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halben Tag für den Herrscher arbeiten müffen, so wie das vorherr schende Pachtsystem, dem auswärtigen Handel hindernd im Wege.

Diesen Uebelständen hilft zum großen Theil der von dem eng lischen Gesandten, Sir John Bowring, Namens der englischen Regierung vom 18. April d. J. mit dem Königreiche Siam abgeschlossene Freundschafts- und Handelsvertrag ab. Kraft deffelben wird zunächst das Pacht- und Monopolsystem, so weit solches den auswärtigen Han. del angeht, abgeschafft. Das Ausfuhr-Verbot auf Reis, Agilaholz, Gummi, Pfeffer und andere Landesprodukte ist aufgehoben. Fremde Schiffe find in Bangkok ferner keinem höheren Tonnengelde unterworfen als fiamesische und chinesische, und alle Vergünstigungen, welche fünftig diese genießen, sollen auch jenen zugestanden werden. Von allen Einfuhr-Gegenständen ist die gleichmäßige Eingangssteuer von drei Prozent des Werthes zu erheben. Die alten Ausfuhrzölle find ermäßigt worden, und zwar für Gummi auf 3 Dollars 60 Cents, für Büffelhörner auf 60 Cents, für andere Hörner auf 90 Cents, für Saganholz auf 37 Cents pro Picul, für Reis auf 2 Dollars 40 Cents pro Cappan von 40 Piculs (ungefähr 21⁄2 Tons). Britischen Unter thanen ist das Recht vorbehalten, sich in einem Umkreis von 60 Miles um Bangkok niederzulaffen und Grund und Boden anzukaufen, Acker bau und Handel zu treiben ohne die geringste Beschränkung, so wie Religionsfreiheit zu genießen. In Bangkok soll ein britischer Konsul residiren, dem von dem Augenblicke an, wo zehn britische Schiffe in den Hafen Bangkok eingelaufen find, ausschließlich die Jurisdiction über britische Unterthanen zusteht.

Der Vertrag tritt am 6. April 1856 in Kraft und wird nach zehn Jahren revidirt.

Dieser Vertrag zeichnet sich vor allen übrigen europäisch-asiatischen Verträgen durch zwei Umstände vortheilhaft aus. Derselbe ist zunächst nicht gleich den chinesisch-japanischen Traktaten erzwungen und gleichsam mit dem Schwert in der einen, der Feder in der anderen Hand diktirt, sondern er ist eine freiwillige Gabe des siamesischen Selbstherrschers. Eben deswegen sind nun auch die Konzessionen, welche er dem fremden Handel macht, viel liberaler, als diejenigen, welche sein Vorgänger der Ostindischen Compagnie gewährte und welche fürzlich die chinesisch-japanischen Vertrage den Europäern zugestanden.

Die mongolisch-chinesische Welt ihrer altherkommlichen Isolirtheit immer mehr zu entreißen und sie in den Organismus des menschlichen Gesammtverkehrs als integrirendes Glied aufzunehmen, ist eine der Aufgaben unserer Zeit. Den raftlosen Anstrengungen des Handels ist es vorbehalten, auch diese kulturhistorische Aufgabe zu lösen - eine brache Welt des Oftens der Kultur zu erobern.

Mannigfaltiges.

- Der Unterricht in Deutschland, von Franzosen beurtheilt. Im Jahre 1831 unternahm Victor Cousin, damals General-Inspektor der Universität in Frankreich, im Auftrage des Mini fters des öffentlichen Unterrichts, Herrn v. Salvandy, eine Reise nach Deutschland, um das Unterrichtswesen daselbst, besonders aber in Preußen, fennen zu lernen und darüber einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Dieser Bericht erschien im Jahre 1832 in zwei Bänden unter dem Titel: „Rapport sur l'état de l'instruction publique dans quelques pays de l'Allemagne"") und machte sowohl in Frankreich als in Deutschland großes Aufsehen, weil er zum ersten Male in schlagender Weise auf die Vorzüge der deutschen und insbesondere der protestantischen Schulen, im Gegensaße zu dem unter den Einflüssen des katholischen Klerus stehenden, höheren und primären Unterrichtswesen in den romanischen Ländern hinwies. Damals, im Jahre 1831, bald nach der Juli-Revolution, die hauptsächlich in dem Hasse gegen den Hasse herrschend gewesenen Jesuitismus ihre Nahrung gefunden hatte, war die Strömung in Frankreich eine antirömische. Deshalb ward der von den protestantischen Universitäten Deutschlands verkündete Geist der freien Forschung, als allein zur Wahrheit und zur Wissenschaft führend, freudig begrüßt, und selbst die Hegelsche Philosophie, die sich damals noch nicht in die skeptische Kritik des Junghegelthums verrannt und in das absolute Nichts verflüchtigt hatte, ward auf den Lehrstuhl der Sorbonne erhoben. Seitdem haben sich die Zeiten sehr geändert. Die Strömung in Frankreich führt seit der Erhebung Louis Napoleon's wieder direkt nach Nom. Abermals ist ein Direktor im französischen Minifterium des öffentlichen Unterrichts — wenn auch kein Akademiker und Philosoph, wie Cousin, doch ein gelehrter Jünger des ultramontanen Ministers Herrn Fallour — im Auftrage dieses Ministers, der längst schon sein Anathema gegen den von Cousin einst verherrlichten Geist

der freien Forschung ausgesprochen hatte, nach Deutschland gekommen. Im Jahre 1854 trat Herr Eugen Rendu, der früher bereits zu ähnlichem Zwecke in England gewesen war, seine Reise nach Preußen, Sachsen, Hannover und dem übrigen Nord-Deutschland an, und als eine Frucht derselben ist kürzlich sein Werk,,über den Volks-Unterricht in Nord-Deutschland“ erschienen.") Er theilt darin das gesammte Deutschland in eine katholische und eine protestantische Zone. In der ersteren sollen Kirche und Schule dem Skeptizismus verschlossen geblieben fein. In der zweiten dagegen sollen die religiös-sittlichen Zustände so im Argen liegen, daß jedem Beobachter sich die Ueberzeugung aufdringe, daß der Protestantismus, ein so scharfes Werkzeug er auch für die religiöse Kritik sei, von Tag zu Tag an seiner ursprünglichen Kritik als positive Doktrin verliere und in den zu Tage tretenden Konsequenzen auf Vernichtung jeder Autorität hinarbeite. Die evangelische Kirche der Gegenwart, behauptet Herr Rendu, sei weder über den Ursprung und Charakter des Christenthums, noch über ihre eigene, innere Organisation, noch über das Verhältniß der Kirche zum Staat einig. Natürlich wird auch die mit dieser Kirche zusammenhängende Pädagogik von dem Verfasser verurtheilt, und weil es weniger die Verirrungen Einzelner, als der Protestantismus in seiner Gesammtheit, in seiner Vergangenheit und Zukunft, ist, was er angreift, so erscheint ihm auch jeder in neuerer Zeit gemachte Versuch, dem Volks-Unterricht im protestantischen Deutschland eine mehr religiöse Grundlage zu geben, als ungenügend und sein eigentliches Ziel verfehlend, obwohl, seiner Meinung nach, dieselben Maßregeln auf dem katholischen Boden Frankreichs höchst ersprießlich sein würden. Den grellen Kontrast der Cousinschen und der Renduschen Darstellung des höheren und des Volks-Unterrichts in Deutschland wird jeder Uubefangene durch die subjektive Auffassung des philosophischen und des streng katholischen Autors sich erklären. Nur ein so befangener Blick, wie der des Herrn Rendu, kann nördlich von der Linie, die er durch Deutschland zieht, ein tief gesunkenes, sittlich-religiöses Volksbewußtsein wahr. nehmen. Nur wem es so wenig um objektive Wahrheit zu thun ist, kann, wie Herr. Rendu, übersehen, daß in Frankreich, Spanien, Italien und allen anderen rein katholischen Ländern das Volk auf einer viel tieferen Stufe der religiösen und sozialen Bildung sich befindet, als in dem zum größten Theile protestantischen Nord-Deutschland.

Eine neue Biographie Hamann's. Die originelle Persönlichkeit des „nordischen Magus", der einst so mächtig auf die Geister und Herzen seiner Zeit wirkte, hat einen geistreichen Forscher auf literarhistorischem Gebiete, Geh. Ober-Finanzrath Carvachi in Münfter, neuerdings zu einer biographischen Darstellung seines Lebens an= geregt. Sie bietet hauptsächlich viel Neues in der Schilderung des Kreises berühmter Leute, in welchem Hamann zulegt so hoch gefeiert wurde, namentlich der Fürstin Galişin, Graf Stollberg's, Fürstenberg's u. f. w. Der Enthusiasmus der Freundschaft hatte den wunderlichen Heiligen nach Münster gerufen, wo man ihn, troß aller seiner Sünden verehrte, weil seine feurige Seele eine Opferflamme für die Religion war in den Augen der Freunde, die vor kurzem erst die. Philosophie als unzureichend erkannt hatten. Die Fürstin Galigin öffnete für ihn ihr Haus und einen literarischen Wirkungskreis, und ein junger reicher Patrizier beschenkte den armen Gelehrten, der in Königsberg in häuslichem Elend gelebt hatte, mit einem Theile seines Vermögens. Indeffen genoß Hamann nicht lange die Wohlthaten. dieser seltenen Freundschaft, er starb am 21. Juni 1788 zu Münster und wurde in dem Garten der Fürstin Galigin begraben. Ganz kürzlich wurde der ,,adelige Hof", in welchem diese einst zu Münster refidirte, verkauft und das Grab mit dem moosigen Denksteine sollte der Erde gleichgemacht werden. Es vereinigten sich jedoch einige Literaturfreunde und vermittelten dem,, Magus des Nordens" ein einfaches Denkmal auf einem der Münsterschen Todtenhöfe. Der Geh. Ober-Finanzrath Carvachi fühlte sich dadurch veranlaßt, ihm auch in der Literatur eines zu segen, und hat es in dem vorliegenden biographischen Werke in würdigster Weise gethan. Möchte der geschäß te Verfasser seinen Aufenthalt in Münster auch noch ferner dazu anwenden, das reiche Gebiet der dortigen berühmten Personal-Chronik zu bearbeiten. Da ihm die Hausarchive der ritterbürtigen Familien zur Einsicht offen stehen, so könnte er manchen verborgenen Schaß der Literatur- und Sittengeschichte vergangener Jahrhunderte " ?? fördern.

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*) Deutsch von Kröger, 2 Bde., Altona, 1832-33.

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Ein neuer Band der Werke Friedrich's des Großen. Von der ihrer Vollendung entgegengehenden, neuen Ausgabe der Werke Friedrich's des Großen) ist jest die erste Abtheilung des siebenundzwanzigsten Bandes erschienen, welche die zum größten Theil bisher unedirten Korrespondenzen des großen Königs mit seinen sechs Schwestern umfaßt. Dieser Briefwechsel enthält vierhundertfünfunddreißig Briefe, von welchen dreihundertsechsundvierzig aus der Feder des Königs geflossen sind.

Voran geht die Korrespondenz Friedrich's mit seiner ältesten Schwe fter Wilhelmine, der berühmten Markgräfin von Baireuth, die und deren frühes inniges Verhältniß zu ihrem königlichen Bruder besonders durch die von ihr selbst verfaßten Memoiren zur Kenntniß der Welt gelangt sind. Als die Markgräfin am 14. Oktober 1758, am Tage der unglücklichen Schlacht bei Hochkirch, gestorben war, schrieb Friedrich an Voltaire:,,Je fus battu à Hochkirch, le moment que ma digne soeur expirait." Zahlreiche Stellen in Friedrich's Briefen, in seiner ,,Geschichte des siebenjährigen Krieges", so wie insbesondere auch in feinen Dichtungen, beweisen, wie sehr er diese Schwester geliebt hat. Ist nun auch nicht zu zweifeln, daß die Markgräfin ihrem Bruder in gleich hingebender, inniger Weise zugethan war, wie man sogar auch annehmen kann, daß die auf den Heldenbruder immer furchtbarer einstürmenden Bedrängnisse des siebenjährigen Krieges die Krankheit, die ihren Tod herbeigeführt, sehr verschlimmerten, so ist doch die Kälte, die eine Zeitlang zwischen den beiden Geschwistern bestanden, lediglich durch die Schuld der Markgräfin herbeigeführt worden, die sogar von großer Ungerechtigkeit gegen ihren Bruder nicht freizusprechen, den sie, eben so wie ihren Vater, in ihren Memoiren nicht immer mit der Ach. tung und Pietät behandelte, die man von einer dem Geiste und dem Herzen nach so hochstehenden Fürstin erwarten durfte, während doch Friedrich selbst in den Mémoires de Brandebourg", bei der Dar den,, stellung seines strengen Vaters, ihr ein so glänzendes Vorbild von Schicklichkeit und Beherrschung des findlichen Gefühls geliefert hatte. Der mit allen Lebensmomenten des großen Königs auf das Innigfte vertraute Herausgeber der neuen Sammlung seiner Werke, Herr Profeffor Friedrich Preuß, giebt in der Vorrede zum sieben undzwanzigsten Bande viele neue und intereffante Aufschlüsse über den Charakter der Markgräfin von Baireuth, so wie namentlich über ihre vielbesprochenen, zur Zeit ihrer Erscheinung großes Aufsehen erregenden und noch jezt von Vielen mit Interesse gelesenen Me moiren. Daß die Lesteren, deren Handschrift sich jest in der könig lichen Bibliothek befindet, unzweifelhaft echt sind, hat bereits G. H. Pers in einer vor mehreren Jahren erschienenen Abhandlung über die Den würdigkeiten der Markgräfin von Baireuth" dargethan. Auger den eigentlichen Memoiren, die in französischer Sprache zuerst im Jahre 1810 in Braunschweig gedruckt wurden, wo sie sich im Nachlafe im Jahre 1776 verstorbenen herzoglichen Leibarztes, Herrn von B ville, gefunden hatten, dem sie von der Verfasserin felbft üb worden waren, umfaßt die Handschrift der königlichen Bibliothe noch drei bisher ungedruckte Fragmente über Fräulein a Marwig und mehrere andere in den Memoiren era so wie die Beschreibung einer Reise nach Italien, min gräfin im Jahre 1754-55 gemacht hatte. Eine beuti der Memoiren ist 1810-11 in zwei Bänden bei Aus einer Vergleichung der Memoiren mit druckten Briefwechsele der

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zweijährigen Entzweiung mit dem Könige. We didn zweiung giebt Preuß 1744-46 an, wofür, fo we f allmählichen Abfaffung der Memoiren, er et per »** nisse eingehende Gründe beibringt. Wir fasten d Kritik der Memoiren bei, welche und die Einleite e Bandes bringt:

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engt uns, daß, wäh chte der französischen eschichte des dritten aften zu zerstören und die nationale Einheit ichte des Munizipaler Vorliebe behandelt; weniger als: die Gethen Gesellschaft. Er , welche das Munizi ölfte Jahrhundert er ischen dem Papstthum taliens hervorgebracht städtischen Verfassun chwurgemeinde", derForm der Munizipaleich wurde. Verfassers,,Betrachb, so können wir doch ader Darstellung uns It dieser,,einleitenden zugänglich zu machen, e zu Hülfe kommende feit. Ein Einblick in den Leser überzeugen, der besprochenen Gen auch nicht fehlt, so

vor sie den obigen Passus an Friedrich geschrieben, hatte sie die Handschrift (vermuthlich aus Besorgniß, daß ihr Gemahl, der darin sehr arg mitgenommen war, wenn sie ihm in die Hände fiele, fie vernichten möchte) Superville übergeben, der damals als Gesandter von Baireuth nach dem Haag reiste, und der seit 1750 in Braunschweig als Leibarzt des Herzogs lebte. Später und in der Zeit ihrer leßten Krankheit (1758), wo sie gewiß den Wunsch gehegt, keinerlei Aerger niß nach ihrem Tode zu geben, scheint die Markgräfin entweder ihre Memoiren ganz aus dem Gedächtnisse verloren zu haben, oder sie hat sich bei dem Gedanken beruhigt, daß Superville, der ihr ein Versprechen der Art gegeben haben mochte, sie niemals veröffentlichen würde; was allerdings nicht von ihm selbst, sondern von einem späteren Besiger der Handschrift, Oberst von der Often, geschehen ist.

Jedenfalls sind wir dem unermüdlichen Historiographen Friedrich's zu Dank verpflichtet, daß er auch über das Verhältniß des Königs zu seiner Schwester Wilhelmine ein neues Licht verbreitet hat.

Griechenland.

Athen und die neueren Griechen.

(Schluß.)

Während des sechzehnten Jahrhunderts erkaltet das Intereffe für Athen bis zu dem Grade, daß Admirale und Gesandte im Piraeus Landen, ohne einmal die Stadt zu besuchen. Der Baron Saint Blancard, 1537 mit einem französischen Geschwader ausgeschickt, läuft im Port Lion ein (den Löwen, die später von den Venetianern weggeführt wurden, verdankt der Piräeus diesen Namen); vom Piräeus bis Athen ist eine Stunde Weges, und doch scheint weder Saint Blancard, noch Jehan de Vega, der Historiograph der Expedition, an den Spaziergang gedacht zu haben. Diesen lassen sich noch eine Menge namhafter Männer anreihen, welche die unglückliche Stadt mit derselben Nichtachtung behandelt haben.

Mit der Annäherung des siebzehnten Jahrhunderts beginnt eine neue Bewegung: die griechischen Denkmäler werden mit Eifer aufgesucht und mit mehr Aufmerksamkeit von den Reisenden studirt. Riche lieu geht mit dem Beispiel einer edlen Leidenschaft für antike Skulpturen vor. Die Engländer, wie Graf Arundel, Buckingham, Kark1., haben ihre Agenten in Griechenland, die ihnen ihre Sammlungen vervollständigen sollten. Arundel hatte, nach Peacham, nichts Geringeres im Sinne, als das alte Griechenland nach England zu verseßen. Um nun den Transport zu erleichtern, ließ er die Statuen zersägen. In diesem Zustande fand unser Gesandter, Herr de la Haye, den kolossalen Apoll von Delos. Lord Elgin hatte also seine würdigen Vorgänger! Wenden wir aber mit Laborde die Augen von diesem vandalischen Akt ab und erinnern uns der Dienste, die Arundel der Wissenschaft geleistet hat. Seine Galerie stand aller Welt offen, die Künstler arbeiteten darin ungestört, fie lernten die Antike lieben, wenn auch nicht verstehen.

Zugleich zog Athen die Aufmerksamkeit wißbegieriger, mitunter gelehrter Männer auf sich. Französische Kapuziner ließen sich um das reizende Denkmal des Lysikrates nieder, das man damals die Laterne des Demosthenes nannte, fingen an in Pausanias und den Compilationen des Meursius zu blättern, suchten den Griechen und Türken Achtung vor den Ruinen einzuflößen. Bald langte der Marquis Nointel mit seinen Malern Rombaut Faydherbde und Jakob Carrey an. Des Leßteren Zeichnungen sind jest auf der kaiserlichen Bibliothek, und wir haben über das Parthenon kein kostbareres Denkmal. Und doch welcher Styl! Welch fahrlässige Zeichnung! Der Schüler Lebrun's behandelte den Phidias, als hätte er ein Carton seines Meisters vor sich. Ueberdies hatte ihn Nointel weniger dazu mitgenommen, die Monumente zu studiren, als die Kostüme und andere Lappalien zu zeichnen. Er wollte, sagt Cornelio Magni in dem Bericht über diese Reise, bei seiner Rückkehr nach Frankreich hier eine prachtvolle Galerie anlegen, in welcher ausgestopfte Figuren in Lebensgröße mit allen denkbaren Kostümen bekleidet aufgestellt werden sollten.

Mit mehr Ernst schon wurden die Monumente des Perikles von Alterthümlern, wie Span und Wheeler, betrachtet. Sie hatten schon viele Ruinen gesehen, konnten Vergleichungen anstellen; noch aber war ihr Geschmack nicht ausgebildet: fie gehörten ihrer Zeit. Die griechische Kunft ist für sie ein mit sieben Siegeln verschlossenes Buch: kaum unterscheiden sie die Bauten des Jktinos, des Zeitgenossen des Phidias, von denen der Byzantiner und nehmen keinen Anstand, das Parthenon für ein Werk des Kaisers Adrian zu erklären. Wie könnten auch die Marmorgebilde in ein so fernes Alterthum zurückgehen; fie sind ja so weiß! Span findet übrigens an zwei Statuen Aehnlich. keit mit Adrian und seiner Gemahlin Sabina, die er aus Denkmünzen kennt. Solchen Argumenten muß freilich jeder Einwurf weichen! In jenem Jahrhundert fann weder von einem Kritiker, noch von einem Archäologen die Rede sein; es hatte nur Alterthümler. Außerdem

gab es noch gute Seelen, die Thränen und Seufzer für die Wunden des Parthenon hatten; sie weinten bei den zertrümmerten Partieen und gingen rasch über die noch unangetasteten Schönheiten weg.

Doch wozu all diese Verirrungen umständlich verfolgen? Die angeführten Beispiele beweisen hinlänglich die Wichtigkeit der Kunsterziehung. Gesandte, Gelehrte, Künstler, Männer von Geist besuchen Athen im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert, und in diesen zwei Jahrhunderten hat sich der moderne Genius manifestirt — und Keiner hat Auge und Empfindung für die edle Einfalt, für die unerreichte Vollkommenheit der griechischen Denkmäler; sind sie auch überrascht, so begreifen sie diese nicht und können sich keine Rechenschaft von dem Grund ihres Erstaunens geben. Warum? Weil Auge und Geschmack an andere Formen, weil der Geist an andere Prinzipien gewöhnt ist. Sie sehen, wie ihr Jahrhundert, haben nicht wissenschaftliche Tiefe genug, um mit dem Schlendrian zu brechen und sich auf den Gesichtspunkt der vergangenen Jahrhunderte zu stellen.

Ich weiß nicht, ob die Philosophie den Einfluß der Erziehung auf unsere Sinne und unser Urtheil in Bezug auf die Künste genau bestimmt haben. Die Liebe zum Schönen ist dem Menschen angeboren; warum ist nun das Gefühl des Schönen, d. h. jene angewandte Liebe, so ungewiß, so wandelbar, so mit sich selbst im Widerspruch? Wie wird eine Venus der Tataren, ein belvederischer Apollo bei den Kaffern aussehen? Die Musik der Neugriechen verseßt diese in Entzücken, uns überläuft ein Schauer, wenn wir sie anhören. Ein griechischer Tempel, eine byzantinische Kirche, eine gothische Kathedrale erschienen nach einander den verschiedenen Generationen als der Ausdruck des höchsten religiösen Gefühls. Manche wollen frostige Kirchen, nackt und streng im Innern; die Italiäner finden die Andacht in prunkend dekorirten Räumen, ihre Kapellen sind wie ein Boudoir aufge pust. Und erleben wir es nicht, daß eine Schule in gutem Glauben die glänzendsten Schönheiten ihrer Rivalin verkennt, weil sie sich mit ihren Gewohnheiten, d. h. mit ihren Prinzipien, nicht vertragen? Wo ist nun das Wahre? Wo das Absolute?

Die Nachahmung der Antike hat mit der Renaissance begonnen, aber wie viel später kam erst das volle Verständniß des Alterthums! Unser Jahrhundert ist es ohne Widerspruch, das für die griechische Kunst den wichtigsten Sinn, die scharfsinnigste Kritik, die verständigste Bewunderung hat. Diese Genüffe, diese Weisheit verdankt es der Archäologie, die seit hundert Jahren so entschiedene Fortschritte gemacht. Die alten Denkmäler füllen die Museen und die Privatfäle: überall fieht man Abgüffe davon; tausendfältige Nachbildungen bringen sie unter das Volk; die Künstlerlehrlinge kopiren sie in den Ateliers, die Gelehrten finden sie zwischen den Blättern ihrer Bücher; wir werden von dem Studium der Antike, so zu sagen, aufgefäugt, unsere Sinne werden unvermerkt von jener Thätigkeit durchdrungen, welche die Erfahrung zur allmächtigen Gebieterin macht, der sich Kritiker und Gelehrte nur zu eigenem Nachtheil entziehen können.

Das Buch Laborde's schließt mit der Zerstörung des Parthenons. Wir haben also noch eine Fortsehung zu erwarten. Denn seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts werden die Athenischen Monumente von Architekten ausgemessen; sie zeigen den Gelehrten, wie nöthig ihnen die technischen Studien sind. Ein englischer Künstler, Stuart, weihte Europa in das Verständniß der griechischen Meisterwerke ein. Seine Arbeiten fonnten von seinen Nachfolgern vervollständigt, nimmer entbehrlich gemacht werden. Schon erhob sich ein löblicher Wettstreit zwischen Frankreich und England: während Londoner Dilettanten die Monumente Attika's und Joniens der Deffentlichkeit übergeben, durchforscht der Graf Choiseul-Gouffier den klassischen Boden und spricht die Ebenen Troja's um einen lebendigen Kommentar zur Ilias an. In derselben Zeit kommen Herkulanum und Pompeji aus der Lava hervor, die sie zumal begraben und erhalten hat; Sicilien und Großgriechenland geben auf Verlangen ihre Wunder heraus, die feit Jahrhunderten vergessen waren. Ueberall offenbart sich die griechische Kunst, überall erweckt sie das Wohlgefallen und bald das Verständniß. Winckelmann's Genie entzündet sich an der griechischen Kunst, sein ganzes Werk baut er auf sie. Graf Caylus, Leffing, Heine, Emeric David, Quatremère de Quincy, Visconti treten in die Fußstapfen des gefeierten Meisters; sie verbreiten die Liebe zum Schönen und verkünden gesunde Lehren. Das Resultat ihres Kunst-Evangeliums war, wie bekannt, die Renaissance des neunzehnten Jahrhunderts, die klassische Renaissance.

Seitdem hat die Archäologie ununterbrochen den Fortschritt geleitet. Sie erleuchtete die Reisenden und inspirirte die Künstler. Sie bildete den modernen Geschmack, gewöhnt ihn, die Größe in dem Verhältniß, die Schönheit in dem Maß, die Vollkommenheit in der Einfalt zu finden; sie lehrt ihn in das eigenste Wesen der griechischen Kunst eindringen, indem sie Probleme erörterte, gegen die sich unsere Vorstellungskraft sträubte, und die zartesten, scheinbar unerfaßlichsten Nüancen zergliederte. Diese wissenschaftliche Bewegung füllt ein langes und schönes Blatt in dem Buche der Geschichte, und sie wird

vielleicht dem neunzehnten Jahrhundert einen Rechtsanspruch mehr auf die Anerkennung der Nachwelt geben. Mindestens ist unserer Zeit die doppelte Ehre nicht abzusprechen: Sie hat den Abkömmlingen eines von Natur bevorrechteten Stammes eine Sympathie bewiesen, die ihnen Verpflichtungen für die Zukunft auflegt; sie hat den Meisterwerken der alten Hellas das einsichtsvollste Studium geweiht, die wahrhafteste Bewunderung gezollt.

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Frankreich.

Geschichte der merovingischen Zeiten, nach Augustin Thierry. Der durch sein im Jahre 1825 in brei Bänden erschienenes Werk:,,Histoire de la conquête d'Angleterre par les Normands",") berühmt gewordene Geschichtsforscher Augustin Thierry”) hat schon in den Jahren 1833-37 in der Revue des deux Mondes unter der Ueberschrift: „Nouvelles lettres sur l'histoire de France" Bruchstücke aus der Geschichte Frankreichs zur Zeit der Merovinger veröffentlicht und durch diese Bruchstücke den Beweis geliefert, daß diese Zeit, wenn auch nicht leicht zu entwirren, doch keinesweges uninteressant, am aller, wenigsten aber unwichtig für die spätere Geschichte Frankreichs ist. Im Jahre 1840 hat er die erste Abtheilung eines größeren, auf die merovingische Zeit sich beziehenden Werkes der Oeffentlichkeit übergeben. Dieses unter dem Titel: Erzählungen aus den merovingischen Zei ten mit einleitenden Betrachtungen über die Geschichte Frankreichs" erschienene Werk erscheint jezt in einer deutschen Ueberseßung, "") von welcher die erste Abtheilung, enthaltend: die,,Betrachtungen über die Geschichte Frankreichs" und sieben,,Erzählungen“, uns bereits vorliegt. Die Betrachtungen“ enthalten eine Prüfung der im Laufe der Zeiten aufgekommenen Ansichten und Systeme über den Ursprung und die ursprüngliche Verfassung der französischen Monarchie; es wird darin nachgewiesen, wie diese verschiedenen, zum Theil einander widersprechen den Ansichten und Systeme über die frühere Geschichte immer mit den Interessen und Bestrebungen der Zeiten, der Parteien, der Klaffen, bei denen sie geherrscht, im innigsten Zusammenhang gestanden. Alle bedeutenderen, auf die Geschichte Frankreichs sich beziehenden Werke französischer Geschichtschreiber oder Politiker, insbesondere diejenigen Schriften, deren Aufgabe oder Anmaßung, wie der Verfaffer sich ausdrückt, es ist, die Philosophie, die Politik, den Geist, den Sinn, das lezte Wort der Geschichte zu geben, findet man in diesen Betrach tungen" einer gründlichen, zu positiven Ergebnissen führenden Beurtheilung unterworfen. Der Verfasser zeigt, wie erst durch die Historiker des neunzehnten Jahrhunderts, durch Chateaubriand, Guizot, Villemain, der Grund gelegt worden ist für eine unparteiische, auf die objektive Wahrheit ausgehende Wissenschaft der Geschichte Frankreichs. Der neue Charakter, welcher der Theorie der Geschichte Frankreichs durch die Studien unserer Zeit gegeben wurde", sagt der Verfaffer (S. 129), „ist die Einheit. Eines, wie jezt die Nation Eines ist, enthält sie nicht mehr zwei Systeme, von denen eines das andere verneint, und welche zwei in Ursprung und Natur sich gegenüberstehenden Ueberlieferungen: der römischen und der germanischen, entsprechen. .... Die Gefchichte Frankreichs wird vor unseren Augen nicht mehr ruhelos im Kreise herumlaufen, bald germanisch und aristokratisch, bald römisch und monarchisch sein, je nach dem Zug der öffentlichen Meinungen, je nachdem der Schriftsteller adelig oder bürgerlich ist. Ihr Ausgangspunkt, ihr Prinzip, ihr legtes Ende ist für die Zukunft festgestellt. Sie ist die Geschichte Aller, für Alle geschrieben; sie umfaßt, fie vereinigt alle Ueberlieferungen, die das Land aufbewahrt hat, aber allen voran stellt sie die Ueberlieferungen der Mehrzahl, der nationalen Masse: den galloromanischen Zusammenhang durch Blut, Gefeße, Sprache und Ideen." Nachdem der Verfasser den hier bezeichneten historisch-wissenschaftlichen Standpunkt in den vier ersten Abschnitten seiner „Betrachtungen“ als denjenigen erwiesen, zu welchem der die Geschichte Frankreichs beherrschende Weltgeist selbst sich emporgearbeitet, giebt er in den zwei lezten Abschnitten die in Bezug auf ihren wesentlichen Inhalt vollkommen befriedigenden positiven Lösungen der beiden Probleme, ,,welche die Angeln sind, um die sich die Theorie der früheren französischen Geschichte in entgegengeseßter Richtung dreht, je nach der Verschiedenheit der Systeme." Diese beiden Probleme find: die Frage von den sozialen Folgen der Festseßung der Franken in Gallien und die Frage über den Ursprung der großen Munizipalitäten des Mittelalters. Die Antwort auf die erste Frage finden wir in der folgen. den Stelle angedeutet: Nach den Systemen, die vor unserem Jahr

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*) Eine deutsche Uebersehung dieses Werks ist von Bolzenthal herausgegeben. **) Nicht zu verwechseln mit seinem Bruder, Amédée Thierry, der sich ebenfalls durch Geschichtsforschungen, namentlich durch seine „Histoire des Gaulois", einen Namen gemacht. Augustin Thierry ist seit 1829 erblindet. Der historischen Arbeit des Letteren über Attila ist ebenfalls schon in unseren Blättern mehrfach gedacht worden. D. R.

***) Elberfeld, 1855. Verlag von R. L. Friederichs.

hundert der Reihe nach in Gunst waren, wurde die Eroberung betrachtet: bald als eine Befreiung Galliens, deffen Bewohner die Franken gegen die Römer zu Hülfe gerufen hätten, bald als politische Abtretung des Landes seitens der römischen Kaiser an die fränkischen Könige, die so Erbbeamte des Kaisers geworden wären, bald als eine gewaltsame, aber wohlthätige Ausrottung aller römischen Elemente in Einrichtungen, Sitten und Gefeßen und als den Beginn einer neuen Gesellschaft und Verfassung, die ganz aus germanischen Elementen bestanden hätte. Man weiß nun, daß die fränkische Eroberung Nichts von alledem war. Es steht fest, daß ihr Charakter roh und gewaltthätig, aber nicht vollkommen zerstörender Natur, daß fie im Gebiet der Einrichtungen und Gefeße unfähig war, Alles zu erneuen, aber eben so unfähig, Alles abzuschaffen. Aber dieser Charakter, so im Allgemeinen festgestellt, erklärt bei weitem nicht alle Thatsachen. Die fränkische Herrschaft erhob sich nicht auf einen Schlag in der ganzen Ausdehnung Galliens; für jeden ihrer Fortschritte gab es verschiedene Bedingungen, und die Ergebnisse diefer Verschiedenheit müssen einzeln in jedem Abschnitte des Gebiets, wo sie sich zeigt, erforscht werden. Vom Rhein bis zur Somme brachten mehr als ein Jahrhundert lang ohne Aufhören wiederholte Einfälle maßloses Verderben über das Land; die fränkischen Banden brannten nieder, verwüsteten, nahmen, jede auf eigene Rechnung, Länder in Befiß und richteten sich in denselben ein, ohne den Eingeborenen Vergleich oder Gnade anzubieten. Zwischen der Somme und der Loire gab es Vergleiche mit der besonders durch die Bischöfe vertretenen Munizipal-Gewalt; die Verwüftungen waren weniger wüthend und die Gewaltthaten weniger finnlos. Der Einfall der salischen Franken unter der Führung eines einzigen Häuptlings war etwas mehr politischer Natur, wenn man dieses Wort in dem Sinn nimmt, der sich auf solche Ereignisse und auf solche Menschen ́ anwenden läßt. Hier müßte man die Spur ihrer vorgeblichen konftituirenden Fähigkeiten suchen; denn die ganze Provinzial-Verwaltung verschwand bei ihrer Ankunft, und auf eine weniger zuchtlose Weise in den Besig des Landes gekommen, waren sie die Meister, daffelbe nach ihren nationalen Eingebungen einzurichten. Bei ihren folgenden Eroberungen im Süden der Loire und gegen die Rhone über Weftgothen und Burgunder stießen fie auf die Trümmer des römischeu Regiments, die schon nicht mehr völlig durch einander lagen, sondern durch einen ersten Versuch germanischer Regierung wieder verbunden waren. Der Uebergang von der civilisirten Regierung zur barbarischen Herrschaft hatte da ohne sie stattgefunden unter Bedingungen, die sie nicht gestellt und die selbst sie genöthigt waren, aufrecht zu erhalten. Im Königreiche der Westgothen war die Munizipal-Organisation nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich gewährleistet. In diesem Reich und in dem der Burgunder gab es neben dem Gesez des erobernden Volks einen auf Befehl der Könige zusammengetragenen Koder römischer Gefeße. Auf der ganzen Strecke, wo diese beiden Völker herrschten (d. h. auch im südlichen Gallien), hatte eine regelmäßige Theilung zwischen Barbaren und Galloromanen stattgefunden.“

Die weitere Darstellung des Verfassfers überzeugt uns, daß, während die erste der beiden Fragen die ganze Geschichte der französischen Gesellschaft beherrscht, die zweite die ganze Geschichte des dritten Standes beherrscht, der die Herrschaft der Kasten zu zerstören und auf dem Fundament der Gleichheit der Rechte die nationale Einheit zu gründen berufen gewesen sei. Die Geschichte des MunizipalWesens wird vom Verfaffer mit ganz besonderer Vorliebe behandelt; sie ist dem Verfaffer nichts mehr und nichts weniger als: die Geschichte des Ursprungs der modernen französischen Gesellschaft. Er schildert ziemlich ausführlich die Umwandelungen, welche das Munizipal-Regiment von der Römerzeit bis ins zwölfte Jahrhundert erfuhr, die Revolution, welche durch die Kämpfe zwischen dem Papstthum und dem Kaiserthum in dem Munizipalwesen Italiens hervorgebracht wurde, die Wirkungen dieser Revolution auf die städtischen Verfassun gen in Frankreich, endlich das Entstehen der „Schwurgemeinde“, derjenigen Einrichtung, welche die vorherrschende Form der MunizipalOrganisation im nördlichen und in Mittelfrankreich wurde.

So interessant in allen ihren Details des Verfassers,,Betrach tungen über die Geschichte Frankreichs" auch sind, so können wir doch die Bemerkung nicht zurückhalten, daß die Form der Darstellung uns wenig geeignet erscheint, den werthvollen Inhalt dieser einleitenden Betrachtungen" einem größeren Kreise von Lesern zugänglich zu machen, Es fehlt der Darstellung alle dem Verständnisse zu Hülfe kommende Uebersichtlichkeit, Bestimmtheit und Anschaulichkeit. Ein Einblick in das Inhalts-Verzeichniß der sechs Abschnitte wird den Leser überzeugen, daß der die große Fülle und Verschiedenartigkeit der besprochenen Gegenstände zusammenhaltende Hauptgedanke, wenn auch nicht fehlt, so doch zu wenig in die Augen springend ist.

Die Erzählungen aus den merovingischen Zeiten" sollen nach des Verfaffers Absicht, im Gegensaß zu dem die Thaten der Franten darstellenden Geschichtswerk des Hadrian von Valois, welches vom Verfaffer als ein der reinen Wissenschaft angehöriges Buch,,,be

Welt angehört, der treue Abdruck der wehmüthigen Gefühle, von denen die edlen Seelen im Hinblick auf die Barbarei ihrer Zeit erfüllt sind, diese typischen Gestalten kommen alle schon in den uns vorliegen den Erzählungen vor. Aber nicht blos diese, sondern auch alle anderen Gestalten, die der Verfasser mit historisch-dramatischer Kunft handelnd und sprechend an unseren Blicken vorüberführt, werden für diese hiftorischen Erzählungen ein so lebendiges und so allgemeines Intereffe zu erwecken im Stande sein, wie es Darstellungen von Geschichtschreibern bis jezt noch nicht häufig erweckt haben.

Mannigfaltiges.

lehrend für die Suchenden, abstoßend für die Masse der Leser", bezeichnet wird, ein durch dramatische Lebendigkeit, Lebensfülle und Anschaulichkeit für Jedermann anziehendes und faßliches Gesammtbild des Zeitalters geben, in welchem nach Errichtung der fränkischen Herrschaft in Gallien die alte galloromanische Civilisation im Kampfe mit der die Herrschaft führenden fränkischen Barbarei ihren Untergang finbet, um einem neuen aus diesem Chaos sich herausarbeitenden, zunächst in seiner Barbarei nur durch theokratische Formen gemäßigten, nationalen Leben Plaz zu machen. Und die „Erzählungen“ sind das wirklich, was sie nach des Verfaffers Absicht sein sollen. Es sind in denfelben alle Nachrichten der alten Schriftsteller, vorzugsweise die des Gregor von Tours, der in dieser Zeit und mitten in dieser Welt gelebt, nicht blos die Nachrichten über die geschichtlichen Haupt-Ereig niffe, sondern auch die Mittheilungen und Notizen über die Gefeße, die Sitten, die Bildungs-Zustände, über lokale Vorfälle und über einzelne Persönlichkeiten mit wahrhaft dramatisch-historischer Kunst zu Zeitschilderungen verarbeitet, in deren jeder das Leben einer oder einiger hervorragenden Persönlichkeiten den leitenden Faden bildet, und welche, in ihrer dramatischen Lebendigkeit und Anschaulichkeit ohne jede Einleitung für Jedermann verständlich und anziehend, nicht verfehlen werden, in den weitesten Leserkreisen Interesse zu erwecken, Belehrung zu geben und Beifall zu finden. Von den einleitenden Betrachtungen über die Geschichte Frankreichs" wird man dies nicht sagen können; fie haben viel zu sehr nur ein historisch-wissenschaftliches Interesse und gehen auch über das Ziel, dem Leser der Erzählungen" behufs einer besseren historischen Einsicht in die Bedeutung der hier vorgeführten Welt den richtigen Gesichtspunkt zu verschaffen, viel zu weit hinaus, Die Presse in Indien. Ueber die wachsende und selbst als daß wir sie als eine Einleitung für die „Erzählungen aus der me- den schlaffen Hindu erfassende Macht der Presse in Ostindien sagt der rovingischen Zeit“ ansehen könnten. Der Verfasser hätte besser ge- ausgezeichnete Linguist Garcin de Laffy in der Revue contemporaine : than, wenn er die beiden Werke, deren jedes für einen anderen Leser-,,Ich kenne mehr als funfzig verschiedene hindustanische Zeitungen. In kreis sich eignet, gesondert herausgegeben hätte.

Die Schilderungen, von denen uns die sieben ersten vorliegen, werden nur ein halbes Jahrhundert (vom Jahre 561 an) umfassen; fie werden also, abgesehen davon, daß die Welt, die in einer jeden von ihnen dem Leser zur Anschauung gebracht wird, immer die eine und selbe ist, auch noch durch das Wiedererscheinen derselben Gestalten zu einer Einheit mit einander verbunden sein. Die Welt, mit der uns der Verfasser vertraut machen will, deutet er in der Vorrede folgendermaßen an:

„Die Lebensweise der fränkischen Könige, das Innere des königlichen Haushalts, das stürmische Leben der Herren und der Bischöfe, die unruhige Verschlagenheit der Galloromanen und die zügellose Roh. heit der Barbaren, der Mangel an jeder Ordnung oder Verwaltung øder an jedem moralischen Band zwischen den Bewohnern der gallischen Provinzen in den Gränzen desselben Königreichs, das Erwachen der uralten Eifersucht und des ererbten Haffes von Bezirk gegen Bezirk, von Stadt gegen Stadt, überall eine Rückkehr, so zu sagen, zum Naturzustand und ein Auflehnen des Einzelwillens gegen Gesez und Regel, gegen jedwede Ordnung, politische, bürgerliche, wie religiöse, der Geist des Aufruhrs und der Gewaltthat, wirksam selbst in Frauenklöstern: dies sind die verschiedenen Bilder, die ich nach den gleichzei tigen Urkunden zu entwerfen versucht, und deren Vereinigung eine Einschau in das sechste Jahrhundert Galliens bietet."

In Betreff der uns vorliegenden Erzählungen müssen wir uns
hier darauf beschränken, die Ueberschriften derfelben mitzutheilen:
1. Die vier Söhne Chlotar's I. Jhre Charaktere. Ihre Heiraten.
Geschichte Gafelwinthen's. 561-568.

II. Folgen der Ermordung Gaselwinthen's. Bürgerkrieg. Tod
Siegbert's. 568-575.

III. Geschichte Merovig's, des zweiten Sohnes König Hilperich's.
575-578.

IV. Geschichte des Bischofs von Rouen, Prätextatus. 577-586,
V. Geschichte Leudast's, Grafen von Tours. Der Dichter Venan-
tius Fortunatus. Radegunde's Kloster zu Poitier. 579-581.
VI. Hilperich, der Gottesgelehrte. Der Jude Priscus. Folge und
Ende der Geschichte Leudast's. 580-583.

VII. Aufruhr der Bürger von Limoges. Große Seuche. Mütter-
licher Schmerz Fredegunde's. Geschichte Chlodwig's, des drit-
ten Sohnes König Hilperich's. 580.

Die Gestalten, welche der Verfasser in der Vorrede als wahre Typen für ihr Jahrhundert“ hervorhebt: Fredegunde, das Bild eines Weibes im rohen Naturzustande, ohne alles moralische Gefühl; Hilperich, der Barbar, welchem die Bildung eine gewisse äußerliche Politur gegeben, ohne in seinem Jnnern eine Umbildung bewirkt zu haben; Mummolus, der Mann der Civilisation, welcher sich darauf legt, Barbar und ruchlos zu werden, um seiner Zeit anzugehören; Gregor von Tours, der mit seiner Bildung der besseren untergehenden

Heinrich IV. als Schriftsteller. Ein Herr Eugen Jung hat dem Gründer der Bourbonen-Dynastie ein Denkmal als Schriftfteller gefeßt.) Der Verfaffer beweist in seinem Buche, daß Heinrich IV. ein eben so origineller als liebenswürdiger Schriftsteller war, und unterwirft zugleich die Dichtungen, Abhandlungen und Briefe, die der Feder des Königs entfloffen sein sollen, einer genauen, über ihren Ursprung keinen Zweifel lassenden Kritik. Der Charakter des Fürsten und Menschen tritt in den Schriften, die uns hier von Heinrich IV. vorgelegt werden, in zahlreichen Zügen unverkennbar hervor, oder wir lernen ihn auch von mancher neuen, liebenswürdigen Seite kennen. Der Briefwechsel Heinrich's IV. verdient ebenso der Nachwelt aufbewahrt zu werden, wie der jest im Druck erscheinende Friedrich's des Großen.

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Kalkutta wurden vor einigen Jahren sechzehn Journale, und zwar fünf in persischer und in hindußtanischer, neun in bengalischer und zwei in englischer Sprache von Eingeborenen redigirt. Einige Zeit hatte Nasiruddin ein Blatt Martaudu in fünf Spalten und fünf Sprachen herausgegeben: in der indischen, hindustanischen, bengalischen, persischen und englischen. Neulich wurde eine Zeitung für Frauen in der gewöhnlichen Volkssprache angekündigt. In Bombay erscheinen drei oder vier Zeitungen für die gesammte indische Bevölkerung, zwei ausschließlich für die Moslemim, ungerechnet vier andere in dem GasaratIdiom für die Parsi und zwei in dem Maharatti-Dialekte für die Hindu, die sich desselben bedienen. Mehrere hindustanische Zeitungen kommen in Madras heraus und eine noch größere Anzahl in Delhi, Agra, Lahore, Benares, Laknau. Auch Serampore, Kidderpore, Mirzapore, Bartpore, Multan, Bareilly, Jndore u. a. haben ihre Lokalblätter. Wenn diese Tagesschriften ihren Weg nach Europa fänden, so würden fie unseren Zeitungen eine Quelle interessanter Nachrichten und eine willkommene Gabe bieten, ihre Spalten würdig auszufüllen und das Horazische Wort geltend zu machen:

Ein's dann heischet des Ander'n Hülfe im freundlichen Bunde."

Weber's illustrirte Reisebücher. Es liegt uns die zweite, verbesserte und vermehrte Auflage des beim Verleger der Leipziger Illustrirten Zeitung" erschienenen „Illuftrirten Pariser Fremdenführer“ vor. Gewiß hat dieses vortrefflich ausgestattete Buch vielen Deutschen, die in diesem Jahre die dort repräsentirte Welt-Induftrie und Kunst aufsuchten, als ein sehr nüßlicher Begleiter gedient. Aber auch als eine angenehme Erinnerung an das Gesehene kann dieses Gemälde der Seinestadt und ihrer Umgebungen dienen, das uns nicht weniger als hundertundsechzig in den Text gedruckte Abbildungen, so wie die Pläne von Paris, des Friedhofes Père Lachaise, des botanischen Gartens und von Versailles darbietet. Angehängt ist ein sehr vollständiger Führer durch die Umgebungen von Paris, ein Wegweiser durch die Hauptstadt, nach welchem man sich in einer Woche mit allen Straßen und ihren merkwürdigen Gebäuden auf daß Genaueste bekannt machen kann, so wie eine Reihe von Uebersichten, die Theater, die anderen Vergnügungs-Orte und Sehenswürdigkeiten, die Fiaker, Omnibus, Eisenbahnen und sämmtliche Reiserouten von Paris betreffend. Dieses illustrirte Paris und der bei demselben Verleger erschienene "Krystall-Palast von Sydenham" gehören zu den zierlichsten und zugleich wohlfeilsten Reisehandbüchern, die uns die leßte Saison gebracht hat. Die Gesellschaft des Sydenham-Krystall-Palastes sollte dem Verfasser und dem Verleger der deutschen Beschreibung ihrer Kunstund Naturschäße einen besonderen Dank votiren, denn kaum dürfte eine andere Schilderung so, wie dieses geschmackvoll ausgestattete Büchlein, geeignet sein, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf zu lenken.

*) Henri IV. écrivain. Par M, Eugène Jung. Paris, 1855.

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