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lehrend und beschwichtigend einzuwirken. Wohl ist der Brief, den Petrus an die morgenländischen Bischöfe geschrieben hat, uns nicht mehr erhalten. Dafür haben wir noch die alia epistola, von der das römische Brevier spricht, das Antwortschreiben an den Frrlehrer Eutyches. Dieser hatte gegen das Urtheil seines Bischofs Flavianus von Konstantinopel Schuß bei Erzbischof Petrus von Ravenna ge= sucht, der ihn jedoch in seinem Briefe von 449 abwies, sein Unterfangen tadelte und ihn zur treuen Anhänglichkeit an den Stuhl Betri ermahnte.

In der Ausübung seiner Metropolitanrechte weihte Petrus seinen Jugendfreund Projectus, der nach Agnellus mit ihm an einem Tage vom Bischof Cornelius die Diakonatsweihe erhalten hatte, zum Nachfolger des lezteren, zum Bischof von Forocornelium (Sermo 165), ebenso den Marcellinus zum Bischof von Vicohabentia (dem späteren Ferrara), freilich unter dem heftigen Widerspruche des Erzbischofs von Mailand, wie er in seiner 175. Rede andeutet. An kirchlichen Feierlichkeiten während seiner achtzehnjährigen Verwaltung des bischöflichen Amtes werden noch erwähnt die Beisehung des H. Priesters Barbatianus, des Seelenführers der Kaiserin Galla Placidia, sowie des h. Germanus, Bischofs von Auxerre in Gallien, der bei einem Besuche in Ravenna den 31. Juli 449 oder 450 starb. Der gleichzeitige Biograph dieses Heiligen, Presbyter Constantius, erwähnt den Erzbischof Petrus von Ravenna mit den Worten: Illic Petrus tum pontifex Christi ecclesiam apostolica institutione retinebat. Eines Morgens hatte Germanus „bei einer religiösen Unterredung mit den Bischöfen", die anwesend waren, seinen ihm in der Nacht ange= kündigten nahen Tod vorausgesagt. Alsbald befiel ihn eine Krankheit. Während der kaiserliche Hof und das Volk ihm die zärtlichste Theilnahme erwies, verschied er nach sieben Tagen. Cucullam (Germani) cum interiori cilicio Petrus episcopus usurpavit. Die sechs andern Bischöfe theilten sich in die übrigen Kleidungsstücke als kostbare Reliquien. Kaiserin Placidia nahm die Reliquienkapsel des Heiligen als Erbschaft an sich. Auf kaiserliche Kosten wurde der Leichnam des heiligen Bischofs Germanus besorgt und gemäß seinem Wunsche nach Auxerre überführt. Dieser Leichenzug ward zum großartigsten Triumphzuge. Von Ravenna am Adriatischen Meere durch Oberitalien, über die Alpen bis in das Herz

von Gallien hinein eilten zahllose Volksschaaren herbei, um den Leichnam des H. Wunderthäters zu sehen, oder mit brennenden Fackeln zu begleiten. Sie sangen religiöse Lieder, und trugen so bei, mit ihm ein weithin vernehmbares Zeugniß für die Wahrheit der katholischen Lehre abzulegen. Ob Petrus Chrysologus außer der vom Biographen des h. Germanus erwähnten Berathung von acht Bischöfen in Ravenna noch einer andern Synode beiwohnte, ist nicht zu bestimmen. Gewiß ist wohl, daß er wiederholt von seinem bischöflichen Size abwesend und auch in Rom bei Papst Leo I. war.

Die bischöfliche Thätigkeit des H. Petrus Chrysologus dauerte ungefähr achtzehn Jahre. Körperlich erschöpft, oder vielmehr aufgezehrt von der Gluth der göttlichen Liebe, sah der fünfundvierzigjährige Heilige sein nahes Lebensende voraus. Er begab sich in seine Geburtsstadt Forocornelium an das Grab seines himmlischen Vorbildes und Führers, des h. Bischofs und Martyrers Cassian, und opferte diesem kostbare Geschenke, einen goldenen Mischkrug, eine silberne Schaale und eine große mit kostbaren Edelsteinen geschmückte Krone. Nachdem er mit ergreifenden Worten von seinen Begleitern aus Ravenna Abschied genommen, sie zur Wahl eines guten Bischofs aufgefordert und sich selbst im demüthigen Gebete Gott und dem Schuße des h. Cassian übergeben hatte, hauchte er seine reine Seele an der heiligen, von Jugend auf liebgewonnenen Stätte aus. Zu Imola wurde auch seinem Wunsche gemäß hinter der bischöflichen Kathedra sein Leichnam beigesetzt. Nur der Arm kam als kostbare Reliquie nach Ravenna in die Kirche des h. Ursus. Sein Tod erfolgte am 2. Dezember, wahrscheinlich 450. Im Jahre 1497, den 29. August, untersuchte Dompropst Matthäus Phaellus von Imola auf Befehl seines Bischofs das Grab des h. Petrus Chrysologus. In der darüber ausgestellten Urkunde bezeugt er, daß er den 455 honorifice sepultum corpus Chrysologi, concivis nostri, erhoben, eigenhändig berührt und wieder in den früheren Sarkophag gelegt habe. Dieses ehrenvolle Begräbniß des Heiligen i. I. 455 fand wohl statt, als seine Verehrung durch das Volk auch kirchlich bestätigt und sein h. Leib in einem kostbaren Sarge beigesetzt wurde.

Seine Reden hielt Petrus großentheils in seiner bischöflichen Kirche vor dem gläubigen Volke vom Ambon oder ausnahmsweise vom bischöflichen Size aus. Die katechetischen Reden über das

Gebet des Herrn und das Credo hielt er vor den Katechumenen. Einige Reden scheint er bloß vor Geistlichen gehalten zu haben. Seine Gelegenheitsreden, z. B. bei Bischofsweihen, müssen besonders gelungen genannt werden. Langathmig waren seine Vorträge nicht, dafür um so inhaltreicher. Wenn man von diesen kurzen Reden, welche in gewählter, scharfmarkirter, geistreicher Sprache vorgetragen wurden, einen Schluß auf die Bildung der Zuhörer machen darf, die mit Begeisterung dem Redner lauschten, so muß man diese für feingebildet erklären. Es waren allerdings geweckte Südländer. Man hat in neuerer Zeit wohl gestaunt, wie Petrus wegen dieser kurzen Reden den Beinamen Chrysologus erlangen konnte, und Fenelon führt diese Auszeichnung auf seine apostolische Thätigkeit zurück; man tadelte eine gewisse Kleinlichkeit in der Auswahl der Bilder und Gleichnisse, rügte die gebrauchten Wortspiele und Aehnliches. Doch man vergesse nie die Person, welche die Reden ge= halten. Es war eine schöne, jugendliche Heiligengestalt, die durch übernatürliche Gaben ausgezeichnet war. Man bedenke, daß der Redner allerdings ein Kind seiner Zeit war, daß er sich nach der Bildung seiner Zuhörer richten mußte, und in einer Residenzstadt sprach, wo eine hochgebildete fromme Fürstin den Ton angab. Man erwäge, daß die Reden vor Zuhörern vorgetragen wurden, nicht aber für Leser bestimmt waren, und daß es dem Redner vor Allem um die Wirkung zu thun ist. Die gute Wirkung aber war bei Petrus eine sichere und nachhaltige. Seine Armen und Unglücklichen sahen sich in Folge dieser Predigten ohne Zweifel durch die Spenden der barmherzigen Reichen erfreut; seine Heerde wurde tief begründet im katholischen Glauben und mehrte sich durch neue Bekehrungen; von Ravenna und Oberitalien wurden die Gefahren der Frrlehren wirksam zurückgedrängt. Zudem sind die Reden durchaus dogmatisch correct, und besonders erscheint in ihnen das göttliche Erlösungswerk klar dargelegt. Die allegorische Erklärung der h. Schrift ist in der Weise des h. Paulus zugleich mit den praktischen Rücksichten auf die Bedürfnisse der Zuhörer maßvoll und schön verbunden.

Den Ehrennamen Chrysologus erhielt Petrus nicht erst von Agnellus, wie man geglaubt hat. Dieser berichtet bloß, daß er ihn geführt (siehe seine Worte unten Seite 249), und ohne Zweifel stammt der Titel von seinen Zeitgenossen her. Die Anhänglichkeit und Ver

ehrung des Volkes dauerte nach seinem Tod fort. Man suchte und fand an seinem Grabe Trost und Hilfe.

Im Anfange des 8. Jahrhunderts stellte ihm und seinen Reden. sein h. Nachfolger Bischof Felix ein herrliches Zeugniß aus, das nach der Münchener Handschrift also lautet: Sanctus Pontifex Petrus, Ravennatis ecclesiae praefulgidum decus et catholicae veritatis praecipuus doctor, calore superni amoris accensus et rigatione perennis gratiae irroratus digno eloquii sui ornamento vernantium lectionum opuscula de singulis evangeliorum parabolis polito sermone conficiens delectabili dulcedine aures omnium replevit et corda. Proinde dilectissimi tanti pastoris intenta et anxia mente scripta legamus et ardenti desiderio ulnis spiritalibus amplectamur, quatenus fructum laboris in nostrae mentis cellario recondentes simul cum eo magnificae laudis gloria perfruamur et praemia aeterni muneris capiamus. Hoc humilis praesul Felix de pauperculi corde, cellario sermonis exigui, legentibus optulit munus'). - Hier ist Chrysologus nachweisbar zum ersten Male Doctor Ecclesiae genannt.

1) Diese Praefatio sermonum hat nach dem Manuscript der Vallicellana, dem von Cesena und andern noch die Einleitung: Divina charismatum dona de coelesti thesauro prolata dum largis virtutum mysteriis religiosa corda uberrime replevere, ita suavitatem sancti Spiritus odorifica narratione distribuunt, ut et manifestis pandantur elogiis et ornamenta salutis existant, juxta Domini vocem in sacris Evangelii paginis intonantem: Qui credit in me, flumina de ventre ejus fluent aquae vivae (Joan. 7, 38). Et iterum: Aperi os tuum et implebo illud (Ps. 80, 11). Et Salomon: Spiritus dabit sapientiam quaerentibus se; Et docentium linguas fecit disertas (Prov. 2, 6; Sap. 10, 21). Quamobrem venerabilis beatusque etc. wie oben. Im 9. Jahrhundert schreibt der Mönch Heiricus, der die vita S. Germani von Constantius in Versen bearbeitete, von unserem Heiligen also (Lib. 6. cp. 1):

Principis ecclesiae meritoque et nomine pollens

Petrus apostolicum dicta servabat in urbe

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Forte gregem, vir praecelso splendoris aviti
Stemmate conspicuus, multa et probitate coruscus.

Mox pignoris almi

Petrus ovat spolio, praesul sanctissimus urbis

Ciliciumque rapit, sacram rapit ipse cucullam. (cp. 3.)

II. Werke des h. Petrus; deren Ausgaben und handschriftliche
Ueberlieferung.

Hinsichtlich der schriftstellerischen Thätigkeit des h. Petrus Chrysologus sagt Agnellus: Multorum librorum volumina conditor (sic), et velut irriguus fons ita in eum divina sapientia cotidie emanabat; unde pro suis eum eloquiis Chrisologum ecclesia vocavit, id est aureus sermocinator'). Jene vielen Bücher, von denen Agnellus spricht, sind wohl die zusammengeschriebenen Reden unsers Heiligen, über deren Schicksale mancherlei Einzelheiten berichtet werden. Ein Verwandter des H. Lehrers in Imola, Namens Balthasar, soll eine Reinschrift derselben besessen haben; da er aber später unter dem Ostgothenkönig Theodorich eingekerkert, und Imola zerstört wurde, ging sie im Feuer zu Grunde. Glücklicherweise war das Exemplar von Imola nicht das einzige der Reden des h. Petrus Chrysologus. Aber fast 200 Jahre später wurden die sermones aurei einer neuen Feuerprobe unterzogen. Es brannte nämlich die erzbischöfliche Bibliothek von Ravenna unter dem Bischofe Damiani ab, und in ihrer Asche fand auch der Coder, der die Reden des h. Petrus enthielt, sein Grab. Da war es der nächstfolgende Bischof, der H. Felix (707–717), der 40. in der bischöflichen Reihe, welcher die Reden seines berühmten Vorgängers wieder suchte und

Endlich schreibt im 16. Jahrhundert der berühmte Abt von Spanheim, Johannes Trithemius in seinem Werke De scriptoribus ecclesiasticis, Coloniae 1531: Petrus Archiepiscopus Ravennas vir eruditus atque sanctissimus, in vita multis coruscans miraculis, in declamandis homiliis ad populum excellentis ingenii fuit multosque tam verbo quam exemplo ad veritatis tramitem convertit. Multa scripsit pro aedificatione fidelium; de quibus feruntur: Sermones et homiliae plures. Lib. I. Ad Eutychen Epistola quae incipit: Tristis legi tristes literas. Scripsit etiam Epistolas alias. Claruit sub Martiano Augusto, anno ab orbe redempto 450.

1) So liest die vielerörterte Stelle Holder-Egger in der neuesten Ausgabe des Liber pontif. Eccl. Ravenn. (Mon. Germ. 1. c. p. 310). Durch die Emendation ecclesia vocavit sind die differenten Meinungen hinsichtlich des Ursprunges des Titels „Chrysologus“ (Bonner LiteraturBlatt 1871 Sp. 661) beseitigt.

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