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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhebung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

Ag 70.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wobüsbt. Peft #Aemtern, “

Literatur des Auslandes.

Berlin, Mittwoch den 12. Juni

Frankreich.

Die Presse während der Revolutionszeit.

Erster Artikel.

Unstreitig ist der „Moniteur" die beste Quelle für die Revos lutions Geschichte, und auch die anderen Französischen Zeitungen Son 1787-1798 sind eine kostbare Fundgrube von Artenstücken für denjenigen, der es unternimmt, die Geschichte dieses düsteren Beitabschnittes zu schreiben. Gewiß findet man in den Büchern die Geschichte der Thatsachen, aber die Zeitungen find die Ges schichte der Ideen. In ihren Spaiten findet man die vermuths lichen Gründe der Erhebung des Volks, seiner Bemühungen, den Thron Ludwig's XVI. umzustürzen, so wie die Erklärung der stürmischen Scenen, deren Schauplaß der National-Konvent war, und die bedcutjamsten Beweggrunde zu den Megeleien und Profcriptionen. Marat's und Hébert's Einfluß auf die rohe Volksmaffe während der Schreckenszeit bedarf kaum noch einer Erwähnung. Der Publiciste Parisien" des Ersteren und der ,,Père Duchesne" des Anderen lauteten die Sturmglocke der Em pörung. Ist der „,Père Duchesne" heute in Wuth?" das war die erste Frage, die der Pariser Bürger that, wenn er sich mit den Tagesbegebenheiten bekannt machen wollte. Selten traf es fich indeß, daß der ,,Père Duchesne" guter Laune war, wenn er nicht am Tage vorher einige Köpfe unter dem Beile der Guillos tine hate fallen sehen. Täglich begab er sich_in_seinen_Klub, um einige Aristokraten, Feinde des allgemeinen Wohls, zu denuns ziren oder um einen Aufstand für die erste beste Gelegenheit zu organisiren. Als die republikanischen Armeen an den Gränzen Europa's gegen die vereinten Kräfte Europa's kämpften, varen die Zeitungen und Journale ein mächtiger Bundesgenosse der Central, Regierung. Alle Blätter des „Pere Duchesne" wurden den Soldaten regelmäßiger als der Sold und die Bekleidung zugefender. Der Mensch lebt ja nicht allein vom Brodte. Die legten Artikel wurden im Lager gelesen und erörtert, und sie haben später viel zu den Siegen der republikanischen Heere beis getragen.

Im Konvente hatten die gemäßigten Parteien eben sowohl ihre Vertreter wie die überspannten. Brissac, Condorcet, Roland und die bedeutendsten Girondisten waren Journalisten. Nach seis ner Ausstoßang aus dem Jakobiner Klub lick Camille Desmous lins den,,Vieux Cordelier” erscheinen, in welchem er in glühens den und beredten Worten das Unglück seines Vaterlandes bes Flagte. Aber auf Seite der gemäßigten Partei war die Zahl der Journale sehr beschränkt im Vergleich zu denen, welche täglich aus der Mitte der politischen Fanatiker aufschoffen. Es gab kein bedeutendes Mitglied des Konvents, keinen Führer der Jakobiner, der nicht sein Journal gehabt hätte, in welchem er gegen `den König, den Adel, die Geistlichkeit oder seine eigenen Weinungs genoffen loszog. Wenn man einen Blick auf die zahllosen wis thigen periodischen Blätter, wie das Journal de la Montagne", die,,Aristocratie enchaînée und musclée”, das „,Echo du PalaisRoyal", das,,Journal des Jacobins" wirft, so begreift man die Proscription der Girondisten, die Lyoner Megeleien, die Ertraus fungen zu Nantes und die September Mordscenen.

Einige Schriftsteller unserer Zeit haben es für angemessen erachtet, die Französische Revolution als das Werk einiger wuths entbrannten Charaktere, einiger überspannten Geister darzustellen. Sie haben Robespierre und Danton auf einen Thron erhoben, von welchem dieselben auf das Chaos der Revolution nieders blicken. Dennoch ist nichts lächerlicher, denn damals war die Thatkraft eine allgemeine Gabe, und keiner dieser Menschen hatte sie zurückdammen können. Als sie dieselbe in ihrem schrecks lichen Aufschwunge aufzuhalten versuchten, verschwand ihr Eins: fluß und ihre Vollsthümlichkeit, und sie fielen selbst als Opfer einer höheren Gewalt, sie wurden vom Strudel fortgeriffen. Warum wurden die Girondisten in die Wälder getrieben und wie wilde Thiere gejagt? Weil sie zu gemäßige waren. Warum wurde Danton, dessen mächtige Stimme das Zeichen zu den September Meseleien gab, vor das Revolutions Gericht geschleppt? Weil er gestammelt hatte und, als die Gelegenheit da war, fich nicht als Mann zeigte; Camille Desmoulins wurde von dems felben Schickjale getroffen. Robespierre felbst würde sich langer

1839.

gehalten haben, wenn er nicht zulegt eine gewisse Neigung für ote Grundsaße der Ordnung und Mäßigung hatte blicken lassen. Die Partei, welche ihn stärzte, sah mit Schrecken, daß er nahe daran war, von seinen Genoffen eine strenge Rechenschaft der Gräßlichkeiten zu fordern, welche sie auf ihren Missionen in den Departements begangen hatten. Es ist wohl erwiesen, daß Ror bespierre es gethan haben würde, wenn er langer gelebt hätte. Diejenigen, welche nur seine demagogischen Ausschweifungen kennen, würden über die Prinzipien erstaunen, welche er acht Monate vor seinem Tode angenommen hatte, als er schon nicht mehr zu den Ultra's gehörte und die neuen Männer über ihn hinausgegangen waren. Das scheint phantastisch und unglaublich, obgleich es wahr ist.

Es würde leicht seyn, die Proben von der Gewalt des revos lutionnairen Dranges zu vervielfältigen. Die Blåner der Zeit wimmeln davon, und es ist interessant, zu sehen, welche Lobesers hebungen sie dem Patriotismus und der Thatkraft der Redner ers theilen, welche ihre fanatischen Ansichten verfochten. Das sicherste Mittel, populair zu werden, war, wo möglich, Marat und Hébert an Wuth zu überbieten. Diese beiden Männer waren lange Zeit Ideale, denen jedes Konvents, Mitglied nacheiferte. Marar's und Hébert's Haß gegen das Königthum hatte zuleßt einen sols chen Grad von Ueberspanntheit erreicht und sprach sich auf eine fo merkwürdige Weise aus, daß es damals keinen Politiker gab, ber ihnen nicht nachzuahmen versuchte oder ihr Opfer zu werden befürchtete; so sehr beherrschten sie das Volk.

In dem Artikel, der den „Vieux Cordelier” einleitete, finden wir nachfolgende Stelle, die eine frischere Anschauung von dem Geiße der Französischen Revolution gewährt, als Alles, was man darüber geschrieben hat. Camille Desmoulins hatte die Bergs Partei aufgegeben, um zu Prinzipien der Ordnung und Mäkis gung zurückzukehren. Die Stelle heißt: „Unsere Feinde haben Fein anderes Mittel mehr, als das, welches der Römische Senat anwendere, nachdem er sich von der Fruchtlosigkeit seiner Umtriebe gegen die Grachen überzeugt hatte. Er wählte daffelbe, wie Saints Réal fagt, um die Patrioten zu verderben. Es bestand darin, daß er einen Tribun dingre, um über alle Vorschläge des Grachus hinauszugehen. Wenn dieser cinen populairen Antrag machie, so mußte jener einen noch populaireren machen und so die Prinzipien und den Patriotismus durch die Prinzipien und den bis auf die Spiße getriebenen Patriotismus eriódien."

Wenn man wiffen will, wie weit die Ueberspanntheit dieser Prinzipien ging, so muß man die Zeitungen und Schmähschriften jener Zeit lesen, welche die Werke von Thiers und Miguet in unferen Tagen wieder ins Leben gerufen. Buches und Rour haben in ihrer parlamentarischen Geschichte einige Auszüge daraus gegeben, aber sie scheinen nicht immer die populairsten Schriften benußt zu haben. Eine vollständige Sammlung aller revolutions nairen Erscheinungen zusammenzubringen, dürfte freilich seine großen Schwierigkeiten haben. Viele find mit den Parteien uns tergegangen, denen sie dienten; andere haben nur in den Depars tements cirkulirt. Manche konnten sich die Subskribenten nur unter dem Siegel des Geheimnisses verschaffen, wenn sie nicht in die Hände des rothen Mannes der Guillotine fallen wollten, denn es war für einen Römer zur Zeit der Republik nicht mit mehr Gefahr verbunden, ein Purpurkleid zu haben, als für einen Frans ösischen Bürger, gewiffe gedichtete Journale zu empfangen. Beim Durchsuchen einer zahlreichen Sammlung von Zeitschriften haben wir einige Nummern der Feuille du Jour" gefunden, welche über der ersten Spalte mit rothen Buchstaben die Worte führen: „Bürger, willst Du Dein Abonnement fortseßen? Der alte Resdacteur ist um einen Kopf kürzer gémachi.“

Ein General der Napoleonischen Armée ").

Das Schloß Maulevrier, einft der Aufenthalt des großen Colbert, war eine Beute der Flammen geworden, und die Worden

*) Der Herausgeber des New-Monthly Magazine, dem dieser Artikel lentas tehnt it, bemerkt in einer Note: Die folgende Eraslang in euchibablich wahr, felbst in ihren geringfügigiten Details – die beiden Verionen, welche in derselben die vornehmste Rolle spielen, wolten aus einem leicht in erfias" renden Bartgerübt ihre wehren Namen nicht genannt wißsen; daher wir ihnen nur falsche Namen beigelegt haben.”

brenner tanzten mit wahnsinniger Freude um das Feuer, das sie angesundet hatten.spark

Nahe dem Schauplaße der Zerstörung saß ein junger repus blikanischer Offizier unter einem alten Bauine und sah mit Thrdnen im Auge den Erzessen zu, welche seine Soldaten bes gingen. Plöglich kam ein Offizier vom Generalstab heranges prengt und überreichte ihm einen Brief. Der junge Mann ers brach das Siegel und las den Inhalt, was ihm bei dem Schein der zerstörenden Flammen nur allzu leicht wurde. Dann sprach er, dem Ueberbringer zugewender: Sage dem General Kleber, daß meine Compagnie langstens in einer Stunde auf dem Marsche seyn soll, und daß ich seinen Befehlen pünktlich nach fommen werde."

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Der Adjutant gallopirte weiter; der junge Capitain aber gürtete seinen Degen um, ging auf die Republikaner los, die um das krachende und einstürzende Gebálk eine Art wilder Saras bande tanzten, und befahl, zum Aufbruche zu trommeln. Die ganze Mannschaft schaarte sich; allein die Soldaten waren bes trunken, und die UntersOffiziere befanden sich in jenem Paroxys; mus Pannibalischer Freude, der den Tyrannen Nero erfüllt haben foll, als er Rom in Flammen aufgehen sah. Unter der Last ihrer Waffen taumelnd, strauchelten sie über die glühende Asche; allein das Wort,,Vorwärts", mit fester Stimme gesprochen, hatte doch endlich die gewünschte Wirkung.

Wohin es gehen sollte, wußten sie nicht, und sie kümmerten sich auch wenig darum. Gegen fünf Uhr des Morgens war der Ort ihrer Bestimmung erreicht. Sie hatten auf dem ganzen Wege, fast ohne Unterbrechung, die Marseillaise gesungen; sie hatten geflucht, geschworen, gelästert und allerlei andere nicht minder ergögliche Dinge gethan, um ihrer Trunkenheit Meister zu werden. Der Capitain allein schritt schweigend vor dem fittenlosen Gesindel her, das seiner Obhut empfohlen war. Das erste Wort, das über feine Lippen kam, war,,halt!" und in demselben Augenblick standen die Truppen vor einem jener reizenden Landhauser, die man in den romantischen Wäldern der Vendee so häufig antrifft. Keine Vormauer verwehrte den Zugang; das Haus war mit einer schlichten Hecke umgeben, und im Innern herrschte eine so friedliche Stille, als hätte der Bürgerkrieg dieses Asnl noch ganz verschont gelassen. Soll ich zum Angriff trommeln, Bürger Marcel?" fragte der Troms melschläger. Nein"", erwiederte der Capitain;,,,,ich gehe allein in dieses Haus.“ ́ ́ ́ Er stieg über den Zaun, flopfte ftarf an die Pforte und rief: Im Namen der Republil -öffnet!"

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nen Worten, so steht es Ihnen fret, in meinem Hause Nach, suchung anzustellen."

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In Marcel's mannlichem Antlig malte sich einen Augenblick sein Unwille bei dem Gedanken, daß er in der Eigenschaft eines Spions oder Polizei, Agenten hier war. Frau von Souland bes merkte diesen edeln Unwillen und wußte ihn zu sæäßen.,,Ihre Versicherung", sprach der Capitain, ist mir schon genug; viels leicht darf ich Sie aber bitten, meiner Compagnie ein paar Stunden lang Obdach und einige Erfrischungen zu geben wir find die ganze Nacht marschirt, und die Soldaten bedürfen einiger Ruhe." Diese Gemacher"", verseßte die Dame,,,,,stehen Ihrer Compagnie zu Diensten; ich will meiner Dienerschaft die Weisung geben, får Alles zu sorgen, was Ihnen angenehm feyn dürfte. Mir und meinen Töchtern wird es aber doch uns verwehrt seyn, während Ihres Aufenthalts in unseren Gemächern zu bleiben?i

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Marcel bewilligte ihr Gesuch mit freundlicher Miene. Kaum hatten die Damen den Saal verlassen, als die hungrigen Streis ter der Republik hereinstürzten und über die kalten Speisen und den Wein herfielen, die man ihnen reichlich servirte. Einer von ihnen, den man allgemein für einen geheimen Agenten Carrier's hielt, warf sich in einen prachtvollen mit Sammet überzogenen Armseffel, streckte seine über einander gelegten Beine weit aus und sprach:,,Das ist Alles gar schön und angenehm; wir thun uns auf Unkosten dieser Cidevants recht gutlich; allein der eigentliche Zweck, weshalb wir gekommen, darf auch nicht übers sehen werden dieser feurige Wein und diese leckeren Speijen jagen uns nichts von Stoffet Deine Ordre, Capitain, ift peremptorisch dieses verdächtige Haus ist ein zu sicherer Schlupfs winkel es muß verbrannt werden!" Meine Ordre"", verschte Marcel,,,,,ist allerdings streng genug; allein sie lautet nur dahin, daß ich Stofflet ausfindig machen soll, und es ist unsere Schuldigkeit, dieses Mannes um jeden Preis habhaft zu werden und ihn der Republik auszuliefern. Aber in diesem Hause wohnen drei schuldlose Frauenzimmer, die mir unmöglich so ges antwortet hatten, wie sie gethan, wenn sie von Stofflet mehr wüßten, als wir. Nein - nein, sie haben uns gut bewirthet; wir sind jest Alle wieder frisch und marschfähig — laß uns aufs brechen!",,Mit Nichten, Capitain", sprach der muthmaßliche Agent; dazu ist jest noch keine Zeit. Glaubst Du im Ernste, daß dieses reichliche Frühstück, mit dem wir so freundlich bes wirthet worden sind, nur für eine Dame von mittleren Jahren. und ihre beiden Töchter bereitet worden ist? — Gewiß hat man noch andere Personen erwartet und was fagst Du dazu, Cas pitain?" Mit diesen Worten überreichte er Marcel einen Brief des Abbé Bernier an Stofflet und seßte mit verstärkter Stimme hinzu: „Diesen Brief fand ich auf einem der Tische dieses Saales. Er ist vor drei Tagen datirt, und was steht darin? fobald Sie angekommen sind." Und was folgt daraus, Cas pitain? Meines Bedünkens nichts Geringeres, als daß General Stofflet allerdings vergangene Nacht hier gewesen ist, und daß die ehrenwerthe Aristokratin ihm das Schreiben eingehandigt hat. Vielleicht fah er von jenem Fenster aus die Flammen des Schloffes Moulevrier fie dienten ihm als Warnungs Signaler ist entflohen und hat schon einen großen Vorsprung. Kameraden! habt kein unzeitiges Erbarmen - des Vaterlandes Wohl geht über jede andere Rücksicht! Es ist unsere Pflicht, dafür zu fors gen, daß der Tyrann hier nie wieder ein Asyl finden kann!"

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Eine alte Dienerin ließ den Capitain ein und geleitete ihn nach einem kostbar möblirten Zimmer. ,, Bürgerin", sprach Marcel,,,General Stofflet und sein Stab haben einen Theil der Nacht, hier verweilt. Sind sie noch anwesend, so ermahne ich Dich, im Namen des Gefeßes sie auszuliefern; sind sie aber besFrau von Souland wird Ihnen meinen Brief einhändigen, reits fort, so befehle ich Dir, mir zu sagen, wohin?" Die Alte erblaßte ihre Lippen zitterten ein Gemisch von Schmerz und leberraschung malte sich in ihren Zügen. Endlich sprach sie mit erzwungener Fassung: Mein Herr (ie war nicht gewohnt, Bürger zu sagen), ich kann zu Gott schwören, daß kein Mensch in diesem Hause ist, diejenigen ausgenommen, die ein Recht haben, hier zu seyn." "Wohl"", verfeßte Marcel; so geh' und laß alle Personen, die unter diesem Dache sind, vor mir erscheinen.""

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Die Alte ging, wie ihr geheißen war, und der Capitain bes schaute sich unterdeß alle die kostbaren und geschmackvollen Möbel, welche den Salon schmückten. Nach einer Viertelstunde trat eine schöne, Ehrfurcht gebietende Frau, begleitet von zwei reizenden jungen Töchtern, in das Gemach.

The wir fortfahren, erlauben wir uns, dem Leser über Capitain Marcel einige ndhere Auskunft zu geben. Er war ein ges borener Pariser, und fein Vater ein obskurer Handwerker in einem der obstursten Viertel der Stadt. Der Sohn hatte das Handwerk feines Vaters erlernt. Vermuthlich würde er bis an feinen Tod unbekannt geblieben seyn, hätte nicht die Revolution feine Geistess und Seelenkräfte in einer ganz anderen Sphäre entwickelt. Jung, hochherzig und enthusiastisch, wie er war, fchloß sich Marcel den Männern der Revolution an. Sein Pa triotismus dürftete nicht nach Blut; auch gehörte er nicht zu denen, die bei Gründung der Republik nur ihre eigene Wohlfahrt im Auge hatten. Die Revolutions Grduel der Hauptstadt erregs ten seinen Abscheu und bestimmten ihn, auf dem Schlachtfelde fein Glück zu suchen. Er focht als Freiwilliger bei Valmy und dann bei Fleurus ein Befehl des Konvents schickte ihn nach der Bendee, wo er sich als tüchtiger Offizier und edler Mensch das Vertrauen des Generals Kleber erwarb.

Das Erscheinen der Witwe und ihrer beiden Töchter, in deren Blicken man die Furcht las, die jede Uniform in jenen Tagen des Schreckens einflößte, machte einen tiefen Eindruck auf Marcel.,,Bürgerinnen", sprach er mit ehrerbietigem Ernste, ,,ich erfülle nur meine Pflicht als Soldar. General Stoffet und feine Stabs Offisiere sollen vergangene Nacht in dieser Gegend sugebracht haben; und zwar nennt man Ihr Haus als das eins sige, in welchem er Quartier finden tonute. 3ch freue mich, das bie Untersuchung mir übertragen worden ist, denn ich hoffe, die Strenge der Befehle, die ich empfangen, fo viel als möglich mildern zu können." "Wir wohnen hier allein"", sprach die Dame; sögen ale moglich und gang abgeschnite Wir leben fo zurückges von deu Unruhen, die

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Die halb trunkenen republikanischen Soldaten verstanden den Sinn dieser Worte nur zu gut fie fdumten nicht, dem Winte des herzlosen Ungeheuers Folge zu leisten. In zwei Minuten waren sie durch das ganze Haus zerstreut Einige stürzten in die oberen Gemächer, Andere erbrachen die Keller, und jeder Winkel wurde durchwählt und geplündert. Die rohesten Flüche, die unzüchtigsten und abscheulichsten Gesange hallten in dem Ges bdude wieder. Die unglückliche Frau von Souland und ihre zitternden Töchter börten selbst in dem abgelegenen Zimmer, wo fie fich eingeschlossen hatten, das Gebrüll der zugellosen Bande. Die Tochter, welche von dem Graufen des Bürgerkrieges schon öfter Zeugen gewesen, suchten ihre vortreffliche Mutter zu trösten und zu ermuthigen. Wir werden bald ohne Obdach seyn", sprach die dltere Tochter; „,aber in unserem Elend und in unserer Verbannung fann uns der Gedanke glücklich machen, daß wir einen der edelsten Vertheidiger der Königlichen Sache beherbergt haben." Frau von Souland drückte ihre beiden Kinder mit Thränen an ihr Herz.

Plößlich hörte man die Bluthunde schreien: Stecker das Haus in Brand! Scheucht den Fuchs mit Rauch aus seinem Schlupfwinkel!" und sogleich stürzten Alle hinaus, machten Fackeln, wozu ihnen die rings um das Schloß wachsenden Ge niste Material gaben, legten an verschiedenen Stellen Feuer an und umringten dann das Gebdude in einiger Entfernung, um feinen Menschen aus den rauchenden Trůnimern entwischen zu laffen. Sobald die zerstörende Flamme an den Mauern empors loderte, eilte die unglückliche Frau von Souland auf den Ballon über dem Eingang. Ihre beiden Tochter hatten sich in einem Zustande halber Bewußtlosigkeit an ihre Arme festgellammert. Um Gottes Willen", rief fie mit verzweifelter Stimme,,,fellt eine Leiter an nicht für mich nicht für mich für meine armen Kinder! D, rettet fie!" Bei diesen Worten hob fe eines

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der theuren Kinder vom Boden auf, um das Mitleid der Mords brenner zu erregen. Carrier's Agent lächelte teuflisch.,,Capis

anjulegen."- "Der Erfe, welcher feuert, ift des Todes"!"", donnerte Marcel in wåthender Erbitterung. Er fällt durch meine Hand!" In demselben Augenolic fielen zwei Schüsse, und im nächsten lagen zwei von den drei Opfern auf dem Bals fon in ihrem Blute. Marcel stürzte gegen den Mann des Volkes los, der diese That gethan hatte, und schrie: Bdsewicht, Du haft Deine grdsliche Absicht erfülle jest erfülle ich die meis nige." Mit diesen Worten hielt er die Mündung seines Pistols . dicht an den Kopf des Barbaren, drückte los, und der Mörder war eine Leiche.

Dies war ein verzweifelter Schritt. Die kaltblütige Feftigs feit Marcel's und der Anblick des gefallenen Ungeheuers hatten cine mdchtige Wirkung auf die Soldaten fie starrten voll Ers Raunen vor sich hin, murrten aber nicht. ,,Es waren Drei", rief Marcel;,,nur zwei von ihnen sind gemordet! Bürger, helft mir die Dritte aus den Flammen retten!!!

Die Soldaten gaben ihre Bereitwilligkeit einstimmig zu ers kennen. Der Balkon wurde erstiegen Marcel stürzte an den Leichen der gemordeten Opfer vorbei und mitten ins Haus; er bahnte ich seinen Weg über die krachenden Balken und durch den dicken Rauch, welcher die entfernteren Seiten des Gebdudes noch füllte. Eine schauerliche Unthat war begangen, und Marcel hatte geschworen, die brennenden Trümmer nicht cher zu vers laffen, bis er die unglückliche Waise, die noch übrig war, dem Verderben entrissen hätte. Vergebens war sein Bemühen — er fonnte keine Spur von dem Mädchen entdecken; die Flammen schlugen empor; feine Lage wurde immer gefahrvoller. Endlich, als der leste Hoffnungsstrahl schon verbleichen wollte, entdeckte er am Ende eines Korridors, den die Flamme jeßt erst ergriff, eine am Boden liegende weibliche Gestalt. Mit einem Sprunge befand er sich an der Stelle, wo sie lag; sie war bewußtlos und leichenfalt, aber sie athmete noch. Marcel richtete sie auf, nahmi fie in seine Arme und eilte über den brennenden Flur zurück, bis er den Balkon wieder erreicht hatte. Zu ihrem Glücke konnte die Arme nicht bemerken, daß die Flammen schon an den bluts befleckten Leichnamen ihrer Mutter und Schwester nagten, über welche ihr edler Retter hinwegschreiten mußte. Die Leiter, auf welcher Marcel hinangestiegen war, wurde von den Leuten unten fest gehalten, und Marcel brachte das schuldlose Geschöpf glücks lich hinab. Jeßt floß sein edles Herz über; Dankbarkeit trat an die Stelle der Unerschrockenheit und Thrdnen stürzten aus seis nem Auge.

Freunde", sprach er zu den Soldaten,,,laßt uns das Werk der Sühne, welches so glücklich begonnen ist, auch vollenden laßt uns dieses hülfloje Mädchen beschüßen, die sonst nirgends mehr Schuß finden kann." Der Aufruf hatte seine Wirkung das arme Geschöpf war nicht mehr eine Aristokratin, eine Roya listin fie war eine verlassene Waise, die der Capitain vom Tode errettet hatte. Alle zeigten sich mit Marcel einverstanden. Der edelherzige Mann wachte mit brüderlicher Sorgfalt über dem jugendlichen Schüßling und stellte seinen Kameraden vor, daß es gebieteriiche Nothwendigkeit fen, die Unglückliche von dieser Scene des Schreckens zu entfernen, che sie aus dem Zus ftande wohlthätiger Bewußtlosigkeit, in welchem sie sich befand, wieder erwacht seyn würde. Man legte fie auf eine Art von Bahre und trug fie behutsam von dannen. Endlich erwachte sie ein Augenblick, dem_ihr_Retter mit klopfendem Herzen ents gegengesehen. (Fortseßung folgt.)

Rußland.

Die Deutschen in Rußland. (Fortseßung.)

Lievland steht zwischen Kurland und Esthland in der Mitte. Lenn auch seine Adeligen sich nicht so entschieden alle dem Staats: dienste weihen, wie die Esthland's, so glänzen doch auch die meis Een seiner ausgezeichneten Namen in den höchsten Chargen.

Es ist freilich der Adel dieser Provinzen, der vorzugsweise zu den höchsten, namentlich militairischen und diplomatischen Chargen gelangt. Doch ist er es keinesweges ausschließlich; viel mehr werteifern mit ihm die Söhne der Prediger und Kaufleute in der Erlangung hoher Ehrenstellen. Barklan de Tolly war nicht der einzige Rigasche Kaufmanns, und der ausgezeichnete Corps General Grabbe nicht der einzige Lievländische Pastoren Sohn, so wie Rüdiger nicht der einzige aus dem Advokatenstande, die auf dieser Bahn weit gelangten.

Es ist kein zweites Land in Europa, das, mit Rücksicht auf feine bisherigen Zustände, so viel Neues schafft und in so fort schreitender Ausbildung begriffen ist, wie Rußland. Es bedarf daher der flugen Köpfe und thätigen Arme in hohem Grade, und Jeder, der Hand anlegen kann, ist ihm willkommen. Hierzu Pommt, daß die Russen, die unter sich nur Adel und Bauern kens men, den gebildeten Deutschen, den sie doch unmöglich zu den Legieren rechnen können, fast durchweg als zum Adei gehörig ans feben, er mag nun von Geburt ihm angehören oder nicht. Aus beiden Ursachen wird wenig nach der Geburt des Deutschen ges frage und nach den Ahnen, die seine Vorhallen sieren, vielmehr werden nur feine eigenen Talente in die Waagschale gelegt. Da ferner die Fach Eintheilung der Geschäfte in Rußland eben fo wenig scarf ist, als die Sonderung der Stände, und dort vielmehr ein Uebergeben aus der Kavallerie zur Infanterie, aus Der Artillerie zur Garde, aus dem Militair zum Civil, aus dem

Administrativfach zur Gefeßgebung, aus dem Forfifach ins Bergs werk sehr leicht ist, so ist es auch ziemlich einerlei, nicht nur wer, fondern auch wo man die Stufenleiter der Ehren zu erklimmen beginnt. Man widmet sich nur eben im Allgemeinen dem Dienst, tritt ein, wo man die nächste Gelegenheit findet, schreitet vor und vor, und hat man Talent, Energie und Regsamkeit, so kann man ficher darauf rechnen, zu hohen Würden zu gelangen.

Die zunächst aus dem Auslande eingewanderten Deutschen haben freilich noch anfangs mit gar mancherlei Hindernissea zu kampfen, mit der Akklimatisirung des Körpers und Geistes, mit der Erlernung der Sprache u. f. w., um vorwärts zu gelangen. Aber wenn sie sich durch ihre Tüchtigkeit einigermaßen Ruf and Freundschaft erworben haben, so werden gewiß dermaleinst ihre Söhne, denen sie mit Rath zur Seite gehen können und die mit der besseren Kenntniß Rußlands den Vortheil verbinden, einem tüchtigen Deutschen Vater nahe gestanden zu haben, es weit bringen. Die Söhne aus Deutschland eingewanderter ausges zeichneter Aerzte, Profefforen, Ingenieure oder Bergleute haben immer mit siemlicher Sicherheit auf eine glanzende Zukunft zu rechnen.

In Deutschland seufzt wohl mancher arme gedrückte Geist am niedrigen Schreibertische; manches ausgezeichnete Talent quilt sich auf der dornigen engen Felsenbahn vergebens. Der tüchtigen Menschen sind so viele, und der Eine hindert den Anderen. Jir Rußland dagegen fühlt sich der thatlustige Deutsche wie in einem anderen Elemente, das ihn trägt und hebt. Man bedarf seiner. Er sieht sich aufgesucht. Alles ordnet sich ihm leicht unter. Scin Deutschthun allein schon giebt ihm ein Gewicht, das er in seinem Vaterlande, wo alles Nichtdeutsche mehr gilt, nicht in sich fählte, und so steigt er sicher und rasch empor.

2) Der Einfluß der Deutschen als Gelehrte, Aerzte u. f. iv.

Wenn etwas des Deutschen eigenthümliches Fach ist, so ist es die Wissenschaft. Es ist daher natürlich, daß er diese in Rugs land, wo man so leicht des Deutschen Verdienste anerkennt, vor allen Dingen geltend mache. Vor den Kenntnissen und der Ges lehrsamkeit eines Deutschen hat daher jeder Russe durchweg eine solche Achtung, daß er gleich von vorn herein ohne Weiteres die Segel vor ihm streicht. Und wenngleich dem Anschein nach in neuerer Zeit, wo auch unter den Rüssen nicht wenige Forscher und Gelehrte fich hervorzuthun angefangen haben, diese gute Meinung vom Deutschen etwas vermindert zu seyn scheint, ja die Ruffen, im freudigen Bewußtseyn, auch etwas geleistet zu haben, schon hier und da anfangen, sich aufs hohe Pferd zu feßen und auf ihre bisherigen Lehrmeister herabzusehen, so ist dies doch nur scheinbar, dauert nur so lange, als sie unter sich find, und dem Deutschen gegenüber nehmen sie gern Hut und Maste ab.

Die beiden in der Achtung des einheimischen wie auswárs tigen Publikums am meisten hochgestellten gelehrten Institute Ruslands sind die Dorpater Universität und die Petersburger Akademie. Beide find ganz auf Deutschem Fuß eingerichtet und von Deutschen Gelehrten geleitet. An der Universität zu Dorpat find sämmtliche Professoren འཇམ་བ་ར་ར་ར་ར་ར་ར་ར་ mit einer einzigen Ausnahme Deutsche, und bei der Petersburger Akademie gehören ebenfalls die ausgezeichnetsten Namen unserer Nationalität an. Auch auf den übrigen fünf Russischen Universitäten findet man neben den Russischen wenigstens einige Deutsche Professoren, und auch bei denselben gehen gewöhnlich immer die ausgezeichnetsten Leistungen von einem Deutschen Namen aus.

Die Universitat Dorpat hat wohl entschieden von allen diesen wissenschaftlichen Instituten den ausgedehntesten Wirkungskreis. Ein Dorpater Professor ist in ganz Rußland ein Wesen, dem inan den größten Respekt erweist und bei dessen Namen und Titel man sich an Alles, was der Parnaß Glänzendes und Blendendes hat, zu erinnern scheint. Es ist überall eine Empfehlung, in Dörpt) studirt zu haben, und jährlich sendet diese Universität eine große Partie von geschulten Leuten, Aerzten, Predigern, Lehrern und Professoren aus, die sich in dem großen Reiche vertheilen.

Vor allen Dingen ist die Universität Dorpat die Pflanzschule und das Treibhaus für die Rusischen Professoren. Richt nur werden häufig junge Privats Docenten und außerordentliche Pro: fefforen von dort nach Russischen Universitäten ins Innere als ordentliche Professoren verseßt, sondern es eristirt hier auch ein eigenes sogenanntes Professoren Institut, in welchem junge Leute gleich von vorn herein planmäßig zu akademischen Lehrern auss gebildet werden.

Fast noch wichtiger aber erscheint sie als Bildungsschule der Aerzte, rait denen fie ganz Rußland versieht. Jährlich gehen von Dorpat eine Menge junger Deutscher Mediziner aus, die sich in den Städten des Innern oder als Hausärzte bei Rujsschen Großen niederlassen. Die vornehmsten Aerzte in allen größeren Städten sind durchweg Deutiche, entweder von Dorpat ausges gangene oder aus Deutschland eingewanderte. Auch die Leibs Aerzie des Kaisers und der Kaiserlichen Familie sind fast samants lich Deutsche.

Die Prediger und Theologen, die von Dorpat, für das Innere von Rußland bestimmt, ausgehen, sind natürlich nur zunächs dazu berufen, die dort befindlichen Deutschen Gemeinden als Seelenhirten zu leiten. Das Vertrauen aber, das der Rufe dem

*) Ruffifcher Name für Dorval

Deutschen schenkt, fährt ihn überall über seinen nächsten Wirs fungskreis hinaus; und jo insbesondere den lutherischen Prediger, der natürlich vorzüglicher Hochachtung genießt. Die Deutschen Prediger im Innern Rußlands tommen daher mit so manchertei Menschen in Verbindung, erhalten so vielfache Aufträge und Geschäfte, die zu ihrem Amte gar keine Beziehung haben, daß ihre Stellung dadurch eine ganz eigenthümliche und in vieler Hinsicht sehr bedeutungsvolle wird.

Im Lehrfache und als Hofmeister hatten früher die Frans zofen vor den Deutschen den Vorrang. Allein jezt sind die Deutschen Lehrer und Erzieher mehr gejucht, als die Französischen. Im Jahre 1832 waren in Petersburg nach dem Journal des Minifteriums des Innern 157 Lehrer aus dem Auslande, unter ihnen 85 Deutsche; die übrigen, außer einiger Engländern, meistens Franzosen und Schweizer. Zu jenen 85 konnte man aber noch fast eben so viel inländische Deutsche Lehrer fügen. Im Innern Rußlands findet man jeßt entschieden mehr Deutsche an der Spize von Privat-Schulen und Erziehungs, Anstalten, als Franzosen, und in den meisten Häujern der Russischen Großen ist einem Deutschen die Leitung der Kinders Erziehung übertragen, während oft ein Franzose nur noch als Gehülfe erscheint. An der Spige fast aller von der Kaiserin Maria in den Haupt- und Gouvernements: Städten gestifteten und für die Bildung der Russischen Frauen so äußerst thätigen sogenannten FräuleinsInsti tute (instituts des demoiselles nobles) stehen Deutsche Damen, in der Regel höchst gebildete Frauen aus Lievländischen adeligen Familien. Eben so findet man an Rusischen Gymnasien und Lyceen weit haufiger Lehrer Deutscher Zunge, als von irgend einer anderen nicht-Russischen Nationalitcht.

3) Die Deutschen als Kaufleute, Handwerker, Künstler u. f. w.

Wie viel Bedrücktes, Schiffbrüchiges und Aussichtsloses hat fich nicht schon in Lübeck eingeschifft, hat, unter Furcht und Hoffs nung schwebend, die Ortsee durchkreuzt und ist in Rußland ju Brod und Ehren gelangt. Schneider, Schuster, Maurer, Weber, Maler, Musiker stranden alle Jahre eine Menge in Petersburg an, und sieht man sich nach einiger Zeit nach ihnen um, so findet man sie hier oder dort an der Woiga oder am Schwarzen Meer, in Sibirien oder am Kaukajus wohlbestallt, satt, rundlich und zufrieden. Wie manches Kleeblatt Deutscher Lumpaci› Vagabuns den überschritt soon die Russiche Graaze und bekleidete und begrafte sich nachher hier so, daß es, des Vaterlandes uneinges dent, sich im Lande der Lothophagen dünkte.

Deutsche Waare, Deutsche Arbeit stehen in Rußland in so hohem Ansehen, daß ein Deutscher Handwerker gewiß schon ein dußerst arger Pfajcher seyn muß, wenn es mit ihm nicht vors wärts geht. Die Deutschen Handwerker in Petersburg leben wie in Abraham's Schoße. Und ein Tischlers oder Schneider-Talent, das in Deutschland vielleicht höchstens sein ordentliches Zimmerchen und sein anständiges Auskommen hätte, lebt dort im Ueberfluß und prachigen Wohnungen, die oft den Palásten der Vornehmen nicht nachstehen. Unjer Schneidermeister wird dort zum tailleur. mar. chand, unser Mahlenbauer machi sich zum Mechanikus, und unser Tischler etablirt alsbald ein elegantes Möbel-Magazin, während der Tuchicheerer nicht lange säumt, eine Tuchfabrik zu errichten und mit seinen eigenen Waaren die Wessen zu beziehen. Es giebt in Petersburg Tischler, die sich Millionen zusammenhobels ten, Schneider, die sich Paläste zusammenuähten, Klavierbauer, die ihre Tochier an Rassische Geverale verheiratheten, und Schuster, deren Lurus den Neid manches Deutschen Barons erres gen könnte. - Anfangs arbeiten dieje Leute selbst. Haben sie aber erst etwas Kapital, fo nehmen sie Russen in ihren Sold, die ihnen billige und gute Dienste leisten, und leiten dann nur noch als Fabrikherren deren Beschäftigungen. Wie in Petersburg, ganz eben so ist es auch in den größeren Städten der Provinzen. Auch hier fühlen und benußen die Deutschen Handwerker ihre große Ueberlegenheit über die Russen, werden woh habend, leben im Ueberfluß und kommen, vermöge der guten Meinung, die man von ihnen hegt, und der Bildung und Redlichkeit, die man bei ihnen vorausseßt, mit Klassen der Gesellschaft in Berührung und sehen sich in Kreise gezogen, denen ihre Stellung in Deutschs land se nie nahe brachte. Die Deutschen danken sich ein Metall von edlerem Schlage als die Rassen, und diese bestärken sie durch vielfache Anerkennung in diesem Glauben. Eine junge gebildete Deutsche Handwerkstochter im Innern Rußlands wirkt schon ihre Augen auf Orden und Epauletten, die ihr in Deutschland ganz unerreichbare Sterne waren. Nichts ist häufiger als Heis rathen zwischen armen Deutschen und reichen Ruffen, und man findet manchen Herrn Meyer oder Miller, deffen Frau eine ges borne Fürstir G... oder K... ist, und manche Fürstin E. oder 3., die bei der Nadel ihres Deutschen Vaters aufrouche.

Das große Vertrauen, das die Russen der Gewissenhaftigkeit und Ehrlichkeit der Deutschen schenken, kann diese nur ehren, und es wäre schön, wenn sie dies Vertrauen immer rechtfertigten Gewöhnlich trauen die Russen dem Deutschen viel mehr zu als ihren eigenen Brüdern, und wenn ein Ruffe Jemanden etwas recht Gewichtiges und Werthvolles anzuvertrauen hat, oder wenn er eines aufrichtigen und intimen Freundes Rath bedarf, wählt er gewiß eher einen Deutschen zu seinem Vertrauten, als einen

Ruffer. Wo daher im Inneren Rußlands ein Deutscher sich attr fajfig machte, den feine Vermögensumstände und Geschafte ein wenig unter die Menschen bringen, da sieht er sich bald zam leitenden Mittelpunkte einer Menge von Angelegenheiten und Geschäften erhoben und tritt oft als Adelsmarschall an die Spige der umwohnenden Gutsbesitzer, oder wird doch als geistreicher Gesellschafter, als talentvoller Sänger und Whistspieler die Zierbe und der Tonangeber in seinen geselligen Kreisen.

Die jest aufblühenden Fabriken im Innern Rußlands haben auch häufig Deutsche Fabrikmeister an der Spige. Von Deuts schen Kaufleuten findet sich die größte Kolonie natürlich in St. Pes tersburg, wenn man nämlich von Riga, Libau, Wiborg u. f. r., welches ja völlig Deutsche Pläge find, absteht. Doch sind auch sonst in allen anderen Rufüfchen Sceplägen, in Archangel, Odessa u. f. w., mehrere Deusche Häuser. Unter jenen Petersburger Deutschen Kaufherren, die entschieden das Hauptcorps und den Kern der ganzen Petersburgfchen Kaufmannschaft bilden, finden fich Bürger aus allen Deutschen Handelsstädten, insbesondere aus den Russischen Ostseepläßen Eingewanderte. Alte Petersburger Stamm Hauser giebt es wohl kaum unter ihnen. Da ihre Söhne gewöhnlich entweder zu ehrenreicheren Gewerben übergehen oder sich mit dem Reichthum ihrer Väter außer Landes zurückziehen, so kann man diese Kolonie als in bestandiger Erneuerung bes griffen ansehen. Die alten Etablissements verschwinden schnell, und es treten immer neue an ihre Stelle. Uebrigens zeichnen sich die Deutschen Kaufleute Petersburgs durch große Humanitat, eine feinerne Artigkeit im Wesen und Benehmen und eine loss mopolitischere Bildung aus, als unseren einheimischen Kaufleuten fonst eigen zu feyn pflegt. Sie nehmen in Rußland, wo sich Alles mehr mischt und assimilirt, als bei uns, mit Beibehaltung ihres trefflichen Deutschen Fonds, eine gewiffe Politur an, in der offenbar die Slawen ihre Lehrer waren. Im Inneren Ruß lands giebt es aber, was bemerkenswerth ist, gar keine Deutsche Kaufleute, weder solche, die den großen inneren Handel betreiben, auf den Weffen und in den Gostinnoi Dwor's, noch den kleineren Kramerhandel auf den Markten und in den Buden. Dieser Hans del ist bei den besonderen Natur-Verhältnissen des Landes zu eigenthümlich, als daß hier Fremde mit den Russen wetteifern könn ten. Dazu haben die Russen, denen sonst alles Genie zum groß artigen überfeeischen Handel abgeht, ein so höchst merkwürdiges Talent im Klein-Kram, daß sie hier alle Konkurrenz der Deutschen völlig ausschließen und die Kaufmannschaften der Rufüschen Städie, die im Gostinnoi Dwor versammelt sind, einzig und allein und ausschließlich aus Russen und zwar nur aus eigentlichen Groß, raffen bestehen. (Schluß folgt:)

Mannigfaltiges.

Mittelalterliche Studien. Ein wichtiges und ans zichendes Werk zur näheren Kenntniß des Mittelalters ist so eben in Italien erschienen. Herr Luigi Cibrario in Turin, früher be: reits durch historische Arbeiten bekannt, hat eine Monographie ,,über den Staatshaushalt des Mittelalters" herausgegeben *). In drei Büchern behandelt der Berfaffer darin den politischen, den fittlichen und den ökonomischen Zustand des vom Ende des fünften bis gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts reichensTM den tausendjährigen Zeitabschnitts, welchen wir das Mittelalter zu nennen pflegen. Natürlich ist es zunächst Italien, das der Verfasser dabei im Auge hat, doch auch auf andere Länder wirft er gelegentlich einen belehrenden Ueberblick. In dem ersten Buche werden vornehmlich die Einflüsse erörtert, welche die Ins vasion der Barbaren auf das Leben und die Gesittung der che maligen Römer gehabt; die Begründung des Feudal, Sykems, so wie der kirchlichen und der socialen Hierarchie, der ursprung der Gemeinden und das Völkers oder Fauftrecht, wie Krieg oder Frieden es mit sich brachten, werden dargestellt. Im zweiten Buche ist es die Macht der religiösen Ideen und deren Einfluß auf viele Institutionen des Mittelalters, wie namentlich Klöfter und Ordensbrüderschaften, was erläutert wird. In vier Kapiteln svricht der Verfaffer von dem häuslichen Leben, von den Festen, so wie von dem Zustande der Wissenschaften und Künfte bei den Völkern jener Periode. Das dritte Buch endlich, welches die ökonomischen Zustände beschreibt, dürfte wohl die meisten neuen Aufschlüsse enthalten, da der Verf. hierbei aus Chroniken und Handschriften geschöpft hat, die bisher noch wenig bekannt find. Interessant möchten besonders die Tabellen feyn, die uns über die Preise des Getraides, der Hausthiere und vieler anderen Dinge, namentlich Handarbeiten c., aus dem Zeitraume vom Jahre 1289 bis zum Jahre 1397 mitgetheilt werden und die der Berfaffer aus den in den Archiven von Piemont befindlichen Dos kumenten geschöpft hat. Wir bekommen dadurch einen Begriff von dem Zustande des Ackerbaues und des Gewerbfleißes im Mittels alter, von dem Werthe, den die Tagearbeit damals gehabt, und von den verschiedenen Abstufungen, wonach Priefter und Laien, Krieger und Magistratspersonen befolder und hochgehalten wurs den. Dem Historiker wie dem Statistiker bietet das Werk des Herrn Cibrario eine Fundgrube von neuen Materialien dar.

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Nummern. Prânumérations: Preis 221 Sgr. ( Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für bas ganze Jahr, ohne Erhobung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

Ꮧ 71.

Magazin

für die

Beiblatt der Aug. Fr. Staate Zeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße, Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Woblobt. Poft - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Freitag den 14. Juni

1839.

England.

Bischof Goodman und seine Zeit *).

Der Bischof Goodman, welcher in der Zeit der Königin Elisabeth und des Königs Jakob I. lebte, gehörte zu jenen ges wissenhaften Männern, die in der einen Kirche fete Pfrauden verzehren, während sie ihr Seelenheil in der anderen suchen. Er befleidete die Würde eines Anglikanischen Bischofs; aber sein Hang zum Katholizismus war so offenkundig, daß man ihn dess halb bei dem Könige verklagte. Unter anderen Dingen wurde ihm zur Last gelegt, daß er ein Kruzifir zu Windsor wieder aufs gerichtet und verschiedene Stellen dieses Kruzifires mit Bildnissen bes Erlösers geschmückt habe **). Alle übrige Beschuldigungen überwog aber Laud's Zeugniß; denn Goodman hatte diesem geists lichen Würdenträger auf der Synode vom Jahre 1640 perems torisch erklärt, sein Gewissen erlaube ihm nicht, die neuen las nonischen Sagungen zu unterschreiben. Vergebens bedeutete ihm Laud, eine so überraschende Weigerung könne in einer Zeit, wie der damaligen, dem Klerus und der Kirche nur sehr nachtheilig feyn. Goodman blieb hartnäckig und mußte, nachdem er, wie es die Sitte erheischte, drei Mal ermahnt worden, in das Staatss Gefängniß wandern. Der Herausgeber des vorliegenden Werkes giebt sich Mähe, uns zu beweisen, daß Bischof Goodman sehr wohl glauben konnte, was er glaubte, und verwerfen, was er verwarf, ohne darum ein schlechter Protestant zu seyn; aber gewiß hat ihn hier sein edelmåthiger Eifer irre geleitet. Goods man war ohne Zweifel ein Krypto Katholik, und nicht etwa ein bloßer Eklektiker in Sachen des Glaubens. Er liebte den Pomp des fatholischen Gottesdienstes, vertheidigte die Wertheiligkeit und ́erfläårte noch in seinem leßten Willen, jedes andere Bekennts niß könne nur insofern zum Heile führen, als es mit den Lehr. saßen der Römischen Kirche übereinstimmte.

Wir wollen dem Bischof seine subjektiven Grundfäße nicht zum Vorwurfe machen von diesen brauchte er nur seinem Schöpfer Rechenschaft zu geben. Mit großem Rechte aber können wir ihm vorwerfen, daß er der einen Kirche zugethan war und aus den Fonds der anderen feine Taschen füllte. Er beging_das mit ein Verbrechen an beiden Kirchen und einen doppelten Vers rath an dem gerechten Fürsten, in dessen Dienst er stand. Laffen wir aber diesen Punkt, der seinen persönlichen Charakter betrifft, jezt auf sich beruhen und heben wir einige Stellen seiner Denks würdigkeiten aus, um dem Leser zu zeigen, wie angenehm, launig und verstandig der Bischof schreiben fonnte, obgleich sein Sul an der schleppenden Unbehülflichkeit des Zeitalters laborirte.

Im Verlaufe der sogenannten großen Rebellion bemeisterten fich die Insurgenten des Hauses Goodman's und warfen seine Bicher und Papiere auf die Gasse. Der Bischof bezog eine Privats Wohnung in Westminster, wo die Rache des Volles ihm weniger anhaben konnte, und verfaßte daselbst vorliegendes Mes moire, eine Art von Histoire de son Temps, worin man eine größtentheils chronologisch geordnete Auswahl von Begebenheiten and Charakterzugen findet, die zu Ergänzung des Gemäldes jener Epoche interessante Beiträge liefern. Wir entdecken_in_diesen Memoiren keinen Parteigeist, oder wenigstens nicht mehr Spuren desselben, als man in den Schriften einer Person, deren Ansich‹ ten eine entschiedene Richtung genommen, vernünftiger Weise vorausseßen kann.

Die folgende daraus entlehnte Erzählung ist so echt dramas tisch und einem der Spanischen Schwerts und Mantelstücke so frappant ähnlich, daß wir nicht umhin können, fie gang mits autheilen. Der Graf von Esser war nach dem Tode seines Schwiegervarers Walsingham (1590) bei der Königin Elisabeth wieder in Gunst getreten, und er glaubte, das Vertrauen seiner Gebieterin wirksamer zu erhalten, wenn er den Leibarzt Ihrer Majestät in sein Interesse soge. Lassen wir jeßt den Bischof erzählen:

The Court of King James the First etc. (Der Hof König Jakob's I.; von Dr. Godfrey Goodman, Bischof von Gloucester.) Nach dem Originals Mana kripte zum ersten Male herausgegeben durch John Brewer. 2 Bande. London, 1839.

*) Das Kreuz wurde in jener Zeit von den Arengen Puritanern als ein Emblem des Bavuthums betrachtet. Nicht geringeren Abscheu hatten sie vor atten religiösen Bildern, was leider manchen Denkmälern der 'Kun verderb lich gewesen ist.

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,,Graf Effer sprach nun mit Dr. Lopez, dem Arzte der Könis gin (einem Portugiesischen Juden von Geburt), und sagte ihm, daß die Königin viele Feinde habe die Spanier haßten fie die Papisten thaten ihr jedes Leid an, das in ihren Kräften stande; sie sey alt und kinderlos, und doch hinge die ganze Wohls fahrt des Reiches von ihrem Leben ab. Es wäre unmöglich, alle Pläne der Feinde zu entdecken und alle ihre Anschläge im Eins zelnen zu vereiteln; wohl aber dürfte man hoffen, daß alles Uns heil abgewendet werden würde, wenn Ein Individuum ihr Vers irauen in sich zu konzentriren verstände. Nun aber", fagre Effer,,,wüßte ich keinen Menschen am Hofe, der diesem Geschäfte besser gewachsen wäre, als Jhr, Dr. Lopes. Geher also zur Köi nigin und bittet sie um Erlaubniß, den Plan ins Werk segen zu dürfen." Lopez entgegnete: Dieses Unternehmen, Mylord, ist sehr gewagt; Ihr stehet jeßt bei der Königin in Gunst; allein wir wissen nicht, wie lange Ihr diefer Gunst Euch erfreuen wers det. Ihr könnt sterben, und alsdann ruht die ganze Verantwors tung auf mir. Gestattet mir wenigstens etwas Bedenkzeit."""" Unterdes eröffnete Effer der Königin sein Vorhaben; Lopes that ein Gleiches, sobald er eine schickliche Gelegenheit fand. Die Königin sagte ihm, es sen nicht seines ärztlichen Amies, in folcher Art zu praktiziren; jedoch wolle sie ihm die Sache anheimstellen; und gelange es ihm, ihr einen Dienst zu erweisen, so folle er nicht unbelohnt bleiben. Nun machie fich Lopez daran und schrieb an verschiedene seiner Freunde in Spanien und in Pors tugal, daß er, obgleich in England seßhaft, seiner Vorliebe für das Vaterland nicht entfagen könnte daß es ihn sehr schmerzte, die großen Verluste, die sein Vaterland erlitte, mit ansehen und davon Zeuge fenn zu müssen, wie die Königin jedes Mittel ers griffe, um seinen Landsleuten Vortheile abzugewinnen daß er. gern Alles, was seine Kräfte vermöchten, thun wollte, um dem Vaterlande nüglich zu seyn. Er gelobte, es würde ihm keinen Skrupel machen, selbst einen Mord zu begehen, wenn er damit das Leben vieler hundert würdiger Personen erhalten könnte, und war' es auf Kosten seines eigenen Lebens u. f. w. Diejenigen, an die er schrieb, ließen sich seine Anerbietungen ganz wohl ger fallen, ermuthigten ihn und versprachen ihm eine gute Beloh nung. Es entspann sich nun eine starke Korrespondens; fo oft Lopez wichtige Mittheilungen erhielt, feßte er zuerst die Königin und dann den Grafen Effer davon in Kenntniß; darauf ging Effer an den Hof und berichtete der Königin das Nämliche; die Königin aber lachte_ihm_ins Gesicht, weil sie Alles schon erfahren hatte So wurde der Graf mehrmals getäuscht und beschäme; und in Folge dessen entspann sich zwischen ihm und Dr. Lopes große Feindschaft. Ohne Zweifel spielte Effer dem Doktor mans chen empfindlichen Schabernack; denn als Loves eines Tages in Windsor mit Don Antonio, einem vornehmen Portugiesen, und mit dem flüchtig gewordenen Secretair des Königs von Spanien (welche Beide in Windsor wohnten), schmauste und zechte, ließ er sich gegen Effer in bitteren Schmähungen aus, machte ges heime Krankheiten namhaft, von denen er ihn kurirt habe, und suchte ihn auf alle Weise zu blamiren. Sobald aber Lopez fich entfernt hatte, gingen die Beiden tracks zu dem Grafen, an deffen Gunst ihnen gelegen war, und berichteten ihm alle die uns anständigen Reden des Doktors. Der Graf entbrannte von Zorn und beschloß, ohne Verzug sich zu rachen. Er sagte der Königin, daß Lopez ein ausgemachter Schurke sen, der in dringendem Verdacht stehe, mehrere Personen, darunter auch seinen (des Grafen) Schwaher vergiftet zu haben, auch zweifle er nicht, daß derselbe saubere Patron den Schurken auf beiden Seiten spielen und sich's einfallen lassen könnte, Ihre Majestät selber zu vers giften. Wirklich vermochte seine Aussage so viel über die Könis gin, daß Dr. Lopez als Hochverrather arretirt und in den Tower geschleppt wurde. Als er daselbst sich befand, schickte er vers schiedene Botschaften an die Königin und appellirte an die Weiss heit Ihrer Majestät. Die Königin antwortete ihm huldreichst, er folle wegen dessen, was er ihr offenbart, nicht in Nachtheil kommen; wenn aber sonst Etwas ihm zur Last gelegt wurde, so, müsse er sich verantworten. Im Verlaufe des Prozesses fand man ihn schuldig; er aber betheuerte seine Unschuld vor Gott und offenbarte nicht die Geheimnisse, von welchen er und die Königin allein wußten. Er wurde von neuem in den Tower ges bracht und schrieb nun mehr Bitschriften, als jemals, an die Königin. Auf alle dieje Suppliken erfolgten gnädige Antworten:

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