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vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 50.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlsbl. Post - Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Aegypten.

Berlin, Freitag den 26. April

Aegypten und Mehmed Ali.")

Der Amerikanische Reisende Stephens, der kürzlich eine Reise im westlichen Orient gemacht und eine sehr intereffante Schilderung derselben herausgegeben hat **), suchte und erlängte auch, als er in Aegypten war, eine Zusammenkunft mit dem Pascha, den seine Geschichte, feine Pläne und sein Verwal tungs-System zu einem Gegenstande allgemeiner Aufmerksamkeit gemacht haben.

Wir ftanden", erzählt der Verfasser,,,auf dem Balkon, als ein Janitschar uns meldete, daß der Pascha uns empfangen würde, oder, in anderen Worten, daß wir zu dem Pascha kommen müßten. Das Audienz Zimmer war ein sehr großes Gemach mit bohem Tafelwert, mit Arabesten an der Wand und einem rings herumlaufenden Divan. Der Pascha saß an einem äußersten Ende und lonnie Jeden, der ihm nahte, genau betrachten. Auch ich hatte diesen Vortheil, und indem ich an ihn herantrat, sah ich einen Mann von ungefähr fünfundsechzig Jahren mit einem langen weißen Bart, starken Zügen von etwas gemeinem Ges pråge, einer kurzen Nafe, rothem Gesicht und grober Haut, mit einem außerordentlich feinen, schwarzen Auge, in dem eine Welt von_Entschlossenheit und Energie ausgedrückt lag. Er trug einen großen Turban und ein langes seidenes Gewand und rauchte eine lange Pfeife mit einem Mundstück von Bernstein. Im Gansen sah er viel mehr wie ein Türke aus, als sein nomineller Herr, der Sultan."

Herr Stephens war mit seinem eigenen Benehmen bei dieser Zusammenkunft ganz zufrieden; er gesteht selbst ein, wie sehr er sich über die Art freute, in der er sum ersten Male den Höf ling spielte." Die persönlichen Komplimente, die er dem Pascha machie, über das Interesse, das er in der Welt erregt, über die Erleichterung des Reifens in feinem Lande und über seine treff liche Polizei, fanden ein empfängliches Ohr; aber Amerika mit der Geschwindigkeit seiner Dampfboote, feinen großartigen Natur: verhältnissen und seinem wunberbaren Fortschritt in Akem, was dem Menschen das Leben bequemer macht, war für den Pascha ein Gegenstand, der weit über seinen gewöhnlichen Gedankens und Beobachtungskreis hinauslag; daher wundern wir uns nicht, daß er nichts fagte und fortrauchte." Doch glauben wir auch, daß der Berfaffer Mehmed Ali's Unglauben überschäßt oder seine eigene Ueberzeugungskraft zu gering anschlägt, wenn er meint, der Pascha habe, wenn er je wieder an ihn gedacht, sich seiner als,,des lúguerischen Amerikaners" erinnert. Uebrigens darf es nicht gerade der Türkischen Unwissenheit zur Laft gelegt werden, wenn man den Berichten über den Zustand und die Fortschritte unferes Landes so wenig Glauben schenkt. Diefer Unglaube ift in ganz Europa gewöhnlich, und das bei Leuten, die sonst gut unterrichtet sind, und über Gegenstände, mit denen jeder Bürger der Bereinigten Staaten vertraut ist. Selbst in Paris and Lons oon überraschte uns nicht bloß die grobe Unwiffenheit, die in dieser Hinsicht herrscht, sondern auch die Hartnäckigkeit des Un glaubens, womit man Dinge aufnimmt, die jedem Amerikaner befanne find.

Es freut uns, den folgenden Tribut der Gerechtigkeit nieders suschreiben und unser eigenes Zeugniß für die Wahrheit desselben belzufügen.,,Er (der Bascha nämlich) fannte Amerika durch einen Umstand, der, wie ich spdter fand, außerordentlich dazu beigetragen, dem Ofen eine gute Meinung von uns zu geben; das war der Besuch des Kommodore Patterson auf dem Dela ware". Dieser Mann hat in den von ihm besuchten Ländern des Mittelmeers einen beneidenswerthen Ruf hinterlassen. Wir find ihm auf seinem Wege nachgegangen und haben überall nur Einen Bericht von seiner Gaffreundschaft, seiner Urbanität und feinem mußterhaften Benehmen gehört. Sein prächtiges Schiff

*) Bet den widersprechenden Unfichten, die noch immer über den Bascha von egypten verbreitet werden, können Aufklärungen vorurtheilsfreier Reis fenden nur von Autereffe feyn. Die nachlebende Darfellung hat das für sich, daß de, ursprünglich von einem Amerikaner entworfen, von einem ande ren Amerikaner, der ebenfalls den Pafcha tennen gelernt, gesan fontrolirt wire. Wir geben den Artikri nach dem nouefter hefte der North-AmericanReview.

**) lacidents of Travel in Egypt, Arabia Petrnen and the Holy Land,

1839.

war ein ftolzes Eremplar von der trefflichen Marine seines Vas terlandes, und das Betragen seiner Offiziere und Mannschaft erhöhte den günstigen Eindruck, den es an sich hervorbrachte.

Mehmed Ali ist einer der merkwürdigsten Männer dieser Epoche, die an geistigen Wundern so reich ist. Um ihn recht zu würdigen, sollte er nach Türkischem, nicht nach christlichem Maß stab beurtheilt werden; nach den Ansichten und dem sittlichen Zus stande der Länder, welche die Dogmen des Arabischen Propheten angenommen haben und wo das Menschenleben wenig Werth hat, und nicht nach den reineren, aufgeklärteren Ideen des Christenthums.

Die Geschichte dieses eigenthümlichen Mannes ist bekannt. Er befand sich anfangs in den niedrigsten Lebenstreifen und ward nach und nach ein Steuer Einnehmer, ein Gendarm und ein Soldat. Ein verständiger christlicher Beamter erzählte uns, daß eine Zeit gewesen, wo der Pascha bei seinem Vater in Dienst gestanden, und daß in späteren Jahren, als das Glück den Einen zum höchsten Gipfel der Macht erhoben, den Anderen durch einen jener Wechselfälle niedergedrückt, denen Handels- Etablisse ments ausgefest find, die frühere Verpflichtung vergessen war und der Kaufmann ich vergebens an den Fürsten um Hülfe wandte. Nachdem Mehmed Ali ein untergeordnetes militairisches Kommando erhalten, nahm er Theil an der Türkischen Expedition gegen die Franzosen in Aegypten. Seine allmalige Beförderung und endliche Erhebung ist Allen bekannt und steht zu sehr im Einklang mit orientalischen Sitten, um Erstaunen zu erregen. Die Wunder von Aladdin's Lampe, wie sie in einer der schönsten Dichtungen der Arabischen Phantasie erzählt werden, verwirks lichen sich fast am Hofe des Sultans und seiner hohen Reprá: sentanten mit drei Roßschweifen, die über die großen Paschalifs regieren, in welche das Türkische Reich getheilt ist. Ein großer Theil von den muselmännischen Magnaten wird in der Sklaverei erzogen, und nicht Wenige von ihnen, die früh Morgens beim Erwachen das Eigenthum eines Herrn waren und die niedrigen Dienste ihres Standes verrichteten, fanden sich am Abend beim Schlafengehen mit der höchsten Regierungs-Gewalt bekleidet. Generale, Admirale, Minister werden durch diesen Zauber ges schaffen, und wenn Narses wenige Nachfolger in Lalent and Ruhm batte, so waren doch Viele, die ihm durch ienes seltsame Spiel des Glücks gleichgestellt wurden, das, wie zum Hohn menblicher Größe, Wesen, die von der Gesellschaft ganz ausges schloffen scheinen, sum höchsten Rang erhebt. Kein Wunder, daß die Türkischen Waffen so unglücklich sind, wenn Menschen an ihrer Spise stehen, die, ohne Erziehung und Erfahrung, die Intriguen eines Serais mit dem Kommando von Flotten und Armeen vertauschen.

Doch der Aegyptische Pascha ist einen anderen Weg gegan gen. Er verdankt seine Beförderung sich selbst, jenen großen Eigenschaften der Seele und des Körpers, die, von den Umstän den begünstigt, fähig machen, die Ereignisse zu beherrschen oder im Bunde mit ihnen zu wirken.

Herr Stephens hat einige von den Vorfällen aus dem Leben und der Regierung des Pascha's zusammengestellt, giebt aber kein allgemeines Bild von seinem Charakter, sondern begnügt sich zu legt mit den Worten:,,Es bleibt zu untersuchen, ob er im Gan sen nicht mehr Böses als Gutes geftiftet, und ob nicht der jäms merliche Zustand seiner unterdrückten Unterthanen alles Gute, das er für Aegypten gethan hat, in Schatten stellt."

Was unser Verfasser nur zweifelnd angedeutet hat, nehmen wir uns die Freiheit, ohne Vorbehalt zu behaupten. Wir ers tennen die nüßlichen Eigenschaften Mehmed Ali's an und über laffen es Anderen, ihm die grausamen und treulosen Handlungen, die er begangen, besonders den Mord der Mameluken Ben's, durch welchen sein Vice Königlicher Thron errichtet und gesichert wurde, vorzuwerfen. Er if ein Türke, den man moralisch nicht nach Prinzipien unserer Sittenlehre beurtheilen darf.

Wir fanden den Pascha in einem Landhause, das einem seis ner Schwiegersöhne gehört, an den Ufern des Kanals, wohin ihn die Hiße der Jahreszeit getrieben. Er war in einem großen Zimmer des zweiten Stocks, an dessen einem Ende ein Türkischer Divan war. Das Zimmer war rein und gut gelüftet, aber ohne Glanz und fast obne Möbel. Wir_fanden ihn zuvorkommender, als er bei dem Besuch des Herrn Stephens war; wahrscheinlich nach Abernethy's Doktrin, weil sein Wagen in besserer Orbuang

sam ist, wie die Türken, und haben gefunden, daß die Pfeife ein eben fo geliebter Lurus an den Quellen des Miffifippi ift, als am Jordan und Bosporus.

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Wenden wir uns ab von dem altersschwachen Drama und bes trachten wir den literarischen Riesen Großbritaniens und Europa's, den Roman. Dieses ist das Feld, welches alle ftrebende Talente betreten. Was ist der Roman? Eine Form, ein Vorwand, ein Wort. Er hat Alles verschlungen. Die niedrigsten Capacitaten bemachtigen sich seiner, die höchsten lassen sich zu ihm herab. 3n einer gewissen Zeit wurden alle Ideen in dramatischer Form ausgesprochen, denn das Drama ist Handlung, und Europa hans delte, schwang das Schwert, pflanzte das Kreuz auf, fang Seres naden. Jeßt ist die Thatkraft zurückgedrängt, das traumerische Wesen überwiegend, und die Herrschaft des Romans ist unbes gränzt. Man hat historische, staatswissenschaftliche, satirische, biographische Romane gesehen, und derselbe hat überhaupt die Fähigkeit, alles Mögliche zu werden. England ist schon lange stolz auf seine Romandichter. In ihren Schilderungen des Pris vatlebens und des menschlichen Charakters traten fie, Pann man sagen, in die Fußstapfen Shakespeare's und entfalteten dabei ein sonderbares Gemisch von Tiefe, Anmuth und Kleinlichkeit. Byron selbst fügte das Interesse der Erzählung zum Schwange der Ode Walter Scott schrieb seit seinem dreißigsten Jahre nur Dicheune gen in Profa. Der Sinn für psychologische Zergliederung und genaue Untersuchung, welcher im Drama so schlecht angewandt ift, übte auf den Roman nicht denselben nachtheitigen Einfluß. Wenn er die Charaktere genau beobachtete, einen Ausschnitt beru. menschlichen Gesellschaft, ein beschrankres Gebiet des Gefühls in lebens schilderte, so war er in seinem Rechte. Daber fant er auch nicht so rasch und nicht so vollständig, wie das Drama und 30 die Poesie. Die Frauen brachten manche feine Wendungen zu den mikroskopischen Untersuchungen hinzu. 02.

Walter Scott's Schule, welche übrigens auch nur ein bes schränktes Gebiet anbaute, verlor ihre Beliebtheit großentheils nach des Meisters Tode. Seine Nachahmer waren mit dem 1 Schatten des Wesens und mit dem Kostüm des Helben zufrieden. Die glänzenden Rüstungen, die scharfen Lanzen, die alterthums ge lichen Möbel, die Holzschnigwerke verloren bald das Intereffe p und lehrten in die Magasine zurück. James, der Verfasser von Darnley, Delorme, Philipp Auguft, ftrebre nach dramatischem Effekt und hielt sich streng an die Geschichte. Es ist schade, daß man bei ihm nicht den Reichthum von Gestalten und interessanten Persönlichkeiten findet, welche die Schöpfungen Walter Scott's zu einer wirklichen lebenden und belebten Welt machen. Horace Smith, der Verfaffer von Bramblethes Hall, bringt in feinen Gemälden mehr Leben an, aber die kleinliche Sorgfalt, mitam welcher er alle Einzelheiten ausführt, schadet dem Intereffe und

Kaffee, das allgemeine Symbol orientalischer Höflichkeit, ward hereingebracht. Ohne diesen Beweis von Aufmerksamkeit kann es der Besucher für ausgemacht halten, daß er absichtlich bes leidigt wird, eben so sehr, wie bei uns der Fremde, den man nicht zum Sigen einladet. Früher ließ der Pascha Pfeifen und Taback bringen; aber man erzählt sich in Alexandrien eine Geschichte, daß vor einigen Jahren Herr Salt, der leßte Britische Generals Konful, der das nafotice araut nicht liebte als ihn daffetbe angeboten wurde, es ausschlug, und Mehmed Ali seitdem, baffreundschaft auf die fleine surrische Stafectand rebusire hat. Scott, fi nicht wieber dienen epifces Gente, wie Walter.

In England ist der Roman in unadhlige Abtheilungen zerse fallen. Außer dem geschichtlichen muß man noch den Geess Roman, den militairischen, den fashionablen, den bürgerlichen, s den slonomischen, den politischen, den tomischen, den populairen e anführen. Marryatt malt Schiffe und Schiffs Scenen, Gleig Soldaten, Lord Normanby die Salons, Hook die Bürger, Wis Martineau die Handwerker, Galt die Parlaments Mitglieder, Dickens die Gaudiebe und Lohnfutscher, hood die Ladenbiener, Mit Mitford die Dorffrämer und Rentiers. Es ist eine Junabsp fehbare Reihe von Monographieen, welche mit unermüdlicher in Geduld ausgeführt sind. Man kann indeß diefe Menge von Unters Abtheilungen unter zwei Hauptklassen bringen. Die eine Klasse u will den Leser in die feine Welt einführen, die andere die Sitten des Volks schildern. Mistreß Gore, Lister, Lord Normanby, Mistreß Norton, vorzüglich aber Lady Charlotte Bury, glänzen auf dem ersten Gebiete. Theodor Hoot, hood, welche Dickens in der festen Zeit verdunkelt hat, haben in der anderen Gattung Aufsehen gemacht. In teine der beiden Abtheilungen passen die fein beobachtenden Schotten, Hogg und Galt, Harrison Ains worth, welcher den fomischen Roman und die historischen Ers

nen Namen so lange mit den Aegyptischen Alterthümern in Verbindung brachten. Er hat wahrscheinlich seine Sitten ges bessert, indem er an Kenntnissen zunahm, und würde sich gewiß in späteren Jahren in eine so dicke Rauchwolke gehüllt haben, mie fie je aus der Pfeife und dem Munde des ehrwürdigsten Türfen vom Nit bis zum Euphrat hervorkam. Was uns betrifft, so find wir zwar treue Anhanger von König Jakob's Grundsäßen und lieben wir sie einen Verstoß gegen die gute Sitte begangen, aback eben so sehr, wie Herr Salt, aber troßs dem haben sondern immer mit Freundlichkeit das Bernsteins Mundstück von dem reinlichen, geübten Diener angenommen, der es am weis testen in seiner Kunst bringt, wenn er es versteht, die kleine fils berne oder eherne Schale, auf welcher die Pfeife ruht, genau in folcher Entfernung vor dem Raucher hinzuseßen, daß dieser im Stande ist, ohne Bewegung von Kopf oder Pfeife, die Röhre in den offenen Mund au bekommen. Diese Kunst erfordert einen geübten Finger und Blick, fie ist der Culminationspunkt Türsinnerungen hat verschmelzen wollen, der feine und finnreiche Fischer Eleganz und zugleich Türkischer Trägheit. Wir müssen unfere Erfahrung fünftigen Reisenden im Orient zum Besten geben, welche unsere Antipathie gegen diefes allerverächtlichste Kraut des Vegetabilienreichs theilen, das von allem Leben digen gemieden wird, außer dem Menschen und einem Wurm. Eine Exhalation ist ganz eben fo gut wie eine Inhalation, und wenn nur der Rauch steigt, mag er aus dem Munde oder der Pfeife kommen, fo ist der Moslemitische Wirth zufriedengestellt, indem es ihm nie einfällt, irgend Jemanden eine Geringschdgung dieses großen Zeittödters und Leidentröfters zuzutrauen. Wir find nicht im Stande, uns vorzustellen, wie denn eigentlich die Nachfol ger des Propheten ihre Zeit ausfüllten, ehe fie den Taback fennen fernten. Wir haben es mit derselben Pflanze mit gleichem Ers folg in unseren eigenen Wäldern versuche bei einem Volk, das

Ward, die fatirische Mistres Trollope, die elegante Mis Landon,
Madame Jamieson, Lady Blessington, die Freundin Byron's.

Da hat man einen ganzen Wald von Romanen, und dene noch fehlt viel daran, daß wir alle diejenigen, welche sich Ane sprüche auf einen ephemeren Ruhm erworben haben, aufgezahlt hatten. Wir wollen noch Mistres Howitt, Mistreß Hall, Allans Cunningham, Grattan den Jüngeren, Israeli, Mistreß Shelley nennen. Das sind die Gestirne des lesten Jahres; welche davon verschwinden werden, läßt sich nicht voraussehen. Der Roman ift abwechselnd das Gefchrei, das Seufsen, die Hymne, die Beleh rung, das Murren, das hohngeldchter, welche die Bewegungen der Englischen Gesellschaft zur Folge haben. Jin Jahre 1815 richtete die Aristokratie ihr Haupt empor, stolz auf ihr Daseynes Damals entstanden die fashionable novels, in Seide und Sammet

Geschwdße über den turf und die feinste Art, die Gabel zu hals ten and in den Safon zu treten. Ward, Lifter, Lord Normanby, Mistres Gore verbanden mit diesen Belehrungen manche feine Bemerkungen. Die reiche Bürgerschaft blickte mit Neid auf diese bevorrechteten Regionen und ahmte die Kunst nach, geifts reich zu schweigen. Sie faufte Hotels, miethete Bediente, schwamm in Goldhaufen und Lächerlichkeiten und ließ sich von einem geistreichen Manne schildern, der viel Talent zur Karrikas tur hatte, von Theodor Hoot, dem Verfasser der Sayings and doings. Derfelbe hatte einen beißenden, scharfen Charakter und vertheidigte die Sache der Konservativen, wie es die meisten Talente in England thun. Es gelang ihm, die Sitte der aufs strebenden Klasse zu schildern, welche noch mitter inne zwischen dem Handel, dem sie ihr Vermögen verdankt, und dem Adel steht. Während dieser Zeit blieb Alt-England unverändert; es lebte nach wie vor in den kleinen blühenden und freundlichen Dörfern mit den grünen Hügeln und den Normannischen Thür men. Marie Howitt und Mis Mitford schildern dies Leben auf eine anmuthige Weise. Die Provincial Sketches trdufeln herben und bitteren Spott auf dasselbe. Aber das Geschrei nach Res formen wurde laut; die irre geleitete Menge glaubte, den gesells, fchaftlichen Mechanismus wie das Triebwerf einer Uhr ausbessern zu können. Miß Martineau ergriff die Feder und feste in Form von Erzählungen die Lehrfäße der Statistik aus einander. Andere spotteten über dieses Streben, über den Fanatismus der Materie, den Mystisis.nus des Goldes. Der Schotte Galt geißelte in zwei Pleinen Pamphlets, welche in Romanform auftraten, die Gleich gültigkeit der Einen und die Begehrlichkeit und Scheelsucht der Anderen. Keine in England hingeworfene Idee, kein Gefühl geht verloren, sondern es kommt Alles dem Roman zu Gute, fos gar das Wortspiel. Es giebt jest cinen geistreichen Mann, Hood, welcher sich ganz biefem fonderbaren Genre ergeben hat; er arbeitet jährlich sechs Bande, und jeder Band enthält zwölf Er adhlungen, jede Beile ein Wortspiel. Der unermüdliche Punster macht dergleichen in Verfen und in Prosa, erfindet, druckt, zeich net, sticht und lithographirt fie. In dieser ungeheuren Romans Werkstatt wird Alles neu geschmiedet, der Ofen raucht beständig; hier wird jede Wirklichkeit zur Dichtung und jede Dichtung zur Wirklichkeit.

Es ware unnüß, dem Haufen der Romandichter Schritt vor Schritt zu folgen. Ueberschaut man den allgemeinen Gang der Entwickelung von Lewis bis auf unsere Zeit, so muß man zuges stehen, daß er immer belehrt und erheitert hat. Nachdem er Lewis Beinhäuser, der Anna Radkliffe Grabgewölbe, Maturin's unterirdische Verließe, Godwin's Hütten verlassen, dann an den nebeligen Seen Schottlands verweilt und unter dem Tafelwerk von Portland Place und den Comptoiren von Threadneedles Street verblüht und verkümmert ist, haben wir ihn den rohen Freudenausbrüchen Pickwick's verfallen fehen. Charles Dickens ist der jest berühmte Name und der Nachfolger Walter Scott's. Vorüber ist nun die Zeit der Ritter und der flatternden Banner, der barfußigen Schottischen Bauerinnen, der abgezehrten Alters thumsforscher, der Schleichhändler von der Insel Man und der herrlichen Kinder des Hochlandes. Die Londoner Ladendiener, die Lohn Putscher und Jockens, die liebenswürdigen Schwachlöpfe von sechzig Jahren mit rundem Bauche und einer kleinen Rente find fest an die Reihe gekommen. Ungeachtet der gewaltsamen politischen Bewegungen, strebt England doch nach seinem alten Titel des fröhlichen. Das Leichentuch, in das es sich eine Zeit lang hüllte, fängt an zu finken; es beluftigt sich jest mit dem Comic Annual, den Skizzen von Boz, den, rutterlichen Thorheiten Nimrod's und den Karrikaturen von Hood; es erhebt Pickwick

lampfe bei; er ist berede, Wertes, welcher nut cem nachein is pathetisch; der Plan feines nach beschränkt ist, öffnet ihm die Thür des Armen und des Reichen, des Hospitals und des Comtoirs. Eine geistreiche Frau, Mißreß Trollope, hat sich außerhalb dieser verschiedenen Abtheilungen gehalten. Die Satire, der vorherrschende Charakterzug ihres mehr lebhaften als gefühls vollen Sinns hat ihr Waffen gegen die Amerikaner, welche fie verabscheut, die Frommler, welche ihr der Englische Puritanis mus verhaßt gemacht hat, und die Splitterrichter, die über fie hergefallen find, in die hand gegeben. Sie erinnert an den Lauftischen Charakter, aber nicht an die lebhafte Phantasie der Lady Morgan, welche eine Unzahl von Bänden geschrieben hat, in denen sich Poesie, Faselei, Humor, Gelehrsamkeit und Unvers nunft zum seltsamsten Gemisch vereinigt finden. Auf dem Felde einer oberflächlichen Universalitat findet man denn auch Edward. Lytton Bulwer, welcher jegt an der Spise der Englischen Literatur steht und die neueren Tendenzen derselben ziemlich volls a ständig reprafentirt. Beweglichkeit, Bielseitigkeit, Fruchtbarkeit, Kenntniß der Welt zeichnen Bulwer's historische, dichterische, journalistische, dramaturgische Verfuche aus und finden sich auch in seinen Romanen. Er hat viel deen, aber fie find nicht ges ordnet, er hat viel gelesen, aber das Gelesene nicht recht vers Werken und die Das Streben nach Effett, die Haftigkeit, mit welcher er arbeitet, und die günstige Aufnahme, die er findet, leiten ihn irre. Was er schreibt, scheine immer noch der legten ueberarbeitung zu bedürfen; es find unreife Früchte, welche unter einem wärmeren Himmelsstriche zu ihrer ganzen Vollkommenheit gelangt waren. Die ersten Werke Bule wer's, welche sich durch eine bedeutende Dosis von Gedenhaftige leit auszeichneten, hatten das Glück, Wode su verdens. In tele nem fashionablen Roman fand man einen fo lebendigen und forgfältig behandelten Stil. Bulwer vervielfältigte feine Pro dulte, fuchte den Beifall der Salons und strebte nach einem Sige im Parlamente. Er wurde Mitglied des Unterhauses und fuchte hier ein neues Intereffe aufzubringen, das der Schriftsteller, zu deren blitum undarhöfentamen er fic machte. Nun beschenkte er bare your mit neuen Werfen, diskutirte, perorirte, leitete politische Untersuchungen, ließ werthlose Tragödien aufführen und unbedeutende Pamphlets drucken, machte dabei schöne Berfe und interessante Romane und wurde endlich von der Königin Victoria zum Baronet ernannt. Mit etwas mehr Kühnheit und Frechheit, mit etwas weniger Scheu vor dem Standal würde er ein vollen deter Beaumarchais geworden seyn. Bulwer steht an der Spize keiner Partei, aber er ist ein räftiger Kampfer der liberalen Pars tei; er geht vorauf, hat aber Niemand hinter sich. Die Englische Gesellschaft, deren conventionnelle Schranken er übertreten hat, behandelte ihn nicht sehr schonend. Als Literat, aber nicht alson. Redner, hat er im Unterhaufe Einfluß. Das ist eine ganz neue Stellung in England, wo Fielding, Goldsmith, Scott, Words piros

dausseinheit der Ausführung die Einheit der Erfindung

derten, derten, aber nicht mit Burke, For, Canning, Burdett zusammen in Reihe und Glied kanden.

Der auf den Parteimann gepfropfte Literat der Stolz, vers bunden mit der Eitelkeit, die Wortmacherei mit der Thatkraft, der Eintritt Bulwer's in das Unterhaus sind die Symptome einer neuen Bewegung und einer geistigen Revolution. Ehemals ers theilte Swift den Ministern Rathschläge, Bolingbroke beschafftigte sich mit theologischen Polemiken, Burke legte Werth auf einen schönen und sorgfältigen Ausdruck, aber nun nimmt der Roman einen Siß im Senate ein. Der Roman ist Bulwer selbst; der Roman,

und Sam Weller auf seinem Schilde. Charles Dickens hat einer gesellschaferung aller Wogenbrechungen und

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große Leichtigkeit der Darstellung und eine gewisse Gabe der Beobachtung, welche bis zu den unteren Bürgerklassen aufsteigt, fich aber am behaglichsten unter der Hefe des Volkes fühlt. Burs leste Scenen erfindet er sehr glücklich, aber die Schilderung der Einzelheiten und der Charaktere gelingt ihm weniger. Er ist ein unterhaltender Romanschreiber, der sich aber feine lange Dauer versprechen darf. Eine einzige seiner Personen, Stalls knecht seinem ersten Stande nach, später Bedienter, der seinen Herrn beherrscht und ihn wider seinen Willen rettet, ein kluger und abgeschmackter Poffenreißer, ist der Prototypus aller Figuren von Dickens. Sam Weller ist, ohne es zu wollen, der Repräsens tant des Englischen Proletariers, der unter der doppelten Last des Geldes und der Politik, des Handels und der Vergangenheit erliegt. Pickwick und Oliver Twist laffen einen peinlichen Eins drud zurück; es wird nur eine Seite des Vorhangs aufgezogen, und man lernt nur eine Klaffe geringfügiger Wefen Pennen. Miß Emma Roberts schildert die Sitten des Englischen Indiens, die Schiffsladungen von Madchen, welche dorthin gehen, um Manner su suchen, die Enttäuschungen der Familienföhne, welche dort ihr Glück zu machen hoffen, endlich die abenteuerliche Verschmelzung des Nordens und Südens, einer neuen und alters müden Bildung. Marryatt, ein viel zu hoch gestellter Schrifts steller, dem Weitschweifigkeit und Formlosigkeit vorgeworfen wers den muß, giebt seine theuern Matrosen und Midshipmen nicht aber das Publikum fange an, ihrer überbrüffig zu werden aufg Martineau entfagt eben so wenig ihrer hohlen Katheders Philofos phie. Diese verschiedenartigen Talente, welche nichts Ausgezeichs netes und Besonderes für fich haben, werden durch den Verfaffer des Tagebuches eines Arztes fest fich an das Krantenbett, erlaufcht jeden Geufser, befühlt den es in den Schatten gestellt. Der Arzt Puls des Ministers und der feilen Dirne und wohnt, dem Todes

Wellenspiele des gesellschaftlichen Lebens, dieser Spiegel, welcher alle Bilder und alle Farben zurückstrahlt, ist nicht befähigt, thats Präftig in den Lauf der Begebenheiten einzugreifen und hinders nisse aus dem Wege zu raumen Es liegt dem eine Verkennung der Kräfte zu Grunde, und Bulwer ist der Ausdruck dieser falschen Stellung. Die Folge davon wird die Zukunft lehren.

Pelham, Eugen Aram, Paul Clifford, Mattravers dürften nichtsdestoweniger die besten Productionen der legten Epoche fenn. Mag man immerhin an Pelham die einer Wascherin oder eines Möbelverfertigers würdigen Beschreibungen, an Paul Clifford den Mißbrauch der Gaunersprache, an Eugen Aram die Best nußung einer rohen Anekdote und bekannten Thatsache tadeln, mag man immerhin allen diefen Werken eine gewisse Beschránke heit und Einseitigkeit vorwerfen, fo bleibt doch noch genug to benswerthes übrig Lebendigkeit des Dialogs, Erfindung der-c Charaktere, richtiger Blick und, vorzüglich in Maltravers, wodiese Eigenschaft zu einem Fehler wird, tausend pikante Bemers kungen. Die Ungleichheit des Stils, der Mangel an Verschmels sung der einzelnen Bruchstücke, die schreienden Farbenunters. schiede können dem aufmerksamen Auge nicht entgehen. Wer das Alterthum kennt und schast, kann es nicht billigen, daß ein moderner Schriftsteller mit seiner Dandy Philosophie und seinen halbradikalen Grundsäßen auf den Ruinen von Pompeji und der Agora von Athen herumstolzirt. Bon allen Werken Bulwer's find diejenigen, die man ihrem Titel nach für die ernstesten hals ten sollte, bie frivolften: Athen und die leßten Tage Pompeji's; diejenigen, welche befcheiden auftreten, haben einen gediegeneren Werth. In Eugen Aram findet man wahre Beredsamkeit, in Pelham und Clifford vortreffliche Schilderungen, in Maltravers großartige Gesichtspunkte. Es liegt Wahrheit, obgleich auch. Lebertreibung, in der Schilderung der ohnmachtigen Eitelkeit,

welche an ihr Genie glaubt, um die Welt haffen zu können, und diesen Haß zum Vorwande einer schimpflichen Unthätigkeit macht. Das verkannte Genie durchstreift Europa; in dieser allgemeinen Erhebung selbstsüchtiger Individualitäten richtet sich jeder eitle Charakter einen Thron auf und maßt sich ein Scepter an.

Die hohe Stellung, welche der Roman sich in dieser Lites ratur angemast oder erobert hat, rechtfertigt die Bedeutung, welche wir dem geschicktesten und beliebtesten Englischen Roman dichter beilegen. Der Roman hat nicht nur das historische Kostüm entlehnt, sondern ist sogar in das Gebiet der Geschichte eingedruns gen. Es ist, obne sonderlichen Erfolg, der Roman der Geschichte erschienen. (Romance of History, by Leitch Ritchie and others.) Die Erzählung und die Novelle, Romane zweiten Ranges und von beschránkterer Ausdehnung, füllen die Almanache und Mas gazine und find sogar in die Reisebeschreibungen gedrungen. In diesem Genre And fürzlich einige interessante Werke erschie nen: das Schloß Hainfeld vom Capitain Basil Hall und die Bubbles from Nassau. Die Vereinigung von Gelehrsamkeit und romantischer Erzählung hat im vorigen Jahre ein sonderbares Buch zu Tage gefördert, welches in England viel Aufsehen ges macht hat und der Doftor" heißt. Dasselbe ist ein barockes Gemisch von Citationen, Abschweifungen, Betrachtungen, Aneks doten und Phantastereien. Der Verfasser - man nennt Hartley Coleridge vertheidigt mit Hartnäckigkeit, oft mit Geist, die Sitten, die Grundfäße Alt-Englands. Er durchstöbert tausend staubige Folianten, um zwei oder drei werthvolle Fragmente zu fins den; neben laiten und dürren Einfällen stehen dann wieder Stellen, in denen sich ein echtes und wahres Gefühl ausspricht und die vortrefflich geschrieben sind. Er stammt in gerader Linie von Rabelais, Burton, Sterne, aber ihm fehlt die Heiterkeit des Lesteren, und sein mehr melancholisches als frohes Lächeln ges winnt den Leser nicht. Man verzeiht ihm die Affectation der Unordnung, den Pedantismus seiner literarischen Anführungen, das Unzusammenhängende seiner Erinnerungen wegen einer ges wissen elegischen Anmuth, die durch eine seltene Gedrungenheit und geschmackvolle philosophische Ironie gehoben wird. In dem Doktor wie in den Werken Bulwer's giebt sich ein Streben nach Univerfalität, eine geheime Rückkehr zur Synthese kund. Bulwer, Hartley Coleridge, Walter Scott und Southen haben eine um faßende Ansicht der Welt; sie streben, den ganzen Reichthum und die ganze Mannigfaltigkeit derselben zu faffen und überall neue Gesichtspunkte aufzufinden.

Der erwähnte Hartley hat auch die Biographieen berühmter oder merkwürdiger Personen geschrieben, welche in Lancashire und Yorkshire geboren sind. Es ist ein naives und dramatisches Buch. Gewöhnlich begnügt man sich bei solchen Arbeiten damit, Daten, Genealogieen, Korrespondenzen zu sammeln. Sheridan's und Fizgerald's Biographieen von Th. Moore haben nicht eins mal das Ziel erreicht, nach welchem der Verfasser strebte, und ermangeln des Ernstes und der Unparteilichkeit. Eine ehrenhafte Ermahnung verdienen dagegen auf diesem Gebiete die literas rischen Forschungen über das Englische Theater und Shakespeare's Jugend von Panne Collier, Gifford's Arbeit über Ben Johnson, Lord Holland's über Lope de Vega, welche indeß, wie die vers mischten Aufsäge des älteren Israeli, einer früheren Epoche an: gehören.

O f in dien.

Die Pest von Poli.

Mehrere Theile Indiens And kårzlich durch eine peftartige Krankheit verwüstet worden, welche in den Englischen Besthuns gen den größten Schrecken verbreitet hat; eine Zeit lang schwebte man in der Furcht, daß dieselbe, nachdem sie schon verschwunden, wiedererscheinen und auch diejenigen Bezirke berühren werde, welche fie früher verschont hatte. Da die meisten epidemischen Krankheiten, welche sich über die Erde verbreitet haben, in Indien suerst zum Vorschein gekommen find, da besonders die Cholera in diesen Gegenden entstanden ist, so wird man die Wichtigkeit, welche jede nene Krankheits- Erscheinung in diesem Lande hat, wohl begreifen.

Im Juli 1836 entstand dieses peßartige Fieber im Fürstens thum Judpur zu Poli, einer Handelsstadt und dem Haupts Stapelplage der Länder zwischen den Häfen von Guzarate und Mittel Indien. Dasselbe raffte zuerst 650 Chepals (Drucker von Leinenen Zeugen) hinweg; dann traf es alle Klaffen der Eins wohner ohne Unterschied. Der Verlust dieser Stadt, die 15 bis 20,000 Einwohner hat, wird auf 4000 Menschen angeschlagen. Viele Einwohner flüchteten sich in die benachbarten Dörfer und trugen die Keime der Krankheit dorthin. Im September drang Ale mit den Flüchtlingen nach Zugt, und im Dezember nach Guds pur, der Hauptstadt von Malwar. Nun überzog sie die Gebirgs lander, welche diesen Bezirk vom Königreich Weymar trennen, und verbreitete sich in diesem Lande, von wo aus fle dann alls málig bis Nuffirabad vordrang und fich den Englischen Bes Agungen immer mehr anndherie. Es bieß, fle babe auf ihrem Buge 100,000 Menschen weggerafft; doch mag das wohl übers trieben senn.

Sobald man in Bombay von der Krankheit Kenntniß erhielt, schickte der Gouverneur mehrere Aerzte nach den bedrohten Ge genden ab. Der Doktor Mailean, welcher sich eiligst nach Poli begab, glaubte die Symptome der Orientalischen Pest, jedoch in einer milderen Form, zu erkennen. Der Doktor Irvin trat ders selben Meinung bei, und der Doktor Kier bekannte sich zu ders selben Ansicht, wie seine Kunstgenossen. Alle Drei stimmten darin überein, daß diese Krankheit die Pest sey, und daß sie sich durch Ansteckung, also durch Berührung fortpflanze. Die Regies rung zu Bombay ergriff also die für einen folden Fall erforders lichen Vorsichtsmaßregeln, und an der Gränze wurde eine Qua: rantaine errichtet. Mag nun diese Einrichtung oder ein anderer Umstand die Ursache seyn, die Krankheit überschritt nicht die Gränzen der Königreiche Malwar und Meywar.

Die Symptome der Pest von Poli sind die aller in diesen Gegenden herrschenden Fieber, verbunden mit Anschwellung der dußeren Drüsen. Kein Gefühl des Uebelbefindens geht der Krankheit vorher. Sie kündigt sich durch die allgemeinen Erschei nungen Fieberhafter Zustände an, verbunden mit Erbrechungen, großer Angst, Kongestionen im Gehirn und fürchterlichen inneren Schmerzen. Die Anschwellung der Drüsen zeigt sich schon am ersten oder zweiten Tage; man bemerkt fie in der Leistengegend, der Achselhöhle und am Halse. Diese Geschwulst wird selten größer als eine Nuß; zuweilen öffnet sie sich und strömt einen tinkenden Geruch aus. Defter erscheinen die Symptome so wenig gefährlich, daß die Kranken während des ganzen Verlaufes der Krankheit sich nicht zu Bett legen. Selten tritt Wahnsinn im Beginn der Krankheit ein; aber gewöhnlich Schlaffucht einige Augenblicke vor dem Tode. Ist der Fall gefährlich, so erfolgt der Tod nach drei Tagen; ist er leicht, oder treten keine Ans schwellungen ein, so dauert es 14 bis 20 Tage, wie die gewöhne lichen Fieber in diesem Lande. Die Berichte der Aerzte über die zu befolgende Heilmethode sind noch ungendgend.

Mannigfaltiges.

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Der Roman der Bulwerfchen Ehe. Sir Edward Lytton Bulwer, der berühmte Romandichter, lebt mit seiner Frau in Unfrieden, ja sie sind sogar schon, wenn wir nicht irren, von einander geschieden, und dieses Verhaltniß hat einen neuen Ros man veranlaßt, der aber nicht von ihm, sondern von ihr, der gefrankten und nun mit den eigenen Waffen des Gatten sich rachenden Frau, herrührt. Lady Bulwer hat, wie es scheint, ihrem Manne die Kunst abgesehen, die Blafirtheiten der vors nehmen Englischen Welt darzustellen: Baronets, die auf Reisen geben, und Lords, die auf ihren Schlössern die Tyrannen spies len, Kaufleute, die sich zu Pairstöchtern, und Pairstöchter, die fich su glänzenden Equipagen hingezogen fühlen, Lady Buls wer weiß sie uns eben so treu vorzuführen, wie ihr Gemahl. Eine ganze Galerie solcher Bildnisse befindet sich in dem Ro mane, den sie eben unter dem Titel „Chevelen, oder der Mann von Ehre" in drei Bänden herausgegeben hat. Natürlich ist es nicht Sir Lytton Bulwer, den sie uns als Mann von Ehre zeigt; dieser tritt vielmehr unter dem Charakter eines Lord de Clifford, eines genialen Wüstlings, auf, der sich um seine edle, ihren Pflichten streng nachlebende Frau wenig belummert. Chevelen gehört zu den jungen Englischen Baronets, die aus Langeweile nach Italien reisen und die dort, wo sie eben im Begriffe find, den Vesuv zu besteigen oder sich nach Griechenland einzufchiffen, die unvermuthete Nachricht erhalten, daß zu Hause ein alter Großobeim gestorben sey, von dem sie nicht bloß einen schönen Ti tel und ein Rattliches Vermögen, sondern auch politischen Einfluß, die Pairie von England und die Verpflichtung geerbt haben, sich sofort um das Staatswohl und um die Erhaltung der alten Eins richtungen Großbritaniens zu befümmern. Mowbray - dies war der Name des Marquis von Chevelen, bevor ihn der Tod seines Oheims zum Mitgliede des Oberhauses gemacht — hat in Italien die Familie des Grafen de Clifford kennen gelernt_und_hier Geler genheit gehabt, die Lage der Grafin, ihrem herzlosen Gemahl ge genüber, auf das Innigste zu bemitleiden. Lady Bulwer hat die besten Anlagen, eine Englische George Sand zu werden; wie diese, hat fle ihre Philofophie der Che in der Schule des Les bens studirt, und wie diese, sucht sie nun die Autorität, die Ger seß und herkommen den Ehemdunern verleihen, durch Uebertreis bungen und Karrikaturen zu brandmarken. In England würde man indeñen an solchen gewaltsamen Katastrophen, wie fle George Sand herbeizuführen liebt, keinen Geschmack finden; desc halb list Lady Bulwer ihre Gräfin de Clifford und den „Mann von Ehre“ aus ihrem_platonischen Verhältnisse nicht eher schei; den, als bis der Graf de Clifford Todes verblichen ist, worauf dann der Marquis von Chevelen die angebetete Witwe heirathet. Kein Adulterium, keine schauderhaften Selbstmord-Scenen, wie sie nur zu oft in den outrirten Darstellungen der genialen Frans jöfn vorkommen, stören die Leser des Englischen Romans, doch fehlt es auch in diesem nicht an der weiblichen Kasuistil, die eben, weil le die männliche an Schärfe noch zu überbieten sucht, auch den Männern das Buch so intereffant macht. Wir zweifeln darum nicht, daß der Roman der Bulwerfchen Ehe bald ins Deutsche überfest seyn wird.

vierteljährlich.. 3 Tblr. für das ganze Jahr, ohne Er.. höhung. in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 51.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlsbl. Pest: Aemtern,

Literatur des des Auslande s.

Berlin, Montag den 29. April

1839.

Frankreich.

Eine Wahl im Jahre 1789.

Aus den Memoiren des Grafen Beugnot. Ich hatte der Frau von Staël versprochen, mich zum Depus tirten wählen zu lassen, und kehrte daher nach Bars fur, Aube zurück, um meiner Verpflichtung Genüge zu leisten. Bis jest war mir Alles nach Wunsch gegangen, denn ungeachtet meiner Abwesenheit hatten mich meine Mitbürger zum Wähler für die Justigames Versammlung ernannt. Unglücklicherweise wählte Bar sur Aube nicht direkt zu den Generalstaaten; diese Stadt, so wie Joinville und die dazu gehörigen Gerichtssprengel, vereinig ten sich in Chaumont, dem Hauptorte des Wahlamies; in Chau mont aber war ich nicht besonders angeschrieben, weil ich vor einem halben Jaht, zum Nachtheil der Gerichtsbarkeit dieser Stadt, das Landgericht in Barsfurs Aube organisirt hatte. Doch verließ ich mich fest auf meine Anhanger, und meine Hoffnungen fteigerten fich noch, als ich in Chaumont Herrn Becquen antraf, der dieselben Anspräche und denselben Ehrgeiz wie ich besaß und der ebenfalls zu Joinville die Stelle eines Syndikus Anwaltes des dritten Standes bekleidete. Wir waren Beide von gleichem Alter und kannten uns von unserer Studienzeit her, wo Becquen schon damals unter den jungen Leuten in dem Rufe eines ehren festen und geistreichen Menschen stand, den er sich auch bis diesen Augenblick ungetrübt erhalten hat. Man war in Joinville sehr für ihn eingenommen, und er stand dort wenigstens in eben so hohem Ansehen, als ich in Bar: sur Aube. Es lag in unserem beiderseitigen Interesse, zusammenzuhalten; wenn es uns gelang, die Wähler von Bar und Joinville zu vereinigen, so waren uns zwei Drittel der Stimmen sicher, und da es bei unserer Wahl nur auf die einfache Majoritt ankam, so schien unfere Ernen nung so ziemlich sicher, wenn wir auch ein gut Theil Abtrünniger mit in Anschlag brachten. Nicht ohne geheimes Vergnügen und eine Beimischung von Verachtung hörten wir die Männer aus der niedrigen Volksklasse namhaft machen, die man uns entgegens stelle. Herr Becquen besißt jene Art von Stolz, der von jeder zweideutigen Handlung zurückhalt; dieses Gefühl ist ehrenvoll und daher ansteckend; ich folgte feinem Beispiele, und wir vers fäumten, als tief unter unferer Würde, alle fene in folchen Fällen durchaus nothwendigen Schritte, um sich eine Partei zu gewinnen, wenn man noch keine besigt, und, was noch weit schwieriger ist, um die einmal gewonnene Partei sich zu erhalten.

Die Wähler der drei Stände langten in Masse zur Generals Versammlung an, bei welcher der Ober-Justizamtmann von Chaumont, Baron von Mandat, den Vorsiß führte. Der Baron war ein Edelmann in der vollen Bedeutung des Wortes, von untadelhafter Ehre, großmüthig bis zur Verschwendung und Jedermann zufriedenstellend, ausgenommen feine Glaubiger. Die Wähler vers einigten sich unter feiner Anführung, um der Meffe des heiligen Geiftes beizuwohnen, welches eine ehrwürdige und vorgeschries bene Einleitung zu allen unferen großen Versammlungen war. Die Tracht des Ober-Inftizamtmanns war ganz besonders in die Augen fallend; er trug einen Federhut, einen kleinen Spanischen Mantel, herabfallenden Halskragen, hochstehenden Degen und Schuhe mit Bandschleifen. Herr von Mandat war von kleiner Statur, munteren Geistes und hatte überhaupt etwas komisches in feiner Erscheinung, so daß er in seiner feierlichen Amtstracht wie Crispin in feinem Sonntagspuße aussah. Die Messe wurde unter großer Unruhe, so gut es gehen wollte, abgehalten; beim Herausgehen aber drängte fich Seder, um nur noch den Obers Amtmann betrachten zu können. Zwei Hellebardiere gingen ver

ihm

breitete sich über die Würde und Unverleßbarkeit der Wähler aus und tadelte die Hellebardiere, weil sie jene verlegt und diese nicht geachtet hatten. Bei dieser Würde nun beschwor er die Herren Wähler, sich nicht zu eilig selbst Genugthuung zu vers schaffen und strenger den äußeren Anstand zu bewahren; auch versprach er ihnen, daß der Herr Ober- Amtmann den zu unges fchickten Eifer feiner Hellebardiere bestrafen werde. Seine letzten Worte enthielten eine rührende Ermahnung, den Frieden und das gegenseitige Vertrauen aufrecht zu erhalten und mit einander zu wetteifern, wer am besten dem hohen Berufe des Wählers ents sprechen würde. Das Gotteshaus, in welchem noch furz vorher Wuthgeschrei ertönte, hallte jest von einstimmigem Beifallsruf wieder; Herr Becquen trag einen vollständigen Sieg davon, und man konnte gar nicht mehr daran zweifeln, das ein junger Redner, der es so gut verstand, die Leidenschaften zu besänftigen, dem Weisheit und Ueberredungskunst in so hohem Grade eigen war, zum Deputirten für die Generalstaaten würde gewählt werden. Die drei Stunde vereinigten sich zu einer General - Vers fammlung. Der Königliche Prokurator hielt eine sehr lange, uns bedeutende Rede; glücklicherweise faßte sich der Obers Amtmann kürzer, fügte nur wenige Worte hinzu und schickte jeden Stand in seine respektive Kammer.

her und schlugen rechts und links ziemlich stark auf die gar au neugierigen Wahler los; einer derselben wurde niedergewors fen und mit Füßen getreten, die Anderen ergriffen feine Partei, und der Tumult drohte überhand zu nehmen. Da bestieg Herr Becquen die Kansel des heiligen Johannes und versuchte es, die Streitenden durch das Schwert des Wortes zu trennen. Mit diefem Lage nahmen die. Reuerungen ihren Anfang, denn ein Laie auf der Kanzel war gewiß nicht eine der, geringsten. Doch wirkte die Sache schnell, und die Gestalt Herrn Becquen auf der Kanzel wurde das forte vicum quem. Ein Jeder, ließ vom Kampfe ab, um ihn zu hören. Als geschickter Nebner, faßte er fogleich sein Auditoriom bei der schwachen Seite; er

Der geistliche Stand ernannte den Abt von Clairvaux zu seinem Präsidenten und zwei Pfarrer zu Secretairen. Die meisten Mitglieder dieser Kammer bestanden aus Pfarrern, die von ungemessenem Haß gegen die Mönche und gegen die hohe Geistlichkeit beseelt waren. Es gab freilich auch ehrenwerthe Ausnahmen unter denselben, im Allgemeinen aber hatten diese unvorsichtigen und sehr unwissenden Priester die Achtung vor der geheiligten Kette verloren, welche die Glieder der Hierarchie unter einander verbindet; fie gingen blindlings auf die Erobes rung des Zehnten, auf die Erniedrigung der hohen Geistlichkeit und auf die Aufhebung der geistlichen Orden los. Die Welts geißlichen hatten, wie gesagt, den Abt von Clairvaur zu ihrem Borsiger ernannt; fie gestanden aber laut ein, daß er diese Ehre nur seinem Vermögen verdanke, und weil er unstreitig dasjenige Mitglied der Kammer fen, welches am besten repräsentiren, das heißt, welches die prächtigsten Feste geben könne. Obgleich er nun auch wirklich ganz vortreffliche Tafel hielt, so wurde ihm doch seine Präsidentschaft sehr verleidet, denn er mußte beständig. von den Pfarrern jene Vorwürfe und Wißeleien gegen die Mönche anhören, welche sich die wohlerzogenen Weltgeistlichen gar nicht mehr erlaubten. Und Niemand verdiente weniger folche Verfolgungen, als der leßte Abt von Clairvaux, Dom Rocourt; er war ein schöner Mann, von feinen Sitten, ausges sucht höflich gegen Männer und galant gegen Damen. Sein glückliches Aeußere hatte ihm den Ruf eines ausgezeichneten Mannes verschafft, obgleich er es eigentlich in keiner Art war, denn er besaß einen beschränkten Geist, wenig oder gar keine gelehrte Bildung und nicht den geringsten Scharfblick. Er hielt es für ganz unmöglich, daß das Gebdude des heiligen Berns hard umgestürzt werden könnte; als es nun aber dennoch vor feinen Augen zufammenbrach, wollte er gar nicht daran glauben, und dreißig Jahre lang, bis zu seinem Lode, hoffte er beständig auf seine Wiedereinseßung. Es war doch gewiß grausam, einen so ehrlichen Mann durch Verfolgungen zu qudien.

Der Obers Amtmann führte von Rechtswegen den Vorsig in der Adels: Kammer; Secretaire waren der Graf von Choiseut Daillecourt und ***. Die ersten Häuser Frankreichs nahmen an dieser Versammlung Theil, die meisten freilich nur durch Vers treter; der Geist, der darin herrshte, war kein fest ausgesproches ner. Der Herzog von Orleans, welcher der bedeutendste Grunds befizer des Justiz Amtes von Chaumont war, ließ sich durch den Vicomte von Montmorency Laval vertreten. Die Gemahlin diefes Edelmannes, die nicht in Gütar Gemeinschaft mit ihm lebte, ges hörte ebenfalls au den Grundbesißern dieses Bezirkes; sie seßte aber weniger Vertrauen, als der Pring, in ihren Mann und hatte ihn nicht mit ihrer Vertretung beehrt; da man nun selbst eine berathende Stimme in der Versammlung haben mußte, um Jemand zu reprdjentiren, so hatte dem Vicomte von Laval der Zutritt in die Kammer verweigert werden können. Einige trugen darauf an, aber die größere Anzahl überging den Verstoß.

Der Vicomte von Laval hatte das Palais-Royal mit der feßten Ueberzeugung verlaffen, daß er alle Wahlen für die

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