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Theil daran nehmen. Nur bei heftigen und gewaltsamen Anfällen dringt die Bewegung durch die Seele in alle Glieder.

Daraus erkennen wir, dafs die Natur des Geistes und der Seele körperlich seyn müsse. Denn wenn sie die Glieder forttreiben, den Menschen aus dem Schlaf aufraffen, die Gesichtszüge verändern, den ganzen Menschen regen und bewegen können, so müssen sie körperlich seyn. Nur der Körper berührt, und läfst sich wieder berühren. V. 169. Die Seele theilt mit dem Körper seine Leiden. Wen ein Pfeil trift, ob dieser gleich nicht tödtlich ist, den befällt Mattigkeit, ein Verlangen zur Erde zu sinken, ein Herumwerfen auf derselben, und ein ungewisses Streben sich wieder empor zu richten.

V. 178. Der Dichter läfst diese körperliche Natur der Seele aus sehr kleinen, runden und glatten Stoffen bestehen, und sucht durch mancherlei Gleichnisse ein anschauliches Bild hievon zu geben. Zuletzt legt er noch dem Geist eine vierte Eigenschaft bei, nämlich den warmen Lebenshauch. Hierüber macht er sinnreiche Bemerkungen und Vergleichungen mit andern natürlichen Dingen, und sucht die. äusserst zarte Natur des Geistes wo möglich sinnlich begreiflich zu machen. Es fehlt dabei nicht an tiefen Bemerkungen und trefflich ausgemahlten Bildern, z. B. von den verschiedenen Temperamenten der Thiere, in Anwendung auf den Menschen. Jedem ist sein eigenes Naturell gegeben, Fleifs und Unterricht können es bessern, doch nie ganz ausrotten; demohngeachtet bleibt so wenig davon, dafs es uns nie hindern kann, ein Götter würdiges Leben zu führen.

V. 325. Noch mehr kräftige Beweise, dafs Geist, Seele und Körper mit den engsten Banden unter sich verknüpft sind..

V. 360. Abweisung einiger ungereimten Vorstellungen von der Wirkung des Geistes und der Seele auf den Körper. ⠀⠀

V. 372. Meinung des Demokritus, des herrlichen Mannes, dafs die Stoffe oder Atomen des Körpers und der Seele gleich vertheilt im Menschen sich befänden, und die Glieder zusammenhielten. Er sucht diese Meinung durch mehrere aus der Natur entlehnte Gründe zu widerlegen.

V. 397. Doch sagt er zuletzt, der Geist herrscht mächtiger über den Körper als die Seele. Er allein erhält das Leben; mit ihm entflieht die Seele. Er bleibt, wenn auch ein grofser Theil des Körpers und der Seele verlohren geht. Beweise aus Erfahrung und

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Natur.

V. 420. Nun kommt der Dichter auf die Sätze, wodurch er zu

beweisen sucht, dafs Geist und Seele, welche beide er nun für Ein und dasselbe nimmt, zugleich mit dem Körper entstanden, zugleich auch wieder mit ihm vergehen.

Der Beweise sind viele, mit tiefer physiologischer Einsicht auf Gründe der Natur gestützt und trefflich ausgeführt; aber zum Auszuge hier zu weitläuftig und beschwerlich. Wir wollen uns also sogleich

zum Schluss desselben begeben.

V. 842. Nichts ist also der Tod; (beginnt nun der Dichter) indem er unser ganzes Wesen auflöfst. Und wie wir in voriger Zeit kein Uebel empfanden, als der Pöner von allen Seiten eindrang uns zu bekriegen, und Himmel und Erde vom Kriegestumult erschüttert wurden, so werden wir auch in künftiger Folge - Zeit nichts fühlen, wann unser Wesen wird aufgelöfst seyn, und wir nicht mehr sind.

Dieses zu beweisen fährt er fort und zeigt zuletzt V. 883. dafs die erbärmlichen Klagen der Menschen über ihr Schicksal nach dem Tode hauptsächlich nur daher rühren, dafs sie sich von der Idee ihres Selbst nicht losmachen können. Sie fühlen sich immer noch fort in dem nicht mehr mit Gefühl begabten Körper.

V. 907. Diese Klagen nimmt der Dichter einem von ihnen aus dem Munde, und trägt sie persönlich vor; berührt dabei mit zartem Gefühle, was auch den edeln Menschen am meisten an's Leben binden könnte. Er beantwortet diese Klagen.

V. 925. Weiter noch scherzt er über diejenigen, die nur bei Lust und Schmaufs über die Kürze des Lebens klagen. Gleichsam, fügt er hinzu, als wenn es das einzige Elend im Tode sey, von Durst ausgetrocknet, verdorren zu müssen.

V. 944. Hier fängt der Dichter eine eigene Prosopopöie an, indem er die Natur selbst redend einführt, die sich gegen die unbilligen Klagen der Menschen vertheidigt.

,,Was klagst du denn, Sterblicher, (sagt sie) seufzest und beweinstden Tod! Ist dir dein bisheriges Leben angenehm gewesen, sind nicht alle Geschenke desselben bei dir, wie durch ein durchlöchertes Fafs ausgeflossen, und ohne Dank zu Nicht geworden; warum gehst du nicht wie ein gesättigter Gast von der Mahlzeit, und nimmst, o du Thor, die sichere Ruhe an! Ist dir aber jeder Genufs gleichsam hingeschüttet, und ist das Leben dir zuwider, warum suchst du noch mehr anzuhäufen, damit es auch zu Grunde gehe und deinen WiderWas ich weiter erfinden soll, dir das Leben gefälAlles ist immer dasselbe. Wenn

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willen vermehre.

lig zu machen, weifs ich nicht.

auch dein Körper von Jahren noch nicht verzehrt ist, die erschöpften Glieder noch nicht ermattet und schlaff sind, so bleibt doch alles übrige dasselbe, wenn du auch Jahrhunderte durchleben würdest; ja noch weit mehr, wenn du nie aufhören würdest zu leben. “

Was sollten wir hierauf antworten? sagt der Dichter. Nichts weiter, als dafs die Natur Recht habe, und uns gerechte Vorwürfe mache. Diese Unterredung setzt er fort, mit mehrern und wichtigen Gründen.

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V. 984. Zuletzt führt er uns noch auf die Zeiten zurück, ehe wir geboren waren, und läfst uns diese von der Natur gleichsam als einen Spiegel unserer Zukunft vorhalten; sie fragt:,,siehst du was schreckliches darin? etwas das dich betrübt machen könnte? ist nicht alles Ruhe und ein sicherer Schlaf?

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V. 991. Nun kömmt er auf die Vorstellungen, die man sich von der Hölle macht.

Alles dieses, was man vom Tantalus, Tityus, Sisyphus und andern erzählt, sei bei uns im Leben vorhanden, und aus demselben genommen. Tantalus zittre nicht unter der Last eines überhängenden Felsen; sondern diefs sey der Abergläubische, der sich vor jedem Zufall des Schicksals fürchtet.

Auch Tityos hackten nicht die Adler; sondern die niedrigen Begierden und Wollüste verzehrten die Menschen.

Den Sisyphus sehen wir alle Tage vor Augen. Er ist es, der Ehren und Würden vom Volk zu erhalten sucht, und immer zurückgewiesen, immer wieder aufs neue anstrebt. Das ist der, der den schweren Stein auf den Berg zu wälzen sucht, der aber immer wieder zurückrollt.

Die Danaiden zuletzt, die schönblühenden Jungfrauen, die immer mit durchlöchertem Eimer schöpfen, sind sie es nicht, die unser undankbares Gemüth darstellen, das sich durch keinen Genufs des Lebens ersättigen und ausfüllen läfst?

V. 1023.

Endlich kommt der Dichter auch auf die Strafen der Hölle. Cerberus, Furien, einen Tartarus, giebt es nicht. Sie sind nie und können auch nicht seyn. gewesen Aber das böse Gewissen im Menschen ist statt Geifsel, Ruthen, Folter und Henkersknechte. Daher die Furcht vor den Strafen, die noch immer heftiger bevorstehn, und von denen man kein Ende sieht.

So ist das Leben der Thoren das wahre Leben im Orkus.

V. 1037.

Hier kommen einige Trostgründe, die wir über die Kürze des Lebens fassen können, und die aus dem gleichen Schicksale

so vieler grofsen und vortrefflichen Männer und Helden hergeleitet sind. Hat nicht der gute Ankus auch das Licht des Lebens verlassen? Er, der so viel besser war, als du, Undankbarer!

So viele Könige, so viele Herrscher der Völker, so viele grofse Feldherren?

Er selbst, der sich ehemals den Weg über das Meer gebahnt hat, und seine Legionen darüber geführt, er, Xerxes selbst, hat er nicht seine Seele dem sterbenden Körper ausgehaucht?

Scipio, der Krieges donner, der Schrecken Karthago's, auch er hat, wie der geringste Knecht, seine Gebeine der Erde gegeben.

V. 1049. Nimm noch die Erfinder der Wissenschaften und Künste, die Freundesgenossen der Helikonischen Musen; unter denen Homerus allein den Scepter trägt, der doch eben wie jene im süssen Schlummer ruht.

Als den Demokritus das hohe Alter erinnerte, dafs die Bewegungen seines Geistes matter würden, gab er sich freiwillig hin

dem Tode.

Ja Epikurus selbst, der die Grenzen des menschlichen Geistes zu überschreiten schien, starb nach vollendeter Laufbahn.

V. 1058. Und du stehst noch an und zauderst zu sterben? Du, der schon bei lebendigem Leibe todt ist? der den gröfsten Theil des Lebens im Schlafe zubringt; wachend schlummert, nicht aufhört Träume zu sehen, und unter Schrecken und Furcht ein trübseliges Leben führt; oft selbst nicht finden kannst, was dir fehlt, und wie ein Trunkner stets, von Sorgen umhergetrieben, auf ungewisser Woge des Gemüthes schwankst?

V. 1065. Kennten die Menschen die Ursachen, aus welchen die Last entsteht, die auf ihre Gemüther drückt, und die sie doch fühlen, sie würden ein anderes Leben führen, wie gewöhnlich, da keiner weifs was er will, immer umhersucht, und den Ort verändert, gleichsam als wenn er die Last daselbst ablegen könnte.

V. 1073. Eine leichte Schilderung eines Menschen solcher Art. V. 1090. Endlich, welche Gierde nach Leben treibt uns, unter solchen Gefahren! Dem Menschen steht nun einmal sein Ende bevor, und überdem treiben wir uns ja immer in demselben Kreise herum, und kein neues Vergnügen erzeugt sich bei längerem Leben. Was wir entbehren müssen, reizt uns am meisten. Wir streben immer nach Neuem, und wenn wir es erhalten haben, ekelt uns auch dieses an.

Auch in der That nehmen wir durch ein längeres Leben von der

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Zeit des Todes nicht das geringste hinweg. Lebten wir auch Jahrhunderte, so wird der Tod doch immer eine Ewigkeit dauern, und der, welcher heute stirbt, wird nicht länger gestorben seyn, als jener, der vor Monaten und Jahren untergegangen ist.

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Mit derselben Begeisterung, welche den Dichter ehemals, gegen Ende des ersten Buches, zu dem Aufenthalte der Piërinnen auf noch unbetretenen Pfaden hingeführt hat, fängt sich dieses vierte Buch an. Er will aus unberührten Quellen schöpfen, er will neue Blumen brechen, sich davon einen Kranz zu bereiten, wie ihn die Muse noch keinem Dichter zuvor verliehen hat. Denn er singt von grossen und wichtigen Dingen, sucht die Gemüther von den Banden des Aberglaubens los zu winden, bringt Licht in das Dunkle, und schmückt dieses alles mit dem Reize der Musen aus. Hier vergleicht er sich geschickten Ärzten, die den Kindern den bittern Kelch mit Honig bestreichen, um ihnen den heilsamen Lebenssaft einzuflössen.

Vom 26. Vers an wiederholt er in kurzem, was er bisher gelehret; nämlich die Natur und Eigenschaft der Atome, und dann die des Geistes in Verbindung mit dem Körper. Nun will er anfangen auch von demjenigen zu reden, was man die Bilder der Dinge benennt, und deren Daseyn beweisen.

Diese sind nun gleichsam zarte Häutchen, die sich von dem äufsersten Rande der Körper ablösen, und hin und her in den Lüften herumfliegen. Dieselben sind es auch, die uns oftmals wachend und im Schlaf erscheinen, uns seltsame Gestalten vorhalten, sogar Bilder der Längstentschlafenen; und uns in den Wahn setzen, als könnten die Schatten dem Acheron entfliehen, und unter Lebenden umherwandeln.

V. 46. Ich sage also, fängt er an, dafs Abbildungen der Dinge, zarte Figuren, sich von jedem Körper los machen. Diese könnte man auch Membranen, dünne Häutchen oder Schelfen nennen, weil sie Form und Gestalt derjenigen Dinge erhalten, von denen sie abfliessen.

V. 51. Leicht lässt sich dieses begreifen. Lösen sich nicht von Dingen, die uns vor den Augen liegen, Körper los: zum Theil aus

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