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getrübt. Wenig Lob würde ihn verlegt haben, zu viel tob ers
fchreckte ihn. Seltsames Schicksal des Ehrgeizes! mag feine
Quelle rein oder unrein, feine Anstrengungen glücklich oder uns
glücklich sein, er lebe in beständiger Angst. Der Erfolg war zu
groß gewefen, au hoch über alle feine Erwartungen. Er berech
nete mit Zagen die Gefahren eines so plöslich entstandenen
Ruhms, und seine Freunde, das heißt seine wahren Freunde,
wußten nicht, welches Benehmen sie ihm gegenüber beobachten
follten: fie wollten ihn nicht loben, wie er es verdiente, weil fie
fürchteten, sein Herz zu verderben; und wenn fie ihn gar nicht
oder nur mit Zurückhaltung lobten, fo liefen fie Gefahr, von ihm
felbft für ungerecht oder eifersüchtig gehalten zu werden.
(Fortseßung folgt.)

Die Geschichte Ouvrard's, des großen Lieferanten.

Während die edleren Naturen in der Französischen Revolution mit Begeisterung ihr Leben aufs Spiel festen, um die politischen Prinzipien, denen sie anhingen, zur Herrschaft zu bringen oder die National Granzen gegen den dußeren Feind zu vertheidigen, gab es eine Klasse gewinnsüchtiger Menschen, die in dem großen Kampf weiter nichts sahen, als ein Mittel, sich schneller als sonst zu bereichern. Während Danton, Desmoulins, Carnot und ihre Genossen ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Halle des Konvents in den Tuilerieen gerichtet hatten während die Nation dem Bankerott und der Hungersnoth nahe war und die Armeen mit Nichts weiter versehen waren, als dem Entschluß, zu sterben, wenn es seyn müsse, in der Vertheidigung ihres Vaterlandes war die Börje der Sammelplay von Menschen, die auf die Leiden ihrer Mitmenschen spekulirten und durch ihre Verarmung reich wurden. Viele von ihnen gingen war in der Verwirrung zu Grande, aber Andere überlebten sie mitsammt dem Vermögen, das sie erworben hatten. Unter den Leßteren war einer der Merl würdigsten ein gewiffer Ouvrard, der sich später als Lieferant unter Napoleon und der Restauration auszeichnete. Dieser Mann gab vor einigen Jahren sein Leben heraus, und aus einer reich: haltigen Notis über dies Buch, die uns zu Gesicht gekommen ist, entnehmen wir die folgenden interessanten Fakta:

Er war der Sohn eines großen Papiermühlen Bestßers an den Grenzen von Bretagne und Poitou. Beim Ausbruch der Revolution, wo er erst zwanzig Jahr alt war, hatte er den Ver stand, vorauszusehen, daß eine ungeheure Steigerung des Papiers Bedürfnisses eine der sichersten Folgen dieses politischen Kampfes feyn muffe, und er fing also feine Carrière damit an, daß er fdmmtliches Papier, was von einer Anzahl Papier Manufakturen in den nächsten zwei Jahren fabrizirt ward, auflaufte. Ein un geheurer Gewinn war der Lohn diefer Speculation, und er bes gab sich nun nach Paris, wo er sich einige Jahre in den höchsten revolutionnairen Kreifen bewegte. Bonaparte war Einer seiner Bekannten, und von ihm erzählt er folgende Anekdote: Ein Defret des Wohlfahrts Ausschusses bewilligte jedem Offizier in aktivem Dienst so viel Tuch, als zu einer Uniform nöthig ist." Bonaparte fuchte ebenfalls um seinen Antheil nach, ward aber von dem bevollmächtigten Commissair abgewiesen, unter dem Vorwand, daß seine Brigade gegenwärtig nicht im Vortrab sen.

Gleich am anderen Morgen war in der ganzen Stadt von Nichts die Rede, als von diesem glänzenden Erfolg.,,Waren Sie im Hotel de Rambouillet?" fragte man, und die, welche ja antworten konnten, waren glücklich und stolz darauf, wie auf ein großes Abenteuer. Der Prediger war allein und ziemlich fpat nach Hause gekommen; im Collège de Navarre war Alles im Schlaf, und er eitte in seine Zelle, voller Freude, daß Nie: mand da war, dem er seinen Triumph zu erzählen brauchte; man eilt nicht gern, fich selbst zu loben, wenn man weiß, daß es früher mandie fich hierauf an Madame Tallien, die ihm einen genug von Anderen geschehen wird. Er tduschte sich nicht; des Morgens vor acht Uhr lief die große Neuigkeit von Mund zu Mund, von Zelle zu Zelle durch das ganze Haus. Eine unge: wohnte Lebendigkeit herrschte auf den Korridors; er hörte Schritte, Geflüster, Fragen, Antworten, die er nicht verstand, aber an dem Klopfen feines Herzens errieth. Er hatte eben seinem Vater ges schrieben, ganz erfüllt von der Freude, die dieser Brief in feiner Seele erregen mußte, und besonders glücklich, daß er seine eigene ausschütten, daß er nicht mehr den Bescheidenen zu spielen brauche und daß er endlich ungefcheut fagen konnte: Ich habe gefämpft, ich habe gefiegt! ich habe mir die Wege des Ruhms und des Glucks geöffnet! Die Messe läutete. Man klopft an seine Thar. Herein!" sagt er nachläffig; es war der Direks tor des Collège, der würdige Nicolas Cornet, der eine Viertel ftunde früher als gewöhnlich aufgeftanden war, um seinen theuren Benedikt zu umarmen! Dieser Tag war Ein Triumph. Seine Profefforen hatten alle mögliche Rücksichten für ihn; seine Mits schüler wagten nicht mehr, ihn zu duzen; vor Mittag hatte er, ich weiß nicht wie viel Marquis oder Grafen zu intimen Freun den, lauter jungere Söhne vornehmer Familien, die ebenfalls für den geistlichen Stand bestimmt waren, aber bisher noch kein Wort an ihn gerichtet hatten. Es ist allerdings wahr, daß er fich erst seit kurzem in Paris befand und daß man bisher in ihm weniger den Redner oder Schöngeist gefeben, als den Gelehrten, Den fleißigen Arbeiter, den Maulwurf (piocheur), wie wir fagen, und diese mehr foliden als glänzenden Eigenschaften, mit denen er noch etwas provinzielle Manieren verband, hatten auf den juns gen, unwissenden und tragen Adel, der nur zum Schein im Collège de Navarre studirte, feinen großen Eindruck machen tönnen. Bofuetus fagte man (was ganz authentisch ift), Bos suetus aratro; Boffuet, d. b., ein Dabfe, der an den Pflug gewöhnt ift. Aber aus dem Ofen war ein Stier geworden; der Maulwurf (piocheur) hatte das ganze Gold feiner Nachgrabungen an das Licht gebracht; die Morgenröthe eines großen Ramens war über Frankreich aufgegangen.

ausgerüstet, tam der Mann, der einst die Geschicke Europa's lenken follte, sum zweitenmal ein und erhielt jest Tuch, um sich das habit et culotte d'uniforme machen zu lassen. Bei dieser Anekdote ist zu erinnern, daß es in Paris damals überhaupt an allen Lebensbedürfnissen und Bequemlichkeiten fehlte, und daß also Bonaparte's angstliches Bemühen um eine Garderobe noch fein Beweis seiner individuellen Armuth ist. Zur Zeit, als das Direktorium eingeseßt ward, hatte Ouvrard ein großes Vermögen gesammelt und war also im Stande, der neuen Regierung eine Summe von zehn Millionen Franken zu leihen. Daher fam es, daß er für das Direktorium Partei nahm und die herrschlüchtigen Plane Bonaparte's nach seiner Rückkehr von Aegypten nicht bes günstigte. Doch der Sturz dieser Regierung war nicht zu hindern. Am Morgen des 18. Brumaire frühstückte Duvrard mit Barras, dem prafidirenden Direktor. Es war ein Tisch für dreißig Gafte gedeckt, denn so viel tamen gewöhnlich zusammen; aber an diesem Morgen waren die Couverts ohne Gäste. Duvrard und Barras faßen allein in feiner guten Stimmung, als Talleyrand hereins tam und von dem Legieren seine Abdantung forderte, ein Vers langen, dem fofort Folge geleistet warb. Wenige Tage darauf wandte fich Bonaparte an Duvrard wegen eines Anleihens von 12 Millionen Franken. Statt darauf einzugehen, wollte Duvrard wissen, wie es mit den zehn Millionen, die er dem Direktorium geliehen, stehe. Die Folge davon war, daß er einen Theil dieser Summe verlor und wegen seiner Lieferungen für die Marine eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ward. Bei dieser Ges legenheit erfuhr man, wie hoch fich sein Vermögen belief:res berstieg die Summe von 29 Millionen Franken. Uebrigens war er, obgleich ein notorischer Geldmacher, im häuslichen und ges felligen Leben nichts weniger als ein Geizhale. Auf seinem Landfig in Rainey hielt er ein offenes haus, mochte er selbst ans wefend feyn oder nicht, und gab die glänzendsten Feten. Hier besuchten ihn einige der bedeutendsten Personen der Zeit, unter Anderen Lord Erskine und For während des kurzen Friedens von Die Verfolgungen, denen er sich von Seiten der Bonas

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1802.

parteschen Regierung ausgefeßt sah, hinderten nicht, daß man große Geschäfte mit ihm machte. Im Jahre 1800 übernahm er die Lieferungen für die Armee von Marengo, und im Jahre 1802, als ein Mangel an Korn eintrat, befam er den Aufs trag, eine große Quantität einzuführen. Im Jahre 1803 über nahm er aufs neue die Marine Lieferungen für einen Termin von sechs Jahren. Im nächsten Jahre übernahm er eine bedeus tende Anleihe, und gleich darauf ward er von Bonaparte nach Madrid geschickt, um über die Subsidie von 62 Millionen Franken zu unterhandeln, die Spanien an Frankreich zahlen follte.

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Bom Spanischen Schas Geld herauszubekommen, war für einen Gesandten eine schwere Aufgabe, und die erste Antwort des Spanischen Ministers auf den Vorschlag ist bemerkenswerth, als eine Formel, durch welche man sich solcher Forderungen ents ledigen kann: Mein Herr, wir haben den besten Willen, aber nicht einen Thaler!" Herr Duvrard jedoch, der sich überall nach einer günstigen Gelegenheit umfah, wo viel Geld zu verdienen war, beschloß, auf eigene Rechnung in dem Lande Geschäfte zu machen. Er führte in einer Zeit der Dürre eine ungeheure Masse Weizen ein, machte Vorschläge zu Anleihen, Kandlen und ande ren öffentlichen Arbeiten, und einmal schien es beinahe, als ob er die Absicht habe, ganz Spanien zu kaufen. Er übernahm auf eine Reihe von Jahren die Lieferung sämmtlicher Schiffs: und Kriegsbedürfnisse des Staats und machte mit dem König Karl IV. für den ganzen Handel seiner Süd-Amerikanischen Kolonieen ein Gefchaft, dessen Gewinn zwischen Seiner Katholischen Majestät und dem Lieferanten getheilt werden sollte. Dieses Projekt, von welchem Ouvrard in seinen Memoiren als einem,,acte sans exemple" fpricht,,,als der größten kommerziellen und politischen Unternehmung, die je erdacht oder versucht worden", wurde durch ein Dekret Napoleon's im Keim erstickt. Zu seiner Vers theidigung fagt Duvrard, die Ausführung dieses Projekts würde Spaniens Kräfte geweckt und es einigermaßen in Stand ge fest haben, dem ihm von der Französischen Regierung ges machten Vorschlag zu entsprechen. Aber Bonaparte traute Peinem Lieferanten, er hielt sie alle nur für Plünderer, und erbittert über Duvrard's Plan, ließ er ihn verhaften und in St. Pelagie einsperren. Von dieser Zeit ab, 1809, brachte unser Spekulant mehrere Jahre hindurch seine meiste Zeit im Gefang niß zu, aber er verlor keinen Theil seines ungeheuren Vermö; gens und wurde auch nach wie vor bei großen Geschäften ge braucht. Bonaparte und seine Regierung verabscheuten ihn heras lich, konnten ihn aber nicht entbehren. Man ließ ihm daher bei mehreren Gelegenheiten ein wenig Freiheit. Im Anfang des Jahres 1812, als in Paris in Betreff der Anschaffung von Vor ráthen sich Schwierigkeiten erhoben, kam Baron Pasquier, das maliger Polizei Prdfekt, zu ihm in den Kerker, um sich bei ihm darüber Raths zu erholen, und gleich darauf richtete er aus dem Gefängniß eine Denkschrift an den Kaiser über die Versorgung der Armee bei dem bevorstehenden Russischen Feldzug, und ers bot sich selbst, unter gewiffen Bedingungen die Lieferungen zu übernehmen. In diesem Auffah prophezeite er die Nachtheile, die aus Napoleon's Plan,,,den Krieg vom Krieg leben zu laffen", d. b. überall freien Proviant zu nehmen, entstehen müß ten. In einigen Zusammenkünften, die er noch als Gefangener mit Napoleon hatte, suchte er ihn von der Richtigkeit feiner Ansichten zu überzeugen, aber vergebens. Im Oktober 1813 kam der Herzog von Rovigo (Savary) zu Ouvrard nach St. Pelagie und bot ihm seine Freiheit an unter der Bedingung, daß er ein neues Finanz Projekt unterstüße. Er verwarf das Anerbieten, und wurde bald darauf, als die Alliirten sich näherten, in Freiheit gefeßt.

Das Geld ist fein Anhänger bestimmter politischer Ansichten oder Dynastieen. Sobald die Bourbons in Frankreich restaurirt waren, schlug ihnen Ouvrard einen Finanzplan vor, der ein günstiges Gehör fand, als Bonaparte zurückkehrte. Dieser knüpfte fofort Unterhandlungen an mit dem reichen Mann, den er in St. Pelagie als Gefangenen zurückgelassen. Duvrard verstand fich dazu, gegen eine Anzahl neuer Renten 50 Millionen Franken au schaffen. Wie weit dies Geschäft gediehen war, als die Schlacht bei Waterloo stattfand, wissen wir nicht; aber bei der Rückkehr des geschlagenen Kaisers nach Paris, als er sich ge: zwungen sah, abzudanken und Frankreich zu verlassen, bat er Ouvrard um eine große Summe in Sud Amerikanischen Pa pieren, wofür er ihm seine persönlichen Güter und die feiner Familie zum Pfand anbot. Ouvrard fühlte, wie unsicher dies fen, und schlug das Anlehen ab. Er weigerte sich sogar, eine Anzahl von Kisten in Verwahrung zu nehmen, die der gefallene Kaiser in sicherer Obhut zu lassen wünschte. Dies Alles zeugt nicht von einem Mangel an Dankbarkeit in unserem Spekulanten, denn Napoleon hatte ihn immer nur als einen Schelm behan delt, dessen Geld dann und wann gut zu brauchen sen, den man aber ohne Scheu einsperren, qudlen und mit Schimpfwörtern s überhäufen könne.

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Nachdem er die Verwirrungen der Zeit glücklich durchge, macht, leistete Ouvrard den Bourbonen wichtige Dienste. Meh rere Jahre hindurch war er der HauptsUnterhändler aller Staats: Anleihen lurs, der Rothschild Frankreichs. Als die Französische *Armee unter dem Herzog von Angoulême nach Spanien zog, bhatte man nicht die gehörigen Maßregeln für die Versorgung der Armee getroffen. Ouvrard, der den Zustand der Armee in

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dieser Hinsicht lannte, war gerade in Bayonne, als das Heer fich anschichte, über die Bidasoa zu gehen. Alles war in Verwirrung; es waren keine Rationen, keine Fourage, feine Magazine, letne Transportmittel da. Es schien, als würde man drei Monate brauchen, um die nothwendigen Vorrdthe herbeizuschaffen. Korn war für zehn Tage da, aber keine Mühlen oder Siebe, es in Mehl zu verwandeln, und keine Defen und Bäcker. Die Artilles rie hatte weder Pferde, noch Fuhrleute. Nie war eine günstigere Gelegenheit für Herrn Ouvrard, sein Talent zu zeigen. Gleich am ersten Tage nach seiner Ankunft in Bayonne schickte der Herzog von Angouleme nach ihm und forderte ihn auf, sämmt liche Lieferungen für die Bedürfnisse der Armee auf ihrem Zuge zu übernehmen; Ouvrard willigte ein, indem er, wie er sagt, das Vertrauen hegte, daß man mit Geld auch in Feindesland Vor räthe herbeischaffen könne; wir wollen die einzelnen Maßregeln, die er zu diesem Zweck traf, so viel wie möglich in seinen eige nen Worten anführen.

Kaum war der Kontrakt unterzeichnet, als die Armee den Befehl bekam, über die Bidasoa zu gehen, während Duvrard's Lieferungen erst vier Tage später beginnen sollten. Am ersten Lage lebten die Truppen, wie sie konnten, was nicht ohne einige Noth war; die Maßregeln der Regierungs-Agenten gaben keinen hohen Begriff von ihren Fähigkeiten, und in der Armee zeigte sich schon Unzufriedenheit. Am zweiten Tage verbarg Keiner mehr feine Besorgnisse. General Terlet war kaum im Stande, für die wenigen Artillerie Pferde, die er hatte, Futter zu schaffen; die Soldaten sprachen laut in ihren Bivouacs von der schlimmen Lage der Dinge, nnd die alten Truppen, die in der Halbinsel früher gedient, sagten geradezu:,,So war Spanien immer unser Untergang, und wird es immer seyn! Hier sind wir erst einen Tag in Feindes Land, und schon sind keine Vorräthe da." ,,Wir waren jest in Tolosa am nächsten Tage sollten meine Lieferungen beginnen. Der Kriegsrath versammelte sich; ich wurde geholt und gefragt:,,Wo sind Ihre Magazine welche Hülfsquellen haben Sie?" ,,Morgen wird die Armee ibre regelmäßigen Lieferungen bekommen.",,Wir müssen für das zweite Corps einen sehntägigen Proviant auf einmal haben." ,,Morgen foll das zweite Corps zehntdgigen Proviant bekom ,,Gut, aber wir brauchen mehr, als bloße Versprechun gen. Wo find Ihre Magazine, Ihre Depots?" Ich weigerte mich, zu antworten, weil ich wußte, daß man meinen Maßregeln kein Vertrauen geschenkt hätte. Der Rath vertagte sich, lam wie der zusammen, vertagte sich aufs neue und Pam aufs neue zu fammen."

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Ich hatte in Tolosa alle Behörden zusammengerufen, die Priester, die Kaufleute und alle von Einfluß und Anses

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hen. Meine Herren", sagte ich, die Armee ist hier; sie will nicht auf Ihre Kosten leben, aber Sie sehen ein, daß sie leben muß: helfen Sie mir, den Truppen heute Proviant schaffen, daß fie Ihnen nicht morgen das Ihrige wegnehmen. Wir brauchen Brod, Fleisch, Vegetabilien, Fourage, Pferde, Wagen. Sie lens nen Ihr Land und seine Hülfsquellen; eilen Sie also in die Ums gegend und theilen Sie dies Ihren Verwandten, Ihren Freun den, Jedem, den Sie sehen, mit. Alles, was gebracht wird, will ich fofort mit baarem Gelde bezahlen. Ich will noch mehr thun; für Alles, was mir morgen vor acht Uhr früh gebracht wird, will ich den zehnfachen Werth bezahlen, den neunfachen Werth für Alles, was vor neun Uhr kommt, das achtfache für Alles, was vor zehn Uhr da ist, und so fort. Hier ist Vorschuß für Alles; eilen Sie und verlieren Sie leine Zeit."

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Man kann sich immer darauf verlassen, daß die Menschen ihr eigenes Intereffe nie versäumen werden. Mit nächstem Son nenaufgang waren die Spigen der Hügel mit Leuten von jedem Geschlecht und Alter bedeckt, die mit einander wetteiferten, den höchsten Preis zu erhalten. Ein Ereigniß fand_statt, an das ich nicht vorhergedacht. Die Soldaten, die ihre Rationen nicht ers warten konnten, fielen über diesen Haufen her, ehe er meine Mas gazine erreichte, und plünderten ihn aus. Alles war verloren! Die Bauern kamen zu mir gelaufen.,,Monsieur, ich war vor acht Uhr gekommen; sie haben mir meine Waaren geraubt!" ,,Wie viel waren sie werth?" ,,So viel." Hier ist das Geld; geht und bringt mehr; wenn Ihr wiederkommt, sollt Ihr nicht geplündert werden." Kurz, die Armee ward vollkommen versehen. Dies System hat mir anfangs viel geloftet, aber bald wußte man, daß wir Alles bezahlten, und zwar gut. So famen aus allen Gegenden Waaren ein, und als die Vorrdthe reichlich wurden, fielen auch die Preise."

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Aus diesem einzigen Beispiel ersieht man, welchen Verstand Herr Ouvrard besaß und wie sein ungeheures Vermögen nicht so ganz unverdient seyn kann, als es scheint. Sein Leben giebt einen merkwürdigen Beweis von dem Einfluß, den das Geld in den menschlichen Angelegenheiten ausüben muß, und von der Bedeutung, die es denen verleiht, welche es in großen Quantis täten besigen. Ouvrard wurde von Bonaparte fast wie ein Ver brecher behandelt, und trosdem zwang sein Vermögen nicht bloß die ersten Minister des Kaisers, sondern den Kaiser selbst, zu seinem Rath und Beistand die Zuflucht zu nehmen. Zugleich aber erkennen wir hier, daß man der Besizer von ungeheurem Reichthum senn n und als solcher die wichtigste Rolle in der Welt spielen kann, ohne oft nur so viel Achtung zu genießen, als manchem Armen zu Theil wird. (Chamber's Journal.)

Nummern. PranumerationéPreis 221 Sgr. (Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für Das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchic.

Magazin

für die

Belblatt der Allg. Pr. StaatsZeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Proving so wie im Auslande bei den Wobüöbl. Post- Aemtern.

Literatur des Auslandes.

No 68.

Berlin, Freitag den 7. Juni

1839.

England.

Die bisherigen Bearbeitungen der Englischen Geschichte. ihren eigenen größeren Werfen zufammenzustellen; und wenn sie

(Nach der Foreign Monthly Review.)

Es ist gewiß höchst befremdend, daß wir nach so vielen Fors schungen und Bersuchen, die Geschichte aller Länder in der Welt au schreiben, eine gute Geschichte Englands nur von einem Aus: lander haben können. Und doch ist es so, wobei wir uns nur freuen mögen, daß diese Aufgabe der Geduld und Unparteilich, feit eines Deutschen) zugefallen ist, den seine uralte Stamm: verwandtschaft mit uns am meisten unter allen Ausländern zum Berkandniß und zur Beurtheilung unserer Eigenthümlichkeiten und Inftitutionen befähigt.

Wenn wir auf die Arbeiten früherer Geschichtsschreiber su rückblicken, so werden wir finden, daß gar viele Umstände au fammengewirkt haben, um dieselben unbefriedigend zu machen. Mangel an Materialien, Vorurtheile und Parteilichkeiten vers schiedener Art, eine unkritische Verehrung alter Autoritäten und hundert andere Dinge gehören hierher, deren Einfluß so mächtig geworden ist, daß ein nicht fleiner Theil der besten Geschichten von England, die wir heutzutage besigen, aus lauter Fabeln be Reht. Wir können teine beffere Probe von dem Gehalt unferer gewöhnlichen Geschichtsbücher anführen, als die, welche Herr Hunter im vorigen Jahre der Gesellschaft der Alterthumsforscher gab. Als Eduard III. die Verfonen, welche man der Ermordung feines Vaters oder der Theilnahme an diesem Verbrechen bes süchtigte, verhaften und bestrafen ließ, floh einer von den Haupts fchuldigen, Sir Thomas de Gournay, nach dem Festlande, wo er eine Zeit lang die Wachsamkeit der Agenten des Königs su tduschen wußte, bis er endlich gefangen und nach England ge bracht ward. Die gleichzeitigen Chroniten, die unter dem Ein fluß der damals herrschenden Volksgesinnung geschrieben sind, eradhlen dies folgendermaßen: Gournay, sagen fie, wurde in Marseille ergriffen und von da nach Hause gebracht, aber ehe er ans Land stieg, wurde er auf einen geheimen Befehl des Königs enthauptet, weil dieser gefürchtet habe, seine Geständnisse möchten für einige sehr hohe Personen gefährlich werden, die man gern ge fchont hatte. Diesem Bericht sind sämmtliche Schriftsteller über Englische Geschichte, ohne daß sich der geringste Verdacht gegen feine Wahrheit erhob, außer in Bezug auf den Ort, wo der Ver brecher ergriffen wurde, blindlings gefolgt. Herr Hunter jedoch fand unter den geheimen Archiven Ihrer Majestät die Original: Rechnungen für die Ausgaben der verschiedenen Manner, welche den Auftrag hatten, Gournay zu fangen und nach England su bringen, und diese Papiere zeigen, daß die ganze Erzählung von Anfang bis Ende falsch ist. Aus ihnen geht hervor, daß er zus erst zu Burgos in Spanien verhaftet wurde, von hier aber ent floh und, nachdem sein Aufenthaltsort lange unbekannt gewesen, endlich in Neapel festgehalten ward. Von diesem Orte aus Pönnen wir nach diesen Berichten seine weitere Reife Schritt vor Schritt verfolgen. Er wurde langsam und mit Mühe nach den Spanischen Küften gebracht; hier ward er frank und immer franter, bis er, troß der großen Geldsummen, die an feine drzts fiche Pflege gewendet wurden, in Bayonne starb. Sein Körper wurde in einem Sarge von Bayonne nach Bordeaur und von da nach England geschafft; und König Eduard fürchtete sich so wenig vor Gournay's Aufschlüssen, daß die Artifel der oben ges nannten Rechnungen vielmehr beweisen, wie sehr er wünschte, ihn lebendig nach England surückgebracht zu sehen, damit man ihn gerichtlich verhören könne. Dies ist eine schlagende Probe von der Zuverlässigkeit der Englischen Geschichte in der Weise, wie sie uns bisher dargestellt worden.

3m 17ten Jahrhundert zeigte man zum ersten Mal einige Neigung, die Geschichte der Vergangenheit kritisch zu untersuchen. Taft die einzigen Quellen, die man damals brauchte, waren die alten Chroniten, die meist von monchifchen Schriftstellern verfaßt waren, welche oft nur nach Gerüchten oder Hörensagen erzählten und fast immer von Vorurtheilen beherrscht waren. Fabyan, Hollinshed, Stowe und ähnliche Sammler verglichen diese Chros niten mit einander, aber nicht, um aus ihren widerstreitenden Angaben die Wahrheit abzuleiten, sondern um die verschiedenen

*) Lappenberg; f. Nr. 63 des Magazine.

Geschichten, die sie darin zerstreut fanden und deren viele in einzelnen Chroniken ganz fehlen oder nur furs erschlt find, in abweichende und widersprechende Berichte von ein und derfelben Begebenheit fanden, so wiederholten fie fie alle, ohne der einen oder der anderen Darstellung einen entfchiedenen Vorzug zu geben. Speed seßte sich ein höheres Ziel, aber seine Quellen find diefelben; denn bis an das Ende des 17ten Jahrhunderts waren die Mönchs Chroniken fast die einzigen Urkunden von einiger Bedeutung, die gedruckt waren. Milton brachte zur Ger schichtschreibung einen umfassenden, tief eindringenden Geist mit, und er hatte den Vortheil, die Angelsächsische Chronik zu bes nugen und vielleicht mit einigen anderen Safischen Dokumenten beffer bekannt zu feyn, als man gewöhnlich glaubt. Nichtsdesto: weniger ist seine Geschichte der Angelsächsischen Periode ein sehr unbedeutendes Werk. Doch wurde in diesem Jahrhundert zuerst jener historische Forschungseifer begründet, der fødter besonders thatig war; einzelne Geschichten oder vielmehr Theile der Ges schichte wurden von Männern wie Bacon und Camden bearbeitet, und eine Menge eifriger Forscher, deren Aufschlung uns zu viel Beit nehmen würde, beschäftigten sich damit, viele werthvolle historische Dokumente ans Licht zu bringen, die lange in Manus ffript: Bibliotheken oder Archiven vergraben gelegen. Aber zu gleich erzeugten die heftigen politischen Erschütterungen jener Zeit eine Menge eingewurzelter Vorurtheile, welche nicht ohne Eins fluß auf die Behandlung der späteren Perioden der Geschichte blieben und die noch heutzutage nicht ganz ausgerottet find.

Im vorigen Jahrhundert ist für die Englische Geschichte viel geschehen durch das Erscheinen der werthvollen, aber unvolls ständigen Sammlung offizieller Dokumente von Rymer und durch den Abdruck einer Menge Original Korrespondenzen von Staats mánnern und anderen berühmten Personen der Vergangenheit. Rapin mit Tindal's Noten, Carte und Henry find die Historiker des 18ten Jahrhunderts, deren Verdienst es ist, mehr Materialien als ihre Vorgänger gesammelt zu haben, wenn auch die Behands lung der Geschichte noch Nichts durch fie gewonnen hat. In demselben Jahrhundert aber lebte Hume, ein sehr geschickter, obs gleich dußerst befangener Historiker. Hume war es, der zuerst Esprit in die Geschichte brachte, der, ohne mehr Stoff und Quellen zu haben, als feine Vorgänger und Zeitgenossen, dies fen Stoff mit dem Auge eines Politikers zu fichten begann; in dieser Hinsicht ist sein Werk von den Fortseßungen, die gewöhns lich dazu erschienen sind, ganz verschieden. Jest indeß wird Hume's Geschichte von England als Handbuch immer weniger gebraucht, und das mit Recht; unadhtige Irrthümer, die er, ohne es zu wissen, beging, find durch neue Materialien ver bessert worden, und seine philosophischen Ansichten, die dem ganzen Buch einen eigenen Charakter geben, find weder orthodor noch constitutionnell.

In den Schlußjahren des leßten Jahrhunderts fing man an, die Wichtigkeit historischer Forschungen zu erkennen. Man fah ein, daß man nur durch ein umfaffenderes Studium der öffent lichen Urfunden des Königreichs die in der Geschichte herrschens den Irrthümer verbessern könne. Alle Historiker hatten den Werth von Romer's Sammlung anerkannt; aber was diese gab, war so beschränkt und unvollständig im Vergleich mit dem, was fehlte, daß es nur das, was man bisher für Geschichte ausges geben, umstieß, ohne etwas Besseres an die Stelle zu sehen. Nachdem das Doomsday-book erschienen war, wurde im Anfang dieses Jahrhunderts die Record Commission eingefeßt, die, feits dem oft erneuert und umgestaltet, angegriffen und vertheidigt, bis auf die neueste Zeit fortbestanden hat. Durch sie ist dem Historiker eine Fundgrube neuer Materialien geöffnet worden, welche ihn in den Stand seßten, der Geschichte gewisser Pes rioden eine ganz neue Gestalt au geben. Es ist zu bedauern, daß die Arbeiten dieser Kommission fest zum großen Theil unters brochen find.

Die beiden Haupthistoriker Englands in unserer Zeit find Turner und Lingard. Sharon Turner ist unermüdlich im Sams meln von Materialien aus ungedruckten Quellen, aber feine Forschungen find nicht immer von reifem historischen Urtheil bes gleitet. Er ist kein philosophischer Geschichtsschreiber. Er giebt uns seine Materialien oft roh und unverdaut; seine Resultate find nicht immer die, zu welchen uns jene Quellen am naturs

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