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Lehrers Paesiello nicht verderben, um Ihre Allerhöchste Caprice zu befriedigen."

Im Jahre 1790 reiste Ferrari nach London, wo er eben so viel Geld und Beifall ärndtete, wie in Paris. Er komponirte Romanzen und Appoggiatura's, und seine Taschen waren bald mit Englischen Guineen gefüllt. Von England aus besuchte Ferrari auch einmal seine Heimat, das Italiänische Tyrol, und brachte allerlei kurzweilige Anekdoten mit, von denen die folgende als Probe dienen mag. ,,An einem kalten Dezember: Abende legte sich ein Tyroler Bauer fast nackt an seine weitgeöffneten Fenster.,,Wos schoffst dann, Peter?" rief ihm ein vorübergehens der Nachbar zu. I will mi heischer moche!!! dann, bisch verruckt?" ,,,,Neh, Jörg, i duh das, weil i 'morge Bak plärre will in der Meß!"

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Worum

Ferrari's leßte Speculation waren zwei kleine Bände voll Anekdoten, die er in seinem Gedächtniß aufgespeichert hatte. Die meisten Musiker und Dilettanten der leßten vierzig Jahre spielen in diesen Bändchen eine Rolle; und gewiß hat der harmlos ges müthliche Verfasser die musikalische Welt von Rom, Neapel und London treffender charakterisirt, als mancher gelehrte pedantische Kunst Kritiker in seinen musikalischen Dissertationen.

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Frankreich.

Die sieben Saiten der Lyra.

Dramatisches Gedicht von George Sand.

(Fortseßung.)

Sechste Scene.

Mephistopheles (in Gestalt eines alten Juden), Helene.

Mephistopheles (leise). Nun schnell, ich muß Sorge tras gen, sie zu zerstreuen, denn sobald sie die Leier berührt, ist sie für uns verloren. (Laut.) Um Berzeihung, schönes Fräulein, daß ich so ohne Eure Erlaubniß eintrete; ich glaubte Meister Albertus hier zu finden.

Helene (beiseit). Was für ein abscheulicher alter Mann! (Laut). Was steht zu Euren Diensten, mein Herr? Meister Alber tus halt seine Vorlesung.

Meph. Erinnert Ihr Euch meiner nicht mehr, mein schönes Fraulein? Als Ihr noch ganz klein waret, hatte ich oft die Ehre, Euch zu sehen; ich stand in genauer Verbindung mit Eurem werthen Herrn Vater. Hörtet Ihr ihn nicht zuweilen von Jonas thas Taer sprechen?

hel. O freilich, mein Herr. Er machte viel Geschäfte mit Euch. Ihr send Kunsthandler, nicht wahr?

Meph. Ganz recht. Ich sehe, Ihr habt ein eben so gutes Gedächtniß, wie Ihr schön und anmuthig send.

hel. Schmeicheleien sind mir zuwider, lieber Herr, und ich versichere Euch, daß ich um meines Gedächtnisses willen gar feine verdiene.

Meph. Und doch erinnert Ihr Euch sicher noch des lezten Klaviers, das ich Eurem Vater verschaffte.

Hel. Ja, leider, lieber Herr! Ich fing an zu spielen, aber schon nach drei Tagen wurde ich frank; mein Vater ließ es aus meinem Zimmer forttragen und verabschiedete meinen MusikLehrer.

Meph. Er that daran sehr wohl. Bei Eurer zarten Körperbeschaffenheit würde Euch die Musik getödtet haben. Doch erlaubt mir, Euch den Grund meines heutigen Besuchs vorzutragen. Ich möchte einen Handel mit Euch schließen.

Hel. Mit mir, lieber Herr? Kommt gefälligst nach Meister Albertus' Vorlesung wieder, er ist mein Vormund.

Meph. Ich ziehe es vor, mit Euch darüber zu sprechen, weil die Sache nur Euch betrifft. Ich will Euch Eure Erbschaft ablaufen.

Hel. Ihr scherzt, lieber Herr. Ich besite keine Erbschaft. Mein armer Vater starb ganz verarmt. Alle seine Schulden wurden bezahlt, und mir blieb auch nicht das Geringste übrig. Meph. Das ist sehr traurig!

Hel. D! ich versichere Euch, daß es mir ganz gleich ist. Meph. Das kann ich nicht sagen; ich bin bei diesem Banke: rott sehr schlimm davongekommen.

hel. Es war kein Bankerott; der Nachlaß meines Vaters reichte zur Deckung seiner Schulden aus.

Meph. Wenn das ist, so ersuche ich Euren Vormund, doch eine kleine Schuld von 5000 Zwanzigern abzumachen, wors über ich den Schein bei mir trage und die mir nicht ausgezahlt

wurde.

Hel. Gerechter Gott! Was ist da zu machen? Mir blieb nichts übrig! Laßt mir Zeit, lieber Herr, ich will arbeiten.

Meph. Ihr arbeiten! Und was versteht Ihr denn, mein schönes Kind?

hel. Leider, nichts! Aber ich will etwas lernen, ich werde all meinen Muth sammeln. O, jezt sehe ich den Werth einer guten Erziehung ein!

Meph. (ipöttelnd). Ihr wollt Philosophie erlernen.... nicht? Wißt Jhr, was die Philosophie einbringt? Augenweh und Gicht. Hel. Ihr send sehr grausam, mein Herr!

Meph. Nicht so sehr, als es Euch scheint, mein liebes Kind; denn ich will Euch, wie ich vorhin erwähnte, ein Ges schäft vorschlagen. Ihr send im Besiß einer Erbschaft, was Ihr auch dagegen faget; außer Euren schönen Augen und Eurem

schmucken Leibe, die schon einen hübschen Handelsfonds abgeben founen..

....

Hel. Verschonet mich mit Euren Scherzen, Herr, ich bitte Euch. Ich bin nicht heiter gestimmt.

Meph. Worüber erzürnet Ihr Euch? Da Jhr so hübsch send, kann sich ja eine gute vortheilhafte Heirath für Euch finden. Doch laßt uns zur Sache kommen; außer Eurer Schönheit und Euren siebzehn Jahren, besißt Ihr noch die Adelsfreitsche Lyra; es ist ein kostbares Instrument, obgleich es sich in einem sehr schlechten Zustande befindet. Ich mache mich anheischig, sie nach einigen Ausbesserungen für 6000 Zwanziger zu verkaufen. Uebers laßt sie mir, ich zerreiße dann den Schuldschein Eures Vaters und zahle Euch noch 1000 Zwanziger für Eure Toiletten Ausgas ben, mit denen es sehr schlecht bestellt zu seyn_scheint.

hel. Die Lyra! Die Lyra verkaufen! Nein, das ist uns möglich! Mein Vater achtete sie höher als sein Leben. Sie ist das Einzige, was mir von ihm blieb. Ihr wißt nicht, welche ganz besondere Gedanken er über dieses Instrument hegte. Er hielt es für einen Talisman und glaubte, daß es ihm Glück brachte.

Meph. Und doch richtete er sich zu Grunde und starb vor Kummer darüber.

Hel. Mehr denn tausend Mal befahl er mir an, mich von der Lyra nicht zu trennen, was auch immer geschehen möge. Meph. Er hielt so große Stücke darauf, daß er jedesmal, wenn Ihr sie berühren wolltet, in den schrecklichsten Zorn gerieth. Hel. So war es.

Meph. Aber eines Tages siegte die Neugier doch über den Gehorsam, und Ihr wagtet es, sie zu berühren.

hel. Ich fant sogleich ohnmachtig nieder und verfiel in eine lange und, wie man sagt, sehr gefährliche Krankheit. Meph. Freilich, Ihr waret wahnsinnig.

hel. Wahnsinnig! D, Gott! Was sprecht Ihr da aus? Wahnsinnig! Das ist ja entseßlich. Man hat mir niemals ges fagt, daß ich wahnsinnig gewesen sey!

Meph. Ich bitte meiner geringen Höflichkeit wegen um Verzeihung; aber man kann sich gar nicht wundern, daß Ihr wahnsinnig wurdet, da Euer Herr Vater ein Narr war.

Hel. Das lugt 3hr, Ihr send ein Bdsewicht und ein Bes trüger.

Weph. Fragt nur Meister Albertus, oder Wilhelm, den Ihr zu ehelichen verschmähtet, oder Hans, der Euch den Hof macht, oder Karl, der Euch vielleicht nicht mißfällt.

Hel. Ihr send ein Unverschämter.

Weph. Wir wollen uns nicht erzúrnen. Euer Vater war mit einer firen Idee behaftet, das ist Alles. Im Uebrigen ganz verständig, schwärmte er nur rücksichtlich seines Großvaters Adels freit, den er für einen Herenmeister, und rücksichtlich seiner Leier, die er für bezaubert hielt. Als er Euch nun eines Tages dabei ertappte, wie Ihr auf den Saiten des Instrumentes klimpertet, jagte er Euch eine solche Furcht ein, daß Ihr in ein Gehirnfieber verfielet. Es liegt in der Natur solcher Krankheiten, daß sie im mer wieder aus denselben Ursachen sich wiederholen, die ihrer ersten Entstehung zum Grunde lagen. Deshalb hat Euch Meister Albertus verboten, die Leier zu berühren. Wenn er gefcheidter wäre, so würde er sie verstecken; denn sobald es Euch noch ein mal einfiele, fie wieder zu berühren, würdet Ihr von neuem wahns finnig, und zwar für Euer ganzes Leben. Das wäre sehr traurig für ihn, weil Ihr Euch alsdann nicht verheirathen könntet und ihm folglich zur Last fielet. Der gute Mann ist nicht reich. Eben fo sehr aus Geldmangel, wie aus Liebe zur Philosophie, findet er sich genöthigt, folche abgeschabte Kleider zu tragen, und seine Kost ist so mager, wie seine ganze Person.

Hel. (fich mit Entseßen von der Lyra entfernend). Ach, ja! Meis fter Albertus lebt eingeschränkt, und mir fehlt es an nichts. Das ist freilich wahr. Wie habe ich nur niemals an die Ausgaben denten können, die ich ihm verursache! Ich denke aber auch an nichts! Ich will gern den Ersten heirathen, den man mir vor, schlägt, damit er nicht mehr für mich zu sorgen braucht.

Meph. Ich würde Euch rathen, Karl zu wählen. Er ist der Aufgeweckteste, der Reichste und am wenigsten Pedant von Allen. Doch Ihr werdet sagen, das geht mich nichts an. Uebri gens liebt Euch auch Euer Vormund so zärtlich, daß er Euch selbst heirathen möchte, obgleich er dem Alter nach Euer Vater feyn könnte. Freilich müßte er betteln gehen, wenn er Kinder erhalten sollte... aber wenn man liebt, so ist Alles Glück und Poesie... nicht wahr? hel. Alles, was Ihr sprecht, ist ift bitter wie Galle. Ich würde lieber selbst betteln gehen, als die Last meines würdigen Freundes noch vermehren.

Meph. Er wird sich aber doch wohl noch ein wenig mehr einschränken müssen, denn ich brauche mein Geld. Morgen reise ich nach Venedig, und noch diesen Abend muß ich alle meine Gelder einkaffiren. Ihr wollt mir also nicht die Lyra verkaufen? Helene. Gott! Gott!

Meph. Sie ist Euch werth, Ihr habt ganz Recht. D, legt Euch durchaus keinen Zwang auf, hier giebt es noch allerhand, um mich bezahlt zu machen. Die Möbel sind noch so ziemlich anständig.

Hel. Wir gehört ja aber hier nichts, Ihr habt nicht das Recht, das Mobiliar meines Vormundes an Euch zu reißen.

Meph. Aber ich kann Euch ins Gefängniß seßen lassen, und da Euer Vormund das nicht zugeben wird und doch kein Geld besißt, so muß er wohl seine Möbel und Sachen verkaufen lassen.

Aha! da hangt ja noch ein guter Mantel an der Wand; das ist ohnehin ein überflüssiger Lurus für einen Philosophen; ein Phis losoph muß die Kälte nicht scheuen. Und sein Bett; er ist wahrs haftig ein Wollüstling, ein Stoiker muß mit einem Strohsack vor lieb nehmen.

Hel. (auf den Knieen). D! beraubet ihn nicht, verursacht ihm keinen Schmerz. Er ist nicht mehr jung, er ist oft recht leidend, und er legt sich selbst schon Entbehrungen genug auf. Führt mich ins Gefängniß! Er braucht nichts davon zu wissen!...

...

Meph. Was hatte ich davon, wenn Ihr im Gefängniß fäßet? Der einzige Vortheil ware der, daß Euer Vormund mich dann bezahlte.. Rasch ans Werk! ich will sogleich den Ges richtsdiener herschicken, ich habe so keinen Augenblick zu verlieren; ich muß heute noch wenigstens zehn solcher Geschäfte abmachen. Hel. Wartet doch, Herr, bis Meister Albertus zurückkehrt; ich werde ihm zureden, Euch die Lyra zu verkaufen.

Meph. Das thut er nicht. Meister Meinbacher vertraute sie ihm als ein theures Pfand; sie ist Euer einziges Besißthum. Er würde lieber sein Bett verkaufen; ich würde an seiner Statt eben so handeln. Wenn man ein so hübsches Mündel hat...

Hel. (sich erhebend). Schweigt, Unglücklicher, und nehmet die Lyra. Sie ist Euer, gebt mir den Schein.

Meph. Geduld! Ich mag die Leier nicht selbst nehmen, Ihr könntet sonst glauben, ich wolle dabei gewinnen.

Hel. Das gilt mir gleich, ziehet so viel Vortheil davon, als Ihr könnt; da ich mich doch einmal von ihr trennen muß, so tragt fle nur fogleich fort.

Meph. (beiseit). Verflucht sey der Zauber! Ich darf sie nicht selbst anrühren; ich muß sie von Narren, die ich anführen will, forttragen lassen. (Laut.) Nein, schönes Fraulein, so mache ich meine Geschäfte nicht ab. Es handelt sich um meine Ehre. Ich habe die Lyra schon feil geboten, aber der Handel soll unter Euren Augen geschlossen werden. Die Personen, die sie zu kaufen wünschen, find ganz in der Nähe, ich werde sie sogleich herbei holen. Tröstet Euch; falls Ihr noch etwas herausbekommt, könnt Ihr ja das Elend des Meister Albertus damit erleichtern. (Er geht hinaus.)

Hel. (allein). Er hat Recht. Wie geht es nur zu, daß ein so habsüchtiger, roher Mensch noch eine Spur von Gefühl zu haben scheint?... Wahnsinnig!... Ich bin wahnsinnig gewes fen!... Ich bin es vielleicht noch jest!... Ja, sicher! deshalb kann ich auch nichts lernen und bin einfältig und beschränkt wie ein Kind. Deshalb liebe ich auch Niemand und kann mich zu keiner Heirath entschließen. Da ich aber nun einmal wahnsinnig bin, so ist es recht, wenn ich keinem Mann zur Last falle. Und Mutter darf ich auch nicht werden, denn der Wahnsinn ist erb: lich.... Aber soll ich denn beständig dem Meister Albertus zur Last fallen!.... Was für Qual verursache ich ihm!.... D, zu großmüthiger Freund! Ach, wie unglücklich bin ich!.... Ich will mein Leben enden!.... es muß seyn.... Ach! der abs fcheuliche Jude hat mich über mein ganzes Unglück aufgeklärt. (Fortseßung folgt.)

England.

Das Sprachgenie eines Wälischen Holzsägers.

Die höhere geistige Kraft, welche ein Mensch vor dem an deren voraus hat, wird meistens einer ungewöhnlichen Naturs befähigung zugeschrieben, die sich weder durch Studium, noch durch Anstrengungen erlangen läßt. Wenn nun eine solche unges wöhnliche Begabung, im höchsten Grade das Genie, von den Einen für eine universelle Befähigung gehalten wird, so daß die begünstigten Geister mit gleicher Kraft sich auf die verschiedensten Gebiete werfen könnten und es nur vom Zufall abhinge, ob sie hierhin oder dorthin gelenkt würden, so find Andere wieder der Meinung, daß in gewissen Individuen eine gewisse Fähigkeit vors zugsweise ausgebildet sen, und daß Dieser zum Künstler, Jener zur Musiker, Philosophen oder Mathematiker gleichsam prás destinirt fen. Vielleicht kann die Geschichte des merkwürdigen Menschen, dessen Lebenslauf hier folgt, ohne die Frage zu ents scheiden, einen Beleg mehr zu der Ansicht liefern, welche an eine ganz besondere, spezifische Befähigung für dieses oder jenes Gebiet glaubt.

Richard Robert Jones wurde im Jahre 1780 zu Abers daron, einem kleinen Seehafen in dem wildesten Theile von Wales, geboren. Sein Vater, ein Tischler, nahm aus der Nähe des Meeres Anlaß, auch noch das Gewerbe eines Fischers zu üben. Obgleich die schwache Körperbeschaffenheit unseres Helden, besonders seine schlechten Augen, ihn zu jeder groben Arbeit untauglich machten, so erlaubte doch die bedrängte Lage seiner Aeltern nicht, daß er müßig blieb, und sein Vater unternahm es, ihn mit seinem Handwerke bekannt zu machen. Er wurde jedoch bald gewahr, daß er sich von seinem Sohne keine große Unters stüßung werde versprechen dürfen, denn Richard offenbarte schon fehr früh eine unerklärliche Neigung zum Sprachstudium. Diese Neigung war gewiß in dem Sohne eines Handwerkers als ein freiwilliges Geschenk der Natur zu erachten. Eben so unzweis deutig, wie fich dieses Talent in ihm aussprach, das ihn unter günstigeren Umständen zum Range eines Buxtorf oder Lipfius hatte erheben können, eben so entschieden war auch seine Unges schicklichkeit in allen anderen Dingen, und es fehlte ihm durch; aus die Gabe, von seinen seltenen Kenntnissen irgend eine An wendung zu machen.

Erst im neunten Jahre konnte Richard die Bibel in seiner Muttersprache, dem Wälischen, lefen; dann fing er an, das Engs tische zu lernen, aber er stieß hier auf große Schwierigkeiten und brachte es in dieser Sprache nie zu einer so großen Fertigs feit wie in anderen. Im fünfzehnten Jahre machte sich Richard mit Hilfe eines Kindes, welches die Gemeinde Schule besuchte, an das Lateinische. Da er die Schule nicht zugleich mit den anderen Kindern besuchen konnte, so schlich er sich nach Beendis gung des Unterrichts in die Schule ein, las die Bücher und machte, wenn wir der Angabe einer Person, die ihn damals kannte, glauben dürfen, größere Fortschritte in einem Monate, als die anderen Kinder in einem Jahre. In derselben Zeit ers fand er eine Schriftart, welche auf alle Sprachen anwendbar ist. Im neunzehnten Jahre kaufte er eine Griechische Grammatik von einem Wälischen Barden, und ohne Beihülfe eines anderen Buches gelang es ihm, ein ziemliches Verständniß der Sprache des Demosthenes zu erlangen. Später brachte er es sogar sehr weit darin und las viele Griechische Schriftsteller. Indeß war es weit weniger der Inhalt dieser Werke, der ihn anzog, als die Form und der Bau der Säße. Sein Wissen war rein grammas tisch, und wenn er ein Buch gelesen hatte, wußte er eben so wenig von dem, was darin stand, als vorher.

Als er im folgenden Jahre einen Auszug aus Burtorf's Hebräischer Grammatik fand, fing er an, das Hebräische zu studiren, und den Eifer, mit dem er dieses Studium betrieb, mag man aus folgender Anekdote erkennen.,,Ohne meine üble Lage", schreibt er,,,würde ich die Hebräische Musik studiren. Kurze Zeit, bevor ich das Hebräische zu lernen anfing, hatte ich einen Traum, und in diesem Traum sah ich Jehan Burtorfius, wie er auf der Harfe Hebräische Psalmen abspielte: videlicet, während er die Psalmen sang, schlug er die Saiten und sang mit seiner Stimme. Er stand auf einer Anhöhe, dem Haufe meines Vaters gegenüber." Als ihn ein Freund fragte, wie er die Sprache, in welcher Burtorf gefungen, zu erkennen vermocht, da er damals das Hebräische noch nicht verstand, antwortete er, er habe das mals schon etwas gewußt, und die Person, die ihm erschienen, habe ein Hebräisches Buch und eine Walische Harfe gehabt. Dieselbe habe übrigens den zwölften Psalm gesungen, den er aus dem Gedächtniß hersagte.

Richard hatte seine vielen Kenntnisse unter Umständen ers worben, welche auch den kräftigsten Geist entmuthigt haben würden. In der Zeit, die er seinen Studien schenkte, hatte er Holz sagen, das Feld bauen, fischen müssen; seine Ungeschicklichs Peit und seine Lernbegierde zogen daher auch den Zorn feines Baters auf sich, der sich nicht immer mit bloßen Verweisen begnügte. Richard hatte eine Behandlung auszustehen, welche nur mit der granzenlosen Noth seiner Familie und ihrer ganz lichen Unfähigkeit, die Beschaffenheit seiner Thätigkeit zu würs digen, entschuldigt werden konnte.

Im Jahre 1804 begleitete Richard seinen Bater auf einer Reise nach Liverpool. In dieser Stadt hatte er nichts Angeles gentlicheres zu thun, als zu einem Buchhändler zu laufen, wo fein sonderbarer Aufzug allgemeine Verwunderung erregte. Man erfundigte sich nach seiner Lage und reichte ihm eine Unterstüßung an Geld und Büchern. Indeß war die Freude nicht von langer Dauer; bei seiner Rückkehr schlug die kleine Barke um, und feine Bücher gingen verloren. Ihm standen noch größere Widers wärtigkeiten bevor. Je mehr seine Lernbegierde wuchs, desto strenger wurde die Behandlung seines Vaters, und Richard wurde endlich gezwungen, seine Heimath zu verlassen. Er sammelte die Reste seiner kleinen Bibliothek und verließ mit ihr das väterliche Haus, um nach Caernarvon zu wandern. Da er keinen Heller Geld bei sich hatte, so sah er sich genöthigt, fich einiger feiner Bücher zu entledigen. Je weiter er kam, desto kleiner wurde die Last, und er kam endlich fast ganz entblößt an seinem Bestims mungsorte an.

Nachdem er zu Caernarvon einen anderen Theil seiner Bücher verkauft, so daß ihm nur einzelne Fragmente eines Lateinisch Griechischen und Wälisch Lateinischen Wörterbuchs übrig blieben, welche er, wie er fagte, für die höchste Noth aufiparte, begab er sich nach Bangor. Hier hatte er das Glück, die Aufmerksams keit des Bischofs Cleaver auf sich zu ziehen, der ihm anständige Kleider und werthvolle Bücher, wie z. B. das Griechische Testas ment von Stephanus und das Lexikon von Schrevelius, geben ließ. Derselbe nahm ihn auch in seine Dienste und brauchte ihn zum Feld und Gartenbau; aber sey es nun, daß Richard diese Arbeiten für unvereinbar mit seinen Studien hielt, sen es, daß er andere Gründe zur Unzufriedenheit hatte, nach zwei Monaten verließ er das Haus des Bischofs und benußte eine Einladung John William's, zu ihm nach Anglesey zu kommen. Als ihn der Bischof hier auf einer Rundreise fand, verbot er ihm, wieder nach Bangor zu kommen. Dieser Umstand scheint einen uns günstigen Einfluß auf die Zukunft Richard's geübt zu haben. Auch seinen neuen gastfreundlichen Aufenthalt verlies er nach sechs Monaten, wie er vorgab, wegen der schlechten Behandlung, die ihm von Seiten der Dienstboten zu Theil wurde, doch sind die wahren Beweggründe unbekannt. Während seines Aufents halts zu Anglesey machte Richard die Bekanntschaft einiger Frans zösischer Emigranten, von denen er die Französische Sprache ers lernte. Später lernte er auch das Italianische, welches er, wie das Französische, mit vieler Gewandtheit sprach.

Er verließ Treffos und kehrte nach Liverpool zurück, wo er von denen, die ihn früher unterstüßt hatten, wieder mit Wohle wollen aufgenommen wurde. Sein Aeußeres war damals höchst

fonderbar. An einen ungeheuren Haarwald von schwarzer Farbe schloß sich ein dichter Bartwuchs an; seine Kleider waren grobe Lumpen, deren Lücken durch über einander gelegte Bücher aus gefüllt wurden, so daß man ihn für eine wandernde Bibliothek halten konnte. Jedes Buch hatte einen bestimmten Plaz, das eine oben, das andere unten. Trat er in ein Zimmer, so schien er für nichts, was in seiner Umgebung vorging, Sinn zu haben, und wenn er sich entfernte, konnte er die Thür nicht finden. Beständig hatte er ein Buch in der Hand, in welches er oft blickte, überzeugt, daß Alle feine Neigungen theilen müßten. Sein Gesicht war blöde, seine Stimme rauh, seine Person im höchsten Grade burlesk; indeß erregte er durch den Schein von Intelligens, der zuweilen fein Geficht überstrahlte, und durch sein einfaches Betragen ein gewiffes Wohlwollen.

Bald nach seiner Ankunft in Liverpool ließ man ihn, in Er·wartung von etwas Besserem, Bretter schneiden, was er zu vers stehen vorgab. Richard wurde also in eine Grube gestellt (die gewöhnliche Weise in England) und fing seine Arbeit räftig an. Allmålig nahmen indeß seine Kräfte ab, und endlich fiel er mit dem Gesicht auf die Erde, laut um Hülfe schreiend. Man rich, tete ihn auf, befragte ihn und erfuhr, daß er so weit gesägt habe, wie feine Arme reichen konnten, daß er aber nicht den Schluß gemacht habe, daß sein übriger Körper der Bewegung der Arme habe folgen müssen. Man fand keine Beschäftigung für ihn, welche ihm die Mittel zu seiner Existenz hätte liefern Pönnen, und ließ ihn daher seine Studien verfolgen, nachdem man ihn in eine Lage verseßt hatte, welche ihm gestattete, feiner Neigung ganz zu folgen. Die Person, welcher man ihn über geben hatte, versprach, für ihn zu sorgen und besonders, ihn zur Reinlichkeit zu gewöhnen; aber kaum waren sechs Monate vers flossen, als er nach Hause zurückzukehren wünschte. Man gab ihm einiges Geld, und er verließ Liverpool wieder mit dem Thesaurus linguae sanctae, der Grammatica Arabica von Espos nius, der Lyra prophetica und einigen anderen philologischen Werken. So beladen kehrte er zu seinem Vater zurück, der wes niger grimmig war, wenn ihm sein Sohn Geld geben konnte, als wenn derselbe mit leeren Händen studirte. Indeß war sein kleiner Schaß bald erschöpft, und er wurde wieder angehalten, Holz zu sagen. Seine Liebe zum Studium feßte ihn von neuem der barbarischen Behandlung seines Vaters aus. Nachdem er einige Zeit einen Zufluchtsort bei einem dissidentischen Prediger gefunden, tehrte er wieder nach Liverpool zurück, wo, wie er sich ausdrückt, sein Ehrgeiz ihm zahl und endlosen Kummer Buzog, indem er genöthigt wurde, eine Hebräische Bibel, editio Variorum, zu verkaufen; dies ging ihm so nahe, daß er eine Reise nach London unternahm, um hier das Chaldäische und Sy; rische zu lernen.

Im Sommer 1807 trat er diese Reise an, ein Bündel auf dem Rücken und einen Stab in der Hand, um welchen eine Reises Charte gewickelt war; den Rest seiner Bibliothek hatte er in seinen verschiedenen Kleidungsstücken untergebracht. Da diese Reise erfolglos blieb, so richtete er seine Schritte nach Dover, wahrscheinlich in der Absicht, nach dem Kontinent überzuseßen; aber hier erhielt sein Geschick eine andere Wendung; man ges brauchte ihn in den Königlichen Werften zum Sieben der Asche, und er erhielt, außer einem Kasten für seine Bücher und einem Frühstück, einen täglichen Lohn von zwei Schilling, welche nicht nur zur Bestreitung seiner Bedürfnisse genügten, sondern ihn auch in den Stand seßten, den Unterricht des berühmten Rabbiners Nathan zu bezahlen und die nöthigen Bücher zu kaufen. So verlebte er drei Jahre, die einzig glücklichen seines Lebens. Als er im Jahre 1810 nach London zurückkehrte, wurde er der Ges sellschaft zur Belehrung der Juden vorgestellt; die Mitglieder, Derselben bezeigten ihm viele Theilnahme, aber wenn man ihm glauben darf, wurden sie bald seine grausamsten Feinde. Er bes flagt sich, durch fie in die dußerste Noth verseßt worden zu seyn, so daß er sogar seine Bücher habe verkaufen müssen. Man muß jedoch bemerken, daß unser armer Gelehrter den mindesten Zwang, den ihm seine Feinde auferlegten, für eine berechnete Verfolgung halt, und daß seine Ansichten über die Verknüpfung von Ursache und Wirkung so wunderbar sind, daß er die Erzählung eines Traumes, in welchem er Herodes die Allobroger bekämpfen ges sehen hatte, mit den Worten schloß: „Also entschwand mein Glück zu Treffos."

Die Gesellschaft der Wälischen Barden gab ihm die Mittel, in fein Vaterland zurückzukehren, wo er in Richard David einen neuen Beschüßer fand. Bei diesem blieb er sechs Monate und kopirte für ihn alle Hebräische Wörter in dem Lateinischen Wörz terbuche von Littleton. Die großmüthige Unterstüßung dieses neuen Freundes fegte ihn in den Stand, nach Liverpool auricus kehren, wo er sich wieder an seine alten Bekannten wendete. Diese glaubten, da er ziemlich korrekt schrieb, ihn in einer Druckerei beschäftigen zu können; indes genügte eine Probe von einigen Wochen, um seine gänzliche Unfähigkeit zu einer solchen Arbeit zu erweisen. Nun begann für ihn wieder eine Reihe von Widerwärtigkeiten, auf deren Schilderung wir uns nicht einlassen wollen. Jest trifft man ihn oft in den Straßen von Liverpool, wo er mit einem Buche in tiefer Versenkung umherwandert, aber immer in der Sprache, in welche man ihn anredet, ants wortet. Geld nimmt er nur mit einiger Verlegenheit an; auch fordert er nie etwas und fügt immer hinzu: „Ich bin dessen

nicht werth." Für das Lächerliche, welches seiner Person oder seiner Bekleidung anklebt, zeigt er sich ganz unempfindlich. Ein mal kam er auf den Gedanken, feine Haare mit einem grünen Bande zu schmücken, was ihm ein höchst lächerliches Ansehen gab. Einer seiner Freunde schenkte ihm eine blaue mit Silber gestickte Kavalleries Weste, die er lange Zeit trug, und die ihm eine große Aehnlichkeit mit den Jüdischen Kriegern verlieh, wie man dieselben auf alten Kupferstichen erblickt. Jeßt sieht er einem Rembrandtschen Bettler ähnlich, doch ist seine Figur nicht ohne einen Ausdruck von Würde.

Richard ist máßig, enthaltsam und kümmert sich wenig um seine Nahrung; er trinkt nur Wasser oder zuweilen Milch und hat immer einige Schillinge in seinem Vermögen, deren er sich nie entdußert, selbst wenn er gezwungen ist, Bücher zu verkaus fen. Etwas Bestimmtes über seine religiösen Ansichten zu sagen, würde schwer halten; er antwortet niemals, wenn man in dieser Beziehung in ihn dringt; aber aus gewissen Hebräischen Sprüchen, welche er wiederholt, und aus anderen Griechischen Anführungen, welche map in seinen Büchern und feinem Denkbuche verzeich net findet, scheint hervorzugehen, daß er an ein höchftes Wesen glaubt. Eine Zeit lang hielt er sich zu den Juden und besuchte ihre Synagogen, um sich im Hebräischen zu vervollkommnen; aber er entzweite sich mit diesen, indem er sich spöttische Bemers fungen über ihre religiösen Gebräuche erlaubte. Sein Charakter ist sanft, sein Betragen einfach, und er zeichnet sich durch seine Wahrheitsliebe und die Regelmäßigkeit seines Lebens aus. Das bei ist er im höchsten Grade freigebig und immer bereit, selbst das zu verschenken, was für ihn den meisten Werth hat, seine Bücher und seine Manuskripte.

Bibliographie.

(Schluß folgt.)

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Mannigfaltiges.

Ein Roman von Hauff, ins Englische überseßt. James Morier, der Verfasser des „Hadschi Baba“ und anderer orientalischer Darstellungen, hat sich jetzt den Beschüßern Deutscher Literatur in England angeschloffen und einen Roman von Hauff, der fo eben ins Englische überseßt worden, durch eine Vorrede eingeleitet und herausgegeben *). Der Deutsche Verfasser wird von Herrn Morier als einer der glücklichsten Nachahmer Walter Scott's und seine Weise der Darstellung und Erzählung als abs weichend von dem gewöhnlichen Schlendrian bezeichnet. Die Einführung eines unbekannten Schriftstellers durch einen bekanns ten, wie sie in Deutschland schon vielfach mit Erfolg vorgekoms men wir erinnern nur an Jean Paul's Vorrede zu Hoff mann's Phantasiestücken, an Tied's Introduzirung des anmuthis gen Erzählers Franz Berthold scheint in England auffallend gefunden zu werden; wenigstens wird von einigen Rezensenten die Bemerkung gemacht, es wäre dies eine Art vorgreifender Kritik, die das Bedenken des Publikums erregen müsse: denn sen das Buch gut, so würde es auch ohne den protegrirenden Hers ausgeber feinen Weg zu finden wissen, sen es aber schlecht, so dürfte auch Herrn Morier's Imprimatur" ihm nichts helfen.

-Brougham und die Junius Briefe. Die Skizzen Britischer Staatsmänner aus der Zeit Georg's III., die Lord Brougham zuerst in der Form einer Rezension anderer Lebenss beschreibungen in der Edinburgh-Review abdrucken ließ, find jest gesammelt erschienen **) und bilden einen intereffanten Beitrag zur Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts in England. Unter Anderem werden darin über den Verfasser der Junius-Briefe neue und höchst belehrende Aufschlüffe gegeben. Diese bisher. hochgestellten Kontrovers, Episteln werden dadurch bedeutend in ihrem historischen und literarischen Werth herabgefeßt.

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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 62.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post- Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Italien.

13 Wissenschaftliches aus Nom.

Berlin, Freitag den 24. Ma i

Das 23ste Heft der Annali delle Scienze Religiose (für März und April 1839), red. vom Abbate Ant. de Luca, ist ausgegeben worden. Das Diario di Roma (Nr. 28) giebt über den Inhalt desselben folgenden charakteristischen Bericht:

1) enthält dies Heft eine sehr wichtige Widerlegung der vom Dr. Strauß in seinem schändlichen (infame) Buch: Leben Jefu, vorgebrachten Gotteslästerungen. Seit Langem hat die Deutsche Preffe fein Werk hervorgehen lassen, das legerischer ware als diefes, nicht sowohl, weil Strauß gegen die Gottheit Chrifti neue und noch nicht widerlegte Einwürfe machte, vielmehr weil er mit böser List seine Täuschungen verhüllt und unter philos logischen Untersuchungen, verdrießlicher Gegeneinanderhaltung von Stellen aus den verschiedenen biblischen Büchern und fophistischer Deutung Hebräischer oder sonst orientalischer Wörs ter versteckt; daher denn gefchieht, daß nur wenige Leser den Sis des Betruges zu entdecken vermögen. Der Protestantismus, längst nichts weiter als ein reiner Deismus des Verstandes, hat in Deutschland die Gemüther für so anstößige Lehren empfangs lich gemacht. Daher haben die Schaaren der Ungläubigen und Freigeister alsbald begonnen, das Werk ihres schamlosen Banners trägers zum Himmel zu erheben. Und deshalb haben anderers feits mehr denn zwanzig Schriftsteller fich zu dessen Bekämpfung erhoben, und ein norddeutscher Fürst hat genehm gefunden, auf die beste Widerlegung einen anfehnlichen Preis zu feßen. Unsere Italianischen Leser werden nun schon abnehmen können, wie dies Buch nur durch Lüge und Charlatanismus eine Wichtigkeit, die es nicht verdient, erlangen konnte, und die wahren Gläubis gen werden fich freuen, wieder zu erfahren, daß die Feinde des Christenthums doch immer nur dieselben abgeftumpften Waffen von neuem führen. Die Angriffe des Strausschen Buches, welche der gedachte Artikel zurückweist, richten sich gegen die Geschichte der Verkündigung und Geburt des Täufers Johannes, die scheinbaren Widersprüche zwischen den Evangelien des Matthaus und Lucas u. f. w. Der Artikel ist von einem unges nannten, aber in der orientalischen Philosophie sehr gelehrten Englander verfaßt und vom Abbare de Luca aus einem Eng lischen Journal, überseßt.

2) Der Ehrw. Pater Olivieri vom Predigerorden giebt die Fortseßung feiner gelehrten Untersuchungen über des Englanders Tilstone Bele neues System der biblischen Geographie, in wel Chem unter anderen Paradoren sich auch die Behauptung finder, daß das Aegypten der Brofangeschichte feineswegs das Land fer, in welchem das Volk Gottes von den Pharaonen bedrückt wurde.

3) Ein in Frankreich erschienenes schönes Buch des Herrn Abbé Frère über die Philosophie der Geschichte wird angeseigt. Nach Entwickelung der verschiedenen Systeme von Kant, Con dorcet, Leffing, Michelet, Herder und Hegel wird deren Unhalts barkeit erwiesen und von den großen Verdiensten St. Augustin's und Boffuet's, welche die wahren Schöpfer dieser erhabenen Wissenschaft sind, gehandelt. Sodann erhalten auch de Maistre und Fr. Schlegel, als welche der christlichen Theorie einer Philos fophie der Geschichte die weitere Ausbildung gegeben, ihr vers dientes Lob. Zulegt wird das System Frere's übersichtlich dars gestellt und gezeigt, daß diesem der Rahm gebührt, alle Theile diefer grandiosen Doktrin zu einem wohl disponirten Ganzen aus Jammengeordnet zu haben.

4) Ein langer und sehr gelehrter Lateinischer Brief des Herrn Abbate Brunati an Ambr. Firmin Didot in Bezug auf desen Plan, eine neue Polyglotte der heiligen Schrift herauss zugeben. Der gelehrte Verfasser entwickelt die bei diesem Nie fenwert nothwendig anzuwendende Methode und giebt beispiels weise eine synoptische Tabelle für die Vertheilung des Terres und der 43 Berfionen.

5) Eine Rede des Ehrm. Pater Giov. Batt. Pianciani, von der Gesellschaft Jefu,, über die der Stadt Rom durch die heilts gen Martyrer au Theil gewordene Herrlichkeit (gloria), gehalten am voridhrigen Geburtstage der Stadt Es wird gefagt, wie die Kraft und Standhaftigkeit der chriftlichen Heroen jene der alten Welteroberer überrage, da diese nur dem Antriebe ihrer maßlosen Ehrfucht gefolgt, jene aber auf Bertheidigung der

der

1839.

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Welt Licht war

Tugendlehren und des Glaubens, welcher und ist, ausgegangen fenen. 6) Eine Reihe von Bemerkungen deffelben Autors über das neu erschienene Werk von Sismondi: Geschichte des Uns terganges des Römischen Reichs", zeigt die Unzuverlässigkeit dies fes Werkes in Allem, was die Religion, die Kirche und die Männer der Kirche angeht. Herr Sismondi sucht die alten Ein wendungen Dodwell's und Gibbon's gegen die Anzahl der alten Martyrer wieder hervor und beschuldigt viele heilige Bischöfe und andere kirchliche Personen ungerechter Weise der Grausame feit in Verfolgung der Gößendiener. Pater Pianciani erweist aufs augenscheinlichste die Falschheit und Ungerechtigkeit solcher Behauptungen.

Den Beschluß machen: das legte Defret der heil. Congrega tion des Inder (der verbotenen Bücher), ein Nekrolog Des Schweizerischen Predigers Cuttat und die bibliographischen Nos tizen über neue in Italien, Frankreich, Deutschland, England, Belgien und Nord-Amerika erschienene Bücher religiösen Inhalts.

Frankreich.

Die sieben Saiten der Lyra. Dramatisches Gedicht von George Sand. (Fortseßung.)

Siebente Scene.

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Mephistopheles, der Kapellmeister, der Dichter, der je ne Maler, der Kritiker, Helene.

de Meph. (beiseit im Hereintreten). Nun, meine Bürschchen, wenn Ihr nicht die Leier zerbrechet, verstümmelt und in den Koth tres ter, so verstehe ich mich nicht mehr auf Raubgesindel und Vans dalen. (Laut, indem er sich tief vor ihnen verbeugt.) Tretet näher, edle Herren! Hier herein, berühmte Meister! Möchten doch Ew. Gna den einen gütigen Blick auf dieses Wunderwerk der Kunst wers fen, ohne deshalb (auf Helenen zeigend und mit leiserer Stimme) dieses Meisterwerk der Natur zu übersehen.

hel. Welche unangenehme Personen! In ihre Hande foll alfo der Schag meines Vaters übergehen. Ich mag dem han del nicht beiwohnen. Es würde mich zu sehr schmerzen! (e geht hinaus.)

Der Kapeltmeister. Vor allen Dingen will ich dieses unvergleichliche Instrument versuchen. Es soll einen ganz wuns derbaren Ton haben. Ich gedenke es in der Kapelle Sr. Majeftat einzuführen, und ich habe schon ein besonderes Solo dafür in meiner D dur-Symphonie angebracht.

Mater Jch befürchte sehr, daß man Euch in dieser Hins ficht gerduscht hat. ficht gerduscht hat. So viel ich weiß, hat noch Niemand den Ton dieser Lora gehört, weil der Eigenthümer fie von Steinem berühren lies; aber mein Freund Lottenwald hat mir von den elfenbeinernen Figürchen erzählt, womit das Instrument verziert fen und welche die herrlichsten Sirenen Statuetten seyn sollen, die man irgendwo sehen kann.

Der Dichter. Lottenwald versteht sich darauf! Was mich betrifft, ich gedente die phantastische Legende, die sich an Adels freit's yra knüpft, poetisch zu behandeln. Meister Jonathas, Ihr follt allein, wie ich höre, den wahren hergang der Sache kennen, Es soll eine sehr merkwürdige Sage seyn, die der verstorbene Meinbacher nur feinen besten Freunden unter dem Siegel der tiefs ften Verschwiegenheit erzählte. Ich wähnte, als hofdichter, bins reichenden Anspruch an feine Werthschaßung zu haben, um daß er mir die rounderbare Begebenheit mittheile, doch wollte er sich nie dazu verstehen.

Der Maler. Weil Ihr sie alsdann dem ganzen Publikum unter dem Siegel eines underbrächlichen Stillschweigens au erzähe len gedachtet.... 3 Ich hätte nut gervanscht, de meniger von ihm verlangt haben. die kleinen Figuren s kopiren, um die Rahmen der Kaiserlichen Familien Portraits damit zu versteren. Seine Majestet wurden diefer Erfindung Beifall gerollt haben; Sie lieben vorzüglich die Nahmen der Gemade man möchte fast fagen, Sie geruhten, diese den Gemälden selbst vorzustehen. Daher berücksichtige ich diese auch ganz besonders bei dem Kauf der Bilder, die ich für höchftihre Galerie auswdble.

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Kapellmeister. Verschont uns doch mit Euren schlechten Spdßen; was ist daran gelegen, ob Seine Majestät sich auf die Künste verstehen, wenn Sie dieselben nur beschüßen.

Meph. (auf die Lyra zeigend). Dort steht das bewunderungs würdige Instrument, meine Herren. Man hat Euch nicht getäuscht, wie Ihr seht, denn seines gleichen findet man auf der Welt nicht mehr.

Kapellm. Das wäre sie? Ich erwartete etwas Anderes. Maler. Ich bitte tausendmal um Verzeihung, Herr Jonas thas, aber ich verstehe mich ein wenig auf Instrumente, das ist sicher kein Adelsfreit.

Meph. Ihr zweifelt, mein Herr; werfet nur einen Blick auf den Resonnanzboden, da könnt Ihr in allerhand Buchstaben den Namen des berühmten Verfertigers, das Datum, das authen, tische Datum und seinen Todestag lesen.

Maler. Und die Devise, von der man mir sagte? Meph. Da steht sie auch, in Silber ausgelegt, auf dem Ebenholze des Refonnanzbodens.

Kapellm. Das sind ja unlesbare Zeichen.

Kritiker. Ei, herrlich! Ich werde sie sogleich entziffern; ich habe wahre Luchsaugen. Hört! Hört!

Wer unberührt mich läßt, Des Theil wird Reichthum seyn; Wer Wohllaut mir entlockt, Dem ftrahlt der Weisheit Schein; Wer Mißbrauch an mir übt, Dem hauch' ich Wahnsinn ein; Und wer mich gar zerbricht, Den trifft des Todes Pein!

Dichter. Pah! Das ist nichts Besonderes. Maler. Ha! Ha! Es ist Lokalwig in den Versen. Aber offenherzig gesagt, wie gefallen Euch die erhabenen Figuren? Dichter. Bewunderungswürdig! göttlich!

Kapelim. Und die Verzierungen! Welch' herrlicher Ges schmack! Welche Zartheit in diesen Blumengewinden! Welch' sauberes Laubwert! Welche geschnörkelten und doch freien Aras besten! Es ist ein wahres Kleinod.

Maler. Hm! ich bedaure, Eure Entzückungen nicht theilen zu können. Das Alles ist stümperhaft, geziert und geschmacklos; es ist völliges Rokoko! Heutzutage verfertigen wir ganz andere Dinge.

Kritiker. Das bezweifle ich. Was jest gemacht wird, ist werthlos, dies hier aber ist ein Meisterstück.

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Maler. So etwas bewundert Ihr gern. Auf die Todten ist Niemand eifersüchtig.

Dichter. Liebster Freund, man kann nicht in Abrede stellen, daß Eure Kunst ihrem Verfalle nahe ist....

Maler. Wahrhaftig, seit zehn Jahren las ich keine Strophe, die so gut wie diese war..

Kapellm. Die Strophe ist in der That nicht übel; ich werde sie in Musik seßen, aber mich wohl håten, sie von einem Instrumente dieser Art begleiten zu lassen. Sein Bau ist abs scheulich, und die heutige Musik ist zu gelehrt, zu ausgearbeitet, zu vollstimmig, um fie auf solchen Kesseln spielen zu können.

Kritiker. Die Musik, die Malerei und die Dichtkunst, meine theuren Freunde, ruhen neben einander in demselben Sarge. Es giebt nur noch Eine Macht, die Kritik.

Maler. Und wozu hilft sie? Was beherrscht denn diese Macht? Wenn es keine Kunst mehr giebt, so ist auch nichts mehr zu fritisiren da, und die Kritik mag sich auf unser Grab hin, frecken, wie ein Hund auf die Beute seines Herrn. Ganz offen gesprochen, wozu nüßt sie denn?

Kritiker. Grabschriften abzufassen.

Maler. Ihr treibt also das Handwerk der Todtenbestatter. Mich fümmert's wenig, theuerster Freund. Streuet immerhin nach Belieben Blumen auf mein Grab; ich hörte immer, daß die Todesurtheile der Kritik den Künstlern Glück brachten. Indessen erzeigt mir doch den Gefallen, mir die Lyra ein wenig zu hal ten... fo ungefähr... föön! Ich will schnell die Figuren for piren, während Ihr mit Meister Jonathas Euch über den Preis einiget; denn was mich anbelangt, ich laufe nichts. Kritiker. Ihr wollt also doch diese elen

...

Dinger topi

daß fie

ren? Es ist wahrhaftig sehr gnädig von den Neuer Stümper

den Alten noch etwas entlehnen, obgleich sie über diese reien, über dies Rokoko so weit erhaben find!

Meph. (beiseit). Ich werde mich nicht beeilen, mit ihnen Handels eins zu werden; es ist recht gut, wenn sie bei ihrer Uns terhaltung etwas in Hiße gerathen. Bevor zehn Minuten vers gangen find, werden sie sich aanten; möchten fie doch die Leier Berbrechen, ehe sie von hier gehen, das wäre das Kürzeste und Sicherste.

Maler. Hatter still... ein wenig mehr rechts; schön... nun habe ich es.

Kritiker. Dieser Musenkopf, der am oberen Ende sich bes findet, und zu dem die Sirenen sich so anmuthig hinneigen, könnte füglich aus dem Alterthum berstammen.

Kapellm. Das ist entweder Polyhymnia oder die heilige Cdcilie.

Dichter. Es ist Erato. Die Lyra ist mehr das Sinnbild der Poesie als der Musik.

Kapellm. Welche seltsame Behauptung! Versucht es eins mal, das Instrument durch Hersagen von Versen erklingen au laffen! Keinem Brummeisen würdet Ihr, theuerster Freund, mit all Euren Sonnetten einen Ton entloden.

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gehört?

Kritiler. Der Herr begleitete sich mit anmuthigen Gebers den, edlen Stellungen und wirklich merkwürdigem Minenspiel.

Dichter. Vergebens bemüht Ihr Euch, mein Herr, mich lächerlich zu machen. Ich bin kein Musiker, ich weihte mich einer höheren Kunst. Wenn ich dieser Lyra harmonische Töne entlockte, fo gebührt die Ehre dafür allein dem geschickten Verfertiger derselben.

Kapellm. Aber, lieber Freund, im Gegentheil, Ihr seyd es, der sich über uns luftig macht! Auf Ehre und Gewissen, Ihr ließet auch nicht den geringsten Ton auf der Lyra hören.

Dichter. In der That, ich finde Euch sehr drollig! Ein tauber Kapellmeister! Das giebt uns Aufschluß über Eure Symphonieen!

Kritiker um Kapellmeister). Widersprecher doch dem Herrn nicht; es ist ja eines der schönsten Vorrechte der Dichtkunst, im Dunkeln zu sehen und beim tiefsten Stillschweigen zu hören.

Maler (immer zeichnend). Was mich betrifft, ich war derges ftalt in die Verse des Herrn vertieft, daß ich die Begleitung nicht recht hörte.

Dister. Ich mache keinen Anspruch auf Lobeserhebungen; ich möchte Euch nur die Schönheit der Töne fühlbar machen, welche ich dieser Lyra entlockte. Giebt es wohl etwas Reineres und Machtigeres, als diesen Dreiklang? (Er berührt die Lyra, die stumm bleibt.)

Kapellm. Nun?

Maler. Hörtet Ihr etwas? Kritiker. Nicht das Geringste.

-

Dichter. Geht, Ihr wollt mich zum Besten haben! Wie kann ich nur so thöricht seyn, darauf zu achten. Ich werde für mich allein spielen. (Er spielt und spricht.) Welcher Klang! Was für ein himmlischer Wohllaut! Aber was ist das! seltsam fürs wahr! die Töne entstehen von selbst und erklingen unter meinen Fingern wie durch ein Wunder! Höret! wie rein ist mein Spiel, welche Leichtigkeit in den Laufen, welche Kraft in diesen göttlis chen Allorden! O Poesie, Königin des Weltalls, du begabtest mich mit einem Talente, von dem ich bis jeßt nichts wußte, das ich für untergeordnet hielt, und das nur durch die Macht meines Ger nius sich zum Himmel erhebt! Ihr stehet stumm da, Ihr Anderen, erstaunt, festgebannt, niedergeschmettert von meinem Spiel! Jhr etenden Stumper, Ihr qudit Euch sehn Jahre lang, um nur mit mittelmäßiger Fertigkeit eine Schalmen ipielen su tönnen; wahs rend ich, ohne die Musik erlernt zu haben, ohne die Regeln der Kunst, noch den Mechanismus irgend eines Instrumentes su kens nen, hier ohne Anstrengung, ohne Mühe, ohne Nachdenken die Schise meiner Seele entfalte. Saf obne meinen willen encraus fchen wie Ströme die Wogen der harmonie den Saiten; Alles um mich her belebt fich; die Säulen schwanken, die Fresten be wegen fich, die Wölbung thut sich auf, um den Lobbymnus, der mir entströmt, sum Himmelsdom emporsteigen au lassen!... (Die Lyra ist beständig stumm geblieben.)

Kapellm. Wie Schade! unser armer Freund hat den Vers stand verloren! Wer wird mir nun meine Tertbücher schreiben. Kritiker (ironisch). Ich finde den Herrn nicht närrischer als gewöhnlich.

Maler (lacht laut und wirft sich in seinen Stuhl zurück). Ich sterbe, ich ersticke; noch nie sah ich so Belustigendes.

Dichter. Ihr fend es, die Mitleid und Sport verdienen! Endlich zeigt sich mir tlar Eure Eifersucht; in dem Augenblicke, wo mein Genius in feinem vollem Glanze strahlt, vermögt Ihr Euren Haß nicht länger mehr zu bändigen. Stets maret Ihr meine Feinde, ich weiß es fort aus meinen Augen! Wenn ich Eure Schmeicheleien mit Geduld anhörte; so geschah das nur, weil meine Verachtung Euch vor meinem Unwillen bewahrte. Doch es ist Zeit, daß ich mich aus dieser unreinen Atmosphäre rette; ich verlasse Euch; die Welt will ich mit meinem Ruhme erfüllen, und wie der göttliche Orpheus, werde ich unter dem Menschengeschlecht die Wohlthaten der Civilisation in der geheis ligten Sprache verbreiten, deren Geheimniß ich den Göttern

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