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Buchdruckerei der J. G. Cotta’schen Buchhandlung in Stuttgart.

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Singspiele.

Das Singspiel entlehnten die Deutschen von den Franzosen, denen Goethe selbst das Verdienst zuschreibt, ein heiteres singbares Wesen auf unser Theater herübergebracht zu haben. Es waren kleine Lustspiele mit eingemischten Arien, Duetten, Terzetten und Chören, leicht hingeworfne Sachen, an die man nicht große Ansprüche machte. Auch Goethe versuchte sich in dieser Gattung, als er in den Jahren vor seiner Uebersiedlung nach Weimar mit dem Componisten André in Offenbach bekannt geworden war. Der Verbindung mit ihm verdanken wir Erwin und Elmire und Claudine von Villa Bella, die beide in doppelter Gestalt vorliegen und von denen die letztere hier, die erstere beim dreißigsten Bande in ihren beiden Formen besprochen werden soll.

Die ältere Form der Claudine von Villa Bella stammt aus dem Frühjahr 1775 und wurde zuerst im folgenden Jahre in Berlin gedruckt. Goethe nannte das Stück ein Schauspiel mit Gesang, und verlegte die Scene nach Spanien. Der Sohn eines angesehenen Hauses, früh schon ein wilder Bube, findet die bürgerliche Gesellschaft, in der man, um zu arbeiten und sich lustig zu machen, Knecht sein muß, auf die Dauer unerträglich und geht in die weite Welt. Einmal ins Vagieren gekommen, hat er kein Ziel und keine Grenzen mehr. Zwar behält er einen Grund von Edelmuth und Großheit im Herzen, aber er schwadroniert mit Spielern und Buben im Lande herum, betrügt die Mädchen und fängt Händel an. Ihn aufzusuchen und zu seiner Familie zurückzuführen, ist ein Freund des Hauses ausgezogen und hat ihn in der Nähe von Villa Bella auf der Fährte, wo er sich unter dem Namen Crugantino mit einem andern Vagabunden, Basco, herumtreibt und ein Bürschchen wie ein Hirschchen den Frauenzimmern den Kopf verdreht, die Pfarrer bestiehlt und sich nicht fangen läßt. Er hat sein Auge auf Claudine gerichtet, die Tochter des alten Gonzalo, die ihrerseits einen Gast, Pedro, den Bruder des Schwärmers, liebt. Diese Liebe suchen zwei neidische Nichten Gonzalo's zu verdächtigen; sie machen den Alten argwöhnisch und dieser kommt, als eben Pedro und Crugantino, beide nach der im Mondschein wandelnden Claudine ausgegangen, draußen Goethe, Werke. Auswahl. XVII.

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zusammengetroffen und der verwundete Pedro weggetragen ist, auf die Stätte des Getümmels, führt den als harmlosen Spaziergänger sich darstellenden Crugantino mit seiner Cither ins Schloß und macht ihn mit den Frauen bekannt. Crugantino singt seine Liebe, und als der Alte eine Gespensterromanze verlangt, kann er auch damit dienen, denn alle Balladen, Romanzen, Bänkelgesänge werden jetzt eifrig aufgesucht, aus allen Sprachen übersetzt; unsre schönen Geister beeifern sich darin um die Wette.' Er singt die Ballade: 'Es war ein Buhle frech genung', deren Schluß durch die Nachricht unterbrochen wird, daß Pedro verwundet und entführt sei. Indeffen kommt der alte Freund des Hauses mit Wache herein, um den Vogel zu fangen; allein Crugantino schlägt sich durch und entkommt. Die ohnmächtig gewordne Claudine kommt wieder zu sich, weiß, während die Männer dem Flüchtigen nachseßen, die Nichten zu entfernen und macht sich in der Nacht in Mannskleidern nach Saroffa auf, wo Pedro verwundet liegt. Dort trifft sie mit Crugantino zusammen, der eben zurück will, um seine auf dem Schloß gelaffne Cither nachzuholen. Pedro, unter dessen Fenster beide ein Getümmel machen, kommt herab, um Claudine zu befreien, aber Crugantine seht ihr den Degen auf die Brust. In diesem Augenblick erscheint die Wache und führt alle hinweg. Im Gefängniß wird Crugantino als Bruder Pedro's fund gemacht, Claudinens Vater kommt auch herbei, die Tochter ringt mit Ohnmacht, erholt sich aber und das Weitere läßt der Dichter in einem Schlußchor errathen.

Der kecke Plan, die Frische der Ausführung und Derbheiten der kräftigen Sprache machen das Schauspiel zum Product der Genieperiode. Die Charakterschilderung Crugantino's, die seinen Thaten entspricht, zeigt, wie ganz Goethe sein Auge auf diesen Charakter richtete und wie er ihm die Hauptaufgabe war. Die andern Personen treten dagegen zurück, am blassesten die Titelheldin, deren wiederholte Ohnmachten mit dem kühnen Entschluß, dem Geliebten in Männerkleidung beizuspringen, ebenso wenig stimmen, wie die übrige träumerisch zarte Zurückhaltung ihres Wesens. Die neidischen Nichten verschwinden, als Claudine fie fortgeschickt, und von Basco ist seit der Haftnahme nicht wieder die Rede.

In Italien nahm Goethe im November 1787 das Stück wieder auf, um es für die Ausgabe feiner Werke fertig zu machen; er hatte seine Forderungen an sich selbst gesteigert und konnte es nicht über sich gewinnen, das Spiel in seiner ersten Form dahin zu geben; manches Lyrische darin war ihm werth; es zeugte von vielen zwar thöricht, aber doch glücklich erlebten Stunden, wie von Schmerz und Kummer, welchen die Jugend in ihrer unberathnen Lebhaftigkeit ausgesetzt ist. Der profaische Dialog wollte ihm jezt nicht mehr genügen. Er studierte mit

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