinen mann mit Allem, was von der Armee noch marschfähig war, Adjutanten nur die Herren von Weyrach und Gr. Nostis bei sich, und etwa sechs der dienstthuenden Offiziere, zu denen ich gehörte. Niemand von uns hat den Herzog von Wellington an diesem Abend über la Belle Alliance hinaus oder gar in Genappe gesehen; er war anderthalb Deutsche Meilen davon.

Die Stelle des Zusammentreffens habe ich am folgenden Tage, wo ich als Courier mit der Nachricht von der Schlacht nach Berlin gesandt wurde, mir nochmals genau besehen, und eben so etwa drei Wochen später, indem ich das Schlachtfeld nochmals paffirte, als ich, bei der Rückkehr von Berlin, meine dort erhaltenen Depeschen an des Königs Majestät im großen Hauptquartier der verbündeten Monarchen zu Nanch abgegeben und, da bereits die Nachricht von der Capitulation von Paris dort eingetroffen war, die Erlaubniß erhalten hatte, mit meinen Leuten und Pferden, die ich bei einem in Löwen wohnenden Schwager gelaffen, dem Hauptquartier nachzumarschiren. Nicht zwanzig Schritt von dem Hause la Belle Alliance, in der Richs tung nach Brüssel zu, fand diese denkwürdige Scene statt und keinesweges da, wohin sie der Berichtiger verlegen will.

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Daß der Herzog von Wellington, deffen großer Kriegsruhm natürlich durch diese meine wahrhaftige Berichtigung nicht im mindesten geschmälert werden kann, da ich nur bestreite, daß er oder irgend ein Mann seiner Armée, die mir erst am 19.en Mits tags noch auf dem Schlachtfelde begegnete, am 18ten über la Belle Alliance hinausgekommen sen, in jenen großen Tagen,,lein Gras unter seinen Füßen wachsen ließ", ist vollkommen richtig; er war, was auch von Ünunterrichteten lange bezweifelt worden ift, vor dem Anfang der Schlacht von Ligny, am 16ten, bei un serem Haupt:Quartier an der Windmühle von Bry, und ich habe mich am 19ten bei ihm an der Grille des Parks von Brüssel, wohin er sich zum Besuch des verwundeten Prinzen von Oranien, und um für die Bleffirten zu sorgen, begeben hatte, gemeldet, als ich mit seinem Adjutanten, Oberst Freemantle, ging, um mir, halb mit Gewalt, weil die Regierung noch immer damit flüchten wollte, Postpferde zu schaffen. Er spazierte ganz allein in dem einfachen blauen Civilrock, den er an den Schlachttagen trug, als wenn nicht das mindeste Ungewöhnliche vorgefallen ware, und sein ausdrucksvolles Gesicht zeigte eine so freundliche Ruhe,,,ais waltete im Lande der tiefste Friede", aber man hörte noch jeden Schuß von dem nur drei Meilen entfernten Wavre. So gern nun dem erlauchten Herzog seine hohe Glorie ges gönnt werden soll, so kann doch nicht oft genug daran erinnert werden, daß der Ruhm, den Feind über das Schlachtfeld hinaus und weit hinaus verfolgt, ihn vollständig zerstreut und ihm sein ganzes ungeheures Kriegs Material abgenommen, dadurch aber jeden ferneren ernstlichen Widerstand durchaus unmöglich gemacht zu haben, einzig und allein unserer tapferen Armee unter ihren großen Anführern: Blücher, Gneisenau und Grolman gebührt. Darum ist nie etwas Wahreres geschrieben worden, als die ans spruchslosen Schlußworte des ersten Theils der allegirten Bes schreibung dieses Krieges (S. 380):

Die Geschichte wird dem Fürsten Blücher nicht vorenthalten können, daß er und seine Armee von jeßt ab, den Impuls und

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