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Hafen des Königreiches, war eine Handelsstadt, als James Watt fie zu einer industriellen Stadt ersten Ranges erhob.

Die Geschichtsschreiber Glasgow's, welche, wie so viele ans dere, Propheten nach der Zeit gewesen sind, behaupten übrigens, das Glasgow von jeher zu einem außerordentlichen Glücke bestimmt gewesen sey:,,Sehet nur das Wappen der Stadt: ein Baum, ein Vogel und ein Fisch, sagt einer, sind es nicht die Symbole der dreifachen Macht ihrer Bewohner, welche sie über die Luft, die Erde und das Meer ausüben?" Pennant, welcher Glasgow im Jahre 1769 besuchte, behauptet, dieselbe fen die schönste von allen Städten zweiten Ranges, die er je gefehen. Damals bestand Glasgow nur aus drei Stadtvierteln. Das älteste ist High Street, welches sich von der Kathedrale zur Trongate niederfenkt. Es war auf dem jähen Abhange eines Hügels erbaut und konnte so leichter die Einfälle der Bergbes wohner abwehren. Im Jahre 1450, als die Universität gegrün det wurde, belief sich die Zahl der Einwohner nicht über 1700 bis 2000, und die Häuser der Stadt bedeckten kaum den dritten Theil des Hügels, welcher die Kathedrale beherrscht. Im Jahre 1484 wurde eine Kirche zu Ehren der heiligen Jungfrau errichtet und die Stadt nach einer anderen Richtung hin erweitert; spåter breitete sie sich in Gestalt eines Kreuzes aus. Im vergangenen Jahrhundert dehnte sie sich schneller aus, und der Friede und die Entwaffnung der Hochländer erlaubte den Bewohnern auch in die Ebene hinabzusteigen. Von jest an geschah der Anbau vor: züglich langs der Ufer der Clyde. Am Ende des vergangenen und am Anfange des jeßigen Jahrhunderts wurde das Wachs: thum der Stadt immer gewaltiger; zwei große neue Städte, die eine im Norden, die andere im Westen schlossen sich an die alte Stadt an. Die westliche Stadt war vorzüglich der Siz des Handels, und die Kaufleute errichteten hier ihre Comptoire und ihre Manufakturen. Die nördliche Stadt am Abhange mehrerer Hügel war das aristokratische Viertel, und hier ließen sich dies jenigen, welche schon ein Vermögen erworben hatten, die Pros fefforen und der Adel der Umgegend nieder. Auch die großen Kaufleute hatten hier ihre Wohnhäuser, in denen sie sich am Abend von den Anstrengungen des Geschäftslebens erholten. Ein Theil der westlichen Stadt, welcher dem Flusse zunächst lag, war der Aufenthaltsort der Seeleute, der Hafenbeamten und der Schiffswächter.

Die Altstadt erhebt sich amphitheatralisch auf dem Abhange des Hügels, der östlich von der Manufakturstadt gelegen ist. Die meisten dieser Häuser, welche in engen Straßen gelegen und um den Gipfel des Hügels zusammengedrängt sind, haben hers vorspringende Stockwerfe, wie dies auch größtentheils in der Altstadt von Edinburg der Fall ist. Einige derselben haben ein sehr hohes Alter und scheinen sich nur noch wie durch ein Wuns der auf ihrem schmalen und gebrechlichen Grunde aufrecht zu erhalten; die Kathedrale, Town Hall und die Universitätsgebäude ragen mit ihren gewaltigen Steinmassen über sie hinweg.

Die Kathedrale ist außer der des heiligen Magnus von Kirls wall auf den Orkaden die einzige Schottische Kirche, welche der allgemeinen Zerstörung zur Zeit der Reformation entgangen ist. John Achacus, Bischof von Glasgow, legte den Grund derselben, aber er fah ihre Vollendung nicht. Die verschiedenen Baustyle, die in derselben hervortreten, bestätigen dies und thun dar, daß fle erst ein und ein halbes Jahrhundert nach dem Beginnen des Baus vollendet wurde. Die unterirdischen Grüfte z. B. find unzweifelhaft aus der Zeit des Achacus, einer Zeit, in welcher der gothische Styl auffam. Dieselben sind 108 Fuß lang, 72 Fuß breit. Vierzig Fenstern oder Luftlöcher lassen das Licht in diese Raume dringen, welche in drei Galerieen abgetheilt sind. Langs derselben find 69 Chorstühle aufgestellt, von denen ein jeder 6 bis 8 Personen faßt. Dieser Theil der Kirche heißt barony kirk oder auch der gewölbte Kirchhof. Die niedrigen Bogenwölbungen werden von 60 Pfeilern getragen, die acht Fuß dick, sechszehn Fuß hoch sind. Der reine gothische Styl ist hier noch nicht zu suchen.

(Schluß folgt.)

Frankreich.

Die Pariser Kaffeehäuser.
(Schluß.)

Im Kaffeehause hat der Gerçon auf f Deinen Ruf „une mi-tasse" eine schneeweiße Tasse, vier Stücke Zucker und ein petit verre vor Dir niedergestellt. Er hat das petit verre hinzus gefügt, weil er aus Deinem purpurfarbenen Englischen Gesichte den Schluß gezogen, daß Du an Liqueur Geschmack findest. Jeßt erscheint ein anderer Garçon; in der Rechten hält er eine kos loffale silberne Kanne, mit einem Deckel darauf, und in der Linken eine dergleichen ohne Deckel: die eine Kanne enthalt Kaffee, die andere aber Sahne. Du weisest die Sahne zurück, und nun schenkt Dir der Garçon aus der ersten Kanne eine so reichliche Quantitat Kaffee, daß die Obertasse überfließt und die Untertaffe um ein haar gleiches Schicksal hätte. Es ist kaum noch Raum für die vier Stücke Zucker vorhanden, und doch mußt Du sie irgendwie hineinfördern, indem sonst die konzentrirte Starle des Kaffee's ihn fast ungenießbar macht; durch die füße Beimischung wird er aber das edelste aller irdischen Getränke. Sein füffiger Theil schmeichelt allen Geschmacks Nerven; sein

sich an jener dunkelklaren, Funken sprühenden Farbe, die den fl bernen Löffel anmuthig durchschimmern läßt. Du fühlst Dich ges drungen, zu befennen war' es auch nur heimlich, daß der Französische Kaffee der einzige wahre Kaffee ist. In wenigen Augenblicken beginne feine Wunderkraft zu wirken; Du fühlst Dich spirituell gesprächig und liebenswürdig.

Der Garçon ist ein Beau-Jdéal in seiner Sphäre. Sein Haar ist so stark pomadirt, daß es einen Glanz hat wie Ebenholz. Sein Gesicht hat einen balsamischen Ausdruck, der Dich bezaubert. Seine Kravatte ist blendend weiß, seine ganze Tournure zierlich und geschmeidig. An seinem linken Arme hangt eine reinliche Serviette, und eine schneeweiße Schürze gürtet seine Hüften. Er gleitet in Tanzschuhen über den Boden, und sein Tritt ist dem Öhre kaum vernehmlich. Der Gast braucht feinen Wunsch kaum laut werden zu lassen; unser Garçon liest schon Alles in feinen Zügen.

Jest tippst Du mit einem Fünffranken-Stück auf Deine Taffe; der Garçon nimmt es Dir mit Grazie aus der Hand, nähert sich der Dame du Comptoir und spricht nur die beiden Worte:,,huit-cent." Die Dame du Comptoir

Und wo kannst Du eine Dame-du-Comptoir finden, außer in Frankreich? Einige Plumperiane von unseren Landsleuten geben ihr zuweilen den pausbackigen Namen,,Schenktis Jungfer" (bar-maid). Allein es rollt ein breiter Ocean zwischen jener ans muthigen, elegant gekleideten, mit ihrem Scharfblick Alles über: schauenden Gottheit und jenem anderen Geschöpfe, auf welches der erwähnte abscheuliche Name passen mag, ein Name, der mit Bierflaschen und Stallburschen Dunst geschwängert ist. Französische Dame fist königlich hinter ihrem Comptoir. Zwei große filberne Vasen, mit Löffeln darin, stehen vor ihr; zu ihrer Rechten gewahrt man verschiedene zierliche Klárkannen, und zu ihrer Linken wohl zwanzig mit Zucker gefüllte Schalen. Sie hat einen Schellenzug in ihrem Bereiche, um den Garçon zu sitiren, und die Schaßlisten des Café's sind vor ihren Blicken weit geöffnet.

Wie lange schon die goldenen Zeiten der Chevalerie vorüber find, ergiebt sich nicht bloß aus der traurigen Thatsache, daß kein Schwert aus der Scheide gezogen wurde, um die liebenswürdige Marie Antoinette zu rächen. Reise durch ganz Europa, und Du findest in jedem Winkel Belege dazu. In München verrichten Weis ber das Geschaft der Preßbengel; in Wien sieht man das zartere Geschlecht Mörtel bereiten, Mörteltröge schleppen, Keller graben und den Lehm in Schieblarren fortschieben; oft ist sogar eine Frau in Gesellschaft eines Mannes, eines Hundes oder Ejels vor eine Karre gespannt und zieht das Fuhrwerk durch die belebtesten Straßen der Hauptstadt. In Dresden sagt und spaltet fie Holz und fördert ungeheure Rollwagen mit Lebensmitteln durch die bloße Kraft ihres Armes ein paar Meilen weit über die Heers straße nach der Hauptstadt.

Aber nichts reicht an die praktische Vielseitigkeit, welche das Weib in Frankreich entwickelt. Eine Frau spannt Pferde an die Postkutsche; eine Frau verkauft Dir im Theater Dein Billet, und andere Frauen haben die Logen unter ihrer Obhut. In vielen Geschäfts Lokalen besorgt ein Weib das ganze Geschäft. Willst Du in einem Holzhofe eine Ladung Holz erhandeln, so hast Du es mit einer Frau zu thun; beabsichtigt Du eine Reise nach dem füdlichen Frankreich, fo empfangst

im Coupée. Der Frau Deine Berechtigung auf einem aus den Händen einer größte Gasthof in Paris steht unter der Direction einer Gafts wirthin. Frauen führen die ObersAufsicht in den LesesZimmern, Restaurationen, Tabagieen und Café's; sie unterhalten sogenannte cabinets inodores auf dem Boulevard Montmartre, verleihen Journale im Palais-Royal u. s. w. Hat die Frau ein Amt, das feiner Natur nach nicht öffentlich verwaltet werden kann, so fannst Du sie wenigstens in funfzig Straßen von Paris lebens groß auf Leinwand gemalt sehen, mit der lakonischen Ueberschrift: An die Mutterschaft (maternité)! Madame N. N. Hebamme - 9 Tage, die Niederkunft mit eingeschloss fen 30 Franken und darüber."

Was die Schönheit der Pariser Geschäfts:Damen betrifft, so hört man alte Veteranen aus den Zeiten des Konsulates und der Kaiserherrschaft über diesen Punkt manchen Seufzer ausstoßen. Ihrer Versicherung gemdk, ist die jeßige Generation alt und häß lich, wenn man sie mit früheren Generationen vergleicht; und die alten Herren mögen nicht so ganz Unrecht haben. Bei den Dames du Comtoir in den Café's habe ich oft die vollendetste Grazie und Liebenswürdigkeit des Benehmens mit der niedrigsten Schönheitsstufe, ja mit wahrer Häßlichkeit, gepaart gefunden bewundert. und diesen Kontrast versteht sich, stillschweigend Paris kann uns mehr als jeder andere Ort die Ueberzeugung beibringen, daß Schönheit der Formen, wenn es auf Bezaubes rung des Herzens ankommt, eine sehr untergeordnete Rolle spielt; daß geistige Lebendigkeit, Feinheit und natürliche Anmuth_des Benehmens der wahre Magnet sind, der das Starke zum 3: ten, das Zarte zum Starken hinzieht.

Kehren wir nun von dieser Episode an den Schenktisch zus ruck. Sobald der Garçon das Fünffranken Stück mit den lakos nischen Worten: „,huit-cent" vor der Dame-du- Comptoir nieders gelegt hat, subträhirt sie acht Sous von Hundert. Der Gar con bringt Dir, in Erwartung eines kleinen pour-boire, das übrige eingewechselte Geld. Spendest Du ihm Einen Sous für feine Bemühung, so macht er nur eine Reverenz; läßt Du zwei Sous auf dem Tische, so begleitet er den Buckling mit einem

Sous sur Disposition, so öffnet er Dir außerdem noch ehrers bietig die Thur, wenn Du abziehst — kurz, je mehr Sous, desto mehr Aufmerksamkeiten.

Von dem Café begeben wir uns, der bloßen Veränderung wegen, in eine Labagie (estaminet). Wie ganz anders ist die Scene, die sich hier unseren Blicken enthüllt! Aus dichten Tas bats Wolken schimmern uns Gruppen von Schmauchern und Trinkern entgegen; um ein halbes Dußend Billardtische tummeln sich Leute in Hemdármeln, jeder mit einem Queue bewehrt, und Garçon's laufen in die Kreuz und Queer, von denen der Eine ganze Bündel Thonpfeifen, der Andere ein Paar Flaschen Straß burger Bier und der Dritte Branntwein schleppt. In einem Winkel des Zimmers thront die Dame-du-Comptoir, von Tabaks, pfeifen, Krugen und Flaschen ohne Zahl umgeben; die Umriffe ihrer Gestalt serfließen in dem blaugrauen Dampfe, der das ganze Lokal erfüllt. Ein Garçon - aber ach, Einer von ganz anderem Kaliber, als die dienstbaren Genien des Café Veron tritt hervor und stiert Dir so emphatisch ins Gesicht, daß Du Dich gezwungen fühlst, einen Cigarro und ein Glas Liqueur zu fordern. Hat Dein Ohr nach Ablauf einer halben Stunde an die larmende Unterhaltung der Gäste sich gewöhnt, so unterscheidest Du allmålig ein halbes Dußend Sprachen. Die fünf Herren, welche hier um ein Marmor Tischchen sizen und Karte spielen, sind Franzosen. Sie schlürfen Kaffee, rauchen aus gewöhnlichen Pfeifen, und ihr Spiel ist das beliebte Vingt-un. Einige von ihnen tragen die Uniform der Nationalgarde. Jenes olivenbraune Individuum, dessen kohlschwarzer Schnurrbart sich bis an die Ohren zieht, ist ein Spanier. Die nervigen Arme über der Brust verschränkend, schmaucht er selbstgenügsam einen delikaten Cigarro und beobachtet die Spieler mit düsteren Blicken. Ihm gegenüber sißt ein bejahrter Herr, der sich bei einer großen Flasche Straßburger Bier gütlich thut. Seine rechte Hand ers faßt den vollen Becher, während die Linke den riesigen Meers fchaumtopf feiner kurzen Pfeife unterstüßt, bis er zu heiß wird. Ein wahres Bild des Phlegina's, sigt er da mit vorquellenden, glafernen Augen und sieht in absoluter Gedankenlosigkeit den Wolken nach, die er vor sich hinpufft — er ist sonder Zweifel ein Deutscher. Die plappernden und gestikulirenden Spieler am dritten Billard Tische erkennst Du an ihrer Sprache für Italid: ner. Der benachbarte Billard Tisch ist von Franzosen ollupirt; in ihrer Mitte befindet sich Eugène, der gefeiertste Queue-Vir tuose in ganz Paris.

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Wer nur irgend an diesem eleganten Spiele Geschmack fin det, dem muß es eine wahre Augenweide seyn, Herrn Eugène das Queue manipuliren zu sehen. Wenn die elastische Spige, von seiner Hand gerichtet, die Kugel begrüßt, so entsteht ein halb musikalischer Lon! Wie verwickelt sind seine Combinatio nen, und wie schnell sind sie konzipirt! Er ist unwidersprechlich ein Genie in dieser Sphäre; seine Eingebungen sind ihm selbst räthselhaft, und er will keinen Ruhm davon haben. Gewöhnlich spielt er das Französische Dreilugel Spiel. Du meinst, die Stels lung diefer Kugeln biete unauflösliche Schwierigkeiten: Eugène wirft faum einen Blick über den Tisch, und sogleich zucht der elektrische Funke seines Gedankens durch das Queue; die Spiße des Instrumentes begrüßt die weiße Kugel; diese stößt an die rothe, wirbelt sich (spinnt) einen Augenblick, wendet sich dann plöglich, eine wunderbare Kurve beschreibend, zur Linken und tippt anmuthig an die blaue Kugel. Die rothe Kugel ist in die Mitte doublirt worden. Alle Zuschauer brechen in stürmischen Beifall aus, aber Eugène hdrt diefen Beifall kaum. Was in den Augen Anderer ein Mirakel ist, das ist bei ihm die einfachste geistige Combination. Er hat die Kugeln überdies in der mögs lichst besten Stellung gelassen. Er last fie fast immer in solcher Stellung, und schon darym ist er ein sehr gefährlicher Mitbewers ber, wenn die Reihe an' ihn kommt. Keine Richtung, die seine Kugeln einschlagen, hat für ihn etwas Ueberraschendes; er sieht Alles im Geiste voraus. Der Gedanke, im Glück zu seyn, ist eine Abstraction, von der er faum eine Ahnung hat. Seine Auslage beim Stoßen und überhaupt alle seine Bewegungen um den Billard, Tisch suchen ihres Gleichen.

Erst an dem Abende, als ich Eugène spielen sah, erhielt ich eine würdige Vorstellung vom Billard; damals erst kam mir zum Bewußtseyn, daß dieses Spiel, um mit Virtuositat gespielt zu werden, keine geringere Concentration der geistigen Kräfte ers fordert, als das Schach, und daß Stöße auf's Ungefähr in dem einen eben so verächtlich seyn sollten, wie Züge auf's Ungefähr in dem anderen. (Bentley's Miscellany.)

Die Königl. Kapelle und Kammermusik unter Ludwig XIV. Wenn man den Zustand der Musil gegen Ende des funf, zehnten und während des sechzehnten Jahrhunderts betrachtet und alsdann damit vergleicht, was aus ihr unter der Regierung Luds wig's XIII., Ludwig's XIV., der Regentschaft und Ludwig's XV. wurde, so muß man über das Mißverhältniß erstaunen, welches awischen der schönen Blüthe dieser Kunst in ihrer frühesten Zeit und den geringen späteren Fortschritten derselben in Frankreich obwaltet. Die Musiker, welche zur Kapelle Ludwig's XI, zu der des Herzogs von Burgund, Karl's des Kühnen, Ludwig's XII., Fran I. und ihrer Nachfolger bis auf Karl IX. gehörten, standen den Niederländischen Meistern in keiner Hinsicht nach und waren felbst ausgezeichneter als die Jalidner; aber seit der Pariser Bluthochzeit, bei welcher der lezte große Musiker der damaligen

Zeit, Claude Goudirmel, umkam, verfiel diese Kunst in Frankreich immer mehr und ging zuleßt beinahe ganz unter, bis sie endlich wieder durch Lully in neuer Gestalt belebt wurde. Wenn nun auch in jenen frühesten Zeiten einige Französische Künstler sich mit Erfolg in der Composition versuchten, so blieb doch die Auss führung der Musil stets weit zurück und war bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts meißtentheils sehr mangelhaft. Wenn man nach den Ursachen forscht, die jenes Zurückstehen der Frans zösischen Musiker gegen die der anderen Europäischen Nationen verschuldeten, so muß man es eigentlich der Regierung zur Last legen, die sich immer zu viel in Alles mischte, was die Künste und besonders die Musik betraf. Statt den Künstlern die Freiheit su gestatten, welche zu ihrem Aufschwunge ganz unerläßlich ist, wurden sie durch eine Unmasse von Anordnungen, Befehlen und kleinlichen durch die Zeit geheiligten Gebrauchen so in Abhẩn. gigkeit und Zwang gehalten, daß ihre natürlichen Anlagen und Talente sich unmöglich kräftig entwickeln konnten. Es wird nicht uninteressant seyn, wenn wir einiges hierauf Bezügliche näher erläutern.

Auf die Freiheit, welche die Troubadoure des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts genossen, folgte im vierzehnten ein wuns derlicher Zustand der Dinge, der fast vierhundert Jahre hindurc jede Anstrengung der Musiker, in der bürgerlichen Gesellschaft einen ehrenvollen Plaß zu behaupten, ganz vereitelte. Es war dies die Vereinigung der Stadtpfeifer des heiligen Julian_mit den ihnen zugestandenen Vorrechten. Im Jahre 1330 vereinigten fich mehrere Pariser Minstrels, Musikanten, die zum Tanz aufs spielten, Sanger und Gauller, zu einer Körperschaft, wählten den heiligen Julian und den heiligen Genest zu ihren Schuhpatronen und gründeten ein Hospital für arme Musiker. Durch eine solche Vereinigung wollten sie sich gegen jeden Gewaltstreich und gegen die üble Behandlung schüßen, welche fie damals, wo sie allges mein verachtet waren, besonders von den Kriegern und Rechts gelehrten zu erdulden hatten. Die Alten dieser neuen Brüders schaft wurden den 23. November 1338 im Chatelet einregistrirt, und sie erhielt den Namen Meneßrandie; da sich aber eine Menge von Poffenreißern und verächtlichem Gesindel unter derselben be fand, so sagten sich die Musiker wieder los und seßten im Jahre 1397 neue Geseze für sich auf, die auch durch ein Dekret Karl's VI. vom 24. April 1407 bestätigt wurden. Diese Institu tion war in ihrem Ursprunge und für den Augenblick ihrer Ents stehung ganz vortrefflich, später aber, wo sie nicht mehr für die Zeit paste, hemmte sie nur die musikalischen Fortschritte. Wie alle Körperschaften, hatte auch sie einen Altmeister, unter welchem jeder sum Handwerk Gehörige stand. Die Stadtpfeifer und die Lanzs lehrer waren dem Könige der Violinen, so wurde ihr Oberhaupt genannt, völlig unterthan, und sie mußten ihm sogar eine Ab gabe für die Ausübung ihrer Kunst entrichten. Dieser despotische Konig nun wollte seine Herrschaft auch über die Orgelspieler und Komponisten ausdehnen; diese straubten fich aber dagegen und führten fast ein halbes Jahrhundert hindurch mit ihm Proseffe. Buleßt gelang es ihnen wirklich, ihre Unabhängigkeit zu bes haupten; aber die Biolinisten und die Bläser mußten sich unters werfen.

Ludwig XIV., der den König der Stadtpfeifer in seiner Würde bestätigte, ordnete in den Statuten vom Monat Oktober 1658 von neuem die damit verbundenen Rechte und Einkünfte; selbst die Musiker seiner Kapelle waren dieser seltsamen Obers herrschaft unterworfen. Ludwig XIV. beschränkte sich aber nicht darauf, die Musik Angelegenheiten im Allgemeinen festzuseßen, er ging selbst auf die geringsten Kleinigkeiten ein, die sich auf die Einrichtung seiner Kapelle, seiner Kammer und Stallmusik bes sogen; wir wollen einige seiner sonderbaren Anordnungen hier anführen.

Der Komponist, der damit beauftragt war, die Messen, Mos tetten, Vespern, Ledeums und dergleichen zu schreiben und ihre Aufführung zu leiten, führte in Frankreich nicht, wie sonst überall, den Titel Kapellmeister; fondern der Erzbischof von Rheims war Kapellmeister Ludwig's XIV.; er bezog dafür ein Gehalt von 1200 Livres, die ihm von den Schazmeistern des Königlichen Haushaltes ausgezahlt wurden, und 3000 Livres Tas felgelder für seinen Aufenthalt am Hofe. Ihm waren sowohl die Geistlichen der Kapelle, wie die dabei angestellten Musiker und zwei Musikmeister untergeordnet, die abwechselnd jeder ein Semester hindurch den Takt schlugen; 1684 wurden, statt zwei, vier solcher Taftschläger angestellt, so daß nun jeder nur immer ein Vierteljahr den Dienst hatte; sie bezogen jährlich 900 Livres Gehalt. Der Musilmeister hatte gang ceremonios, von einem Amtsdiener begleitet, sich zum Kapellmeister zu begeben und die Erlaubniß zum Stimmen der Instrumente nachzusuchen, womit man stets lange vor dem Eintritt des Königs in die Kapelle fers tig seyn mußte. In den lezten Jahren seines Lebens lick Ludwig XIV. die Messe oft früher, als gebräuchlich, anbefehlen; dann pflegte die Erlaubniß zum Stim.nen verweigert zu werden, und der König mußte sich mit einer Mufil begnügen, die selbst die härtesten Ohren zerriffen hatte. Frauen durften in der Karelle des Königs nicht fingen; da aber Sopranstimmen durchaus nöthig waren, so wurden sechs Pagen für die Musik angestellt; sechs Oberstimmen reichten indes zur Ausführung eines guten Gesans ges auch noch nicht hin; es wurden daher noch einige Kastraten aus Italien dazu verschrieben.

Die Chöre des Königs waren meißtentheils fünfftimmig; der Tenor serfiel in hohe Lenore und Barytone; die Stimmlage, welche man jest unter dem lesteren Namen begreift, hieß damals

Basso cantante; die Zahl der ersten Tenore belief fich auf 18, die der zweiten auf 21. Das Orchester, welches die Chöre begleitete, war nur sehr dünn beseßt; es bestand aus vier Diskant-Violinen, drei Bratschen, welche die begleitende Stimme hatten, zwei Deutschen Flöten, zwei Violoncellen, einem Contre-Baß, zwei Fas gotten und einem Baß-Krummhorn. Man wird lächeln über diese Zusammenstellung, aber sie war doch schon ein Fortschritt. Man hat noch die Partitur einer von Monteverde im Jahre 1607 kom ponirten Oper,,Orpheus", dem ersten Werke dieser Art, das in Frankreich erschien. Die Gesangsbegleitung darin ist in der That sehr sonderbar. Zwei Klaviere spielten die Ritornelle des von der personifizirten Musik gesungenen Prologes; den Gesang des Orpheus begleiteten zwei Bässe, den der Eurydice aber zehn Bratschen. Ein Nymphenchor wurde von der Doppelharfe ac compagnirt. Ein Ritornell von zwei Französischen Violinen küns digte die Hoffnung an; den Gesang des Charon begleiteten zwei Guitarren, den der Höllengeister zwei Orgeln, den Apollo's ein Pleines Regal, welches etwas Aehnlichkeit mit unserer Harmos nifa hatte, und bei dem Schlußchor der Schäfer endlich wa ren eine Vogelfldte, zwei kleine Hörner, ein Klarinet und zwei Klappentrompeten benußt. Das Sonderbarste bei dieser Instrus mentirung ist noch, daß alle die angeführten Inftrumente immer nur abwechselnd und nie zusammen spielten; und doch entzückte die Musik des Orpheus alle Hörer.

Ein Sanger der Kapelle erhielt damals 600 und ein Musiker 500 Livres. An gewissen hohen Festtagen reichte man denselben Brod, Wein und Fleisch; dadurch wurde ihnen die Ehre zu Theil, Tischgenoffen des Königs zu seyn, und dieses verschaffte ihnen wieder das seltsame Vorrecht, nicht Schulden halber verfolgt werden zu können.

Die Kammermusik des Königs war nicht minder wunderlich eingerichtet, als die der Kapelle. Zwei Oberaufseher waren das bei angestellt, welche die Stimmen und die Instrumente beaufs fichtigen mußten, damit dem Könige auch gute Musik vorgespielt würde; Alles, was man demselben vortrug, wurde erst bei ihnen probirt; die ausgezeichnetsten dieser Oberaufseher waren Lalande und Michel Lambert, der Schwiegervater Lully's; die Composis tionen des Ersteren entzückten Ludwig XIV. ganz besonders. Drei Pagen sangen die Oberstimmen bei der Kammermusik, der Alt fiel aus, dafür waren aber drei hohe und zwei tiefe Lenore das bei, und zwei Baffi cantanti bildeten die Grundlage. Ein Klas vier, eine kleine Laute, eine Bratsche und eine Theorbe begleite ten den Gesang. Außerdem bestand die Instrumental Musik der Kammer aus vier kleinen Violinen und vier Violoncellen, wovon drei von jungen Mädchen gespielt wurden. Neben dem kleinen Kammer Orchester gab es noch ein großes Musik-Corps, das aus 80 Violinen bestand, welche bei der Mittagstafel des Königs, bei den Balletten, dem Schauspiel, der Oper und anderen Fest lichkeiten spielten. Lully, ehemaliger Küchenjunge der Mademois felle von Montpensier, der sich durch seine Fähigkeiten_so_aus, zeichnete, daß er aus seinem niedrigen Stande zum Secretair des Königs emporstieg, und der beinahe ein Jahrhundert lang durch seine Compositionen die Französischen Opern-Liebhaber ents aückte, schlug Ludwig XIV. die Bildung eines neuen, zwar kleineren, aber aus besseren Musikern bestehenden Orchesters vor. Sein Vorschlag wurde beifällig aufgenommen, und Lully, der in kurzer Zeit selbst ein tüchtiger Violinspieler geworden war, bils dete sich selbst Schüler, aus denen er das kleine Violinisten Corps des Königs susammenseßte, welches denselben auf allen feinen Reifen begleitete und bei besonderen Gartens oder Wasser-Luftbars feiten des Königlichen Hauses spielte. Die Kammermusiker des Königs genoffen auch das Vorrecht, mit bedecktem haupte vor allen Französischen und fremden Prinzen, sobald diese sich bedeckt hatten, fpielen zu dürfen; diese Freiheit machte die Musiker sehr stols und misfiel den Prinzen so, daß sie darüber beim Könige Beschwerde führten, so daß das Privilegium abgeschafft wurde. Bei den Festen, die man auf dem Wasser veranstaltete, war aber Ludwig immer so beforgt für die Sänger, daß er ihnen vor dem Beginn der Musik gewöhnlich zurief, fie möchten mit bedecktem Haupte fingen. Ein anderes Privilegium der Kammermusiker bes stand darin, daß sie ohne Patent und Corporations › Abgaben_in jeder Stadt Frankreichs, eben so wie die Hofbarbiere, einen Las den eröffnen konnten; für sich selbst machten sie aber selten davon Gebrauch und verkauften vielmehr dieses Vorrecht für hundert Thaler an Andere.

Die Waffenfeste, Turniere und Karuffelle, welche unter der Regierung Heinrich's IV. auffamen, und die bei der Thronbestei gung Ludwig's XIV. vorzüglich glänzend waren, hatten die Eins richtung eines besonderen Musik-Corps veranlaßt, das zum Mars stall des Königs gehörte. Dieses Corps bestand aus zwölf Diss Pants Oboen, zwei Contrebaß Oboen, zwei Tenors und Baß Instru menten derfelben Art, zwei Diskant Hörnern, einem Alts, einem Tenors und einem Bas-Krummhorn, zwei Trummscheiten, zwei Trompeten und zwei Paar Pauken.

Ungeachtet diese gothische Zusammenstellung von Instru menten mehr geeignet war, die Ohren zu zerreißen, als sie zu entzücken, und obgleich die Turniere und Karuselle schon lange vor dem Ende der Regierung Ludwig's XIV. aus der Mode kas men, so bestand die Musik des Königlichen Marstalles doch noch bis zum Jahre 1785. Dadurch, daß dieser König seinen Wufis

kern viel Privilegien und Rechte bewilligte, glaubte er die Forts schritte der Musik in Frankreich zu befördern; aber der Erfolg entsprach nicht seiner Erwartung, weil die Aemter leider tauflich waren. Eine Anstellung als Sanger, Violinist, Hoboist oder Kapellmeister konnte, wie jedes andere Amt, erkauft werden; der Reichste trug folglich den Sieg über den Geschichtesten davon, und diejenigen, für welche nur Jugend und Talent sprachen, wurden des vergeblichen Petitionirens müde. Die Stellen waren Eigen: thum ihrer Inhaber, aber Pensionen wurden nur bedeutenden Musikern bewilligt. Mit dem Jahre 1760 jedoch erreichten alle diese Uebelstände ihre Endschaft. Ein Edilt vom August deffel: ben Jahres vereinigte die verschiedenen Musik-Corps der Kapelle, der Kammer und des Marstalles zu einem einzigen, dessen Mits glieder man von nun an mit mehr Sorgfalt auswählte; alle uns núße und überflüssige Aemter, namentlich das des bisherigen Kapellmeisters, wurden aufgehoben und die Auswahl der Sänger und Musiker fortan den Hof Komponisten übertragen; doch zahlte man den Verabschiedeten, so wie ihren Witwen, Penfionen aus. Von diesem Zeitpunkte an vervollkommnete fich die Ausführung der Musik in Paris, und der Ruhm des Französischen Konserva toriums wurde allmålig vorbereitet. (France musicale.)

Mannigfaltiges.

Das

Talma in Dresden. Es hat sich ein Brief des großen Helden der Französischen Schaubühne aufgefunden, der aus Dress den vom 3. Juli 1813 datirt ist und in seiner ersten Hälfte auch für Deutsche Leser nicht uninteressant seyn dürfte. Talma schreibt darin an seinen Schwager Ducis:,,Lieber Freund! Zwanzig Lage bin ich nun hier und habe erst zweimal gespielt, in,,Dedip" und ,,Semiramis"; morgen trete ich zum drittenmal in „Andromache“ auf. Der Vorstellung des ,,Dedip" wohnte der Kaiser bei, und er war sehr zufrieden damit; gleich darauf reiste er nach Mainz ab, von wo man ihn heute oder morgen zurück erwartet. Französische Schauspiel hat aber während seiner Abwesenheit leine Ferien gehabt, denn man spielte vor Sr. Majestät dem Könige von Sachsen. Wir theilen unsere Bühne mit den Italidnern und Deutschen und wechseln uns die Woche hindurch unter einander ab; daher kömmt es, daß ich so wenig aufgetreten bin. langweilt sich hier zum Sterben. Der Aufenthalt in dieser Stadt ist höchst traurig, so viel Menschen auch hier versammelt find. Unser Theater Personal logirt in drei verschiedenen Häusern; ich wohne in der luftigsten Gesellschaft, denn Baptiste der Jüngere und Michot sind meine Hausgenossen, und sie haben von früh bis Abend nichts als tolles Zeug im Kopfe. Ich kann also wohl sagen, daß mir die Zeit noch mit am leidlichsten vergeht." Der zweite Theil des Briefes bezieht sich auf eine Rivalität zwischen den Schauspielerinnen Georges und Duchesnois, die Talma zu schlichten bemüht ist, indem er meint, daß beide ganz gut neben einander ihren Play behaupten könnten, wenn sich nur nicht Parteien im Publikum und in den Journalen bilden und mit Gewalt zwischen ihnen Eifersucht und Zwiespalt anstiften wollten. Fiat applicatio!

Alles

- Deutsche Lieder in Paris. Schon seit längerer Zeit hat sich einer unserer gemüthreichsten Lieder Komponisten, der verstorbene Franz Schubert, großer Anerkennung unter den Frans sofen zu erfreuen, was er seinem Freunde, dem genialen Pianisten Lift, verdankt, der sich einige der Schubertschen Lieder, naments lich den,,Erlkönig", für fein Inftrument allein einrichtete und durch die wunderbar poetische Weise, wie er dieselben vortragen foll, die Aufmerksamkeit auch auf die Compositionen selbst hin lenkte. In der ersten Pariser Ausgabe war man aber unbarm herzig damit umgegangen, indem man ihnen einen ganz anderen Tert unterlegte, ohne sich im mindesten an die Gedichte der Deutschen Lyriker zu fehren, die den Komponisten zu so finnigen Tonfchöpfungen begeistert hatten. So war zum Beispiel der Cyklus von Gothe's Liedern über die Müllerin auseinanderges riffen und jedem einzelnen Liede ein anderer Gegenstand unterges schoben. Jeßt hat sich nun in Emile Deschamps ein Ueberseber der OriginalsGedichte gefunden und Schubert's Compofitionen in einer neuen Ausgabe derselben für jene Entweibung gerácht. Wenn die Uebertragung nicht immer gelungen ist, so darf man dies wohl einigermaßen entschuldigen, indem man bedenkt, wie schwer es seyn muß, die Gedrängtheit der Deutschen Lyrik, den konkreten Ausdruck unserer poetischen Sprache in dem zerlegenden und paraphrafirenden Französischen Idiom wiederzugeben. Die erste Lieferung der Schubertschen Gefange enthält: Gretchen am Spinnrad, den Erlkönig, die Rose, das Ave Maria, die Poft und die Serenade. Am wenigsten ist dem Ueberseßer von Shakes speare's,,Romeo und Julia" und,,Macbeth", Schiller's,,Glocke" und Göthe's,,Braut von Korinth" die unnachahmliche Ballade ,,der Erlkönig" geglückt; der darüber ausgebreitete Hauch der Naturpoesie ist ganz verloren gegangen. Als Probe geben wir

eine Stelle aus Gretchens Liede:

Seiner Rede
Zauberfluß,

Sein Handedruck
Und ach sein Kuß!

Meine Ruh' ist hin,

Son parler qui semble
Vous caresser;
Sa main qui tremble,
Et son baiser!

De mon coeur a fui la paix;

Ich finde sie nimmer und nimmermehr. Elle n'y reviendra jamais.

vierteljährlich, 3 Thlr. jür das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchic.

No 27.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Vost - Nemtern,

Literatur des Auslandes.

England.

Berlin, Montag den 4. März

Die neuesten Forschungen über Stürme und Orkane.

Es ist eine Demüthigung für die Wissenschaft und ein Vors wurf für jede Akademie, daß wir bis auf diesen Augenblick so wenig von der Meteorologie wissen von den Gefeßen und den Störungen jener subtilen Flüssigkeit, die in und um uns existirt, der vornehmsten Bedingung unseres Daseyns. Betrachten wir die Erd Atmosphäre nur in ihren chemischen und statischen Vers hältnissen, so ergiebt sich zwar allerdings, daß unsere Kenntniß ihrer Eigenschaften eben so umfassend als tief ist. Wir haben die gasige Masse in ihre Elemente zerseßt und ihre besonderen, das Leben erhaltenden und zerstörenden Kräfte ermittelt. Ihr Gewicht, ihre wechselnde Dichtheit, ihre Höhe, ihre Wirkung auf das Licht, ihre elektrischen und magnetischen Phänomene, ihre wechselnde Temperatur, mögen wir nun von der Erde emporsteigen oder nach verschiedenen Punkten der Oberfläche uns begeben: Alles ist mit bewundernswürdiger Genauigkeit und aus gezeichnetem Erfolge ergründet worden. Wie groß aber auch die Kenntniß sey, die wir von dem_Luft-Ocean besiyen, so fern er ruhig und heiter ist — so beschämend ist auf der anderen Seite unsere Unkenntniß desselben im bewegten und stürmischen Zustande. Wenn die Paroxysmen der Hiße und Kälte das organische Leben zerstören wenn die geschwellte Wolke ihrer flüssigen Last sich entladet und uns mit einer zweiten Sündfluth bedroht der wüthende Sturm durch die Lüfte wirbelt und das elektrische Feuer, aus seinem Gas-Kerker befreit, die Gebdude von Menschenhand zerschmettert und selbst die mächtige Rinde des Erdballs sprengi: da zittert der Mensch an seinem Heerde, ein Sklav der Schreckniffe, die er nicht vorhersehen, und ein Spiel der Eles mente, die er nicht fesseln kann.

wenn

Obfchon aber die Bemühungen der tiefsten Forscher an Kas tastrophen solcher Art bis jest gescheitert sind, so würde es doch mit der ganzen Geschichte der Wissenschaft im Widerspruch stehen, wenn wir vorausseßen wollten, daß man niemals wirksame Mittel ergreifen könnte, um Leben und Eigenthum zu sichern, wenn ihnen Gefahr droht, oder wenigstens um die Gefahren zu verringern, denen beide ausgeseßt sind. Der Physiker hat in seinem Kabis nette schon manche Mittel ausgedacht, die uns entweder Schutz gewähren oder zur rechten Zeit warnen, auf unserer Hut zu seyn. Elektrische Leiter schüßen unsere Häuser und Fahrzeuge; Baro meter und Sympiezometer mahnen den Schiffer, daß er seine Tops segel aufziehe und zum Kampfe mit den Elementen sich anschicke. Wie schwach aber dergleichen Alliirte auch seyn mögen, so sind fie doch vielleicht Alles, was ein sich selbst überlassener Forscher zu Tage fördern kann. Es wäre die Sache der Regierungen Europa's und Amerika's, insonderheit aber der Britischen, jede Untersuchung, welche Ursprung und Natur der Seestürme jum Gegenstand hat, durch liberale Unterstüßungen zu ermuthigen; allein es geschieht nirgends etwas dafür, obgleich der Orkan im Verlaufe Eines Tages Hunderte von Schiffen zertrümmern, viele tausend Menschenleben vernichten und Millionen Eigenthum in der Tiefe begraben kann. Wir Briten besigen kein Nationals Institut zum Besten solcher Forschungen, und die Sache der Menschheit im Großen, bei welcher doch jede lebende Nation und jede künftige Generation betheiligt ist, wird den schwachen und isolirten Anstrengungen des individuellen Eifers anheimgestellt.

Es ist gleichwohl ein Glück für unser Geschlecht, daß die höheren Interessen der Menschheit und der Wissenschaft nicht den Launen einer ephemeren Geseßgebung überlassen bleiben. Wer über den Wirbelwind schreibt, der sorgt für die Linderung der physischen und moralischen Uebel, welche die Wirkungen feines Regiments find; und in den legten Jahren haben sich zwei oder drei Männer mit bewundernswürdigem Eifer und Erfolge dem Studium der Stürme gewidmet, welche die tropischen Meere durchwühlen. Es ist ihnen zwar noch nicht gelangen, den Urs sprung dieser Geißeln des Oceans zu entdecken, allein sie haben ihre Wesenheit im Allgemeinen ermittelt und vollkommen bes währte Vorschriften gegeben, wie man dem rasenden Elemente entfliehen kann.

The die Naturforscher auf die Untersuchung einzelner Stürme und Orfane ihr Augenmerk richteten, glaubte man allgemein, der

1839.

Sturm unterscheide sich nur durch die viel bedeutendere Schnellig keit der in Bewegung gefeßten Luft von dem gewöhnlichen Winde; und die Lehrer der Physik glaubten eine gute Definition gefunden zu haben, wenn sie sagten, daß der Orkan ein Wind fen, der in geradliniger Fortbewegung in Zeit einer Stunde 100 bis 120 Engl. Meilen zurücklege.

Der Erste, welcher diesen alten Jrrthum bestritt, war, wenn wir nicht irren, der verstorbene Oberst Capper, dessen Werk ,,Ueber die Winde und Monsuhn's" 1801 ans Licht trat. Nach dem dieser scharfsinnige physikalische Monograph allen Orkanen, welche 1760 und 1773 in Pondichery und Madras wütheten, prüfende Aufmerksamkeit geschenkt, zieht er den Schluß, daß die Orkane Wirbelwinde seyen, deren Durchmesser nicht mehr als 120 Miles betragen könne. Capper'n war auch die interessante Thatsache der progressiven Bewegung einzelner Wirbelwinde schon aufgefallen. Er behauptet, die Schiffe könnten aus dem Bereiche ihrer Wuth gelangen, wenn sie sich den Landwind zu Nuge machten; ja, es ist ihm sogar wahrscheinlich, daß man aus der Starke und den Wechseln des Windes die Stellung eines Schiffes im Orkane ermitteln könne.

So scháßenswerth aber diese Beobachtungen sind, so scheis nen sie doch nirgends Intereffe erregt zu haben. Der nächste Forscher, welcher diesem Gegenstand seine Aufmerksamkeit zus wendete, wurde durch selbstständige Beobachtung und ausgedehn tere meteorologische Erperimente darauf hingeleitet. Herr Reds field aus New York, dem sein Wohnfiß an der Atlantischen Küste die schönste Gelegenheit gab, nicht bloß die Phänomene der Stürme zu beobachten, sondern auch über die Details einzelner Stürme sich zu belehren, kam auf gleiche Ergebnisse, wie Oberst Capper, d. h. er erklärte die Orkane Westindiens, gleich des nen der östlichen Weere, für große Wirbelwinde.) Auch bewies er, was Capper nur angedeutet hatte, daß nämlich die Masse der wirbelnden Atmosphäre in progreffiver Bewegung von Südwest nach Nordost vorrückt; und diese Beobachtung leitet ihn auf fol genden Schluß:,,Die Richtung des Windes in einer besonderen Gegend hat mit dem wesentlichen Charakter des Sturmes Nichts zu schaffen und ist in allen Fällen aus der kreisenden und progreffiven Schnelligkeit des Sturmes im mittleren Verhältniß dies fer Schnelligkeit zusammengefeßt." Das Studium desjenigen Orkans, der im September 1821 wüthete, hat Herrn Redfield auf diese allgemeinen Prinzipien gebracht; um aber seine Ans sichten noch fester zu begründen, hat er den neueren Orkan vom 17. August 1830 in Betrachtung gezogen und auf einer beigefügten Karte seinen Charakter dargestellt und seinen Gang langs der Atlantischen Küste verzeichnet. Mehr als siebzig Beobach tungen an eben so vielen verschiedenen Orten liegen bei dieser Zeichnung zum Grunde.

So interessant diese Details auch seyn mögen, so erlaubt uns der Raum doch nur die Mittheilung einiger der vornehmsten Thatsachen. Der Orfan von 1830 scheint am 12. August um Mitternacht auf der St. Thomas Insel begonnen zu haben. Von dort zog er langs der Bahama Eilande und der Küste von Flo: rida weiter und bestrich die Küsten der Freistaaten bis zur St. Peters Insel, die unter 43° nördlicher Breite und 37° westlicher Lange belegen ist. Er machte diese lange Reise in ungefähr sechs Tagen, so daß durchschnittlich etwa siebzehn geogra phische Meilen auf die Stunde kamen. Die Breite der Strecke, welche mehr oder weniger unter dem Einflusse des Orkans stand, betrug 500 bis 600 Engl. Meilen; allein derjenige Strich, we der Orkan wahrhaft wüthete, war nur 150 bis 200 Miles breit. Die größte Heftigkeit des Sturmes an den verschiedenen Punk ten, über welche er zog, währte 7 bis 12 Stunden, und auf seis nem Wege von der Insel St. Thomas bis zu seinem Ziele jen seits der Küste NeusSchottlands legte er in einer Stunde 15 bis 20 Miles zurück.

Der freisende Charakter dieses Sturms, welcher_beständig von der Rechten zur Linken sich bewegt, wird schon durch

*) Seine hierher gehörigen Abhandlungen sind: Remarks on the pre vailing storms etc. (Bemerkungen über die an der Atlantischen Küste der Vereinigten Staaten vorwaltenden Stürme.) Hurricane of August, 1831. (Der Orkan vom August 1831) Observations on t. Hurricanes and Storins ete. (Beobachtungen über die Orkane und Stürme in Westindien and an der Küste der Vereinigten Staaten.) On the Gales and Burricanes ete (Ueber die Stürme und Orkane im Westen des Atlantischen Meeres.)

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die wechselnden Richtungen des Windes an den verschiedenen Punkten seiner Bahn genugsam bewiesen; aber den schlagendsten Beweis lieferte die Wirkung, die er auf zwei abgehende Euro päische Schiffe dußerte. Das eine derselben, der "Illinois", gerieth in den Wogendrang, welcher dem von Süden heran ziehenden Orkane vorausging; allein es entfam glücklich, da es guten Wind hatte und von dem Golf Strome getrieben wurde, wahrend der Sturm durch einen Umweg in der Richtung von Charlestown und der Küste Georgiens Zeit verlor. Erst am 17ten ereilte der Orkan das Schiff von Süden her, und an demselben Tage, ja, in derselben Minute, wüthete er von Nord- Often aus gegen New York, wo er Dächer von den Häusern riß. Die Britannia", welche am 16ten bei schönem Wetter aus News Vork unter Segel ging, gerieth am Abend des 17ten in den Bes reich des Orlanes; dieser war Anfangs Nord-Oft, dann Ost-Nord Ost und nach Mitternacht Süd-Ost.

Nachdem Herr Redfield noch andere Orkane beschrieben, die ihn auf gleiche Schlüsse leiten, bemerkt er, daß die Achse ihres Umschwungs muthmaßlich der Richtung zugeneigt sen, in welcher fie fortrüden. Diese Neigung der Achse crkiari er aus der lang fameren Bewegung des unteren Theiles der kreisenden Masse durch den Widerstand der Oberfläche. In Folge dieses Widers standes neigen sich die höheren Luftschichten verwärts und cilen der ruhigeren Atmosphäre an der Oberfläche um ein Bedeutendes voran. So löst sich unter Anderem auch das Räthsel, warum plögliche Stöße des Orkans die Segel und Sparren eines Schiffes treffen können, während auf dem Verdecke Alles ruhig ist.

Eine der wichtigsten Folgerungen, die Herr Redfield aus den von ihm beobachteten Thatsachen gezogen, ist die Erklärung der Ursachen, die an Orten, wo ein Orkan im Anzug ist, ein Fallen des Barometers veranlassen. Er schreibt diefe Wirkung der cens trifugalen Tendenz der ungeheuren kreijenden Luftmasse zu, die den Sturm ausmacht. Diese centrifugale Thätigkeit muß die un ter ihrem Einflusse stehende atmosphärische Schicht ausdehnen und gegen das Centrum des Wirbels hin dermaßen abflachen und niederdrücken, daß das Gewicht der Luftsäule, welche auf das Quecksilber im Barometer wirkt, verringert wird.*) Ferner be merkt Herr R.: Welches auch die obere Gränze der rotirenden Masse seyn möge, so muß die Wirkung ihres Niederdrückens je Denfalls darin bestehen, daß die kalte Schicht der oberen At: mosphäre tiefer finkt, besonders gegen die inneren Regionen des Sturmes hin; und indem sie auf diese Weise mit dem feuchten Stratum der Oberfläche in Berührung kommt, muß eine dauernde und ununterbrochene Wolkenschicht entstehen, die, je nach dem Stande der Temperatur in der niederen Region, zu gefrorenen Dünften wird oder als Plaßregen herabfält."

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Die Hypothese des Verf. über die Ursachen der Stürme an der Atlantischen Küste ist folgende:,,Sie entstehen aus vereins zelten und kreisenden Portionen des nördlichen Randes der Pasfat Winde, veranlaßt durch den schräge laufenden Damm, welchen die Infelgruppen dem geraden Zuge dieses Theiles der Passat Winde entgegenstellen, oder durch ihr Zusammenstoßen mit dem Nordwinde von der Amerikanischen Küste her, oder durch beide Ursachen.“

(Fortseßung folgt.)

Glasgow. (Schluß.)

Das Chor der Kirche ist augenscheinlich aus einem späte: ren Jahrhundert, aus der Zeit zwischen 1160 und 1260; hier findet man den reinen und einfachen gothischen Geschmack. Die Winkel der Fensterwölbungen, besonders die der beiden oberen Stockwerke, werden spiser, die Gewölbe streben kühner auf, und die Fensterkreuze sind schlanker und schwungvoller. Der vordere Theil der Kirche scheint, aus einer noch spätes ren Zeit herzustammen; man bemerkt hier schon ein Hinneigen zur Grazie und zur Verzierung, besonders an den großen Fenstern unter dem Glockenthurme. In seiner Totalitát hat das Gebäude nichtsdestoweniger einen außerordentlich einfachen Cha rakter. Die gewaltige Masse stüßt sich nach Außen auf keinen Wald von Bogenpfeilern, wie die leichteren Gebäude des folgen den Jahrhunderts, wo Alles nur auf die Schönheit des inneren Raumes berechnet war. Man findet hier nicht die Grazie der Kapelle von Holy Rood, Melrose Abbey oder der Kapelle von Roslin. Der Glockenthurm ist am spätesten erbaut; er stammt aus dem Jahre 1430, aber auch er hat nicht die reichen Verzie: rungen und die bunten Schnörkeleien, welche alle Baudenkmäler dieser Zeit auszeichnen; die Höhe desselben beträgt 225 Fuß.

Walter Scott hat uns in seinem Rob Roy eine herrliche Be schreibung des Innern der Kathedrale, der geheimnisvollen unters irdischen Raume, der zahllosen Grabsteine, welche die Mächtigen der Erde nicht vor der Vergessenheit schüßen konnten, hinterlassen. Der großartige dußere Anblick des Gebäudes, der umgebende Kirchhof, die von alten schwarzen Fichten beschatteten Hügel, selbst das eintönige Gemurmel des nahen Baches, erhöhen bei ihm noch den düsteren und unheimlichen Eindruck der Landschaft und erregen die höchste Bewunderung des Dichters. Aber jest

*) Daher der Grund, warum das Quecksilber im Barometer in den letzten Stadien des Orfanes immer wieder steigt und, wenn der Sturm vorüber

find die hundertjährigen Fichten' gefällt, der. Bach murmelt nicht mehr und ist nur noch eine stinkende Lache; die Grabsteine sind so dicht an einander gedrängt, daß man in der Nähe der Kirche nur auf Wappen, Grabsprüchen und Inschriften schreitet; man erblickt jest auf dem Hügel nur noch einige verkümmerte Cy pressen. Auch stößt das Hospital so nahe an die Kirche, daß die Kranken aus ihrem Bette die Aussicht auf das Grab haben, welches sie erwartet. Dagegen gehört die Aussicht vom Hügel, auf welchem die Kirche erbaut ist, zu den großartigsten und ents schädigt den Beschauer für den Anblick in seiner Nähe.

Wie schon oben bemerkt, sind die Kathedralen von Glasgow und von Kirkwall die beiden einzigen Denkmäler des eilften und zwölften Jahrhunderts in Schottland, welche der Zerstörungs; wuth entgangen sind. Um die Kirche in Glasgow vom Unters gange zu retten, bedurfte es nichts Geringeren als eines Aufstan des der Bürgerschaft. Pennant berichtet uns, daß die reformir ten Prediger im Jahre 1708 durch Drohungen und Einschüchte? rungen der Behörde den Befehl zur Zerstörung der Kirche ents rissen. Anstatt das Gebäude in Besiß zu nehmen und den Bedürfs nissen der neuen Gottesverehrung anzupaffen, wollte der Fana tismus der Puritaner es umstürzen und wie einen besiegten Feind niederschmettern. Schon waren Hunderte von Händen in Bewe gung, und der Pöbel wollte bei dieser Ergößlichkeit auch kein müßiger Zuschauer bleiben, als einige Bürger sich bewaffnet in die Kirche warfen und Jeden, der die Mauern anzutasten wagen würde, zu tödten drohten. Die Wüthigen wurden eingeschüchtert, und während sie noch rathlos hin- und herschwankten, erschien der Stadtvorsteher, welcher zu ihnen sagte: Ihr habt Recht, die papistische Kathedrale muß zerstört werden, aber doch wohl nicht cher, als bis wir uns eine neue erbaut haben." Die Bürger von Glasgow hielten es aber für rathsamer, keine neue zu bauen, fondern die alte in drei Abtheilungen zu theilen und sie den drei verschiedenen Religionsbekenntnissen einzuräumen.

Wenn man von der Kathedrale nach Town Hall niedersteigt, kömmt man vor dem Kollégium vorbei, einem düsteren und schwerfälligen alten Gebäude, welches einem Gefängnisse nicht undhnlich sieht. Die Universität wurde im Jahre 1450 vom Bischof Turnbull gegründet, und sie ist nächst der des heiligen Andrews die älteste in Schottland. Die ungeheuren Gebäude, welche von großen Gärten begränzt werden, schließen Hörsäle, das anatomische Theater, Bibliotheken, die Sternwarte und werth volle Sammlungen in fich. Die Bibliothel enthält ungefähr 60,000 Bände und viele sehr merkwürdige Manuskripte, unter ans deren eine von Zacharias Boyd veranstaltete Uebersehung der Bi bel in Versen; dieselbe ist aus dem Jahre 1400. Die Sterns warte befindet sich auf einer Anhöhe in den Gärten des Kolles giums. Das bemerkenswertheste Instrument in derselben ist ein sehn Fuß langes, von Herschel angefertigtes Teleskov. Die Sammlungen befanden sich in dem Theile des Kollegiums, welcher the Hunterian Museum heißt. Da Glasgow durch seis nen ausgebreiteten Handel mit allen Theilen der Welt in Ver bindung steht, so sind die naturgeschichtlichen Sammlungen sehr vollständig und von großem Werthe. Das Hunterian Museum enthält auch die bedeutendste Münz Sammlung, welche sich im ganzen Königreiche findet. Der Gelehrte, welcher mich gegen Entrichtung eines Shillings im Museum herumführte, - denn in Glasgow hat Alles seinen Preis, versicherte mir, daß diese Sammlungen einen Werth von 120,000 Pfund Sterling hätten. Ganz unten an der Senkung von High Street und am nörd lichsten Ende der Trongate ist Town Hall, ein elegantes Bauwerk im Geschmack der Renaissance, gelegen; das Gebäude ruht auf Bogenwölbungen von viereckigen Säulen, und die oberen Faças den sind mit einer Reihe Jonischer Shulen geschmückt. Die Mauern selbst sind mit Waffen, Trophden und mit Darstellungen der Monarchen Großbritaniens von Jakob VI. an verziert. Auch eine marmorne Statue Pitt's von Flarmann findet sich hier. Unter den Bogengången von Town Hall, der Reiterstatue Wit helm's III. gegenüber, eröffnet sich der geräumige Saal des Ton tine Coffee Room. Dieser Saal, welcher achtzig Fuß breit und vierzig Fuß lang ist, sieht einer bewohnten Kirche nicht unähnlich. An den Seitenwanden desselben sind kleine Tische aufgestellt, auf welchen alle mögliche Zeitungen, Revuen, Broschüren Europa's, Amerika's, China's u. f. m. ausgebreitet liegen. Das Contine Coffee Room scheint also eher ein Lese Kabinet als ein Kaffeehaus zu seyn. Hier versammeln sich auch die Kaufleute, um sich über Handels:Angelegenheiten und Politik zu besprechen. Jedem Frem den steht der Eintritt ohne Weiteres frei.

Town Hall liegt am nordöstlichsten Ende der Trongate. Dic Trongate ist eine achtzig bis neunzig Fuß breite und fast drei Viertel Meilen lange Straße. Sie läuft parallel mit der Clyde, langs dieses Fluffes und der Neustadt hin; sie ist die belebteste Straße der Stadt. Die Erdgeschosse der Häuser, welche meistens theils beffer gebaut und höher gelegen sind, als die des Strand au London, nehmen meistentheils Laden ein. In Bezug auf die Lage, den Anblick und die Lebendigkeit hat die Trongate sonst viele Achnlichkeit mit dem Strand in London. Die beste Pers spektive, welche diese lange Straße darbietet, ist die der Town Hall, wenn man sich an die Ecke der Buchana-Street stellt. Die seltsam gestalteten Thürme, über welchen Elöckchen nach Art der Orientalischen Minarets schweben, überhaupt die ganze geschnörs Pelte und überladene Bauart von Town Hall, bieten eine der mas lerischsten Sädteansichten dar. Der feste und warme Grundton dieses Baues, den die Zeit allein mit braunen, olivenfarbigen

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