Billeder på siden
PDF
ePub

von 12 Sprüchen, so daß in Allem uns in der Sammlung Fit Arari's nur 909 Gnomen entgegentreten. Um mehr als das Fünffache scheint dagegen die,,Mudrost' wostotschnaja" jene zu übertreffen, denn sie ist auf etwas mehr als zweihundert geschriebenen Folio-Seiten (nach flüchtiger Schäßung von mir, da fie unpaginirt waren) angelegt, so zwar, daß auf der einzelnen Seite fich durchschnittlich 24-25 Sprüche befin= den mochten, was eine Gesammtzahl von etwa fünftausend Sprüchen ergeben würde. Diese ganze interessante Sammlung zu bewältigen, dazu fehlte es mir leider an Zeit und Gelegenheit, da die Aufgaben, die ich mir bei meinen Besuchen im Kloster und bei meinen Excerpten aus den Platonschen,,Gnomologitscheskija Knigi” stellte, sich gleichzeitig über verschiedene Gnomenlesen ausdehnten und die Abschrift der Fit Ararischen Sammlung, die ich vollständig ausführte, schon einen be deutenden Aufwand von Muße erforderte.

Daß indeß auch schon der kleine Theil jener „Weisheit des Orients", den ich extrahirte, der Beachtung einigermaßen werth sei, davon, glaube ich, wird sich jeder Leser dieses Blattes überzeugen, dem ich im Folgenden jene Sprüche in der von mir versuchten Version aus dem russischen Terte vorführe, wobei ich bemerke, daß ich dies um so lieber thue, weil ich hierdurch im Stande bin, ein paar Ergänzungsblätter zu jenem Bilde zu liefern, welches ich in Nr. 5–7 des "Magazin" den Lesern hinsichts der Poesie in den Quellenlanden des Nil vorlegte, während denselben nun auch die im Mittel- und Deltalande des Nil gangbare oder gangbar gewesene zur Anschauung gebracht werden soll.

Die von mir ausgehobenen und überseßten Sentenzen aus der ,,Weisheit des Orients" lauten:

Wenn Dein Glaube ist, o Sohn, daß des Edens Thor von Löwen bewacht werde, so lafse es Dein einziges Streben hienieden sein, den Kampf mit den Löwen zu erlernen.

Verneige Dich dreimal vor Allah in den Tagen der Freude, aber dreimal drei Male verneige Dich vor ihm in den Tagen des Elends.

Dem anftürmenden Feinde sei wie ein Blißftrahl, der das schwarze Gewölk zerspaltet; dem gefällten Feinde sei wie eine träufelnde Wolke, welche die lechzende Ebene erfrischt und ihre Palmen wieder emporrichtet.

Sende Dein Gebet, o Lotos, zu Allah empor, daß er den Nilsumpf nicht vertrocknen laffe, über deffen Wafferfläche Du Deine blauen Kelche ausbreitest.

Verachte den Armen nicht. Auch im elenden Kiesel schlafen heiße Funken, die die Nacht durchblizen können. Mache Dich vielmehr, o Reicher, zu einem Stahle dem Stein und locke die schlummernden Funken hervor aus ihm.

Wenn sich der Engel des Herrn in Dir spiegeln will, sei dann Deine Seele die reine Nilwelle und nicht der Schlamm des ausgetretenen Stromes.

Wenn Du auf den Tabor steigst, dann hebe Deine Rechte zu Allah empor; wenn Du in die Ebene niedersteigst, dann senke sie segnend herab auf das Haupt Deiner Brüder.

Ist es nöthig, einem Deiner Kameele eine doppelte Laft aufzuerlegen, dann überbürde nicht das fromme Kameel, sondern das störrische. Wirf den Krystall nicht fort, den Du fandest, um deßwillen, weil Du ausgingst, einen Diamanten zu suchen.

Erwarte von der Wafferschöpferin nicht, daß fie des Krokodiles Rachen lobe, welcher eine ihrer Brüste verschlang, als sie sich an der Schöpfstelle bückte, um den Krug mit der Nilwelle zu füllen.

Lege Deine Datteln in ein Honiggefäß, versenke aber das Gefäß nicht danach in den Schlamm des Nil.

Koste keinen Tropfen von jenem Scherbet, den Du nicht trinken darfst bis zur Neige.

Was Du in den Nil schreibft, von dem verlange nicht, daß man es in der Wüste lese.

Wenn Du über eine Brücke schreitest, darunter ein rauschendes Waffer fließt, alsdann lobe erst Allah, und danach preise den Erbauer der Brücke. Schütte die Durra nicht aus dem Sacke, in welchem Du den Reis zu finden verhoffteft.

Bitte Allah, daß er Dich vor den Tigern bewahre, indem Du ihm dankst, daß er Dich von den Löwen errettet hat.

Fege erst den eigenen Zelthof und dann den Deines Nachbars. Wenn die Kaïfen auslaufen, dann stimme einen Trauergesang an, wenn sie wieder einlaufen, dann erhebe ein Festgeschrei.")

Pflanze da nicht das gemeine Schilfrohr, wo das edle Zuckerrohr gestanden hat.

Effet in der Dase und fastet in der Wüste.

Hat Dich die Sahara gelehrt, Bitten zu Allah emporzusenden, so sei es die Dase, welche Dich lehre, Deine Hände dankend gegen Allah auszubreiten.

Begnüge Dich damit, aus Durramehl Brod zu backen, dafern es Dir an Reißmehl fehlt, Pasteten zu bereiten.

Ist es ein Thier, welches mich erwürgen soll, so rufet den Tiger herbei und nicht die Fuchsheerde.

Schüttle nicht die Kokospalme, so Du nicht willst, daß Dein Haupt es büße.

Hast Du kein Rosenöl, so magst Du mit Ambra räuchern.

Wo Du die Reißärndte halten kannst, da magst Du auf die
Durra-Aerndte verzichten.

Wenn Du auf die Jagd gehst, dann laffe die Flinte nicht daheim.
Fülle nicht guten Wein in schlechte Schläuche.
Gleiche der Theepflanze, von der nicht blos die Blüthe gelobt
wird, sondern auch das Blatt.

Als die Wespe den Honigbau der Biene fah, rief fie: jezt denke daran, etwas Nügliches zu schaffen.

Zum Golde darfst Du nicht von der weißen Farbe reden und vor dem Silber nicht der gelben Farbe erwähnen.

Fürchte das junge Krokodil mehr als die alte Eidechse. Lobe des Krämers Klugheit, der den Darm theurer verkauft als die Wurst.

Das Eisen blos brennen, hilft zu Nichts, Du mußt es auch auf den Ambos bringen.

Rufe nicht Bär in die Berge, wenn Du willst, daß sie Honig antworten.

Gehe nicht in die Nilfümpfe, wenn es Dir am Herzen liegt, die reine Luft der Berge zu athmen.

Siehest Du die Steine, so erkenne auch den Berg.
Wenn Deinem Esel Hörner wachsen, geschwind säge sie ihm ab,

Bedünkt Dir die Welt wie ein gläsernes Haus, dann sei eine denn Du wirst sonst seine Stöße zu empfinden haben.
Sonne und durchscheine es.

Freue Dich erst über das Austreten der Nilwelle, wenn sie ihren Schlamm auf den Aeckern gelaffen und Dich und Deine Zeltgenossen nicht ersäuft hat.

Wäre die Rache auch ein Scherbetkrug, nippe doch nicht einmal daran.

Gründe, o Sohn des Gläubigen, Deine Heimat in dem Herzen der Reinen, wie die Nachtigall ihr Nest auf Rosenzweigen erbaut. Schöpfe mit einem goldenen Becher krystallene Fluth: der Kranke wird ihren Geschmack bitter finden.

Gehe, mit verhüllten Augen bei den Mädchen der Wonne vor. über, auf daß Du, wenn Du doch in ihre Neze fällßt, sagen kannst, ich that es nicht mit sehenden Blicken.

Mache Deinen Feind nicht zu Deinem Arzt und Deinen Widersacher nicht zu Deinem Koch.

Wenn Du den Pfeil der Wahrheit abschießest, dann tauche seine Spise zuvor in Honig.

Dem Blinden rühme nicht des Demantes Glanz, dem Tauben preise nicht der Cymbel Schall.

Bewahre die Nuß vor dem Lachen, denn es wird ihr Tod sein. Wer sich vor Dir allzu tief bückt, dem siehe auf die Hände, ob fie nicht Staub tragen, Dich zu bewerfen.

Laffe das Ruder der Gelegenheit nicht aus dem Kahne Deines Lebens entgleiten.

Wenn die Geduld ein Pfeil ist, dann berühre die Sehne des Bo

gens nicht.

Zwerg, wolle nicht mit einem hölzernen Schwert wider den geharnischten Riesen fechten.

Gleiche, o Sohn des Gläubigen! jener Muschel, deren Schale glänzendes Perlmutter ist und deren Kern aus echten Perlen besteht. Vom Bären erwarte nicht, daß er andere Töne, als brummende, Gesang nenne.

Ziehe nicht am Kuh-Euter, wenn Du Kameelmilch trinken willst. Mit der Ceder sprich nicht vom Laube und mit der Palme rede nicht von den Nadeln.

Leite den Nil in ein filbernes Becken, alsogleich wird er zu einem Milchstrom werden.

Hast Du einmal die Ceder gefällt, dann hoffe nicht, daß sie noch weiter wachse.

Verachte die Nachkommen des Gehängten nicht, auch aus dem Nilsumpf wachsen Lotosblumen.

Verlange von den Sternen nicht, daß sie strahlen, verlange von der Sonne nicht, daß sie flimmere.

Laffet die Wurfspieße nicht im Dorf, wenn Ihr zur Schlacht auszieht wider die Nilpferde.

Dem Thiere, welches an Disteln gewöhnt ist, wirf nicht Date teln vor.

Eidechsen, wählet nicht den Geier zu Eurem Könige.

Beiße den nicht in den Finger, der Dir den Honig in den Mund steckt.

*) Diese Sentenz scheint sich, mit vielleicht noch mehreren anderen, aus dem Türkischen in diese Sammlung verloren zu haben, denn Kaïk ist, so viel Wenn Du durch die Furth des Nil waten mußt, so thue es bei Tage. ich weiß, nur die Benennung für eine kleinere Art türkischer Fahrzeuge.

Deffnest Du die Ader, dann halte Dich bereit, Blut zu sehen. Gieb Deinem Sklaven die blaue Ente nicht, denn er würde sonst auch den weißen Pelikan von Dir verlangen.

Verschieße Deine Pfeile nicht wider den Himmel, denn Du wirst Allah's Haupt nicht treffen.

Schicke den Narren zum Sultan, er wird Großwesir werden; sende den Weisen zu ihm, sein Haupt wird fallen.

Sege nicht auch noch die Ferse auf den Rücken dessen, den Du zu Boden warfeft.

Bitte Allah, daß er Dich von den Schakals erlöse, nachdem er Dich von den Hyänen errettet hat.

Schieße nicht mit einem gläsernen Pseil nach einem gemalten Hirsche.

Efel, bete für des Ochsen Gedeihen, sonst wirst Du das Schöpfrad drehen müssen.

Die Nackte stieß auf die Nackte. Schäme Dich, sprach Eine zur Anderen.

Uebe Großmuth an Deinen Feinden, o Sohn des Barmherzigen! wie es die edle Terebinthe thut, welche denen den klaren Terpenthin spendet, die mit scharfen Messern in ihre Rinde schneiden.

Blau spiegelt der klare Bach den heiteren Himmel zurück und schwarz die düstere Regenwolke. Nimm ein Exempel daran, o Sohn des Gläubigen! und sei offen und wahr Deinen Freunden wie Deinen Feinden.") Dr. Julius Altmann.

Nord-Amerika.

Amerikanische Monats - Berichte.
(Schluß.)

die Deutschen sind bei diesen Sünden-Erkenntnissen sehr in der Minorität, dagegen die Söhne und Töchter Irlands sehr zahlreich vertreten. Des widrigen Anblicks betrunkener Weiber und mit Koth und Blut bedeckter Buben ist man durch diese Maßregel glücklich überhoben.

Pflichtgemäß müßte ich auch des Unabhängigkeitstages und seiner Freuden ausführlich gedenken. Da aber der diesjährige 4. Juli den Antritt des liquor-law und sonst wenig mehr brachte, so will ich die Eröffnungsfeier jener echt republikanischen Institution, eingedent des Wortes jam sat prata biberunt", übergehen. Wollte ich die Freuden des Tages beschreiben, so müßte ich bei der Festparade beginnen und bei den Firecrackers schon wieder aufhören; da ich aber fürchte, durch Schilderung der ersteren mit den stürzenden Kavalleristen, den Aepfel effenden Infanteristen und den Limonade trinkenden Artilleriften das Heer in den Augen Deutschlands gar zu sehr herabzuseßen und durch Andeutung der Spielerei mit dem leßteren ein unrichtiges Bild hiesiger Unabhängigkeit zu entwerfen, so verzichte ich beffer darauf und eile einem anderen Tage zu, der eine würdigere Feier amerikanischer Größe in sich faßt ohne jene Haupt-Ingredienzien des 4. Juli.°)

In den ersten Tagen des August, ich glaube, am 7ten, wird ein Dampfer mit einer auserlesenen Gesellschaft an Bord, worunter Profeffor Morse und Lieutenant Maury, und einem Schooner im Schlepptau der neufundländischen Küste zusteuern, um ein wirkliches "Ereigniß", die Legung des transatlantischen Telegraphen, zu beginnen. So wird denn der unverzagte Amerikaner den zweifelnden Europäer belehren, wie Raum und Zeit troß der Tücke der Elemente zu bewältigen. Wohl find nordamerikanische Sitten und Ansichten noch einer scharfen Kritik zu unterwerfen; aber vergessen wir nicht, daß übergroßer Thatendrang und übergroße Thatkraft und nicht das Gegentheil die Verschrobenheit der Ansichten, Sitten und Gebräuche bervorGewiß auch nach dort ist die Kunde von dem lezten hiesigen deut- gerufen. Mit Recht wirft man dem Yankee hochtrabenden Sinn und schen Sängerfest gedrungen, und wenn Ihr Berichterstatter auch Eigendünkel vor; wo aber findet er seinesgleichen in der That? Ihn nicht wie hiesige deutsche Blätter es ein „Ereigniß“ nennen kann, so kümmert nicht das Vorspiel der That, die Theorie, das stößt er verhält er es doch der Erwähnung werth, weniger in Betracht des Kunst- ächtlich abseits und handelt. Umgeben von Nationen, die entweder werthes, denn der ist auch bei dortigen Sängerfesten nie ein sonder-„angekränkelt von des Gedankens Blässe“, oder „träumend in der licher und wird hier durch seltsame Auswahl der Piècen noch mehr Ruhe sanftem Frieden", steht er da als der Held endlosen Schaffens. gedrückt, sondern wegen des Eindrucks, den es auf die Yankees gemacht. Wohl verhehle ich nicht, daß Geld Geld, Geld und immer wieder Stelle man sich aber nicht ein geschniegeltes Düsseldorfer Gesangfest Geld die Triebfeder zu allen, so auch zu diesem wahrhaft riesigen in schwarzem Frack, weißer Weste und weißen Glaceehandschuhen mit Unternehmen ist; aber ist dem Europäer nicht auch Wein vor; es war ein echtes Volksfest in ungebundener Kleidung mit Bier, wie ein rheinisches Schüßenfest. Die festlichen Umzüge in der Stadt und die Biervertilgung vor der Stadt bildeten denn auch die Glanzpunkte des Festes. Was aber den Amerikaner am meisten frap pirte, war die ungezwungene Heiterkeit so vieler gefeßter" Leute, die muntere Ausgelaffenheit so vieler biervollen Menschen ohne blutige Köpfe. Das ging über ihre Begriffe, und sie bekannten offen, daß sie in diesem Stücke noch Manches von den „Germans" lernen könnten. Amerikanische Augenzeugen stritten sogar allen Ernstes die Berauschungsfähigkeit des Bieres ab, eine Ansicht, die, wenn sie durchgriffe, bei ftrengerer Handhabung des Liquor-Gesezes uns Teutonen den edlen Gerftentrank zu unserem Frommen und innigen Dank erhalten könnte. Das Liquor-Gesez - wie hat es die Gemüther erregt, die Köpfe erhigt, die Kehlen heiser gemacht und zu guter Leßt mehr derselben mit Liquor befeuchtet, als vordem! Blut ist zwar nicht geflossen, auch sind keine Barrikaden aufgethürmt, um diesen, die nationale wie die individuelle Freiheit beschimpfenden Eingriff zu pariren; der praktische Sinn der Yankees hat ein anderes Mittel ausgedacht, er dreht dem Geseze öffentlich eine gewaltige Rase. Die guten Temperenzler sangen schon aus voller Kehle, was deutsche Studenten den Philistern zurufen:

Sauft Waffer, wie das liebe Vieh,

Und denkt, es sei Krambambuli!

Da gewahrte juristischer Verstand ein arges Loch in ihrem Geseße, indem importirte Liquöre, die im Zolltarif aufgeführt, durch Zahlung des Zolles geseßlich erlaubte Waaren sind. Mit einem Male waren nur noch „importirte" Liquöre in der ganzen Stadt; stand es doch an jeder Bar mit großen, wenn möglich, mit goldenen Buchftaben geschrieben! Zudem machte der verständige Mayor seine Poliziften verantwortlich für jeden Mißgriff, den sie an importirtem Liquor begingen, und verlangte sichtbaren Beweis, daß die saisirten Liquore rein nativistisch seien. So etwas läßt sich aber besser schmecken, als sehen, und so probiren denn auch die Polizisten mit den Civilisten um die Wette, hoffend, daß sie endlich, endlich einmal einen reinen Knownothings-,,Bittern" packen. Der treffliche Mayor hat indeß der gan zen Sache eine gute Seite abgewonnen; er läßt mit unerbittlicher Strenge die Betrunkenen in den Straßen aufgreifen und sie mit einem Freibillet für zehn Tage ins Stadtgefängniß versehen oder durch den Verlust von zehn Dollars ihre Sünde erkennen. Und bemerkenswerth,

*) Eine zweite Probe dieser Spruchweisheit des Drients werden_wir nächstens folgen lafseu. D. R.

[ocr errors]

Holdes

Im Klang des schönen gelben Goldes?

Und wo entwickelte der Leßtere je solche Energie, wie der Amerikaner auf kommerziellem Gebiet unablässig thut? Ein Unternehmen überstürzt das andere, eine Erfindung überflügelt die andere; kurz, ein ungeftümes, kräftiges Leben pulsirt durch die Adern der Vereinigten Staaten, wie ich es meinem Vaterlande nur wünschen kann. Möge der elektrische Telegraph, von Europa erfunden, von Amerika verbessert, nicht nur ein treues Bild der Vereinigung, sondern auch ein kräftiger Hebel zur innigen Verbindung der Nationen sein und sie die eigenen Fehler durch die guten Seiten der Mitkämpfenden auf der Bahn des Fortschrittes mehr und mehr erkennen und besiegen lassen. Sah sich doch der Amerikaner durch die Anfertigung dieses ersten vierundfiebzig Meilen langen Telegraphen in England, der, nebenbei bemerkt, von Kap Breton bis Newfoundland gesenkt werden soll, zu dem Geständniß gezwungen, daß Europa Besseres, Solideres produzire; er, der sich vor kurzem brüftete, auf der Höhe der Technik zu stehen. Solidität der Waare ist ihm fern und hält viel zu lange auf. Er hat nur Einen Zweck im Auge, aus dem möglichst kleinen Kapital möglichst großen Gewinn zu ziehen, weshalb er denn auch seine billi gen, aber unakkuraten, geradezu fehlerhaften Maschinen immerzu mit einer Haft und Eil sich drehen, schwingen und kreisen läßt, die der sorgfältigere Europäer seinen besseren Maschinen nicht aufbürdet; tritt ein Unfall ein, so war doch die Maschine billig und hat so Kapital längst wieder erdreht und erschwungen, und Menschenleben — nun, das ist der billigste Artikel hierzulande!

Frankreich.

Jean Reynaud's „Himmel und Erde".

Ein geistreicher Franzose, Jean Reynaud, hat im vorigen Jahre unter dem Titel „Himmel und Erde“ („Ciel et Terre”) ein Buch herausgegeben, das von vielen franzöfifchen Journalen, namentlich auch von den Débats und vom Siècle, als eine ausgezeichnete Erscheinung, als ein gelungener Versuch einer neuen Religions-Philosophie bezeichnet wurde. Herr Reynaud, früher Saint-Simonist, gab nachmals in Gemeinschaft mit Pierre Leroux eine Art philosophischer Encyklopädie

*) Leider hat, seitdem unser Korrespondent dies geschrieben, die amerikanische Größe durch die schmachvolle, schauderhafte Hinmordung der Irländer und Deutschen in Louisville (Kentucky) einen neuen bedeutenden Stoß erlitten. D. R.

heraus. In seinem neuen Buche hat er sich das Ziel gesteckt, die Religion mit der Philosophie zu verföhnen, die biblischen Ueberlieferungen von der Schöpfung, dem Sündenfall und der Erlösung der Men schen mit den neuesten Resultaten der Wissenschaft in Harmonie zu bringen, um an der Hand beider, des Glaubens und des Wissens, zur Wahrheit und zum Frieden zu gelangen.

Es ist dies ein schönes, herrliches Ziel ein Ziel, deffen einftige Erreichung wohl gehofft werden darf, von welchem jedoch die Menschheit in ihrer gegenwärtigen Entwickelungsperiode noch sehr entfernt ist. Wir wollen es vorläufig als einen Gewinn und als ein schönes Kennzeichen unserer Zeit betrachten, daß Religion und Wiffen schaft sich nicht mehr, wie sonst, befeinden. Die Wissenschaft unserer Zeit, wenn sie nicht frivol und verblendet ist, erkennt vielmehr an, daß es für sie eine Gränzlinie giebt, die sie nicht überschreiten darf, und wo die ausschließliche Herrschaft des Glaubens beginnt. Der Glaube feinerseits, sofern er nicht blind und fanatisch ist, achtet das Gebiet der Wissenschaft als ein selbständiges und unverlegliches. Mehr können wir für jezt von beiden nicht verlangen.

[ocr errors]

Herr Jean Reynaud, der Religion und Wissenschaft mit einander identifiziren möchte, stellt in seinem „Ciel et Terre" eine neue Lehre von Gott, von der Welt und von den Menschen auf. Es läßt sich dieselbe in folgenden Säßen zusammenfassen: Unsere Seele hat vor ihrer Geburt auf anderen Weltkörpern gelebt. Sie findet hier auf Erden einen Zustand und eine Organisation, die der Lebensweise entsprechen, welche sie in ihrem früheren Dasein geführt. Nach dem Tode des Menschen geht die Seele auf einen anderen Stern über, inkarnirt sich dort in einem Körper und erfährt dort ein Glück oder ein Leid, das als Belohnung oder als Strafe der irdischen Verdienste oder Vergehen des Menschen zu betrachten ist. — Die Zahl der Sterne Die Zahl der Sterne ift unendlich, und von aller Ewigkeit her schafft Gott in jedem Augen blicke eine unendliche Zahl. Sie sind alle von intelligenten Wesen bewohnt und dienen den Seelen nach einander als Aufenthalt. Die Sterne bilden eine Reihe von Welten in progressiver Vollkommenheit. Die Bestimmung einer jeden Seele ist, unaufhörlich von einer Welt in eine andere, vollkommenere überzugehen, sich daselbst einen schöneren Körper zu bilden, als sie an ihrem früheren Aufenthaltsorte zurückgelaffen und dort ein größeres Glück anzutreffen, als das, welches fie bisher genoffen. — Schuldbelastete Seelen gehen auf minder glücklich ausgestattete Sterne über, und durch den Schmerz, den sie dort erfahren, wird allmählich ihre fehlerhafte Natur verbessert und wird sie endlich zur Tugend zurückgeführt. Das Weltall ist demnach der Schauplag einer unendlichen Reihefolge von Transmigrationen, die sämmtlich als Zweck und Folge die Verbesserung der geschaffenen Wesen haben und allesamt die Gerechtigkeit und Weisheit Gottes manifeftiren. Niemand kann diesem System eine gewiffe imponirende Erhabenheit absprechen. Es sagt der Vorstellung zu, die wir von der Größe und Unendlichkeit des Schöpfers und des Weltalls haben, und entspricht zugleich der Hoffnung, die wir in Bezug auf die Fortdauer unserer Seele hegen. Die Strengreligiösen werden sich jedoch eben so wenig, als die Strengphilosophischen, mit diesem System befreunden. Ein Kritiker in der Revue des deux Mondes, der über das Buch des Herrn Jean Reynaud berichtet, sagt unter Anderem:

indem er zwei nothwendig von einander verschiedene Glaubensprinzipien annimmt. Das System des Herrn Reynaud negirt die Vergangenheit, kompromittirt die Zukunft und verdient um so offener bekämpft zu werden, weil es nicht das erste ist und auch nicht das leßte seiner Art sein wird, und weil es das Kennzeichen einer beständigen, leider nur zu natürlichen Inkonsequenz des menschlichen Geistes ist."

Diese französische Art der Auseinanderhaltung und Gegensät lichkeit von Religion und Philosophie hat freilich in Deutschland, wo man längst erkannt hat, daß die wahre Gotteserkenntniß Grund und Wurzel aller wahren Philosophie sei, auf keinerlei Art von Sympathie zu zählen, aber eben so wenig möchte man hier die Gebiete des Glau bens und des Wissens so mit einander identifiziren und eines in das andere aufgehen lassen, wie es uns Herr Jean Reynaud zumuthet.

Mannigfaltiges.

Der frühere Brahmine Rama Apen. Unter dem Titel: Vier Geheimrath-Minister; eine indische Geschichte in Gleichnissen“, erschien kürzlich in Hamburg, im Selbstverlage des Herausgebers, eine aus der tamulischen Sprache überseßte, aus dem siebzehnten Jahrhundert stammende Erzählung, herausgegeben von dem ehemaligen Brahminen Christian Rama Ayen. Wie die „Blätter für lit. Unterhaltung“ berichten, ist Rama Ayen, in Ostindien geboren, im Jahre 1840 in der dänischen Kolonie Trankebar zur christlichen Religion übergetreten. Seit hundert Jahren ist dies der zweite Brahmine, der sich dem Christenthume zugewandt. Rama Ayen verlor in Folge dieses Religionswechsels sein Vermögen und alle Vorrechte seiner Kaste, und wurde von seinen Geschlechtsverwandten verstoßen und verfolgt. Im Jahre 1842 kam er nach Hamburg, wo er seitdem sich aufhält. Wie es scheint, ist er mit der dänischen Missionsgesellschaft, welcher er sich angeschlossen hatte, um als Missionär nach seinem Vaterlande zurückzukehren, gänzlich zerfallen. Die Handschrift der von ihm überseßten indischen Geschichte befindet sich, auf Palmblättern geschrieben, auf der königlichen Bibliothek in Kopenhagen.

Etymologie des Wortes Bojar. In den Memoiren der Petersburger Akademie der Wissenschaften (Section für russische Sprache und Literatur) theilt der als gründlicher Philolog bekannte Geistliche Sabinin (Kaplan der Großherzogin von Weimar) ein Verzeichniß von fünfhundertsechzig russischen Wörtern mit, deren Verwandtschaft mit dem Skandinavischen er nachweist. Als Beispiel heben wir das Wort Bojar, Вояринb oder, wie es auch gesprochen und geschrieben wird, Boлapинb, hervor. „Boljarin: isländisch Bólari und mit dem Artikel bólarin, von ból, schwedisch bol, bole, praedium, villa, Landgut, oder von dem schwedischen bål, groß. Das Wort Bólarin wurde in den skandinavischen Dialekten häufig gebraucht und galt im Norden für besonders ehrenvoll oder, um uns der Worte Ihre's in seinem schwedisch-gothischen Gloffarium zu bedienen: in deliciis habebatur, ita ut principes inter se hoc titulo uterentur. Deffelben Ursprungs mit Bólarin ist das deutsche Bule, Buler, jezt Buhler. Fuit aliquando tempus cum principes hoc nomine se mutuo salutarent, quod ex „Der Verfasser von „,Ciel et Terre" reicht die eine Hand dem Chronico Spangenbergii et Hamolmanni ostendit Stadenius in Voheiligen Augustinus und die andere dem Aftronomen Herschel; er zieht cab. Bibl. p. 149. Als Beherrscher von Ländern, Landesherren, rechfie Beide an sich, stellt sich ihnen gegenüber und bewegt sie, fich mit neten die Konunge Skandinaviens, wie die Fürsten Deutschlands, es einander zu vertragen. Er stellt eine Philosophie zum Gebrauch der sich ohne Zweifel zur Ehre, Bolaren zu heißen. In Rußland hat religiösen Leute und eine Religion zum Gebrauch der Philosophen her. das Wort seine anfängliche Bedeutung: Gutsbefizer, Edelmann, Er will die Philosophen religiös und die Religion philosophisch machen. beibehalten. Bei anderen slavischen Stämmen, den Bulgaren z. B., Er nimmt immerhin die Erbsünde an, aber er versteht darunter den ist statt Boljarin die deutsche Form Boler oder Bolar gebräuchlich. ursprünglichen Triumph der egoistischen und thierischen Neigungen. Vielleicht haben alle diese Formen ihre Wurzel im Sanskrit." Er anerkennt die Erlösung, jedoch in einem geistigen Sinne, eben so,,Bojare, Bojarin — Boearmen oder Boejarmenn: 1) cives urbani, auch Chriftum, jedoch nicht als Gott, sondern als einen erhabenen Gefeßgeber, der die Menschen zur Hoffnung und zur Tugend zurückgeführt. Er will noch an Himmel und Hölle glauben, aber er belegt mit diesen Namen die auf einander folgenden, mehr oder weniger glücklichen Zustände, welche den Seelen nach ihrem Tode auf den verschiedenen Planeten zu Theil werden sollen. Er nimmt die Auferstehung des Fleisches an, aber er interpretirt dieses Dogma, indem er sagt, daß unsere Seele sich einen anderen Körper bilden werde, wenn sie von dem ersten befreit fein wird. Uebrigens ist er voll erHabener Gesinnungen und trefflicher Intentionen: er ist von Liebe zu Gott durchbrungen, wie ein Theologe des Mittelalters, und gleichmäßig von Liebe zur Wahrheit, wie ein Philosoph der neueren Zeit. - Was soll man jedoch von seinem Versuche denken? Er greift eine durch die Anstrengungen dreier Jahrhunderte festgestellte Wahrheit an: die völlige und absolute Auseinanderhaltung der philosophischen Methode und der religiösen Methode. Er wirft jedes Glaubensprinzip um,

[ocr errors]

2) domestici, Hofdiener, von boer, villa, praedium, urbs, und madr,
Mann, Plur. menn.
Mann, Plur. menn. Aus Boejarmenn hat sich vermuthlich mit Aus-
laffung des Buchstaben m der Plural Bojare (Eoape) und dann erst
der Singular Bojarin, Barin 2. gebildet.".

--

Schiller's Gedichte russisch. In Moskau ist unlängst eine vollständige russische Ausgabe der Schillerschen Gedichte in zwei Bänden erschienen. Viele von den Ueberseßungen rühren von den Koryphäen der russischen Poesie, einem Jukovskii, Koslov, Feth, Tjutschev u. A., her und waren schon früher bekannt, erscheinen aber hier zum ersten Mal gesammelt. Die fehlenden Gedichte wurden von den Herausgebern der Sammlung, den Herren Gerbel und Michailov, unter Mitwirkung einiger anderen Literaten, hinzugefügt.

Berichtigung. Nr. 108, E. 430, Sp. 1, 3. 49 v. c. statt „Fahnen“ lies „Körben“.

Böchentlich erscheinen 8 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 Sgr., halbjährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür bas Blatt im Julande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 110.

für die

Bestellungen werden von jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., Jägerstr. Nr. 25, und beim Spediteur Neumann, Niederwallstr. Nr.21), so wie von allen königl. Post-Aemtern angenommen.

Literatur des Ausland e s.

Algerien.

Berlin, Donnerstag den 13. September

Algerien und seine Zukunft.

Die überaus schnellen Fortschritte, welche die Colonisation Algeriens unter französischer Herrschaft macht, nachdem der Unterwerfungskrieg beendigt und der Besiz des Landes gesichert ist, berechtigen zu der Annahme, daß dieses Küstenland Afrika's in höherem Maße, als alle übrigen von Europäern in Afrika gegründeten Kolonieen, dazu bestimmt ist, der Ausgangspunkt für die Verbreitung der europäischen Civilisation über Afrika zu sein. Der wohlthätige Einfluß, den die französische Herrschaft in Algerien auf die am Mittelländischen Meere gelegenen Länder Afrika's auszuüben anfängt, ist nicht mehr zu verkennen. Der Verkehr mit dem inneren Afrika, für welchen die Entdeckungsreifen des kühnen und unermüdlichen Dr. Barth und seiner Gefährten die günstigsten Aussichten eröffnen, wird nicht verfehlen, mit der Kenntniß europäischer Kultur auch das Verlangen nach der selben in den bisher für die Entwickelungsgeschichte der Menschheit so gut wie nicht da gewesenen Völkern des inneren Afrika, wenn auch nur sehr allmählich, rege zu machen. Ein Land, welches einen so groß artigen Beruf in der Kulturgeschichte der Menschheit zu haben scheint, ift wohl geeignet, das höchste und allgemeinste Interesse in der gegen wärtigen civilifirten Welt zu erregen. Wir können darum ein Buch,") welches uns ein treues Bild des gegenwärtigen Zustandes von Algerien giebt und dabei den Zweck verfolgt, dem nicht zu hemmenden europäischen Auswanderungsstrom, insbesondere dem deutschen, eine andere Richtung zu geben, „damit er nicht in den dürren, steinigen Schluchten der (amerikanischen) Felsengebirge ungenußt für das Wohl der Menschheit, also ohne Bedeutung für die Geschichte der Welt und ohne Einfluß auf das Geschick von Nationen versiege", nur willkommen heißen und der allgemeinen Beachtung auf das angelegentlichste empfehlen, um so mehr, da wir dem rühmlichen Zeugniß, welches Herr Dr. Gumprecht, ein wie mit den afrikanischen Zuständen überhaupt, so mit den algerischen insbesondere wohl vertrauter Mann, in einem Vorwort dem Buche ausstellt, insoweit dieses Zeugniß sich auf die Art bezieht, wie der Verfasser seinen Gegenstand behandelt (daß das uns gegebene Bild der Wirklichkeit entsprechend ist, wollen wir der Versicherung des Herrn Verfaffers und dem bestätigenden Zeugniß des Herrn Dr. Gumprecht gern glauben, da sich uns nirgends ein Anlaß, Zweifel zu hegen, aufdrängt), unbedingt beistimmen müssen. Die uns vom Verfaffer gegebenen Schilderungen haben eine Anschaulichkeit und eine Lebensfülle, wie wir dergleichen nur bei geistreichen Touristen zu finden gewohnt find. Einige Mittheilungen aus dem intereffanten Buche werden unseren Lesern willkommen sein und ihnen die Ueberzeugung geben, daß der Verfasser dem doppelten Zweck, den er im Auge hat, indem er nicht blos das größere deutsche Publikum mit allen Verhältnissen des so bedeutungs- und zukunftsvollen Landes auf eine so angenehme Weise bekannt machen, sondern gleichzeitig auch die Aufmerksamkeit seiner europamüden Landsleute auf dieses dem Einwanderer so überaus günftige Aussichten darbietende Kolonialland lenken will, auf eine höchft anerkennenswerthe Weise Genüge zu leisten versteht.

Wir laffen unseren Mittheilungen eine allgemeine Uebersicht über den Inhalt des Buches vorangehen. Es werden in acht Abschnitten in einer die Aufmerksamkeit durch höchft intereffante Einzelnheiten stets rege erhaltenden Darstellungsweise die folgenden Gegenstände besprochen: 1) die physische Beschaffenheit (Vorgebirge, Gebirge, Küstenland, Ebenen, Dafen u. f. w.) und die politische Eintheilung des Landes; 2) die bedeutendsten Städte und Kolonieen in den drei Provinzen: Algier, Oran, Konstantine beschrieben und geschildert mit allen ihren Merkwürdigkeiten; die Landstraßen;

3) das Klima, die im Lande herrschenden Krankheiten und deren Ursachen;

*) Algerien und feine Zukunft unter franzöfifcher Herrschaft. Nach eigener Anschauung und authentischen Quellen, namentlich auch in Rücksicht auf deutsche Auswanderung bearbeitet von Dr. L. Buvry, Mitglied des Central-Vereins für die deutsche Auswanderungs- und Colonisations-Angelegenheit u. s. w. Berlin, 1855. Verlag von Heinrich Schindler.

1855.

4) der gegenwärtige Stand der Bevölkerung des Landes: Araber, Kabylen, Schauza oder Schawia, Ziban, Türken, Juden, Neger, Europäer; der Einfluß der Civilisation auf die Eingeborenen; 5) der Zustand der Forstkultur, des Acker- und Gartenbaues; die Baum-, Getraide- und Gemüsearten, die im Lande wachsen und angebaut werden, und der Nußen, der aus jeder derselben gezogen werden kann;

6) die im Lande einheimischen und dort eingeführten Thierarten; 7) die mineralischen Schäße und die zahlreichen Thermen und Mineralquellen Algeriens;

8) der Zustand des Handels und der Industrie und die Aussich ten, die in Bezug auf beide sich darbieten.

Ein Anhang enthält die auf die Colonisation fich beziehenden ministeriellen Erlaffe und „Gesundheitsregeln für den Einwanderer“.

In Bezug auf die Frage, ob Algerien dem deutschen Auswanderer mehr Garantie für seine künftige glückliche Existenz bietet, als NordAmerika, dürften die folgenden in der Schlußbetrachtung des Verfassers enthaltenen Säge entscheidend sein.

In Nord-Amerika wird der größte Theil der nicht sprach- und landeskundigen Einwanderer gleich bei seiner Ankunft von einer Legion geldgieriger Schwindler ausgeplündert, ohne von den Geseßen des Landes irgend eine Entschädigung erwarten zu dürfen, und geht in der Regel sowohl physisch, als moralisch zu Grunde. In Algerien dagegen wird der neue Ankömmling von der Obrigkeit kräftig geschüßt, und ist überhaupt das Geschlecht der Runners daselbst unbekannt oder doch sehr schwach vertreten. In Nord-Amerika erwarten den Ansiedler an der Westgränze der Staaten (denn nur hier (?) kann er noch Ländereien erwerben) von Seiten der Indianer Gefahren, gegen welche ihn zu schüßen die Landesregierung unvermögend ist. In Algerien hat die französische Regierung den Eingeborenen gegenüber eine so Achtung gebietende Stellung eingenommen, daß der Ansiedler wenig oder gar nichts von ihnen zu fürchten hat. In Stelle der den Anfiedler zur Verzweiflung bringenden Urwälder Nord-Amerika's findet der Ansiedler in Algerien in den von ihm urbar zu machenden Gegenden nur hohes Gras und niederes Geftrüpp.) In Nord-Amerika ist der Ansiedler von jedem Verkehr abgeschnitten, so lange er nicht felbft die nöthigen Verbindungswege anlegt; in Algerien hat die Regierung bereits fahrbare Straßen angelegt, bevor eine Niederlassung gegründet ist. In Amerika muß Jeder selbft dafür sorgen, unter Dach und Fach zu kommen, während in Algerien die Regierung ganze Dörfer baut, bevor die Bewohner derselben da sind. Die Reise nach NordAmerika erfordert bedeutend mehr Zeit und Geld, als die nach Algerien. Die hier den Auswanderungsluftigen vorgeführten Vortheile Algeriens find einleuchtend. Die Schilderungen, die der Verfaffer von dem Reichthum Algeriens an Naturprodukten, von der Ergiebigkeit seines Bodens, von der Beschaffenheit seines Klimas giebt, sind nicht weniger geeignet, vorzugsweise den Landbebauern, welche mit Auswanderungsgedanken umgehen, Algerien als ein Land nach ihren Wünschen erscheinen zu laffen. Der Verfaffer hätte aber nicht unterlaffen sollen, diesen Schilderungen noch einige bestimmtere Angaben über den Preis der Ländereien, über das zum Beginn einer eigenen Landwirthschaft erforderliche Kapital, über die Art, wie der Ankauf von Ländereien geschieht, über die Methode des Landbaues und über andere solche praktisch wichtige Gegenstände hinzuzufügen; der deutsche Ackerbauer, der nicht genug Geld hat, um in feiner Heimat ein selbständiger Grundbefizer werden zu können, aber doch genug, um sich der Hoffnung hingeben zu können, daß er anderswo mit dem, was er hat, sein Glück machen könnte, erlangt durch die Mittheilungen des Verfassers die Gewißheit nicht, die er braucht, wenn er sich entschließen soll, es mit einer Ansiedlung in Algerien zu versuchen.

Die vom Verfaffer gegebenen Schilderungen, in so weit vorzugsweise dieselben den Auswanderungsluftigen interessiren werden, finden wir im Vorwort des Herrn Dr. Gumprecht folgendermaßen zusammengefaßt:

[blocks in formation]

Viele Produkte Algeriens, vor Allem höchft feine Schafwolle, der trefflichste Weizen, Honig und Wachs, gelangen bereits in bedeutenden und immer steigenden Massen nach Frankreich; bald wird dasselbe mit anderen älteren Landesprodukten: Wein, Del und Taback, der Fall sein, sobald eine sorgfältigere Kultur allgemeiner wird. Die neu einge führte Baumwollen- und Seidenzucht entwickelt sich mit reißender Schnelligkeit, und viele andere Produkte, wie Cochenille, Sesam, Zucker. rohr, selbst der stellenweise gut gedeihende Indigo, verheißen dem Lande in Zukunft reiche Erträge. Bei der ungemeinen Rüftigkeit der gegenwärtigen französischen Verwaltung erwachsen auch die Resultate in reißender Schnelligkeit. Schon verbindet eine immer steigende Zahl von Dampfböten die Haupthäfen Algeriens unter sich und mit dem französischen Littorale; die trefflichsten Kunststraßen vermitteln die Communication nicht allein zwischen den Hauptstädten des Landes, sondern machen allmählich selbst die bisher unwegsamen Gegenden zugänglich. Die großen Moräfte der Metidscha in der Nähe der Hauptstadt, lange Jahre der Schrecken der neu angekommenen europäischen Einwanderer, find bereits größtentheils, die vor Philippeville und Bona sogar ganz entsumpft und der alten Kultur, die hier einst geherrscht, wiedergegeben; zahllose Brücken, größtentheils fteinerne, find über die gefährlich ften Gebirgsmaffen erbaut; mit überraschend steigendem Erfolge ift auch die Drainage eingeführt; von wilden Thieren hat fast kein KoIonist mehr etwas zu fürchten, und selbst das Verhältniß mit den Eingeborenen gestaltet sich bei der strengen und die Eigenthümlichkeiten der älteren Landesbevölkerung sorgsam berücksichtigenden Verwaltung immer günstiger, so daß bei den überaus günstigen klimatischen Verhältnissen, die nur im Anfange dem nordischen Ankömmling Vorsicht gebieten, kein einziges Europa nahe gelegenes Land eine solche günstige Zukunft dem Einwanderer bieten dürfte, als gerade Algerien.

Eine dem Almanach von Algerien des Jahres 1849 entnommene Uebersicht, die der Verfaffer mittheilt, ist sehr geeignet, die Natur, das Klima, den Anbau in Algerien zu veranschaulichen. Es heißt darin z. B. Januar. Alle Blumen unserer Felder und Gärten, der Weißborn, die Iris, die Seidenpflanze, Levkoyen, das Geranium, die Tulpen, die Monatsrosen, die Mandel-, Erdbeer-, Citronen- und Orangen bäume stehen in voller Blüthe; der vielschöffige Maulbeerbaum treibt neue Sproffen; das frühzeitig ausgefäete Getraide schmückt die Felder mit schönem Grün; die Gemüsegärten theilen ihren Reichthum mit; die im September gepflanzten Kartoffeln werden eingeärndtet, die Bananen Find reif; die Erdbeeren sind im Ueberfluß vorhanden, eben so die Cham pignons; die Hühner fangen an zu legen und die Schafe zu lammen. September. Bei dem ersten in diesem Monat fallenden Regen erwacht die (durch die Augufthiße) erschlaffte Natur, und die Bäume, welche Afrika mit Europa gemein hat, schlagen zum zweiten Mal bei nahe eben so kräftig aus, wie im Frühjahre. Die rothen Rüben haben der Hiße widerstanden und liefern ein vortreffliches Futter. .

Dezember. Die Weiden prangen in saftigem Grün. Die Nelke treibt Knospen, und das Geranium, die Levkoye, Narzisse, die Chrysanthemen (Goldblumen), so wie die bengalische Rose, erfüllen die Lüfte mit ihren balsamischen Düften. Die Fruchtbäume, welche Afrika mit Europa gemein hat, ruhen aus. Die Orangen werden reif, und man fammelt die Oliven ein. Kresse, rothe und schwarze Rettige im Ueberfluffe. Die im September gepflanzten Kartoffeln sind reif. Man fährt fort, Getraide, Ackerbohnen, kleine Erbsen und allerlei Gemüse zu fäen, und beeilt sich, die Baumpflanzungen zu beendigen. (Schluß folgt.)

Ostindien.

Reiseberichte der Brüder Schlagintweit.

Ueber die wissenschaftliche Reise der drei Brüder Schlagintweit in Indien bringt das jüngste Heft (Band V., Heft 2) der Berliner "Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" einen aus der Feder Karl Rit ter's gefloffenen, sehr interessanten Bericht. Derselbe ist nach den Briefen und Original-Dokumenten abgefaßt, welche die drei Brüder an ihren wissenschaftlichen Beschüßer, Alexander v. Humboldt, auf ihrer Ueberfahrt von England nach Aegypten und von da durch das Rothe Meer nach Indien, so wie auf ihren Reisen daselbft, vom 14. November 1854 bis zum 17. Mai 1855, gerichtet haben. Unter den Einfendungen, welche diese Dokumente begleiteten, befinden sich auch zahlreiche Photographieen, worunter die von bedeutenden Persönlichkeiten, und höchft originelle Naçenbilder; ferner Skizzen der Küften, vom Dampfschiffe und von den Stationen aus gesehen, zum Theil in Far ben und meist in einem großen Maßstabe ausgeführt, so wie mit Wintelmessungen der Reigungsflächen und mit geodätischen, geographischen und geologischen Noten versehen.

Die Reisenden machten ihre viertehalb Monate (vom 5. November bis 19. Februar) dauernde Landreise in Indien durch das weit läufige, gebirgige Dekhan zu Pferde, und zwar auf Dekhan-Ponies.

Das Gepäck sowohl, als die Mehrzahl der Inftrumente nebft den Zelten, wurde auf zwanzig Kameelen transportirt. Die Barometer und die zehn Fuß langen Geo-Thermometer wurden von den Kulies getragen. Alle diese Instrumente haben sich während der ganzen Reise im besten Zustand erhalten. Vom Generalstab in Bombay waren ihnen zwei Guiden, beides Indier, zugetheilt worden, die recht bald das Ablesen der Instrumente lernten und bei den Beobachtungen sehr wesentliche Dienste leisteten.

Nach dem von den Reisenden aus Kalkutta eingesandten ersten wissenschaftlichen Bericht in englischer Sprache theilt Herr Prof. Nitter demnächst einige interessante magnetische Beobachtungen, so wie meteorologische und geologische Bemerkungen, namentlich auch über den emporgehobenen Meeresgrund an den Küften der Halbinsel Indiens, mit. Wir laffen hier den leßten Theil der in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" gegebenen Nachrichten folgen:

"

,,Vom 16. März und 28. April 1855 liefen von den obersten Behörden in Kalkutta und Dardschiling, an der Südgränze von Sikhim, die zuvorkommendsten Briefe an Herrn A. v. Humboldt, mit den Zeugniffen der ehrenvollsten Aufnahme und hülfreichsten Theilnahme an den Bestrebungen der von ihm so warm empfohlenen Reisenden, ein. In Abwesenheit des General-Gouverneurs von Ostindien, Lord Dalhousie, hatte Sir James William Colville, Präsident der Royal Society in Kalkutta, die Sorge für das Fortschreiten der Unternehmung übernommen. Obwohl mit Gerichtsgeschäften überladen, die ihm weniger Muße ließen, als er wünschte, um den Reisenden, wie er fagte, nüglich zu sein, hatte er sie seinem Freunde, dem berühmten Brian H. Hodgson, vieljährigem Residenten des britischen Gouvernements am Hofe von Nepal und thätigem Freunde des Botanikers Jos. D. Hooker während dessen Himalaya-Reisen, dringend empfohlen und auf des General-Gouverneurs Befehl Alles von Seiten des Gouvernements in Bereitschaft sehen laffen, die Behörden in den Provinzen und den Gebirgen zum Beistand der Wanderer aufzurufen. Zwar lebt noch der alte Feind der europäischen Reisenden in Sikhim, der Diwan (wohl derselbe, der zu Hooker's Zeit ihm und dem Dr. Campbell als PremierMinister des Radscha von Sikhim so gefährlich entgegentrat), aber in Ungnade gefallen, sagt der Präsident, werde er hoffentlich den Forschungen Hermann Schlagintweit's das Eindringen in das Hochgebirge nicht verwehren können. Den beiden anderen Brüdern wünsche er, schreibt derselbe ferner, daß es ihnen gelingen möge, in dieser Saison Khatmandu zu erreichen; der dortige britische Resident werde schon die rechten Maßregeln ergreifen, um ihnen die eiligste Durchreise durch das in der bösen Jahreszeit so ungesunde Morung oder Terai, d. i. die Sumpffieberregion, möglich zu machen. Daß fie tief in Nepal einzubringen vermöchten, habe er zwar wenig Hoffnung (selbst dem Prinzen Waldemar von Preußen war dies ja versagt worden), doch würden sie, wenn auch die öffentliche Meinung des Landes ihnen hinderlich sein sollte, unter dem Schuße der Minister Dschang Bahadur's von Nepal, den schon Dr. Hooker als Begünstiger wissenschaftlicher europäischer Reisenden rühmte, sicher so viel durchführen, als ihnen selbst möglich sein werde; daran zweifle er keinen Augenblick.

„Vom 28. April lief auch von dem um die wissenschaftliche Kenntniß des Himalaya-Systems so hochverdienten Major B. H. Hodgson an Herrn A. v. Humboldt ein Schreiben ein, welches die rührendsten Ausbrücke der Verehrung und des Dankes für den deutschen Nestor der Naturforschung, so wie die Nachricht, enthielt, daß Hermann Schlagintweit ihm die Briefe v. Humboldt's überbracht habe, und wie es ihm leid gethan, daß er wegen der schweren Krankheit seines Sohnes den Reisenden selbst nicht in sein Haus habe aufnehmen können. Doch hoffe er, derselbe werde mit seinem Aufenthalte zu Dardschiling, dem Sanatarium, zufrieden sein; in wenigen Tagen erwarte er die Ankunft der Erlaubniß, daß der Reisende seine Wanderung nach Sikhim fortsehen könne, was im ersten Moment seines Eintreffens nicht möglich war. Den Brüdern in Kamaon habe er ebenfalls Empfehlungsbriefe zugesandt, die ihnen hoffentlich für ihre Wanderung durch Nepal nüßlich sein würden. Es ist lehrreich, am Schluffe dieses Briefes die bescheidenen Worte des hochverdienten Mannes über seine eigene, politisch, wie wissenschaftlich so bedeutende, zwanzigjährige Wirksamkeit im Hochgebirge zu lesen, deren Wichtigkeit schon aus Dr. Hooker's Himalaya-Briefen wiederholt bekannt geworden wäre, wenn man sie nicht bereits seit Jahrzehnten aus dem Calcutta Journal ber Asiatic Society of Bengal kennen gelernt hätte.

Die leßten Nachrichten von den beiden Zweigen der Reise-Abthei lung sind vom 24. April aus Dardschiling und vom 17. Mai aus Nainy Tal an Herrn A. v. Humboldt eingelaufen.

"Hermann Schlagintweit äußert sich aus Dardschiling den 24. April dankbar für die große Theilnahme, welche von den englischen Behör den allen seinen Bestrebungen, wie denen seiner Brüder, zu Hülfe kam. Der Name v. Humboldt drang überall durch, denn er sei dort so bekannt und verehrt, wie überall; „felbft viele der unterrichteten Natives in den Städten"", schreibt Hermann, „,,,überraschten uns sehr

« ForrigeFortsæt »