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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 60.

für die

Expedition (Friedrichs-Sträffe Nr. 72); in der Provinz so wfe im Auslande bei den Wohllöbl. Poft - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Berlin, Dienstag den 21. Mai

Frankreich.

Deschapelles, der König der Schachspieler.

Die Engländer spielen mehr Schach, als die Franzosen; aber Lestere haben Schachspieler aufzuweisen, mit denen Erstere fich nicht vergleichen können. Die Franzosen hatten immer Spieler von solcher Vortrefflichkeit, daß fie billig in dieser Hinsicht als Phänomene betrachtet werden können. Was sie ernsthaft be: treiben, darin zeichnen sie sich auch aus. Die besten Astronomen, Mathematiker, Chemiker, Tanzer u. f. w. sind Franzosen und fo find sie auch die besten Schachspieler.

Das Schachspiel hob sich im vorigen Jahrhundert in Europa, ganz besonders aber in Frankreich. Legalle, Philidor, Bernard, Carlier, Deschapelles machen in der Geschichte des Schachspiels Epoche, doch hat Keiner der Vorhergehenden in jeder Art des Spiels eine solche Höhe der Kunst erreicht, als Lesterer, von dem daher billig etwas ausführlicher gehandelt werden kann.'

Welcher Schachspieler kennt Deschavelles nicht? Wo ist der Jünger dieser magischen Kunst, der seinem ritterlichen Meister nicht die größte Ehrerbietung schuldig wäre? Doch während Andere ihn bewundern, wollen wir versuchen, seine Ruhmes Laufbahn zu beschreiben.

Guillaume Le Breton Deschapelles, jeßt 67 Jahre alt, hat ein solches Talent für alle Arten von Spielen, daß er von Allen, felbft von den Engländern, als der vollendetste Spieler anerkannt wird. Zu jedem Spiele, welches er nur einigermaßen betreibt, geichnet er sich zugleich in einem so hohen Grade aus, daß er den ersten Rang einnimmt. So zeigte er sich im Billard, Brett: spiel, Triktrak und Whist eben so groß, als im Schach. Dess chapelles zeigte in feiner frühen Jugend nicht das eminente Las lent, welches ihn später so berühmt machte. Sein Vater war Kammerdiener Ludwig's XVI., und fein älterer Bruder, ebenfalls dem monarchischen Systeme zugethan, fungirte in derselben Eigen schaft am Hofe Karl's X. D. selbst, mehr dem revolutionnairen Geifte seiner Zeit huldigend, entging den Verfolgungen, die feine Familie trafen. Als die Pariser Jugend in ihrer Vaterlandsliebe zu Anfang der Revolution gegen das Ausland die Waffen ers griff, schloß er sich den Vorderreihen derselben an. Gleich in dem ersten Gefechte hatte er das Unglück, seine rechte Hand zu verlieren und so bedeutend am Kopfe verwundet zu werden, daß seine Genesung als ein Wunder angesehen werden kann; denn fein Gesicht war schräg durchhauen. Wir überlassen es der Ent scheidung der Physiologen, ob die bedeutenden Wunden an seinem Kopfe feiner Denkkraft und großen Berechnungsgabe förderlich waren. Invalid und seiner rechten Hand verlustig, lebte er in Paris von der Regierung und machte er später als treuer Kriegs: Kommissar die Hauptfeldzüge des Konsulats und des Kaiserreichs, unter Fouché's besonderer Protection, mit.

Ich werde seine Fchigkeiten in anderen Spielen, außer im Schach, nur ganz kurz errodhnen. Im Triftrat, einem sehr schweren Spiele, ist anerkannt er der beste Spieler in Frank reich, wo Triftrak mehr gespielt wird, als irgend anderswo. Als Billardspieler steht zwar Deschapelles im Nachtheil, da ihm die rechte Hand fehlt; doch nimmt er als praktischer Spieler den dritten Rang ein, und als Kenner gilt er, selbst nach dem Ur: theile Eugene's, des Kentfield von Paris jeßiger Zeit, als der erfte. Die Art, wie Deschapelles Brettspiel lernte, ist interessant. Schon seit langer Zeit ist dieses Spiel in Frankreich im Flor. Während der ersten Französischen Revolution verlegten die Spieler ihr Hauptquartier vom Café de Manourn, wo sie wegen Mangel an Geld nicht bleiben konnten, in ein Entresol in der Nähe des genannten Café unter der Leitung des berühmten Brettspielers Chalon, des Verfasers einiger merkwürdigen gedruckten Probleme über dies Spiel. Er war Nachfolger von Blonde, Manoury und Anderen aus der Elite". Deschapelles tam auf den Einfall, Brettspiel zu lernen. Er trat in das Sanktum, lernte die Züge und Regeln durch Zusehen in einer halben Stunde und forderte dann Chalon zum Spiele auf. Schon nach ganz kurzer Zeit spielten fle gleiches Spiel, und Deschapelles gewann. Chalon wünschte es fortzuseßen, aber D. lehnte es ab mit den Worten: „Ich habe Ihr Spiel durchschaut und finde nur wenig Kunst

"

1839.

darin. Früher, als es noch von den Großen gespielt wurde, mochte man sich noch eher darin üben. Jest ist es von den Salons in die Antichambres der Bedienten gebracht, und ich stelle mich nicht gleich mit Bedienten. Leben Sie wohl; ich werde nie wieder Brettspiel spielen.“

Diese großthuende Sprache darf keinesweges als eine Prah lerei angesehen werden; denn ein Prahler ist nur der, welcher mit etwas groß thut, was er nicht ausführen kann; er aber durfte diefes, im Bewußtseyn seiner Ueberlegenheit und feiner herkulischen Kraft, füglich sagen. Das Brettspiel ist fast eben so schwer, als Schach. Dieses beweist der berühmte Schach spieler Philidor, welcher, ungeachtet aller Anstrengung, Chalon niemals gleichlam. Dies bestimmte ihn wahrscheinlich, sich auf das Schach zu legen, worin er anfangs, gleich einem Löwen in der Wüste, ohne Rival herrschte.

Deschapelles' ausgezeichnete Fertigkeit im Whist erhellt viels leicht am besten aus dem Faktum, daß er in diesem Spiele mehrere Tausend Pfd. Sterling gewonnen hat, von deren Inters effen er jest hauptsächlich lebt. Es gewährt einen eigenthümlichen Anblick, den Veteranen die Karten_sammeln, mischen, spielen und in Stiche zusammennehmen zu sehen mit seiner einen ihm noch gebliebenen linken Hand.

Begabt mit einer so außerordentlichen Leichtigkeit, Spiele aufzufaffen, lernte D. Schach nicht allmálig, fondern er bes mächtigte sich desselben in wenigen Versuchen. Nach seiner eigenen Aussage soll er in vier Tagen dieses Spiel ganz bes griffen haben. Schon am vierten Tage", erzählt er,,,habe ich mit gleichem Spiel den großen Schachipieler Bernard, der Philidor gleich zu stellen ist, beslegt; seitdem habe ich weder Fort fchritte noch Rückschritte gemacht. Die Kunst des Schachspiels besteht für mich nur in einem Punkte, der, wenn anders recht aufgefaßt, sich immer mir aufs beste bewährt hat. Diese seine Behauptung fand ihre Rechtfertigung in einem von ihm im Mai 1836 vollbrachten Faktum. D., welcher während eines Intervalls von 15 Jahren kein Schach gespielt hatte, wollte auf einmal wissen, welchen Einfluß dies auf seine Spielfähigkeit gehabt hatte. Er ging in den Pariser Klub und spielte mit Herrn von la Bourdonnais jenes sonderbare Schachspiel,,,das Spiel mit den Bauern" genannt, wo einer der Spieler feine Königin wegs nimmt und dafür eine gewisse Anzahl Bauern erhält, wobei er von vier Partieen zwei gewann, eine unentschieden ließ und eine verlor. Um seine Kraft auch im gewöhnlichen Schach zu prů fen, besuchte er in derselben Woche noch einmal den Klub und spielte drei Partieen gewöhnlichen Schachs mit Herrn St. Amand, der bald nachher die besten Londoner Spieler schachmatt machte, und gewann, ungeachtet er seinem Gegner einen Bauer und zwei Züge vorgab, eine Partie, verlor eine und ließ eine unents schieden. Seitdem spielte er nicht mehr, zum größten Bedauern feiner Schachfreunde. Die Schädellehre findet eine Bekräftigung ihrer Prinzipien in D.'s Stirn, in dem das Calculations Organ entwickelter ist, als vielleicht in irgend einem anderen Menschen. Eine merkliche Höhe ist auf der Gränze feiner rechtwinkligen Stirn sichtbar, die gleich im ersten Augenblicke die Aufmerksam keit der Anhänger des Gallschen und Spurzheimschen Systems auf sich sog.

Es muß hier bemerkt werden, daß Deschapelles weder eine Theorie des Schachspiels studirt, noch irgend ein Buch darüber gelesen hat. Er ist daher mit den gewöhnlichen Regeln desselben gewissermaßen unbekannt und muß folglich die rechten Züge in jeder Partie speziell auffinden. Er glaubt, daß Regeln und Schnelligkeit dem _Schachspieler_nur zum Nachtheile gereichen. Sein eminentes Talent zeigt sich am sichtbarsten, wenn die Stellung feiner Steine am schlechtesten ist. Was den Zuschauern eine cimmerische Finsterniß ist, das ist ihm so klar, wie die Sonne. ,,Was mich betrifft", fagt er, so sehe ich weder rechts noch links um mich, ich betrachte die Lage der Steine so, als hätte ich awei feindliche Lager zu untersuchen. Ich suche nur meinen Gegner schachmatt zu machen et voilà tout.' Sobald er seine Kraft erkannt hatte, gab er sofort, ohne Ausnahme, feinem Gegs ner vor, und so spielte er immer, wenn es nur seine Zeit ers laubte, wodurch er die neue Französische Schachspielschule bildete, aus welcher la Bourdonnais, Mouret und Andere die Ausges zeichnetsten sind. Als er die Schule start genug fand, es mit Anderen aufzunehmen, sog er sich zurück.

Folgendes Faktum laffen wir ihn selbst erzählen:,,Als ich 1806 mit der Französischen Armee nach Berlin kam, führte mich mein Wirth in den berühmten Berliner Schach Klub. Viele Spieler waren schon bereit, mich zu empfangen. Die drei größ ten Spieler des Klubs waren meine Gegner. Ich erkundigte mich, ob ein Fremder (aus meiner Bekanntschaft) schon früher die Ehre gehabt hätte, eingeführt zu werden; sie erwiederten ja. Wer hat gewonnen? fragte ich. ! entgegneten sie, wir waren noch immer die Gewinner. Sehr wohl, sagte ich, das wird nicht der Fall seyn mit mir. Warum? Euer Klub muß jest vers lieren. Man kann sich denken, welches Aufsehen diese Aeußerung machte. Ein Lärm wie beim Babylonischen Thurmbau entstand, und man hörte ungefähr folgende Worte: Welche Anmaßung! wir wollen ihn schon dafür bestrafen. Ehe das Spiel anfing, mußten wir uns über die Bedingungen vereinigen. Ich erklärte, daß ich nie gleich gespielt hatte, und bot ihnen einen Bauer und zwei Züge an. Wie hoch spielen Sie? fragten sie mich. Wie hoch Sie wollen, erwiederte ich, von 1 Francs bis zu 100 Louisd'or. Darauf sagten sie, fie spielten nie um Geld im Klub. Ich dachte bei mir, wenn das ist, warum fragt ihr mich? Doch ließ ich das, und die drei besten Spieler fingen das Spiel mit mir an. Ich ersuchte sie, sich unter einander Rath zu ertheilen, and erlaubte jedem der Gesellschaft, ihnen seinen Rath zu geben. I mußte aber darein willigen, gleiches Spiel zu haben. Wir zogen hin und her, bis ich endlich die Sache ernsthafter trieb und ihnen beim elften Zuge erklärte, daß sie nach sieben Zügen nothwendig matt werden müßten, und das seßte ich ihnen aus einander. Ich nahm den Anschein, als wollte ich weggehen, worauf sie mich höflichst und sehr bescheiden ersuchten (was mir wohl gefiel), doch noch eine Partie mit ihnen zu versuchen. Ich fchlug es nicht aus. Sie fingen an und sogen gleich den Bauer der Königin in das zweite Feld. Die Partie dauerte långer, als das erste Mal; ich aber gewann wieder. Und so mußten fie mich nothwendig als ihren Meister anerkennen. Mehrere Klus bisten, die mir später begegneten, ersuchten mich, den Klub noch einmal zu besuchen. Ich willigte ein, mit der Bedingung, daß fie einen Springer vornehmen müßten, und daß um 100 Louiss d'or gespielt werden sollte. Sie gingen in diese Bedingung, nach einigem Strauben, ein, und so spielten wir drei Partieen, von welchen ich zwei gewann und eine unentschieden ließ."

Vor zwei Jahren erbot Deschapelles sich, mit jedem Engläns der öffentlich im,,Palamede", dem Sammelplaße Französischer Schach Spieler, eine Partie um 100 Pfund Sterling zu spielen, wobei er einen Bauer und zwei Züge vorgeben wollte. Er ers klärte, er müsse dies seiner Ehre halber thun, da ein Englisches Blatt daran zu zweifeln schien, daß er dem Berliner Schach-Klub einen Springer vorgegeben habe. Man nahm dies Anerbieten in England an und bildete zugleich Comité's, um die gehörige Einleitung zu treffen, und schon in einer halben Stunde waren durch Subscription 500 Pfund Sterling zusammengebracht. Doch scheiterte dieses Unternehmen daran, daß der Londoner Klub vers langte, daß von Seiten Deschapelles' förmlich anerkannt wurde, daß er der herausfordernde Theil sen. Deschapelles will davon nichts mehr wissen, weil, wie er behauptet, England ihm noch feinen Gegner namhaft gemacht hätte, und so will er die Sache nicht wieder aufs Tapet gebracht haben. (London Mag:)

Die sieben Saiten der Lyra. Dramatisches Gedicht von George Sand.

(Fortseßung.)

hans. Ich will versuchen, mich Eurer Sprache zu bedienen. Wir steuern Alle zu dem Werke des Fortschritts bei, ein Jeder nach seinen Fähigkeiten. Jeder von uns gehorcht also einem bes sonderen Organismus. Aber wir wirken Alle so auf einander ein, daß sich kein Einzelner außerhalb aller Jdeenverbindung mit seis nes Gleichen denken läßt, wenn man sich ihn nicht im Leeren existirend denken will. Wir sind also Alle die Söhne aller Mens schen, die vor uns gelebt haben, und die Brüder aller Menschen, die mit uns gleichzeitig leben. Wir sind Alle dasselbe Fleisch und derselbe Geist. Doch war es der Wille Gottes, der Mannigfal tigkeit im Gleichartigen zum allgemeinen Geseß gemacht, daß es eben so wenig zwei gleiche Menschen gabe, als es nicht zwei gleiche Blätter giebt; so theilte er denn das Menschengeschlecht in verschiedene Familien, die wir Typen nennen, und deren In dividuen sich ins Unendliche verlieren. Eine dieser Familien nennen wir die Gelehrten, eine andere die Krieger, eine dritte die Mystiker, eine andere die Philosophen, eine andere die Industri ellen, eine andere die Verwaltenden und so fort. Sie alle sind nothwendig und sollen auf gleiche Weise zum Fortschritt des Men schen in Wohlstand, Weisheit, Tugend und Eintracht beitragen. Aber es giebt noch eine, welche die Größe und die Vorzüge aller anderen in sich schließt, denn fie begeistert sich daran, nährt sich davon, nimmt sie in sich auf und gestaltet fie neu, um fte zu ers heben, zu verschönern, ich möchte sagen zu vergöttlichen, mit einem Wort, sie bringt sie einem Jeden nähe und verbreitet sie über die ganze Welt, denn ihre Sprache ist Allen verständlich. Dies ist die Familie der Künstler und der Dichter. Man lebt von ihren Werken und Thaten, man athmet sie mit allen Sinnen ein, und der Pälteste Geist, das herbste Gemüth bedürfen der Schöpfungen

etwas Anderes ist, als eine algebraische Gleichung. Und doch behandelt man die Künstler wie eitle Nebendinge einer überfeis nerten Bildung. Der Verstand hat ihnen das Urtheit gesprochen, und wenn man ihnen noch das Leben läßt, so geschieht es bloß, weil die Weisen ihrer bedürfen, um mit ihrer Hülfe die Langeweile und den Ueberdruß der Weisheit leichter zu ertragen.

Alb. Hans, Du wirst bitter. Ich sehe nicht, daß die Künfts ler und Dichter von den Weisen irgend einer Nation wie Paria's behandelt würden; ich sehe nicht, daß Elend oder Dunkelheit ihr Erbtheil in der Gesellschaft wäre. Eine Tänzerin lebt in unse rem Jahrhundert wie eine Kleopatra, während der Philosoph in Noth und Verlaffenheit sein bitteres Kleienbrod ift.

Hans. Ja, ja, Meister, ich gebe das zu. Ich könnte Euch zwar antworten, daß jener Ehrgeizige im Namen der Philosos phie die ersten Staatsdmter bekleidet, während jener Künstler, ein Martyrer seines Genius, im Elend, in Verzweiflung und Niedrigkeit lebt. Aber nicht aus diesem Gesichtspunkt betrachte ich das Unglück des Dichters. Der ehrgeizige Dichter vermag Alles in der Gesellschaft, eben so wie der ehrgeizige Philosoph, denn der Eine wie der Andere kann die Wahrheit abschwören oder vers rathen. Auf dem Standpunkt der Betrachtung, zu dem ich mich hier erhebe, spreche ich nicht von den gesellschaftlichen Unbilden, auch nicht von den materiellen Leiden. Ich schaue höher hinauf, und die Einzelnen nicht beachtend, sehe ich nur auf die Gesammt heit des Fortschritts, den die Poesie und die Künste erreichen fol len. Dieser Fortschritt würde sicherer, schneller, herrlicher seyn, wenn die Menschen sich nicht eigensinnig jedem kühnen Unterneh men entgegenstemmten, jede glühende Begeisterung bei den Dichtern zu unterdrücken suchten. Unter den Dichtern verstehe ich alle währe Künstler. Die ganze jeßige Generation hat es darauf ange legt, fie nur kleine Schritte thun zu lassen, weil sie, eitel auf ihren kleinen Verstand und aufgebläht durch ihre kleine Philosophie, vers langt, daß man ihre Mittelmäßigkeit berücksichtige und ihr auch nur mittelmäßige Werke zeige. Leute, die nur kleine Handlungen und kleine Gefühle begreifen, haben das Wort Wahrscheinlichkeit ges schaffen für Alles, was ihrem engen Geiste und Herzen entspricht. Und Alles, was darüber hinausgeht, haben sie in die Kategorie des Unmöglichen und des Ungereimten geworfen. Daher arbeis ten alle große Künstler als Martyrer der Gegenwart für die Liebe der Nachwelt; befißen sie aber keine hohe Lugend, sind sie keine erhabene Schwarmer, so begnügen sie sich damit, gleich Seiltans zern ihre Zeitgenossen zu unterhalten und der Zukunft die Früchte ihres Genius zu entziehen.

Alb. Ei, mein Sohn, Du brichst, ohne zu wissen, jenen ruhmsüchtigen Künstlern den Stab, die sich von der Gegenwart lossagen, um in der Zukunft einen ausgezeichneten Plaß einzus nehmen. Ich begreife diese Art von Ehrgeiz; es ist der raffinirs teste. Aber glaube mir, wenn diese Geister recht durchdrungen wären von der Wichtigkeit ihrer Sendung auf Erden, wenn eine rechte Sehnsucht nach der Erfüllung des Fortschritts fie verzehrte, sie würden mit ihrem Stolie fich abfinden und aus Liebe zur Menschheit thun, was sie mit Recht für eitle Schäße und gesells schaftliche Auszeichnung zu thun verschmähen. Sie würden nicht erröthen, fich in faßliche Formen einzuengen, sich zu der gewöhn lichen Generation des Tages herabzulaffen, eine ihr verständs liche Sprache zu sprechen und ihr die großen Wahrheiten der Zus funft mit einem Sauerteig einzuimpfen, der sich in ihren groben Stoff eindrängen und sich damit verbinden tönnte.

Wilh. Meister, Ihr vergesset, daß die Kunst eine Form ist, nichts Anderes. Erniedrigt man oder beschränkt man sie nach dem Gefallen derer, die für das Schöne und Große keinen Sinn has ben, so ist es mit der Kunst zu Ende, weil es dann keine Schöne heit und feine Größe der Form mehr gäbe.

Alb. Auch Du, Wilhelm! Wahrlich, ich hatte mir nicht trdumen lassen, daß ich von jungen Künstlern umgeben sen; das ist die scharfste Kritik meiner armen Philosophie.

Hans. Meister, nichts ist schöner als die Philosophie, aber es giebt noch etwas eben so Schönes, und das ist die Poesie. Die Poesie ist zugleich die Mutter und die Tochter der Weisheit.

Alb. Die Tochter, ja! Sie sollte es sich gesagt seyn lassen und nie einen Schritt ohne ihre Mutter thun. Aber daß fie auch, Mutter fen, dies leugne ich.

Hans. Meister, der erste Mensch, der Gottes Gedanken bes griff, war weder ein Mathematiker, noch ein Theolog, noch ein Philosoph, sondern ein Dichter.

Alb. Wohl möglich. Der erste Mensch, der Gottes Ges danken begriff, war noch roh. Sein Geist konnte sich nicht durch die Abstraction bis zum großen Urgrund erheben. Seine Sinne offenbarten ihm eine der feinigen überlegene dußere Gewalt. Sein Geist bestätigte das Urtheil der Sinne und rief es dann nicht mehr an. Die Poesie ward für immer die Tochter der Weisheit.

Hans. Meister, nicht das Urtheil der Sinne war es, welches dem Menschen das Daseyn Gottes offenbarte, sondern der Instinkt des Herzens. Die Entzückung der Sinne beim Anblick der Kreatur war nur eine Nebensache gegen den Aufschwung der menschlichen Seele, die, auf der Erde angelangt, sich sogleich genöthigt fühlte, zu dichten, zu wünschen, das Ideal zu lieben. Der Geist war noch zu ungeübt für die Feinheiten der Metaphysik, als daß er sich hätte anstrengen sollen, den Beweis für das Daseyn Gottes zu führen; die Seele aber war vollendet und machtig genug, um nach Gott zu verlangen. Sie ahnte und fühlte ihn schon langst, che sie daran dachte, ihn zu definiren. Diese Offenbarung, diese ursprungs

aller Harmonie, aller Weisheit. Und so definire ich, um mich kurz zu fassen, die Metaphysik als die Idee Gottes und die Poefte als das Gefühl Gottes.

Alb. Deine Erklärung mißfällt mir nicht, und ich willige von ganzer Seele ein, daß Du mein Vater senst, lieber Dichter. Aber ich fordere auch, daß Du es mir beweisest. Sieh zu, bes lehre mich; befördere in mir die Geburt einer neuen Idee. Nimm Deine Fidte und blase mir einen Walzer vor. Wenn mir dabei die Lösung eines der großen Probleme einfällt, die mich beschäftigen, so will ich Dir gern glauben, ich will Dir danken für Deine Predigt und mich, wie unter einer Glückwunschkarte jum neuen Jahr, Dein auf ewig ergebener und erkenntlicher Sohn nennen.

Hans. Mit der schlechten Flöte, die Ihr in der Tasche meines Wamses entdeckt habt, werde ich freilich den Himmel nicht öffnen. Aber wenn ich nur ein armseliges Telent befize, wenn nur ein kleiner Funken von Poesie in mir glimmt, fo liegt die Schuld an Euch, Meister, denn Ihr verbanne ja alle Kunst aus unseren Studien, und wir müssen die Violine oder Klarinette ganz heimlich, fern von Eurer Wohnung, in den Schenken spielen. Ohne Euer strenges Verbot gegen die Musik wäre ich vielleicht ein großer Künstler, ein Dichter, ein Zauberer wie Adelsfreit, und ich könnte dann jeßt ein Wunder thun und Euch bekehren. Und damit ware gar viel gewonnen, glaubt mir; das Haupts unglück der Poesie ist nicht, daß sie von den Geschworenen und Aufsehern der schönen Künste verkannt wird, sondern daß Männer, wie Jhr, Meister, nichts von ihr wissen wollen; denn wie der große Dichter die Zukunft der Philosophie, so hat auch der große Philofoph die Zukunft der Poefie in seinen Händen. Ein Staatss mann fann hundert Mißgriffe den Tag über machen und eine Klicke bundert Kånke in der Stunde schmieden, die Zukunft der Poesie wird dadurch nicht weiter leiden, als die Eristens dieses Staatsmannes oder dieser Klicke reicht. Wenn aber Albertus iret, so kann die Zukunft der Poesie vielleicht auf Jahrhunderte die Folgen davon empfinden. Die beschränkten Köpfe Pönnen sich hinter die Straflosigkeit zurückziehen; den großen Geistern aber ist es nicht erlaubt, über einen einzigen Punkt der mensch lichen Bestimmung zu_irren.

Alb. Was hast Du mir nun eigentlich vorzuwerfen? Habe ich nicht stets gelehrt, daß die Künfte eble und machtige Mittel senen, um die Erziehung des Menschengeschlechts zu beschleunigen? Wenn ich die neueren Künstler verdammte, weil sie durch ihre spöttische Leichtfertigkeit oder durch ihren bitteren Sleptizismus einen verderblichen Einfluß auf Euch ausübten, habe ich nicht die großen Dichter der Zukunft, die es sich zum Ziel sehen wer den, Hülfsgenossen und Verbreiter der Weisheit zu seyn, stets mit Freuden im Geifte begrüßt?

Wilh. Ihr glaubt also, Meister, daß es in der Gegenwart dergleichen Dichter nicht giebt?

Alb. Von den Personen will ich nicht sprechen: ich sage nur, daß bis jest die Poesie das Räthsel ihrer göttlichen Beftims mung auf Erden noch nicht gelöst hat. Einige Erzeugniffe der Kunft bewundere ich allerdings, weil ich sie begreife, weil Jeders mann fie begreifen kann, und weil sie einen löblichen Zweck haben. Ihr lächelt, und ich weiß schon, was Ihr sagen wollt. Die Werke, welche Ihr von mir loben hörtet, scheinen Euch gewöhnlich, und ihre Schöpfer verdienen, Eurer Meinung nach, weder Dichter noch Künstler genannt zu werden. Woher fömmt dies aber? Ist die Schönheit ein relatives Ding? Ift fie das Ergebniß einer Uebereinkunft, und ist, was der Eine für schön hält, es für den Anderen nicht auch?

Hans. Das Schöne ist unbegränzt; es ist die Himmels, leiter Jakob's, die sich in die Wolken verliert; jede Stufe, die man weiter hinansteigt, laßt uns einen leuchtenderen Glanz um den Gipfel erblicken. Die, welche tief unten stehen bleiben, haben nur eine verworrene Vorstellung von dem, was Andere, höher stehende, deutlich schauen; und was diese sehen, das begreifen die Anderen nicht und wollen es nicht glauben; denn es giebt verschiedene Arten, die heilige Leiter zu erklimmen; die Einen Plettern langsam und mühselig mit Füßen und Händen hinan, Andere haben Flügel und gelangen leicht daran_empor.

Alb. Mit Deinen ewigen Metaphern! Du meinst, Ihr Kunstler wäret Adler und wir Logiter nur Laftthiere. Nun wo ohlan, wenn das Menschengeschlecht aus niedrigen Wesen bes steht und die Dichter durch himmlische Anschauung in den Rath Gottes eindringen, so mögen sie ihn uns offenbaren, vor Allem aber sich verständlich machen.

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hans. Sie verkünden ihn Euch durch alle Stimmen der Kunst und der Poesie; aber je lauter fie ihn verkünden, desto weniger begreift Ihr sie, denn Ihr verschließet hartnddig Euer Dhr. Bis in den Himmel sind sie gedrungen, die Gefänge der Engel haben fie vernommen und in ihrem Innern bewahrt, fie verdolmetschen fie Euch, so gut fie können aber ihr Ausdruck behdit ftets etwas Erhabenes, das Euch geheimnisvoll erscheint, weil Euer Wesen fich strdubt, die Grenzen des demonstrirenden Verstandes zu verlassen. Nun wohl, ändert Euer unvollkommenes Wesen durch ernste Befcbdftigung mit den Werken der Kunst, durch das Studium der Künstler selbst und vor Allem durch hins gebende, reine Theilnahme an der Entwickelung und am Triumph der Künste und der Poefie. Die Philosophie fann dabei nur ges winnen, denn, ich wiederhole es, sie ist eben so sehr die Tochter wie die Mutter der Poesie, und hattet Ihr nicht die antiken Meisterwerke des Meißels gesehen, Ihr würdet Plato nimmer verstanden haben.

Alb. Weil dies wirklich Meisterwerke find. Niemand zweis felt an ihrem Werth; das Schöne ist also für Alle erkennbar. Hans. Ihr habt sie gesehen, ohne sie ganz zu begreifen; da aber ihre Vollkommenheit durch die Bewunderung der vers gangenen Jahrhunderte geheiligt war, so habt Ihr Euch nicht erst gefragt, ob das natürliche Gefühl auch richtig sen, welches Euch ebenfalls diese Vollkommenheit offenbarte. Es giebt jedoch auch in den Jahrhunderten, die minder fruchtbar find an genialen Geistern, so Manche, die wohl fähig wären, in die Fußstapfen eines Phidias zu treten; aber sie werden verkannt und unterdrückt. Warum? Weil man sich begnügt hat, einen Blick auf die Werke des Phidias zu werfen, ohne ein ndheres Studium derselben für nöthig zu halten. Da nun die bestallten Vertheiler von Belohs nungen und Auszeichnungen, ihrer Natur und Erziehung nach, meist Feinde des Schönen sind, so wäre es, theurer Meister, die Pflicht des Logikers, überall das Schöne aufzusuchen, es zu ents decken, zu verkünden und zu krönen. Indem Ihr gleichgültig daran vorübergeht, thut Ihr den Menschen eben solche Unbill an, als wenn Ihr ein Denkmal der Wissenschaft vermodern ließet. Alle Menschen durften nach dem Schönen; aus diesem Lebensquell muß ihre Seele trinken, wenn sie nicht untergehen foll. Die menschlichen Organismen sind aber verschieden; die Einen streben mit dem Geist nach dem Ideal, Andere mit dem Herzen, Andere mit den Sinnen. Wenn Ihr wollt, daß die Ors ganisation des Menschen sich vervollkommnen, daß sie zu einem wundervollen Gleichgewicht gelangen und das Ideal eben so mit dem Geist, wie mit dem Herzen und mit den Sinnen fassen foll, so unterdrücket doch keine dieser Eigenschaften in ihr; denn Ihr dürft nicht hoffen, daß Ihr gleich alle Menschen auf demselben Wege werdet zur Wahrheit führen können. Denen, für welche eine Offenbarung der idealen Schönheit nur durch die Sinne möglich ist, gebet, als Schußmittel gegen alle Ausschweifung, die keusche Nacktheit, der Venus von Milo. Sehet Euren Jers thum ein, Ihr Moralisten, die Ihr Euch mit Scheu von dieser materiellen Schönheit abwendet, als wäre es ein unzüchtiger Gegenstand und nur dazu geeignet, die Sinne aufzuregen. Bes griffet Ihr die Kunst, Ihr würdet wissen, daß das wahrhaft Schöne immer rein ist, weil es von der Gottheit ftammt. Die Einbildungskraft entfernt sich von der Erde und erhebt sich zum Himmel, wenn sie das Wert einer himmlischen Begeisterung bes trachtet, und ein solches Werk ist das Ideal.

Alb. Mein Sohn, Deine Ansichten über diesen Punkt schei nen mir erwagenswerth. Gewiß, wer sich dem Streben nach dem Ideal hingiebt, der muß auf alle Weise zur Vervollkomnung feines eigenen Drganismus beitragen. Vielleicht hat die Schwers fälligkeit des meinigen in Sachen der Kunst mich bisher über viele Dinge im Irrthum erhalten. Doch die Stunde des Unters richts hat geschlagen; ohne Zweifel find schon alle Schüler im Saal; wir wollen sie nicht warten lassen. Ein andermal werde ich mit Vergnügen unser Gespräch wieder aufnehmen. Nichts ist mir angenehmer, als von Solchen zu lernen, denen ich gern Alles lehren möchte.

Hans (ihn umarmend und an der Hand fassend, um mit ihm hinauszugehen). O vortrefflicher Meister, Deine Seele ist wahrhaft groß! Wilh. Welche schlichte Güte!

Karl. Er ist zwar manchmal etwas eigen, aber man kann doch nicht umhin, ihn von ganzem Herzen zu lieben. (Wilhelm und Karl-folgen.)

Fünfte Scene.

Helene.

Sie find fort. Ich will schnell die Bücher und Papiere meines guten Meisters ordnen. Gott, ich danke Dir, daß Du mir einen so edlen Freund gegeben hast! Könnte ich doch seiner ganz würdig werden! um feine Bemühungen für mich zu verguten, möchte ich so gern alle seine Wünsche erfüllen und der anspruchslosen Eigenliebe Genüge leisten, deren Befriedigung er darin findet, mich zu unterrichten. Er wünscht so sehr, mich gelehrt zu sehen, aber ach! mein Geist ist so beschränkt und mein Gedächtniß so schwach, daß ich gar keine Fortschritte machen kann. Die lange Krankheit hat meinen Kopf fo geschwächt. Welche schmerzliche Mattigkeit befchleicht mich, wenn ich diese großen Bücher öffne. Schon der Geruch des dumpfigen Pergamentes macht mir Kopfweh, und beim Anblick dieser reihenweis, mit verzweifelter Symmetrie geordneten Schriftzeichen befällt mich ein Schwindel. Der gute Meister! Seine Sanftmuth und feine Geduld vergrößern nur meine Befchdmung und meine Gewissensbisse. Ich fühle sehr wohl, daß ihn meine geringen Fortschritte betrüben, aber nie bes zeigt er mir die geringste Unzufriedenheit darüber. Gestern erst verwechselte ich Objektivität mit Subjektivitát, und diese Nacht schlief ich über eine Erklärung des Absoluten ein. Ich träumte, daß ich mich auf einer schönen Wiese befande und dem Ges plätscher eines munteren Baches lauschte. Mir war, als seven Worte auf seinem klaren Grunde geschrieben, und wie in einem Buche las ich allerhand schöne Dinge darin. Ich nahm mir vor, fie dem Meister Albertus zu wiederholen, und ich hoffte, ihn damit recht zufrieden zu stellen. Aber als ich erwachte, war mir Alles entschwunden, ich erinnerte mich nur noch, den Hims met recht rein und blau in einem hellen und schnell fließenden Waffer gesehen zu haben.... Lieber Gott, warum hast Du mich doch mit einem so schwachen Verstande begabt? Jeden Tag fagt Meister Albertus:,,Morgen wird es besser gehen"; aber ich bin heute nicht flüger als gestern.... Doch laßt sehen, ich will

davon.

-

meine Aufgaben recht gewissenhaft einstudiren. (Sie seßt sich an Meißer Albertus Tisch und schlägt ein Buch auf.) Ich will versuchen, Alles auswendig zu lernen, denn ich verstehe durchaus nichts Wenn er mir die Sachen selbst erklärt, só begreife ich fie; aber diese alten Folianten tödten mich. Was fur barba, rische Worte das find!.... Ach die Nachtigall!.... (Sie läuft ans Fenster.) Nein, es ist ein Hanfling, welch lieblicher Ton!.... O, welch' reizender Schlag! Armes Thierchen, du hast gar nichts gelernt, und doch verstehst du mehr als ich.... (Sie läßt das Buch fallen.) Wie die Sonne schon warm scheint.... Wie ein goldes ner Strom ergießt sie sich hier hinein!.... Ich möchte wohl einen Strauß schöner Blumen sammeln und Meister Albertus Zimmer damit schmücken. Er wird dann sagen:,,Ei, Du dach test an mich, liebe Kleine?".... Und obgleich er sich nicht viel aus Blumen macht, so wirft er doch einen Blick darauf und fagt: Das ist ja recht hübsch"; aber er findet es albern von mir, daß ich mit so viel Luft ein Maiblumen Stengelchen betrach ten kann. Nein, nein, ich will ihm lieber keine Blumen zu sehen geben, denn gestern sprach er davon, er wolle mir einen Lehrer der Botanik halten.... Himmel, wenn ich alle eure Nas men Griechisch und Lateinisch lernen müßte, ihr armen Kleinen, so würde ich euch bald nicht mehr so zärtlich lieben! .... Ach! die Sonne! Wie das schön ist! Und der Morgenwind! Ei! guten Tag, liebe Schwalbe! laß dich nicht stören, vollende immer dein Nest am Fenster. O, ich will dir ja gern bei der Arbeit nicht mehr zusehen, wenn dich das einschüchtert.... Wie niedlich find deine kleinen Füße! doch ich muß das Fenster schließen und den Vorhang herablassen, denn Meister Albertus liebt die Tageshelle nicht. Seine Augen sind durch die Nachtarbeiten schon zu geschwächt!.... Es ist doch schade, daß ich nicht die Sonne auf die Bücherreihen der Bibliothek soll scheinen sehen. Ich will zu meiner Unterhaltung die Lyra betrachten, aber sie nicht anrühren. Mein Vater gerieth außer sich vor Aerger, wenn ich mich derselben nur näherte. Armer Vater!... Dabei gehen mir recht viele Dinge wirr im Kopfe umber.. recht viel traurige Dinge!.... Ich will nicht mehr daran denken. (Sie trocknet eine Thräne.)

...

(Mephistopheles tritt in Gestalt eines alten Juden in das Zimmer.) (Fortfehung folgt.)

Türke i.

Deffentliches und Privatleben in der Türkei.

VII. Ethnographische Verschiedenheiten. Vorstehende allgemeine Bemerkungen über das Türkische Le ben würden unvollständig feyn, wenn nicht die Modification der felben durch die Verschiedenheit der Derter und der Racen we nigstens berührt wurden. Im Allgemeinen kann man sagen, daß die Sitten der Regierten in der Türkei weit weniger verderbt find, als die der Regierenden, eine Erscheinung, die sich ganz natürlich aus dem Ursprunge der Gewalthaber erklärt.

Was die Verschiedenheit der Racen betrifft, so giebt es deren zwei in den Provinzen, welche noch der Türkischen Herrschaft in Europa unterworfen find: die Slavische und die Albanesische. Die Albanesen find Slavischen Ursprunges, aber es fließt auch viel Griechisches Blut in ihren Adern; die Bulgaren und Bos: nier find reine Slaven. Die Albanesen verdanken ihre Unab hängigkeit, die fie lange bewahrt haben, eben so sehr den schüßens den Bergen und dem anspülenden Weere, wie ihrer halbgries chischen Abstammung. Wären die Albaneser nicht in Christen und Muselmanner getheilt, so würden die Türken vielleicht nie ihre Herrschaft hier begründet haben. Aber der Haß der beiden Parteien, den die Politik der Diwans geschickt benußte, ist der Pforte immer zu Hülfe gekommen, wenn eine der beiden Par teien fich zu empören drohte. Die Muselmanner in Epirus und Theffalien find tapfer, liftig, undisziplinirt, und obgleich fle Feinde des chriftlichen Namens find, hegen fie doch teine große Verehrung für die Muhammedanische Religion. Daher müffen die Pascha's, welche diese Provinzen verwalten, diefelben sehr schonen, wenn nicht überall Aufstände ausbrechen sollen.

Die Bulgaren und Bosnier sind fanatischer und eifersüchti ger auf ihre Privilegien als alle andere Muselmanner; sie widers treben am meisten den Reformen. Vom Meere getrennt, durch hohe Berge abgeschloffen und ohne alle Beziehung zu den Euro pdern náhren fe einen tiefen Haß gegen ihre Nachbarn, die Desterreicher. In ihrem Glauben seigen fie die Unduldsamkeit der Neubekehrten und in ihren politischen Ansichten die Hart näckigkeit der Slaven. Die Muselmannischen Bulgaren begegnen ihren christlichen Landsleuten mit Verachtung und Grausamkeit. Sie hangen an ihren Gewohnheiten und an ihrem Nationals Kostüm, und nur mit vieler Mühe hat der Sultan die militairische Reform bei ihnen durchseßen Bönnen.

Die Türfen in Konstantinopel, in Smyrna und auf den Ins feln des Archipelagus verdanken ihren Beziehungen zu den Euro: pdern und der Vermischung der Racen die Schönheit ihrer Züge, die Feinheit ihres Benehmens und die Milde ihrer religiöfen Ansichten. In diesen Gegenden wird das Land faßt ausschließlich

von den Griechen bebaut, und die Masse des Türkischen Volks beschäftigt sich vorzüglich mit dem Handel und den Handwerken. Der Türkische Handwerker ist allerdings ein Muster von Red: lichkeit, aber dem Kaufmann ist die Lift nicht unbekannt, und wenn man die sprůchwörtliche Ehrlichkeit der Muselmannischen Kaufleute kennen lernen will, muß man nach Klein Asien gehen. Diese einfachen und stark gebauten Menschen, welche von Aidin, Koniah und Caesarea nach Smyrna strömen, erkennt man leicht für Turkomannen. Sie haben die Heiligkeit des Worts und unbefleckte Sitten bewahrt; statt jedes Kauf Kontrakts dient bei ihnen ein Handschlag. Kaum haben sie ihr Geld erhalten,' so eilen sie auch in die Armenischen Laden, in denen sie im vo rigen Jahre ihre Einkdufe gemacht haben, um ihre Rechnungen zu berichtigen. Wer sind sie? man weiß es nicht; woher kommen fie? man weiß es eben so wenig. Sie stellen keinen Schein aus, bei ihren Einkäufen ist kein Zeuge zugegen, aber für sie find auch alle diese Förmlichkeiten überflüssig. So lange die Anatolier sich auf den Märkten von Smyrna mit Waaren versehen, haben sie die Geschäfte so betrieben und immer Kredit gefunden. Der Reisende, welcher Anatolien durchstreift, muß das gegenseitige Vertrauen, welches hier herrscht, bewundern. Die Waaren wer den auf den Straßen ausgelegt, die Magazine haben keine Schlösser, und kaum macht man die Thüren der Häuser zu. Der Fremde, wer er auch sen, kann überall auf die Gastfreundschaft der Bewohner rechnen, und der Name eines Mussafir, Reisenden, giebt durchweg Anspruch auf eine freundliche Aufnahme. Die Frauen haben in Kleins Aften weniger Freiheit als in Konstantis nopel und in den Seestadten.

Eine große Zahl nomadischer Stamme ist in den Ebenen und Thalern Klein Aftens verbreitet; fie heißen Vuruken und sind Turkomanischen Ursprungs. Diese Völkerschaften leben unter Zelten und bauen die Erde, wo sie anhalten. Auch ziehen sie Vieh, weben Teppiche, liefern den Karavanen Kameele und han deln mit Kohlen und Brettern. Die Vurulen haben die Tugens den und Laster ihrer Lebensweise. Sie sind einfach, nüchtern, gastfrei, arbeitsam, aber auch zum Diebstahl geneigt. Die Frauen der Vurufen gehen mit unverschleiertem Gesichte und ges nießen die unbeschränkteste Freiheit, aber sie arbeiten nicht min der als die Männer. Wie die Beduinen Arabiens sind die Vurus Pen Muselmanner, aber wie diese haben auch sie fast gar keine Lußerliche Religion.

Die Zeibelen zeichnen sich unter den Völkerschaften KleinAsiens durch die Originalität ihres Charakters und die Seltsams keit ihres Kostüms aus. Die ganze Haltung dieser stolzen Bergs bewohner trägt den Ausdruck des Muthes und der Selbstständig feit. Zur Zeit der Dere-Ben's waren sie wegen ihrer Tapferkeit berühmt und bildeten die Ehrengarde dieser mächtigen Lehnstra ger. Der Divan in Konstantinopel bemühte sich, ihre Macht zu brechen, als er den Kampf mit den Dere Bey's begann, und an dem Tage, wo er über die Ciapan Oglu, die Karasman › Ogln, die Damas Oglu obfiegte, wurden auch die Vorrechte ihrer Buns desgenoffen aufgehoben. Die Zeibelen versuchten zwar einen Aufstand, mußten sich aber doch der Pforte unterwerfen. Dieses kriegerische Geschlecht hatte mehrere Jahrhunderte hindurch die Muselmannische Ritterschaft in Klein Asien vertreten. Tapfer im Kriege, gaffreundlich im Frieden, rückten sie mit der Flinte und der Mandoline in den Kampf. Morgens befeuerten sie ihren Muth durch friegerische Gesange, Abends wiegten sie sich durch Liebeslieder in den Schlaf. Wo find diese ritterlichen Bergbes wohner hingekommen? Sie sind ausgewandert, zerstreut, unter die Polizei Wache gesteckt. Defter bin ich in ihre Wachtstuben getreten und habe ihren eintönigen Klagegefangen zugehört. Die Freiheit thront nicht mehr auf ihren Stirnen, und ihre riesens haften Gestalten richten sich nicht mehr stolz in die Höhe, aber ihr vergangener Ruhm bricht noch in den National, Gefangen hervor. Dr. B. Morpurge.

Mannigfaltiges.

fürzlich unter dem Titel,,Chevelen, oder der Mann von Ehre Lady Bulwer. Der polemische Roman, den diese Dame herausgegeben, hat eine wißige Gegenschrift in Berfen veranlaßt, die natürlich,,Lady Chevelen, oder die Frau von Ehre" heißt. Lady Bulwer und der neue Magdelrieg, den fie und ihre Frans söfifchen Kampfgenoffinnen jest gegen die Mannerwelt führen, werden darin mit den Waffen des Spottes und der Satire ge geißelt. Man glaubt indeffen nicht, daß Sir Edward Lytton Bulwer der Verfasser dieses Gedichtes sen; dieser wird sich wohl auf andere Weise zu revanchiren suchen.

Londoner Kunst-Ausstellung. Eine solche findet jeßt wieder in dem Lokale der Gesellschaft der Maler in Wassers farben" statt. Unter den 400 Bildern, die dort aufgestellt sind, seichnen Englische Kritiker zwei aus, die von einer Deutschen Dame, Mistres Seiffahrt, herrühren. Das eine stellt ein Deutsches Mädchen vor, die mit ihrer alten Dienerin aus der Kirche kommt, und das andere g gewährt einen ,,Einblick in den Schloßgarten von Charlottenburg". Auf dem leßtgedachten Bilde ziehen ber fonders einige Gruppen Preußischen Militairs die Aufmerksamkeit der Englischen Zuschauer an.

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 61.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post- Aemtern.

Literatur des Auslandes.

Italien.

Berlin, Mittwoch den 22. Mai

Aus dem Leben des Komponisten Ferrari *).

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Ferrari war zu seiner Zeit ein Komponist von großem Rufe. So vergänglich ist der kurze Frühling, den wir Mode nennen! Ja, die Abbe's und die Schönheiten der alten Französischen Schule sangen Ferrari's Melodieen; in Versailles und in Trias non wurde sein Talent immer anerkannt. Den Grund zu seiner Berühmtheit legte er damit, daß er eine poetische Erzählung von Abbé Garron in Musik seßte. Diese Erzählung, deren Anfangss worte also lauteten: Quand l'Amour naquit a Cythère", stellt den Liebesgott dar, wie er, von der Unschuld gesdugt, aber von der Sinnlichkeit mit allzu vielen süßen Leckereien gespeist, in den Armen der Lesteren endlich seinen Geist aufgiebt. Die Pariser Damen fanden an Ferrari's Composition so großen Geschmack, daß sein unerschöpftes Lob von ihren Lippen floß. Alle Zirkel standen ihm offen; sein Unterricht wurde sehr gut honorirt, und da er ein harmloser und nicht gar schwer zu befriedigender Mann war, so überließ er dem großen Gluck und dessen würdis gem Mitbewerber Piccini von Herzen gern alle Qualen und alle Triumphe des Genie's. Später besuchte der junge Mann, ein geborner Tyroler, Neapel, wo er seine Lieblingsspeise, die Maccas roni, an der Seite des großen, guten und biederen Pacsiello verzehrte, der, als echter Neapolitaner, nur die Freuden des Augenblicks kannte und weder mit Hoffnungen noch mit Be fürchtungen fich plagte. Mochte der Vesuv die Stadt Reapel in seiner glühenden Asche zu begraben drohen Paefiello nahm. wenig Notis davon; er war zufrieden und glücklich, wenn die Abende in geselliger Luft vergingen, wenn die Kunft mit ihrem Zauber nicht geizte und die vaterländische Sonne mit ihrer Wärme fein ganzes Wesen durchdrang. Ferrari fühlte sich in der Gesellschaft Paesiello's, seiner Gattin, des Vefuv, der reizen den Scngerinnen von Neapel, des ewig heiteren Himmels und krystallhellen Meeres und der immer frohsinnigen Bewohner sehr behaglich. Unter anderen guten Dingen mundeten ihm besonders der edle Malaga, der Punsch à l'Anglaise und die Pöstlichen von Signora Paefiello gebackenen Torten. Je mehr der Vesuv wüthete, desto pilanter waren die Leckereien, die auf den Tisch des großen Mufilers kamen. Das hehre Geldute von jedem Glockenthurm, die Prozessionen langs der Küste, die vor den Bildern der Jungfrau angezündeten Lampen, die Stille des Meeres, das Schweigen auf der Erde, das Verschwinden der Sterne und die Flammenbliße des Vesuv lauter Gegenstände des Staunens oder Schreckens für Ferrari, machten Peinen Eins druck auf das ruhige Gemüth Paeffello's, der in feiner kleinen, dem Vulkane gegenüberliegenden Studirstube ruhig faß und seine Antigone" komponirte, während der Dampf von Weihrauch und Myrrhen aus jeder Straße emporwallte, Guitarren, Tambourin's und Mandolinen aus jedem Winkel erklangen und Gruppen von Tänzern unter jedem Portiko durch einander hüften.

3u Neapel lernte Ferrari die Venus des 18ten Jahrhunderts, die liebenswürdige Lady Hamilton, und den gefeierten Ritter Acton kennen. Er schritt über die Lava Felder des Vesuv in Bes gleitung der drei Schwestern Cosellini - Konstantine, Annette und Rosine von denen, wie er selbst bemerkt, die Eine immer reigender war, als die Andere. Ich hätte fo fagt er diese sauberischen Mädchen auf den ersten Blick heirathen können, vor Allem aber die vierte Schwester Celeste Cosellini, und alle vier zugleich, war ich ein Muhammedaner gewesen." Die schöne Lady Hamilton machte jedoch den tiefsten Eindruck auf fein Hera, und oft ftimmte er ein, wenn die Lazzaroni beim Anblick dieser Englanderin ausriefen:,,Sie ist die heilige Jungs frau selbst! che bella!" Ferrari lernte nicht viel, und Paesiello, der ohne Zweifel bemerkte, daß sein Schüler nicht die Bestim mung hatte, ein Genie zu werden, traktirte ihn zum Ersaße das für desto liberaler mit Maccaroni und Punfc à l'Anglaise. Unser junger Tyroler wünschte aber, größere Fortschritte zu machen, und wendete sich deshalb an einen alten Lazzarone. Musi fus, Namens Latilla, der seinen Mitbürgern für jede Lection einen Carolin abnahm, von den meisten Fremben zwei und von Life of Ferrari, the Composer. London,

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1839.

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1839.

den Engländern drei Carolin sich bezahlen ließ. Ferrari bot ihm zwei Carolin; aber der Lazzarone schüttelte den Kopf.,,Tiros lefe" (Tyroler), so sprach er,,,reime auf Inglese (Engländer), und darum müßt Jhr drei Carolin bezahlen." Dieser Latilla besaß, obgleich er Lazzarone war, einen tiefen Blick in das Reich der Tonkunst. Als ihm Ferrari eines Tages eine Juge in einem Mozartschen Quartette zeigte, rief er, mit der Faust auf den Tisch schlagend:,,Aha! da ist etwas Neues drin." -,,Wie so?"! fragte Ferrari;,,Paesiello behauptet, in der Musik sen gar nichts Neues zu finden." ,,Das mag in gewissem Verstande wahr senn", verseßte der alte Lazzarone;,,allein ich nehme drei Arten Musil an: die nachahmende Musik, dergleichen wir Alle kompos niren, so lange wir jung sind und unter dem Einflusse irgend eines bewunderten Vorbildes stehen, die Musik des Ausdrucks, vermittelst welcher wir Ideen und Gefühle, die uns Allen ges mein sind, musikalisch zu machen streben, und endlich die wahrhafte Original Musik, die Frucht des gebornen Genie's, welche ganz Neues zu Tage fördert." ,,Aber Mozart ist ja selbst noch jung." ,,Freilich ist er das, aber seine Feder ist alt, und ich prophezeie, daß dieser kleine Mann mit der Zeit ein Attila unter den Komponisten werden wird."

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Der berühmte Posaunist Mariotti besuchte Neapel, nachdem er in Rom den Päpstlichen Segen empfangen hatte. Der König wünschte ihn zu hören. Mariotti war von sehr reizbarem Nervens System; das Bild des Papstes, der ihn vor wenigen Tagen ges fegnet, hatte sich seiner Phantasie tief eingeprägt. Er blies sein erstes Stück mit einiger Schüchternheit, das zweite beffer, das dritte aber so energisch und ausdrucksvoll, daß der König von seinem Size sich erhob und, seine. Hand auf die Schulter des Virtuosen legend, fagte:,,Mariotto, Ihr sollt von Stund' an der erste Trombone (Posaunist) meiner Kapelle und meines Theaters San Carlo seyn!" heiligster Vater!"" verfeßte der bes stürzte Mariotti;,,,,ich danke Eurer Heiligkeit!!!!! ,,Meiner Heiligkeit?! Haha!" lachte der König; „Frau Gemahlin, tretet doch näher und schaut den verrückten Bologneser, der mich zum Papste gemacht hat - Hahaha!"

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Zu den vornehmen Dilettanten, mit denen Ferrari in Neapel sich befreundete, gehörte auch der Russische Graf Slawronski, der unserem armen Tyroler beim Trinken so vielen Bescheid that, daß er ihn_fast an den Rand des Grabes brachte. Slawronsti hatte die Caprice, nur musikalische Leute in feinen Dienst zu nehmen. Eines Tages schickte ihm eine Ruffische Fürstin einen Bedienten, den sie angelegentlichst seinem Dienste empfahl. Der Graf phantafirie eben mit großer Selbstgefälligkeit am Pianos forte, während Ferrari, der ihm zur Seite faß, von Zeit zu Zeit Bravo!" rief. Als nun das schußbefohlene Subjekt vor ihm Dastand, begann er, immer fortklimpernd, ihn auszufragen: Wie heißt Du, mein Freund?” Bartholomaus, wenn Eure Excellens erlauben."""" ,,Verstehst Du etwas von Musik ?1o Nein, Eure Excellens." Du kannst aber doch wohl ein Bischen auf der Violine spielen?""" Nein, Eure Excels Lena." ,,Oder auf dem Violoncell?"" "Mit Nichten, Excellenz.""" Der Graf wurde ungeduldig, fuhr in seinen Modus lationen fort und trallerte dabei, ohne den Bedienten anzusehen: ,,Herr Bartholomdus ist ein dummes Thier; er schere sich schleus nig fort von hier." Aber Bartholomdus verlor die Fassung nicht und antwortete in derselben Melodie: Sehr wohl; wenn der Herr mich verschmäht, so seh' ich zu, wie's mit Anderen geht." Dem Grafen machte die Geistesgegenwart des Mannes so viel Spaß, daß er Bartholomdus sogleich in die Liste seiner Diener eintragen lief.

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Im Jahre 1787 wurde Ferrari in Versailles eingeführt, wo er der Königlichen Messe beiwohnte. Madame Campan übernahm es, ihn der Königin vorzustellen; um aber steife Förmlichkeiten zu vermeiden, richtete sie es so ein, daß die Königin den Musiker, als war es zufdllig, auf ihrem eigenen Zimmer traf. Ferrari saß eben am Pianoforte, als Marie Antoinette eintrat; er wurde ihr vorgestellt und mußte fie au einigen Liedern aus der Oper le Roi Théodore" allompagniren. Ihr Schüßling", fagte die Königin zu Madame Campan, ist ein vortrefflicher Musiker z allein er hat den Fehler der meisten jungen Leute - fein Zeits maß ist immer etwas zu rasch." Da verfeßte Ferrari:,,halten zu Gnaden, Eure Majestät, Ihr Zeitmaß ist zu langsam gewesens und ich möchte für alles Geld in der Welt die Musik meines

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