Billeder på siden
PDF
ePub

Wilhelm Meisters

Lehrjahre.

Viertes Buch.

Goethe's Werke. XIX. Bd.

1

Erstes Capitel.

Laertes stand nachdenklich am Fenster und blickte auf seinen Arm gestüßt in das Feld hinaus. Philine schlich über den großen Saal herbei, lehnte sich auf den Freund, und verspottete sein ernsthaftes Ansehen.

Lache nur nicht, versezte er, es ist abscheulich, wie die Zeit vergeht, wie alles sich verändert und ein Ende nimmt! Sieh nur, hier stand vor kurzem noch ein schönes Lager, wie lustig sahen die Zelte aus! wie leb haft ging es darin zu! wie sorgfältig bewachte man den ganzen Bezirk! und nun ist alles auf einmal verschwunden. Nur kurze Zeit werden das zertretene Stroh und die eingegrabenen Kochlöcher noch eine Spur zeigen; dann wird alles bald umgepflügt seyn, und die Gegenwart so vieler tausend rüstiger Menschen in dieser Gegend wird nur noch in den Köpfen einiger alten Leute spuken.

Philine firg an zu fingen, und zog ihren Freund zu einem Tanze in den Saal. Laß uns, rief sie, da wir der Zeit nicht nachlaufen können, wenn sie vorüber ist, sie wenigstens als eine schöne Göttin, indem sie bei uns vorbeizieht, fröhlich und zierlich verehren.

Sie hatten kaum einige Wendungen gemacht, als Madam Melina durch den Saal ging.

Philine war boshaft genug, sie gleichfalls zum Tanze einzuladen, und sie dadurch an die Mißgestalt zu erinnern, in welche sie durch ihre Schwangerschaft verseht war.

Wenn ich nur, sagte Philine hinter ihrem Rücken, keine Frau mehr guter Hoffnung sehen sollte!

Sie hofft doch, sagte Laertes.

Aber es kleidet sie so häßlich. Hast du die vordere Wackelfalte des verkürzten Rocks gesehen, die immer voraus spaziert, wenn sie sich bewegt? Sie hat gar keine Art noch Geschick, sich nur ein bischen zu mustern und ihren Zustand zu verbergen.

Laß nur, sagte Laertes, die Zeit wird ihr schon zu Hülfe kommen.

Es wäre doch immer hübscher, rief Philine, wenn man die Kinder von den Bäumen schüttelte.

Der Baron trat herein, und sagte ihnen etwas Freundliches im Namen des Grafen und der Gråfin, die ganz früh abgereis't waren, und machte ihnen einige Geschenke. Er ging darauf zu Wilhelmen, der sich im Nebenzimmer mit Mignon beschäftigte. Das Kind hatte sich sehr freundlich und zuthätig bezeigt, nach Wilhelms Eltern, Geschwistern und Verwandten ge= fragt, und ihn dadurch an seine Pflicht erinnert, den Seinigen von sich einige Nachricht zu geben.

Der Baron brachte ihm, nebst einem Abschiedsgruße

« ForrigeFortsæt »