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fich, wie es heißt, der früher übliche Gebrauch, nie ein Testas ment zu machen, ohne ein kleines Vermächtniß für die St. Lam bertus Kirche darin auszuseßen.

Einige Zeit nach dieser Begebenheit brach ein großes Uns glück über Lüttich herein, denn ein beträchtlicher Theil der Stadt wurde durch eine Feuersbrunst verzehrt. Die gleichzeitigen Schrift: steller schildern diefes traurige Ereigniß als eine Strafe für die in der Stadt herrschende Sittenlosigkeit; Gott wollte, fagen sie, die Ausschweifungen der Bürgerschaft und der Geistlichkeit durch die Flammen tilgen. Es hatten sich in der That viele Mißbrauche eingeschlichen. Die Präbenden, die Bisthümer wurden den Meifts bietenden augewendet; für eine geringe Geldsumme gestatteten die Bischöfe die Verehelichung der Priester, und die Bürger un: terstüßten bereitwillig jolche Verbindungen. Man feierte öffent lich in den Straßen Lüttichs wahre Saturnalien, unter dem Na men Feste der Königin"; diese Königin war gewöhnlich die schönste unter den verliebten Kindern der Sinnenlust, und man kann leicht denken, was für schmachvolle Dinge bei diesen Volkss orgien vorfielen. Uebrigens waren solche Feste nicht bloß der Stadt Lüttich eigen, auch Frankreich, England und Deutschland hatten ihre abergläubischen Gebräuche und anstößigen Festlichkeiten.

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Nur für kurze Zeit waren die Bürger Lüttich's von der Last ihres Unglücks gebeugt, bald vergaßen sie wieder die Warnungen ihres Gottes. Vergebens eiferte Lambertus der Stammler gegen die Ausschweifungen der Geistlichkeit; der Bischof ließ ihn ers greifen und einkerkern. Als man ihn durch die Domkirche führte, wurde er zur Erde geworfen und mit Füßen getreten. Machet ein Ende mit mir", rief er seinen Henkern zu,,,tödtet mich, aber ich sage euch, der Tag ist nicht mehr fern, wo die Schweine sich hier auf den Trümmern von Gottes Altare wälzen werden."

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Lambertus der Stammler_starb, und seine Prophezeiung ging nur zu bald in Erfüllung. Am 28. April 1185 fam in einem Bürgerhause Feuer aus, das sich bald auch über die nächsten Wohnhauser verbreitete und die Klöster und die Kirche des heili‹ gen Lambertus ergriff. Da wüthete eine entseßliche Feuersbrunft auf der ganzen Fläche zwischen den Kirchen der eilftausend Jungs frauen, des heiligen Petrus, des heiligen Clemens und dem bis fchöflichen Palafte. Die Malereien, die Urkunden, die kostbaren Manuskripte, Alles wurde eine Beute der Flammen; das Zim merwerk löste fich los, die Thürme, einen Augenblick in der Luft schwebend, stürzten mit fürchterlichem Krachen ein, und bald waren nur Trummer und Aschenhaufen an dem Orte, wo noch vor einigen Stunden so viel Reichthum und Pracht sich entfaltete. Kurz darauf baute man nun jene ungeheure Kathedrale des heis ligen Lambertus, die noch viele der jest Lebenden kannten, und die, nachdem sie allen Wechselfällen des Schicksals, welche Lüttich erduldete, und den Stürmen der Zeit getrost hatte, 1793 unter dem Beil der Empörer einstürzte.

Ungeachtet aller Unglücksfälle vergrößerte sich Lüttich von Tag zu Tage immer mehr; da und dort baute man neue Kirchen, an welche sich nach und nach Privatwohnungen anreihten. Die Bevölkerung der Stadt war gewerbfleißig, erfinderisch, begierig auf alles Neue und durch nichts abzuschrecken. Der erworbenen Reichthümer hatt, sehnten sich die Bürger nach anderen Gütern. Privilegien, Freiheiten, das waren Zauberworte, denen im Mits telalter so viele Herzen entgegen pochten, und die unsere Vorfah ren nur durch ihr Blut oder Gold sich zu eigen machen konnten! Die Zugeständnisse Albert's von Cund im Jahre 1199 genügten allen Wünschen und trugen sehr viel zur Befestigung des Wohls standes der Lütticher bei.

Ein anderes Ereigniß, das ebenfalls den größten Einfluß auf das Geschick der Stadt übte, war die Entdeckung der Steins kohlen. In demselben Jahre, wo der Bischof Albert den Bår: gern eine Anzahl von Privilegien bewilligte, entdeckten diese die reichen und ergiebigen Steinkohlenlager; glückliches Voll, das Gott mit seinen Gaben überschüttete und das zu derselben Zeit die Bedürfnisse des Körpers und die Wünsche des Herzens ers füllt fah!

Unter dem Bischof Hugo von Pierrepont, der auf Albert von Cund folgte, erlebte Lüttich neues Mißgeschick, aber auch neue Vergrößerungen. Zuerst beschäftigte man sich mit der Vollens dung der Ringmauer von Payenporte oder Hocheporte bis nach St. Walburge; diese Befestigungen waren aber noch nicht vollens det, als der Herzog Heinrich von Brabant, welcher die an die Lütticher Kirche abgetretene Grafschaft Moha zurückforderte, fich auf die Stadt warf und sie der Plünderung preisgab. Lüttich follte in Feuer aufgehen, und nur durch die Vermittelung des Kastellans von Brüssel, Adrian Balhes, entging es diesem schrecks lichen Schicksal. Der Herzog von Brabant kehrte nach seiner Hauptstadt Löwen zurück und führte auf Wagen eine unermeßs liche Beute mit sich fort.

Der plögliche Ueberfall Herzog Heinrich's machte es recht fühlbar, wie nothwendig eine Befestigung der Stadt nach dieser Seite hin war; man ging rustig ans Werk; das Volk legte sich Frohndienste und Geldzuschüsse auf, und selbst die Geistlichkeit, die fich bis dahin immer geweigert hatte, au ähnlichen Ausgaben beizutragen, opferte gleichfalls große Summen; der Propst von Lambertus, Johann von

von

Lüttich wurde, Reuerte allein 3000 Mart bei, und so wurde die Stadt bald in guten Vertheidigungsstand gefeßt. Die neue Rings mauer umfaßte den ganzen Raum zwischen der St. Barthelemy's,

der St. Martin's, der St. Johannes und der St. Jakobs: Kirche. Die Stadt wurde damals in mehrere Viertel oder vinaves, wie man sich Wallonisch ausdrückte, eingetheilt; die drei ältesten waren das Markt Viertel, das von Neuvice oder Souve rains Pont und von St.Johann Strée. Später bildeten sich das Insel Vinave, das von St.Servais und von Des. Pres; jedes dieser Viertel haue sein eigenes Wappen und Feldgeschrei und wurde, wie Henricourt fagt, von reichen Bürgern bewohnt, welche den Edelleuten mit den Waffen Dienste leißteten. Man nannte diese Bürger,,die Großen"; fie legten sich auch wohl selbst den Namen,,Herren" bei und trugen grüne und graue Mantel, die auf den Schultern mit einem bunten Stoffe aufgenommen waren. Die, welche sich mit den gewöhnlichen Handwerken beschäftigten, hießen,,die Kleinen".

Von diesen sogenannten,,Großen" war jedoch keiner Ritter, mit Ausnahme derjenigen, welche die Chauffee Des Prez bewohn ten; dieses Binave war immer von tapferen und waffenkundigen Leuten bewohnt und an der Seite nach der Maas hin durch ein festes Thor und eine Zugbrücke beschüßt und von der Stadt ges schieden. Seltsames Schicksal dieses Vinav's! Der Wohnort der machtigen Ritter aus der edlen Familie Des Prez ist jeßt der Aufenthalt des demüthigen Handwerkers geworden; die,,Großen" haben den,,Kleinen" Plaß gemacht!....

Die Sauvenière bildete auch eine Art Vinave, aber ein ganz unabhängiges; man nannte es auch die kleine Stadt", und es hatte, wie das Viertel jenseits der Maas, eine ganz uns abhängige Gerichtbarkeit, die so von der des Bischofs unterschie den war, daß ein Verbrecher, der sich nach der Sauvenière oder nach der Gerichtsbarkeit von Des-Pres flüchtete, hier so in Sichers heit war, als befände er sich in Namur.

So seichnete sich jedes der Stadtviertel durch sein Wappen, sein Kriegsgeschrei und einige besondere Freiheiten aus; eines war von dem anderen durch lange Bogengänge geschieden, die kaum das Tageslicht durchließen und durch massive Thore vers theidigt wurden, welche man bei der geringsten unruhigen Bes wegung schloß. Zu diesen Vertheidigungsmitteln fügte das Voll noch große Ketten hinzu, mit welchen man bei Aufständen die Straßen Eingange versperrte. Der Aufruhr war das politische Leben des Mittelalters, der Bannfluch des Volkes gegen seine Herren, der Kleinen gegen die Großen! Was jest durch die Ges feße bewerkstelligt wird, war damals dem Arm des Volkes übers lassen, und sehr oft griffen die Lütticher in jenen Zeiten zu dem dußersten Mittel, ihre Straßen durch die Ketten zu sperren und die Thore ihrer Bogengänge zu verrammeln. (J. d. L.)

Mannigfaltiges.

Washington's Charakter. In dem Leben Washings ton's von Spark, das nunmehr in zwölf Bänden vollständig ers schienen ist, wird folgende allgemeine Schilderung von jenem ausgezeichneten General und Staatsmann entworfen: Washings ton's Geist zeigte sich auf gleiche Weise in seinem Privatleben und in seinen öffentlichen Handlungen; dort wie hier gab er fast gleich viel Proben seiner Größe. Dieselben Eigenschaften, welche ihn zu der Gewalt erhoben, die er als Feldherr und oberster Staatsbeamter über den Willen einer ganzen Nation besaß, machs ten ihn auch als Mensch geliebt und geachtet. Weisheit, Urtheilss traft, Besonnenheit und Festigkeit waren die vorherrschenden Züge seines Charakters. Niemand durchschaute je so Plar die verhältnismäßige Wichtigkeit der Dinge und Handlungen, Nies mand entäußerte sich so vollkommen alles Einflusses persönlicher Interessen, Reigungen und Vorurtheile, Niemand unterschied ftets so richtig zwischen dem Wahren und Falschen, zwischen Recht und Unrecht, in Allem, was ihm vorkam. Im Ueberlegen langsam, war er sicher im Entschlusse, und stand dieser einmal fest, so nahm er ihn felten zurück und ließ in der Ausführung ́ einer Maßregel niemals nach, bis sie vollbracht war. Physischer und moralischer Muth gehörte unter die ihm angeborenen Eigens schaften in der Schlacht und inmitten der Volksaufregung, nirs gends fürchtete er die Gefahr oder dachte an die Folgen für seine Person. Sein Ehrgeiz war von jener edlen. Art, der in Allem, was er unternimmt, fich auszuzeichnen und durch Beförderung des Wohles der Menschen ihre Herzen zu gewinnen und sich eine Macht über dieselben zu verschaffen strebt. Empfänglich für den Beifall Anderer und darauf bedacht, ihn zu verdienen, machte er doch nie ein Zugeständniß, um sich Applaus zu erwerben, weder der Eitellett ichmeichelnd none den Launen nachgebend. Vorsichtig ohne Aengstlichkeit, kahn ohne Uebereilung, faltblütig im Rath, besonnen, aber fest im Handeln, klar in der Vorauss voll Geistesgegenwart, ging er Hinderniß muthig entgegen, das sich ihm auf dem Wege zu Ehre, Ruhm und Sieg entgegens stellte, und wußte es reußte es zu überwinden.. Mehr auf die Geradheic feiner Absichten als auf seine Hülfsmittel vertrauend, suchte er sich Raths bei Anderen und benußte ihre Kenntnisse. Seine Rathgeber wählte er mit untrüglichem Scharfblick, und die womit er das Vernünftige einer Ansicht und die ichlagenden Wunkte eines Arguments durdodrang, jeste ihn in dent Stand, von ihren Talenten und von ihrer Weisheit den besten Nußen zu ziehen.

ficht, geduldig unter Schicksal Handhaft, ausdauernd und

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Gr. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

A 83.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wobüdbl. “Poft - Aemtern.

Literatur des Auslande s.

Berlin, Freitag den 12. Juli

Frankreich.

Galliens letzter heidnischer Schriftsteller, Rutilius Numatianus..

Von Ampere.")

Wenn man die großen Kirchenstreitigkeiten des vierten Jahrs hunderts fich vergegenwärtigt, wenn man alle die wichtigen Fragen der Metaphysik und Theologie betrachtet, die damals von den Haretikern und ihren Gegnern aufgeworfen und durchforscht wurden, wenn man sich mit Cassian in die Eindden der Thebaide vertieft und darin eine neue Welt von Gedanken und Empfins dungen entdeckt, die sich dem menschlichen Geiste und Herzen offenbaren, so vergift man fast, daß es um dieselbe Zeit noch Heiden auf der Erde gab. Das Heidenthum scheint vorüber, scheint vernichtet; man hält es nicht für möglich, daß nach den Streitfragen des Gnoftizismus, des Arianismus und Pelagianiss mus noch von Jupiter und Venus die Rede seyn könne." Und doch ist es so; vier Jahrhunderte reichen nicht hin, einen Glaus ben zu zerstören, der funfzehn bis zwanzig Jahrhunderte alt ist. Das Heidenthum verschanzte sich in drei Klassen der Gesells schaft: zuvorderst in die des Landvolks, welches fester und hart nadiger an dem alten Aberglauben hing, als die Bewohner der Stadie; diese Vendeer des Paganismus haben ihm auch den Namen gegeben, denn das Lateinische Wort paganus (Heide) stammt von pagus (Flecken oder Dorf); daher auch das Französ fifche paysan und païen; der heidnische Glaube ist so viel als der Glaube des Landvolks. So nennt Aufonius die Feldgottheiten paganica numina. Bei dem Schriftsteller Rutilius, von welchem in dieser Abhandlung die Rede seyn soll, findet man, daß um das Jahr 430 die Landleute von Toskana im Winter-Solstitium noch das Fest des wiedergeborenen Osiris feierten, das heißt der Sonne, die dann wieder über die Ekliptik emporzusteigen bes ginnt. Daß das Heidenthum sich nicht nur zu der Zeit, von der es sich hier handelt, sondern noch viel spdter unter dem Landvolk erhalten hat, ist unbestreitbar; fa, man fönnte fast sagen, bis auf unsere Tage, wenn man an manche Gebrauche denkt, deren heidnischer Ursprung fich noch nachweisen (dst.

Auch die vornehme Römische Welt bewahrte eine gleich dauernde Anhänglichkeit für die heidnischen Traditionen, und hierin reichten sich, wie in der Vendee, der Edle und der Bauer die Hand. Der Senat kämpfte durch Symmachus Stimme gegen den heiligen Ambrosius, um die Götter des Kapitols zu vertheidigen. Zweifelsohne war der Einfluß der Römischen Aristokratie auf die niederen Volksklassen sehr bedeutend; natür licherweise bedienten sich die großen Güterbefizer ihres ganzen Ansehens, um bei ihren Untergebenen einen Aberglauben zu befestigen, den sie selbst theilten. Die mittlere Klasse bekannte fich sum Christenthum, aber die beiden Extremitaten des sozialen Körpers lehnten sich wenigstens theilweise dagegen auf.

Es gab noch eine Klasse von Personen, die sowohl durch Studien wie durch Neigung am Heidenthum festhielten, die Schriftsteller nämlich; alle die, welche nicht die Sache des Christenthums ergriffen hatten, und ihre Zahl war beträchtlich, blieben eifrige Vertheidiger der alten Religion, die so eng mit der alten Literatur verknüpft war. Es springt uns ein seltsamer Gegensaß in die Augen; die Gefeße der Kaiser gegen das hei: denthum werden immer strenger, und 391 verbietet Theodofius bei Todesstrafe, den Göttern zu opfern. Eben so wurde am Ende des vierten Jahrhunderts der öffentliche Gößendienst durch ein furchtbares Gefeß untersagt, und doch findet man noch lange Zeit Schriftsteller, die nicht allein erklärte Stüßen der alten Religion, fondern auch entschiedene und oft wüthende Gegner der neuen Lehre sind; solche Leute gelangen zu den höchsten Würden, wie Symmachus, welcher Konful wurde, und erfreuen sich der besons deren Huld der Kaiser, wie der Sophist Libanius, obgleich fie das Christenthum mit einer Heftigkeit angreifen, die sich bis zur Schmdhung steigert, wie Eunapus und Bofimus; fie greifen es mit voller Freiheit an, ohne dadurch weder die Gunst des Vols Pes noch die der Kaiser einzubüßen. Es scheint, als hätten die

*) Dieser Aufsaß ist ein Bruchstück aus einem fo eben unter der Preffe befindlichen Werke von Ampere: Frankreichs Literaturgeschichte vor dem zwölften Jahrhundert.

1839.

Kaiser, dem Geißte der alten Rämischen Gefeßgebung gemäß, den Kultus und die Religion nicht sowohl als eine Dogmens und Glaubenssache, fondern als einen Gegenstand der Politik, als ein Regierungsmittel, als einen Grundpfeiler der bürgerlichen Ges fellschaft betrachtet. Dadurch erklärt es sich, wie sie eine so große Meinungsfreiheit und selbst so lebhafte Angriffe des Glaubens gestatten konnten, zu dem sie sich doch bekannten; kurs, die Nache folger Konstantin's scheinen sehr darauf gehalten zu haben, daß die christliche Religion die Staats Religion sen, und daß der vers botene Kultus nicht öffentlich ausgeübt werde; ob aber die Schrifts steller in diesem oder in einem anderen Sinne dachten oder schrieben, das galt ihnen gleich. Dieser Zustand des Christens thums, als einer durch die Kaiserliche Macht geheiligten Religion, die aber auch zugleich der freien Kontroverse überlassen war, ers klärt es, wie man noch im fünften Jahrhundert einen Mann ans treffen kann, der sich offen zum Heidenthum bekennt und doch die höchsten Aemter bekleidet, der zuerst Oberpriester und dann Präfekt von Rom war, und man begreift, wie das Pleine durchs aus heidnische Werk, von dem ich sprechen will, und welches eine ziemlich heftige Verspottung der christlichen Glaubensiche enthält, ein Jahrhundert nach Konstantin's Belehrung, um das Jahr 420, von Rutilius Numatianus, gebürtig aus Poitiers, geschrieben werden konnte.

Selbst um diese Zeit beachteten die heidnischen Schriftsteller, die ihren Lehren und Ueberlieferungen treu. blieben, das Christens thum noch sehr wenig. Es mischt sich wohl hin und wieder in ihre Sprache und selbst bis auf einen gewissen Punkt in ihre Denkweise etwas unwissentlich den christlichen Ideen Endlehntes, doch sind sie, bis auf solche unbedeutende Ausnahmen, dem Eine fluffe dieser Ideen fast gänzlich fremd; fie laffen sich in keine Streitigkeiten mit dem Christenthum ein, fie kennen es gar nicht, fie wollen sich gar nicht die Mühe geben, es au studiren, eine Mühe, die freilich nach all den zahlreichen Schwierigkeiten, welche die Haretiker erhoben hatten, nicht gering gewesen ware; sie ber gnügen sich damit, es durchaus zu verachten; sie hüllen sich in eine stolze, geringschäßige Gleichgültigkeit und zweifeln gar nicht daran, daß diese Thorheit binnen kurzem wieder gänzlich vers schwinden werde. So sagt der Freund Julian's, der Rhetor Sallust: Die Gottlosigkeit, die sich an einigen Orten verbreitet, braucht die vernünftigen Leute nicht zu beunruhigen; sie kömmt aus der Mode, und dann kehrt Alles wieder zur alten Religion zurück." Es giebt zu allen Zeiten Geister, ja felbft Schöngeister, wie der Rhetor Sallust, welche die Bewegung ihres Jahrhuns derts durchaus nicht verstehen; wenn eine Religion auftaucht, welche die Welt zu verändern berufen ist, so halten sie dieselbe für eine Thorheit des Augenblicks, für eine vergängliche Mode; beginnt eine große Revolution, die ebenfalls die Welt verandern mus, so sehen sie darin nur eine Empörung; es ist dieselbe Obers flächlichkeit, dasselbe Verkennen der Zeit.

Rutilius Numatianus, der in den letzten Jahren des 4. Jahrs hunderts zu Poitiers geboren wurde, war ein Mann dieser Art. Man weiß weiter nichts von seinem Leben, als daß er im Jahre 413 Prafelt von Rom war und einige Jahre später diese Stadt verließ, um übers Meer nach Gallien zurückzukehren. Er hat über seine Reise ein kleines Gedicht,,,Itinerarium" betitelt, ges schrieben, deffen zweiter Theil aber leider verloren ging. In dies fem Fragment ist auf eine kindliche und, so zu sagen, vertrauliche Weise ausgedrückt, was damals die Seele und die Gedanken dier ser harinadigen Heiden erfüllte, deren scharf ausgeprägten Typus wir in Rutilius finden. Uebrigens kann man sich nicht wundern, daß dem so war; Rutilius kam von Rom, er hatte mehrere Jahre an diesem alten Herde des Heidenthums zugebracht, wo es noch immer nicht erlöschen wollte; er hatte inmitten und an der Spige jenes Römischen Senates gelebt, der an dem alten heidnischen Glauben wie an alten Adelsrechten hing; auch war er Gallier und hatte seine literarische Bildung in einem Lande empfangen, in welchem nach Rom die Abgötterei fich noch am meisten auf recht erhielt. Aus diesen beiden Ursachen erklärt sich die bei Rus tilius vorherrschende Seelens und Geistesstimmung.

Was wir jest unter Reises Bildern und Reise- Skizzen vers stehen, war dem Alterthum keinesweges fremd, und eine große Anzahl berühmter Männer haben dergleichen Jtinerarien geschries ben. Julius Cafar verfaßte ein Svanisches, Trajan ein Dacis fches, Alexander Severus ein Persisches, Ovid ein Milesisches

Itinerarium, und Horas erzählte seine Reise nach Brundusium. In der Reiseschilderung des Rutilius, wie in der des horas, wird der Leser mit allen Begebenheiten der Reise bekannt ges macht, die mit großer Wahrheit und Genauigkeit erzählt werden. Man ersieht daraus ganz genau, wie man in jener Zeit reifte. Rutilius legte zur See an den Küsten Italiens entlang ungefähr denselben Weg zurück, den jeßt die Dampfschiffe nehmen. Er machte die Fahrt auf einer kleinen Barke, die jede Nacht landete und am Morgen wieder in See ftach; eine Art zu reisen, die in jenen Küstenstrichen sehr gebräuchlich ist, wie überhaupt an allen Ufern des Mittelländischen Meeres. Auf seinem Wege stattet er, wie einer unserer modernen Touristen, Bericht über jede Sehens würdigkeit ab; er besucht Salzgruben, beschreibt Ruinen und versenkt sich bei ihrem Anblick in jene schwermüthigen Empfins dungen über die Vergänglichkeit aller menschlichen Dinge, die seitdem so oft, ja zu oft wiederholt wurden. Vor einer Statue mit halb von der Zeit verlöschten Schriftzügen, neben einer alten verlassenen Festung am Meeresufer, bricht er in folgende Verse aus; die ganz moderne Schwermuth athmen:

Cernimus antiquas nullo custode ruinas.

...

Non indignemur mortalia corpora solvi,
Cernimus exemplis oppida posse mori.")

den Gedanken des Rutilius, der ihm völlig unbekannt war, so Taffo hat in zwei schönen Versen seines befreiten Jerufalems eigentlich nur überseßt:

Muojono le città, muojono i regni,

E Phuom d'esser mortal par che si sdegni!")

An gewissen Stellen feines Itinerariums zeigt sich uns Rutilius als Mensch und als Bürger von einer sehr ehrenwerthen Seite; für sein Vaterland hegt er eine rührende Anhänglichkeit. Im Augenblick, wo er Rom verläßt, jenes Rom, das ihm so theuer ift, druckt er in gefühlvollen Versen das Glück aus, welches er empfindet, dem Rufe feines Vaterlandes, seines geliebten Galliens, zu folgen, das ganz verwüstet und verheert von den Barbaren ist. Verödet find Deine Felder durch lange Kriege! Je mehr sie verödet sind, desto mehr Liebe verdienen sie! Seine Mitbürger vergessen, wenn es ihnen gut geht, ist verzeihlich; das allgemeine Unglück aber nimme die Treue eines Jeden in An spruch." Ein edles Gefühl rief diese Verse hervor, eine zdrtliche Vaterlandsliebe, ein großmüthiges Mitleid sind in diesem aus den Pforten des prächtigen Roms dem öden Gallien zugefandien Erinnerungszeichen ausgedrückt. Als Rutilius einem seiner Vers mandten auf dem Wege begenet, ruft er, ihn umarmend, aus: ,,Mir ist, als erfreute ich mich schon eines Theils meines Vaters landes."

Die vereinzelten Züge von Schwermuth und Zärtlichkeit beis feit gefeßt, ist Rutilius hauptsächlich ein Schöngeist, ein unters richteter, gelehrter Mann, der wahrscheinlich früher Rhetor war, wie Alle, die zu hohen Aemtern gelangten; er muß sich auch mit Philosophie beschäftigt haben, wenn, wie ich mir einbilde, die Zueignung des Querolus an denselben Rutilius gerichtet ist.

Ein anderer Schöngeist jener Zeit, ein gewisser Messala, hatte Verse an die Eingangspforte eines warmen Bades angeschrieben. Rutilius zeichnete diese Verse auf; so berichtet er auch bis auf die geringsten Nebenumstände ein Gespräch, das er mit seinen Reisegefährten über einen Punkt der Römischen Geschichte hatte: über die vier Männer nämlich, welche den Namen Lepidus führs ten. Man sieht nicht recht ein, weshalb er sich eigentlich gerade dieses Gesprächs erinnerte; wahrscheinlich nur, weil es sich mit einem Wortspiel von seiner Erfindung schloß, das er der Nach wele nicht vorenthalten wollte. Bei Gelegenheit der Eisen Bergs werke auf der Insel Elba entwickelt er große metallurgische Kenntnisse; er spricht von den Sardinischen und Andalusischen Bergwerken, eifert gegen das Gold zu Gunsten des Eisens, an welches er zwölf antithetische Verse richtet, die ihm wahrscheins lich sehr schön vorkamen. Als er der Sümpfe gedenkt, schickt er eine abgeschmackte physikalische Hypothese darüber voraus, die er mit großer Selbstgefälligkeit entwickelt; so legt er auch in Bezug auf die Ausdünstung des Salzes seine Verwanderung an den Tag, daß Kalte und Wärme diefelben Wirkangen hervorbrachten: die Kälte-mache das Wasser gefrieren, und die Warme verdickees.

Ich führe diese Stellen an, um dadurch die Geistesrichtung eines etwas pedantischen Schriftstellers des fünften Jahrhunderts au bezeichnen; selbst etaffische Citate, die alle Augenblick mit Ems phase angeführt werden, finden wir bei Rutilius schon vor; so vergleicht er zum Beispiel eine ihm befreundete, ganz unbekannte Magistratsperson mit Cincinnatus und Fabricius Da, wo die Poefte des Rutilius nicht durch vorsäßlichen Schwulst entstellt wird, ist sie von eigenthümlicher Eleganz. Der Dichter gefällt fich ganz besonders in jenen Schilderungen, wie man sie in den Gedicht des Aufonius über die Mosel vorfindet, in der Beschrein bung jener flüchtigen, unbestimmten, fast gar niche auszudrücken den Nebendinge mit deren Darstellung die Poeße der alteres schwachen Jahrhunderte sich abmüht; mag er nun den Schatten der schwankenden Fichte am Ufer der Gewasser schildern: Pineaque extremis flactaat umbra fretis. ***y

*) Schet der Vorweft Trümmer, von leinem Wächter gehütet. Weil unser fterblicher Beib serfällt, drob hegten wir unmuth? Sehlt es an Spuren doch nicht, daß selbst Städte vergehn!

** Du siehst, es sterben Städte, ferben Reiche,

Und murrest, weil beschieden Dir das Gleiche?

oder mag er auf die in der Ferne auftauchenden und in der gleichfarbigen Morgendämmerung noch höher erscheinenden Bergs gipfel Korfila's hindeuten: Incipit obscuros ostendere Corsica montes, Nubiferumque caput concolor umbra levat.')

Was aber dem Gedichte des Rutilius ein historisches Interesse verleiht, das sind die Stellen, in denen er seine innersten Ge danken über das Heidenthum und über die Zukunft dieser Res ligion offenbart.

Obgleich die Bruchstücke des Itinerariums, die wir befißen, nur sehr kurz sind, so enthalten sie doch genug merkwürdige Züge, um uns mit dieser Mischung von Sfeptizismus, Theismus und Allegorie bekannt zu machen, aus welcher der äußerst verworrene Glaube eines Heiden jener Zeit bestand. Rutilius schwankt zwis schen verschiedenen Ansichten hin und her. Zuweilen spricht er wie ein glaubig Ueberzeugter, der forgfältig alle religiöse Tras ditionen sammelt und die Wahrheit der heidnischen Wunder vers theidigt. So fagt Rutilius unter Anderem in Bezug auf den Strom heißen Wassers, der im Sabiner Kriege aus dem Tempel des Janus hervorgestürzt feyn soll, eine Naturerscheinung, die in einem so vulkanischen Lande gar nicht wunderbar ist, daß dieser Ausbruch, wenn er sich oft wiederholte, gar nichts bedeuten demüthiges Gebet an die Venus, damit fie feine Meeresfahrt bes würde, da er aber nur einmal fich ereignet, so müsse eine besondere Mitwirkung der Götter ihn veranlaßt haben. Er richtet ein schüße, und ahmt darin ein wenig dem Horaz nach, der für Virs gil's Schiff die Götter anruft. Dann blickt mit einem Mal wies der neben dem Glaubigen der Freigeist hervor, der Philosoph, der nicht den Anschein haben will, als theile er den Glauben des Volkes, und der sehr wohl fühlt, wie viel gegen die Viels götterei einzuwenden sey, weshalb er sich bemüht, sie unter einem vernunftgemäßeren Gesichtspunkte darzustellen. Er zählt die núßs lichen Götter her; er stüßt sich auf alle Dienste, welche sie dem Menschengeschlecht erwiesen haben, als ob er fie dadurch gegen den unglauben eines zweifelfüchtigen Jahrhunderts und gegen seinen eigenen in Schuß nehmen wollte:,,Wir preifen die", fagt er,,,die den Delbaum entdeckte; den, der die Kunst des Weinketterns erfand; das Kind, welches zuerst die Erde mit dem Pfluge aufriß. Der Ruhm schuf sich einen Gott Herkules, der Arzneifunde wurden Altare erbaut." Rutilius neigt sich zu dem System des Euhemerismus oder zur Allegorie, der Geschichte hin, dem verzweifelten Hülfsmittel eines Glaubens, der sich nur durch Auslegungen zu rechtfertigen vermag.

Wieder andere Stellen tragen eine merkwürdige Mischung von Deismus und Skeptizismus an sich. An zwei Stellen seiner Dichtung bedient sich Rutilius des Wortes Gott in der Einheit, denn der Gedanke eines einzigen Gottes hatte sich durch den in direkten Einfluß des Christenthums bei den heidnischen Schrifte stellern schon eingeschlichen. An einer dieser beiden Stellen tritt jener philofophische, schwankende Deismus, der zwischen der heids nischen Frömmigkeit und Allegoric mitteninne steht, in der zweis felnden Gestalt auf, die den Alten so eigen ist, wenn sie die Einwirkung der Gottheit auf die Welt berühren. So sagt Rus tilius:,,Wenn wir zugeben, daß das Weltall nach Plan und Regel gebildet wurde, und daß diese große Maschine ein Ges danke Gottes ist..." Die Aeußerung wäre schön, stempelte sie nicht dies unglückselige Wenn zum Steptizismue.

Mit Erstaunen man bei Rutilius unter diesem Gemisch von abergläubischer Leichtgläubigkeit, finnbildlicher Klügelei und schwankendem Gottesglauben auch auf einen Funken von Fana tismus, dessen Gegenstand Stilicho ist, von Gibbon der lehte der Römischen Feldherren genannt und von Honorius zum Dank für seine Dienstleistungen getödtet. Dieses berühmte Opfer eines christlichen Kaisers hatte das Unglück, den Fluch der Heiden auf sich zu laden. Stilicho scheint fein sehr eifriger Christ gewesen zu seyn; Zosimus und Rutilius schmähen ihn aber bei mehreren Gelegenheiten mit dußerster Heftigkeit, weil er die Edifte des Kaisers gegen die Heiden vollzog, und weil man ihn beschuldigte, die Sibyllinischen Bücher verbrannt zu haben. Das Verbren nen dieser Bücher erschien einem Manne, wie Rutilius, in seinem Fanatismus für das Heidenthum und für Rom als das größte Verbrechen, denn dies hieß das Aeußerste thun, um Rom und das Heidenthum zu untergraben. Der Hab, den dies angebliche Verbrechen ihm einflöst, entlockt der fanften Seele des Rutilius die grausamsten Verwünschungen; der glau bige Heide verflucht den Stilicho, wie ein Mönch des Mittelalters einen Sarazenen verfluchen würde, der das Evangelium vers brannt haue. Es möge den Qualen des höllischen Nero Eins halt geschehen", ruft er aus,,,damit ein noch elenderer Schatten die Gluthen des Styr empfinder Solche Verwünschungen ließen fich bei Einem erfiren, der fest an das furchtbare Dogma von der Hölle glaubte; aber bei einem Schöngeist wie Rutilius kann man eine solche Leidenschaftlichkeit weder begreifen noch entschul digen. Nur die Schwäche eines schon völlig wankenden Glaus bens blickt aus dieser Hebertreibung hervor,

In der Dichtung des Rutilius entdeckt man auch eine der Ursachen, weshalb der Römische Adel so sehr an den Traditionen der heidnischen Götterlehre und Poesie hing; die Helden dieser Traditionen waren sämmtlich die angeblichen Ahnen der anges fehensten Familien und bildeten einen Theil der aristokratischen Eitelkeit des Römischen Patriziate. Als Rutilius von seinem

"Echon rigt Korsika fest fein graues Gebirge den Wolken,

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Der Name Jefidi, den die Bewohner von Sindschar jest sich beilegen, bedeutet,,Anhänger des Jesid". So hieß nämlich ein Arabischer Feldherr, der Hussein, den Enket des Muhammed, tödtete und die Familie Ali's mit großer Erbitterung verfolgte. Daher jener tödtliche Haß zwischen Jesidi's und Muselmannern. Der Mörder Hussein's wird von den Jefidi's als der Stifter ihrer Sekte angesehen.

Die Jesidi's erkennen an, daß Gottes Barmherzigkeit eben so unendlich sey, als seine Weisheit, und machen sich, auf diese Pramisse gestüßt, keinen Skrupel daraus, dem Satan zu huldis gen, weil sie mit Zuversicht glauben, daß er eines Tages sammes liche Ehren und Würden, deren er ob seines Ungehorsams vers lustig geworden, wieder erhalten werde.,,Warum" so fagen fie

,,warum sollen wir den Teufel laftern? Warum zwischen Gott und einen gestürzten Engel treten? Erweist man dem All barmherzigen einen Gefallen damit, wenn man einem Wesen flucht, das er bestraft hat? Und kann es nicht dahin kommen, daß er ihm wieder verzeiht? Würdet ihr gegen einen verungna deten Ganstling, den der Sultan vielleicht schon morgen in seine Würde wieder einfeßt, den Degen ziehen?"

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Die Türken in Mefopotamien motiviren die Teufels Vereh rung der Gefidi's auf andere Weise. Die Jefidi's", so fagen fie,,,fühlen und wissen, daß sie in Folge ihrer Räubereien mit Verbrechen und Verantwortung überladen sind; darum fürchten sie mit Recht noch mehr, als andere Sterbliche, die Qualen des ewigen Feuers und bemühen sich um die Freundschaft des Sai tans, damit sie einst im Abgrund der Hölle von ihm geschont werden." Die Hochachtung, welche dieses sonderbare Volk dem Fürsten der Finsterniß beweist, ist wirklich unglaublich groß; sie vermeiden so viel als möglich jedes Wort, dessen sich andere Menschen gegen den Satan bedienen, und wehe dem, der es wagen würde, im Lande der Jesidi's von dem bösen Prinzipe despeftirlich zu reden! Er würde ohne Gnade gesteinigt. Wenn ihre Geschäfte fie in Türkische Städte führen, so kann man ihnen feinen größeren Schimpf anthun, als wenn man in ihrer Gegens wart den Teufel lästert. Es ist schon öfter geschehen, daß Leute von dieser Sekte, die von der Türkischen Behörde gerichtet wurs den, lieber den Tod erleiden, als die Phrase: „,laanat bi 'scheitan" (Fluch dem Satan!) aussprechen wollten.

Der Haß zwischen den Muhammedanern und den Verehrern des Teufels steigert sich auf beiden Seiten bis zum wildesten Fanatismus. Es giebt für den Jesidi keine verdienlichere Hands lung, als einen Müselmann zu tödten; und der Lestere ist ein heiliger Martyrer, wenn er durch die hand eines Jefidi fällt. Auch pflegen die Statthalter von Diarbekr, Mufful and Mardin feit undenklicher Zeit unter den Jesidi's ihre Nachrichter zu wäh len, um verurtheilte Muhammedanische Verbrecher einen Mars tyrertod sterben zu lassen.

Wenn das Oberhaupt der Jefidi's weniger Autoritet befäße, so würde sein ganzes Volk zu dem Henker Gewerbe sich drängen. Alle sechs Monate wählt man einen neuen Nachrichter. Hat der Jefidi diefes für so ehrenvoll und heilig geltende Amt niederges legt, so lehrt er, von seinen Mitbürgern hoch gefeiert, an den hauslichen Heerd zurück; man bewundert ihn, man will ihn sehen, ihn betasten; und sind vollends einige Tropfen musels männischen Blutes auf seinen Kleidern zurückgeblieben, so zers schneidet man die Kleider und vertheilt die einzelnen Lappen als loftbare Reliquten. Wenn ein Jefidi durch die Hand eines Türs ten fällt, ohne geracht worden zu seyn, wird er, gegen die allges meine Sitte, ganz still begraben; seine nachsten Verwandten aber scheeren sich den Bart und lassen ihn nicht eher wieder wachsen, bis die sürnenden Manen des Hingefchiedenen durch die Bluts rache befünftige find.

Man finder unter diesem Volle herumschweifende Falirs, die nur von Almofen leben. Ein Fafir dirigirt gewöhnlich die Leichen Feierlichkeiten; er richtet den Todten empor, flopft ihm mit der flachen Hand auf die rechte Wange und fagt: Geh ins Paradies!***

Die Jeffdi's behaupten, der Teufek fey_jezt noch eben so schön und majestätisch anzuschauen, wie in der Zeit vor seinem Falle. Sein Symbol ist eine Schlange. Die Nacht des 10ten August ist ihm vorzugsweise geheilige. In dieser Nacht verfams mein ‍sich die Jesidi's aus den entfernteften Gegenden mit ihren Frauen und Tochtern an dem hohen Berge Abdulaffs; dreißig. Lieues fabdfflich von Mardin. Am Fuße dieses Berges befindet sich eine Höhle von unermessener Tiefe, die bis zu den höllischen Regionen führen foll.

Um die Mitternachtsstunde schaart sich das ganze Volk vor der erwähnten Höhle, in die man, zu Ehren des Fürsten der

Finsterniß, lebende Schafe, Geldmünzen und Kleidungssticke hins abwirft. Dann werden bei Fackelschein und beim Schalle von Hörnern, Cymbeln und Pauken religiöse Reigen getanzt. Nach diesen schrecklichen Tanzen eilt die fatanisch" begeisterte Menge einem großen unterirdischen Raume in der Nachbarschaft der Teufels Grotte zu und feiert in der Finsterniß grauenvolle Dr gien, bei denen die Phantasie kaum zu verweilen wagt.

Neben dem Satan werden auch Moses, Muhammed, Christus und heilig gesprochene Christen von den Jesidi's verehrt. Das höchste Wesen", so sagen sie,,,hat alle diese hehren Personen vor dem großen Haufen ausgezeichnet, und man muß ihnen huldigen, um dereinst auf ihren Schuß rechnen zu können. Der Jendi hat eine Art von kosmopolitischem Glauben, der ihn dazu bestimmt, von jeder Religion der Erde Etwas zu erborgen oder nachzuahinen. Es ist in einer Lehre nichts Ausschließendes; er verschmäht Nichts und begiebt sich, in der Hoffnung, die Glück. feligkeit eines fünftigen Lebens zu erlangen, in gewissem Betrachte unter den Schuß aller Doktrinen und aller Wesen, die er im Lande der Geister für mächtig hält.

Wenn ein franker Jesidi im Traume cin chriftliches Kloster fleht, so pilgert er nach seiner Genesung dahin, um dem Heiligen, der ihn, wie er glaubt, gefund gemacht hat, dafür zu danken. Weniger Vertrauen schenken sie den muhammedanischen Sans tonen. Fast in allen religiösen Materien stehen sie mit den Mus felmánnern in schneidendem Kontraste. So . B. genießt der Wein bei ihnen großer Verehrung; indem fie trinken, halten ste das Glas forgfältig mit beiden Händen, und fallen einige Tropfen an die Erde, so traßen sie das Stück Erde, welches die edle Flüssigkeit eingefogen, andächtig weg und tragen es an einen Ort, wo fein menschlicher Fuß darauf treten kann.

Ein Stamm der Jefidi's hat die privilegirte Obhut des Grabes Scheich Jefid's, ihres Stifters. Das Überhaupt dieses Stammes wird immer unter den Nachkommen des Arabischen Feldherrn gewählt. Man betrachtet ihn als eine große und heilige Person; glückselig der, dem es gelingt, ein abgelegtes Kleid des Heiligen zu erhalten, aus dem er sich ein Schweißtuch machen kann! sein Plaß im Paradiese ist gleichsam schon numerirt, Dieses angebetete Oberhaupt hat übrigens merkwürdig genug - immer einen Schüler zur Seite, ohne deffen Rath er nichts unternehmen kann; denn nur dieser Schüler ist im Besiße des glorwürdigen Privilegiums, die Offenbarungen des Teufels zu empfangen. Er legt sich mit dem Bauche über den steinernen Sarg des Scheich Zesid, und während des Schlummers, in den er nun versinkt oder zu versinken scheint, diktirt ihm der höllische Geist seine Drakel. Zuweilen kaufen sich die Jefidi's bei dem prophetischen Jüngling ihre Pläße im Paradiese.

Einige Reisende haben behauptet, die Jeñidi's seven beschnits. ten: dies ist ein Irrthum; sie lassen sich nur dann beschneiden, wenn sie zum Islam übergehen.

Das Lesen, Schreiben, Beten und Fasten werden von den Nachkommen der Marder als unnüße Dinge betrachtet. „Keine Bücherweisheit, sondern Scheich Jesid wird uns die Pforten des Paradieses öffnen" dies ist ihr Einwand, wenn man sie ob ihrer Unwissenheit zur Rede stellt.

Dies Wenige ist Alles, was ich über die Religion der Jess di's erfahren können. Ohne Zweifel find uns viele Details noch verborgen, und vielleicht erfähren wir sie niemals, weil dieses Volt durchaus kein literarisches Denkmal besißt, aus dem cir Europder vollständige Kenntniß seiner Glaubens Artikel zu schöpfen im Stande ware. Nach Unterwerfung der Jefidi's hat Hafiz Pascha sorgfältig nachforschen lassen, ob sie feine geschriebene Dokumente besaßen; es ist aber Nichts vorgefunden worden.

Nord Amerika.

Die Indianer Nord-Amerika's®).

Die Verbreitung der Civilisation in Amerita findet, wie in Europa, von Often nach Westen und von Norden nach Süden statt. Die ersten Merkmale ihres Fortschritts zeigen sich unter den Thieren, welche das Nahen der Civilisation eben so gut vors herfühlen, wie den Ausbruch eines Ungewiters. Der Büffel wan dert aus und hat schon alle Gegenden im Often des Mississippi verlassen. Dies ist das erste Zeichen; das zweite ist das Summen der Bienen. Sobald er dieses hört, dann weiß der Indianer, daß die Menschen der Civilisation in der Nähe find. Er erwars tet sie nicht, denn er kennt das Schicksal, das ihm bevorsteht. Er refignirt, und mit seiner Hütte und seinen Gößenbildern auf der Schulter sieht er weit weg, um in der Ferne Ruhe und Sicherheit zu suchen. Kaum ist er fort, so erscheinen zwei oder drei Amerikaner, die für sich und ihre Familien ein paar elende Hütten bauen. Sie fallen die Baume um ihre Wohnungen, machen den Boden urbar und verkaufen ihn, sobald die Ansiede lung gedeiht, an weniger unternehmende Landsleute, um weiter zu ziehen und eine nene Ansiedelung zu gründen, die sie dann wieder an Andere verkaufen. Bald beginnen die Kämpfe zwischen ihnen und den Indianern; man greift sich gegenseitig in kleinen Gefechten an und schließt Verträge ab. Diese Verträge find das

*) Nachstehende Bemerkungen sind einem Auffage in der Revue des deox mondes entlehnt, welcher mit Bezug auf unseres Landsmannes, Dr. N. H. Julius,ittliche Zustände von Nord-Amerika" geschrieben ist. Dem gedach ten Werke wird von dem Französischen Beurtheiler großes Lob gesvendet. er selbst sieht sich jedoch dadurch besonders veranlagt, ein starkes Anathema gegen die Anglo,Amerikanische Behandlung der Indianer auszusprechen.

Werkzeug, mit welchem der Amerikaner fein Opfer zertritt. Hans dels Gesellschaften, die zu diesem verabscheuungswerthen Zwec zusammentreten, kaufen den Indianern die Felle ihrer Thiere ab und geben ihnen dafür das Gift, das sie erst entnerven und dann ausrotten muß. Vergebens suchen sie, das Ende voraussehend, sich gegen die traurigen Wirkungen des Branntweins, den man ihnen verkauft, zu schüßen. Man giebt ihnen denselben zu so niedrigen Preisen und in solchem Ueberfluß, daß sie der Versuchung nicht widerstehen können. Wenn fie auszuarten anfangen, fo gewinnt man ihre Häuptlinge und erkauft ihren Verrath; dann treibt man sie aus ihrem Gebiet, indem man sich auf die Ver: träge beruft, die man ihnen durch List abgedrungen, und vers spricht ihnen, fie im Besiz des Gebiets, das man ihnen noch läßt, nicht mehr zu beunruhigen. Aber sie wissen aus langer Erfah, rung nur zu gut, wie viel sie auf diese Versprechungen und auf die Vertrage, in welchen sie niedergelegt sind, zu geben haben. Wie verschieden davon war und ist noch heute das Verfahren der Missionaire. Diese Apostel der christlichen Eivilisation dulden in den Dörfern, welche von bekehrten Indianern bewohnt werden, feine Schenke. Ist es daher ein Wunder, daß der Name der Franzosen unter diesen wilden Stammen in großer Achtung steht, und daß der Indianer gern Französisch spricht, während er das Englische hast und sich oft stellt, als verstehe er es gar nicht? Die Engländer suchen die Eingebornen auszurotten, während die Franzosen sich durch Chen mit ihnen verbanden, woraus eine Bevölkerung hervorgegangen ist, die sich durch ihren Unterneh mungsgeist und durch eine herrliche Vereinigung der schönsten Eigenschaften auszeichnet. Dieses Benehmen der Amerikaner ist um so barbarischer, als die Indianischen Stamme, die sie auf ihrem Wege fanden, für die Wohlthaten der Civilisation viel empfänglicher waren, als die meisten von den Stämmen, mit welchen die katholischen Völler Süd-Europas in Amerika zufam mentrafen. Und gleichwohl fand hier Vermischung und Vers schmelzung statt, dort Ausartung und Vernichtung. Ja die Jefuiten haben auf ihren Missionen in Paraguan, nachdem sie die Wilden jener Gegenden in Menschen umgewandelt, ein so herrliches Volk aus ihnen gemacht, daß man nach dem Zeugniß aller Reifenden nie einen vollkommneren Gesellschaftszustand un ter dem Monde gesehen. Diese Thatsachen zeigen, wie viel die christliche Civilisation vor der materiellen und eigennusigen Eivis lisation der Anglo-Amerikaner voraus hat, und zugleich sind sie höchst ehrenvoll für die Romanische Völler Familie, besonders die Franzöfifche Nation, die an der sittlichen Ausbildung dieser Stamme so großen Antheil hatte.

Sobald die Indianer von dem Boden verdrängt sind, wers den die Neger dahin verpflanzt. Höchst seltsam ist es, daß die widerlichste Aristokratie, die es geben kann, die der Farbe und der Haut, sich zu dem Volk geflüchtet hat, das jede andere, selbst die des Geistes und der Bildung verbannt hat. Die Weißen find von einem blinden, fanatischen Haß gegen die schwarze Farbe erfüllt. Wer nur einen Tropfen Negerblut in fich trägt, ist der Berachtung preisgegeben; für ihn sind die göttlichen und mensch lichen Gefeße nicht da. Er ist kein Mensch mehr, sondern ein Lastthier. Man kauft und verkauft ihn wie ein Thier; man peitscht ihn wie das Pferd am Pfluge; man kuppelt ihn mit einem Weibchen zusammen, damit sie mehr Sklaven zur Welt bringen. Wenn feine Frau ihn nicht mit Kindern beschenkt, so nimmt man sie ihm weg und giebt ihm eine andere. Man zwingt ihn zum Ehebruch und zu unfittlichem Leben. Der Herr selbst schändet seine Sklavinnen, um die Kinder, die er von ihnen bekommt, zu verkaufen. Man hat einen Präsidenten der Vers einigten Staaten die Kinder seiner Unzucht auf den Markt führen sehen, und der Name dieses Mannes ist im Lande sehr geachtet! Man nimmt den Müttern die Töchter, wenn sie schön sind, um sie der Prostitution preiszugeben. Und aus Furcht, daß die Nes ger zum Bewußtscyn ihrer Erniedrigung kommen, läßt man nicht den kleinsten Lichtstrahl zu ihnen dringen. Das Gefeß verbieter, fie zu unterrichten, aber sie zu beschimpfen und zu verderben, ist erlaubt.

Die, welche die Vereinigten Staaten besucht und studirt haben, fragen sich, welchen Ausgang diese Ungerechtigkeiten neh men werden. Alle stimmen darin überein, daß die Sklaverei die Union mit den größten Gefahren bedroht, weil die Neger, die sich auf schreckenerregende Weise vermehren, zulezt den zahl reicheren und stärkeren Theil der Bevölkerung bilden werden. Einige glauben, daß die Regierung der Vereinigten Staaten so Plug seyn wird, die Gefahr bei Zeiten zu beschwören. Wir, die wir die Frage von ihrer moralischen und philosophischen Seite auffaffen, wir glauben, daß die Regierung sich von dem natürlichen Lauf der Dinge fortziehen lassen wird, daß, sobald erft Teras in die Union aufgenommen ist, was nicht lange mehr dauern kann, und die Sklavenstaaten die Majoritdt im Kongreß haben werden, kein Gegengewicht mehr der Habsucht und Unges rechtigkeit Bügel anlegen wird, bis das Maß voll geworden und eine furchtbare Reaction die beleidigte Menschheit rächen wird. Wir glauben an diefen Ausgang, wie wir an die Gerechtigkeit Gottes und an die Manifestation seiner Vorsehung in der Ges fchichte glauben; denn noch nie hat das Verbrechen und die Un gerechtigkeit einem Volle lange genügt, und die Erfahrung hat uns gelehrt, welche Leiden der Völker warten, die die heiligsten Rechte mit Füßen treten.

Mannigfa altige

Sittlichkeit der Holländer. Im Herbst des vorigen Jahres unternahm der Engländer, Herr Chambers, eine Reife nach Holland und Belgien, um den Zustand des öffentlichen Uns terrichts in diesen beiden Ländern, besonders in ersterem, fennen zu lernen und seinen Landsleuten dann die Resultate seiner Beobs achtungen und Nachforschungen mitzutheilen. Diese sind nun unter dem Titel Tour in Holland and down the Rhine erschienen. Ueber den Charakter der Bevölkerung von Holland, dessen bedeus tendßte Städie Herr Chambers der Reihe nach durchmustert, fällt er folgendes Urtheil: Im Allgemeinen ist der Holländer außerst ordnungsliebend; von Scenen der Trunkenheit und nachtlicher Un sucht, die jede bedeutende Stadt Großbritaniens entwürdigen, ist in den Straßen der Holländischen Städte nichts zu finden. Ärge Vers brechen, wie Mord, Einbruch und Diebstahl, kommen sehr wenig vor, und obgleich die Städte während der Märkte von Frems den angefüllt und dann eine Menge kostbarer Waaren oft gang unbewacht auf den Straßen ausgelegt find, wird doch höchft felten etwas entwendet. Wir mochten bei Tag oder bei Nacht durch das dichteste Gedränge gehen, nie brauchten wir für die Sicherheit unserer Personen oder unseres Eigenthums bes sorgt au seyn. Personen, die den Charakter der Holländer genau fennen wollten, versicherten mir, es fehle dem Volle feinesweges an Begehrlichkeit, und es würde diesen Trieb auch gewiß ohne Gewissensstrupel befriedigen, wenn ihm nicht die Furchtlosigkeit vor den Folgen und die Keckheit abgingen, welche in Großbritanien zum Verbrechen antreiben. Dies ist jedoch ein schwer zu entscheidender Punkt, denn was dem Einen für Mangel an Muth gilt, darin könnte ein Anderer wohl viels mehr moralische Selbstbeherrschung und die Frucht eines früh zeitigen Schul- und Religions Unterrichts finden.

Houston, die Hauptstadt von Teras. Ueber diesen Ort theilt ein Englischer Reisender folgende interessante Notizen mit: Wir erreichten die Stadt furz vor Sonnenuntergang, und ich fand in einem guten Wirthshause ein Unterkommen. Bebags lich fann ich es nicht gerade nennen, aber doch gut; die Wirthin ist eine vortreffliche Frau und die Gesellschaft angenehm und ges bildet, aber das Haus hat, wie die meisten hiesigen Wohnungen, auch nicht eine einzige Fensterscheibe, so daß Wind und Regen überall hereindringen; mein Zimmer zum Beispiel hat gar kein Fenster. Von meinem Lager aus kann ich die Deffnungen in dem Dache zählen, durch welche das Licht hereinströmt und bei feuchter Witterung natürlich auch der Regen. Die Häuser sind nichts als rohe Bretter: Baracken, sehr wenige nur find anges strichen. Meine Bettstelle besteht aus vier ganz aus dem Groben gehauenen hölzernen Pfählen, die auf dem Boden aufgepflanzt find, und aus einigen Querhölzern, worin ein Bett liegt, fo knapp und schlecht, wie ich noch nie eines gefunden habe. Und dieser Ort ist der Siz der Regierung. Die Legislatur ist so eben hier versammelt; sie hält ihre Sizungen in einem großen hölzers nen Gebäude mit roh übertünchten Wanden, die keinen Sims haben. Unter den Mitgliedern befinden sich einige talentvolle junge Manner und eine gute Anzahl wohlgenährter Herren von reiferem Alter. Neulich begab ich mich zu tem Lever des Präsidenten Lamar und wurde diesem General vorgestellt. Seine Wohnung ist eine kleine einstöckige Hütte, in der sich nur zwei enge Gesellschaftss zimmer befinden. Das Musik Corps bestand aus fünf Individuen. In der Gesellschaft aber fand ich eben so viel Geschmack und Modeton vereinigt, wie vielleicht bei irgend einer ähnlichen Ges legenheit in dem weißen Hause zu Washington, und die Höflichs keitsformen bei dieser Ceremonie zeugten von einer so feinen Bil dung, daß die beschränkten Mittel, die man zur Befriedigung der gewöhnlichsten Lebensbedürfniffe hier vorfindet, gewaltig dagegen abstechen. Damen, die an die größte Eleganz einer verfeinerten Civilisation gewöhnt sind, wohnen hier in Baracken und erdulden alle Unahnnehmlichkeiten und Mängel des Ortes, ermuthigt durch den allgemeinen Unternehmungsgeist, der hier herrscht, und durch die Aussicht auf künftigen Wohlstand und Luxus. Ich habe meh rere Unterredungen mit dem Ex Prdsidenten General Houston gehabt, dem Helden dieses jugendlichen Staates. Er befehligte' die kleine Streitmacht in der Schlacht von San Jacinto, und seine unvergleichliche Tapferkeit entschied das Schicksal der Republik, ins dem er den Mexikanischen Präsidenten, General Santana, gefans gen nahm. General Houston zählt ungefähr 45 Jahr, sieht aber aus, als wäre er schon über 50. Er ist von etwas excentrischem Wesen, geht mit gepudertem Haar und trägt stets irgend etwas an sich, was den Militair bezeichnet. Sein Benehmen gehört der alten Schule an, es ist dußerst höflich, fast ceremonios, und Alle, die ihn kennen, sind entzückt von seiner Leutseligkeit, wenn fie auch seine Fehler tadeln. Niemand kann bei jeglichem milis tairischen Unternehmen so sehr auf den Enthusiasmus der Nation rechnen, wie General Houston. Sein Muth ist unbestreitbar, und fein Wesen ist ganz dazu geeignet, ihm als Feldherrn gebieteris schen Einfluß zu verschaffen. Der Präsident Lamar ist außerors dentlich beliebt. Er wird ohne Zweifel das Land zu hohem Ane fehen bringen, Seine Moralität ist über jeden Ladel erhaben, fein Benehmen war stets männlich und würdevoll, er hat ein sehr tüchtiges Kabinet zusammengestellt, und es ist keine Frage, daß er das Wohl der Nation aufs beste wird zu fördern wissen.

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