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V. 1- 19.

Süfs' ists, anderer Noth bei tobendem Kampfe der Winde
Auf hochwogigem Meer, vom fernen Ufer zu schauen;

Nicht als könnte man sich am Unfall åndrer ergötzen,

Sondern dieweil man es sieht, von welcher Bedrängnifs man frei ist.
Süfs' auch ist es, zu schaun die gewaltigen Kämpfe des Krieges
In der geordneten Schlacht, vor eignen Gefahren gesichert.
Aber süsser ist nichts, als die wohlbefestigten heitern
Tempel inne zu haben, erbaut durch die Lehre der Weisen:
Wo du hinab kannst sehn auf andere, wie sie im Irrthum
Schweifen, immer den Weg des Lebens suchen, und fehlen;
Streitend um Geist und Witz, um Ansehn, Würden und Adel;

Tag und Nacht arbeitend, mit unermüdetem Streben,

Sich zu dem Gipfel des Glücks, empor sich zu drängen zur Herrschaft.

O unseliger Geist, o blinde Herzen der Menschen!

In welch finsterer Nacht und unter welchen Gefahren

Wird diefs Leben verbracht, der Moment! Es liegt ja vor Augen,
Dafs die Natur für sich so heifs nichts fodert, als dafs wir,
Ist der Körper von Schmerzen befreit, des Geistes geniessen,
Frohen Gefühls, entfernet von Furcht und jeglicher Sorge.

Und so sehen wir ein, es sey zur Erhaltung des Körpers

Weniges nur vonnöthen, ihm jeglichen Schmerz zu benehmen:

Ja, dafs Ergötzlichkeiten sogar sich häufig erbieten,

Wie sie zuweilen selbst die Natur nicht süfser erheischet.

Halten im weiten Saal nicht goldene Jünglingsgestalten

Flammende Fackeln empor, den nächtlichen Schmaus zu erhellen;

Glänzt nicht von Silber das Haus, und wiederstrahlt es von Gold nicht;

Schallt nicht Zithergesang zurück von getäfelten Wänden:
Nun so lagert man sich vertraut auf weichlichen Rasen,
Neben dem rinnenden Bach, im Schatten erhabener Bäume,
Pfleget des Körpers froh, obwohl bei geringem Vermögen.

Sonderlich dann, wann die Witterung lacht, wann die fröhliche Jahrszeit
Wieder die grünende Flur mit Blumen und Blüten bestreuet.
Warlich nicht schneller entweicht die Fieberhitze vom Körper,

Ob auf Purpur du dich und gestickten Teppichen wälzest,

Oder gemeines Gewand um deine Schultern herum schlägst.

Mögen demnach nicht Schätze, noch Gold, noch Adel noch Herrschaft,
Körperlich Wohl befördern; so ist gar leicht zu ermessen,

Dafs sie weniger noch zum Wohl des Gemüthes vermögen.
Müfste denn seyn, wann du siehst das Bild des Krieges erwecken

Deiner Legionen Gewühl auf offenem Marsfeld,

Deiner Geschwader Gewühl auf weiter Fläche sich tummeln,

Dass, von diesem verscheucht, die zitternde Furcht vor den Göttern,
Sammt den Schrecken des Todes entflöh'n aus deinem Gemüthe,
Und das Leben dir frei und ledig liefsen von Sorgen.

Finden wir aber, dafs diefs nur Spiele der Kinder und Tand sey;

Dafs in der That die Furcht im Menschen, die nagende Sorge, Nicht vor Waffengetöse sich scheut, noch drohenden Lanzen, Sondern sich dreist unter Könige mischt, und unter der Dinge Herrscher; and dafs sie sich nicht vom Goldglanz lässet verblenden, Noch vom stralenden Lichte des purpurfarbenen Kleides:

Zweifelst du noch, diefs sey nicht alles Mangel an Einsicht?

Um so mehr, da so tief noch der Menschenleben die Nacht drückt.
Denn wie die Kinder erzittern und alles fürchten im Finstern,
Also fürchten auch wir, beim hellen Lichte des Tages,

Dinge, die eben nicht mehr verdieneten Furcht zu erwecken,

Als was die Kinder im Finstern erschreckt, und womit sie die Angst täuscht.
Durchaus müssen daher des Geistes Schrecken und Dunkel,
Nicht durch die Stralen der Sonne, des Tages leuchtenden Pfeilen,
Sondern sich durch der Natur Anschaun und Erkenntnifs zerstreuen.

Auf, und lafs dir nunmehr entwickeln durch welche Bewegung Jene zeugenden Körper die mannigfaltigen Dinge

Hier durch Vereinigung bilden, und dort durch Trennung zerstören ;
Welche Kraft so zu wirken sie treibt; die Beweglichkeit, welche

Ihnen eigen, den Weg durch's unendliche Leere zu machen:
Du, mein Memmius, leih' ein still aufmerkendes Ohr mir!
Keine Materie hängt ganz unzertrennbar zusammen:
Denn wir sehen es ja, wie alle die Dinge sich mindern,
Gleichsam schwinden dahin vom langaufzehrenden Alter;
Bis sie endlich die Zeit den Augen gänzlich entrücket.
Aber die Summe selbst scheint unverändert zu bleiben;

Denn die Theilchen, die stets den Körpern entweichen, vermindern

Hier die Masse, vergröfsern sie dort: wann jenes veraltet,

Dränget sich dieses hervor zu neuer Iugend und Blüte;

Bleibt nicht dauernd auch da. So wird die Summe des Ganzen

Immer wieder erneut, so borgt man das Leben von andern.

Ein Volk steiget empor, ein anderes sinket danieder;

Die jetzt lebende Welt ist nicht in kurzem dieselbe:

So wie die Läufer der Bahn nimmt einer die Fackel vom andern.

Irrig und ungereimt zu denken wär' es, die Stoffe

Könnten im Trieb nachlassen, und so, durch Verweilen, den Dingen

Einen veränderten Stand und neue Bewegungen geben.

Weil im Leeren sie schwärmen, so treibet sie eigene Schwere,
Oder auch äusserer Stofs: denn oftmals, wenn sie im Fortschufs
Gegen einander prellen, geschieht's, dafs schnell aus einander
Wieder sie springen; und leicht ist das zu begreifen, da hart ist
Ihre Natur, und schwer durch Dichtheit; nirgends im Rücken
Etwas entgegen steht, sie aufzuhalten vermögend.

damit du noch mehr, wie die Körperchen alle sich jagen,
Einsiehst, denke zurück, dass nichts im ganzen Gesammten
Irgend das Unterste sey; kein Punkt für Körper des Urstoffs
Fest zu stehen; ein Raum ohn' alle Grenzen und Ende

Dehnt sich ins Unermessliche aus, nach jeglicher Seite:

Diefs nun zeigt' ich bereits, und bewährt' es durch sichere Gründe. Ist nun dieses gewifs, so ist auch unter des Urstoffs

Körpern nirgend die Ruh' im unermesslichen Weltraum:

Sondern sie jagt ein beständiger Trieb nach mancherlei Richtung;

Sprenget die einen weiter zurück, wenn zusammen sie treffen,

Und verbindet im engeren Raum die andern durch Anstofs.
Was nun dichter zusammen gedrängt in näheren Räumen
Wieder zurücke springt, wird durch die verworrenen Formen
In sich selber verschränkt, und bildet Stoffe der Felsen,
Mächtige; starre des Eisens, und andere Körper von der Art;
Wenige nur: was ferner jedoch im Leeren herumschwärmt,
Springt auch weiter zurück, und wechselt in weiteren Räumen
Seinen verlängerten Lauf; und dieses schaffet die Luft uns,
Locker und dünn, und das Licht der herrlich stralenden Sonne.
Uebrigens schwärmen im Raum viel Körperchen, die mit den Dingen
Keinen Verein erhalten, und ausgeschlossen von diesem,
Nie zu gemeinsamen Trieb zusammengesellen sich können.

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Hievon kann ich dir leicht ein Vorbild geben, das immer

Uns vor den Augen schwebt. Schau, wie sich im Strale der Sonne, Welchen sie zwischen durch in schattige Oerter der Häuser. Einschliefst, Körperchen drehn, und unter einander sich mischen,

Viele, auf mancherlei Art, im eigenen glänzenden Lichtstral.

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Schlachten erregen und Kampf sie in ununterbrochenem Kriege,

Gleichsam streitend in Schaaren; sie sammeln und trennen sich wieder,

Sonder Ruhe noch Rast: wodurch dir ein deutliches Bild wird

Wie sich im Leeren jagen die uranfänglichen Stoffe:

Läfst sich ein Beispiel anders, von Dingen, welche so grofs sind,
Durch so geringe geben, die Spur nur ihrer Erkenntnifs.
Auch verdienen sie noch um so mehr Betrachtung die Körper,
Die in der Sonne Stral in solcher Verwirrung sich treiben;
Weil ihr treibendes Irren auf inn're verborg'ne Bewegung

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