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Beispiel von dem waren, was in England bei der Aenderung des politischen Systems fortwährend geschieht. Herr von Char teaubriand fdumte nicht, die Gesandischaft von Rom, in deren Befiß er seit 1828 war, niederzulegen. Aber er konnte keine Aus diens vom König erlangen, in deffen eigene Hände er diese Würde niederzulegen gewünscht. Es ist übrigens zu bemerken, Daß keine wichtige Abfeßung den Antritt dieses Ministeriums bes zeichnete, das doch allgemein für ein Ministerium der Reaction und Contrerevolution_angesehen wurde.

Es waren dem Fürsten von Polignac mehrere Pläne vorges fchlagen worden, wie man das Oppositions System, mit dem das Kabinet zu kämpfen hatte, schwächen und das Mißtrauen zers ftreuen könnte, welches sein Erscheinen allgemein geweckt hatte. Nach einem dieser Plane sollte an den König ein offizieller und vollständiger Bericht über die Lage Frankreichs erstattet werden, worin die Ursachen, welche die Aufregung der Parteien hervors gerufen, angedeutet und zugleich gezeigt würde, wie viel davon Der lebertreibung und Verleumdung beizumeffen sey. Dieser ohne Rückhaltsgedanken abgefaßte und veröffentlichte Bericht wäre gleichsam das Programm des Ministeriums gewesen und eine Antwort auf die Angriffe, welche die Regierung seit der Eins feßung des neuen Kabinets zu erfahren gehabt. Herr von Pos lignac war für diesen Rath empfänglich; später aber meinte er, diefe Darlegung des Systems würde besser bei der Eröffnung der Kammern ihren Play haben: ein Aufschub, der darum nicht rachsam war, weil die öffentliche Meinung bis dahin über die weiteren Tendenzen des Käbinets in Ungewißheit blieb.

Mit Ausnahme der drei Hauptorgane der royalistischen Pars tei, der Quotidienne, des Universel und der Gazette de France, war die unabhängige Presse einmüthig in ihrer Opposition gegen die neuen Rathgeber der Krone. Zwei mit Talent redigirte Blätter, der Temps und der National, hatten fürzlich begonnen, die weniger gemäßigte Fraction der liberalen Partei durch ihre entschiedene Polemik zu unterstüßen. Der Constitutionnel und der Courrier trançais verharrten unerschütterlich in ihrer alten Oppofition gegen die Akte der restauririen Dynaftic. Als treues Organ der politischen Leidenschaften des Herrn von Chateaubriand, feßte das Journal des Débats den Krieg, den es gegen Herrn von Villèle mit so viel Kraft und Erfolg geführt, gegen Herrn von Polignac fort. Unter den Journalen der Departements aeichneten sich der Précurseur de Lyon und die Sentinelle des deux Sèvres durch die oft maßlose Heftigkeit ihrer Angriffe aus. Dieses lettere Blatt, von dem öffentlichen Ministerium zu Niort erst spät vor Gericht gezogen, ward der Gegenstand einer furchts samen Verurtheilung, wie die meisten Verurtheilungen jener Zeit waren. Alle Klassen der Administration schienen von Unsicherheit und Muthlosigkeit ergriffen. Die Regierung, die jeder Kraft bes raubt schien, liek kaum einige strenge Worte ohne Wirkung hö ren; die ganze Energie des Handelns und Sprechens hatte sich in die Reihen der Opposition zurückgezogen. Die Ausübung der Gewalt erforderte einen Muth und eine Selbstverleugnung, wie man sie nicht von Beamten erwarten konnte, die durch so viele auf einander folgende Reactionen demoralisirt und in ihrem Eifer durch die unsicheren Schritte einer Regierung geldhmt waren, welche bei ihrer Schwäche doch so drohend aussah.

Mitten in dieser allgemeinen Verwirrung, die durch das Kabinet vom 8. August mehr herausgestellt als hervorgebracht wurde, beobachtete die eminenteste Person dieses Kabinets, Herr von Polignac, in einer Ruhe, die mehr dem Christen als dem Staatsmann ziemte, das heranziehende Ungewitter. Doch vers dient bemerkt zu werden, daß er die Aufmerksamkeit, die er fo unvorsichtig war, der Politik zu entziehen, desto mehr der Vers waltung zuwandte. Er unterwarf die Abtheilungen feines Mi nifteriums einer regelmäßigen Ordnung, machte bedeutende Res ductionen in dem Budget der auswärtigen Angelegenheiten und ließ unter seinen Augen ein Gesezbuch für die Handels Konsuln vollenden, ein wichtiges Werk, das seit einigen Jahren angefans gen war und das Europa mit Interesse zu erwarten schien. Er eröffnete fommerzielle Unterhandlungen mit Preußen, Schweden und den Vereinigten Staaten und ließ die entfernteren Gegenden Asiens durchforschen, um daselbst einen neuen Handelsweg für unsere Produkte zu gewinnen. Er erwirkte von der Pforte die Einfeßung eines katholischen Bischofs in Konstantinopel und trug durch seine gemäßigten Vorschläge zur Erhaltung des all gemeinen Friedens bei, gegenåber den siegreichen Waffen Ruß Lands. Der Kriegss Minister seinerseits veranlaßte eine Königliche Verordnung, welche den Saß der Militair-Pensionen für die Lands Armee vom Viertel auf das Drittel des gegenwärtigen Anschlags erhob, eine Maßregel, welche die Armee befriedigte, von der Opposition aber nicht gut aufgenommen wurde. Es genügte ihr nicht, die Gefeßmäßigkeit derselben zu bestreiten; sie sah das rin nur ein Mittel, die Armee für den Fall eines Staatsstreichs zu verführen, und vindizirte die Ehre dieser materiellen Verbesses rung den Mitgliedern der Linken, die nie aufgehört hatte, das Schickfat der Militairs der Regierung zu empfehlen. So gab felbst das Gute, das die Regierung auszuführen versuchte, nur Stoff zu den gebäifigsten Deutungen.

Inzwischen führte das Ministerium keine von den Makres geln aus, welche die entgegengeseßten Parteien von ihm gefürch tet oder gehofft hatten. Die beiden einflußreichsten Mitglieder deffelben geriethen in ernsten Zwiespalt. Herr von Polignac wollte ihm eine theokratische Richtung geben, Herr von La Bours donnaye, der mit den religiösen Doktrinen weniger befreundet war, mehr eine zu Gunsten der Adels › Aristokratie. Die Zeit

verging in nußlosen Debatten. Man glaubte dem Kabinet mehr Einheit und Entschiedenheit zu geben, wenn man einen Chef an seine Spize stellte, und hierbei fiel natürlich die Wahl des Kö nigs auf Herrn von Polignac. Er wurde den 17. November dazu ernannt. Dieser Umstand und der geringe Einfluß, den er im Kabinet hatte, bewog herrn von La Bourdonnaye, seine Ents laffung einzureichen. Ein heftiger Redner, voll politischer Ideen, die er mit Schwung und Beredsamkeit entwickelte, hatte er als Praktiker keine große Fähigkeit an den Tag gelegt. Er empfing zur Belohnung seiner schwachen Dienste den Titel eines Staatss Ministers, die Pairie und eine Dotation von 12,000 France, welche auszuschlägen für ihn ehrend gewesen wäre. Er motis virte seine Abdankung, wie man sagt, auf eine sehr pikante Weise, in folgenden Worten, welche ein Bild von der Schwies rigkeit der Lage geben:,,Wenn mein Kopf Einsah ist, muß ich selbst die Karten halten."

Herr von La Bourdonnaye wurde im Departement des Innern durch Herrn von Montbel, Minister des öffentlichen Unterrichts, erseßt, dessen Nachfolger in diesem Departement Herr von Guer non Ranville wurde, General Prokurator in Lyon. Dieser, der Sohn eines ehemaligen Emigranten, hatte sich durch einen lonas len, muthigen Charakter und durch eine unwandelbare Anhäng, lichkeit an die Sache der Bourbonen hervorgechan. Seine polis tischen und religiösen Meinungen waren sehr gemäßigt. Vor den Gerichts Schranken galt seine Rede für reich und fließend, aber als parlamentarische Person war er unbekannt.

West indien.

Pflanzer und Neger auf Jamaika.

Nach Benjamin M’Mahon.

Herr Beni. M' (Mac) Mahon focht im Jahre 1818 für die Sache der Patrioten Süd's Amerika's und war glücklich genug, dem Verderben zu entrinnen, das auf diesem Schauplaße des Elendes und des Verrathes so viele seiner Landsleute ereilte. Von dem Kontinente Amerika's ging er nach Jamaika, wo er auf einer der dortigen Pflanzungen Buchhalter wurde; und seits dem ist er stets, und zwar 18 Jahre lang, auf diese Weise bes fbdftigt gewesen, hat aber mit seinen Prinzipalen oft gewechselt, weil seine freimüthigen Aeußerungen gegen die Grausamkeiten, die man unter seinen Augen beging, ihn oft in Kollisionen mit den Herren auf Jamaika brachten. Gegenwärtig has er mun das Resultat seiner Beobachtungen zusammengestellt und in einem in London erschienenen Buche herausgegeben.) Der erste Anblick der unmenschlichen, den Negersklaven auferlegten Züchtigungen machte ihn fast krank, und er bemühte sich vergebens, dieser abs scheulichen Tyrannei entgegenzuarbeiten. Es scheint, daß die Aufseher der Sklaven den Muth und die physische Kraft dieser Unglücklichen planmäßig vernichten wollten. Etwas vernünftiges Nachdenken hatte sie darüber belehren müssen, daß Leute, die man gut behandelt, auch bessere Arbeit thun; aber diese Wahrs heit ist ihnen fets verborgen geblieben.

Da Herr M'Mahon, wie schon bemerkt, mit seinen Prinzipalen öfter wechselte und felten länger als fünf Monate auf ders selben Plantage Buchhalter war, so hatte er Gelegenheit genug, zu beobachten, wie man die Pflanzungen verwaltete, und das vorliegende Werk liefert uns die Ergebnisse dieser Beobachtungen. Er nennt alle Personen mit Namen, deren Grausamkeiten zu feiner Kenntniß gelangt sind, und belegt alle seine Angaben sehr gewissenhaft, so daß Jeder, der sich ungerechter Weise beschuldigt glauben könnte, die besten Mittel zu seiner Rechtfertigung in Händen hat.

Herr M'Mahon hat sich nicht durch Bücherlesen zum Büchers schreiben gebildet. Sein Stil ist ganz ohne Glätte und Feile, ohne Kunst und Eleganz; allein eben darum trägt er den Stem pel größerer Treue und Glaubwürdigkeit. Hin und wieder möchte man fast bedauern, daß die Phrasen nicht sorgfältiger gewählt sind; der Verfasser könnte auf ein größeres Publikum rechnen, wenn er manche das Zartgefühl empfindlich verlegende Dinge in weniger schrecklicher Racktheit dargestellt hätte. Doch muß man zugeben, daß seine Manier dem Gegenstande sehr angemessen ist. Es wäre eine schwere Aufgabe, die Sklaverei so zu schildern, wie sie in der guten alten Zeit auf den Zuckers Plantagen bes standen hat, ohne Leuten von veredeltem Gefühl und Gefchmack großes Aergerniß zu geben.

Wie es den Negern in ihrer Drangsal zu Muthe ist, erfah, ren wir am besten aus ihren eigenen Worten.

Während sie in der glühendsten Hiße arbeiteten, wurden ihre eisernen Halsbänder so heiß, daß sie ihnen die Haut verbrannten. Der unerträgliche Schmers erpreßte den Unglücks lichen bestandig herzzerreißende Klagen, die zu einer Art von Gesang sich gestalteten.,,,,Arme Nega nach Tod wir hungrig Arme Nega schinden árger als Kub- Buckra haben Mitleid mit dummes Ding, aber todt machen arme Nega Wir Fleisch gehören nur Peitsche, und wir Blut gehören Erde Peitsche, wenn wir flagen vor hungrig - Peitsche, wenn nicht gehen Feld vor Tag Peitsche, wenn wir müde Peitsche, wenn wir aussehen sauer Peitsche, Peitsche, wenn wir lachen wenn wir flagen über Buscha bei Massa Peitsche, wenn wir

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*) Jamaica Plantership. By Benj. M’Mahon, eighteen years employed in the planting llue in that island.

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flagen über Buchhalter bei Buscha Peitsche, wenn wir gehen in Hospital frank Peitsche alle Montag für haben wunde Füße Buckra geben arme Nega Peitsche für Arznei Peitsche, får machen ihn stark bei Arbeit - Peitsche, für machen ihn elend, zu gehen in Hospital Peitsche, zu machen ihn vers laffen Hospital und gehen an Arbeit - Peitsche, zu machen ihn arbeiten mehr als Kräfte Buckra machen Peitsche betrunken, gerade wie Punsch, er trinken, wenn er nehmen Rum für machen start Waffer, für machen schwach Citron, für machen sauer, und Zucker, für machen füß Buckra machen Peitsche thun alles Ding, nur nicht machen Leben; das Peitsche nicht kann, aber machen vollauf todt Wir beten Gott, zu nehmen arme Nega, ehe Buckra bringen ihn um.“

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Als ein Beispiel der brutalen Tyrannei, womit man die Neger unter dem nichtigsten Vorwand tödtete, mag die folgende Erzählung genügen. Zuvor bemerken wir, daß die Sklaven einer gewiffen Plantage den Versuch gemacht hatten, zu entfliehen.

,,Ein paar Tage darauf wurden wir nach St. James beordert. Wir kamen auf die Plantage Barrett: Hall, das Eigens thum des Herrn Speaker Barrett. Bei unserer Annäherung sahen wir einen Neger auf der Landstraße, der, als er uns ers blickte, sogleich über eine niedrige Mauer sprang. Die ganze Gesellschaft feuerte nach ihm; er stürzte nieder, raffte sich aber rwieder auf und lief blutend davon. Wir seßten ihm unter be ständigem Schießen nach; der Verfolgte stand und fiel abwech; felnd, bis Einer der Bewaffneten sich über die Mauer schwang, den Unglücklichen erreichte und mit seinem Säbel auf ihn loszus hauen begann, ohne ihn jedoch tödten zu können. Endlich machte ein Anderer dieser brutalen Tragödie ein Ende, indem er dem Neger durch den Kopf schoß. Keiner der Sklaven des Herrn Speaker Barrett hatte die Pflanzung verlassen. Alle würden aufgerufen und in eine Reihe gestellt, die Männer von den Frauen gesondert. Der Major (Dr. Neilson) fragte den Obers treiber (head-driver), wer die Proclamation abgerissen habe, die an den Thüren des Arbeitshauses angeschlagen gewesen? Der Befragte versicherte, es nicht zu wissen. Jest befahl Major Neilson der Compagnie, ihre Gewehre auf den Treiber anzus Legen und, wenn er sich nur rührte, ihm die Kugeln durch das Hirn zu jagen. Dann sprach er, den Sklaven zugewendet: ,,Zeigt mir augenblicklich den Schuldigen, oder ich laffe euch sammt und sonders niederschießen." Der Treiber deutete auf einen schönen jungen Burschen in der Reihe, und sogleich rief Neilson: Führt diesen Kerl bei Seite und schießt ihn todt!" Der Neger wurde ergriffen und hatte nur eben Zeit, auszurufen: „O Massa, thu' nicht tödten mich", als ein blütdürftiger Elender, Namens Watson, dicht an meiner Seite sein Gewehr gegen ihn anlegte und losdrückte. Die Kugel fuhr durch den Mund und das Hinters haupt des Negers, der, ohne auch nur einen Seufzer auszustoßen, todt niederfiel. Die armen Sklaven waren vor Schrecken außer fich; Einige stürzten auf die Kniee und erhoben flehend ihre Hände zum Himmel; die Frauen und Kinder schrieen entseßlich, und Alle baten auf die kläglichste Weise, daß man ihres Lebens schonen möchte. Der Major verabschiedete sie mit barbarischen Drohungen, und unser kleines Detaschement erhielt den Befehl, nach Bounty Hall zurückzukehren. Auf dem Wege theilten wir uns in verschiedene Pikets, um einen oder den anderen ausges riffenen Neger su jagen; allein wir trafen keinen Menschen, an welchem der Pflanzer seinen Blutdurst hätte kühlen können.“

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Die folgende Erzählung mag eine Probe von der Methode geben, welche die Aufseher der Neger befolgen, um ihr zeitliches Glück zu begründen.,,Herr war früher Unteroffizier in der Britischen Armee. Er kaufte seinen Abschied, um auf Ja maika in die Dienste eines Pflanzers zu treten. Anfangs wurde er Buchhalter; aber seine ausgezeichnete Grausamkeit beförderte ihn bald zum Range eines Aufsehers über die Sklaven. Weiße und Schwarze, die unter seiner Kontrolle standen, haben mir versichert, daß es nur eines Wortes von seinen Lippen bedurfte, um ihnen tödtlichen Schrecken einzujagen. Durch unmäßigen Gebrauch der Peitsche gelang es ihm, ungewöhnlich ergiebige Aerndten zu erzwingen, und seine blutbefleckten Verdienste ers warben ihm bald die Stelle eines Plantagen: Verwalters. Jest kaufte er sich eine eigene Truppe Sklaven, worunter ein Kerl von viehischer Grausamkeit, den er in der Folge zu feinem Treis ber machte. Dieses Ungeheuer in Menschengestalt führte nie eine Peitsche, sondern einen Knüttel, und bestrafte jede Nach; lässigkeit mit einem Schlage, der den Schädel des unglücklichen Opfers zerschmetterte. Alles dies geschah mit Bewilligung des Herrn - der bei einer Gelegenheit einen Sklaven in ein Faß mit alten Nägeln steckte und ihn dann einen steilen Berg hinab in eine Grube rollen ließ, welche die Körper aller auf der Pfan jung gemordeten Neger aufnahm. Troß dieser empörenden Graufamkeiten, oder vielmehr eben darum, weil er fie verübte, wurde Herr nachmals der vielvermögendste Plantagens Berwalter auf ganz Jamaika. Seine Empfehlung genügte, um Jeden zu der gewünschten Stelle zu befördern, und wen fein Zorn traf, der konnte feines Unterganges gewiß seyn. Herr fehrte im Jahre 1833 mit einem fürstlichen Vermögen nach Engs land zurück."

Ein Handlungshaus in Jamaika trieb zu Herrn M'Mahon's Zeit eine wahrhaft diebische Art von Sklavenhandel. Man stahl den Eigenthümern in Jamaika ihre Sklaven und verkaufte fie

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nach Cuba!,,Die Herren bedienten sich bei ihrem schmähs lichen Gewerbe eines Negers, Namens Ned, dem sie für jeden Sklaven, den er an Bord ihrer Handels-Schaluppe locken konnte, eine größere oder geringere Summe Geldes gaben. Hatte der erwähnte Neger Einen oder Mehrere von seinen Stammesvers wandten auf das Schiff gelockt, so seßte er ihnen gute Speisen in Fülle vor und schenkte ihnen so viel Wein oder Branntwein, daß sie bald fest einschliefen und wahrscheinlich erst am folgens den Morgen erwachten. Beim Erwachen fanden sie sich mit Staunen auf der hohen See, und Ned war verschwunden. Dies fer Handel wurde mehrere Jahre fortgescßt, und man vermißte auf allen Plantagen des Distriktes Sklaven, die, der allgemeinen Vermuthung nach, in die Wälder geflohen seyn mußten. Unter Anderem gelang es Ned, auch einen Bedienten des Gemeindes Vorstehers, Herrn Parry, mit seiner gewohnten List nach Cuba zu spediren. Das gefällige Wesen dieses jungen Negers brachte ihn bei seinem Spanischen Herrn in große Gunst, und man ger stattete ihm weit mehr Freiheit, als seinen Mitsklaven. Von dies fer Freiheit Gebrauch machend, sprang er eines Abends in ein Kanoe und ruderte sich in der Richtung nach Jamaika vorwärts. Er wurde auf hoher See ergriffen und wohlbehalten seinem früheren Herrn zurückgestellt, dem er die Umstände seiner Ents führung erzählte und zugleich sagte, daß noch viele andere vers meintliche Ausreißer, die ein ähnliches Schicksal gehabt, wie er felber, in Cuba sich befänden. Man hielt ein Sklavens Gericht, und Ned, dessen Schuld am Tage lag, wurde zum Strange vers urtheilt, während die Kaufleute, die sich seiner als eines Werks zeugs ihrer Schurkerei bedient hatten, ungestraft blieben, weil das Zeugniß eines Schwarzen gegen einen Weißen keine Gültig feit hat."

Mannigfaltiges.

Lady Blessington über Alph. von Lamartine. Ich habe Herrn von Lamartine gefehen und finde großen Ges schmack an ihm. Er hat ein sehr angenehmes Aeußere und kleir det sich so modisch, daß man kaum einen Dichter in ihm ahnen follte. An ihm bemerkt man keine umgelegte Hemdkragen, die ein Surrogat der Halsbinden seyn sollen, keine lang herabs wallenden Locken und überhaupt nichts von poetisch seyn sollens der Geckenhaftigkeit. Lamartine ist ein Mann, den man in jeder mie ist schön, sein Auge scharf und geistvoll. Er hat feine Mas Gesellschaft bien comme il faut nennen würde. Seine Physiognos nieren und versteht es, eine Gesellschaft interessant zu unterhalten. Seine Geistesgegenwart ist so groß, wie man sie nur selten bei Poeten findet; auch besigt er keine jener oft nur affeltirten Sons derbarkeiten, die einem Dichter und noch mehr einem Dichters linge so häufig ankleben. Der Grund dieser löblichen Eigenschafs ten ist ohne Zweifel darin zu suchen, daß Herr von Lamartine, obwohl mit glühender Phantasie begabt, in das wirkliche Leben gezogen worden ist und somit Gelegeheit gehabt hat, auch seine Verstandeskräfte tüchtig zu entwickeln. Der kluge Geschäftsmann, der feine Gesellschafter und der Poet find in ihm schön vereinigt; Peine Person dieser Trias steht der anderen im Wege. Er will den Engländern sehr wohl, und das ist ganz natürlich; denn er hat eine Britin zur Frau, die scháßenswerthe Eigenschaften ges nug besigen soll, um ein günstiges Vorurtheil für ihre Lands leute au erwecken. Lamartine's fleine Tochter, die er fast abs gotisch liebt, ist eines der schönsten Kinder, die mir jemals zu Geficht gekommen; die kühnste Phantasie würde kein lieblicheres Bild hervorzaubern können. Als Gatte und Vater besißt unser Französische Dichter so musterhafte Eigenschaften, daß er die alls gemein verbreitete Meinung, als wären Poeten schlechte Famis lienvåter, wenigstens durch sein Beispiel Lügen straft.

(The Idler in Italy.)

- Lord John Ruffell in Genua. Wir wurden recht angenehm überrascht, als wir gestern unserem alten Bekannten, Lord John Ruffell, auf der Straße begegneten. Er kam und dinirte mit uns; ich fand ihn bei dieser Gelegenheit gefünder und bei froherer Laune, als er mir jemals in London vorges fommen. Er ist außerordentlich belesen und hat einen gemüth lichen Humor, der feiner Unterhaltung große Würze giebt. Seine charakteristischen Merkmale find gesunde Urtheilskraft, großer Scharffinn, ein hochgebildeter Geist und eine feltene Gleichförmigkeit des Temperaments lauter Eigenschaften, die ihn zu einem bedeutenden Staatsmanne qualifiziren. Wenn die Gesellschaft, in der er sich befindet, so beschaffen ist, daß sie die Eisrinde feiner Zurückhaltung aufzuthauen vermag, so kann er sehr liebenswürdig seyn. Der Umgang mit seinen Genuesischen Freunden hat diese Wirkung, und eben darum erscheint Russell in Genua mehr zu seinem Vortheil als in London. Was seinen Erfolgen im Wege steht, ist, meines Erachtens, nur die nature liche Zurückhaltung seines Charakters; man hält ihn für kalt und stolz, und aus diesem Gründe erweckt er nicht jenes warme Ges fühl persönlicher Anhänglichkeit, das nur durch ein gleichförmiges freundliches Benehmen rege gemacht und befestigt wird. Ohne diesen Magnet ist es einem Staatsmann, wie hoch man seinen Charakter auch Rellen möge, sehr schwer, ja unmöglich, innig ergebene Freunde und Anhänger zu haben.

(Lady Blessington The Idler in Italy.)

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 48.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post - Aemtern.

Literatur des Ausländes.

ů d- Afrika.

Berlin, Montag den 22. April

Neueste Expedition in das südliche Afrika.

Eine von Capitain Harris so eben herausgegebene Beschreis bung der neuesten Britischen Expedition in das füdliche Afrika) enthalt sehr nüßliche Beiträge zur Geographie und Naturgeschichte diefes Theiles der Erde. Capitain Harris giebt uns eine neue sehr ausführlich und sorgfältig gezeichnete Karte sämmtlicher Gegenden, die nordöstlich von der Kap. Kolonie fich ausdehnen, und auf welcher auch die Wohnpläße der ausgewanderten Holläns dischen Bauern (Boers) und der eingeborenen Stamme genau angegeben sind. Seine Erzählung ist reich an interessanten Abens teuern und an Natur Schilderungen, denen die schmucklose Eins falt der Darstellung einen besonderen Reis giebt. Vor Allem Lesenswerth ist die lebendige Beschreibung der Süd- Afrikanischen Jagden und die Geschichte der Auswanderung einer großen Ans sahi Holländischer Bauern, die im Jahre 1836 das Britische Gebiet freiwillig verließen, um in der Wildniß sich anzusiedeln. Das Werk schließt mit einem zoologischen Verzeichnisse, worin der Verfasser eine große Anzahl von ihm selbst getödteter Thiere nach Dr. Smith's Classification ordnet und beschreibt.

Capitain Harris war von Kindheit an ein leidenschaftlicher Jagd Liebhaber, und diese früh entwickelte Neigung bestimmte ihn wahrscheinlich zur Wahl seines Berufes. Schon im sechzehn ten Jahre wurde er Ingenieurs Offizier im westlichen Ostindien. Dieses an Tigern und Elephanten so reiche Land bot ihm Ges legenheit genug, feinem Lieblings-Zeitvertreibe zu huldigen; aber fein Ehrgeis strebte nach einem wilderen und großartigeren Jagd

1839.

Dieses Weib hatte einen Weg von fünf Engl. Meilen gemacht, um ein Paar Straußen Eierschalen voll Wasser zu holen.

Ehe wir mit den Herren Harris und Richardson am Hofe des kohlschwarzen Monarchen der Abaka Zulu's erscheinen, theilen wir unseren Lefern die Beschreibung einer Jagd bei Meritsane mit:,,Die Mittheilungen einiger Wilden vom Stamme Batlapi, denen wir gestern begegneten, bestimmten uns, des Jagens wegen einen Tag zu verweilen. In Begleitung dieser Männer verließen wir um Lages Anbruch unsere Bagage, festen über den Fluß und wendeten uns nordwestlich durch einen Hain prachtiger Kas meeldorn Bäume, von denen viele unter der Last der ungeheuren Nester des gesellig lebenden Beinbrechers (grosbeak) sich beugten. Andere waren mit grünen Büscheln von Misleton bewachsen, deffen hochrothe Beeren ihnen sehr zur Zierde gereichten. Bald bemerkten wir große Heerden Quagga's und checkiger Gnu's, die sich weiter und weiter ausbreiteten, bis die ganze Ebene lebendig zu seyn schien. Das Klappern ihrer Huse war bes dubend; es glich dem Tosen eines machtigen Sturmes. Eine Heerde von Straußen, deren Halse über denen ihrer vierfüßigen Nachbarn hoch emporragten, schoß mit Pfeilesschnelle dahin; und Gruppen purpurfarbiger Saffanby's und rothgelber Hartebeest's vollendeten ein Gemdide, das nur gesehen, nicht beschrieben wers den kann. Der Knall unserer Gewehre seßte die ganze vierfüßige Thierwelt um uns her in lebhafte, wimmelnde Bewegung; unges heure Staubwolken wirbelten empor. Die Wilden tödteten jedes verwundete Gnu sehr geschickt, indem sie ihm mit der Spize ihres Afsagai einen Schlag auf den Rücken gaben. Dann bes deckten sie das erlegte Thier mit Gestrauch, um es vor den ges fräßigen Geiern zu bewahren, die beständig in den Lüften herums gute Vrise zu machen.

Reviere. In Träumen erschien ihm die majestätische Giraffe, freisten und nach jedemim menell herabfuhren, um eine

das gewichtige Behemoth der Gelben Flüiffe, der riefige Elephant und die fantastisch gehörnte Antilope Afrika's. Er sehnte fich nach Kämpfen mit diesen edeln Thieren, und ein zweijähriger Urlaub, den das Kollegium zu Bombay ihm bewilligte, feßte ihn in den Stand, seine Sehnsucht zu stillen. Er verließ Bomban im Mars 1836 und erreichte das Kap nach eilswöchentlicher Fahrt. Herr Richardson, ein Civils Beamter, den er an Bord kennen gelernt, befchlof, ihn auf der von ihm projektirten Erpedition ins innere Afrifa su begleiten. Nachdem sie die nöthigen Vors Pehrungen getroffen, fegelten Re in einem Schooner nach der Algoa Bai, wurden aber durch widrige Winde gezwungen, in dem Hafen Port Elifabeth einzulaufen. Von dort ging es über Grahams Town nach Graaf Reinet, wo unfere Reisenden zur Expedition ins Innere sich rüsteten. Da fie wenig Zeit zu vers Lieren hatten, so befchlossen sle, ohne weitere Umwege nach dem Missions Orte Kuruman, der etwa 400 Engl. Meilen nördlich von Graaf Reinet liegt, aufzubrechen und von dort aus in das Gebiet des Moseletatfe, Königs der Abaka Zulu's oder Matabili, eines machtigen und bespprifchen Wilden, vorzudringen. hatten der graufamen Afrikanischen Majestät einen langen mit charlach gefütterten Rock als Geschent sugedacht. Capitain Harris beabsichtigte, feine Nachforschungen bis zum Wendekreise des Steinbocks auszubehnen und wo möglich den großen See zu besuchen, der sich eine bedeutende Strecke weit über den Wendes freis hinaus ins Innere erstrecken sollte. Seinen Rückweg ges dachte er langs des Likwa oder Waals Flusses zu nehmen; obschon diefer Weg der nächste ist, so hatte doch Mofelekatse den Euro pdern bis dahin nicht gestattet, ihn zu betreten.

Sie

Als unfere Wanderer mit Starawane und Ochsen, Hottens totten und Pferden die Gränze der Britischen Kolonie kaum überschritten hatten, bot sich ihnen das Bild der traurigsten Ver: odung dar. Kein Bogel seigte sich in der Luft; keine Spur von Grün an der Erde; fein Laut war vernehmlich nur Peitschen Inall unterbrach von Zeit zu Zeit das Todesschweigen der schwülen Atmosphäre. Erst am Drange Fluß, deffen freundliches Wasser den Reisenden so willkommen war, wie die Dafen der Wüste, erfolgte ein angenehmer Scenenwechsel. Auf dem Wege dahin begegneten fle einer alten Frau von dem Bolle der Buschmänner, jener elenden Race, die in Erdhöhlen wohnt und mir Wurzeln, Heufchrecken, Insekten und Ameisen Larven ihr Leben fristet.

*) Narrative of an Expedition etc. (Bericht über eine Ervedition nach Süd-Afrika während der Jahre 1836 und 1837, von Kay durch die Länder des Mofelekatse, bis zum Wendekreis des Steinbocks.) Gon Cavitain W3. E. Harris. London, 1839.

"

Vordringen bemerkten wir plöglich zwei sonderbare Thiergestalten unter dem Schatten eines Baumes, die wir gleich als Elenthiere erkannten. Die Wilden riefen mit großer Freude: Impufo! Impufo!" Wir Alle spornten unsere Pferde und waren bald an den Fersen der größten und schönsten Gattung des Antilopen Geschlechts. Tros ihrer gewichtigen Körperfülle fonnten wir die beiden Elenthiere mit unseren abgemagerten Kleppern nicht so schnell ereilen; ihr Maut und ihre Nüstern schäumten, und der Schweiß troff ihnen von dem glatten Fell herab. Endlich blieben sie ermattet stehen und blickten uns mit ihren großen gldnzenden Augen an, als Alehten fle um Schonung. Eine einzige Kugel streckte jedes der beiden Elenthiere nieder. Sie waren Männchen, und ihre Höhe betrug an den Schultern über 17 Hände.“

Endlich gelangten die Reisenden nach Mosega, der Residens des Moseletatie. Einer von ihren Bedienten, Ramens Andries, ein verschmißter und rankevoller Bursche, ritt voran, um den König auf ihre Ankunft vorzubereiten. Moselekatse und sein erfter Minister waren Beide abwesend; allein der Reichs, Vers walter schichte einige Krieger mit einer höflichen Botschaft an die fremben Gäste, die bis dahin leine Gewißheit darüber hatten, ob man fie freundlich aufnehmen oder zum Tode führen würde. Die Beschreibung, welche Capitain Harris von diesen Gesandten giebt, ist malerisch:

Die Abgeordneten des Reichs Verwalters sahen, trog ihrer dunkelen Farbe, weit stattlicher aus, als irgend ein anderer Afrikas nischer Stamm, der uns bis dahin zu Gesicht gekommen. Sie waren groß, wohlgewachsen und von regelmäßiger Gesichtsbils dung. An dem Scheitel des geschorenen Kopfes waren ovale Ringe befestigt, und ein großes Loch in dem Läppchen des einen Obres barg eine kleine Schnupf Dose aus Kürbis Schale. Ihre Kleidung bestand aus einem ledernen Gürtel, mit ein paar Streifen von Kagenfell verbrámt, und Jeder von ihnen trug als Bewaffnung zwei furze Wurfspieße und einen notigen Stod. Wir hießen sie herzlich willkommen, füllten ihre Wagen mit Rindfleisch, ihre Dosen mit Schnupftaback und ließen sie dann unter den Büschen am Ufer sich ein Lager bereiten."

Am nächsten Morgen seßten die Reisenden über einen schilf bewachsenen Strom und begrüßten sich mit dem Reichsverweser des Mofeleratse, einem großen, athletischen Wilden, der seine Gaste sehr freundlich willkommen bieß. Die Schnupftabaksdofe wanderte gemuthlich im Kreise herum, und Alle wurden,,lapis tale Freunde". Troß dieses günstigen Empfangs hatten sie nur schwache Hoffnung, langs des Fluffes Waal zurückreisen zu dür

fen. Sie hörten so viel Entfeßliches von den Grduelthaten des schwarzen Despoten, in deffen Reiche sie jeßt sich befanden, daß fie feine viel beffere Behandlung erwarteten, als die, welche den Missionairen zu Theil ward, die sich innerhalb seiner Gränzen gewagt hatten. Nach einer langen und beschwerlichen Lagereise famen fie nach dem Orte Kahain, wo dieser Blaubart von Afrika damals verweilte. Der erste Anblick des Ortes, das Ers fcheinen der schwarzen Noblesse und das Gedränge der Einges bornen bildeten eine in ihrer Art unvergleichliche Scene.

,,Wir wanderten über eine fruchtbare, hin und wieder von isos lirten Hügeln unterbrochene und von ansehnlichen Ochsenheerden bes lebte Ebene, bis wir drei kegelförmige, in Form eines Dreiecks aufs gestellte (künstliche?) Berge gewahrten, die innerhalb des einges friedigten Raumes standen, in welchem der Königliche Kraal sich befinden sollte. Als man unsere Anndherung bemerkte, bedeckten sich die Spigen der Hügel mit Eingebornen, von denen Einige dann und wann hinabeilten, um Rapport zu bringen. Erst als wir in das enge Thal eintraten, fiel uns ein elendes Barrackens Dorf in die Augen; und dieses Dorf war nichts Geringeres, als die Königliche Residenz."

,,Piet und der Parse lenkten unsere Wagen; Löwenhers, der nicht gern im Vordertreffen seyn wollte, trieb als Freiwilliger das Bieh hinter uns her, und die übrigen sechs Hottentotten jogen feierlich voran und begrüßten Seine Majestät mit sechs Flintenschüssen in die Luft. Mehrere der untergeordneten Haupts linge, die am Eingang des Kraal standen, traten jest hervor, schüttelten uns der Reihe nach die Hand und riefen zu wieders holten Malen,,guter Kamerad (good fellow)!" Der Vornehmste unter ihnen hieß Um'Nombate. Er war ein dltlicher Mann von hagerer Gestalt, und feine Züge hatten einen milden, aber würdis gen Ausdruck. Einige Riemen aus Wildekagens und Affen: Fell hingen ihm von der Stirn herab, und andere desgleichen, die aber breiter waren, fielen als Zöpfe auf seinen Rücken. Ueber dem elliptischen Scheitelring, der Iffigolo heißt, war die Gals lenblase eines Schafes angebracht. Als wir uns nach dem Wohls befinden des Königs erfundigten und ihn fragten, ob es Seiner Majeftdt genehm sen, uns Audiens zu bewilligen, erwiederte er, Seine Maieftat freuten fich sehr über unsere Ankunft und würs den alsbald persönlich erscheinen. Der nächste im Range war ein Hauptling von sehr unahnsehnlicher Figur, dessen abstoßendes Wesen sein mürrisches Gesicht schon verkündete. Dieser zweite Pair des Reiches hatte zahllose Pockennarben und war, mit Ausnahme eines Halsbandes aus Löwenklauen, dreier Gallens blasen auf dem Scheitel und einer tüchtigen Fettfalbe auf der Haut, vollkommen unbekleidet. Alle Häuptlinge hatten Schnupfs tabaksdöschen in den Ohrlappen stecken, und von ihren dünnen Gürteln fielen schwansartige Riemen herab. Auf ihren geschore nen Köpfen war nur so viel haar übrig, als zur Befestigung des Iffigoko hinreichte, der aus Sehnen, die mit schwarzem Fette bes schmiert sind, gedreht ist."

,,Bald nachdem wir unsere Ochsen ausgespannt und das Zelt aufgeschlagen hatten, kam der Page des Königs aus dem Kraal und brachte die Glückwünsche Seiner Majestát. Auch dieser ging fplitternackt; aber sein Haupt, das nicht, wie bei den Uebrigen, geschoren war, schmückte eine rothe Feder von dem langges schwansten Finken. Der Mund dieses liebenswürdigen Jung, lings war ganz dazu gemacht, Jeden, der seiner ansichtig wurde, in Staunen zu seßen; denn er reichte buchstäblich von Ohr zu Ohr. Jest untersuchte man unsere Bagage. Bei diesem Ges schaft wurde feine Silbe gesprochen, und an Keinem von der Besellschaft bemerkten wir Zeichen von Ueberraschung oder Bes friedigung. Der ruhigste Ernst lag auf allen Gesichtern, und so bald die Untersuchung vorüber war, entfernten sich Alle, um ihrem Könige genauen Rapport zu bringen."

Mehrere Stunden vergingen, ehe wir frühstücken konnten; denn das nächste Quellwasser war drei Engl. Meilen von dem Kraal entfernt. Wir hatten mit Zuversicht geglaubt, der König würde vor Ungeduld vergehen, bevor er sich im Befiß unserer Geschenke wüßte; allein er hielt es für schicklich, den Schein der Gleichgültigkeit anzunehmen und fein langes Zögern wurde uns am Ende bedenklich. Wir schickten Baba in den Kraal und ließen Seiner Majestat sagen, daß jede Zurüstung zu Ihrem Empfange getroffen sey, und daß wir kaum die Zeit erwarten fónnten, wann er sich unsere persönliche Huldigung gefallen ließe. Ein paar Minuten darauf verkündete gellendes Jubelges schrei seine Annäherung. Das Gefolge des Königs bildeten Kundschafter, die uns von Mofega aus begleitet hatten, mehrere duptlinge und ein Detaschement Strieger, mit Schilden und Affagai's bewaffnet. Eine Anzahl Frauen, mit Kalabaffen voll Bier auf ihren Häuptern, folgten dem Zuge, und zwei Vors läufer, die sich wie Beseffene geberdeten, riefen unter gewaltigen Affensprüngen, wüthendem Schwingen ihrer kurzen Stöcke und höllischem Gebrüll alle dem Monarchen zukommende Titel aus. Als wir dem Zuge entgegen rückten, schrie man:,,Haijah, Haijah!" ein Zeichen froher Bewillkommnung. Der König gab Jedem von uns einen biederen Handschlag, worauf wir ihn nach dem Zelte geleiteten und Play nehmen hießen. Die Magna ten lauerten im Halbkreise am Boden nieder."

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Das Gesicht des Moselekatse verkünder Schlauheit, Arg wohn und tyrannische Gesinnung, ist aber sonst nicht eben häßlich zu nennen; sein ziemlich großer und wohlgebildeter Körper hat etwas Anlage zum Starkwerden. Seine vornehme Zurückhaltung, die forschende Lebendigkeit feines Blickes, die Scharfe seiner Fra

fünden alsbald den Mann, der ein wildes und blutdürftiges Volk zu beherrschen versteht. Moselekatse mag etwa 40 Jahre schlen; da er aber ganz ohne Bart ist, so hat die Schäßung seines Alters ihre großen Schwierigkeiten. Den elliptischen Ring auf seinem lurz geschorenen Scheitel schmückten drei horizontal stehende grüne Papagei Federn, zwei von hinten und eine von vorn. Eine Schnur aus kleinen blauen Kügelchen umzog seinen Nacken, ein Büschel verschlungener Sehnen seinen linken Kndchel; und der gewöhnliche Gürtel, von welchem vorn und hinten Leopardens Schwänze herabbingen, vollendete seinen Anzug."

,,Die Dolmetscher, drei an der Zahl, standen vor dem Kös nige aufgepflanzt. Nach langem Schweigen eröffnete Moselekatse die Unterhaltung mit dem Bemerken, daß er sich freue, von seinen Freunden, dem weißen Volle, gute Nachrichten zu erhalten. Die Reisenden dankten sehr verbindlich und legten ihre Geschenke, die außer dem schon erwähnten großen Rock in einem Tau von Kupferdraht, einem Spiegel, zwei Pfund Irischen Blackguard's und 50 Pfund rother Kügelchen bestanden, zu seinen Füßen nieder. Der Anblick dieser Gegenstände machte den König ein paar Mis nuten lang seine Würde vergessen; er steckte den Daumen zwischen die Zähne, riß seine Augen weit auf, jauchzte wie ein Schuls fnabe und ergoß sich in eine Reihe Ausrufungen, die unserem ,,Bravo" ,,Allerliebst“ ,,Scharmant" u. dgl. entsprachen." ,,Der Reichthum dieses barbarischen Monarchen besteht fast lediglich in seinen zahllosen Hornvieh Heerden. Diese Heerden find über das ganze Land vertheilt und stehen unter der Obhut vieler Magnaten, die übrigens nur geringe Emolumente haben. und zumeist von dem Ertrage ihrer Jagden leben. Viehsterben und andere erhebliche Zufälle werden regelmäßig an den Hof bes richtet, und wir selbst hatten während unseres Besuches öfter Gelegenheit, solche Rapporte anzuhören. Ein Krieger fommt eilig berbei, bleibt ungefähr funfzig Schritte von der Person des Königs entfernt stehen, legt seine Waffen nieder, bückt sein Haupt bis an die Erde und friecht dann auf allen Bieren so nahe heran, daß der König seinen Rapport zu vernehmen im Stande ift. Hat er sich seines Auftrags entledigt, so bleibt er eine Weile auf allen Vieren liegen und wartet, ob Seine Majestet ihm eine Frage zu stellen geruht. Entläßt ihn der König ungefragt, fo springt er auf, schreit Haijah! und rennt wieder zu seinen Waffen."

Moselekatse erkundigte sich bei uns öfter nach den Heerden des Königs von England und wollte besonders wissen, ob sie recht zahlreich seyen, ein Umstand, worüber wir ihn nicht belehren fonnten. Auch sprach er von der Armee des Königs Wilhelm IV. Seine eigenen Krieger, die gerade gegenwärtig waren, flößten uns Bewunderung ein, obschon Moselekatse versicherte, diese senen bloß junge Relruten, die noch keinen kriegerischen Ruhm erlangt hatten. Sie waren im Allgemeinen große und schöne Leute, deren Bewaffnung aus einer kurzen Lanze zum Stoßen, einer Wurfteule vom Horn des Rhinoseros und einem langen, ovalen Schilde aus Ochsenhaut bestand. Die Wurfteule schleudern fie so geschickt, daß sie niemals ihr Ziel verfehlen."

Der Rückweg unserer Reisenden war sehr malerisch, und fie erlebten auf demselben noch viele Abenteuer. Bald drohte ihnen Gefahr von Seiten der wilden Matabili; bald mußten fie fic der Raubthiere erwehren, die in jenen Wildnissen haufen. Die ganze Expedition war mit großen Beschwerden und Drangsalen verknüpft, aber die Wanderer verloren keinen Augenblick_ihren Muth und ihre Geistesgegenwart.

Die Ersdblung von der Auswanderung der Granz Kolonisten gewährt ein großes Interesse. Der unsichere Zustand der östlichen Grange, der ungleiche Schuß des Britischen Gouvernement's und der Schaden, den sie durch die Freilassung der Sllaven erlitten, hatte die erwähnten Pflanzer zu dieser Maßregel gezwungen. Die tragischen Folgen derselben sind im Allgemeinen schon aus den Beitungen befannt; aber die Details, welche Herr Harris giebt, haben mehr Ausführlichkeit, als Alles, was bisher auf anderem Wege zu unserer Kenntniß gelangt ist. Dieser Abschnitt des Bus ches, der leider teine Auszüge zuläßt, verdient allgemeine Beachs tung. Das Werk liefert einen neuen Beweis von der geistigen Frische und dem energischen Sinne der in der Indischen Armee dienenden Britischen Offiziere. Die Entwickelung und Ausbils dung folcher Eigenschaften verbürgt den Engländern den dauerns den Besiß ihrer Kolonieen mehr, als die bloße physische Gewalt.

England.

Die Englische Literatur der Gegenwart.
(Fortseßung.)

Diese schöne und kraftige Generation ist indeß nicht auf eine mal verschwunden; nach und nach erlosch sie, Mann nach Mann, Stern nach Stern: Walter Scott nach Byron; dann Mackintosh, Coleridge, Lamb, Crabbe. Es blieb noch der poetische Geschichts, schreiber Southen, Moore, der Sänger Irlands und des Orients, Campbell, der Verfaffer von Gertrude von Wyoming. Während diese Sterne am literarischen Himmel erbleichten, wurde auch der Kampf zwischen England und Napoleon ausgekämpft. Europa öffnete fich für Großbritanien und Großbritanien für Europa. Das Band, welches die Demokratie und Aristokratie verbunden hatte, löste sich nach dem Frieden. Die alte Aristokratie glaubte im Jahre 1813 über Napoleon, die Demokratie und Europa zu

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Streben nach Reformen war nicht erstickt, und es brach im fiegs reichen und friedlichen Großbritanien wieder hervor. Man ers innerte sich, daß Burke die Emancipation der Katholiken, Chatham die Parlaments Reform gefordert hatte; die Reihe der in dem Englischen Bildungszustande allmålig eingeführten Verbefferungen follte nicht abgeschlossen, sondern fortgefeßt werden. Neben den Machten, welche die frühere Gesellschaft beherrscht hatten, tauchte eine neue auf, welche die Verbreitung der Naturwissenschaften, die Erfahrung und den öffentlichen Reichthum zur Grundlage hatte. In Ermangelung eines anderen Namens hieß sie die Ins dustrie; es war die wissenschaftliche Anwendung der Naturkräfte. Im Bunde mit dem Fortschritt der Zeit, der Geduld und der Erwerbsluft wirkte sie Wunder. Die Entdeckungen der Vorfah ren wurden auf die Bedürfnisse der Nachkommen übertragen, und das neue Jahrhundert beutete den Erfindungsgeist der voranges gangenen aus der Dampf wurde die bewegende Kraft, die Mes thoden vereinfachten sich, und der eiserne Arm der Maschinen erfeßte die kostbare hand des Menschen. Die Lokomotiven vers drängten die epischen Gedichte, und alle Gedanken wurden auf diese Wunder der rohen Kraft hingelenkt, welche die Vernunft bändigte und zähmte. Währenddeß hatte auch die politische Bes wegung ihren Fortgang; die Brustwehren und Walle des Eng lischen Protestantismus wurden niedergestürzt, und der Katholis aismus erhielt seine Freiheit; Bentham's Philosophie traf die Feudals Gefeße an ihrer verwundbarsten Stelle. Im Parlament anderten die Tories und Whigs ihre Plage; die Stüßen der abs soluten Prerogative traten ab, und unter den tornistischen Ansich ten verstand man die konservativen Theorieen, welche furz vors her die Whigs verfochten hatten, unter whigistischen Ansichten die Grundsäge einer gemäßigten Reform, unter Radikalen die Anhänger einer vollständigen und gewaltsamen Reform. Der Wahls Modus wurde geändert, und in den Gemeinden erhielt die Volksgewalt einen größeren Spielraum. Die Geister, welche so in Anspruch genommen wurden, für solche Interessen lampfs ten und übrigens auch von Bewunderung für die Meisterwerke der legten Zeit übersättigt waren, fonnten nicht füglich in die Bahnen der früheren literarischen Generation treten. An Poeten, welche in die Weise der Meister einstimmten, war Ueberfluß vor handen; die Geschichtsschreiber wurden vielmehr Sammler, als Deuter der Vergangenheit, und die begabten Menschen benußten ihr Talent, anstatt sich ihm hinzugeben. Es trat eine neue Ges neration auf, eine zahlreiche Heerschaar, die aber einen weniger scharf ausgeprägten Charakter hatte; fie nährte keinen so glühens den Haß und verfocht ihre Streitigkeiten nicht mit solcher Ers bitterung wie ihre Vorgänger. Neben ihr oder über ihr stehen dann die Ueberreste der alten Schule.

Sehen wir zuerst die noch lebenden Meister aus der frühes ren Periode. Einige stammen aus einer sehr frühen Zeit. So Southen, der Patriarch der fonservativen Theorieen und der Lobredner der Anglikanischen Kirche, ein tieffinniger und lebens diger Geist, welcher in seinem hohen Alter nicht die Begeisterung seiner Jugend verloren hat. Er war für das Epos geboren. Die erste Französische Revolution gab ihm den ersten Impuls. Man wird sich wohl noch des Plans der Pantifokratie erinnern, den er mit seinem Freunde Coleridge ausgesonnen hatte; eine herrliche Ode! Später schrieb er in Dithyrambenform lang auss gesponnene Eradhlungen, in welchen sich der Glanz des Orients piegelte. Dann wurde er gänzlich von feinen luftigen Traumes reien enttäuscht, und, wie es häufig geht, er widmete den zweiten Theil feines Lebens der 3 rstörung deffen, was er in der Jugend vertheidigt hatte. Aufrichtig war er immer, in seiner Begeistes rung wie in seiner Palinodie. Später zeigte er in seiner Ges schichte der Englischen Marine und in seinem Buch der Kirche, daß die Geduld des Forschens sich mit der Anmuth und Einheit der Darstellung verbinden läßt. In seinem legten Werke, den Unterhaltungen über die Zukunft, wird seine Enttduschung zur Beredsamkeit; er zweifelt an der Erneuerungsfähigkeit des Mens schengeschlechts und fragt, ob aus so gewaltigen Umwälzungen. neues Leben hervorgehen werde?

Diesem Philosophen gegenüber, der dem Volke durch seine Herkunft, der Aristokratie durch seine Gesinnung angehört, steht Moore, der Sänger der Liebe und der Feen, der fronische, der fich feit seiner Entzweiung mit dem Prinzen Regenten nie wieder mit der Macht ausgeföhnt hat. Vielleicht haben Moore und Southen in ihrer poetischen Erbitterung das Unrecht ihrer alten Freunde übertrieben, weil sie nicht wußten, daß die Freundschaft taufend Krankungen verzeiht. Die Poesie Moore's ist bekannt, diese Kolibri Poesie mit schimmernden Flügeldecken, diese launische Poesie, welche so verschwenderisch mit Saphiren und Smaragden umgeht und zu diesem bunten Reichthum noch das Ansehen ents lehnter Gelehrsamkeit fügen wollte. Lyrischen Schwung hat er, aber seine Profa ist manierirt und hascht nach Effekt. Wie Southen, hat er ein angeborenes Gefühl des Rhythmus, den Glanz der Bilder, das Geheimniß des Wohllauts; er ist Dichter mit einem Worte.

Thomas Campbell hat schon lange der Poesie entfagt. Seine reine, durchsichtige, gewählte Strophe, in welcher sich oft ein tiefer Sinn ausspricht, glänzt wie ein forgfältig geschnittener Krystall. Er hat herrliche Verse gemacht, und man sieht, daß er fie gemacht hat. Die Strenge feines Geschmacks isolirt ihn.

Wordsworth, dieser poetische Einsiedler, zeichnet sich durch feine Subtilitat aus. Er ist bekannter durch seinen Einfluß als durch die fremden Nachahmungen; er ist unüberseßbar. Die Anmuth seines Rhythmus, seiner Sprache und feiner Gedanken

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