Billeder på siden
PDF
ePub
[ocr errors]

heiligen Festtag ununterbrochen zu arbeiten. Da ist keine Ruhe
auf den Straßen, teine Raft får Mensch und ich die
find offen, die Pferde müffen siehen, die Maurer, die den
Mühlen,
die Schieferdecker, die Karrner hämmern und klappern wie ges
wöhnlich ja, in Havre scheinen fie am Sonntag fast noch mehr
Spektakel als an einem anderen Tage der Woche zu machen.
Ich habe Wascherinnen in ihren Fasern an den öffentlichen
Brunnen waschen sehen, während die Glocken der Notre Dames
Kirche zum Gebet riefen. Mögen fie lieber den Sabbath ganz
abschaffen, als solches Gefpött damit treiben, den Klang von
Hammer und Ambos mit der heiligen. Muft
ufit der Kirchenglocke
zu vermischen; die Sorgen und Geschäfte des Lebens mit seinem
Feilschen und Markten bekommen so sehr dadurch die Oberhand,
daß mir diese Entweihung des Sabbaths in Frankreich mehr uns
angenehme Erinnerungen erregt, als irgend etwas Anderes, was

in_fremden Ländern gesehen habe. Erst gegen übend werden die Straßen ruhiger, die Handwerker waschen und pußen fich, und nur Einer bleibt im Laden zurück. Männer und Weiber traben hinaus mit fröhlichen, heiteren Gesichtern. Dann kann man nicht umhin, sich mit ihnen zu freuen und zu wünschen, daß dieses wankelmüthige Volk auch den Morgen des Tages jener Ruhe widmen möchte, die zum Denken einladet. Ich ers innerte mich an die ruhigen, stillen Sabbath-Morgen Englands und wünschte, fie möchten auch hier immer zu unschuldigen, fröh lichen Abenden führen.

[ocr errors]

Unsere Freunde hatten eine Exkursion nach einem Ort, Nas mens Gourlan, hinter der alten Stadt Harfleur verabredet, deren Kirche eine der schönsten ist, die ich je gesehen, und zugleich für uns in jeder Rücksicht interessant wegen ihres Zusammenhangs mit der Englischen Geschichte. Die Stadt_ist hübsch gelegen; die Französen, die gleich bei Allem in Ertase gerathen, nennen fie superbe! magnifique! und charmante! Dod verzeiht man mit Recht eher Leuten, die zu schnell, als solchen, die niemals zufries den find; und wenn Jene ihr Entzücken leicht übertreiben, so muß man gesehen, daß wir wieder dem anderen Extrem zu viel nachgeben und davon statt Rosen nichts als Dornen in der Welt pflücken.

Die Stadt Harfleur also ist, wie ich verbessert habe, nur hübsch gelegen: der Kirchthurm allein verdient eine halbe Tages reise über die schlechten Straßen der Franzosen; unsere Alters thumsliebhaber würden sich über seine edle und ehrwürdige Bauart sehr freuen, obgleich das Aeußere viel schöner ist als das Innere; indeß find auch zu viel Häuser in der Umgebung ein so vollendetes Gebäude muß Raum haben, daß man es von allen Punkten betrachten kann. Die Gemeine ging eben aus einander, als wir die Kirche betraten, und der reiche Duft des Weihrauchs war für uns, die wir aus so reiner Luft berkamen, fast erstickend; das leßte Glöckchen lautete, der Segen ward gesprochen, und die Menge zerstreute sich; da lagen Banner und Trophäen, alte Mos numente und Alidre mit dem gewöhnlichen Auffah von Kerzen, Blumen, Bildern und Gaben aller Art, aber keine so rührend, als die in der Kapelle unserer Gnadenmutter zu Honfleur.

Rachdem wir uns umgefehen und umbergewandert, bestiegen wir wieder unsere Wagen und fahren von Harfleur ab nach dem Schlosse Gourlan, in deffen Umgegend wir den Tag zubringen unserer bise jo übermannt, daß er am fice won der Sonnens Thor flingelte und die Dienerin um ein Glas Wasser bat die Bitte ward abgeschlagen; fies meinte, ihre Herrin könnte zûrnen, wenn sie einem Fremden Waffer gdbe!

Bdumen eingeschloffen, doch konnten wir ein, den höchften
fie
groeigen rauschen hören, während das Zirpen des munteren
Grashüpfers und das Sumfen von Myriaden Insekten ein Zeichen
war von dem tausendfältigen Leben, das. rings um uns herum
webte. Wir hatten mehr als einmal ausgerufen, wie schön!!
als eine helle Mannsstimme die kleine Volks Ballade „Ma Nor-
mandie!" anhob. Auf diesem Fleck machte sie einen befonderen
Eindruck, und im Chor von dem Bauernhaufen gesungen, würde
fie überall ihren Eindruck nicht verfehlt haben. Wir hatten an
diesem liebreizenden Orte lange verweilt, wenn wir uns nicht
erinnert hatten, daß wir noch durch den Wald Hindurch und einen
Hügel hinabsteigen müßten, ehe wir unsere Wagen erreichten.
Der Weg, den wir nahmen, wand sich an hohem Boden hin,
und links erblickten wir dann und wann im Vorbeigehen blús
hende Thaler und glänzende Kornfelder, die in der untergehenden
Sonne wie Goldblättchen glänzten; die grünen Spechte liefen
pickend an den Buchen hinauf, und hier und da hüpfte der helle,
runde Kopf oder der buschige Schwanz eines Eichhörnchens aus
dem Sonnenschein hervor und verschwand sogleich wieder im
Laubwerk. Vögel schreckten wir nicht viel auf, so wie in
England, wo ihr Gefieder und ihr Gesang so viel zur Schönheit
der Landschaft beiträgt, waren die Baumhecken nicht von ihnen
bevölkert; doch eine plögliche Wendung des Weges brachte uns
zu einer Gruppe, deren Studium mir viel interessanter war, als
alle Ornithologie: auf einem Preisförmigen Räsenhügel unter
dem Schatten einer großen Eiche jaß ein Hauflein moissonneurs
(Schnitter), Alle wohlgekleidet, und mit dem Sonntagspuß hatten
fie auch ihre Sonntagsgesichter hervorgesucht — die Männer und
Frauen waren von Arbeit gebraunt, und wiewohl sie an Alter
sehr verschieden waren, so schienen sie doch Alle von demselben
Geist der Freude und Geselligkeit durchdrungen; sie grüßten uns
mit herzlicher Freundlichkeit, und wir wurden Alle wie bezaubert
von der gesunden Schönheit eines Püppchens, das sein lachendes-
Rosengesicht an die Schulter feiner jungen Mutter flammerte,
den Großvater des Kleinen schien unsere Aufmerksamkeit zu
freuen, und die schlanke Großmutter, die noch nicht vierzig Soms
mer hinter sich zu haben schien, war augenscheinlich die Herrin
und Leiterin der Gesellschaft, von der sie La Mère Françon titus
lirt wurde.

,,Ein schöner Abend, Mesdames", sagte fie mit der eigens thumlichen Betonung der Normandie,,bas ie für und ein Ger nuß, die Sonne giebt uns die ganze Woche Arbeit, und Vergnügen an diesem Festtag; doch hab ich gehört" fügte fie fragend hinzu,,,daß fie in fremdem Lande nicht so glänzend scheint.

Jch antwortete natürlich mit einem wohl verdienten Koms pliment für die Französische Sonne", der ich den Vorzug gab vor allen anderen Sonnen, die ich jemals Pennen gelernt, unde die gute Dame nahm das wie eine Königin hin, nicht anders als wenn dies ihrem Lande gebührte; etwas entfernt von den anderen Schnittern faß, an den Stamm einer jungen Eiche gelehnt, ein junges Paar, Bursche und Dirne, doch so außerordentlich ähnlich, daß man sie auf den ersten Blick hätte für Zwillinge balten mögen; dieselben großen, schwarzen Augen, dasselbe Ras benhaar, ein gleich üppiges Roch auf ihren Wangen fo faßen Reeda, die hande in einander geschlungen, die großen Augen weit offen bei dem Anblick einer befonders fashionabeln Toilette, die ein Mitglied unferer Gesellschaft trug und über deren Form und Qualitat mehrere leise Zeichen des Erstaunens zwischen ihnen wefelten, indem er dabei lächelte, als hatte er wer weiß was Bruder und Schwester", meinte einer von den Unsrigen, für eine herrliche Entdeckung gemacht oder ein schweres Problem gelöst. Ich fonnte nicht umbin zu lachen, aber Minner find eins mal in Liebessachen sehr zurück. Ich wünschte, die Leser hatten Ausdruck auf dem Gesicht des sehen köns nen, die er mit allem Eifer der Wahrbeit aningen en on,

Dieu merci!"

"

Die Mutter Françon betrachtete das junge Paar und lächelte, er hatte den Arm um das Mädchen geschlungen, als wollte er sie noch dichter an sich ziehen, und sie fah erröthend nieder und versuchte, ich loszumachen.,,Schau auf, Marie, Du Kleine", fagte die Mutter Françon,,,fdbau auf, Du darfst Dich nicht schids men, auch in England wissen fie, was Liebe ist nicht wahr?" Ihre Augen nahmen einen eigenen Ausdruck des Unwillens any als fie unseren ernstblickenden Freund gewahrte, der mit so adres lichen Gefühlen ganz unbekannt schien: --- ‚Nicht wahr“, fügte fie hinzu, man liebt auch in England zuweilen, aber nicht wie bei uns zu Lande?".

[ocr errors]

"

Gewiß, das war sehr ungaftfreundlich und bot den Englans dern der Partie eine Gelegenheit, nach Herzensluft auf Frankreich zu schmähen, – dadurch wurden fie lebendig und aufgeräumt und bekamen einen vortrefflichen Appetit für das verschwenderische Maht, das in dem Obstgarten einer hübschen Meierei von einem guren und braven Franzosen aufgetragen wurde, oeffen Vafteten, Konfekte, Früchte und Champagner den eingefleischtesten John Bull Mann der Gesellschaft zu dem Geständniß zwangen, hier sen er in der Phantasie nach England verseßt. In der That, ich glaube, es war das erste Mal, daß ich erfuhr, der gute Mann befige das, was man Phantasie nennt. Nach Beendigung des Mahls eilten wir hinaus ins Freie und durchschritten zuerst ein Feld, wo die schweren goldenen Kornähren die Halme bis auf die Erde herabbogen. Wir passirten das, was man dort die Lands straße zu nennen beliebt, und dann gingen wir langs eines frums men, eingeschlossenen Stegs hin, der uns auf einmal eine Auss ficht von ungewöhnlicher Schönheit erfchlof. Wir standen auf dem Gipfel eines kleinen Hügels mit dichtbewaldeten Abhängen: die schlanken Buchenstamme glänzten wie filberne Sidbe, und ihre Blätter zitterten leise im fanfren Abendhauch. Unter uns war ein Pleines Thal, über welches das Auge zuerst hinwegfah, ohne es zu bemerken, so köstlich war die Aussicht, welche die Anhöhe an der entgegengeseßten Seite begränzte: die Aefte der schlanken Bäume verschlangen sich zu den wunderlichsten Begenformen und bildeten das zwischen den Bäumen hindurchschimmerte, zeigte hier und da Gruppen von Reisenden, die sich mit Wein und Früchten erquick ten, oder Haufen scherzender Bauern, deren fröhliches Lachen von Ich schaute mich nach dem jungen Paar um, sie waren aufe den Echo's dieser lieblichen Lichtungen wiederholt wurde. Wie gestanden; des Mädchens Hand ruhte auf dem Arm ihres Gend wir in das fleine That hinabstiegen, dnderte fich der Charakter liebren; fie waren Beide reizend und hübsch, besonders er; fein der Scene: fic war noch sehr schon, aber nicht mehr so, wie Gesicht war von fo dunkler Färbung, wie ein Spanischer Knabe guerst, als sie uns wie das Zauberfchloß eines Feen Mahrchene von Murillo, und Marie war nur die mildere Kopie von ihm; blendere; das Gras im Thale war weich und grün wie Sammet,,fle find verlobr", sagte die bonne Mère (wie fie die Sprecherin

[ocr errors]

Ich versicherte fie, daß ich dies nicht wüßte, weil ich in Frans döfifcher Liebesweise noch Peine Erfahrung gemacht hätte; doch so viel sey gewiß, daß man es auf eine oder die andere Weise in allen Ländern verstehe. Sie schien, meine Versicherung zu bes zweifeln, indem sie meinte, die Franzosen fenen das galanteste Volk der Welt. Der Kredit ihres Landes lag ihr augenscheinlich am Herzen, darum widersprach ich ihr nicht, und die Muner Françon glaubte, wie viele Andere, weil ich still blieb, daß ich ihr Recht gabe.4

[ocr errors]

wünschten den jungen Leuten Glad und boten der Dirne Geld an, aber sie schlug's aus mit der artigen Versicherung, daß fie es nicht brauche. Wir fielen die verhungernden Irischen Schnit ter ein, und das hers fant mir zu Boden bei der Erinnerung an ihre Armuth; hier war eine Bauerschaft ohne Armengefese, fo gut gekleidet (nach so

3

Verschieden von diesen Berathungen waren diejenigen, darch welche der Monarch in Verbindung mit den Prälaten und den Beamten das feftfeßte, was für das ganze Land oder einzelne Landestheile bindend seyn sollte. Zuweilen jedoch presidirte der legtere erlassenen Bestimmungen durfte, damit sie Gefeßestraft König felbft auch bei den Gemeindes Versammlungen. Den durch

[graphic]

reichs; doch die Erinnerung war schmerzlich, und um mich ja
trösten, wandte ich mich an die bonne Mere. Das Tageslicht
fant immer tiefer zum Vorspiel eines herrlichen Sonnenunters
anse
gangs, und die Gesellschaft schien geneigt, ihren":
Verlobs
fagte bie Wutter ducem eg aus
700 Allez, mes
autreten.,,
ten ,,und Gott segne Euch! aber vergeßt mir nicht das
,,Pierre und Josephine!"
Schicksal Pierre's und Josephinens."
wiederholte der Großvater, der sein lachendes: Enkellind aus den
Armen seiner Tochter genommen. Eh, mon dieu! Mère Fran-
con, warum denfit Dungerade an diese, oder warum erinnerst
Du Marie daran? Josephine war ihre Tante. Sieh!fie hat
Thránen in den Augen, ei, ina bonne Mère, da hast Du eins
,,Das hab' ich nicht erwiederte fie
mal Unrecht gethan."
streng; fie thun schon so, als wenn sie nur allein auf der Welt
lebten, und das ist nicht der rechte Weg, glücklich zu werden.
Ei ihr Manner habt's nie gern, wenn junge Mädchen von uns
weisen Frauen die Wahrheit hören, weil wir sie warnen, Nies
manden ihr Herz zu sehr hinzugeben. Scht! hier bin ich, die
Mère Françon, und ich weiß bis zu dieser Stünde nicht, welchen
von meinen beiden Gatten ich am meisten liebte!",Du wirs
dest wohl dem dritten am besten seyn, wenn Du ihn hättest, nicht
wahr?" fragte der Mann,,Ja oder nein, wie Du willst,
antwortete fie scherzend,,, aber Kinder, ich sag's Euch,sliebt eins
ander nicht zu sehr, denn Ihr mögt fagen, was Ihr wollt, viel
Liebe erzeugt viel Summer, ein freies Herz ist immer am
glücklichsten." Die Liebenden sahen einander ins Gesicht und
(Schluß folgt.) ad dized you so san
chüttelten den Kopf.:

[ocr errors]
[ocr errors]

Polen. mindre le 14 14 don t Die legislative Gewalt bei den Polen. and son Bus Jeth word Seit den ältesten Zeiten bestand bei den Slawen die, wie es scheint, durch den Gebrauch geheiligte Verordnung, daß alles, was das Gemeinwesen betraf, dem Volke in öffentlichen Vers fammlungen mitgetheilt werden mußte. Da wurden die Bedürfs nisse des Landes berathen und die wichtigeren Zwistigkeiten der Privatpersonen geschlichtet. Diese Zusammenkünfte wurden aber auch Mittelpunkte zur Verbindung der vereinzelten Bürger und der verschiedenen Slawischen Völkerschaften. Zu Versammlungs orten dienten die Tempel der Götter, wie dies die Chroniken von Hung isteid in the Rugien ausdrücklich erwähnen. Mit dem Untergange der Gemeindeherrschaft mußte auch diese Art der Berathung fallen. Doch war sie zu tief in der Slawischen Nationalitat gewurzelt, als daß fie fich ganz hatte verlieren können; vielmehr wurden später bei manchen Gelegens heiten neben anderen alterthümlichen Einrichtungen auch diefes gemeinschaftlichen Berathungen ins Leben zurückgerufenste

In Polen famen die aus den Zeiten der Gemeindeherrschaft herstammenden Berathungen unter den ersten Königen nicht for wohl in Vergessenheit, als fie vielmehr nur eingeschränkt wurden. @ Doch gewannen fie mit der Zeit wieder so sehr an Bedeutung daß fie das Forum der höchsten Gerichtsbarkeit und der Legislatur wurden. Sie theilten sich in gewöhnliche Berathungen (colloquia provincialia) und in allgemeine (walne, colloquia generalia) Auf den legten wurden die Gefeße votirt. Denn Kromer irrt wenn er behauptet, daß die Polen bis auf Kasimir den Großen keinei geschriebene Gefeße gehabt hätten; in den Quellen der Geschichte werden die früheren Könige auch als Gesetzgeber aufgeführt, und viele Bruchstücke von Gesezen sind neben Privilegien, die eins zelnen Perfonen oder ganzen Körperschaften ertheilt worden sind, 19 in den Chroniken enthalten.

Derfelbe Geschichtschreiber, behauptet irrthümlich, daß nur der Wille des Herrschers in Polen Gefeß gewesen sey, vielmehr fanden bis in den Anfang des 15ten Jahrhunderts bei den Polen die öffentlichen Berathungen nach after Weije statt. Die gefess lichen Bestimmungen vom Jahre 1419 beschreiben uns den hers gang bei denfelben. Es versammelten sich die Gemeinden unter dem Vortritt ihrer Dignitare oder Wettesten; durch einen der Versammelten erfolgte der Gejeßesvorschlag, welcher un durch Stimmenmehrheit entweder angenommen oder verworfen wurde.

Aus dem dritten Theile des Wertes: Historya Prawodawstw Słowiań-
skich" (Sldwijde Rechtsgeschichte) von dem Professor und Tribunalsrichter W.
Warschen.
A. Maciejowski.

[ocr errors]
[ocr errors]

nete

ben Neichstag begiebt, verlege, in Wajendis Berbrechen begeber die ihnen mitzutheitenden Geheimnisse wer eine Person, die fich mit Bollmacht fernen und nicht verrassen worden. und daß die Unverlegbarkeit der Landboten vier Wochen vor dem Besondere Kommiffionen prüften indeffen die einzelnen Zweige Beginn der Berathungen und eben so lange nach dem Schlusse der Landes Administration; wenn Alles in dem gefeßmäßigen derselben gelten sollte. Auch waren den Senatoren und Lands Zustande vorgefunden wurde, so wurde den Ministern Zufrieden boten fogenannte, Suspensa" zugestanden, d. b. fie durften heit bezeugt und über deren Wirksamkeit quittirt. Alle Bes binnen sechs Wochen vor und nach dem Reichstage nicht vor rathungen mußten bei Tage geschehen. Gericht gefordert werden.

Buerft übte man im Jahre 1339, unter der Regierung Sigiss mund's I., in Masse das Recht aus, den Reichstag aufzuheben und die Berathungen zu zerreißen. Erst 1652 wagte ein einzelner Landbote, indem er das Veto der Römischen Tribunen im Sinne hatte, dasselbe durchzuseßen.*) Man tadelte den Schritt, ahmte aber schon 1634 und dann noch oftmals dem Beispiele nach, obgleich 1672 in der Landboten Kammer feierlicht dagegen pro teftirt und wiederholt wurde, daß die Gewohnheit, den Reichss sag aus einander zu reißen, auf feine gefeßliche Bestimmung bes gründet sen. Im Jahre 1764 wurde endlich der Gebrauch des Veto förmlich verboten, aber auch diese Verordnung behielt nur vier Jahre hindurch, der bekannten Ursachen wegen, ihre Geltung.

Einige Reichstage hatten besondere Namen, den Angelegen heiten nach, die auf denselben vorgenommen wurden. So gab es Kapturtage, durch welche während des Interregnums Ordnung im Lande erhalten werden sollte; dann Convocations, Electionss und Krönungstage, zu denen sich das Volk behufs der Erwählung und Krönung der Könige in Krakau zusammenfand. Noch gab es Inquisitionstage, zu welchen der König citirt wurde, um sich wegen seiner Handlungsweise zu verantworten, was in Polen eins mal, unter Sigismund III., stattfand. Zu den Wahltagen wurs den nach Heinrich's von Valois Regierung keine Deputirten weiter erwählt, sondern das Volk versammelte sich massenweise nach Art der Römer, und nur den Kriegsleuten war es verwehrt, hier zu erscheinen. Diese Versammlungen wurden auf offenem Felde an einem mit Wall und Graben umgebenen Orte abgehalten, der eine große Aehnlichkeit mit dem Lager der Quiriten hatte. Es führten zu demselben nur drei Eingänge, der eine nach Osten gelegen für Groß-Polen, der andere gen Süden für Klein Polen, und der dritte gen Westen für Lithauen.

Der Geschäftsgang bei den gewöhnlichen Reichstagen war folgender. Den von den Kreisen und Landschaften gewählten Deputirten sandte der König, in Gemäßheit eines Gefeßes vom Jahre 1521, sogenannte Instructionen zu, damit sie eine genaue Kenntnis von den Sachen erlangten, auf die es bei den Berathuns gen vorzüglich ankam. Der erste Akt der versammelten Landbos ten war die Erwählung eines Marschalls oder Präsidenten. Nach einander wählte man einen Marschall aus Groß- Polen, Klein-Polen und Lithauen; er empfing cine Gratification aus dem Schaße, außerdem aber wurde nur weniger bemittelten Deputirten freie Wohnung bei nichtadligen Bürgern überwiesen.

Sobald die Landboten unter Vortritt ihres Marschalls in den Sißungsfaal getreten waren und den Monarchen begrüßt hatten, begann der Reichstag mit Vertefung der Pacta conventa. Dars auf wurden die Königlichen Gesches Vorschläge, welche die Lands boten bereits aus den an sie erlassenen Instructionen kannten, noch mals vorgelesen. Dann ließ der König die auf dem vors hergegangenen Reichstage gefällten heimlichen Beschlüsse aus dem Archiv herbeiholen und veröffentlichen, besonders dann, wenn kein Grund für die Verheimlichung mehr da war. Nun folgte eine Prüfung darüber, ob alle Aemter gefeßmäßig befest worden waren, und dann erst gab der Senat seine Stimme über des Königs Vorschläge_ab.

Dieser Senat bestand aus dem Erzbischof von Gnesen, der princeps Senatus war, aus den Bischöfen, Wojewoden, Kastellas nen und einigen anderen hohen Beamten des Reichs. Der Kö, nig hatte allein das Recht, die Senatoren zu ernennen; die Würde wurde auf Lebenszeit ertheilt. Ein Ausschuß, Anfangs von 16, später von 18 Senatoren, stand dem Könige außer den Ministern beständig zur Seite, und in keiner wichtigen Angelegen heit, die nicht gerade auf den Reichstag gehörte, durfte ohne Genehmigung dieses Ausschusses ein Beschluß gefaßt werden. Dieser Senat befand sich auch in pleno auf allen Reichstagen.

Nachdem die Landes Deputirten die Meinung des Senats vernommen hatten, begaben fie fich in ein besonderes Zimmer, um sich gleichfalls unter dem Vorfiße ihres Marschalls über des

Königsen zu berathen. Sie publisirten darauf im

Sigungsfaal ihren Beschluß; stimmte derselbe mit des Königs Vorschlagen überein, so wurde er durch den König zum Gefeß erhoben, und dieser ernannte eine besondere Kommission zur Abs faffung des Gefeßes. Im entgegengefeßten Falle aber wurde abgestimmt oder der Reichstag aufgelöst.

Während die dieser Berathungen erfolgte eine Rechenschaft aus den Berichten der bei den fremden Höfen sich aufhaltenden Gesands ten der Republik. Bei dieser Gelegenheit mußte sich, so oft eine wichtige Sache zur Sprache kam, das zuhörende Publikum ents Story અં

otabene upita, ber daft noch im Lode verabscheut worden lit. Ut fou nach der Rückkehr vom Reichstage vor seinem Hause vom Bliße getödtet worden seyn. Der Leichnam wurde noch lange Zeit als eine Art Mumie in dem Stadtchen vorgezeigt. Miskiewicz hat den berüchtigten Landboten sum Helden einer feiner vorzüglichken Balladen gemacht. ked Big

Mit dem Jahre 1761 fam die Gewohnheit auf, daß die Reichstags, Beschlüsse durch den Druck bekannt gemacht wurden. Daraus entstanden die Diarien_der_Reichstage, eine vorzügliche, doch bis jest wenig benußte Quelle für die Polnische Rechts geschichte. Seit 1766 wurden auch die Gefeßes Vorschläge ab gedruckt und zwei Tage vor der Abstimmung den Landboten eins gehåndigt.

-

[ocr errors]

Mannigfaltiges.

Pauline Garcia. Wir haben diese liebenswürdige Sängerin verflossenen Sommer in Deutschland gehört, wo sie durch ihre so früh schon erreichte Virtuositat, sie ist erst 17 Jahr, die Bewunderung des größeren Publikums erregten und durch ihre außerordentlichen Anlagen noch mehr die Musiker selbst für sich einnahm. Wer da glaubte, daß der Name hier. viel thue, und daß man sie minder beachtet hatte, wenn man nicht gewußt, daß sie die Schwester der Malibran sen, den wird gewiß das Urtheil der Pariser, denen die verstorbene große Sängerin noch in frischem Andenken ist, von jener Meinung zurückbringen. Pauline Garcia hat in Paris, wo sie erst jest zum erstenmale aufgetreten, eben solche Anerkennung gefunden, wie bei den Deutschen, die ihre Schwester nicht gelannt. Dort lag der Vergleich mit dieser noch nahe, und dennoch wurde die jüngere Schwester dadurch nicht verdunkelt. In einem der Best richte über ihr erstes Auftreten heißt es:,,Das Theatre de la Renaissance war am Sonnabend gedrängt voll; die ganze fashion nable Welt von Paris_hatte sich zu dem großen Konzert eingefuns tiren sollte. Dlle. Garcia wurde mit enthusiastischem Applaus den, in welchem die Schwester der unvergeßlichen Malibran debüs empfangen, der zu Anfange freilich noch allein dem Andenken derjes nigen galt, deren Tod durch ganz Europa einen so traurigen Ein druck machte, wie vielleicht der Tod keines Künstlers seit Raphael. Die Debütantin hat in ihren Zügen so wie in ihrem ganzen Wesen etwas von ihrer Schwester; ihre Stimme erinnert uns noch mehr an unseren Verlust; sie gehört zu den ungewöhnlichen Stimmen, die den Sopran und Kontras Alt in sich vereinigen; was indeß noch mehr werth ist, die Künstlerin besit musikalisches Genie, Seele und Begeisterung in einem feltenen Grade. Das Blut der Garcia's rinnt in ihren Adern: sie ist ein neuer Sproß. dieses berühmten und fruchtbaren Künstlerstammes. Ihre Stimme hat zwar noch nicht_all_den Glanz und die Geschmeidigkeit, welche durch längere Uebung erlangt werden; aber wie wir hören, singt sie auch noch nicht viel über ein Jahr; deffenunge achter rührt und elektrisiri ste die Zuhörer schon. Gewiß, wenn auch der Zauber ihres Namens nicht wäre, sie würde durch ihre erstaunenswerthes Talent dennoch die größte Wirkung hervore bringen." Pauline Garcia hat von ihrer Schwester auch anst dere Vorzüge des Geistes und des Herzens geerbt. Was die Fama uns von Lesterer berichtete, fanden wir in Erstes rer ebenfalls: Führung des Crayons in Slissen und Portraitirungen, das feinste ein ungemeines Sprachtalent, eine geniale musikalische Gehör, Gedächtniß und Gefühl, eigene schöpferische Kraft in dieser Kunst, endlich ein schönes, klares Gemüth, voll Naivetat, Anmuth und Bescheidenheit. Erst seit einem Jahre hat sie sich ganz dem Gesange gewidmet; früher war sie von den Aeltern für das Piano bestimmt, auf dem sie auch bereits eine große Fertigkeit erreicht hatte. Ihr Vater, einst ein berühm ter Baryton, derselbe, der dem Verfasser der Phantasiestücke in Callor's Manier bei seiner Schilderung des Don Juan vors.. schwebte, starb vor einigen Jahren; ihre Mutter, ebenfalls früher eine ausgezeichnete Sängerin, lebt noch und begleitet ihre zweites: Tochter und den Gatten ihrer verstorbenen Tochter, den Violine Virtuosen Charles de Beriot, auf deren gemeinschaftlichen Kunsts reisen. Beide Aeltern waren in Madrid geboren, Pauline Garcia@5 aber ist, der Geburt nach, eine Pariserin; sie kam als Kind r mit ihren Aeltern nach New York und dann nach Meriko, wo der Vater zuerst eine Italianische Oper begründete. Ihre eigent liche Bildung erhielt sie indeß späterhin in Paris und Brüffel. In 19 Letterer Stadt hat die Familie jest ihren bleibenden Aufents haltsort,/0d (sptop TM

[ocr errors]

Beist

Zunahme der Einkünfte Großbritaniens. dem Regierungs Antritte Jakob's I. im Jahre 1603 belief sich die Staats-Einnahme von Großbritanien auf 600,000 Pfd. St.; zu Anfange der Regierung Karl's I., 1625, auf 896,819, beim Beginn der Republik, 1648, auf 1,517,247, zu Anfang der Res gierung Karl's 11., 1660, auf 1,800,000, Jakob's II., 1685, auf 2,000,000, Wilhelm's und Maria's, 1688, auf 2,001,855, Anna's, 1701, auf 3,895,305, Georg's I., 1714, auf 5,691,803, Georg's II., 1727, auf 6,762,643, Georg's III., 1760, auf 8,523,540, Gcorg's IV., 1820, auf 46,132,634, und Wilhelm's IV., 1830, auf 47,139,813

Pfund.

[blocks in formation]

Beiblatt der Aug. Pr. Staats-
Zeitung in Berlin in der
Expedition (Friedrichs-Straße
Nr. 72); in der Provinz (6
wie im Auslande bei den
Wobdobl. Poft - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 4. Januar

Frankreich.

Die Sklaverei und der Sklavenbandel. *)

Unter diesem Titel hat Herr Agénor de Gasparin ein Werk ans Licht gestellt, worin er alle Schwierigkeiten und Hins derniffe, die der Emancipation der Neger entgegenstehen, mit großer Gründlichkeit erörtert, nicht, um den Menschenfreund von einem so rühmlichen Ziele feines Strebens abzulenken, sondern, um der gerechten Sache durch alle Sophismen, mit denen Vors urtheil und schnöde Habjucht sie bekämpfen, Bahn zu brechen.

Zwar sind noch in diesem Jahre von Seiten der zahlreichen Gesellschaften, welche sich als Ziel gesteckt, einen das Christens thum schandenden Mißbrauch abzuschaffen, beredte Mahnungen an die Menschheit überhaupt und an die Britische Großmuch insbesondere ergangen. Aber in diesen leidenschaftlichen Ergüssen hat man nur selten der Schwierigkeiten und Gefahren gedacht, die mit einer solchen Reform verbünden sind. Das System der Lehrzeit in den Britischen Kolonicen hai in diesem Augenblick fogar aufgehört; wir kennen aber seine Ergebnisse nicht. Die Prügel, die Ketten, der Zwang, die Arbeit ohne Lohn sind abs geschafft; der Neger ist aus dem Zustande der Sklaverei getres ten; allein wir wissen nicht, ob er in den eines Freibauern über; gegangen ist. Es bleibt uns noch zu erfahren, ob die Feldarbeit fortbestehen werde; denn ohne fie muß allgemeine Hungersnoth ob die Pflanzer den Negern Arbeitslohn bewilligen entstehen werden; denn ohne diesen harrt des Negers nur Elend, Müßigs ob Frieden und Ruhe fortdauern gang und Verzweiflung werden; denn im Falle eines Aufruhrs muß es dahin kommen, daß die ehemaligen Herren der Neger ihre ehemaligen Sklaven richten, wo es dann nicht an erneuten Beispielen unbarmherziger Strenge und empörender Strafen fehlen kann. Mit nicht ges ringer Besorgnis erwarten wir die Folgen eines großen Altes uneigennügiger Menschenliebe, die leider nicht mit einem gleichen Grade von Klugheit verbunden war; und diese Erwartung kann noch Jahre lang schwebend bleiben, da die Folgen eines absor luten Systems Wechsels bisweilen lange auf sich warten lassen, ehe sie sich bemerkbar machen.

Wir berühren nur flüchtig diejenigen Kapitel, in denen Herr Gasparin die Frage entwickelt und beleuchtet, ohne noch auf ihre Lösung einzugehen. Man hat von der geistigen Stumpfheit der Reger gesprochen, als ob ein Volk erst zur Sklaverei verdammt werden müßte, um dieses Resultat zu liefern! Der Verfasser behauptet aber, daß die geistige und moralische Fähigkeit der Neger bis zur Evidens feststehe. Er zeigt uns, wie sie auf Haiti, nach der gewaltigsten aller Umwälzungen, eines der schwierigsten Menschenwerke vollenden, einer neuen bürgerlichen Gesellschaft Er vergleicht die Schwarzen in allen Kolos ihr Daseyn geben. nieen Frankreichs mit der weißen Bevölkerung und zeigt, auf offizielle Berichte der Tribunale geftüßt, daß, troß des verderb lichen Einflusses der Sklaverei auf den moralischen Menschen, die Zahl der Verbrecher unter den Regern verhältnismäßig ges ringer ist, als unter den Weißen.

...

Weiße.

3,058 Freie, 3 Verurtheilungen (1 von 1686)

Gunana Martinique.. 37,955 Insel Bourbon 35,623 Guadeloupe.. 31,252

[ocr errors]

20

[ocr errors][merged small][ocr errors][merged small]

109,888 Freie,

(1 von 1897)
(1 von 1619)
(1 von 1202)
71 Berurtheilungen (1 von 1547)
Neger

Guyana ... 16,898 Sklaven, 12 Verurtheilungen (1 von 1408)
Martinique.. 78,076
Insel Bourbon 70,406
Guadeloupe.. 96,322

[ocr errors]

44

[ocr errors]

26

[ocr errors]

19

(1 von 1774) (1 von 2700) (1 von 3070) 261,702 Sklaven, 101 Berurtheilungen (1 von 2591) Man hat behauptet, die Sklaverei sen durch die Sitten ges milbert; Re bestehe in der That gar nicht mehr und sen nur ein leeres Wort, gegen welches die Anhänger der Emancipation Krieg

Esclavage et Traité d'Esclaves, par A. de Gasparin, maître des requêtes.

1 Band. Paris, 1838.

[merged small][merged small][ocr errors]

Viele werden nicht müde, zu wiederholen, die Kolonicen
fenen für Frankreich eine ergiebige Quelle von Einkünften, einer
der fruchtbarsten Zweige seines auswärtigen Handels und die
auf, er wolle die Kolonieen retten und nicht ihnen schaden;
Er bemerkt, es
nothwendige Basis seiner Seemacht. Der Verf. antwortet hier:
handle sich ja am Ende nur von wenig ausgedehnten Besißuns
übrigens gewährten sie keinen dieser Vortheile.
gen, auf denen 371,000 Individuen, theils Freie, theils Sllaven,
wohnten; und ihr vornehmster Industriezweig, die Fabrication
des Zuckers, müsse in jedem Falle durch die Konkurrenz mit
dem einheimischen Zucker zu Grunde gehen. In den glücklichsten
Zeiten haben die Kolonicen, statt eine Quelle von Einkünften zu-
senn, alle ihre Grundbesißer ruinirt, und ihre Geschichte ist eine
fortlaufende Reihe von Bankerotten. Vergleicht man den Ges
winn, welchen der Kolonials Handel abwirft, init dem aus der
Französischen Industrie, der landwirthschaftlichen wie der kauf
männischen, resultirenden Gewinne, so ist das Verhältniß kaum
wie ju 500; und wenn der Kolonial: Handel fünf, bis sechs
tausend Matrosen beschäftigt, so schadet er eben durch das Monos
pol, welches er ihnen aufichert, ihrer Ausbildung im Seedienste.
Endlich weiß man aus Erfahrung, daß die Kolonieen, weit ents
fernt, gute Militair - Stationen zu seyn, in jedem Kriege vers
loren gehen.

Das Verbrechen", sagt Herr G.,,,liegt klar am Tage, und die Sühne sollte zu früh kommen! Unsere Gesezbücher find befleckt, und es wäre nicht an der Zeit, diese entehrenden Flecken su tilgen! Die Menschheit ist beleidigt, die Würde des Menschen verkannt, mit Füßen getreten; das Laster wird offen ermuthigt, unsterbliche Seelen werden zu Grunde gerichtet, und der günstige faffer will zu dieser Reform nur die erste Bahn brechen; er will Zeitpunkt der Reform sollte nicht gekommen fenn!" Der Vers bereiten, die in kurzer Zeit, ohne Umwälzung, ohne Unterbrechung durch sehr einfache Mittel eine vollständige Emancipation vors der Arbeit und beinahe ohne Kosten bewerkstelligt werden, auch die Pflanzer viel beffer schadlos halten könne, als das Britische System."

Ich werde", sagt der Verf.,,,von einem Gemeinplaß auss gehen, und ich scháme mich deß nicht; denn meines Bedunkens find die alten, hell am Tage liegenden und unbestrittenen Wahrs Diejenige, die ich meinem heiten nicht eben gering zu achten. ganzen System als Basis unterlegen werde, läßt sich in folgende einfache Worte faffen: Man schenke die Freiheit nur solchen Menschen, die einen zweckmäßigen Gebrauch davon machen fönnen."

"

Herr Gasparin glaubt, dieses Axiom bedürfe gar keines Beweises; wir müssen gestehen, daß wir etwas verschiedener Meinung sind. Hat man das Recht, Jemanden seine Freiheit zu rauben, weil er keinen zweckmäßigen Gebrauch davon macht? Darf man dem Nächsten die Freiheit eines denkenden, eines der Gottheit verantwortlichen Wesens darum entziehen, weil man glaubt oder vielleicht wähnt, daß er sie mißbrauchen könnte? Kann ein Individuum jemals ein Recht des Besizes auf ein ans deres Individuum haben? Wenn der Befih eines Sklaven einem Raube oder Diebstahl gleich zu achten ist und also feinen Herrn sum Verbrecher macht, kann da die etwanige geistige Inferioris tat des Sklaven das Verbrechen rechtfertigen? Wir glauben dies nicht, und doch kommen wir auf dasselbe Resultat, wie Herr von Gasparin, indem wir mit ihm annehmen, daß die verbrecherische Verfahrungsweise der Pflanzer und der Gefeßgeber ihnen eine Verbindlichkeit gegen die Schwarzen auferlegt hat. Sie sollen nicht allein das Böse unterlassen, sondern auch den von ihnen angerichteten Schaden wieder gut machen. Sie haben in ihren Sllaven die menschliche Einsicht unterdrückt und sind also ges halten, wieder Menschen aus ihnen zu machen, ehe sie ihnen zus

[ocr errors]

muthen, fich als

Schicksal der neuen, von ihnen gebildeten Gesellschaft verants wortlich und sollen daher diejenigen, denen fie ihre Rechte ents zogen haben, vor der Rückstellung dieses Eigenthums in den Stand seßen, fich derselben mit Klugheit und Mäßigung zu bedienen.

Nun aber würde eine allgemeine, an einem bestimmten Termin erfolgende, ganz unvorbereitete Freilassung wahrschein lich die Folge haben, daß die Neger, durch zu großen Mißbrauch ihrer Freiheit, ihre Lage noch schlimmer machten, als sie bis das hin gewesen.

3

Herr von G. scheint besonders einen unmittelbaren Kampf, einen Vertilgungskrieg zwischen den beiden Racen als die Folge einer übereilten Emancipation zu bejorgen. Der Neger, jo meint er, wird nie das Böse vergessen können, das man ihm angethan, und diese Voraussegnng wird den schuldbewußten Europder gegen seinen schwarzen Mitbürger immer argwöhnisch machen. Mit diesen Befürchtungen motivirt er auch die empos renden und leidenschaftlichen Declamationen gegen die Emanci pation, welche besonders in den Versammlungen der südlichen Staaten der Amerikanischen Union gehalten werden. Allerdings könnte die Schmach und Unbill, welche unsere schwarzen Mits menschen in so ungeheurem Grade erleiden müssen, den unvers söhnlichsten Haß gegen alle Weißen entschuldigen; dennoch glaus ben wir, daß ein solcher Rachedurft von Seiten des Negers nicht historisch begründet werden kann. Wie manches schmählich unterdrückte Volk in Amerika und in Asien hat nicht gern zum endlichen Frieden mit seinem Unterdrücker die Hand geboten und forthin diejenigen geehrt, die es vormals fürchtete? Wenn der Weiße gegen den Schwarzen als Christ, als Bruder sich be: nimmt, so zweifeln wir nicht, daß Lesterer die Brüderschaft mit Freude und selbst_mit_Stolz annehmen werde.

Lassen wir aber die möglichen Rachegedanken bei Seite, so bieter uns die Organisation der neuen Gesellschaft, auf unmittels bare Emancipation gegründet, noch manche schwer zu bekämpfende Hindernisse. Die neue Gesellschaft soll gedeihen, soll mit Nah rung, Kleidung und Wohnung versorgt werden; fie muß also ein Einkommen haben, und wie kann sie dies, wenn nicht jedes Individuum seine Arbeit und Beschäftigung hat? Noch mehr, die vornehmste Grundlage des Lebensunterhalts ist die Bestellung der Felder; Industrie und städtische Gewerbe machen das Leben angenehmer, tomfortabler, allein sie schaffen keine Nahrung. Nun aber hat der erste Vortheil, den die Freilassung eines Nes gers bis jest mit sich führte, darin bestanden, daß man ihm die Feldarbeiten erließ; die wahrscheinliche Wirkung einer allgemeis nen Freilassung wäre also das Aufhören aller Feldarbeit.

[ocr errors]

Man begreift leicht, daß der Reger, sobald seine Fesseln ges brochen sind, heftig danach verlangen müsse, dem Schauplay feines Elends Lebewohl zu sagen, die Hacke wegzuwerfen, die er niemals geführt, ohne die Peitsche des Aufsehers über seinem Haupte knallen zu hören, und einer Gegend den Rücken zu teh ren, wo der bloße Anblick dessen, der ihn mißhandelt hat, sein Blut in Wallung bringt. Es darf_uns_also_nicht Wunder neh: men, wenn schon am ersten Tage der Emancipation alle Necker verlaffen werden; und alsdann ist eine Hungersnoth so bedrohlich im Anzuge,, daß der glühendste Abolitionist den Krebsgang geben muß. Das Dekret vom 16. Pluviose des Jahres II. lautete; Die Sklaverei ist in allen Französischen Kolonieen abgeschafft." Als aber der Kommissar des Konventes sah, daß alle Neger ihre Ars beit verließen, erklärte er sofort jedes Individuum ohne Eigens thum und ohne regelmäßigen Brod Erwerb für einen Vagabunden. Ein ferneres Dekret des Konvents (vom 6. Prairial des Jahres III.) besagte, daß,,alle Bürger und Bürgerinnen, deren Gewerbe die Feldarbeit sen, zur nächsten Aerndte mitwirken sollten." Jede Weigerung war mit der Strafe antirevolutionnairer Verbrechen bedroht. Endlich, am 3. Thermidor des Jahres III., dekretirte man, daß die Ackerbauer in allen Französischen Kolonieen gehals ten seyen, das Land zu bauen." Es war dies eine Wiederhers stellung der Sklaverei unter einem anderen Namen.

Gefeßt aber nun, der Neger hätte mehr Patriotismus und einen helleren Blick in die Zukunft, als man von ihm zu erwars ten berechtigt ist, was wird er thun, wenn er Ackerbauer bleiben will? Wird er auf eigene Rechnung die öden Strecken im Innern mehrerer Inseln anbauen, welche den Maro Negern als Zus fluchtstätte dienen? Bielleicht werden Einige den Versuch machen; allein troß des günstigen Klimas und fruchtbaren Bos dens der Antillen dürfte ihre Eristenz damit nicht gesichert seyn. Der Feldbau bedarf langer Vorarbeiten und der Garantie der Gesellschaft, um den Bauer zu ernähren. Wie groß auch die Ergiebigkeit einer Platanen Pflanzung sen, so hat sie doch manches Jahr nöthig, um Ertrag zu liefern; und es erfordert eine unabläffige Arbeit von mehreren Monaten, um den Mais und Manick zu ziehen und den Hühnerhof der neuen Wirthschaft au versorgen. Die Europder haben sich die fruchtbarsten Láns dereien angeeignet; die Wüsten, welche dem Neger allein geblies ben find, wollen lange urbar gemacht seyn, ehe sie etwas hervors bringen; und wenn nun die lang erwartete, theuer erfaufte Frucht endlich zur Reife fomme, wird fie der Beiger gegen die Menge ausgehungerter und vagabundirender Menschen bewachen fönnen, welche, Dank der allgemeinen Emancipation, über das Land ausgegoffen find?

Die Abolitionisten haben darauf gerechnet, das die Reger zu den Pflanzern zurückkehren würden, um Arbeit von ihnen au

fchadigung, welche der Pflanzer in den Britischen Kolonieen ers hält, macht ihm Arbeiter viel entbehrlicher. Besable man ben Pflanzern den vollen Werth ihrer Sklaven, so hat man in ge wiffem Betrachte ihre Pflanzung angekauft; der Feldbau i nicht mehr Gegenstand ihres Eigennußes, und sie entsagen von Herzen gern einem Erwerbsmittel, das ihnen niemals am her sen gelegen. Wirklich haben die meisten Pflanzer in Jamaila ihre Rechnungen in Ordnung gebracht, um die Insel im Jahre 1840, als dem Termin der aufhörenden Lehrzeit, verlassen zu fönnen. Sie werden zwar ihrem Grundbesiße nicht entsagen, wohl aber um geringen Preis ihn verkaufen. Den Käufern wird es an Geld fehlen, um ihre Güter nusbar zu machen; und gewiß werden sie nur solche Produkte ziehen, deren Anbau mit den geringsten Kosten verbunden ist.

Um die Handlungen der Menschen vorherzusehen, muß man oft ihre Leidenschaften mehr in Erwägung ziehen, als ihr Inter effe. Nun aber ist die Arbeit um Lagelohn, von der man die Eristens aller schwarzen Individuen abhängig machen möchte, den Regern, die um solchen Lohn arbeiten sollen, nicht minder verhaßt, als den Pflanzern, denen man zumuthet, ihre ehemali gen Sklaven als freie und besoldete Arbeiter zu behalten.

Die weißen Befißer der Pflanzungen fürchten die Emanci pation nicht allein; sie hassen auch die Wortführer derselben und die Neger dazu. Sie wünschen den Abolitionisten jede Demüthi gung und den freigelassenen Sklaven so viel Noth und Elend, daß sie gern zu ihrer Sklaven Arbeit zurückkehren möchten. Wie viele Pflanzer werden am Tage der beendeten Lehrzeit zu ihren Schwarzen gesagt haben:,,Packet euch, wir wollen euch nichts ferner auf unserem Gute beherbergen, ráumet eure Hütten, laßt eure Kleider und Geräthschaften zurück, die unser Eigens thum sind, und genießet dunn nach Herzenslust eure Freiheit.“ Mancher Kolonist, der seine Landwirthschaft fortießen will, hat schon jest geäußert, daß er teine Neger zu Feldarbeiten dingen werde; überall bewirbt man sich um Tagelöhner aus Europa, von der Insel Malta und aus Bengalen, um die Schwarzen entbehren zu können und bei Auszahlung des Tagelohns an feine Tare gebunden zu seyn.

Der Plantagen Befißer ist aber dem Reger nicht bloß abges. neigt; er befißt oft nicht einmal Umsicht und Energie genug, um ihn als freien Lohnarbeiter mit Nußen gebrauchen zu können. Despotismus und Schrecken sind schlechte Mittel, um sich Ges horsam zu verschaffen, aber es find wenigstens sehr einfache Mittel, deren Anwendung fein Talent erfordert. Die Peitsche macht viele Maßregeln der Klugheit überflüffig. Der weichlich lebende, durch sein Klima entnervte Pflanzer flieht vor dem glühenden Sonnenstrahl und ist unfdhig, die Arbeiten seiner Leute selbst zu beaufsichtigen. Er überträgt dieses Amt dem schwarzen Zuchtmeister, der hinwiederum durch Schrecken und Züchtigungen regiert wird. Von der obersten Staffel bis zur unterften waltet die Peitsche, wie auf einer Türkischen Galeere, wobei denn sehr viel Kenntniß, Einsicht und Langmuth erspart wird. Wenn nun die Emancipation jählings erfolgt, so ist zur Bildung einer Mittelkasse keine Zeit mehr, und wo soll man da Leute finden, die über den Lohnarbeiter wachen und seine Ber schäftigungen leiten?

Wir fürchten also gewiß nicht ohne Grund, daß die Gutssy befißer weniger als die Hälfte der vorigen Arbeit von den Frein gelassenen verlangen und nur zu sehr geringem Lohne sich vers tehen werden; daß sie ihnen bei jeder Gelegenheit Haß und Abs neigung zu erkennen geben und dabei selten fähig seyn werden, über ihre Beschäftigungen auf den Plantagen zu machen. Geben fies dem Neger gleich in der Jahreszeit der großen Feldarbeiten Beschäftigung, fo werden fie ihn gewiß in den sogenannten tode ten Jahreszeiten seinem Schicksal überlassen und vielleicht eines hdmische Freude darüber empfinden, wenn die Freiheit ihn broda los und elend macht.

Aber auch den freigelassenen Neger muß der Gedanke ems. pören, sich seinem alten Herrn als Tagelöhner zu vermiethen. Die erste Idee der Freiheit erscheint ihm als das absolute Aufsa hören einer Arbeit, die für ihn ein Gegenstand des Graufens geworden ist. Nur die dringendste Noch wird ihn bewegen önnen, den Ort wieder aufzusuchen, an welchem er so viel ges litten hat; er arbeitet, um zu effen, zu trinken, oder sich zu bes rauschen; ist aber das Bedürfniß des Augenblicks befriedigt, fo dßt er die Arme wieder sinken. Wo sollte er auch gelernt haben, an die Zukunft zu denken? Der Quafi Kontralt des Sllavens ftandes überhob ihn diefer Mühe, denn er sicherte ihm Nah rung und Wohnung, mochte man nun seiner Arbeit bedürfen oder nicht. Die Pflanzer haben mit erfinderischer Grausamkeit alle Naturtriebe, die auf Sorge für die Zukunft hinzielen, in ihren Sklaven ertödtet; fie besigen keine Art von Eigenthum und nicht einmal eine Familie; die Meisten haben keine Frauen, und ihre Kinder gehören ihnen gar nicht an!

Was die Neger am tiefften entwürdigt, ist der Umstand, daß sie entweder unverheirathet oder doch von dem wahren häuslichen Glücke ausgefchloffen bleiben. Nur die Pflanzer und das Gouvernement haben dieses Uebel verschuldet; denn der Neger verheirathet sich gern; er rühmt sich seines ehelichen Stans bes, als war es eine Art von Adel, und, was besonders merks würdig, er wählt fast immer eine Lebensgefährtin, die älter ist, als er selber. Das Verhältniß der verheiratheten Neger zu der ganzen schwarzen Bevölkerung ist aber außerordentlich gering. In vier Colonicen kann man auf das Jahr nur 60 Reger Heir

« ForrigeFortsæt »