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aufwendet, um sich ein ungeheures und mühsames Denkmal auf zurichten, von welchem die Nachwelt nur ein kleines Steinchen zu seinem Ruhme und seiner Unsterblichkeit bewahrt? Dann ein Homer, ein Virgil, ein Band der Briefe Cicero's, ein Band von Chateaubriand, Göthe, Byron und eine kleine Nachfolge Christi, ein Andenken meiner frommen Mutter, in welchem Spuren ihrer Finger, ihrer Thränen zu sehen sind; auch rühren einige Anmerkungen von ihrer Hand her in diesem Buche, wels ches einen größeren Schaz von Poesie und Philosophie enthält, als alle dieje Philosophen und Dichter zusammengenommen (!). Unter diesen bestaubten und zerstreut umberliegenden Büchern gucken einige Bogen weißen Papiers hervor, Blei und Federn, welche zum Schreiben einladen. Den Ellbogen auf den Tisch gestüßt, durchwogt von Empfindungen und Erinnerungen, die in meinem Herzen aufwachen, während sich in meinem Kopfe uns bestimmte Bilder durch einander drängen und das Rauschen der Wälder meine Sinne ruhig oder traurig stimmt, überlasse ich mich meinen Erdumen, empfinde ich, denke ich, wende ich den Bleistift lässig hin und her und zeichne fremdartige Baumgrup: pen oder Schiffe. Die Bewegung meiner Gedanken kömmt dann zur Ruhe, wie die Gewässer, die sich in dem Flußbette anges sammelt haben, die Bilder, die Empfindungen hdufen sich, fie fordern irgend einen Abfluß, und ich sage zu mir: jest geschries ben! Da ich aus Mangel an Uebung und Geschicklichkeit nicht in Prosa schreiben kann, so wähle ich Verse. So bringe ich einige angenehme Stunden zu, indem ich die Empfindungen, die Ideen, die Erinnerungen, die Eindrücke, die mich bewegen, dem Papiere anvertraue. Ich überlese mehrmals die harmo nischen Ergüsse meiner eigenen Traumereien; meistens aber lasse ich sie unvollendet und zerreiße sie. Sie beziehen sich ja nur auf mich und könnten von keinem Anderen gelesen werden; vielleicht sind gerade diese Ergüsse nicht die schlechtesten, aber was thur's? Ift nicht das Schönste und Beste, was der Mensch geben kann, das, was er der Liebe anvertraut, oder das Gebet, welches er leise an Gott richtet? Und dennoch schreibt er es nicht auf, denn das Auge des Menschen würde es entweihen. Der reichste Gehalt unseres Herzens bleibt in demselben verschlossen.

Einige meiner Gedichte bringe ich dennoch zu Ende; Sie kennen fle; es sind die Meditationen, die Harmonieen, Jocelyn und die namenlofen Lieder, welche ich Ihnen zusende. Sie wissen, wie ich fie schreibe, wissen, wie niedrig ich sie anschlage, und wie unmöglich es mir ist, die Feile und die Kritik anzuwens den. Tadeln Sie mich, aber klagen Sie mich nicht an, und für meine Hingebung und meine Schwäche schenker. Sie mir Mit leid und Nachsicht. Naturam sequere!

Die Stunden, die ich der Poesie widmen kann, find mir karg zugemessen. Wenn es dammert, erschallt vom Kirchthurme das Angelus; dann ertönt auf dem steinigen Pfade, welcher zur Kirche und zum Schlosse aufsteigt, das Klappern der Holzschuhe, das Blöken der Heerden, das Bellen der Schäferhunde und das Knarren der Räder; das Leben des Tages rings um mich her erfaßt mich und läßt mich bis zum Abend nicht wieder los. Die Tagelöhner steigen meine hölzerne Treppe herauf und fordern von mir ihr Tagewerk; der Pfarrer bittet mich um Unterstüßung für seine Kranken oder seine Schulen; der Maire will von mir eine Erklärung des Gefeßes über die Vicinal Wege haben, das ich, obgleich ich es gemacht habe, eben so wenig wie er vers stehe; dann kommen die Nachbarn zu mir, und ich soll ihnen beim Anlegen eines Weges oder bei der Regulirung einer Erbs schaft behülflich seyn; meine Winzer melden mir, daß Mikwachs eingetreten fen, und daß sie nur einen oder zwei Säcke Roggen zum Unterhalte für ihre Frau und ihre Kinder während des lans gen Winters haben; der Bote kömmt beladen mit Zeitungen und Briefen, die wie ein Plaßregen auf meinen Schreibtisch regnen, bald süße, bald bittere Worte, meistens gleichgültige, die aber beantwortet werden müssen. Meine Gdste, wenn ich welche habe, wachen auf und tummeln sich, andere kommen und binden ihre Pferde an die Eisengitter der niedrigen Fenster. Es sind Päch: ter aus unseren Bergen mit schwarzen Westen und Lederhosen, die Maires der benachbarten Berge, treuherzige alte Pfarrer mit weißen Haaren, arme Witwen aus den benachbarten Städten, welche gern ein Posts oder Stempel › Büreau haben möchten, welche an die Allmacht eines Mannes glauben, von dem die Zeitungen sprechen, und welche bescheiden unter den großen Lins Den des Baumganges mit ein oder zwei Kindern stehen bleiben. Jeder hat seine Sorge, feinen Traum, sein Geschäft; man muß fie hören, dem Einen ein Billet schreiben, dem Anderen die Hand drücken, dem Dritten Hoffnung machen. Während dessen breche ich ein Stück Roggenbrod auf einer Ecke des mit Versen, Profa und Briefen belasteten Tisches. Zur Würze des Brodtes dient frische Butter, eine Gartenfrucht oder eine Weintraube. Gewiß ein bescheidenes Frühstück für einen Dichter und Landmann! Die Brosamen kommen den Vögeln zu Gute. Nun schlägt es zwölf Uhr; ich höre meine Pferde wiehern und stampfen. Den Gasten des Hauses, welche bis zum Abend bleiben, sage ich jest guten Morgen und Lebewohl; dann steige ich zu Pferde und gas Toppire davon, alle Gedanken des Worgens hinter mir laffend, um den Sorgen des Tages entgegenzugehen. Ich schlage einen der steilen und gewundenen Fußpfade unserer Thaler ein; ich klimme auf und steige nieder, ich binde mein Pferd bald an dies sen, bald an jenen Baum und klopfe hier und da an eine Thür. An Geschäften für mich und Andere fehlt es nicht, und ich kehre erst Abends wieder heim, nachdem ich sechs oder sieben Stunden

gen Lärm unserer Herbstlandschaften genossen und die Farbens abstufungen der gelben Blätter betrachtet habe. Glücklich bin ich, wenn ich, ermüdet und erschöpft heimkehrend, einen während meiner Abwesenheit angekommenen Freund finde, welcher sich auf seinem Zuge nach Italien oder der Schweiz erinnert, daß mein Dach nicht allzu weit von seinem Wege abliegt, und wels cher, wie Hugo, Nodier, Quinet oder Manzoni, mir Nachrichten aus der Welt bringt und sich an meinem Frieden und meiner Ruhe erquickt.

Dies, mein Freund, ist der beste Theil des Jahres für mich. Möge Gott ihn mir lange zu Theil werden lassen; ich segne ihn für das wenige Salz, womit er ihn würzt; aber diese Tage entschwinden mit der Schnelligkeit der lesten Sonnenstrahlen, welche durch zwei Nebelwolken hindurchdringen und die purpurs nen Wipfel unserer jungen Wiesenpappeln golden_sdumen.

Plöglich aber verkünden die Zeitungen, die Kammern seyen gegen die Mitte oder das Ende des Dezember zusammenberufen. Nun hören alle häusliche Freuden und der Friede auf. Ich muß jeßt das lange häusliche Interregnum, welches die Abwesenheit aus einem ländlichen Haushalt verursacht, vorbereiten, ich muß für die Bedürfnisse von Saint Point und die eines lästigen sechs. monatlichen Aufenthalts in Paris forgen. Res angusta domi! Ich muß abreisen.

Man kann mir freilich einwenden: warum reisest Du? hängt es nicht von Dir ab, in Deiner dichterischen Einsamleit zu bleiben und die Politiker für Dich arbeiten zu lassen? Ich weiß wohl, daß man mir dies einwender, aber ich antworte nichts darauf, und diejenigen, die so reden, dauern mich. Wenn ich mich mit der Politik zum Vergnügen oder aus Eitelkeit bes schäftigte, würde man Recht haben; aber nur die Pflicht führt mich zu derselben, denn bei stürmischem Wetter muß jeder Schiffes reisende die Hand ans Werk legen. Ich würde lieber auf dem Verdecke mich sonnen und fingen, aber ich muß die Leiter hins aufklimmen und die Segel ausspannen. Jeder Mensch, welcher an den Gefahren und Wohlthaten der Gesellschaft Theil hat, ist auch verpflichtet, für sie zu sorgen. In unserem Lande und in unserer Zeit macht man sich eine sonderbare Vorstellung von der Politik. Gewiß! es kann Dir und mir ganz gleichgültig senn, welche armselige Persönlichkeiten einige Jahre im Besige der Macht sind. Gewiß, es liegt der Zukunft wenig daran, ob dieses oder jenes Regierungsjahr des fleinen Landes, welches Frankreich heißt, durch das Konsulat dieses oder jenes Mannes bezeichnet wird. Aber es kommt darauf an, zu wiffen, ob die Welt auf ihrer endlosen Bahn vorwärts schreiten oder rückwärts gehen foll; ob die Erziehung des Menschengeschlechts durch die Freiheit oder durch den Despotismus geleitet werden foll; ob die Gefeße der Ausdruck des Rechts und der Verpflichtung Aller oder der Tyrannei weniger Menschen seyn werden; ob man die Menschheit wird dahin bringen können, sich vielmehr durch die Tugend als durch die Gewalt zu regieren; ob das göttliche Prinzip der Brüderschaft, welches vom Himmel gefallen ist, um die Sllaves rei zu zerstören, die Grundlage der politischen Beziehungen, for wohl der Menschen als der Völker, wird bilden können; ob der gefeßliche Todschlag abgeschafft werden wird; ob aus den Gefeßs büchern der Nationen der Mord in Maffe, welchen man Krieg nennt, wird gestrichen werden; ob die Menschen sich wie Famis lien regieren werden, anstatt sich wie Heerden zu schaaren; ob die heilige Freiheit des Gewissens zunehmen wird, und ob Gott, indem er sich von Jahrhundert zu Jahrhundert deutlicher offens bart, auch von Jahrhundert zu Jahrhundert mehr in Worten und Thaten, im Geiste und in der Wahrheit angebetet werden wird.

So verstehen wir die Politik, Sie, ich, viele Andere und fast die ganze Jugend, welche in stürmischen Zeiten geboren, in Kampfen aufgewachsen, eine Ahnung der großen Dinge zu haben scheint, die sich allmålig erfüllen werden. Glauben Sie, daß es in folchen Zeiten ehrenvoll und tugendhaft fen, zurückzutreten, um fich dem kleinen Hauflein der Skeptiker zuzugefellen und wie Montaigne zu sagen: Was weiß ich? oder wie der Egoist: Was fümmert's mich?

Nein! Wenn der göttliche Richter am Ende aller Tage Rechenschaft von uns fordert, so werden unsere Bescheidenheit, unsere Schwache keine Entschuldigungsgründe für unsere Unthas tigkeit abgeben können. Wir dürfen dann nicht sagen: Ich war nichts, ich konnte nichts, ich war nur ein Sandkorn. Er wird zu uns fagen: Ich hatte zu Deiner Zeit die beiden Schalen der Waage vor Dich hingestellt, in denen das Gute und Böse abges wogen wird. Du warst nur ein Sandkorn, aber vielleicht hätte das Sandkorn den Ausschlag gegeben. Du hast Verstand, zu sehen, ein Gewissen, zu wählen, erhalten, und Du hättest das Sandkorn in eine Schale legen follen; Du hast es nirgend hin gelegt; möge es der Wind jeßt mit sich fortnehmen, denn es hat weder Dir noch Deinen Brüdern genußt.

Ich, mein theurer Freund, will mir nicht in meiner Sterbes stunde diese Antwort des Egoismus geben; deshalb beende ich mein Gekrigel und fage Ihnen Lebewohl. A. v. Lamartine.

Der letzte Ministerwechsel unter Karl X.
(Fortseßung.)

Die Ungewißheiten und Widersprüche löften sich mit dem Erscheinen der Ordonnanz vom 8. August, welche dem Fürften

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das des Inneren dem Grafen v. La Bourdonnaye, das des Kries ges dem Grafen v. Bourmont übergab. Herr Courvoisier, Ges nerals Prokurator zu Lyon, ward Großsiegelbewahrer, der Graf von Rigny, Vice Admiral, bekam das Portefeuille der Marine, und Herr v. Montbel das der geistlichen Angelegenheiten und des öffentlichen Unterrichts, von welchem die Beseßung der geift lichen Aemter getrennt und dem ersten Almosenier des Königs, Herrn Franssinous, anvertraut wurde. Die Finanzen endlich wurden durch eine besondere Ordonnans dem Grafen von Chas brol, der im Jahre 1827 Marines Minister gewesen, übergeben. Die Herren Portalis, Decaux und Hyde de Neuville bekamen den Titel: Staats, Minister. Herr v. Portalis wurde zugleich erster Präsident des Caffationshofes und Herr Bourdeau Prafis dent des Gerichtshofes von Limoges, Decaur, Martignac, Roy, Hyde de Neuville, St. Cricq, Batimesnil bekamen verschiedene Ehren oder Geldbelohnungen. Raves, welcher sich geweigert hatte, in das neue Kabinet einzutreten, ward zur Pairie erhoben. Unterzeichnet war die Ordonnans, die den Fürsten von Polignac zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannte, von Herrn Bourdeau. *)

Dieses Kabinet, dessen Bildung das Resultat mehrerer Kons ferenzen war, an welchen verschiedene Mitglieder der rechten Seite, namentlich die Herren von La Bourdonnaye, Montbel und Chantelauze Theil genommen, bestand keinesweges aus homoges nen Elementen. Man merkte seiner Zusammenseßung die Hinders nisse und Verlegenheiten an, unter deren ungünstigem Einfluß dieselbe vorgenommen worden. Herr von La Bourdonnaye war der Repräsentant des entschiedensten Ronalismus. Herr Cours voisier brachte in das Conseil einige Reminiscenzen der Doktrinen des linken Centrums von 1820, die eine allmälige Annäherung an die theokratischen Ideen von 1825 nicht ganz zerstreut hatte. Ein gerader, aber ungeordneter, launenhafter Geift, von aufrich tiger, aber veränderlicher und leidenschaftlicher Gesinnung, ents behrte er die Festigkeit und den gefunden Blick, der dem Staatss manne vor Allem nothwendig ist. Der einzige Redner des neuen Ministeriums, hatte er auf der Tribune mehr Suade als wahre Beredsamkeit. Dieses Talent ging dem Herrn von Chabrol, einem gefchickten und rechtschaffenen Verwalter, ganz ab. Herr von Montbel war nur ein schwacher Schatten des Herrn von Billèle, dem er als Landsmann und Freund zugethan blieb. Er galt für einen treuen Anhänger der kirchlichen Partei. Herr von Rigny war nur durch die Lorbeern von Navarin bekannt.

Am unpopulairsten war die Ernennung des Herrrn von Bourmont, eines talentvollen Mannes, dessen erprobte Tüchtigs feit und Bravour aber bei einem in Bezug auf militairische Ehre so gewissenhaften Volk den Flecken seines Abfalls auf dem Schlachtfelde von Waterloo nicht rein waschen konnte. Als Mits glied der Pairs Kammer spielte er keine hervorragende Rolle in Derselben; sein Name schien hier, nachdem er in dem Prozeß des Marschall Ney so oft genannt worden, einen langen und schmerss Kichen Eindrud hinterlassen zu haben.

Kaum läßt sich beschreiben, wie lebhaft die verschiedenen Gefühle waren, welche die Berufung dieses Ministeriums erregte. Die liberale Partei betrachtete es wie eine Herausforderung von Seiten der Krone und ließ gefährliche Aeußerungen hören. Die exaltirten Royalisten begrüßten in ihm den nahen Sieg des Abs folutismus und gratulirten dem König zu einem Akt der Energie, der den Verlegenheiten der Monarchie einen raschen, entscheidens den Ausgang versprach. Ein merkwürdiges Symptom, das der Regierung nicht hätte entgehen sollen, war die mehr oder minder verhehlte Freude, mit der die revolutionnairen Liberalen einen Entschluß erfuhren, der, indem er die Regierung auf gefährliche Wege fortriß, wo Gewaltmaßregeln früher oder später nothwens dig werden, ihnen selbst die erwünschte Laufbahn der Revolus tionen eröffnete. Die Freunde der constitutionnellen Monarchie dagegen, und überhaupt alle Freunde der Freiheit und Ordnung, empfingen die Nachricht mit Besorgniß. Ein Ministerium, in welchem die der Nation am meisten widerstrebenden Namen figus rirten, schien ihnen, welches auch immer seine Absichten seyn mochten, geeignet, die bedenklichsten Verwirrungen befürchten zu laffen. Auch konnte man fragen, was denn eigentlich die Krone au einem fo raschen, gewaltsamen Entschluß bewogen habe? Welche gefährliche Umstände seßten ihre Eristens aufs Spiel und awangen sie zu dieser unvorsichtigen, aber drohenden Aeußerung ihrer Macht? Der Kampf zwischen der Opposition und der Res gierung hatte bis dahin nicht die parlamentarischen Grdnzen übers chritten; noch bot er nicht jene Symptome der Empörung und Anarchie, welche zu Gewaltmaßregeln berechtigen. Zwar fonnte man flagen, daß die Regierung schwach und isolirt sey; auch batten schon einige exaltirte Organe der liberalen Meinung anges fangen, sum Widerstand zu reizen. Aber diese Aufreizungen, die fich auf die anarchische Nuance dieser Partei beschränkten, fanden fein Echo in den gefeßgebenden Kammern und machten auf die Waffe der Nation gar feinen Eindruck. Mußte man nicht fürch ten, daß die Anhdufung fo feindlicher und unpopulairer Namen bei der Bildung des neuen Kabinets dieje Gleichgültigkeit vers brangen und an ihrer Stelle eine geführliche Aufregung erzeugen Pönnie, welche den öffentlichen Frieden, den Preis so vieler Ans ftrengungen und Dpfer, aufs neue gefährdete? Wie, wenn dieses Ministerium, in feiner blinden Ergebenheit in den Königlichen Willen und von wer weiß was für Lendenzen befangen, zu deren Man verfichert, daß Herr Bourdeau bei dem Aft der Unterzeichnung su Karl . fagte, er babe biermit feine Kantung unters jeichnet"

Verwirklichung es sich von der Vorsehung für berufen hielt, das gewaltsame Mittel zur Abwehr der wirklichen oder eingebildeten Gefahren der Monarchie im Umsturs unserer Institutionen suchte? Welche Zukunft für Frankreich! ing nicht die Dauer feiner Ruhe von der gewissenhaften Beobachtung jenes Vertrages ab, den ein Bestehen von 15 Jahren und die Eide zweier Könige unverleßlich gemacht hatten? Unter dem Gesez zahlte man eine Milliarde, unter der Herrschaft der Ordonnanzen würde man nicht zwei Millionen zahlen. Die Erbittes rung und Besorgnis stieg, als man hörte, daß Karl, im Widers spruch mit dem ihm sonst eigenthümlichen Wohlwollen, die ents laffenen Minister mit Strenge behandelt und zwei von ihnen, die Herren Feutrier und Vatimesnit, sogar abstoßend. Ein so uns verholenes Benehmen von seiner Seite fonnte nur einen sehr entschiedenen Entschluß andeuten.

Ein öffentliches Blatt, welches viel zum Stura des Villèles schen Ministeriums beigetragen, das aber eigentlich eine Stüße der Monarchie war, das Journal des Débats, dußerte mit Heftigs feit diese Klagen und Besorgnisse in einem Artikel, den die Res gierung gerichtlich verfolgen zu müssen glaubte. Der verants wortliche Redacteur, Bertin der Aeltere, bekannt durch sein lans ges, ehrenvolles Wirken für die Sache der Bourbonen, appellirte von einem ersten Urtheilsspruch, der ihn zu sechs Monaten Ger fangniß und au 500 Francs Geldstrafe verurtheilte, an den Kö, niglichen Gerichtshof von Paris und sprach selbst zu seiner Vers theidigung Worte voll Mäßigung. Er zeigte, wie wenig er den Vorwurf verdiene, daß er den König, den Gegenstand seiner Verehrung und Liebe, habe beleidigen wollen. Ich weiß nicht", schloß er,,,ob diejenigen, welche dem Enkel Heinrich's IV. erges bener zu seyn glauben, als ich, der Krone einen großen Dienst leisten, indem sie ein im Dienste dieser Krone ergrautes Haupt vor Gericht ziehen; ich weiß nicht, ob es gut ist, daß Royalisten, die um des Königthums willen im Gefängniß schmachten mußten, von eben diesem Königthum wieder ins Gefängniß geschickt wers den." Dupin der Aeltere, sein Vertheidiger, bedauerte es, daß die Regierung so verblendet sen, ihre Angriffe vorzugsweise auf ein Journal zu richten, welches der Verbreitung der monarchischen Lehren gewidmet fen und immer mit Eifer dazu geholfen habe, das Bündniß zwischen den öffentlichen Freiheiten und dem Kös nigthum zu befestigen.,,Welch' schönes Schauspiel", fagte, er, ,,bietet ein gehorsames und treues Volk, welches nur den Frieden verlangt und ihn nur in der Festigkeit seiner Institutionen fucht, welches nur das will, wozu man es eidlich verpflichtet hat, aber mit unerschütterlicher Ausdauer, weil es sich seiner Redlichkeit bewußt ist. Mit diesem Wahlspruch auf der Fahne Frankreichs habt ihr weder die Usurpatoren zu fürchten, deren düsterer Schatten euch verfolgt, während ihr ihn zu verfolgen glaubt, noch die Aufrührer, denen ihr dann jeden Bormand genommen, noch die Fremden, welche sehen werden, wie einig ihr fend." (Schluß folgt.)

England.

Reise-Notizen der Gräfin von Blessington.

Die Grafin von Blessington besigt in hohem Grade das Las lent, ausgezeichnete Charaktere aufzufaffen und darzustellen. Ihre Beobachtungen liefern ihr eine Menge schdßbarer Notizen zu ihren Tagebüchern, mit deren Veröffentlichung fle jest den An fang gemacht.) Den Stoff zu vorliegendem Werte lieferte ein Tagebuch, das die eben so schöne als geistreiche Verfasserin auf ihrer Reise nach Italien und während ihres Aufenthalts in diesem Lande im Jahre 1822 geführt. Einen großen Theil des Inhalts bilden beildufige Notizen, welche Kunstwerke, Alterthümer und nationale Sitten betreffen; aber den meisten Reis haben diejenigen Stellen des Wertes, wo die Verfasserin den Geist der Gesells schaft oder ausgezeichnete Persönlichkeiten schildert. Während ihres mehr als dreijährigen Aufenthalts in Italien lernte Lady B. einen Kreis merkwürdiger Personen kennen, die sie Alle auf mehr oder weniger interesante Weise darstellt, und schon als eine Galerie von Skizzen betrachtet, ist ihr Werk unterhaltend und anregend genug. Wir theilen hier zur Probe einige solche Slizzen mit, und zwar zunächst dasjenige, was sie hier über Lord Byron sagt, zu dem sie bekanntlich in freundlichen Verhalts niffen gestanden.

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In Genua lernte die Gräfin von Blessington Lord Byron zum ersten Male fennen und fand das Ideal nicht erreicht, das fie von dem Dichter Childe Harold's und Manfred's sich ents worfen hatte. Sie war bis dahin der Meinung gewesen, die tragischen und sentimentalen Elemente fenen in Byron überwies gend, ohne zu bedenken, daß auch Beppo" und,,Don Juan" aus feiner Feder gefloffen waren. In der Unterhaltung fand fle den Dichter fo lebhaft und wißig, als ginge er mit Komödien schwanger; von Zeit zu Zeit überschautete zwar ein melancholisches Wöllchen seine schönen Züge, aber schon im nächsten Augenblick lächelte er wieder sarkastisch und machte eine Bemerkung, in der Scherz und Bosheit sich mischten. Lady B. giebt uns folgende fehr treue Schilderung seiner Persönlichkeit:

Sein Kopf ist besonders wohlgeformt; die hohe, offene, gewaltige Stirn tragt den Stempel des Genius; feine grauen Augen, von denen das eine merklich größer ist, als das andere,

The Idler in Italy. (Die Müßiggängerin in Italien.). Zwei Vände. London, 1839.

find_voll Ausdruck; die Nase ist im Profil schồn, von vorn bes trachtet aber etwas massiv; die Augenbrauen sind stark und beide Lippen so fein gebildet, wie an der vollkommensten Gries chischen Statue. Sein Mund hat einen «sarkastischen Ausdruck, der die Schönheit desselben nicht verringert, und das große, aber wohlgeftaltete und gar nicht fleischige Kinn past sehr gut zu dem ovalen Gesichte. Die weichen dunkelbraunen Locken feines Hauptes find schon mit vielen Silberfåden untermengt; Stirn und Schläfe find ganz unbedeckt; aber an den Seiten und am Hinterhaupte wächst das Haar in üppiger Fülle. Nie habe ich schönere Zähne und eine schönere Haut gesehen; denn die Blaffe des Dichters ift teine krankhafte, sie harmonirt vielmehr mit dem geistvollen Ausdruck seiner Physiognomie. Byron ist so schmächtig gebaut, daß man seinen Wuchs fast knabenartig nennen kann, und doch berfundet seine ganze äußere Erscheinung einen mehr als gewöhns lichen Menschen.

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3m Umgang verrieth Byron jenen krankhaften Egoismus, der aus allen feinen Dichtungen hervorblickt. Sein ganzes Leben war so zu sagen nur in ihm selber in feinen häuslichen Widers wärtigkeiten, feinen wilden Leidenschaften und seiner Empfindlich teit gegen alle Kritik.

Es ist merkwürdig, zu sehen, wie ungenirt Byron mit ganz neuen Bekannten von Gegenständen redet, deren Erörterung selbst das Bartgefühl eines Freundes beleidigen müßte. Eine solche Offenheit, die höchstens dann entschuldigt werden mag, wenn man in vieljährigem vertrautesten Verhältnisse zu einander steht, kann mir nimmermehr gefallen; sie verrdth einen Mangel an Bartsinn für das Schickliche, der keinem tiefer fühlenden Mens schen fehlen sollte. Auch hat dieser Fehler die nachtheilige Wir‹ tung, daß derjenige, dem er anklebt, in gewissem Betrachte jeder neuen, feine Offenherzigkeit mißbrauchenden Bekanntschaft zur Beute wird. Byron málelt außerordentlich gern an England und feinen Sitten; dennoch bin ich überzeugt, daß er es darum nicht weniger gut mit seinem Vaterlande meint: sein Tadel ist ein Schmollen mit einer Geliebten. Warum spräche er so viel und so anhaltend von England, wenn er jene Gleichgültigkeit, ja, jes nen Haß, den er zu fühlen vorgiebt, wirklich empfände? Er hat uns versprochen, fünftigen Donnerstag in unserer Gesellschaft zu Mittag zu speisen; nach seiner Versicherung ist diese Einlas dung die erste, der er seit zwei Jahren Folge leistet. Byron ist in Gesellschaft ganz ungenirt, und seine Unterhaltung hat etwas fehr Erquickliches, so lange er feine Familien Details berührt; ist aber das Lehtere der Fall, so verfeßt er jedes zart fühlende Gemüth in eine peinliche Stimmung. Er hat viel weniger Prdtension, als irgend ein Schriftsteller meiner Bekanntschaft, und nicht den leisesten Anflug von Pedanterie. Diese Eigenschaften machen Byron so populair, daß seine Zeitgenossen ihm die unbes rechenbare Ueberlegenheit feines Genie's gern zu Gute halten."

Einige kleine Charakterzüge Byron's, die uns Lady Blessings ton aufbewahrt, sind voll Interesse: Byron liebt die Blumen leidenschaftlich; er geht bei feinem Blumenverkäufer vorüber, ohne ein Straußchen mitzunehmen. Jeder Bettler, der ihn anspricht, erhält ein Almosen und ein freundliches Gesicht dazu. Jedermann scheint Byron zu kennen und Interesse an ihm zu nehmen, und Viele eradhlen ihm ihre Schicksale und Leiden, als waren fie feines Mitgefühls gewiß. Obschon Byron erst 36 Jahre zahlt, so spricht er doch von sich selbst, als wäre er mindestens ein Funfziger; ia, es behagt ihm, wenn man ihn dlter glaubt, als er wirklich ist (?). Ich staune oft über die Treue feines Geddchtnisses; er erinnert sich der geringfügigsten Umstände, die mit seinem Aufenthalt in London verknüpft waren, und Pers fonen, von denen ich nimmermehr geglaubt hätte, daß sie auch nur den geringsten Eindruck bei ihm zurücklassen würden, find ihm fo lebendig gegenwärtig, als war er ihnen erst heute bes gegnet. Kürzlich bemerkte er, als das Gespräch auf einen unserer gemeinsamen Bekannten fiel: N. N. war die erste Person, an deren Händen ich citronengelbe Handschuhe sah; se nahmen fich ganz verteufelt hübsch (devilish well) aus." Sonderbar, daß ein folcher Geist solche Lappalien fich merken kann!"

nicht allzus

er geschlagen hat. Wenn er feinen eigenen Zustable Anderer

große Aufmerksamkeit schenkte, so würde er die
beffer würdigen und beachten lernen; dieser Mangel an Rücksicht
ist es aber, was ein Weib am schwersten verschmerzt."

Troß dieser Schattenseite seiner Individualitdi unterliegt es teinem Zweifel, daß Byron inniger Zuneigung fähig war. Seine fortdauernde sdrtliche Anhänglichkeit an die entfernte Gattin giebt sich aus folgendem Zuge unwidersprechlich zu ers kennen. Byron hat mich ersucht, den Obersten M. zu bewegen, daß er ihm durch Vermittlung seiner Schwester, einer vertrauten Freundin der Lady Byron, eine Kopie ihres Portraits, die er schon lange zu befißen wünschte, verschaffen möchte. Bei dieser Gelegenheit sagte ich ihm, Lady Byron befürchtete, er werbe auf ihre Tochter Anspruch machen oder in anderer Art über das Kind verfügen wollen. Byron wurde sichtbar erschüttert; er schwieg einige Minuten und sagte dann mit ernster Rührung: Ich werde nie eine Maßregel ergreifen, die Lady Byron's Ges fühle verwunden kann. Sie ist schon zu lange an das Glück eines täglichen, ja stündlichen Zusammenseyns mit unserem Kinde gewöhnt, als daß fie eine langere Trennung von demselben vers schmerzen könnte. Was mich betrifft feßte er mit einem mes lancholischen Ausdruck hinzu so habe ich diesen Segen nie gekannt, habe nie Ada's Lächeln gesehen, ihre Stimme gehört, oder den Druck ihrer Lippen gefühlt hier zitterte seine Stimme darum kann ich einem Troste, den ich oft ersehnt, viel besser entsagen."

Byron leitete die Unterhaltung sehr gern auf feine Gattin. Er sprach immer mit Hochachtung und oft mit einem adrilicheren Gefühle von ihr, und die jahrelange Trennung hatte seine Liebe noch nicht abgekühlt.

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Dickens und seine Nachahmer. Der außerordents liche Beifall, den in England_die_humoristischen Darstellungen von Boz (Dickens) gefunden, hat bereits eine große Anzahl von Nachahmungen veranlaßt, die sämmtlich im Gewande der „Pickwick Papers" und des,,Nicholas Nickleby" erschienen. Aber wie alle Nachahmer, haben auch diese meistens die Schale des Originals vortrefflich wiederzugeben verstanden, statt des Kerns aber nichts weiter als eine taube Nuß geliefert. Jene geiftvollen Karrikaturen Englischer Sitten waren mit entsprechenden bilds lichen Darstellungen von Cruikshank oder Phiz ausgestattet und wurden von Monat zu Monat in einzelnen Heften ausgegeben; ganz so lommen nun freilich auch die Nachahmungen ans Licht, aber der Tert, der die Bilderchen begleitet, bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, die der Titel und die Ankündigung erregen. Auch die bekannte Mistreß Trollope hat sich dem Heere der Schriftsteller à la Boz angeschlossen.,,Das Leben und die Abenteuer Michael Armstrong's", heißt die Darstellung aus dem Volksleben, mit welcher Frau Trollope das Englische Pus blikum beschenkte und von der wir nur zu bald eine Deutsche Ueberseßung erwarten dürfen, so wenig auch das Original in seinem Vaterlande anspricht. Selbst die gelungenen Karrikaturen ihres Vorbildes Dickens sind meistens nur für ein Englisches Publikum gemacht; uns fehlt nicht bloß für die Sprache der nie deren Klaffen Großbritaniens das Verständniß, sondern auch für die Zustände, die in diesen Schriften perfifflirt werden, für die Anspielungen, die fie in so reichem Maße enthalten, der Vorbes griff, den uns die Deutschen Ueberseßer, da sie selbst nichts das von verstehen, auch weder durch Anmerkungen, noch durch die verdeutlichende Kraft der Uebertragung beizubringen pflegen. Mistres Trollope hat das Englische Frabriken Leben zum Gegens stande ihrer Schilderungen gemacht, aber wie der Kreis, in wels chem sie sich bewegt, so ist auch die Darstellung vulgar und ohne irgend eine Zuthat geistreicher Erfindung. Nicht minder bleibt eine andere Nachahmung der Pickwick Papers", die unter dem Titel Pickwick Abroad" (Pickwick in der Fremde) erscheint und Auch ist die Verfasserin der Meinung, daß fein launisches Tems von der bereits funfzehn Hefte herausgekommen, weit hinter perament ihn unter allen Umständen unglücklich gemacht haben ihrem Vorbilde zurück. Verfaffer dieses reifenden Pickwick's ift würde. Ich habe Byron's Individualität mit größter Sorgfalt ein Herr Reynolds, der auch bereits in dhnlichen Lieferungen beobachtet, und nach Allem glaube ich, behaupten zu können, daß eine andere Erzählung aus dem Volksleben unter dem Titel es einer hoher begabten Frau schwer fallen würde, glücklich mit ihm,,Grace Darling" herausgegeben hat. Als am meisten gelungen zu leben. "Byron hat einen großen Fehler, der ihn vor allen Andes unter den Kopieen der Dickens'schen Genrebilder wird eine solche ren unfähig macht, das Glück einer Frau, wie ich mir Lady Bys in Heften und mit Illuftrationen erscheinende Darstellung ges ron dente, zu begründen; er merkt nicht die Verlegbarkeit eines sarten Gemüthes und befißt eben deshalb keine Rücksicht für die Seelenstimmungen Anderer. Er fann empfindlich franken, ohne auch nur zu ahnen, was er thut; und aus gleicher Unwissenheit versäumt er es dann fogar, Balsam in die Wunde zu thun, die

Byron ift weder ein kühner, noch ein guter Reiter, obfchon er augenscheinlich dafür gelten möchte, beides zu seyn. Schon der kostbare Schmuck seines Pferdes spricht für diese Art von Chrgeiz."

Während Jedermann in dem Wahne stand, daß Byron ein epikurisches Leben führte, lebte unser Dichter von der magersten Koft und zerstörte feine Constitution durch allzu frühes Aufstehen und unzeitigen Gebrauch von Arzneimitteln. Er that dies Alles, wie Lady Blessington meint, um nur so hager als möglich zu bleiben, da ihm vor einem möglichen Starkwerden graute.

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Hoeften en Titel führt: Leben und Abenteuer von Valentin

Bor, dem Bauchredner".*

9) The life and adventures of Valentine Vox, the Ventriloquist. Lomdoa, 1839.

Nümmern. PränumerationsPreis 22 Sgr. ( Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 47.

Magazin

für die

Beiblatt der Allg. Pr. Staats. Zeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlsbl. Post - Aemtern.

Literatur des Ausiandes.

England.

Berlin, Freitag den 19. April

Die Englische Literatur der Gegenwart.
Bon Philarethe Chasles.

1. Epische und lyrische Dichter. Walter Scott und Byron sind vom Schauplah abgetreten. Andere Stimmen sprechen jeßt die Hoffnungen, Wünsche, Leidens schaften aus, welche in England an der Tagesordnung sind. Man möge ihnen ein aufmerksames Gehör schenken, wenn man weniger. die Statistik und die materielle Lage des Landes, als den geistigen Zustand desselben, die Zeitrichtungen und Bestrebungen der Ges genwart kennen lernen will.

Es ist eine ganz falsche Ansicht, das sen zum Voraus bes merkt, wenn man glaubt, das Englische Leben sey in seinen Grundfesten erschüttert; noch liebt das Volk seine Erinnerungen, noch hängt es an der Aristokratie. Den Gipfel des Gebäudes bilder noch immer die von der Feudalität aufgeführte glänzende Kuppel, und der alte historische Bau, der von schimmernden Wappen erglangt und auf dem Eigenthume, der Eitelkeit der Erinnerung an die Vorzeit, den Leidenschaften der Vergangenheit und den Interessen der Gegenwart ruht, steht unerschütterlich fest. Die Entwickelung hat aber jeßt eine andere Richtung eingeschlas gen; das Streben ist auf Lurus, Wohlstand, kosmopolitische Bil dung gerichtet; es folgt dem Zuge der Europäischen Bewegung. Schon wird die Brücke zwischen England und dem Kontinent geschlagen. Die Scheidewände sinken zusammen, die Entfrems dung der beiden großen Inseln beginnt zu schwinden, und das Volksvorurtheil nimmt immer mehr ab. England ist in die Staaten Gemeinschaft des modernen Völkerlebens aufgenommen worden. Seine Eigenthümlichkeit geht dabei verloren, und der Französische und Deutsche Einfluß gewinnen immer mehr Raum. Auch die Ecken schleifen sich ab, und in den oberen Regionen aum wenigsten findet man weder milzsüchtige Laune noch wahn sinnigen Franzosenhaß. Selbst die Zähne der Karrikatur sind abs gestumpft, und anstatt zu beißen, lächelt ste. Der Londoner Pöbel hat sich gebilder. G. Sand und V. Hugo haben sich Bahn ge brochen; die Französischen Romane finden Ueberseber, und eine Review lebt sogar nur von Auszügen aus den Französischen Revuen. Besonders in der Literatur zeigt sich die Verbindung des Britischen Genius mit fremder Kraft. Die hinschmachtende Poesie, das entnervte Drama, die entlehnte Philosophie, der Fabrik Roman erfrischen und stärken sich an den Erzeugnissen des Auslandes. Nur selten noch findet man in ihnen das Britische Wesen, den Nationals Charakter, welcher den Schöpfungen der früheren literarischen Epochen seinen Stempel aufgedrückt hat, ausgeprägt. Der Englische Stolz mag ein solches Geständniß nicht gern ablegen; er kann es aber nicht zurückhalten.

Am Ufer eines Sees in Westmoreland leben in einer ber zaubernden Einsamkeit zwei alte und berühmte Schriftsteller, die Ueberbleibsel der vorangegangenen literarischen Generation: Southen und Wordsworth. Der Profeffor Wilson, welcher in Edinburg Blackwood's Magazine herausgiebt, gehört zu derselben Altersklasse. Auch in den Londoner Salons schweifen noch einige lebende Schatten aus dieser Zeit umher: Thomas Moore, Edger, ton Brydges, Leigh Hunt, Alle Freunde oder Widersacher Byron's, Scott's, Coleridge's, Lamb's, Hazlitt's, Crabbe's, Mackintosh's und Bentham's. Aber wo sind diese hingekommen? Hat die junge Generation Jhresgleichen? Das Gegentheil ist nur zu gewiß. Innerhalb der Jahre 1790 bis 1820 entfaltete der Englische Geist, angeregt durch den Schrecken und den Sieg, durch die Schwan: fungen der Macht und die Unsicherheit eines durch übermensch liche Anstrengungen begründeten Glanzes, aufgestachelt durch die Furcht, die Leidenschaften, die Hoffnungen eines heißen Kampfes, feinen reichsten Inhalt. Er hatte große Dichter, große Geschichts schreiber, große Redner. Die Sehnsucht nach der Vergangen heit, die Unzufriedenheit mit der Gegenwart prägten sich in zwei Europdischen Typen aus. Walter Scott war der Mann der Bers gangenheit; Byron herrschte neben ihm. Alle Gattungen waren, mit Ausnahme des Drama's, reich an großen Werken.

Was für Geister traten in allen Gebieten hervor! Welche start ausgeprägte Eigenthümlichkeiten! Die markige und ums dafterte Erschlungsweise des Dichters Crabbe, die Denker Cole:

1839.

ridge und Wordsworth, die feine Beobachtungsgabe Charles Lamb's, die Arabesken Hazlitt's, die epische und historische Fruchts barkeit Southey's, die strenge und sinnreiche Kritik Gifford's und Jeffrey's, die historische Sagazität Mackintosh's, die volksthüms liche Beredsamkeit Cobbett's, die Grabesgedanken Maturin's, der schimmernde Glanz der Dichtungen Moore's. Das war eine Epoche, welche der der Elisabeth an die Seite gestellt werden fonnte.

Diese literarische Generation stellte die Englische Gesellschaft des Jahr. 1800 vollständig dar, ihre Parteien, ihre Launen, ihre Spaltungen. Die Schottische Schule, welche rein kritisch war, stellte sich als Kampfrichter hin. Die Jrische Schule war stolz auf ihren Liebling Moore und ihre Redner. Die Puritaner und Dissenters wurden durch den beredten Improvisator Irving res prájentirt. Es gab noch eine besondere Literatur, die der Lamb, Hazlitt und Leigh Hunt, welche sich in den Mauern Londons Fonzentrirte und den Vorwurf knabenhafter Schwäßerei hinneh men mußte. Wordsworth hat eine Sekte gestiftet, in welcher die psychische Analyse herrschte und welche zwischen dem Lächerlichen und Geistreichen schwankte. Die politischen Abtheilungen brachten eine noch größere Zersplitterung hervor, und die kleinen Gruppen lebten in einer interessanten Abgeschiedenheit. So regten sich viele bedeutende oder wenigstens achtungswerthe Kräfte, welche für ihre Ideen, Theorieen, Ansichten den geeignetsten und vers ftändlichsten Ausdruck suchten, während Walter Scott und Byron, ohne es zu wollen, die Führer der Schulen wurden. Der wahre Genius ruft Niemand zu Hülfe, und der Adler nistet einsam auf seinem Felsen. (Fortseßung folgt.)

Frankreich.

Der letzte Ministerwechsel unter Karl X.

(Schluß.)

Der Königliche Gerichtshof von Paris sprach Herrn Bertin frei, wozu die Unpopularität des neuen Ministeriums eben so viel beitrug, als die ehrenvolle Vergangenheit des Angeklagten und die unbestreitbare Reinheit seiner Gesinnungen.

Der Charakter und Ausgang dieses gerichtlichen_Kampfes lassen erkennen, welches damals der Zustand der Gemüther war. Liebe zu den Institutionen und Achtung für die Dynastie waren noch die vorherrschenden Gefühle bei der Majoritát der Franzosen. Doch die steigende Feindschaft der dußersten Fraction der liberas len Partei duserte sich in bedenklichen Demonstrationen, die bei der Nähe der Revolution, welche schon ein Jahr darauf den Thron umstürzte, ganz besonders merkwürdig find.

Der General Lafayette, der beim Schluß der Kammer-Sess flon nicht in Paris war, befand sich in Puy, als man daselbst von dem neuen Ministerium hörte. Die Haupter der liberalen Meinung luden ihn sogleich zu einem Bankett ein, bei welchem die energischsten Toaste ausgebracht wurden. Es war dies die erste Protestation des Landes gegen die neuen Rathgeber Karl's X. Es ist nicht uninteressant, zu bemerken, daß diese Protestation aus einer Gegend kam, wo die Ahnen der hervorragendsten Pers fon dieses Ministeriums, des Fürsten von Polignac, lange die unumschránkte Souverainetdt ausgeübt hatten.

Die Reise des Generals Lafayette nahm von da ab einen politischen Charakter an. Die Auswahl der Stadte, die er paffirte, und der Empfang, der ihm daselbst ward, enthüllten deutlich den wahren Zweck dieser Tour, die offenbar in der Ab sicht unternommen wurde, der Regierung durch eine drohende Manifestation der Volkskräfte zu imponiren. In der Nähe von Grenoble, welches er auf dem Wege nach dem Schloß Vizille passirte, kam ihm eine große Zahl von Einwohnern entgegen, und ein ehemaliger Maire, der 74jährige Roffet Bressan, übers reichte ihm am Französischen Thor eine Eichenkrone mit Silbers blättern,,,als ein Zeichen der Liebe und Dankbarkeit des Volks." Nach einem Bankett, an welchem unter zweihundert Personen auch die Deputirten Faure und Augustin Périer und die Advo karen Mérilhou und Sauzet Theil nahmen, fuhr der General unter dem Zuruf der Menge nach Bizille. Hier wurde er vom Maire dieser Stadt haranguirt, die so berühmt ist durch den Widerstand, den der Königliche Wille daselbst im Jahre 1788

fand und welcher der erste Keim der Französischen Revolution wurde. Dieser Maire, Namens Faure Finant, ward wenige Lage darauf abgefeßt.

Ausdehnung jener Associationen, die in den Departements inmer zahlreicher wurden, im Grunde aber mehr von sich reden mach ten, als sie verdienten.

Es ist Zeit, die Stellung des neuen Kabinets diesen beunrus higenden Manifestationen gegenüber zu beobachten, seine Handlungen und sein System unparteiisch zu beurtheilen, die verschies denen Modificationen zu nennen, durch welche es seine gefähr liche Mission zu erfüllen versuchte, und ihm endlich auf die pars lamentarische Tribüne zu folgen, wo über seine Eristens und die Zukunft der Monarchie entschieden werden sollte.

ohne eine offenbare Verlegung der Grundgefeße. Die Anerkennung dieses Prinzips war eine Verwahrung gegen jeden Staatsstreich), und die Associations Partei fah in dem Urtheil Nach einem kurzen Aufenthalt im Schloß von Vizille bes des Pariser Tribunals die förmlichste Bestätigung des Rechts, suchte der General Lafayette Voiron, la Tour-du-Pin, Bourgoindeffen Schuß ihr Zweck war. Diese Prozesse hemmten nicht die und Vienne; er wurde beim Einzug in jede Stadt begrüßt, und überall drängte sich ihm die Menge eifrig entgegen. Den 3. Seps sember machte er sich auf den Weg nach Lyon, wo der Volkss taumel dem Veteranen der Französischen Demokratie eine fast Königliche Aufnahme bereitete. Gegen 500 Reiter, acht bis neuns hundert junge Leute zu Fuß und eine große Menge Personen zu Wagen kamen ihm bis an die Gränzen des Departements entge gen. Einer der entschiedensten Sprecher der liberalen Opposition, der Doktor Prunelle, haranguirte den General, dessen stolze, fast drohende Antwort Erwähnung verdient:,,Ich befinde mich", fagte er, mitten unter Ihnen in einem Augenblick, den ich kris tisch nennen würde, wenn ich nicht, wie überall auf meinem Wege, auch in dieser mächtigen Stadt jene ruhige, selbst verach, tende Festigkeit eincs Volks wahrnähme, das seine Rechte kennt, feiner Kraft sich bewußt ist und seinen Pflichten treu bleiben wird; aber gerade in der gegenwßriigen Lage wünschte ich, Sie einer Hingebung zu versichern, an die Sie bis zu meinem leßten Hauch me umsonst appelliren sollen." Lafayette stieg in eine vierspdunige Kalesche, die man für ihn bereit gehalten, hielt sei: nen Einzug in Lyon unter einem ungeheuren Zulauf von Zus schauern und empfing daselbst die Deputationen der Städte Saint-Etienne und Chalons-sur-Saône. Am 6. September wurde ihm an der Saône, nicht weit von der Zle Barbe, ein glänzen, des Fest gegeben im Angesicht einer bedeutenden Volksmasse, welche die Theilnahme oder die Neugier an den beiden Ufern des Flusses versammelt hatte. Den 7ten gab die Stadt Lyon dem General ein glänzendes Bankett, an welchem einige mehr oder minder entschiedene Deputirten der linken Opposition Theil nah men und wo zum ersten. Male seit dem Beginn der patriotischen Prozession die Gesundheit des Königs ausgebracht wurde. Herr von Schonen, der sich hier durch die Heftigkeit seiner Rede auss geichnete, erklärte,,,wenn das Ministerium in die Kammer zu kommen wage, so würde die Kammer ihre Pficht_thun, und Frankreich würde gerácht werden" Am anderen Tage nahm Lafayette, von 25 jungen Leuten bis auf zwei Lieues von der Stadi begleitet, wieder den Weg nach seinem Schloß de la Grange, wo seine Reise sich schloß ohne einen weiteren merks würdigen Vorfall.

Während diese liberalen und fast aufrührerischen Triumphs züge einen Theil Frankreichs aufregten und bis in die Haupts stadt einen gefährlichen Nachhall verbreiteten, wurden andere tiefer berechnete Manöver geschmiedet, um den muthmaßlichen Plänen des neuen Kabinets einen furchtbaren Widerstand ents gegenzuseßen.

Unter den Auspizien des jüngeren Herrn Beslay, eines Des putirten der Linken, bildete sich eine Affociation zu dem Zweck, die Verweigerung der Steuern zu erleichtern, im Fall dieselben nicht gefeßlich bewilligt worden wären. Diese Association um: faßte die fünf Departements der alten Bretagne. Die Subskris benten verpflichteten sich Jeder auf die Summe von 10 Francs, und diejenigen unter ihnen, welche in die Wahls Listen von 1830 eingetragen waren, auf den zehnten Theil ihres Steuerbetrages. Auf diese Weise wollte man einen Fonds für die ganze Bretagne gründen, um aus demselben die Subskribenten für die Kosten zu entschädigen, die ihnen zur Last fallen könnten, wenn sie sich weigerten, Steuern sa zahlen, die auf eine ungefeßliche Weise eingetrieben oder in Folge constitutionswidriger Veränderungen im Wahl System erhoben würden. Man ernannte Prokuratoren zur Einsammlung der Beiträge und zur Verfolgung derjenigen, welche zur Eintreibung ungefeßlicher Laren ihre Hand böten.

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Aehnliche Verbindungen bildeten sich fast gleichzeitig in meh reren Departements und in Paris: die, welche hier zu Stande tam, empfing die Zustimmung der Deputirten der Hauptstadt und einer gewissen Anzahl großer Grundbesizer. Das Ministerium, das bis dahin gegen alle Angriffe gleichgültig gewesen, konnte nicht mit ruhigen Augen eine Coalition ansehen, zu deren Bils dung ohne Zweifel der Haß gegen die herrschende Dynastie nicht wenig beitrug und welche ganz Frankreich zu überziehen drohte. Verschiedene periodische Blätter, welche den Plan und die Stas tuten dieser Associationen veröffentlicht hatten, wurden gerichtlich verfolgt; dann versuchte es, die öffentliche Meinung aufzuklären, indem es im Moniteur die Beschuldigung, daß es an inconftitus tionnelle Maßregeln denke, mit Energie und wahrscheinlich auch mit Aufrichtigkeit zurückwies.

Die Prozesse, die man gegen die Journale eingeleitet hatte, wurden von den Tribunalen auf verschiedene Weise behandelt. Die Gerichtshdfe von Mez und Rouen sahen weder in den Assos ciationen noch in der Publizität, die man denselben gegeben hatte, eine Aufreizung zum Haß und zur Verachtung gegen die Regies rung des Königs. Der Parifer Gerichtshof erkannte die Wahrs heit der Aufchuldigung und verurtheilte die Redacteure zweier Journale zu einem Monat Gefängniß und fünfhundert Francs Geldstrafe. Aber dieses Urtheil war durch ein Bedenken merks würdig, in welchem man mit Intereffe den alten Eifer der Mas gistratur für die Erhaltung der öffentlichen Freiheiten wiederfinder. Nachdem der Gerichtshof zugegeben, daß die Bretagnische Associas sion auf der Annahme beruhe, es könne ohne Bewilligung von Seiten der Kammer eine ungefeßliche Steuer erhoben werden, geftand er ein, daß eine solche Annahme sich nicht realisiren lónne

Das Ministerium hatte sich erst den 23. August vollständig ergänzt durch die Ernennung des Herrn v. Hauffez zum Minister der Marine an die Stelle des Herrn v. Rigny, dessen Weigerung, das Portefeuille anzunehmen, den ungünstigen Eindruck, den die Zusammensegung des Kabinets gemacht, noch verstärkte. Der Baron v. Hausses, der hinter einander Präfekt des Departements des Gard, der Isère und der Gironde gewesen, war ein Mann von Talent und Geist, von gemäßigtem Charakter und ein ges schickter Verwalter, aber in den Kammern ohne Einfluß. Herr Mangin, Rath am Cassationshof, weniger durch wirkliche Las tente und einen achtbaren Charakter, als durch seinen Eifer bei dem Prozeß des General Berton bekannt, war den 13. Auguft zum Polizei Präfekten von Paris ernannt worden, und Herr Trouvé, ehemaliger Herausgeber des Conservateur, zum Direktor im Ministerium des Innern. Das Personal dieses Ministeriums ward unter die Leitung des Herrn Rives gestellt, eines redlichen, aufgeklärten Royalisten.

Es ist jest ein Faktum, das der Geschichte angehört, daß kein Gedanke an einen Staatsstreich bei der Bildung des neuen Ka binets vorgewaltet habe. Dieser wichtige Punkt geht nicht bloß daraus hervor, daß zwei aufrichtige Freunde der constitutionellen Grundsäße im Kabinet saßen, sondern auch aus dem Mangel aller Vorsicht, die dazu dienen konnte, den Erfolg außerors dentlicher Maßregeln vorzubereiten. Der 8. August wollte nicht angreifen, sondern nur widerstehen. Aus doppeltem Grunde hatte Karl seine Rathgeber aus der dußersten Rechten gewählt, einmal weil er sah, wie wenig die Konzessionen nüßten, die man so eben versucht hatte, und dann weil die Verlegenheiten der Krone immer mehr zunahmen. Diese Verlegenheiten schienen hins reichend dargelegt durch den Umstand, daß man sich binnen funf zehn Jahren zur Berufung 72 verschiedener Minister genöthigt gesehen, deren Jeder die Königliche Gewalt schwächer zurücks ließ, als fie bei seiner Ernennung war. Nur ein energisches System konnte sich den Sieg über eine Opposition verschaffen, die immer kühner dahin strebte, die öffentliche Meinung zu vers führen und den Gang der Verwaltung zu hemmen. Herr Rovers Collard, deffen redliches Wort mit Recht für eine Autoritat galt, hatte dem König selbst am Schluß der lezien Session erklärt, daß kein Ministerium, aus welchen Elementen es bestehen möge, auf eine dauernde Majorität in der gegenwärtigen Kammer rechnen könne. Das vom 8. August stäßte seine Existenz nur auf den flar ausgesprochenen Willen des Königs, dem das Vertrauen der Royalisten beider Kammern entsprechen mußte, und auf die Mög lichkeit, mit den beiden Fractionen der Rechten einige gemäßigte Mitglieder des linken Centrums zu vereinigen uud so die dußerste Linke ganz zu isoliren. Diese Combination, die man sehr vers ständig ausgedrückt findet in den Cirkularen, die von La Bours donnaye und Haussez bei ihrem Amtsantritt an ihre Unterbes amten geschrieben wurden, enthält nur sehr constitutionnelle und logische Ideen: In der Mitte stehend", sagte der Erstere,,,zwis schen den öffentlichen Freiheiten, welche der König durchaus zu erhalten gesonnen ist, und den Bestrebungen der Anarchie, die man unterdrücken muß, habt ihr die Pflicht, über die Ausführung der Gefeße zu wachen, ohne Rücksicht auf Meinungen und Perfonen... Indem aber die Verwaltung Allen Gerechtigkeit und Schuß sichert, ist sie nur den Diensten, die dem Fürsten und dem Staat geleistet worden, Gunst und Belohnung schuldig: ihr Vers trauen gebührt nur denen, die es zu verdienen wissen.... Uebris gens hat die Regierung nicht die Absicht, die bestehenden Vers hältnisse zu verwirren oder eine Reaction zu unternehmen. Alles, was sich offen an sie anschließen und sie in der gewissenhaften Beobachtung der constitutionnellen Charte unterstüßen will, darf auf ihren Beistand zahlen."

Die Regierung des Königs", sagte Herr von Haussez,,,ift unerschütterlich in ihrem Entschluß, sich nicht von den constitus tionellen Prinzipien der Charte zu entfernen und Alles zu thun, was die Bande, welche den Thron und die öffentlichen Freiheiten mit einander verbinden sollen, unzerreißbar machen kann. Sie wird auf dieser Bahn mit Mäßigung, Beharrlichkeit und Festigkeit fortwandeln."

Dieje constitutionelle und friedliche Sprache, die man einem so leidenschaftlichen Geist, wie Herrn von La Bourdonnaye, hoch anrechnen mußte, entwaffnete die Parteien nicht. Es gelang ihr nicht einmal, mehrere unter dem vorigen Ministerium ernannte Beamte mit der neuen Verwaltung auszuföhnen. Schon hatten die Herren Bertin de Vaur, Villemain, Alerandre de Laborde, Héln d'Diffel, Agier, Salvandy, Froidefond de Bellisle, Mit, glieder des Staatsraths, und mehrere Prefekten sich turch Ents lassungen von ihr losgesagt, welche das erste bei uns vorkommende

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