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Conciergerie, Pann man an dergleichen vernänftigerweise nicht denken. Troßdem glaube ich weder an Zauberet, noch an Be schwörungen, weder an Wahrsager, noch selbst an die Rosens Preuzer. Die Scene, die ich beschrieben, ist aus ganz natürlichen, vielleicht höchst einfachen Ursachen zu erklären, und ich wundere mich nur, daß ich nicht im Stande war, dieselben zu entdecken.

England.

Im Puritaner waren zwei verschiedene Menschen vereinigt; der eine war ganz Verleugnung, Buke, Erniedrigung und Werks zeug der Gnade Gottes; der andere stols, ruhig, scharfsichtig und unbeugfam. Er demüthigte sich im Staube vor seinem Schöpfer, aber er sehte den Fuß auf das Haupt der Könige. In seinen geheimen Andachtsübungen betete er mit Seufzern, Thránen, Wechsen und Versückung; er war ganz außer sich, himmlische oder grauenhafte Gesichte dammerten vor seiner Seele auf; er wähnte den Gesang der Engel oder die Drohungen des Versuchers su

Die Schottischen und Englischen Puritaner des siebzehnten hören; er ichaute in seiner Einbildung die Freuden der ewigen

Jahrhunderts.

(Nach der Edinburgh Review.)

Die Puritaner sind vielleicht die merkwürdigste Genossenschaft, welche die Welt jemals gesehen. Was sie Hassenswerthes und Licherliches an sich hatten, fiel sogleich in die Augen, und es hat ihnen nicht an geschickten und böswilligen Feinden gefehlt, welche dies ins grellite Licht zu sehen verstanden. Nach der Restauration waren die Puritaner viele Jahre hindurch ein Ges genstand der gröbsten Feindseligkeiten und der ungemessensten Spottfucht. Das Theater und die Preffe, beide zu jener Zeit eine Beute der vollständigsten Zügellosigkeit, verfolgten "fie mit den gemeinsten Beschimpfungen. Die Puritaner waren feine Gelehrten, als religioje Sekte waren sie unpopular, sie Ponnten sich nicht selbst vertheidigen, und das Publikum nahm sie nicht in Schuß; sie waren also ohne Barmherzigkeit allen Angriffen der Satiriker und der dramatischen Schriftsteller preiss gegeben. Die etwas zu gesuchte Einfachheit ihrer Kleidung, ihr trenges und finsteres Aussehen, ihre nájelnde Sprache, ihr schwerfälliger Gang, ihre langen Gebete vor jeder Mahlzeit, ihre altestamentarischen Taufnamen, die Bibelstellen, welche sie bei jeder Gelegenheit oft ganz unpassend anführten, ihre Vers achtung aller menschlichen Gelehrsamkeit, ihr Widerwille gegen die Vergnügungen der gebildeten Klassen, lieferten den Spöttern hinreichenden Stoff. Aber nicht von den Spöttern soll man Philosophie der Geschichte lernen, und derjenige, welcher die Puritaner genau studiren will, muß sich sorgfältig vor der Macht des Lächerlichen, welche schon so viele bedeutende Schriftsteller irre führte, zu bewahren suchen.

Manner, die den Widerstand des Volkes herausforderten, die Ansichten und Unternehmungen während einer langen Kette von Ungemach leiteten, die beste Armee, welche man bis dahin in Europa gesehen, aus wenig versprechenden Elementen organis sirten, Königthum, Kirche und Adel stürzten und mitten unter inneren Empörungen und Aufständen den Schrecken des Engs lischen Namens über den ganzen Erdball verbreiteten, diele Männer waren keine gemeine Schwärmer. Manche ihrer Uns gereimtheiten bestanden nur in der Form, wie die Zeichen der Freimaurer oder die Kleidung der Mönche. Man mag es bes dauern, daß diese Sektirer, welche der Menschheit schchenswerthe Dienste geleistet haben, nicht die eleganten Manieren der Hofs leute Kart's 1. oder Start's II. besaßen, doch wenn wir wählen follten, so würden wir, wie Bassanio, die schönen Kästchen, die nur Todten oder Narrenköpfe enthielten, stehen lassen und nach dem unscheinbaren greifen, welches den Schaz in sich_schloß.

Durch die bestandige Betrachtung erhabener Dinge und himmlischer Interessen hatte der Geist der Puritaner eine ganz besondere Richtung genommen. Es genügte ihnen nicht, mit unbestimmten Ausdrücken eine über Alles sich erstreckende Vors sehung anzuerkennen, sondern sie schrieben jedes Ereigniß dem Willen des höchsten Wesens zu, für welches nichts weder zu groß noch zu flein fen. Es erkennen, ihm dienen, seine Gegens wart und seine Gemeinschaft genießen, war für sie das höchfte Ziel des Daseyns. Mit Verachtung verwarfen sie den rein ceres moniellen Gottesdienst, den andere Sekten an die Stelle der Ans betung im Geist und in der Wahrheit eingeführt hatten. Anstatt einen schwachen Abglanz der Gottheit im Sinnlichen zu erfassen, trachteten sie danach, dieselbe in ihrer ganzen Herrlichkeit zu enthüllen und sie von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Daher ihre Verachtung gegen allen weltlichen Rang-Unterschied. Der Abstand zwischen dem hochgestelltesten und dem niedrigsten der Menschen verschwindet in ihren Augen vor der unendlichen Kluft, welche die Sterblichen von Dem trennt, auf Den ihre Blicke beständig gerichtet waren. Nur wen Gott seiner Gnade gewürs digt, der galt ihnen als erhaben über seine Mitmenschen, und da fie im Besiß dieser Gnade zu seyn vermeinten, so waren fie gleichgültig gegen alle Würden und Vorzüge dieser Welt.

Die Schriften der Dichter und Philosophen kannten sie nur oberflächlich, aber desto inniger waren sie mit den Offenbarungen Gottes vertraut. Ihre Namen standen nicht in den Registern der Waffen-Herolde, doch waren sie stolz darauf, diefelben ins Buch des Lebens eingetragen zu haben. Kein glänzendes Gefolge von Dienern umgab sie, doch wachten Engelschaaren nach ihrer Weis nung über ihnen. Ihre Paläste waren Häuser, nicht mit Menschens handen gemacht, und ihre Diademe unvergängliche Kronen des Ruhmes. Edelleute und Priester, Reiche und Redner, diese alle hatten vor ihnen wenig Werth; denn sie selbst waren durch eine höhere Geburt geadelt, Priester durch die Weihe einer mächtigeren Hand, reich durch einen köstlicheren Schaß und bes redt in einer erhabeneren Sprache.

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Seligkeit oder die Flammen der Hölle. Wie Vane, glaubte er das Scepter des tausendjährigen Reichs in Händen zu halten; wie Fleetwood, schrie er voll Angst, Gott habe sein Angesicht vor ihm verborgen. Doch wenn er seinen Play in den politischen Versammlungen einnahm oder sich mit dem Schwerte gürtete, um in den Kampf zu ziehen, entdeckte man an ihm keine Spur von diesen fieberhaften Wallungen. Die, welche nichts als das rauhe und abstoßende Aeußere der Puritaner saben, nur ihre Seufzer und ihren nåselnden Gesang vernahmen, hatten wohl Ursach, sie zu verspotten; aber gewis lachte man nicht über sie, wenn man ihnen auf der Rednerbühne oder auf dem Schlachts felde begegnete. Bei allen bürgerlichen oder kriegerischen Ges schaften legten diese Schwärmer eine Palte und feste Urtheilss Praft, einen kühnen Muth, eine Beständigkeit und Entschlossenheit an den Tag, die mehrere Schriftsteller für unverträglich mit ihrem religiösen Eifer hielten, die aber eigentlich nur eine nochs wendige Folge desselben waren. Die Macht und Stärke ihrer Ueberzeugung in einer Hinsicht verlieh ihnen Zuversicht in allen

anderen.

Ein herrschendes Gefühl unterjochte in ihnen alle andere Empfindungen, das Mitleid, den Haß, den Ehrgeiz, die Furcht. Sie lächellen und weinten, sie freuten und gramten sich, aber nicht um Dinge dieser Welt. Ihre Schwärmerei hatte sie zu Stoikern gemacht, indem sie ihren Geist von allen Vorurtheilen und gemeinen Leidenschaften befreite; diese Schwärmerei konnte sie wohl zuweilen verleiten, schlechte Absichten zu verfolgen, aber sie hinderte sie doch immer an der Wahl schlechter Mittel zur Erreichung ihrer Zwecke. Sie durchzogen die Welt, stürzten und zerschmetterten die Bedrücker, fie inischten sich unter die Menschen, ohne ihre Gebrechen zu theilen, sie waren unempfinds lich gegen Vergnügen, gegen Mühen und Sorgen, keine Waffe konnte sie verwunden, keine Schranke sie hemmen.

So war, nach unserer Ansicht, der Charakter der Puritaner. Man muß eingestehen, daß sie abgeschmackte Gebräuche befolgs ten; man muß die düstere Strenge ihrer häuslichen Sitten mißs billigen; ihre Verstandeskräfte waren oft getrübt und verwirrt, weil sie Dinge ergründen wollten, die für unsere schwachen Bes griffe zu erhaben sind. Aus Haß gegen das Papstthum find fie eft in die schlimmsten Fehler desselben, in Unduldsamkeit und übertriebene Kasteiungen verfallen; sie hatten ihre Kreuzbrüder, ihre Anachoreten, ihre Montforts, ihre Dominikus, ihre Escobards. Doch nachdem wir dies Alles eingeräumt, stehen wir nicht an, zu erklären, daß die Paritaner, im Ganzen betrachtet, tapfere, weise, redliche und nüßliche Menschen waren.

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Journal Literatur. Unter dem Titel:,,Der vierte Stand, oder moralischer Einfluß der Preffe"*), ist in London ein ähnliches Buch über die Englischen Zeitschriften erschienen, wie es die,,Studien und Kritiken der Deutschen Journalistik“ (Hanau, 1838) hinsichtlich unserer eigenen Zeitungs Literatur find. Der Engländer hatte auf seinem reichen Gebiete allerdings mehr Spiels raum und mehr unterhaltenden Stoff als der Deutsche auf dem zwar quantitativ sehr fruchtbaren, aber qualitativ um so weniger eintragenden Felde der Zeitungen und Journale; gleichwohl hat der Englander den Deutschen nur an Irrthümern und unrichtigen Darstellungen zu übertreffen gewußt, so daß sein Buch, nach dem Urtheil aller Engländer, "eben so wenig, als das Deutsche, einen genügenden Ueberblick von dem Wesen und Treiben der Joure nalistik gewährt Freilich verlangt diese Welt im Kleinen nicht bloß einen scharfsinnigen Beobachter, sondern auch eine Maffe von statistischem, literarischem und biographischem Material, wie fie ein Einzelner, besonders in Deutschland, wo es an einem all gemeinen Centralpunkte fehlt, nicht leicht herbeischaffen kann; in diesem Falle aber sollte auch der Einzelne sich auf das beschräns ken, was ihm speziell bekannt ist, und nicht, wie es in den oben erwähnten,,Studien“ geschieht, mitunter ganz falsche Data über die Geschichte und die Wirksamkeit vielverbreiteter Blätter geben. The fourth estate, or the moral influence of the press. By a student

at law.

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Et. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 9.

für die

Expedition (Friedricht-Straße Nr. 72); in der Proving so wie im Auslande bei dem Mohasbl. Poft - Nemtern,

Literatur des des Auslandes.

Berlin, Montag den 21. Januar

Frankreich,

Die Rückkehr von Varennes.

Aus den Memoiren des Generals Mathieu Dumas. Ich befand mich auf meinem Landhause zu Solsy sous-Etioles, wo ich einige Tage zubringen wollte, als ich durch einen Courier, den meine Freunde an mich fandten, die sehr unerwartete Nach richt von der Abreise des Königs erhielt; sogleich eilte ich nach Paris. Bald erfuhr man hier, der König sey in Varennes ans gehalten und werde nach der Hauptstadt zurückgeführt. Ich wurde in einen Ausschuß der ausgezeichnetsten Mitglieder der Rational Versammlung gerufen, wo ich auch den Marschall von Rochambeau antraf; man berathschlagte über die unter diesen Umständen zu ergreifenden Maßregeln. Einstimmig erklärte man fich diesmal für die Aufrechthaltung des monarchischen Prinzips und der Ehrfurcht, die der Königlichen Familie gebührte, und die Versammlung beschloß daher, daß drei Kommissarien aus ihrer Mitte dem Könige entgegengehen sollten, um über feine Sicherheit zu machen; ein Offizier von Rang follte fie begleiten und bis zum Einzuge des Königs in Paris den Oberbefehl über die Truppen führen, welche man auf seiner Reiseroute aufzustellen für nöthig erachtete. Mir wurde dieser Oberbefehl übertragen; die drei ernannten Kommissarien waren die Herren Barnave, Petion und Latour, Maubourg.

Der Moniteur vom Freitag den 24. Juni 1791 berichtete darüber in folgender Weise: „Die National-Versammlung, nach, dem fie die Verlesung der Briefe und Aktenstücke angehört, welche ihr durch die Munisipalitäten von Varennes und St. Menehould, die Bezirks Verwaltung von Clermont und die Bes hörden des Marnes Departements zugesandt worden, beschließt die kraftigsten und wirksamsten Maßregeln zur Beschüßung der Sicherheit des Königs, des muthmaßlichen Thronerben und der anderen Personen der Königlichen Familie, welche den König bes gleiten, zu ergreifen und ihre Rückkehr nach Paris zu bewachen; fe befiehlt, daß zur Ausführung ihrer Anordnungen die Herren Latour Maubourg, Petion und Barnave fich nach Varennes und denjenigen anderen Dertern begeben, wo ihre Gegenwart erforders lich seyn sollte, und bekleidet dieselben mit der Vollmacht und dem Titel von Kommissarien der National - Versammlung; sie verleiht ihnen die Macht, die National-Garden und Linien Truppen in Bewegung zu feßen, den Verwaltungss und Stadt Behörden, so wie allen Civils und Militair-Beamten, Befehle zu ertheilen und Alles anzuordnen, was sie zur Erfüllung ihrer Sendung für nöthig erachten; fie empfiehlt ganz besonders den Kommissarien an, darüber zu machen, daß die der Königlichen Würde gebüh, rende Ehrfurcht streng beobachtet werde. Sie bestimmt noch fers ner, daß die befagten Kommiffarien von dem General Adjutanten der Armee, Herrn Dumas, begleitet werden, der beauftragt ist, Die Ausführung ihrer Befehle zu unterstüßen."

Obgleich ich sehr wohl einsah, daß es die Pflicht eines guten Burgers und eines getreuen Unterthans erheische, den mir ers theilten Auftrag zu übernehmen, so loftete es mir doch anfänglich viel Ueberwindung, zum Besten meines Vaterlandes und für die Sicherheit der Königlichen Personen den Widerwillen zu bes fámpfen, welchen mir diese peinliche Sendung einflößte; ich ents schloß mich nur auf das Zureden der ausgezeichnetften Mitglieder, sowohl der Majoritdt als der Minorität der National Versamm lung vorzüglich bestimmte mich dazu der Rath des Chevaliers von Coigny, eines der ergebenften und treußten Diener des Königs, und der des Erzbischofs von Bourges, Bruders meines hochges schästen Freundes, des Grafen von Punsegur..

Den 23. Juni um 2 Uhr Morgens reiste ich mit den drei Kommiffarien nach Chalons-sur-Marne ab; so schnell als möglich eilten wir vorwärts und hielten nicht eher an, als bis wir zwischen Chateau Thierry und Chalons, awei Meilen hinter Dormans, die Wagen Ihrer Majestäten antrafen, welche von Racionali Gardikten zu Fuß und zu Roß geleitet wurden; denn diese hatten au Chalons die Pferde der dort garnisonirenden Leibgarde in Bes schlag genommen. Der erße Wagen war eine große Berline, in welcher sich der König, die Königin, der Dauphin, die Prins jeffin, Madame Elisabeth and Frau von Tourzel, die Erzieherin der Kinder Frankreichs, befanden; in dem zweiten Wagen saßen swei Damen der Königin. Drei als Couriere gekleidere Leib,

1839.

Gardisten in gelben Uniformen befanden fich auf dem Bocke der Berline.

Als wir ausstiegen, hielten die Wagen gerade am Fuße eines kleinen Hügels, wo der Weg sich dem linken Marne Ufer nähert; die beiden Thüren der Berline standen offen, eine wilde larmende Wenge umringte den Wagen; man fúndigte die Kommissarien der Versammlung an, und es wurde uns Plaß gemacht. "Als wir uns der Berline näherten, befand ich mich neben Barnave, der dem Könige das Dekret der National Versammlung überreichte. Seine Majestat las es mit lauter Stimme und sagte:,,Meine Herren, es freut mich, Sie zu sehen; ich war keinesweges Willens, mich aus dem Königreich zu entfernen; ich begab mich nach Montmedy; meine Absicht war, dort zu bleiben, bis ich die nehe Constitution frei geprüft und angenommen hatte." Barnave flüsterte mir zu:,,Wenn der König bei dieser Aussage bleibt, so fönnen wir ihn noch retten." Ich stand gerade der Madame Elisabeth zunächst, die auf dem Rücksiß des Wagens dem König gegenüber saß; die Prinzessin legte daher die Hand auf meinen Arm und sagte zu mir:,,Es freut uns, Herr Dumas, daß Ihnen dieser Auftrag zu Theil wurde. Wir empfehlen Ihnen unsere drei Begleiter; nehmen Sie sich ihrer an, und geben Sie nicht ju, daß man dieselben von uns trenne."

Barnave war unterdessen auf den Bod des Wagens geftie: gen, und es entstand tiefe Stille; er las das Dekret der Nationals Bersammlung vor und wiederholte zweimal, daß ich mit dem Oberbefehl über die Eskorte beauftragt sen, und daß man mir uns bedingt au gehorchen habe. Auf die wiederholten Einladungen Ihrer Majeftdten seßten sich Barnave und Vetion noch in die Berline, welche nun acht Personen in sich faßte. Die drei Leib: Gardisten oder Couriere nahmen wieder ihren Plaß auf dem Bock ein, und LatoursMaubourg, der durch seine Stärke die uns bequemlichkeit der erhabenen Reisenden nur vermehrt hatte, stieg in den zweiten Wagen.") Wir brachte man ein Pferd. J versuchte, in die Maffe der Nationals Gardisten und der bewaffs neten und unbewaffneten Personen, deren Anzahl ich zusammen auf ungefähr zweitausend Mann schäßte, einige Ordnung zu bringen, und wir seßten uns dann im Schritt in Bewegung, weil wir wegen der Infanterie, welche vor uns her marscirte, nicht schneller vorwärts konnten.

Die Nacht brach herein; die Menge drängte sich dergestalt um den Wagen des Königs, daß die Postillone nur mit Mühe weiter fahren konnten; ich bemerkte große Verwirrung und hörte sehr lebhaftes Reden. Ich stieg ab und ging zu Fuß vor dem Wagen her, damit man Plas machen follte. Da trat ein Mann in der Uniform der National Garde, den ich nicht sogleich erkannte, zu mir heran und flüsterte mir leise ins Ohr:,,Ich bin Evrard, ehemaliger Kammerdiener bei Herrn von Segur in Ame rika; die aus Rheims herbeigelommenen Leute mißtrauen Ihnen; sie werden Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten, denn sie verbreis ten das Gerücht, Bouillé náhere sich von der anderen Seite der Marne, um den König zu entführen." Latour Maubourg verlief fast in demselben Augenblicke seinen Wagen und kam zu mir, denn er hatte allerhand beunruhigende Reden vernommen. Wir gingen fo mit einander bis ungefähr eine Meile vor Dormans, wohin ich schon geschickt hatte, um dem Maire aufzutragen, er folle eine Wohnung für die Königliche Familie im Postgebaude einrichten lassen. In einem Grunde, wo ein kleiner Fluß den Weg durchschnitt, ließ ich Halt machen, gebot Ruhé und erklärte, daß auf die Rachrichten, die ich erhalten hatte, und um jeden Ueberfall in der Nacht zu verhüten, die Königliche Familie in Dormans anhalten würde, wo mehrere Bataillone der Nationals Garde aus der Umgegend zufammengezogen senen; um den Aufs enthaltsort des Königs au decken, würden wir hinter dem Fluffe Posto faffen; nur ein Theil der Eskorte folle den Wagen nach Dormans geleiten, die Uebrigen hingegen sollten Wachtfeuer anzünden und bivouaquiren, so gut als dies hier möglich sen. Diese Anordnungen beruhigten die Gemüther; ehemalige Milis tairs, die fich mir angeschlossen batten, waren mir bei der Ause führung derselben behilflich; um halb sehn Uhr Abends langten

*) Nach Lafayette's Angabe, in feinen Memoiren, hätte die Königin mit Latour Maubourg im weiten Wagen Vlas genommen; da indes General Dumas den ganzen Zug nach Waris uric felbf geleitet hat, fo is feiner Aussage wohl mehr zu glauben. Man vergleiche Nr. 43 des Magasine Dom vorigen Jahre.

wir glücklich in Darmans an. Diese kleine Stadt war erleuchtet, die Stadt Behörden hatten ihre Schuldigkeit gerhan; die Wohs nung war in Bereitschaft, und die Königliche Familie zog sich in dieselbe zurück. Für die drei Kommiffarien und mich hatte man ein Zimmer in der Nähe Ihrer Majestäten eingerichtet. Die Berline wurde in den hof des Gasthauses gezogen, die Thüren derselben fest verschloffen und die Schlüssel der Königin eingehans digt. Um den Wagen herum stellte ich vier Schildwachen aus der Dormanser Nationals Garde auf, für welche ich, nach Rücksprache mit dem Maire, die Ehrenposten aufbewahrt hatte. Während der ganzen Racht wurden diese Schildwachen nicht abs gelöst, und ich gab ihnen den Befehl, Niemanden als meinen Adjutanten und Schwager Delarue in die Nähe des Wagens kommen zu lassen; gleich darauf fandte ich diesen ab, um die Befehle der Königin entgegenzunehmen und um ihr selbst Alles zu bringen, was sie wünschen könne. Diese Vorsicht war nöthig, um der Reugierde vorzubeugen. Die Königin übergab die Schlüssel an Delarue und forderte ein Kästchen und mehrere ans dere Gegenstande.. Mein Schwager entledigte sich seines Auftrags vor Aller Augen, eine jede andere Mittelsperson hätte Verdacht erregen fónnen; die vor dem Gasthause in ehrerbietigem Stills schweigen versammelte Menge betrachtete unverwandt den Wagen. Während unsers Abendessens im kleinen Zimmer hatte der König die Gnade, uns eine Flasche von seinem Tolayer zu übersenden. Ich brachte die ganze Racht damit zu, die Stadt zu durchspähen, den Patrouillen in der Umgegend Befehle zu ertheilen und die Nationals Garden, die schon vor Tagesanbruch von allen Seiten herbeiftrömten, su refognosziren und vertheilen zu laffen. Ich benachrichtigte die Arriere Garde, welche ich eine Weile vor Dormans zurückgelaffen hatte, daß Alles vollkommen ruhig sen, und daß der König, von zahlreichen Detaschements der Nationals Garden begleitet, früh abreisen werde. Nachdem wir deshalb die Befehle Seiner Majestät eingeholt hatten, feßten wir uns auch wirklich den 24. Juni um sieben Uhr Morgens wieder in Bewegung.

vom ersten Zimmer aus Ge. Majestät zu fehen Arebte. Eine
Stunde nach unserer Ankunft ließ mich der König zu fich bes
fcheiden und fragte mich:,,Dumas, hat man auch Schildwachen
an der Gartenfeite aufgestellt?" Ich antwortete, daß fie in meis
ner Gegenwart ihre Posten bezogen und daß ich ihnen Befehle
ertheilt hätte. Hier an diese Gaderobe", fügte der König hinzu,
stößt eine Treppe, welche nach dem Garten zu führen scheint;
fehen Sie doch zu, wo sie eigentlich hingeht." Ich stieg dies
felbe hinunter und berichtete Sr. Majestát, daß eine Schildwache
an derfelben aufgestellt fen. Als ich mich zurückzog und an dem
Zimmer der Königin vorüberging, näherte sich dieselbe der Thür
und winkte mir, näher zu treten; ich blieb auf der Schwelle
stehen. Was für Nachrichten hat man aus Paris?",,Es is
große Gährung dort gewesen, die öffentliche Ruhe aber doch aufs
recht erhalten worden; mit Ungeduld erwartet man die Rückkehr
Ihrer Majestäten." Ich grüßte und entfernte mich, um mich
mit den Kommissarien über die Reise des folgenden Tages und
über die von den Herren Bailly und Lafayette hinsichtlich des
Einzuges in Paris gemachten Mittheilungen zu besprechen.
Bis zu diesem Augenblicke hatten Ihre Majestäten und die
Königliche Familie nur die bei solchen Umständen unvermeids
lichen Unannehmlichkeiten und das Liftige eines unermeßlichen
Zusammenfluffes von Bewaffneten und Bolt ertragen, welche
aus verschiedenen Gefühlen, aber vorzüglich aus Neugier, auf
ihrem Wege fich versammelten. Seit der Ankunft der Kommiffas
rien der National Versammlung hatte kein aufrührerisches
Geschrei, feine Schmähung, feine Beleidigung ihre unglückliche
Lage noch härter gemacht; ungeachtet der Verwirrung, der man
nicht immer vorzubeugen vermochte, hatte sich doch Niemand
den Königlichen Personen ohne die ihnen gebührende Ehrfurcht
gendhert. Dasselbe war aber freilich nicht der Fall mit den drei
Leibgardisten, welche vom Volle ganz ungerechterweise als die
Hauptbeförderer der Flucht des Königs beschuldigt wurden. Ihre
Verkleidung erhöhte noch die Erbitterung gegen fie, und ich
hatte Grund zu befürchten, daß ihre Gegenwart bei der Annähes
rung an die Hauptstadt als Vorwand zu unglückseligen Gewalts
thätigkeiten dienen möchte.

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Ich habe schon erwähnt, daß sich in der Stadt Dormans nach und nach wenigstens an zehntausend National Gardisten versammelt hatten; ich stellte sie an den beiden Seiten der Straße nach Paris in Linie auf. Die Wagen fuhren langsam zwischen diesen Reihen hindurch, die Truppen prafentirten das Gewehr, und die Fahnen fenkten sich grüßend vor dem Könige, der von vers schiedenen Stadt Behörden, welche ihre Bataillone begleitet hats ten, befomplimentirt wurde. Sehr zufrieden mit dieser Stims mung der Gemüther, schmeichelte ich mir mit der Hoffnung, schnell und ohne Hindernisse die Reise zurücklegen zu können; aber alle diese National Garden bestanden darauf, dem Wagen au folgen und ihn, wie sie sagten, bis nach Paris zu esfortiren. Bergeblich bemühte ich mich, dieses Heer, das mit jedem Schritte anwuchs, los zu werden. So gelangten wir bis nach Chateaus Thierry, wo mir ein ehemaliger KavalleriesOffizier, Herr Gars nier, den ich aus Flandern her fannte, mit einer sehr schönen Schwadron der National Garden von Soissons entgegenkam. Schnell feste ich ihn von meiner unangenehmen Lage und von dem Dienste in Kenntniß, welchen er mir dadurch leisten könne, daß er am Fuße des Berges von Chateau Thierry die ganze Waffe Fußvolk zurückhielte, während wir die Pferde wechselten. Das Gedränge von National Garden und Volksmaffen auf dem rechs ten Marne ufer hinter der Brücke, begünstigte mein Vorhaben. Garnier's Schwadron, welche sich einen Durchgang öffnete, führte uns bis zum Relais am Fuße des Berges; sogleich lie ich umspannen, während die Reiterei den Weg versperrte. Gars Die Eisenbahnen in Frankreich, verglichen mit denen in nier hielt Stand, verhinderte die Infanterie, dem Wagen zuvors zukommen, und verschaffte uns so Zeit, la Ferté sous Jouarre im schnellen Trab, ohne hindernisse, zu erreichen. Dem Maire dieser Stadt, Herrn Regnard, an den ich einen Courier abges fertigt hatte, wurde die Ehre zu Theil, die Königliche Familie zu empfangen und derselben einige Ruhestunden in seinem nied: lichen Hause zu bereiten. Ganz einfach gekleidet und mit einem großen Schlüffelbunde am Gürtel, empfing und bediente Madame Regnard mit der eifrigsten, bescheidensten und zartesten Sorgfalt die Königliche Familie. Ich war sehr ermüdet und daher außeror dentlich zufrieden, daß ich nicht genöthigt war, mich um die Vors gange in der Stadt zu betimmern, denn es herrschte in dersels ben die größte Ordnung, obgleich sich auch hier eine unermeßliche Menschenmenge zusammengedrängt hatte. Mit lebhafter Theils nahme betrachtete ich bei einem Spaziergange durch den Garten der angenehmen Wohnung des Herrn Regnard die Kinder Frankreichs, den Dauphin und die Prinzeffin, welche ganz muns ter darin umhergingen.

Gegen Abend festen wir unseren Weg fort, ohne von einem zu zahlreichen Geleit belästigt zu werden, und kamen in Meaur an, wo der bischöfliche Palast zur Wohnung für Ihre Majestäten eingerichtet war. Hier war der Zusammenfluß von Menschen größer, denn irgendwo. Die Posten inners und außerhalb des bischöflichen Palastes waren von den Grenadieren der Nationals Garde befeßt. Vor den Gemächern, die man für die Königliche, Familie eingerichtet hatte, befand sich ein großes Vorzimmer, das fich bald mit Nationals Gardisten und anderen Personen aus der Stadt und der Umgegend füllie. In dem daranstoßenden Speises faal hielten fich die drei Leibgardisten auf; ich hatte befohlen, fons Niemand hier hereinzulaffen. Die Hise war drückend, und der König ließ alle Thüren öffnen; er felbft faß in Hemdsårs meln an einem Tische und entzog sich den Blicken der Menge

(Schluß.)

Der Gedanke eines festen Bundes zwischen dem Staate und den größeren Gesellschaften gewinnt täglich mehr Raum, und man tadelt schon unumwunden den unglückseligen Einfall, nach welchem sich beide brüderlich in die Hauptlinien theilen sollten. Die Thatsachen beweisen hinlänglich, daß die Bemühungen der Gesellschaften unfruchtbar geblieben seyn würden, und es war su fürchten, daß die des Staates bei der gegenwärtigen Orgas nisation der öffentlichen Arbeiten verderblich geworden waren. Die wahrhafte Verbindung des öffentlichen Kredites mit dem Privatkredite könnte nur darin bestehen, daß der Staat die Gas rantie der Zinsen übernahme. Diese Ansicht, die oft verspottet und abgewiesen worden ist, verdient dennoch zum wenigsten eine ernstere Erwägung. Zum Beweise übrigens, daß das gemischte System, welches uns in Frankreich das einzige ausführbare zu fenn scheint, immer mehr Eingang und Billigung findet, möge der Umstand dienen, daß das „Journal des Débats" fich zum Vers fechter deffelben aufgeworfen hat. In einem Artikel vom 16ten Dezember 1838 behauptet dasselbe, daß das Ministerium die beis den großen Gesellschaften, die der Bahnen nach Havre und Orleans, veranlassen könne, ihre Arbeiten zu beginnen, und nimmt sodann keinen Anstand, die Garantirung der Zinsen als das einzige Mittel zu bezeichnen, welches den Gesellschaften wies der aufhelfen könnte. Das ist um fo wichtiger, als das „Journal des Débats" in einem Artikel vom 7. November den gegens wärtigen Zustand der Dinge für sehr zufriedenstellend erklärt hatte.,,Wir", hatte es gefagt, find vollkommen überzeugt, daß der Associationsgeist dem Lande große materielle Vortheile vers schaffen wird, und wir erwarten von demselben sogar eine heils same politische Einwirkung. Uns sezt daher auch das lebel wes

nach dem Heilmittel. Wir fürchten nicht, für Gegner der Ges fellschaften gehalten zu werden, wenn wir sagen, daß das Uebel ein anderes ist als das, was man so oft dafür ausgegeben hat; daß es nicht so gefährlich ist, als man behauptet, und daß wir in der gegenwärtigen Sachlage noch keinen Grund finden, welcher die Einmischung der Regierung und der Kammern nothwendig machte. An der Börse ist eine Krisis eingetreten; diese Krise schien einen Augenblick die Zukunft aller Gesellschaften zu bes drohen; aber ist diese Zukunft wirklich je ernstlich in Frage ges stellt worden? Das können wir unmöglich zugeben. Es ist das durch die Erbauung keiner einzigen wichtigen und für die Wohls fahrt des Landes nothwendigen Eisenbahn verhindert worden, denn das ganze Gesellschaftes Kapital, der Gesammtbetrag der Actien wird eingeschossen werden."

Glücklicherweise, kann man sagen, ist dies prophetische Vers trauen nicht allgemein verbreitet, und es sind jest angesehene Finanzmanner damit beschäftigt, die Mittel aufzusuchen, durch welche die Garantirung der Zinsen am besten mit dem Vortheil des Staats und der wirklichen Actionaire in Einklang gebracht werden könnte. Für jeßt ist diese Theorie noch im Fortschreiten und in der Ausbildung begriffen, und wir können deshalb auch einige Einwendungen und Bedenklichkeiten, welche sich auf die Ausführungsweise beziehen, anführen. Hier ist besonders ein Umstand zu beachten; eine Eisenbahn Actie, welcher der Staat 4 pCt. Zinsen garantirt, von denen 1 pct. für die Amortifirung bestimmt ist, wird von den Käufern bald einer konsolidirten Rente gleichgestellt werden. Zwar sind die Zinsen geringer, aber dies felben können auch sehr hoch steigen. Betrachtet man die neuen Fonds aus diesem Gesichtspunkte, so daß sie den sich darum bes werbenden Gesellschaften, wie die fünfprocentige, vierprocentige oder dreiprocentige Anleihe gegen versiegelte Gebote zugeschlagen würden, so ist nur noch Ein Schritt zu thun, und dieser hat feine Schwierigkeit. So würde die Anlegung einer Eisenbahn wie eine Anleihe zugeschlagen werden, nur mit dem Unterschiede, daß die Konzession der Gesellschaft bewilligt werden würde, welche fich mit der Garantirung eines kleineren Ausführungs-Kas pitals begnügen wollte. Dies wäre ein Zuschlag zum Mininum, mogegen eine Anleihe nur dem zugeschlagen wird, der das größte Kapital dafür bietet.

Wahrscheinlich würde der Kostenanschlag, den das Departes ment der Brücken und Heerstraßen entworfen hätte, bei der Vers Steigerung als Ausgangspunkt dienen. Wenn man dies annimmt, ist es dann woh! wahrscheinlich, daß eine Gesellschaft, welche die Konzession dadurch erhalten hatte, daß sie am weitesten unter dem offiziellen, allgemein bekannten Kostenanschlag geblieben ist, viel Zutrauen im Publikum finden dürfte? Der offizielle Kostens anschlag dürfte ja, wie es so viele Erfahrungen erwiesen haben, noch weit überschritten werden. In der Blüthezeit des Actiens schwindels würde vielleicht der Zuschlag an den Mindestforderns den, wodurch die Garantie des Staates von 4 pet. auf 2 pCt. gefunken ware, Käufer in Menge herbeigelockt haben, aber diese Beit der Bethörung ist unwiederbringlich entschwunden. Gehen wir jest zu einer anderen Annahme über, daß ndmlich das Pris vilegium einer Eisenbahnlinie fast zu demselben Preise, wie der ursprüngliche Kostenanschlag, ertheilt würde. Daraus wurden fich zweierlei Folgerungen ziehen lassen, entweder, daß keine ernfts liche Konkurrenz stattgefunden habe, oder daß die Bewerber im Einverständnisse gewesen und nur der Schein einer Mitbewers bung hatte hervorgebracht werden sollen. In beiden Fällen wäre es besser, wenn die Regierung unmittelbar und geradezu die Kons aeffion bewilligte und dabei die Veranschlagungen ihrer Inges nieure zur Richtschnur ndhme. Indeß scheint uns keines von beis den Verfahren, weder der Zuschlag für einen zu niedrigen Preis, noch die direkte Ertheilung der Konzession an einige angesehene Spekulanten, die paffendste Auskunft, wenn der Staat die Gas rantie der Zinsen für eine dem ursprünglichen Kostenanschlage gleichkommende oder sich demselben annähernde Summe übers nehmen will. Diese Hypothecirung auf den Nationalschat foll nicht den Börsenwucher befördern, sondern die Actionaire ents schadigen, wenn fie in ihren Hoffnungen getauscht werden sollten. Scheint das Unternehmen den Actionairen günstig, so steigen die Actien schon vor der Ausgabe, und der Staatsschaß muß sich der Möglichkeit eines Verlustes aussehen, um einer kleinen Zahl geschickter Menschen eine Prämie zu sichern.

Weit vorzüglicher erscheint uns eine direkte Konzession, wenn Be mit einer Subscription verbunden wird, an der ein Jeder Theil nehmen kann. So würde das Steigen der Actien nicht bloß die ersten Befißer, sondern die zahlreichen Unterzeichner bes reichern. Freilich können auch bei einer derartigen Subscription mancherlei Fehlgriffe und Schwierigkeiten eintreten. Die erste Schwierigkeit, der gordische Knoten, wäre die Vertheilung des Gesellschafts Kapitals, so daß die einzelnen Unterschriften zwar beachtet, ihnen aber nicht sllavisch gewillfahrt würde. Der Börsenwucher kann sich auch bier einschleichen und dadurch, daß er Leute stellt, die bloß ihren Namen hergeben, eine hinlängliche Menge von Actien zusammenbringen, um das Börsenspiel zu bes ginnen. Früher haben wir schon einmal in einem anderen Artis fel ein Mittel gegen eine folche Verschwörung der Börsen Spes Pulanten anzugeben versucht und wollen deshalb nicht darauf zus rúdkommen. Ein anderer Einwand ist, daß die Unterzeichner von Pleinen Summen, wenn man ihnen das Vorrecht der Bans quiers bewilligt und fie die Actien aus erster Hand erhalten, auch wie Banquiers verfahren werden. Sie werden, fagt man, ihre kaum ausgegebenen Actien in Wasje nach der Börse bringen,

wenn sich ihnen nur die Aussicht auf einen kleinen Gewinn dars bietet. Dagegen ließe sich nichts einwenden, wenn diese Actien von derselben Beschaffenheit wie die anderen jest umlaufenden Papiere wären. Die Garantie des Staates ändert indeß die Sache, und auch die Unterzeichner von kleinen Summen werden ihre Actien eben so wenig wie die Renten aus den Händen geben. Ferner_wendet man ein, indem man bei dem Vergleiche der von dem Staate garantirten Actien mit den Staatsschuldscheinen stehen bleibt, daß, so oft der Staat versucht hat, eine Anleihe durch direkte Subscription der kleinsten Summen und zum Paris preise aufzunehmen, die Sache nie hat rechten Fortgang ges winnen wollen. Aber dieser Vergleich hinkt durchaus. Nationals Anleihe seßt die Unterzeichner der Gefahr des Fallens aus und giebt ihnen wenig Aussicht auf Gewinn, denn die Ans leihe wird ja zum Paripreise in einer Zeit eröffnet, wo der Kres dit schwankt. Bei den Eisenbahn-Actien tråte aber gerade das Gegentheil ein, denn 4 pCt. find durch die Garantie gesichert, und außerdem kann sich ein Jeder den kühnsten Hoffnungen überlassen.

Die

Welchen von diesen verschiedenen Wegen man indeß auch bei der Garantirung der Zinsen einschlagen möge, so find immer drei verschiedene Arten von Eisenbahnen zu unterscheiden: 1) die noch zu bewilligenden; 2) diejenigen, welche schon die Konzeffion erhalten haben, aber noch nicht in der Ausführung begriffen sind; 3) diejenigen, an denen die Arbeiten schon mehr oder wes niger vorgeschritten sind, oder deren Bau gar schon in den legs ten Jahren beendet wurde.

Auf die Bahnen der ersten Klasse fände das auseinanderges seste System seine volle Anwendung, und hier könnte keine Vers legenheit entstehen. Mit den Bahnen der zweiten Klasse müßte dagegen über die Bedingungen unterhandelt werden, unter welchen man ihnen die Begünstigung der Garantirung der Zinsen zu Theil werden lassen wollte. Ungerecht wäre es, wenn die Hauptber gründer der Bahn allein Nußen aus dieser günstigen Verandes rung sögen. Dies würde aber unfehlbar eintreten, wenn ihre künftigen Verhältnisse und ihre Verflichtungen gegen die späteren Abnehmer nicht genau zum Voraus bestimmt würden. Im ges genwärtigen Augenblicke sind z. B. die Begründer und Kons seffions Inhaber der Bahn nach Havre und der Hochebnenbahn im Besis des größten Theils der Actien, entweder weil sie dieselben nicht unterbringen konnten, oder weil sie dieselben zu einem niedrigen Preise wieder an sich kaufter. Wenden wir uns nun zu den Bahnen der dritten Klasse, so wird die Entscheidung noch schwieriger, und dennoch ist die Frage nicht zu umgehen. Die meisten der schon vollendeten Bahnen rechnen natürlich auf einen glücklichen Erfolg und werden auch jede Uns terstüßung verschmähen. Eine giebt es indeß, die nicht so spröde thun wird, und das ist die Bahn nach Versailles auf dem linken Seineufer. Den Ruin derselben kann das Ministerium nicht wollen, da es zwei Bahnen nach Versailles genehmigt hat. Die Bahn auf dem linken Ufer ist schon weit im Bau vorgeschritten, und sie muß also zu Stande kommen. Aber wie? Man hat jest zu einer Anleihe seine Zuflucht genommen, und es tommt daher nur darauf an, dieselbe zu befördern. Wenn die Regierung die Bahn nach Versailles auf diese Weise unterstüßte, würde sie zus gleich ein für die übrigen Gesellschaften sehr entmuthigendes Beispiel wegschaffen.

Griechenland,

Bruchstücke aus dem Neu-Griechischen Drama: Nikiratos, von der Griechin Evanthia.

Vor einiger Zeit erwähnten öffentliche Blätter, daß in Athen, und am Hofe selbst, das Neugriechische Drama: Nifiratos, aufs geführt worden fen. Dies veranlaßt uns, dasjenige hier mitzus theilen, was Alexander Sutfos in seiner ,,Histoire de la révolution grecque" (Paris, 1829), S. 407 f. über dieses Gedicht selbst, fo wie über dessen Verfasserin sagt, und die von ihm a. a. D. ents lehnten Bruchstücke daraus ebenfalls wiederzugeben.

Im Jahre 1826 - also beginnt Sutfos feine Mittheilung befand sich auf der Insel Syra der Professor Theophilos Kaïris, ein eben so durch seine feltenen Tugenden, als durch seine auss gebreiteten Kenntnisse ausgezeichneter Greis. Ich besuchte ihn eines Tages; unter dem nämlichen Dache mit ihm lebte, als Stüße feines Alters, die berühmte Evanthia, seine Schwester, Verfasserin eines Drama's, welches, unter dem Namen Nitiras. tos, die Katastrophe von Missolonghi mit lebhaften Farben schils dert. Ich konnte mich eines Gefühls von Verehrung und einer innigen Rührung beim Eintritte in dieses Asyl nicht erwehren; ich sah damals zum ersten Male Evanihia, die, jung und bes scheiden, die Reise der Schönheit mit den Vorzügen geistiger Bildung vereinigte. Ich beglückwünschte sie über den Beifall, den ihr vor kurzem erschienenes Gedicht gefunden hatte. Ihr erinnert Euch", sprach sie darauf,,,welchen lebhaften Eindruck die Nachricht des Falles von Missolonghi auf unsere Gemüther machte, welche tiefe Wunden sie unserem Herzen schlug. Es war mir unmöglich, die verhängnißvolle Nacht des 10ten (22) Aprils zu vergessen: diese ausgehungerten Helden, seit mehreren Tagen mit dem Tode kämpfend und nur wie durch ein Wunder aufs neue sich belebend, um bei nachtlicher Weile die feindlichen Heerschaaren zu schrecken; der Abschied der Freunde und Vers wandten; die Klagen der Mütter; das Schluchzen der Kinder; dagegen jene Tapferen, entschlossen, mit den Greifen und Vers

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(Die Uhr schlägt die Stunde des Ausmarsches; die Frauen, bereit, der Befagung von Missolonghi zu folgen, halten vor einer Kirche an und rufen:) Sen uns gegrüßt, du Boden, der uns geboren! Du theure Stadt, wo wir frei gelebt haben, fen uns gegrüßt! Berlassene Wohnungen, die ihr von den füßen Gefangen der Freiheit nicht mehr wiedertönen werdet! Graber unserer Vater, die wir nicht mehr mit unseren Thränen beneßen können! Tempel des All machtigen, in denen wir so oft die Hymnen des Dantes haben erschallen lassen, theure Gegenstände unserer Herzen, send uns gegrüßt! Wir verlassen euch jest, ohne zu wissen, wohin mir unsere Schritte richten. Gott des Erbarmens, würdige uns, uns Führer zu seyn in dieser furchtbaren Nacht! Schüße uns vor den Handen unserer unversöhnlichen Feinde! Habe Mitleid mit diesen unschuldigen Kindern! Bedarf es noch der Opfer für des Vaterlandes Wohl, so laß uns wenigstens die Leßten seyn! D, daß wir doch mit unserem Tode die Wuth der Tyrannen befrie digen könnten! Auf! Geliebte, man ruft uns. Kommt, uns gegenseitig au umarmen, uns der göttlichen Vorsehung ans juvertrauen!.... (ie umarmen sich und gehen weiter. Da wendet sich Nikiratos zu Lysimachos und spricht:)

Hier, Lysimachos, find meine Kinder, die theuren Gegens ftande meiner Zdrtlichkeit! Ich vertraue fie Deinem Muthe, Deiner Freundschaft.... In Deine Hände lege ich ihre Zus funft.. Mogen fie frei leben, oder mögen fie.... Freund, Du verstehst mich.... (3u seinem Sohne:) Komm, mein Sohn, mein geliebter Charigenes, daß ich Dich zum legten Male ums arme!.... Erinnere Dich immer dieses schrecklichen Augens blics.... Wenn Du einft diter geworden seyn wirkt, gedenke, daß die Ueberrefte Deiner Mutter in Misfolonghi ruhen; daß das Blut Deiner Brüder zur Vertheidigung dieser Mauern vers goffen ward, daß Dein Vater bis zu den leßten Augenblicken seines Lebens in der Mitte dieser verlassenen Thürme verweilte! Bu feiner Tochter:) Und Du theure Kleonice!.... meine Tochter!

sonst meine Freude, jeßt mein Schmers!.... Komm, nimm Abschied von Deinem unglücklichen Vater!.... Wer weiß, ob wir uns je wiedersehen!.... (Für sich, indem er das Ger ficht von seinen Kindern abwendet:) Liebe zum Vaterlande! Nichts auf der Welt, als deine Macht, ist im Stande, mich von meinen Kindern zu trennen; halte du mich aufrecht, in diesen schrecklichen Augenblicken! Ach! mein Sohn, wie bellage ich Deine Uns fchuld!.... Mit welchem Blicke Du mich ansiehst! Du ahnest Dein Unglück kaum; Du ldchelft Deinem unnatürlichen Vater, der fich Deiner entäußert für das Vaterland!.... Und Du, meine Kleonice! Du bleibst unbeweglich, Du bist stumm und lautlos; was denkßt Du von, mir? Warum sprichst Du nicht zu mir, meine Tochter?

....

leonice.

Und was foll ich Dir sagen, da Du mich nicht mehr liebest, da Du mich haßfeft? Rifiratos.

Ich Dich haffen?.... Welches Wort spricht Du aus!.... Ach! wenn Da die Bewegungen dieses Herzens kennieft! leonice.

Warum beneideft Du mir das Loos, mit Dir zu kerben? Wenn ich Dir noch theuer bin, so nimm mir das Leben; nimm Dein Gut zurück; durchbohre dieses Herz, das sich von Dir nicht au trennen vermag; oder, wenn es Dein Arm nicht kann, laß die eigene hand gegen diese Bruft sich fehren! (Sie siebt einen verborgenen Dolch aus ihrem Gewande, um fich damit zu durchbohren. Chas rigines wirft sich in ihre Arme und sucht ihr den Folch zu entreißen.)

Riliratos.

D, meine Kinder!.... O, meine Tochter!.... Du, mit mir sterben! in einem so zarten Alter! Zerreiße nicht mein Inneres, meine Kleonice! habe Mitleid mit Deinem unglücklichen Bater! Sieh' meine Thránen!.... Nöthige mich nicht.... Dringe nicht in mich....

leonice.

Wein Entschluß ist gefaßt; entweder verlassen wir Beide diesen Ort des Schreckens, oder Misolonghi wird unfer gemeins schaftliches Grab werden!

Miliratos.

Und Charigenes? Und Dein Bruder, der feine andere Stüge hat, als Dich, was foll aus diefem werden? Habe wenigstens mit diesem unschuldigen Wesen Mitleid! (Mit jerriffenem Herzen:) Meine Tochter!.... meine Tochter!....

Kleonice.

Uebergieb ihn den Händen unferes Freundes. Mag Lyfimas chos ihn mit sich führen; mag er suchen, ihn zu retten.... Charigines.

(Umarmt seine Schwester und ruft mit Thränen in den Augen :) Rein, Kleonice, verlaß mich nicht! trenne mich nicht gewalt fam von Dir!....

leonice.

(Drückt ihn an ihre Bruft und sagt mit zitternder Stimme:) Geb', geliebter Charigenes; folge den Schritten des Lysimas hos; bald werde ich wieder bei Dir seyn.

Charigenes. (Sie umarmend.)

Nein, nein, Du wirst nicht kommen; ich verstehe Dich, Kleonice.

Kleonice. (Bei Seite.)

So ist es denn nöthig, auch dieses Kind unsere Gefahren mit uns theilen zu lassen!.... Aber wenn der Feind.... Und ich die Ursache feines Todes!.... Soll denn von unserer ganzen Familie Niemand übrig bleiben, einst das Blut unserer Heltern zu rachen?.... Doch wie tönnte ich mich entschließen, einen so zdrtlichen Vater zu verlassen?.... D, Gott! nimm die Lage meines Vaters und meines Bruders in Deinen Schuß! - Und für mich?.... D, heiliger Boden des Vaterlandes, sen du mein Nimm du meine Gebeine in deinen Schooß, daß sie Grab!... mit der Asche meiner Mutter vereinigt werden!....

Lysimachos. (Bei Seite.)

Unglücklicher Rikiratos, was mus Dein Hers leiden!....

Riliratos.

Ich hoffte, Eufimachos, meine Kinder zur Flucht au übers reden; ich hoffte, unbekümmert um ihr Schicksal, die Barbaren zu vernichten.... Und jeßt? Welche Heere, welche Feinde werden es wagen, fich mir ju ndhern?.... Aber fle follen fommen!.... fie mögen es wagen!... Sie sollen dafür bei straft werden; mit meinen eigenen Handen will ich sie vernichten!

Mannigfaltiges.

"

Die Sylphide. Eine Ruffsche Novelle, ein aflers liebstes kleines Genrebild, liefert uns unter diesem Titel das neueste Heft des Freihafens". Nicht Marie Taglioni, die feit einem Jahre von Russischen Blättern immer nur die Sylphide genannt wird, sondern ein noch ätherischeres Gebilde, ein wirks liches Kind der Luft und Wasserwelt, ist die Heldin dieser Mahrchen Novelle, die auf eine anmuthige Weise das Leben der allerprosaischsten Russischen Land Edelleute mit den poetischen Traumen und Idealen einer fefsellofen Phantasie in Verbindung bringt. Der Verfasser, Fürst Wladimir Ddojeffstij, bewahrt sich darin als ein ausgezeichneter Sitten und Seelen Mater. Es ist, als hatte er nicht bloß auf Justinus Kerner und andere Geisters seher der Art, sondern auch und hauptsächlich auf deren phis liftröse Gegner eine Satire schreiben wollen. Wir sehen die Berirrungen eines poetischen Gemüthes vor uns entstehen, seine Geisterwelt öffnet sich uns auf die natürlichste Weise, aber so trant er uns auch erscheint wir müssen ihn doch in dieser Krankheit für glücklicher halten, als in dem gefunden prosaischen Zustande, den ihm sein wohlmeinender Freund mit Hilfe eines höchst be fonnenen Arztes wieder zu verschaffen weiß. Wir vermögen nicht zu beurtheilen, ob die Russische Novelle nicht durch die Deutsche Uebertragung an Elegans und Zierlichkeit gewonnen hat dem Verfasser ist nämlich die Auszeichnung zu Theil ger worden, durch Varnhagen von Ense in die Deutsche Lesewelt eingeführt zu werden; - gleicht jedoch auch die dußere Form des Originals der Deutschen Kopie, so darf man den Fürsten Odor jeffslij zu den besten Rovellisten seiner Zeit adhlen.

Russische Uebersesungen Deutscher Dramen. Bu den besten Ueberseßern aus dem Deutschen wird in Rusland Herr P. Obodoffskij gezahlt. Manche seiner Bearbeitungen, wie z. B. die des allerdings sehr mittelmäßigen Dramas,,Johann, Herzog von Finnland" (von Frau v. Weißenthurn), wird sogar für viel effeltreicher und poetischer als das Original gehalten. Eben so foll durch einige Veränderungen im ersten Afte seiner Bearbeit tung von Halm's,,Griseldis" (welcher kürzlich auch die Ehre widerfuhr, auf dem Hoftheater in Stockholm Schwedisch aufges führt zu werden) das Stück ungemein gewonnen haben. Ndos diesem Drama Halm's bat herr Dbodoffskij auch deffen,,Camoens und,,Adept" übertragen. Vorzugsweise scheint sich der Ueber feger jedoch an unsere schwächeren Autoren zu halten; naments lich hat er auch noch Dramen von Auffenberg (das boje Haus) und von Schent (die Krone von Cypern) mit Glück bearbeitet.

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