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Sonne, deren Strahlen kaum durch die dichten Dunstwolken, die auf diesem Theile der Stadt ruhen, hindurchdringen können, ges ben der Färbung dieses Gemäldes eine unglaubliche Intensität. Die Menge, welche in dieser Straße bestendig aufs und abwogt, verleiht demselben dann Leben und Bewegung. Die Vorüber: gehenden selbst erscheinen in den verschiedensten Kostümen; da find Bergbewohner in ihrem groben wollenen Kleide, hochlan dische Soldaten, Frauen aus Glasgow mit Kleidern aus gewür Feltem Zeuge, Kaufleute, Bürger, Tagelöhner, die alle eine ges fchaftige Miene haben. Diese Menge bildet in der Ferne cine schwarze und dichte Masse, in welche die nach allen Richtungen fahrenden eleganten Equipagen oder Lastwagen breite Furchen ziehen.

Der Spaziergang Glasgow's ist das,,Green". Dasselbe ist ein ungeheurer Grasplaß, welcher sich vom Fuße des Hügels, auf dem die obere Stadt erbaut ist, bis zu den Ufern der Einde hinzieht. Baume findet man hier nicht in zu großer Anzahl, und das Gras, welches beständig mit Füßen getreten wird, wächst auch nicht allzu üppig auf diesem dürren Erdreiche. Zwar ziehen sich Kiesgänge durch die Grasplåge hin, aber die Bewohner Glas gow's find zu beschäftigt, als daß sie den Krümmungen des We ges folgen sollten; sie wählen vielmehr den kürzesten. In der Mitte des Green" erhebt sich ein Denkmal Nelson's; dasselbe besteht aus einer viereckigen Spißsäule von 130 Fuß Höhe. Auf einer der Seitenwände der Basis giebt eine lakonische Inschrift den Ursprung und die Bestimmung des Denkmals an. Auf den drei anderen Seitenwanden liest man nur die Worte: Kopenha gen, Abukir, Trafalgar. Kurze Zeit nach der Errichtung des Obelisken im Jahre 1810 wurde derselbe vom Blize getroffen, so daß die oberen Steinblöcke aus einander klüfteten und nur mit vieler Mühe wieder zusammengefügt werden konnten. Das Denks mal Nelson's steht dem Stadt Gefängisse, New Jail, gegenüber. Die Nche des Gefängnisses schüchterte indeß keinesweges die Diebe ein, welche in einer dunkeln Nacht einige Buchstaben der Seiteninschriften entwendeten. Dieselben sind aus Erz und von nicht unansehnlichem Gewichte. Die Diebe benußten einen Theil der Nacht, um das N aus Kopenhagen, das erste Raus Tra falgar und das 11 aus Abukir abzulösen. Mit zwei Buchstaben wurden sie glücklich fertig, aber beim dritten wurden sie durch eine Patrouille verscheucht. Die entwendeten Buchstaben find nie wieder zum Vorschein gelommen. Die Englischen Patrioten gaben diesen Diebstahl Französischen Matrofen Schuld und bes trachteten die That als eine Aeußerung der Nationalrache. Einer derselben wollte mir versichern, die gestohlenen Buchstaben seyen in die Einde geworfen worden, indeß, fügte er hinzu, habe man es doch für vortheilhafter erachtet, neue anzufertigen, als den alten nachzuforschen.

Wenn wir aus der Altstadt in die Neustadt übergehen, so wird unsere Aufmerksamleit 'wohl vorzüglich in dem Viertel von Saint-Georg Square angezogen. Saint Georg Square ist ein großer, in der Mitte der neuen Stadt gelegener Plas. Hier ist das Modeviertel, in dem man breite, regelmäßige Straßen fin det, die alle auf einen Winkel des Square auslaufen. In der Mitte des Plages ist eine herrliche Grasfläche, die von einem Gitter umschlossen wird. Hier steht die Statue des Charles John Moore, die eine Granitsäule zur Unterlage hat. Auf dem Fuß: gestell derselben liest man die einfachen Worte:,,Zur Erinnerung an die Kriegsdienste des in Glasgow geborenen General Lieute nants Charles John Moore errichteten seine Mitbürger dies Denkmal im Jahre 1819.“ Die Statue ist ebenfalls von Flar: mann und eines seiner besseren Werke. Man erkennt hier den Mann, der, als ihm eine Schulter von einer Kanonenkugel zer: schmettert worden war, zu seinen Waffengefährten, die ihn vom Kampfplas trugen, sagte: „Ich hoffe, daß das Land mit mir zu frieden seyn und mein Betragen billigen wird.“

Berechnung hat erwiesen, daß jede Schule in weniger als zehn Jahren vierzig bis funfzig unglückliche Jünglinge der Deportas tion entzieht: deshalb ist man auch im Sinne einer wohlverstan denen Philanthropie bemüht gewesen, die Zahl der Schulen zu vermehren. Ungeachtet mancher Handelskrisen und öfterer Ein stellung der Arbeiten hat die Zahl der Verbrecher hier in einem bedeutenderen Verhältnisse als irgendwo in Schottland abgenom men. Nach den neuesten Zahlungen beläuft sich die Bevölkerung Schottlands auf 2,100,000 Seelen; unter diesen 460,000 Acker: bauer, 610,000 Menschen, die für den Handel erfordert werden, 410,000 anderweitig beschäftigte Menschen und 550,000 Kinder unter zehn Jahren. Auf die Gesammtzahl der Einwohner kamen 191,000, welche die Schulen besuchten. In den zwölf leßten \ Jahren ist die Zahl der Verurtheilten geringer als früher und auch geringer als in den Nachbarländern gewesen. Im Jahre 1836 fam auf 809 Einwohner ein Verbrecher, in England dage: gen einer auf 682, in Frankreich einer auf 530.

Man hat gesagt, der Engländer werde durch die Gewohn heit, der Schotte durch die Leidenschaft und die Ueberlegung und der Irländer allein durch die Leidenschaft geleitet; das scheint in der That, wenigstens in Bezug auf Glasgow, feine Richtigkeit zu haben. Man kann nicht anders als die Thätigkeit und den unternehmenden Geist der Bewohner dieser Stadt und die damit verbundene Beharrlichkeit und Ausdauer bewundern. Die Auss dauer und der gesunde Sinn sind die Folge der Ueberlegung, die Kühnheit und Thätigkeit aber die Wirkung der Leidenschaft. Die Bewohner Glasgow's unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von denen Londons oder Dublins; sie sind weniger ges halten und besonnen als die Londons, und es fehlt ihnen die Gleichmäßigkeit des Betragens, deren sicherste Frucht der Ord: nungssinn ist; dagegen sind sie auch nicht so beweglich und fo roh wie die Dubliner. Der Grundzug ihres Charakters ist die Verbindung von Leidenschaftlichkeit, Ausdauer und Geschäftigkeit. Ihre Leidenschaftlichkeit ist nicht wild und zügellos, fondern durch die Vernunft gemäßigt. Dennoch zweifeln wir, daß es den Philanthropen aus der Schule Robert Owen's je gelingen werde, die Fabrikarbeiter dieser großen Stadt zu verheiratheten Mönchen umzubilden, wie sie es in den Fabriken von New Lanark zu Stande gebracht haben. Der Versuch kann nur in einem kleinen Maßstabe gelingen, ihn im Großen durchzuführen ist unmöglich. Der Sinn einzelner Menschen mag gänzlich umgeformt werden, aber der Geist eines Volles ist zäher und hat eine größere Widerstandskraft. Frédéric Mercey.

Frankreich.

Erinnerungen aus Talma's Leben.

Von Aubert de Witry.

Talma zahlte neun, ich aber erst sieben Jahr, als wir beide fast zu gleicher Zeit in die Pensions-Anstalt des Herrn Lamaignière zu Chaillot eintraten; Talma kam direkt von London, wo sein Vater Zahnarzt war. Der Vorsteher unseres Institutes, der von feinen Zöglingen innig geliebt wurde, weil er sie sehr freundlich behandelte, war leidenschaftlich für die dramatische Kunst einges nommen, und diese Vorliebe theilen Kinder nur zu leicht, sobald sich in ihnen Gefühl und Kunstsinn zu regen beginnt. Alle Jahr studirte er uns eifrig irgend eine Tragödie oder ein kleines Lufts spiel ein, welche dann am Tage der Prämien - Austheilung auf geführt wurden. Im ersten Jahre, wo wir zu spát anlangten, um noch Rollen erhalten zu können, spielte man den,,Cromwell" von Duclairon. Im zweiten Jahre wählte Herr Lamaignière, der jeden Vergleich mit dem Theatre Français vermeiden wollte, ein Trauerspiel, welches nicht auf demselben gegeben wurde,

Um eine erschöpfende Beschreibung aller Gebände, Kirchen,,Sinoris, der Sohn Tamerlan's", betitelt; es war das Werk und Denkmäler von Glasgow zu geben, bedürfte es eines Ban des, und wir wollen nur noch das Jail, das Königliche Hospital und die St. Johannis, St. Georgs und St. Davids: Kirche erwähnen. Das new Jail oder neue Gefängniß liegt auf der östlichen Seite des ,,Green." Es ist, wie das Edinburger Jail, eine Art Mustergefängniß. Das Aeußere macht einen freundlichen Eindruck, und auch das Innere ist reinlich und bequem. Jeder Gefangene hat seinen bestimmten Theil Luft und Licht, und außer der Freiheit wird ihm nichts verweigert. Dies findet jedoch auf die abgesonderten Gefangenen keine Anwendung, denn ihr Leben ist auf zwei oder drei thierische Verrichtungen beschränkt.

Die Gesezgebung des Landes hat seit etwa hundert Jahren bedeutende Verbesserungen erhalten. Das Schottische Gesezbuch hat zwar noch etwas von seiner ursprünglichen Rohheit bewahrt, aber die härtesten Bestimmungen find allmålig außer Kraft ges Fommen und neue an deren Stelle getreten. Jedenfalls ist die abgesonderte Einsperrung der Gefangenen immer noch der Folter vorzusichen, die hier vor kurzem noch in Gebrauch war. Vor Furzem ist das rechte Wort, denn es ist noch kein volles Jahr hundert seit ihrer Abschaffung verflossen.

Glasgow fann freilich nicht wie Edinburg Ansprüche auf literarische Bedeutung, und Gelehrsamkeit machen, aber dennoch ist der Unterricht hier sehr ausgebreitet. Es giebt keinen Bürs ger, felbst der untersten Klasse, der nicht schreiben, lesen und rechnen könnte und nicht einige Kenntnisse von der Geschichte feines Landes befche. Dies in eine Folge der zahlreichen Frei schulen, welche in jedem Stadtviertel ernet sind. Obskuranties mus ist hier nicht möglich.. Eine sehr bemerkenswerthe statistische

eines Jesuiten, der es früher für das Gymnasium Ludwig's des Großen verfaßt hatte. Talma spielte darin mit großem Erfolg die Rolle von Sineris Bruder. Sein innerer Beruf für das Theater sprach sich damals schon ganz deutlich aus, und im zwölf; ren Jahre dichtete er ein kleines Stück, in welchem unser Lehrer bereits Funken eines bedeutenden Talentes erkannte. Später wurde ich von Talma für mehrere Jahre getrennt, und erst ges gen das Ende des Jahres 1781 trafen wir uns wieder im Gym nafium Mazarin, wo er in der Klasse für die Logik, ich aber in der Klaffe für die Physik und Mathematik saß. Damals kamen wir fast jeden Abend mit mehreren gleichgesinnten Freunden bei einem unserer Gefährten, Turlin, der sich dem Advokatenstande widmete, zusammen. Talma, der zu jener Zeit erst achtzehn Jahr zählte, galt in der Pariser schönen Welt für einen der lies benswürdigsten jungen Menschen; Alles gefiel an ihm. Er war von einnehmender Gestalt, eleganten, doch keinesweges faden Manieren, vortrefflichem Charakter und ausgezeichneter Bildung: er hatte eine hübsche Stimme, fang mit vielem Geschmack, ob gleich ohne Schule und Kunst, und spielte recht fertig das Sistrum; er besaß viel Kenntniß von der Englischen und Franzö fischen Literatur, hatte viel Gefühl für die poetischen Schönheiten beider Sprachen und verstand es vortrefflich, seine Art, wie er die vorzüglichsten Verse derselben rezitirte, recht geltend zu machen; er hätte nicht einmal so vieler Vorzüge bedurft, um das schöne Geschlecht, über welches jede Art von Reis so viel Gewalt auss übt, für sich einzunehmen. Talma gab sich ganz dem Zauber hin, den er einfößte, und fein leichter Sinn, der oft genug auf die Probe gestellt wurde, flößte seinen Freunden Besorgniß für die

Zukunft ein. Von seiner Familie zum Zahnarzt bestimmt, machte er geduldig, obgleich mit Widerwillen, alle nöthige Vorbereitungs Uebungen zu diesem Behuse durch. Da wir wußten, daß er durchaus keine Neigung zu ernsten Studien hatte, und daher fürchteten, er möchte sich zu sehr dem Vergnügen hingeben, so bestrebten wir uns, in feiner Seele die Leidenschaft für die Kunst, den Wunsch nach Ruhm und die Lust zu solchen Anstrengungen, die ihm zusagten, wieder zu beleben, um ihn dadurch einer geistis gen Trägheit zu entreißen, welche für ihn gefahrbringend war. Enthusiastisch eingenommen für die dramatische Kunst, besuchten wir eifrig die Vorstellungen des Theatre Français, wo uns das mals die jüngere Saints Val, Brizard, Monvel und Larive im Trauerspiel entzückten; Talma mußte uns dahin begleiten; bald erwachte bei einer Vorstellung des „Oedip“ sein schlummernder Genius und zog ihn mächtig zur Bühne hin. Mit gespannter Aufmerksamkeit folgte er Larive's Spiel, theilte aber den Beifall der Menge nicht und außerte nach beendigtem Stück, daß ihm die Auffassung der Rolle des Oedip nicht zugesagt habe, und daß er fie ganz anders nehmen würde. Den nächsten Morgen theilte er uns mit einiger Verlegenheit, denn er fürchtete unsere Mißbilligung, seinen Entschluß mit, sich dem Theater zu widmen; wir waren aber ganz damit einverstanden und forderten ihn auf, fich einige für ihn passende Rollen einzustudiren. Er trug uns nach einander den Eiphares, Hippolyt und Aegisth vor; wir bewunderten seinen richtigen Kunstsinn, seine äußeren Gaben und seinen Vortrag, vermißten aber bei ihm jenes heilige Feuer, das aum Herzen spricht; doch trauten wir unserem Urtheil nicht und riethen ihm, irgend einen berühmten Künstler um Rath zu bes fragen. Er wandte sich an Demoiselle von St. Val, eine Künstlerin von großer Bildung und vielem Geist, von wahrem und tiefem Gefühl; sie ermuthigte unseren Talma, wünschte aber, um seine Anlagen richtig beurtheilen zu können, ihn irgend eine Rolle auf einem Liebhaber: Theater spielen zu sehen. Er wählte jich zu seinem Debüt den Seïde im,,Mahomet" und trat gegen Ende des Jahres 1783 zuerst auf Doyen's Theater in der rothen Kugel auf.

Talma war von offenem und bescheidenem Charakter, er be nachrichtigte uns von seinem ersten Auftreten und sprach den Wunsch aus, uns Alle dort zu sehen, weil er von uns fein Ur theil empfangen wolle. Ihr fennt alle dramatische Schrifts fteller", fagte er,,,Ihr versteht Alle genug von der Schauspiels Funst, um fühlen zu können, ob ich auch meine Rolle recht auf gefaßt und ob ich die Zuschauer zu rühren vermag. Vor Euren Augen will ich mich entweder als fähig zum großen Schauspieler zeigen, oder nie mehr die Bretter betreten. Ihr sollt mir frei fagen, ob ich durch Zeit und Mühe dahin gelangen kann, Lekain und Monvel zu erreichen, denn die St. Val könnte, wenn sie bei mir mehr Anlagen als bei meinen Mitspielern entdeckt, zu nach, ichtig gegen mich seyn.“

Wir wohnten also dem Debut unseres Freundes bei; fein Erfolg war beispiellos, denn noch nie hatte man auf einem Lieb: haber Theater so viel dußere Gaben, verbunden mit der vollen detsten Auffassung der Rolle und dem hinreißendsten Geist, in einem Schauspieler vereinigt gesehen. Wir aber theilten nicht den Enthusiasmus der Menge, wir waren, uns selbst unbewußt, mit Vorurtheilen gegen Talma ins Theater gegangen, wir bilde ten uns ein, daß die leichtfertigen Vergnügungen sein Herz ab gestu mpft hatten, wir sahen in ihm nur eine Nachahmung Monvel's, blieben kalt bei seinem Spiel und theilten ihm thörichters weise unser unbesonnenes Urtheil mit; Talma besaß nach unserer Meinung Alles, um mit Erfolg sich der Schauspielkunst zu wid men, nur fehlte ihm das eine höchste, das Feuer der Begeisterung. Dieses edle Feuer glimmte freilich für jezt noch unter der Asche, aber die Zeit, das Studium und die lebung konnten es entzün den; Talma aber, der unserer Einsicht zu sehr vertraute, entfagte nach unserem Ausspruch, troß aller Ermuthigungen der St. Val, dem Theater und kehrte zum Geschäft seines Vaters und Oheims zurück.

Bald trennten sich unsere Lebenswege; durch meine Beschäf tigungen ward ich dem Theater ganz entfremdet und erfuhr nur ganz zufällig nach Verlauf von drei Jahren, daß Talma auf den Nath der berühmtesten Schauspieler sich abermals mit Eifer den. theatralischen Studien gewidmet habe und denselben Abend debů tire. Es war gegen Ende des Jahres 1787. Doch wagte_ich aus herzlicher Theilnahme für meinen Freund nicht, seinem De but beizuwohnen, und sah ihn erst kurz darauf als St. Albin im ,,Familienvater". Diesmal war ich von seinem Spiel lebhaft ergriffen, denn es leuchtete daraus das Feuer der heiligsten Bes geisterung hervor; nach beendigter Vorstellung begab ich mich in seine Loge, um ihm Glück zu wünschen. Bon nun an sahen wir uns hdufig; sein Haus gehörte zu den angenehmsten, weil sich dort die Berühmtheiten des Tages um seine geistreiche und liebenswürdige erste Frau, Julie, versammelten. Selbst nach den größten Erfolgen bewahrte Talma seine natürliche Bescheidenheit und die Biederkeit seines Charakters. Als ich ihn einst nach lan ger Abwesenheit wiedersah, fand ich ihn über die erbitterten An griffe unseres früheren Lehrers Geoffroy betrübt; ich tröstete ihn mit dem enthusiastischen Beifall des Publikums, der ihm unge schwächt noch jest, im Jahre 1804, in allen Rollen zu Theil wurde, im Einna, Nikomedes, Nero;,,in der leßten aber", fügte

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ich hinzu,,,gefällst Du mir gar nicht, ich habt Dein Talent darin nicht wieder erkannt, weil Du nichts thust als schreien." -,,Wann sahst Du mich darin?" fragte Talma. Vor acht bis neun Jahren." ,,Ah, dann hast Du Recht, damals verstand ich den Nero durchaus nicht und machte es daher, wie Lekain in feiner ersten Zeit, ich brüllte und geberdete mich wie ein Wahnsinniger; jest aber habe ich ihn studirt, nun höre mich, und Du wirst finden, daß ich ihn viel besser spiele." Als man ihn mit Lobeserhe; bungen wegen seiner ausgezeichneten Darstellung des Cinna_ über. schüttete, erwiederte er:,,Nicht mich, sondern Monvel muß man bewundern; er beherrscht alle seine Mitspieler. Man hat in der großen Scene mit Augustus mein stummes Spiel beklatscht, ich aber wurde bloß von dem Eindruck fortgerissen, den Monvel's wunderbare Kunst auf mich ausübte; als er mir gebot, mich nies derzusehen, stürzte ich auf dem Sessel wie ein geschlagener Mann zusammen, er bannte mich darauf fest.“ - Auf unseren Wunsch

resitirte er uns einst bei Tische einen Monolog des Dreft; er fuhr sich mit der Hand durch das Haar, und sogleich erschien uns Orest mit dem Kainszeichen vor der Stirn, und so gewaltig war die Macht seines Genius, daß wir, obgleich er an unserer Seite saß, eben so schauderten und in Thränen ausbrachen, als tönten seine Worte von der Bühne zu uns herüber.

Man weiß, in welcher Gunst Talma bei Napoleon stand, den unser Freund schon kannte, liebte und sich selbst verbindlich machte, als der künftige Kaiser nur noch der General Bonaparte war, der damals ohne Anstellung sich durch seine nothgedrungene Unthätigkeit unglücklicher als durch den ihm auferlegten Zwang fühlte. Eines Morgens war Talma zum Frühstück beim ersten Konsul, und es wurde über die auf seinen Befehl am vergange nen Abend gegebene Vorstellung: der Tod des Pompejus" gesprochen. Sie haben den Casar sehr gut gespielt", fagte Napoleon zu Talma,,,doch verfielen Sie einmal, als Sie mit Prolomdus sprachen, in den Ton eines Klub Redners. Bedenken Sie, Cafar ist ja kein Jakobiner; er spricht vor Römischen Offi zieren; was er sagt, ist offiziell. Uebrigens ist das, was Leute der Art sprechen, Cdjar, Mahomed und ich, immer weit entfernt von dem, was sie denken!" Dann zu dem Schauspieler über: gehend, der den Ptolomdus dargestellt hatte, tadelte er seine Art der Auffassung und die niedrige Färbung, die er dem Charakter gegeben. Ich weiß sehr wohl, fagie Napoleon,,,daß Cor: neille diesen Fürsten nicht sehr erhaben aufgefaßt hat; er bieter dem Cafar seine Krone an, doch glaubt er sich dazu gezwungen, und selbst bei den unterwürfigsten Reden muß er doch eine ge wisse Würde bewahren. Er ist ein König, und was auch immer ein König fagen mag, in Stellung und Geberde erniedrigt er fich nie." Corneille's Tragödie erinnerte den Konful an seine Aegyptische Expedition, und er erzählte, daß, als er den Fuß auf jenen Boden gescht, den einst Cafar und Alexander betreten, er etwas im Sande bemerkt habe. „Ich nahm es auf", sagte er, und fiche, es war eine antife Kamee, und was mich noch mehr in Erstaunen seßte, war die Aehnlichkeit des Kopfes mit meinem eigenen. Wenn Sie fortgehen“, fügte Bonaparte hinzu,,,fo sprechen Sie bei meiner Frau vor; fie kann Ihnen den Stein zeigen, und Sie werden selbst von der Aehnlichkeit überrascht werden."

Mannigfaltiges.

- Lorenzo da Ponte. Während der Verfasser von Auber's, Meyerbeer's und anderen Französischen Opernterten in Frankreich) ein, Schloß besißt und von seinen Renten lebt, ist der arme Sta liner, der zu Mozart's,,Don Juan", zu Cimarosa's heim licher Ehe", zu Salieri's,,Arur und zu vielen anderen seit 30 Jahren mit Beifall gegebenen Opern die Worte geliefert, im vorigen Jahre zu New York in der größten Dürftigkeit verstors ben. Es war freilich nicht sein Verdienst, daß seine Gedanken unsterblich geworden, und daß seine Verse eine größere Verbrei tung in der civilisirten Welt und im Munde des Volks gefunden, als die irgend eines berühmten Dichters; aber ein wehmüthiges Gefühl erregt es doch, daß der Mann jahrelang am Hungertuc nagte, dessen Fin che dal vino (Treibt der Champagner) seit funfzig Jahren der Ausdruck der größten Fröhlichkeit, der Freude am Ueberfluß ist. Lorenzo da Ponte wurde 90 Jahr alt und schrieb noch wenige Monate vor seinem Ableben an einen Landsmann in Europa einen Brief voll bitterer Bemerkungen über die Verlassenheit und das Elend seiner Lage in Nord Amerika, wo er 30 Jahre lang Profeffor der Italiänischen Sprache und Litera tur gewesen war und wo sich zuletzt kein Mensch mehr um den schwachen alleinstehenden Greis bekümmerte. Sein Brief schließt mit den erschütternden Worten: „Ah, se, invece di cacciarmi in America, il mio destino m'avesse condotto in Francia, io non temerei di servire dopo la mia morte di pasto ai cani, per non aver di che pagare un po' di terra per ricevere e coprire le mia ossa sconosciute." *)

*Ach, wenn mich mein Geschick, statt mich nach Amerika su jagen, nach Frankreich geführt hätte, ich würde mich dann nicht scheuen, nach meinem Tode allenfalls den Hunden zur Nahrung zu dienen, wenn ich nur so viel hätte, um ein wenig Erde zu bezahlen, die meine Gebeine bedeckte und der Vergessenheit entzöge."

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er. höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie.

No 28.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohaöbl. Post- Nemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Mittwoch den 6. März

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Der Stifter und Direktor der polytechnischen Anstalt zu Wien ist Prechtl. Er hat den größten Antheil an dem Gedeihen dieser Anstalt, denn wie zweckmäßig sich auch eine neue Einrichtung erweisen möge, so ist doch damit nicht immer schon Alles gethan, sondern es gehört auch ein Mann dazu, welcher alle seine Kräfte daran seßt und aus dem Erfolge der Anstalt eine Hauptaufgabe seines Lebens macht. Das hat Prechtl gethan. Ein Mann, wie er, hatte freilich überall Anerkennung gefunden; in Desterreich ist fie ihm aber auf eine ausgezeichnete Weise zu Theil geworden. Prechil ist eine Feuerfeele, ein spekulativer Geist, der in dem polytechnischen Institut etwas Anderes als eine bloße Lehr-Anstalt der Chemie oder Physik sieht. Ihm ist sie ein Mittel, seinem Vaterlande einen neuen Aufschwung zu verleihen. Die Wissens fchaft wirkt auf die Erweiterung und Vervollkommnung der Ins dustrie, und der Fortschritt der Industrie wird für Desterreich von der höchsten Bedeutung fenn. Demzufolge befindet sich im polys technischen Institut außer der Schule auch ein Konservatorium der Künste und Handwerke, nebst chemischen, physischen und mechanischen Kabinetten. Jährlich finder eine Ausstellung der Erzeugnisse der Nationals Industrie statt. Das polytechnische Ins stitut hat die Aufgabe, auf die Hebung und Verbesserung der National Industrie zu wirken. Es vertheilt Preise für nüßliche Erfindungen, giebt Rathschläge und reicht der Verwaltungs Ber hörde Berichte ein.

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Das polytechnische Institut ist oder vielmehr könnte eine wissenschaftliche, kommersielle und administrative Macht seyn, welche die Functionen der Akademie der Wissenschaften, des Handels Ministeriums und der Handels Kammern in Frankreich vereinigen würde. Wollte der Ausschuß der Profefforen alle Jahre eine gewisse Anzahl Kaufleute aus den verschiedenen Theilen der Monarchie zu seinen Berathungen hinzuziehen,. fo würde dadurch die Industrie gewissermaßen unter einer Art von Handels Minifterium repräsentirt werden. Indessen dürften diese Entwürfe, von denen es dahingestellt bleiben mag, ob fie den Ansichten Prechtl's entsprechen, wohl schwerlich die Beistimmung der Regierung erhalten, und das polytechnische Institut ist bis jeßt eine Handelss und Industries Schule geblieben, welche allers dings auf den Aufschwung der Industrie in Desterreich einen großen Einfluß gehabt hat. In Italien können heutzutage die Desterreichischen Fabriken schon mit den Englischen und Französ fifchen die Konkurrenz aushalten. Desterreich hat nicht minder wie England und Frankreich alle neuere Entdeckungen der Wissens schaft ausgebeutet, und bereits seit dem Oktober 1816 werden die Werkstätten des polytechnischen Instituts mit Gas erleuchtet. Auf dem Kontinente war dies der erste derartige Versuch.

Precht reichte schon im Jahre 1810 den Plan zur Errichtung des polytechnischen Instituts ein, aber die Kriege verzögerten die Ausführung, und erst im Jahre 1815 ging die Regierung ernsts licher auf diesen Gedanken ein. Im August 1815 berief der Kaiser von Desterreich während seines Aufenthalts in Paris. Prechtl dahin, um die dort vorhandenen Anstalten zu besichtigen. Der Kaiser stellte eine ansehnliche Summe zu seiner Verfügung, welche zum Ankauf physikalischer und chemischer Apparate so wie auch werthvoller Bücher verwendet wurde. Am 14. Oktober 1816 legte der Kaiser in eigener Person den Grundstein des Haupts Gebäudes der polytechnischen Schule. Eine Pergaments Rolle, welche der Kaiser selbst unterzeichnet hatte und die in den Grunds Hein eingeschlofen wurde, enthielt folgende Worte:,,Bum Beugs, niß Meines Strebens, die Wissenschaft unter allen Stånden der Gesellschaft in Desterreich zu verbreiten, fo wie des lebhaften

* Wir haben bereits früher erwähnt, daß Herr Profesor St. Marc Girardin einen sehr günstigen Bericht über den Zustand der Desterreichischen Normal und Gewerbe-Schulen abgestattet. In ähnlicher Weise, wie Herr Cousin früber die Schulen Nord: Deutschlands beforach, hat Herr St. Mare Girardin feitdem die Süd Deutschen Unterrichts-Anstalten zum Gegenstand feiner Darstellungen gemacht. Wir theilen hier aur Drobe, nach dem reichs baltigen Panorama de l'Allemagne, den Auffag über das pointechnische Insti tut in Wien mit.

1839.

Antheils, den Ich an dem praktischen Unterricht Meiner getreuen und vielgeliebten Bürgerschaft nehme, habe Ich mit Meiner Hand den Grundstein dieses Gebäudes gelegt und vermauert am 14. Oktober 1816."

Die Statuten des Instituts entsprechen den Absichten des Monarchen. Die ganze Einrichtung ist so getroffen, daß die Böglinge in dem spesiellen Fache, welches sie erwahlt haben, den nöthigen Unterricht erhalten. Spezielles Eingehen auf jede Mas terie und praktischer Sinn sind die beiden Hauptgrundsäße, welche hier in Anwendung gebracht werden. Die Anstalt hat drei Abs theilungen: eine Industries Schule; ein Konservatorium der Känste und Handwerke; eine Gesellschaft zur Beförderung der Nationals Industrie. Prechtl hatte die Errichtung einer großen industriellen Universität im Sinne; dieselbe sollte allmålig den Kreis ihres Unterrichts erweitern. Das Grundgefeß aller Deutscher Univers fitäten, die Lernfreiheit, kam auch dem Institute zu Statten und erwies fich in Wien nicht weniger wirksam, als im übrigen Deutschland. Das Eigenthümliche der Deutschen Universitäten ist, daß jeder Student die Vorlesungen besucht, welche ihm anstehen. Daffelbe finder im polytechnischen Institut zu Wien statt, und die Zöglinge find hier nicht, wie die des Pariser polytechnischen Instituts, gezwungen, alle Vorlesungen zu besuchen. Die Pariser polytechnische Schule beruht nicht auf dem Prinzip der Lerns freiheit, sondern auf einem ganz entgegengeseßten. Hier werden alle Zöglinge derselben Regel unterworfen, an alle derselbe Maßs stab gelegt. Der Eine soll dasselbe wie der Andere lernen, und auf die verschiedenen Anlagen, Fähigkeiten, überhaupt_auf_die Individualität, wird gar keine Rückücht genommen. In dem polytechnischen Institut zu Wien, welches leine Kaserne mit einer bestimmten Anzahl von Studirenden ist, besuchen die Zöglinge von ihrem Eintritt an unter den verschiedenen Vorlesungen dies jenigen, welche ihrem künftigen Berufe am angemessensten find; und da die einzelnen Gewerbe und Handelszweige von sehr vers fchiedener Beschaffenheit sind und einen größeren oder geringeren Grad von wissenschaftlicher Bildung erfordern, so können die Zöglinge einer Abtheilung auch eine oder mehrere Vorlesungen einer anderen Abtheilung besuchen, je nachdem es ihnen anges messen scheint.

Wenn das polytechnische Institut nur eine Schule wdre, so würde es hinreichend fenn, eine Uebersicht der Vorlesungen zu geben. Dasselbe hat indes noch eine andere Seite, die hervors gehoben werden muß; es ist eine öffentliche Anstalt, und dieser Gesichtspunkt ist ungleich wichtiger. Gewiß ist es vom höchsten Interesse, hier eine Unterrichts- Anstalt zu finden, die manche Formen der Oeffentlichkeit in sich aufgenommen, mit einem Worte, eine Schule, welche, im Vertrauen auf die künftige Entwickelung des Gewerbfleißes, den Beginn einer Vertretung des Handels innerhalb der Regierung selbst gemacht hat. Das Prechtl Alles, was wir ihm hier unterlegen, wirklich bezweckt hat, läßt sich natürlich nicht beweisen, indeß scheint er doch diesen Gedanken gehegt zu haben; aber der Gedanke hat noch nicht seine ganze Verwirklichung, und bis jest find nur Entwürfe, Ideen, Keime vorhanden. Das polytechnische Institut ist eine industrielle Schule, weiter nichts, aber in den Statuten, die von der Regierung ges nehmigt worden sind, liegt auch eine ganz andere Aussicht.

Wenn die Zöglinge ihre Studien beendet haben, so stellt ihnen das Institut ein Zeugniß aus. Dieses Zeugniß des polys technischen Instituts ist, den Statuten zufolge, eine Empfehlung für diejenigen, die sich um Aemter bewerben, für welche die im Institut gelehrten Kenntnisse erfordert werden.

Das polytechnische Institut bildet für alle auf die Künste und Gewerbe bezüglichen Gegenstände einen Theil der Staatss Behörde. Wenn die Beamten einer Entscheidung über Gegens ftande der Industrie bedürfen, so müssen sie dieselben beim Ins ftitut einholen. Will die Regierung eine Entdeckung des Auss landes prüfen lassen, so wird ein Mitglied des Inftituts damit beauftragt. Den Statuten zufolge, ist das Institut also ein bes rathender Ausschuß, welcher die Verwaltung mit seinem Rathe und seinen Einsichten unterstüßen soll, und dessen Mitglieder, so su sagen, als missi dominici in die Provinzen und ins Ausland reifen.

Alle Sonnabende versammeln sich die Professoren des Inftis tuts unter dem Vorfiße des Direktors, und in diesen Versamms lungen offenbart sich besonders der Charakter einer Akademie der

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zu werden. In feiner gegenwärtigen Gestalt ist es der passendste Schlußstein des in Desterreich herrschenden Systems des öffentlichen Unterrichts. Die Spezialien und das Praktische sind der Geift des öffentlichen Unterrichts in Desterreich. Je höher derfelbe steht, desto mehr geht er auf das Spezielle ein, und desto mehr gertheilt er sich. In den niederen Anstalten empfangen alle Schüler denfels ben Unterricht, in dem polytechnischen Inftitur wird jeter Bogs ling in den Gegenständen unterrichtet, die fein künftiger Beruf bedingt. In Desterreich duldet man keine oberflächliche und uns bestimmte Kenntnisse, und das encyklopedische Wissen, welches nur halbgelehrte bildet, wird hier nicht begünstigt. Scheint es doch in der That, als ob das Wissen eben so viel an Tiefe und Gründlichkeit verliert, als es an Ausdehnung gewinnt. (Panorama de l'Allemagne.)

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wickelte erfticht zu fey Solche Entwickelungen elektrischen Feuers scheinen mächtige Drlane immer zu begleiten; und na mentlich berichtete mans von den Buigen während des Orlanes von 1671, daß sie wie Flackerfeuer über die Erde hingestrichen fenen, ja fogar von Unten nach Oben gesucht hätten. Während der Sturm von 1831 am heftigsten wüthete, bemerkten awei Neger auf Barbados mit Entsegen, daß der Körver des Einen elektrische Funten versandte. Dies ereignete sich in dem Garten von Coddrington College, wo die beiden Neger, nachdem ihre Hütte eben niedergeriffen worden, einander im Finstern unters Rüßten und das Hauptgebdude su erreichen fuchten. Ein andes res merkwürdiges Phänomen begleitete diefen Orkan. Da die Meereswogen bestandig über die 70 Fuß hohe Klippe an der Nordspiße sich wälaten, wurde der Schaum von dem Winde viele Miles weit ins Innere getrieben, und überall regnete es falziges Waffer. Die Süßwassers Fische in den Leichen des Majors Leacod tamen alle ums Leben, und in Brights Hall, etwa zwei Miles füd südöstlich von der Klippe, behielt das Wasser der Teiche noch viele Tage einen falsigen Geschmack.

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Die Vorldufer des großen Kampfes der Elemente, welche den Orkan auf Barbados bilderen, waren Windstöße und Regens schauer, die am Nachmittage des 18. Auguft eintraten. Gegen vier Uhr lagerte sich ein schreckliches Dunkel über Barbados; nur in der Nähe des Zeniths bemerkte man einen lichteren Halbs freis. Die folgende Beschreibung des Sturmes, welche Oberst Reid uns mittheilt, ist gleich nach der Katastrophe in Bridgetown abgefaßt worden:

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,,Nach Mitternacht war das beständige Leuchten der Blige grauenvoll, und ein heftiger Wind blies aus Nord und Nord-Oft. um Ein Uhr nach Mitternacht, am 11. Auguft, dnderte diefer Wind plöglich seine Richtung und stürmte mit verdoppelter Ge walt aus Nord West und den Zwischen Punkten. Die oberen Regionen wurden von dieser Zeit an durch anhaltende Blige ers hellt; aber noch magischer leuchteten die elektrischen Flammchen in allen Richtungen. Kurz nach zwei Uhr wurde das Brüllen des Orkans so entseßlich, daß keine Sprache einen Begriff davon geben kann. Gegen drei Uhr mdfigte fich der Sturm von Zeit au Beit, oder gerstückelte fich gleichfam in eingelne furchtbare Windstöße, die aus West Nord West, aus Westen und Süds Westen kamen."

,,Nachdem auch das Bligen aufgehört hatte, war die Finsters niß ein paar Augenblicke grauenvoll. Aber plöglich sah man feurige Meteore vom Himmel fallen; namentlich beobachtete Schreiber dieses eine dunkelroche Feuerfugel, die aus ungeheurer Höhe senkrecht herabfiel. Ohne Zweifel sant fie vermöge ihrer spezifischen Schwere und stand nicht unter dem Einfluß einer dußeren Kraft. Als diese Kugel der Erde näher fam, murde ihre Form oval und ihre Farbe ein blendendes Weiß; endlich schlug fie praffeind an den Boden, zerspriste, wie geschmolzeues Metall und war erloschen Wenige Minuten nach der Erscheinung dieses Meteors wurde das berdubende Brüllen des Windes ein fernes dumpfes Getöse, und die Blige, welche seit Mitternacht in febr furzen Intervallen am Himmelsgewölbe gesucht hatten, trieben jest eine halbe Minute lang ein fürchterliches Spiel zwischen Wollen und Erde. Die ungeheure Wucht der Dämpfe fchien auf den Haufern zu ruhen und ergoß sich in einen Flammen Regen, den die Erde wieder zurück zum Himmel fandre.!!

,,Gleich nach dieser wunderbaren Metamorphose des Bliges brach der Orkan mit unerhörter Furie aus Westen los, tausend und aber tausend Wurfgeschoffe die Fragmente sertrümmerter Werke von Menschenhand vor sich her durch die Lifte schleus dernd. Die maffivsten Gebäude wurden bis in ihre Grundfesten erschüttert, und selbst die Oberfläche der Erde bebte, als der Vers derber über fie hinzog. Den Donner konnte man zu feiner Zeit deutlich vernehmen. Das Brüllen und Heulen des Windes, das Tofen des Oceans, dessen thürmende Wogen Alles zu verschlingen drohten, was der Orlan verschonte, das Praffeln der Dachziegeln, das Gefrache einstürzender Dächer und Mauern und tausend andere unbeschreibliche Wistone machten einen Total Eindruck, den die schrecklichsten Phantasies Bilder vom jüngsten Tage nur fümmerlich darstellen."

Nach fünf Uhr mäßigte der Sturm von Zeit zu Zeit fein Wüchen, und jest fonnte man die Siegeln und das übrige Bau: Material, welches der lestes Windsoß wahrscheinlich ungeheuer hoch emporgeschleudert hatte, deutlich niederfallen hören Sobald der grauende Tag die dußeren Gegenstände fichtbar gemacht hatte, begab sich Schreiber dieses nach dem Kai. Der Regens wurde fo gewaltigt vom Winde getrieben, daß er die Haut verlegte. Das Schauspiel war über alle Beschreibung majestätisch Die riefigen Wogen rollten heran, afs boten fie jeder Schranke Troß. Der Ort, wo man die Schiffe falfatert, war mit durch einander schwimmenden. Schindeln, Fabdauben, Tonnen, Heus bündeln und Trümmern von Fahrzeugen wie überfdet. Nur zwei Schiffe innerhalb des Steindamms batten sich flott erhalten; aber eine große Menge anderer lag umgeschleudert im seichten Waffer."

,,Beftieg man den Thurm der Domkirche, for seigte fich ringsumber ein großartiges, aber betrübendes Bild der Verddung. Das ganze Land, so weit die Blicke reichten, war eine Wüße, und statt aller Begetation fab man hin und wieder einige mit franks haftem Grün bewachsene Stellen. Die wenigen noch übrigen Baume hatten, da fie ihrer Zweige und Blätter beraubt waren, ein faltes winterliches Ansehen, und die zahlreichen, sonst von dichten Hainen umgebenen Landfiße in der Nachbarschaft der

Die zahlreichen Data in Betreff dieses Sturmes, welche Oberst Reid gesammelt, lieferten ihm Material zu seiner fünften Karte. Statt nach Osten hin konkav zu seyn, war der Sturm au Anbeginn gegen Barbados und Santa Cruz hin konver, als hatte er mit einer fast südlichen Richtung angefangen. Kurve nahm jedoch ihre gewohnte Form wieder an, und, was befonders merkwürdig, ihr Zielpunkt befand sich, wie bei allen übrigen von Redfield verzeichneten Orfanen, unter dem 30ßen Breitengrade. Der freifende Cylinder der Atmosphäre, im Ans fang des Orlanes vergleichungsweise eng, erweiterte sich mehr und mehr, bis er endlich, in gewöhnliche unregelmäßige Winde.. auf der nördlichen Atmosphäre überging.

Der zweite Orfan des Jahres 1837, welcher der Orlan von Antigua heißt, besaß die Eigenthümlichkeit, daß er viel weiter im Often anfing, als seine Kollegen. Die Details desselben, wie fie Herr Reid gesammelt, find vom höchsten Intereffe. Am Abend des 31. Juli bemerkte Capitain Seymour, welcher die Brigantine Judith" befehligte, bei frischem Nords Ofts Winde nahe am Benith einen weißen Glanz von runder Form, und während er Dieses Phänomen aufmerksam beobachtete, riß ein plöslicher Winds ftos (aus Nord. Often) den Topmast und die niederen Segel des Schiffes fort. Um ein Uhr nach Mitternacht wurde der Wind heftiger, das Meer schwoll, und das Schiff hatte viele Noth. Gegen acht Uhr des Morgens war der Wind schon zu einem Orlane herangewachsen; Keiner hörte auf dem Verdecke, was der Andere sprach, und keiner fab sich im Stande, für seine Rettung etwas zu thun. Lassen wir jeßt den Capitain weiter erzahlen.

,,Unfer Schiff wurde von einen mächtigen Wogenberg ges hoben und auf das Backbord gestellt, dessen Bollwerte größtens theils fich losriffen. Nach einiger Zeit erhielt es wieder feine gerade Richtung, und der Wind wendete fich plößlich (von Nords Dit) nach Süd Ost. Eine kleine Weile führen wir vor dem Winde her; dann hob sich unser Schiff ein zweites Mat, daß das Backbord nach unten fam; und als es fich wieder gerade richtete, waren alle Bollwerfe der anderen Seite, bis auf wenige Plans fen, abgerissen. Dann wurde es etwa fünfzehn Minuten hindurch lenkiam. Gegen Mittag trat eine viertelstündige Windstille ein; dann aber brach der Orlan aus Süden los, und wir verloren alle Hoffnung, uns retten zu können. Ein Wogenschwall schlug an das Steuerbord unferes Schiffes und hob es zum dritten Male auf das Backbord. Eine Zeitlang blieb es in diesem Zus ftande; die Kaiute war fast gans mit Wasser gefüllt, und das Vorder Kastell sammt den drei Böten war verschwunden. Den Kadetten am Rade hatten die Wogen fortgespült, und das Rad dazu. Alle Stüßen an der Steuerbordfeite waren zerbrochen und alle Segel, mit Ausnahme des HauptSegels, serfest. Trop dieses anscheinend ganz hoffnungslosen Zustandes richtete sich die Judith" zu unserer frohen Ueberraschung ein drittes Mal gerade, und bald hatten wir die Gefahr überstanden, Fast eine Stunde lang fonnten wir keine Hand vor den Augen sehen, und, was besonders merkwürdig ist, die Nagel unserer Finger waren kohlschwarz und behielten diese Farbe beinahe fünf Wochen lang.

Die eben erwähnten interessanten Wirkungen auf die Sche fraft und die Fingernaget der Mannschaft bewogen Herrn Reid, den Capitain Seymour um nähere Auskunft hierüber zu bitten. Der Capitain behaupter, die Finsterniß sey, an ich gar nicht fe bedeutend gewesen, daß die Leute einander nicht hatten, seben können, und bemerkt dabei, die schwarze Färbung der Fingernas gel hatte fich gleichzeitig mit der Abstumpfung der Sehkraft eins gestellt. Beide Phänomene waren unstreitig Wirkungen des eleks trischen Stoffes in den Elementen.

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