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fast immer die des Frühlings ist und man in der Tiefe des Winters die schärfste Kälte nicht fühlt.°)

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,,Geh in welches Haus Du willst, es ist, als wenn Du eine Pagode hinaufstiegst, ausgeschmückt mit den verschiedensten kostbaren Zierden. Jeder drawing-room" fönnte als das Paradies einer Fee gelten. Die Wände ihrer Zimmer sind mit schönem Papier oder Tapeten behangen. Teppiche von dem feinsten Gewebe und den elegantesten Mustern breiten sich überall ganz bedeckend auf dem Fußboden aus. Selbst deren Treppen sind mit feinem, sanftem Teppich ausgelegt. In diesen Räumen stehen hier und da und überall musikalische Instrumente. Tische, beladen mit Büchern, schöne Uhren und kostbare Vasen, elegant geschmückte Sophas und „Settees", Arbeitstische, aus gelegt mit Schildpat und Gold, bilden einen Theil der Ausstattung solcher Salons, während würzige Gerüche, aus reich entfalteten Blumen ausathmend, die Luft erfüllen. Ihre Tische, Sophas und Stühle find alle abgerieben, bis sie so glänzend aussehen wie polirtes Metall. Große Spiegel, in denen man seine ganze Gestalt sehen kann, stehen an den Seiten.

„Künstliche Blumen, die man in jedem Zimmer findet, find von der größten Verschiedenheit und entfalten ungemeines Talent. Kurz, man mag in jeden beliebigen Winkel eines Zimmers blicken, sicherlich findet man Beispiele der Manufaktur von feinster Geschicklichkeit und Kunst. Zum Beispiel ist die Erfindung, durch welche sich die Thür von selbst schließt, von merkwürdiger Genialität. Die Titel ihrer Bücher stehen in Gold auf deren Rücken. Ihre Schachbretter und deren Figuren sind von der elegantesten Arbeit. Die Tasten des Piano, eines Instrumentes, das die vollkommensten Noten der Musik schlägt, sind von schönem Elfenbein gemacht. Und wollte ich versuchen, ihr undurchsichtiges und bemaltes Glas zu schildern, würde ich nicht im Stande sein, eine Vorstellung von der Seltsamkeit und Feinheit der hier entfalteten Kunft zu geben.

„Auf dem Throne da fißt eine Königin, welche vom Himmel ausgestattet ist mit merkwürdiger Weisheit und ihre Unterthanen regiert mit großem Wohlwollen.

,,Die Gefichter des schönen Geschlechtes, für deren Beschattung sie fein gewebte Gaze tragen, sind so zart, wie die Hibiscus-Blume. Und wenn ich sie im Wagen, Seite bei Seite, fißend bemerkte, mußte ich sie in ihren Blicken mit dem füßen Veilchen vergleichen. Ihre Augen mit der blauen Färbung der Gewäffer eines klaren Herbst ́tages find reizend über alle Beschreibung und ihre Taillen so fest gedrückt und dünn, wie der Zweig einer Weide. Was wohl meine Phantasie am meisten fing, war der Anblick elegant gekleideter junger Mädchen mit perlenweißen Hälsen und dicht umschnürten Taillen (die Damen des Westens mißhandeln ihre Taillen, wie die Chinesinnen ihre Füße, nur daß die zerquetschten Füße der Gesundheit nicht so nachtheilig sind, als die zu einem Haché zusammengepreßten Eingeweide). Nichts kann so bezaubernd sein, als Damen zu sehen, die fich_in_Bindfadenform von der liebenswürdigsten Geftalt zusammenpressen, wie ich nie dergleichen gesehen (der Chinese denkt aber jeden falls an die dünnen Stelzen von Füßen der Schönen seines Landes). In ihren glänzenden Equipagen, gewöhnlich von je zwei Pferden ge. traget, jedes mit einem Diamantenfleck auf deren Nasen, fizen Damen und Herren neben einander. Ihre Gesichtsfarbe übertrifft die zartesten Tinten der Frühlingsblumen. Ihre Brauen sind von delika. tester Form und gleichen Hügeln am fernen Horizonte. Die Farbe ihrer Augen ist das himmelvollste Blau, und ihr Benehmen so kühl und königlich wie die Wasser des Herbstes.

„Die Kleider, welche sie tragen, sind oft von gefärbter Seide und gleichen einer Sammlung von Fibern aus Lämmerwölkchen. Im kalten Wetter thun sie verschiedene Zierden von Fellen um den Hals. Schildpatkämme halten ihr Haar zusammen, hinten und an den Seiten. Ihre Hüte tragen Federn von brillanter Farbe und sind reich geschmückt mit Bändern. Beim Spaziergange hängen feine Säcke von Seide an den schönen Armen, Korallenketten und goldene Uhren um den Hals. Ihre Sonnenschirme sind wie der Vollmond, ihre Kleider freudig wie der Regenbogen. Und wenn sie vor Deiner Thür vorbeigehen, gleichen die hübschen Töne ihres Sprechens und Kicherns dem füßen Gefange der Droffel.

„Die Männer haben hervorragende Nasen, buschige Brauen und krauses Haar. Sie schonen keine Mühe in Waschung, Kleidung und Ausschmückung ihrer Personen. Ihre Unterkleider sind dicht, die äußeren kurz und vorn offen. Die Aermel find eng, um die Kälte abzuhalten. „Schweiß ist sehr verhaßt, deshalb braucht man viel wohlriechende Waffer und Dele, von denen viele mit unserem berühmten Drachen Speichel“ wetteifern können. Sie tragen schöne Stücke von Gold

*) Hier ist der sonst ziemlich nüchterne Chinese sehr dichtungsvoll. Von einer warmen Stube und den Künsten, wie man eine macht und erhält, weiß der Engländer gerade gar nichts. Im Winter sind die Zimmer fast immer wie Dante's Hölle, unten Eis, oben Brathize mit scharfem Zuge durch Thüren und

und Silbergeld in eleganten Börsen. Ihre Hüte sind von Biber, ihre Schuhe von Leder und ihre Kleider von feinem, dunklem Tuch.

,,Die Briten sind ein unternehmendes Volk. Ihre meisten Kaufleute haben sehr viel Geld und kennen keine Furcht vor Gefahr und Entfernung. Sie gehen weit fort auf den Meeren bis in die fernsten Gegenden, Märkte zu eröffnen für ihren Handel.

,,Großbritannien ist beinahe achtzehn Jahrhunderte unter dem Einflusse des Christenthums gewesen, welchem, nach meiner Meinung, die Feinbeit in Sitten und Gebräuchen zugeschrieben werden muß. Von den leeren Geschichten und thörichten Ausschweifungen der buddhistischen und taouißtischen Religion wissen sie nichts, weil sie alle ihre Grundsäße wahrhafter Moral von der einzigen Quelle ableiten, dem höchsten Wesen. Sie bringen nicht einmal den Manen ihrer verstor benen Vorfahren Opfer, sondern die ganze Nation ist ohne Ausnahme Verehrer Gottes im Himmel. Ihn verehren sie mit Aufrichtigkeit des Herzens; deshalb zeichnet sich ihre Gesellschaft durch reine Uneigennüßigkeit und unverfälschte Güte aus.

"

„Die Engländer unterstüßen viel wohlthätige Anstalten, Apotheken und öffentliche Hospitäler, worin sie langwierige Krankheiten heilen, ohne jene unsauberen und wirkungslosen Vorschriften, die unter dem Volke unseres Mittel-Königreichs gebräuchlich sind. Die Engländer scheinen es mit der goldenen Regel zu halten: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst." Und ich denke nicht, daß in Anwendung derselben Hypokrisis herrsche. So weit ich beobachten konnte, sind die Gefühle des Volkes großmüthig und wohlwollend, ihre Sitten vollkommen verfeinert und ihr gewöhnliches Benehmen gütig und einnehmend und aufrichtig. „Gäste in Gesellschaften find außerordentlich höflich gegen einander und schütteln sich beim Kommen und Gehen herzlich die Hände. Verwandte wechseln zum Zeichen tiefer Neigung den Kuß der Freundschaft mit einander. Fremde begegnen sich sehr respektvoll, und die Unterhaltung ist frei von rohen Aeußerungen. Als Zeichen der Aufmerksamkeit bieten sie ein Glas Wein oder eine Taffe Thee. Der Schreiber dieser Noten, obgleich ein Gast von einem sehr fernen Lande und von keinerlei Verdienst, ward gleichwohl mit der größten Gastfreundschaft unterhalten, mit viel Achtung und überall eifrig über die Sitten China's befragt. Manche Dame hat Thee für den chinesischen Fremden bereitet, und oft, oft haben glänzende, junge Mädchen ihm ihr Album gebracht, eine Linie oder mehr Chinesisch für sie zu schreiben. "In ihrem geselligen Leben herrscht viel Achtung vor dem weiblichen Geschlecht und ist ihnen sehr wahrscheinlich von Alters her vererbt. Ihre jungen Kinder werden gut erzogen und betragen sich gut. Die füßeßte Harmonie herrscht in Familienkreisen, so daß, wenn sie sich um die Feuerseite versammeln, niemals gestritten und gezankt wird. Alles ist Ordnung, Ruhe und Friede.

„Bei Tische sißt die ganze Familie an Einem Tische, Frühstück wird auf eleganten Tellern von Porzellan aufgetragen. Zum Mittags= mahle, deffen Späte vom Range der Gäste abhängt — lehnt sich jede Dame an den Arm eines Herrn, um sich führen zu lassen. Die Fefttafel ist geschmückt mit auserlesenen Blumen und Früchten. Man ißt Reiß weiß wie Schnee mit Löffeln, nicht mit Holzstücken, wie bei uns. Ihre Messer glänzen wie Reif und haben Schneiden, das zäheste Fleisch zu zerkleinen. Vor dem Effen wird zu dem Regenten des Alls gebetet. Suppe in einer Terrine ist gewöhnlich der erste Gang, nachher kommen die Hauptgänge. Statt des Reißes, als Hauptnahrung, wie bei uns, haben sie Rind- und Hammelfleisch, gekocht nicht mit Holz, sondern gebraten an Kohlen. Jedes Gewürz, die Speisen schmack. hafter zu machen, ist bei der Hand, dazu werden verschiedene Weine, feine Produkte der Traube, deren Gerüche den Speisesaal füllen, in Menge gereicht.

"In ihren Abend-Gesellschaften, wenn ich zusah, wie der feinste Thee in filbernen Kannen gemacht ward und das silberne Theebrett umberging, beladen mit schneeweißem Zucker, reicher Sahne, süßen Käsen und perliger Butter, konnte ich nie die Damen vor mir aus den Augen lassen: sie sahen aus wie Feen von der lieblichsten Gestalt, gleitend und schwebend vor meinen Augen. Und doch waren es keine luftigen Gebilde oder wolkenbekleidete Nymphen, erschaffen durch irgend eine magische Kunst, sondern lebende Wirklichkeiten; und eine Tasse Thee unter so glücklichen Auspizien war genug, alle Sorgen zu verscheuchen. Die übliche Stunde, früh aufzustehen, ist 5 Uhr,®) und zu Bett zu gehen 11 Uhr. Wenn sie einen Diener rufen wollen, ziehen sie eine Glocke. Der Diener steht immer außen und tritt auf solch ein Zeichen ruhig und still herein. Bei Hochzeiten ist die herrschende Farbe weiß, bei Leichenbegängnissen schwarz. Im Gebrauch des Thürklopfens scheint folgende Regel zu herrschen: Eine Dame tappt sanft, ein Herr giebt entschiedene und wiederholte Schläge, der Postmann klopft rasch und laut zweimal, der Diener einmal.") Wenn ein Be

*) Großer Irrthum. In den vornehmen Kreisen, worin sich unser vornehmer Chinese bewegte, muß es heißen: Früh 8-12, Nachts von 1-3 Uhr. **) Im Wesentlichen richtig, nur daß der Gentleman einen guten Triller

sucher seine Aufwartung machen will, ist es Sitte, eine niedliche Karte mit seinem Namen darauf hinaufzusenden. Sobald er über die Schwelle tritt, nimmt er seinen Hut ab. Fast immer wirst Du den Gentleman, wenn er spazieren geht, mit einem Rohre oder Stocke finden, seltener mit einem Bedienten hinter sich, wohl aber mit einem Hunde oder Lieblings-Köter. Damen und Herren gehen größtentheils Arm in Arm spazieren. Gehe aus, wenn Du willst, und Du kannst überall, wenn Du willst, eine fein ausgestattete Equipage besteigen. Und wenn Du in das Land hinausfahren willst, bläßt der Kutscher sein Horn, um Dir die Zeit der Abfahrt zu verkündigen. Legst Du Geld bei einem Banquier nieder, erhältst Du eine Note mit Angabe des Betrages darauf. Die Feder der grauen Gans wird gebraucht, um Worte niederzuschreiben. Und wenn ein Brief geschrieben und gefaltet ist, wird er mit Siegelwachs verschloffen.") Für seine Mußestunden hat Jeder zur Hand, was seinem Geschmack zusagt, ein musikalisches Instrument oder ein Buch. Die Damen find in solchen Stunden fleißige Leserinnen; oder sie vertreiben sich die Zeit durch Sticken mit einer deli katen Nadel. Die Herren erfreuen sich gern mit Kricket-Spiel, das entweder außerhalb der Stadt oder auf einem schönen Rasenplaße gespielt wird. Es ist sehr wohl sehenswerth.

,,Zum Schluffe nun, Leser, was denkst Du wohl, was mich unter allen diesen Wundern, Aufmerksamkeiten und Freuden, die ich unter dem englischen Volke fand, am meisten demüthigte? Es war, daß mir die Fähigkeit abging, nur ein Wort von deren Sprache zu reden. Das Bewußtsein dieses Mangels machte mir viel Verdruß, und die Erin nerung daran beschämt mich noch jezt nicht wenig.“

Frankreich.

Industrie und Materialismus.

(Fortseßung.)

Von Jahr zu Jahr wuchs die Thatsache, und in weniger als einem Halbjahrhundert umfaßte sie die ganze Gesellschaft, schuf bis dahin unbekannte Volksklaffen, schuf Privatvermögen, die man sonst nur in Indien erwerben zu müssen_träumte, erzeugte aber auch Elend, wie es nur die düsterste Phantasie zu erfinden vermag. Die Industrie hat der allmächtigen französischen Revolution Gefeße vorgeschrieben, sie war von ihrem Ausgangspunkt abgelenkt und ihr eine andere Richtung gegeben; sie ließ den Staat ihren Despotismus fühlen, gestaltete alle Ideen in Intereffen um und sagte keck zu Allem, was außer ihrem Gebiete lebte: Die Gegenwart und die Zukunft gehören mir, wie Ihr Euch auch anstrengt, meine Macht zu theilen!" Nicht Rousseau, nicht Voltaire, nicht Mirabeau wie man meint Richard Ark wright, James Watt, Volta und Lavoisier, das sind die Gründer der neueren Gesellschaft.

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Da nun die Industrie Alles an sich geriffen hat, so muß es uns darum zu thun sein, zu wiffen, ob ihre Usurpationen berechtigt find; mit anderen Worten: es ist von Nugen, zu untersuchen, was sie aus uns machen kann, nach dem was sie schon aus uns gemacht hat. Soll man ihr ferner die Herrschaft der Erde überlassen, oder soll man sie ihr streitig zu machen suchen? Soll ihre Macht getheilt werden? Bedarf sie des Zügels und der Beaufsichtigung? Wäre es nicht gerecht, fie zur Unterzeichnung einer Charte, zur Annahme einer conftitutionellen Regierung zu nöthigen? Versuchen wir es, diese verschiedenen Fragen flüchtig zu beantworten.

Die menschliche Seele ist nimmer so eng, wie die modernen Meifter der materiellen Intereffen vorausseßen, und wir können unmöglich einräumen, daß die Gesellschaften hinfort nur von den Bedürfnissen und Begierden regiert werden müssen. Eben so unmöglich können wir glauben, daß eine einzige Thatsache, ein einziges Prinzip zur Regie rung der Gesellschaften ausreiche. Ein Volk, das so weit herabgebracht würde, nur eine gewisse Ordnung von Ideen anzuerkennen, bei dem nur eine gewisse Ordnung von Thatsachen im Gange wäre, ftürbe bald an Entkräftung und Stumpffinn. Ein zu vorherrschendes Prinzip erzeugt ungeheuerliche Ergebnisse, und durch Uebertreibung einer einzigen Seite der Dinge entstellt sie die Wahrheit selbst zur Lüge. Verhängnißvoller noch ist der Fall, wenn das Vorherrschende kein sitt liches Prinzip, sondern eine ftoffliche Thatsache ist. Alsdann ist die Welt die Beute einer geistigen Demagogie, die sich noch unheilvoller gebahrt als die Anarchie in den Straßen und Versammlungen. Nichts wird da nach seinem wahren Werth geschäßt. Das Absolute wird wie etwas Relatives behandelt, die Hauptsache wird zur Nebensache. Diener, wenn er für seine Herrschaft in der Equipage klopft, desto lauter trommeln muß, je höher der Rang seiner Herrschaft ist. In vornehmen Häusern wird übrigens die Klingel für visitors" und die Klingel jür „servants" immer allgemeiner, um so mehr, da diese Kreise in der Regel weit hinten in Gärten und hinter dicken, epheuumrankten Mauern und Thoren wohnen.

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*) Gänsefedern und Siegellack find ganz antiquirt seit der Zeit; selbst_die adhesive envelopes weichen im Geschäft den Briefbogen, welche Brief, Couvert, Falten und Stempel mit Gummi arabicum in einem Stück enthalten.

Die sichtliche Hierarchie wird über den Haufen geworfen, und es kömmt die Stunde, wo das Thatsächliche so vervielfältigt, wo sein Machtübergriff in der Gesellschaft so vollständig ist, daß seine Entthronung zur Unmöglichkeit wird und der Tod das einzige Mittel gegen ihn ist. Wird eine Gesellschaft unklug genug, die verschiedenen Prinzipien, die erst in ihrer Totalität die Wahrheit darstellen, das Gleichgewicht verlieren zu laffen, so wird sie dafür hart bestraft. Spanien ist gestorben, weil es an die Macht eines einzigen Prinzips geglaubt hat; und doch war dieses has wichtigste und erhabenste: die oberste Macht der Vertreter der spiritualistischen Ordnung. Und was hat dem an so vielen unschäßbaken Gaben reichen Italien gefehlt? Nichts als ein wenig Disziplin, d. h. das Mittel, ein strenges Gleichgewicht zwischen allen Geistesmächten zu erhalten. Wurden nun diese Nationen dafür bestraft, daß sie entweder zu ausschließend oder zu übereilt waren in ihren Beziehungen zu der moralischen Ordnung was soll aus uns werden, wenn wir in denselben Fehler in unseren Beziehungen zu der Welt der Materie verfallen, wenn wir die materielle und moralische Civilisation aus dem Gleichgewicht gerathen laffen!

Der Verfall Noms bietet ein ewig denkwürdiges Beispiel, was die Völker zu gewärtigen haben, wenn sie sich von der materiellen Civilisation überwältigen und binden laffen. Auch in dem kaiserlichen Rom herrschte Industrie und Lurus, und, jedes Zügels ledig, führten sie, anstatt des Fortschrittes, den Sturz herbei. Mit der Macht des Patriziats war Alles verschwunden, was dem Reichthum seinen wahren Werth giebt. Anstatt den Menschen zu heben und als Zeichen der Unabhängigkeit und Würde an ihm zu glänzen, wurde er nur zum Werkzeuge des Genuffes. Der so entwürdigte Reichthum (wie er es ftets wird, wenn er sich aus dem Stande des Knechts und demüthigen Dieners zum Herrn und Meister aufschwingt) erzeugte jenes natürliche Gefolge alles deffen, was sklavisch und ohne Abel ift: die Niederträchtigkeit, die Lüge, die Frechheit und die Bestechlichkeit. Da der Reichthum nicht mehr der Unterthan der Tugend war, so mußte er der König der Lafter werden; und er wurde es. Freigelassen von der moralischen Herrschaft, schuf er sich seine eigene Welt, lauter freigelassene Sklaven wie er: Courtisanen, goldbedeckte Landstreicher, schwachsinnige Staatspächter; die Welt, die Tacitus und Sueton schildern; die Stammgäfte im Palaste Agrippina's und Nero's, die Tischgenoffen Trimalcion's. Indeß bewahrte das Lafter, obgleich aller fittlichen Kontrole entbunden, doch noch eine gewiffe Eleganz, einen gewissen künstlerischen Geschmack, als leßten und schwachen Widerstrahl ariftokratischer Ueberlieferung. Bald aber flohen auch diese äußeren Grazien, die Welt Petrarca's wich, und Martial's kam an die Stelle. Da brachen in die römische Gesellschaft jene Horden untergeordneter Abenteurer herein, die uns der Dichter vorführt, wie sie sich in Roms Straßen, Hallen und Bädern herumtrieben. Schmaroßer, Luftigmacher, Schandbuben, feile Dirnen aus Spanien und Afrika, Erbschleicher fielen über die römische Gesellschaft her, wie Insektenschwärme über einen verwesenden Leichnam. Inzwischen machte die materielle Civilisation keinen Augenblick Halt. Die Kunst, in Elfenbein und Gold zu arbeiten, wurde mit jedem Tage vervollkommneter; jeder Tag brachte die Erfindung einer neuen, sinnreichen Maschine, und mit jedem Fortschritt der materiellen Kunst stieg die sittliche Verderbniß. Nichts vermochte Rom von diesem Uebergewicht der Industrie zu retten, nicht die Erinnerungen der Vergangenheit, nicht die Ermahnungen seiner Weisen, nicht das Beispiel großer Tugenden, nicht die Dienste großer ftaatsmännischer und kriegerischer Talente; und das ist die betrübendste Seite dieser entsehlichen Geschichte. Sie lehrt, wie machtlos der Einfluß der Tugend und des Talents in einer Gesellschaft ist, die von schlechten Prinzipien geleitet wird. Lange besaß Rom Republikaner, die bereit waren, ihr Blut für die alte Sache zu vergießen; es hatte bis zu seinem Ende in vielen seiner Kaiser große Staatsmänner, von dem geizigen Vespasian bis zu Julian dem Apostaten. Es hatte unausgefeßt seine Weisen. Wie viele große Feldherren zählte es noch von Germanicus bis Aëtius! Alle diese Talente, alle diese Tugenden führten zu Nichts, und das kaiserliche Rom ist bis auf unsere Tage das einzige Beispiel eines gesellschaftlichen Ganzen, worin die Gaben der Intelligenz und des Charakters unfruchtbar geblieben wären. Gede Gott, daß das moderne Europa nicht das zweite werde!

Aber, wird man sagen, was haben wir mit dem kaiserlichen Rom gemein? Haben wir seine Riefenlaster, findet man unter uns Persönlichkeiten, wie sie Tacitus und Sueton, Plutarch und Martial aufführen? Gewiß nicht; indeß, geneigter Leser, fondire Deine Zeit, fammele Deine Erinnerungen, thue Augen und Ohren auf, lies und beobachte, und sage mir dann, ob Dir nie ein Narcissus und Pallas, ein Trimalcion und viele Andere vorgekommen sind! Die Hand auf's Herz, ehrlicher Leser, kennst Du keinen?

Aber, wird man sagen, wir haben moralische Prinzipien, der materiellen Civilisation das Gegengewicht zu halten. - Ja, gewiß; allein diese Prinzipien find wesentlich individuell, kein Gemeingut, und

da sie kein Band unter uns bilden, so können sie um so weniger der Macht der Industrie, die ein gemeinsames Gebiet der ganzen Gesellschaft ist, das Gegengewicht halten. Es giebt kein einziges, anerkanntes, unbestritten aufgenommenes, mit einem Worte: geglaubtes Prinzip, das jener allgemeinen Thatsache die Wage hält. Die moralische Welt ist wirklich in einem atomistischen Zustande. Die funfzehn Millionen männlicher, großjähriger Franzosen vertreten funfzehn Millionen Prinzipien. Wir rechnen weder Frauen noch Kinder dazu, obgleich auch sie, wie Jeder aus Erfahrung weiß, ihre eigenen Prinzipien haben: Wir find ultramontane Katholiken, gallikanische Katholifen, revolutionäre Katholiken, Kalvinisten, Lutheraner, Ifraeliten, Freigemeindliche, die keiner Kirche angehören, gemäßigte Rationalisten, die einen Kompromiß mit dem Glaubensbekenntniß für möglich halten, und eingefleischte Rationalisten, die jeden Kompromiß entschieden von sich weisen; weiter: Deißten, Voltairianer, Atheisten, Pantheisten; dann haben wir Legitimisten aller Schattirungen, Conftitutionelle, Republikaner, Socialisten aller Kategorieen: Und um dieses geistige Pandämonium vollständig zu machen, nehmet dazu, daß dieselbe Verwirrung in Jedem von uns herrscht. So schwer es uns ankommen würde, zwei Zeitgenossen zu finden, die sich in ihren Prinzipien mit einander vertrügen: eben so schwierig würde es sein, einen Menschen aufzutreiben, der mit seinem Gewissen in Frieden lebt, und der es dahin gebracht hätte, mit sich selbst übereinzustimmen. Einer solchen moralischen Zerfallenheit ist es nicht gegeben, gegen einen so mächtigen Gegner, wie die Industrie, mit Vortheil zu kämpfen. Ich will gern glauben, daß alle diese Prinzipien, indem sie gleich den Atomen des Demokrit im Leeren wirbeln, zuleßt sich an einander hängen und, Gott weiß, welches allgemeine Prinzip gebären, bas, von aller Welt aufgenommen, ein moralisches Band unter den Menschen abgeben werde. Vor der Hand beschränken wir uns darauf, zu konstatiren, daß die Industrie eine allgemeine Thatsache sei, die der gesammten Gefellschaft eignet, während unsere moralischen Prinzipien wesentlich in dividuell, also unfähig sind, das gesuchte Gleichgewicht herzustellen. (Fortsegung folgt.)

Das Kaffeehaus der Trois Frères Provençaux" in Paris. ,,Etwa dreißig Jahre", so erzählt Dr. Véron in seinen „Mémoires d'un Bourgeois de Paris", habe ich in Paris fast wie ein Fremder gelebt, und seit 1832 überließ ich mich meiner Leidenschaft, in den zahlreichen Cafés und Speisehäusern, die Paris so eigenthümlich find, das Leben und Treiben zu beobachten. Keine europäische Hauptstadt hat diese prachtvollen Anstalten aufzuweisen, die Tag und Nacht offen ftehen; wo man zu jeder Stunde einen gedeckten Tisch findet, mitten im Gewühl die Stille und Einsamkeit genießen kann. Schriftsteller, Künstler, Fürsten, Minister, Gefeßgeber, Beamte, Diplomaten, Krieger, Fremde aus allen Erdwinkeln, Krösusse jeden Ranges und jedes Alters, Schönheiten aus dem Norden und aus dem Süden (wie viele Generationen, wie viele originelle Charaktere!) saßen hier an diesen Tafeln dem Sittenbeobachter! Es giebt keinen ,,Bourgeois" von Paris, der nicht an einem und dem anderen Tage in dem,,Café de Paris” oder bei den „Frères Provençaux" oder in dem „Café Anglais" oder bei Niche oder Véry oder Vefour fich eine Güte thäte. Ich habe einige merkwürdige geschichtliche Einzelnheiten über die Restaurants und die berühmten Kaffeehäuser von Paris gesammelt und will meine Leser in diese Kenntniß, die ich an der Quelle geschöpft und die auf vergangene Zeiten einiges Licht wirft, einzuführen suchen. Laß uns, wie es gerade trifft, in diese Anstalten treten. „Das Etablissement, das unter dem Namen,,Trois Frères Provençaux” bekannt ist, wurde schon 1786 gegründet. Drei junge Männer aus der Provinz, durchaus nicht verwandt, aber durch eine enge Freund schaft verbunden, Barthélemy, Momeilles und Simon, mietheten ein Haus in der Nähe des Palais Royal und errichteten hier eine SpeiseAnstalt. Als die steinernen Arkaden aufgebaut wurden, eröffneten sie hier einige Säle, die noch jezt einen Theil der glänzenden und weitläuftigen Räume der Frères Provençaux bilden. Einer der drei Freunde übernahm den Haushalt und die Aufsicht des Etablissements, und die anderen Beiden traten als Küchenmeister in den Dienst des Prinzen von Conti. Damals waren die Säle dieser Anstalt weit von dem entfernt, was sie jezt sind. Das Hausgeräth war sehr bescheiden, die Tische mit Wachstuch bedeckt, die Salzfässer aus Holz. Silber geschirr war selten. Dennoch zählte die Anstalt schon viele Stammgäfte; der Wein war unverfälscht; die Keller bargen gute Jahrgänge und manches vorzügliche Gewächs: die Küche war hochgeschäßt, und die Frères Provençaux galten als Muster für die Vortrefflichkeit ihrer Gerichte à la Provençale. General Bonaparte und Barras speisten hier oft mitsammen und gingen dann in das nahe liegende Theater

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,,Mademoiselle Montanfier". Der Aufschwung der Frères Proven. çaux schreibt sich besonders vom Jahre 1808, vom ersten Kriege mit Spanien, her. Aus allen Theilen Deutschlands wurden die Truppen berufen, die durch Paris ihren Zug nahmen: Generale und Offiziere wählten die Säle der Frères Provençaux zu ihren Schmausereien. Das Gold war damals knapp und die Einnahme so reichlich, daß die von Silber überfüllten Geldschwingen öfter in andere geleert werden mußten, um dem neuen Zufluffe Plaß zu machen. Die tägliche Einnahme stieg auf zwölf- bis funfzehntausend Francs. Die Frères Provençaux sahen mit den anderen Restaurants des Palais Royal die glücklichen Tage von 1808 in den Jahren 1814 und 1815 sich wiederholen. Funfzig Jahre blühte das Etablissement unter seinen Gründern. Ein gewisser Lionnet, noch jezt der Kellner dieses Hauses, hat seinen Posten achtundvierzig Jahre verwaltet. Um 1830 kauften es die Brüder Bellenger, die es eben nur ein Jahr behielten und es dann an Collot verkauften, der in den lezten funfzehn Jahren den glänzenden Ruf und die Blüthe der Anstalt aufrecht zu erhalten wußte."

Mannigfaltiges.

Eine Apologie der Know-Nothings. Unter dem feltfamen Titel „,The Sons of the Sires"") hat die auch in unserem Blatt zum öfteren erwähnte Partei der Know-Nothings eine Darftellung ihrer Bestrebungen und Hoffnungen, ihres Dichtens und Trachtens erscheinen lassen, welche, von ihrem apologetischen Standpunkte abgesehen, nicht ohne Geschick, obwohl in einem etwas zu hochtrabenden Styl zusammengestellt ist und einen interessanten Blick in die Verhältnisse und Zustände werfen läßt, denen diese geheimnißvolle politische Verbrüderung ihren Ursprung verdankt. Sie bemüht sich eifrigst, den der Partei gemachten Vorwurf der Intoleranz und antirepublikanischen Exklusivität zu entkräften, indem sie es vielmehr als den Zweck derselben hervorhebt, die freien Institutionen Amerika's vor den verderblichen Einflüffen des ausländischen Elements zu sichern, das, zum größten Theil aus katholischen Bestandtheilen zusammengeseßt, die demokratischen Grundsäße, die der Union zur Basis dienen und ihren Ausdruck im Protestantismus finden, durch den sich mit ihm eindrängenden Geist der theokratischen Despotie zu verfälschen droht. Der Verfaffer übersieht dabei freilich, daß gerade die Know-Nothings durch ihr Gebahren am meisten von dem Prinzip der Duldung und Gleichberechtigung, welches die Grundbedingung des richtig verstandenen, aufgeklärten Protestantismus bildet, abweichen und sich von demselben Geiste angesteckt zeigen, den sie zu perhorrefciren vorgeben. Der Uebermuth des katholischen Klerus hat zwar auch in den Vereinigten Staaten manche Antipathieen erweckt und Besorgnisse erregt, die selbst von besonnenen Leuten getheilt werden; aber in einem Lande, wo die entgegengeseßtesten Meinungen sich mit voller Freiheit aussprechen könwird die Macht der Oeffentlichkeit und der Diskussion am Ende genügen, einerseits um die Anmaßung zu zügeln, andererseits um ungegründete Befürchtungen zu zerstreuen, und überdies hat der Amerikaner zu viel praktischen Sinn, als daß er sich auf die Dauer durch eingebildete Gefahren sollte einschüchtern lassen. Im Gegen= theil sind bereits Anzeichen vorhanden, daß die so plöglich zu Macht und Ansehen emporgestiegene Know-Nothing-Partei eben so schnell von der politischen Bühne verschwinden werde, wie sie auf derselben erschienen ist.

Meteorstein in Belgien. In der belgischen Akademie theilte Herr Dupré am 7. Juli eine Notiz über einen Meteorstein mit, der am 7. Juni d. J. in der Nähe von Gent zur Erde gefallen und von einer Bäuerin aufgenommen worden. Der Stein, der durch seinen Fall eine Aushöhlung von zwei Fuß in der Erde gebildet, war bei der Herausnahme noch warm und hatte einen Schwefelgeruch. Er wiegt ungefähr anderthalb Pfund, ist äußerlich braun, jedoch im Innern von einem weißlichen Grau. Vollständig geruchlos, wenn er trocken ist, bekömmt der Stein, angefeuchtet, einen kalkartigen Geruch: er ist sehr porös und saugt in kurzer Zeit viel Wasser ein. Herr Dupré hat konstatirt, daß der Stein eine leichte Anziehung auf die Magnetnadel übe. Da übrigens, so viel bekannt, Meteorsteine in Belgien noch nicht viel vorgekommen, so glauben die Besizer in jenem Steine einen ungeheuren Schaß zu besigen, der vom Himmel herunter ihnen zugefallen sei. Sie haben sich geweigert, ihn für 150 Fr. (40 Thlr.) zu verkaufen, die ihnen ein Chemiker geboten, der ihn analysiren wollte. Sie zeigen jezt den Stein gegen ein Eintrittsgeld von 25 C. (2 Sgr.) pro Person und denken, daß sich bei dieser Gelegenheit vielleicht ein Liebhaber finden werde, der den Werth eines Edelsteins dafür zahlt.

Destiny of the American Party &c. By an American. Philadelphia: Lip*) The Sons of the Sires; a History of the Rise, Progress, and pincott, Grambo & Co. 1855. Berlin, A. Asher & Co.

Böchentlich erscheinen 3 Rummern, Preis jährlich 3 Thlr. 10 Sgr., balbjabrlich 1 Thlr. 20 gr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Julande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 90.

für die

Bestellungen werden von jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei
Beit u. Comp., Jägerfir. Nr. 25, und beim Spediteur Neumann,
Riederwallstr. Nr.21), so wie von allen königl. Pofl-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

Schweiz.

Berlin, Sonnabend den 28. Juli

Kiltabend-Geschichten aus dem Jura-Gebiet.

1855.

Friedensrichter ab dem Haberberg, den Joggi als den von ihm erwählten Tochtermann bezeichnet, zurück. - Ein hübscher Bursche, der sich Seppli nennt, bietet Herrn Joggi feine Dienste an; er wird als Knecht angenommen und ist um seiner Tüchtigkeit willen bald der Liebling Joggi's. Liseli soll, dem Beschlusse des Vaters zufolge, sich den Friß hinausschwißen: fie muß darum auf dem Felde mit dem Seppli tüchtig mitarbeiten; sie thut dies von Herzen gern. Am großen Festtage der Sichellöse entdeckt Lungi, die Meistermagd, die den Seppli längst als eine gute Partie für ihre Person im Auge hat, das Geheimniß des zwischen Liseli und Seppli bestehenden Einverständnisses; in der Wuth der Eifersucht thut sie dem Vater kund, was sie entdeckt. Seppli erhält sofort seinen Abschied; er solle sich, sagt Joggi, zu Gemüthe führen, wer er eigentlich sei, — ein hergelaufenes Knechtlein, dem es nicht zustehe, daran zu denken, daß Joggi's Liseli seine Frau werden könne. — Am folgenden Tage ist die Base wieder da, um die Bewerbung für ihren Friß zu erneuen; er habe, sagt sie, jezt die Bauernhandtierung bestmöglichst zu lernen gesucht und wolle vor dem Vetter ein Examen ablegen. Es bleibe beim früheren Bescheide, war die Antwort, die Joggi ihr gab. Seppli tritt nun ein und wird von der Base als ihr Friz vorgestellt. Joggi braucht noch acht Tage, sich die Sache zu bedenken; dann willigt er ein und - Liseli und Frig werden ein Paar. In der zweiten Geschichte wird höchst ergöglich ein Non plus ultra von lüderlicher Wirthschaft geschildert.

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Den Freunden von Dorfgeschichten, wie Berthold Auerbach und Jeremias Gotthelf sie geliefert, müssen wir Herrn A. Hartmann, den Verfaffer der „Kiltabend - Geschichten“,*) angelegentlich empfehlen als einen Schriftsteller, der nicht weniger, als die genannten Beiden, den rechten Blick dafür hat, in dem schlichten Dorf- und Landleben nicht minder poetische, rührende und spaßhafte Persönlichkeiten und Vorgänge, als in dem früheren Leben und Treiben auf den Ritterburgen, wahrzunehmen, und der, was interessante Darstellung der poetischen ländlichen Persönlichkeiten und Vorgänge betrifft, seine Vorgänger wohl noch übertreffen möchte. Der Boden, auf welchem die Geschichten, welche Herr A. Hartmann uns in einem schlichten, naiven, volksthümlichen Tone erzählt, gewachsen find, wird vom Verfasser im Vorwort zum ersten Bändchen als der sonnige Süd-Abhang des Juragebirges bezeichnet. Diese Seppli und Dursli, diese Liseli und Babeli wurzeln", sagt er,,,in warmem, lockerem Kalkgrund, während Jeremias Gotthelf's Hansjoggeli, Annebäbi, Mädi und Uli nur auf jenem zähen, aber fruchtbaren Lettenboden vorkommen, der sich um die Molaffenhügel des „Bernbietes" abgelagert hat." Zur Erklärung des Titels bemerkt der Verfasser im Vorwort zum zweiten Bändchen, daß das uralte germanische Wort: Kilten" die deutung des Aufblei- Die Nachbarn des Blamperhans, des Herrn der lüderlichen Wirthbens bei Lichte hat, „Kiltabende“ mithin ländliche Soireen sind, wo schaft auf dem Nesselhof, machen sich den Spaß, die Arbeit der Heuzur Herbst- und Winterzeit Bekannte und Nachbarn sich um die düster ärndte, zu der wie zu jeder anderen Arbeit auf dem Nesselhofe Niebrennende Ampel versammeln. Der Verfasser deutet also mit dem mand Lust zeigt, einmal für ihn zu übernehmen. Zu einer mondhellen Titel, den er seinen Geschichten gegeben, darauf hin, daß diefelben Nacht vollbringen fie die Aerndte. Am folgenden Morgen erscheint der volksthümlichen Ueberlieferung, aus welcher die Dorf- und Land- der Knecht Seppli mit eigenthümlich lächelnder Miene vor seiner Herrbewohner des Jura-Gebietes, wenn sie an Winterabenden beim warmen schaft. Was er eigentlich zu lachen habe auf den Stockzähnen?" frägt Ofen versammelt sind, den Stoff zu ihrer Unterhaltung zu schöpfen endlich die Meisterin. — „Aparti nichts", entgegnet der Seppli; „er pflegen, entnommen sind. Ermüdende Einförmigkeit in den Stoffen wäre nur froh, daß heuer der Heuet so ring vorübergegangen sei.“ und zu sehr in die Breite gehende Ausführlichkeit, diese beiden,,Wie so?" meint der Blamperhans. „He, die Nachtbuben hätten ja Eigenschaften, die man an seinen berühmten Vorgängern in diesem Genre wohl nicht mit Unrecht gerügt hat, wird man Herrn A. Hartmann in Bezug auf die uns vorliegenden Geschichten nicht vorwerfen können. Schon die Ueberschriften der Geschichten deuten die Verschiedenartigkeit und Mannigfaltigkeit des dem Leser Dargebotenen an; die Ueberschrif ten der im ersten Bändchen enthaltenen Geschichten lauten: Karli- Die Geschichte: Der Erdäpfelteufel" ist eine sinnige Volksdürfen Joggi's Lifeli", „Der Heuet auf dem Neffelhof",,,Der Erd- sage über den Ursprung der dem Armen seine legte Hülfe raubenden äpfelteufel“, „Schweizerisches Soldatenleben“, „Dursli, der Auswan-Kartoffelkrankheit. Ein Tagelöhner, der als Trunkenbold seine arme derer",,,Der Heimatslose"; die im zweiten Bändchen erzählten Ge- Frau und Familie ins tiefste Elend bringt, verhandelt zuleßt auch noch schichten heißen: „Aenneli von Siebenthal“, „Peterli, der verlorne den künftigen Ertrag des Kartoffel-Ackers, welchen die Frau allein beSohn",,,Der verlassene Bau",,,Der Lumpenkübler und sein Haus". stellt und auf welchen sie ihre ganze Hoffnung für den Winter gefeßt, Eine Angabe des Inhalts einiger dieser Geschichten wird unsere für eine gewisse Anzahl von Maßen Branntwein an einen BrennereiLeser überzeugen, daß der Verfasser es verstanden hat, dem Bedürf- Besizer, der wie ein Mephistopheles erscheint. Als die arme Frau am nisse nach Abwechslung zu entsprechen; eine jede dieser Geschichten Morgen nach dem Abschluß des abscheulichen Handels zu ihrem Karhat es mit einem anderen Zuge in der Physiognomie des hier geschil toffel-Acker eilt, findet sie von den Blättern bis auf die Knollen Alles derten Volkslebens zu thun; eine jede bietet dem Leser ein neues eigen schwarz und verdorrt. Aber nicht allein in der Schachenhütte war thümliches Intereffe dar. der Jammer los. Land auf und Land ab erhob sich ein tausendstimmiges Wehgeschrei. Land auf und Land ab war über Nacht ein Fluch ausgeLand auf brochen über das Brod des Armen, über den Erdapfel... und Land ab waren die Erdäpfelfelder schwarz, und ein stinkender Pefthauch lag darüber. Man sagt, überall, wo die Erdäpfel schwarz ge= worden, da sei der Grünröckler (der Branntwein-Brenner) vorbeigegangen und habe seine giftigen Blicke darauf geworfen. Und wo es am schlimmsten gewesen, das sei da, wo er stehen geblieben, eingekehrt und einen Handel abgeschlossen habe."

Der Inhalt der ersten Geschichte ist folgender.

Liseli, die einzige Tochter und die einstige Erbin Joggi's, eines wohlhabenden Bauers von altem Schrot und Korn, hat, als sie bei ihrer Base Lämmli in der Stadt zum Besuch gewesen, an Frig, dem Sohne der Base, ein ganz besonderes Wohlgefallen gefunden, so daß sie den Plan der Base, aus Friß und Liseli ein Paar zu machen, ganz vernünftig findet. Die Base kömmt herauskutschirt zu Joggi, um bei diesem für ihren Friß zu werben. Nichts für ungut, Base; aber aus der Sache wird nichts" lautet der Bescheid Joggi's, der ein auf seinen Stand zu stolzer Bauer ist, als daß er einem Manne anderen Standes sein Liseli und seine Wirthschaft zu geben Luft haben könnte. Die Base fährt entrüstet sogleich zurück in die Stadt Mit derselben Entschiedenheit, wie Joggi den Friß, weist Liseli den alten reichen

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nächti die obere Hofmatt im Mondschein gemäht und dann das Gras grad auf die Wagen geladen und auf die Bühne geführt. Wäre er der Meister, er ließe sich ein Trinkgeld nicht gereuen. Der Heustock werde wohl nicht dest' schlechter werden, das Gras sei ja schon auf dem Stengel dürr gewesen."

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In der Erzählung: Dursli, der Auswanderer", erzählt ein braver junger Bauersmann, der, in der Besorgniß, sein väterliches Erbtheil möchte nicht ausreichen, ihm seinen Unterhalt zu geben, sich zur Auswanderung entschloffen, in schlichter naiv-komischer Weise Alles, was er und seine Gefährten auf der See und in der neuen Welt (fie kaufen sich hinter St. Louis Stücke Landes, die noch mit Urwald bedeckt sind) Bemerkenswerthes erlebt, erfahren und erlitten haben. Die Lehre der Geschichte ist: Bleibe im Lande und nähre Dich redlich. Auch wer diese Lehre nicht für allgemein wahr halten kann, wird die

treuherzige Art, in der die Beschwerden der Seereise, die Prellereien und Gaunereien, denen die ehrlichen deutschen Bauersleute in dem freien Nord-Amerika preisgegeben find, die unsäglichen Mühsale und die trostlosen Entbehrungen, denen die Ansiedler in den Urwäldern sich unterziehen müssen, hier dargestellt werden, sehr interessant und unterhaltend finden. Ein Herr, der auf der Ueberfahrt Dursli's ganzes Vertrauen gewonnen, so daß dieser ihm die Hälfte seiner Baarschaft als einen Reservefonds für den Fall der Noth anvertraut, erscheint dem der Verzweiflung nahen Dursli als ein Erretter aus der höchsten Noth. Dursli kehrt in die Heimat zurück zu seiner Mutter und zu seinem Babeli, während ein Leidensgefährte von ihm, welcher Vater einer sehr zahlreichen Familie ist, in dem Urwalde aushalten will, weil er für seine Kinder eine bessere Zukunft in Aussicht hat.

In dem „Aenneli von Siebenthal" wird uns eine arme Geishirtin vorgeführt, welcher phantastische Erinnerungen an die Vorzeit, in der das hochadelige Geschlecht ihrer Vorfahren auf der Weißenburg und über das Siebenthal geherrscht, den Verstand rauben. Ihren romantischen Erinnerungen sich hingebend, weist sie die Bewerbungen eines treuherzigen Burschen, der es wahrhaft gut mit ihr meint, zurück und öffnet den Huldigungen eines „bleichen“ jungen Grafen, der sich unter den Kurgästen im Badeort Weißenburgs befindet, ihr Ohr und ihr Herz. Der Nebenbuhler, ein gesunder kecker Bursche, der den Badegästen als Führer und Kofferträger dient, benußt einen verhängnißvollen Moment, in welchem er, mit dem ,,bleichen“ Grafen an einem Seile über einem tiefen Abgrund schwebend, es in der Hand hat, seinem und des Grafen Leben durch Zerschneiden des Seiles zugleich ein Ende zu machen, dazu, dem Grafen das Versprechen abzunöthigen, daß er von dem armen Aenneli abstehen wolle. Der Graf reist ab, um nimmer wiederzukehren; die Geishirtin ist aber seitdem von der firen Idee beherrscht, daß sie das Burgfräulein von Weißenburg und die Braut des Grafen sei; sie ist häufig an diesem Spißbogenfenster der Ruine der Weißenburg zu sehen, hinabschauend auf den Weg im Thale, auf dem der Bräutigam kommen soll, sie heimzuholen. Einer der Kurgäste, Vater J...... genannt, ein angesehener Notar, stellt auf seinem in der Nähe von Weißenburg gelegenen Landfiße der Mutter des bleichen" Grafen, welche Luft bezeigt hat, mit dem Adel der Gegend Verbindungen anzuknüpfen, den alten Adel dieser Gegend vor. ,,Der mit der Sense", sagte er, zur Gräfin gewendet, ist ein von Allmen, jener mit dem Schubkarren gehört zum Geschlecht der von Gunsten, und das melkende Mädchen da stammt von einer der ältesten Familien des Oberlandes, von den ab Planalz. Es sind sonst noch mehrere da, aber der Hans von Ringoldingen ist eben mit einem Pferde in die Schmiede geritten, und Chriften ab Egglen zieht als Käfer im Sommer mit den Heerden nach den höheren Alpen." Als die Gräfin erstaunt ausrief: „Unmöglich!" bestätigte Vater J... ..., was er gesagt, mit den Worten:,,Es ist schon so so läuft die Weltgeschichte." Die dicke Gräfin seufzte: Hier ist kein Boden, alte Burgen wieder aufzubauen.“ „Seht," rief jeßt Vater J.,,,da kömmt gar Einer vom allerältesten Adel, wie die Sage geht, der lezte Sproß des freiherrlichen Geschlechts derer von Weißenburg."-,,Woher, Peter von Siebenthal?" -,,Vom Stockensee", antwortete der Mann, wo ich für die Herrschaften im Bade Forellen holte. Es ist ein faures Verdienen!" fügte er, den Schweiß wischend, hinzu. "He, Mädel ab. Planalz! hole dem Peter von Siebenthal ein Glas Wein; er soll es auf unsere Gesundheit leeren."

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Die Geschichte von Peterli, dem verlornen Sohn“, ist von ganz besonders gesundem, erquickendem Humor. Sie leitet sich durch einen Streit ein, den der Schnabelbauer und die Schnabelbäuerin hinter den Bettvorhängen über die hochwichtige Frage haben, was Peterli, ihr einziger Sohn, werden solle. Die Mutter hat es sich und dem Bübeli, einem stämmigen erwachsenen Burschen, in den Kopf gefeßt, daß er zu etwas Höherem, als zu einem Bauer, bestimmt sei. Der Alte muß nachgeben, da Peterli in der Wirthschaft zu Nichts zu gebrauchen ist. Peterli wird also, gehörig ausstaffirt und mit Mundvorräthen versehen, nach Bern geschickt, camit er ftudire. Als die Alte nach einiger Zeit ihn besucht, befindet Peterli sich gerade im Kazenjammer. Nachdem er sich durch saure Leber restaurirt, muß die Alte mit auf die Kneipe, wo sie die Ehre hat, den Kommersch zu be zahlen. Peterli hat bald ausstudirt; er verlangt vor Allem das zur Etablirung eines Banquiergeschäfts nöthige Geld. Der Alte giebf das Geld, aber mit der Weisung, daß der Herr Sohn sich vor ihm nicht mehr sehen lassen solle. Ein Pfiffikus von Schreiber infinuirt sich beim Geschäftsmann Herrn Peter Schnabel und führt ihm sein Geldgeschäft in der Art, daß Herr Peter Schnabel sich aus dem Staube machen muß. Vorher hatte der pfiffige Schreiber auf Kosten des Herrn Schnabel bei einer politischen Wahl so agitirt, daß nicht der Herr, sondern der Schreiber aus der Wahl als Rathsherr hervorging. Nach Jahren tritt ein Bursche, der Soldat in Neapel gewesen, bei einem Nachbarn von Peterli's Vater, dem geizigen Roggensepp, als Knecht in Dienst. Ameieli, die Mündel und einzige Magd des geizigen

Roggensepp, hat in dem neuen Knecht bald das Peterli, ihren ehemaligen Genoffen in der Kirchlehre, dessen Andenken sie seit der Zeit immer liebend im Herzen gehegt, wieder erkannt. Sie thut, was sie irgend vermag, ihrem lieben Peterli den schweren Stand, den er als Knecht des geizigen Roggensepp hat, zu erleichtern. Nachdem der Geizhals in einer Feuersbrunst, aus der er seine Schäße retten wollte, umgekommen und Ameieli, seine Braut, die Herrin des Roggenackers geworden, wagt Peterli, vor seinen Vater zu treten, ihm zu sagen, daß er arbeiten könne, und ihn um Verzeihung zu bitten. Der Vater verzeiht ihm und hat auch nichts dagegen, daß er Ameieli zur Frau nimmt.

Die vorstehenden Mittheilungen werden unsere Leser überzeugt haben, daß die „Kiltabend-Geschichten", die uns Herr A. Hartmann erzählt, nicht blos interessant und lesenswerth find, sondern auch einen tiefen poetischen Gehalt haben.

Da, wo der Verfasser die von ihm geschilderten Personen redend einführt, was er sehr häufig thut, läßt er sie in ihrem ländlichen Dialekte sprechen. Um den Vorwurf, den man ihm daraus gemacht, zurückzuweisen, sagt der Verfasser im Vorwort zum zweiten Bändchen: Kein Hansjoggi, so weit die Aar läuft, hat je zu seinem Besuche gesagt: Seien Sie willkommen", sondern: Gottwilche by-mis!" Wir müssen dem Verfaffer Recht geben. Gleichzeitig aber müssen wir gestehen, daß uns viele Ausdrücke des vom Verfasser angewandten Dialekts unverständlich geblieben sind. Da der geehrte Verfaffer mit uns den Wunsch gewiß theilen wird, daß seine Kiltabend-Geschichten nicht auf einen Kreis von Lesern beschränkt bleiben mögen, denen der Volksdialekt des Juragebietes verständlich ist, so wird er es gerechtfertigt finden, wenn wir ihm den Rath geben, in den folgenden Bändchen und in der zukünftigen neuen Auflage der bereits erschienenen Bändchen häufiger, als es in den uns vorliegenden beiden Bändchen gefchehen ist, die Ausdrücke des Dialekts in Anmerkungen zu überseßen und zu erklären. Hr.

Frankreich.

Industrie und Materialismus. (Fortseßung.)

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Die Industrie sollte demnach, wie alle Thatsachen, von dem Menschen regiert werden, und doch geschieht gerade das Gegentheil; fie regiert den Menschen. Indeß sollte man meinen, bei aller Abwesenheit eines allgemein angenommenen moralischen Prinzips, hätte der menschliche Verstand Mittel erdenken können, diese neue Macht unter Zucht und Regel zu nehmen, sie, mit einem Worte, zu organisiren, ihr die gehörigen Gränzen abzustecken, ihre Rechte festzusehen. Nichts dergleichen ist geschehen. Die Vertreter der sittlichen Macht: die Geistlichkeit der verschiedenen Bekenntnisse, die Staatsmänner, die Philosophen, sie sahen diese neue Erscheinung entstehen und wachsen — es kümmerte sie nicht; sie fuhren fort, nach den alten politischen Regeln zu regieren, nach den alten Methoden zu denken. Macchiavell und Richelieu galten fort und fort als maßgebend in Staatsangelegenheiten. Und doch hat es an Mahnungen nicht gefehlt. Schon in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts sah der Scharfblick eines David Hume . die unermeßlichen Umwälzungen voraus, die die Industrie in der Welt hervorrufen werde. „Es ist ungereimt,“ sagte er, „anzunehmen, daß alle politische Weisheit in Aristoteles und Macchiavell liege; denn es kann irgendwelche Erscheinung eintreten, welche die bisherigen Verhältnisse der Bürger unter einander über den Haufen wirft und zuleßt die Natur des Staates selbst verändert. So weiß keiner noch, welche Ergebnisse der Handel herbeiführen werde. Unter solchen Umständen ist es an der Staatswissenschaft selbst, sich umzugestalten und neue Regierungsmittel zu finden." Die denkwürdigste dieser Weisungen gab Henri Saint-Simon unter der Restauration, zu einer Zeit, in welcher die Industrie strebte, das zu werden, was sie heute geworden ist. Der excentrische Schwärmer wollte ein Ministerium, aus Chemikern, Mechanikern und Physiologen zusammengefeßt. Der Kritiker Hoffmann geißelte ihn in einem sehr geistreichen Artikel, der aber den Fehler aller geistreichen Besprechungen hatte: er sah nur die lächerliche Seite der Dinge, ohne die solide zu sehen. Die politische Welt und folglich die ganze Gesellschaft dachten wie der Kritiker, und die Narrheiten der Schule, die von Saint-Simon ausging, schienen den Lachern Recht zu geben. Gewiß hatte Saint-Simon selbst den Kopf nicht ganz an der rechten Stelle; allein es war ein Unglück, daß kein vernünftiger Mensch auftrat und sich mit diesem Narren verständigte. Als Mittel zu einer sozialen Verbesserung waren seine Ideen allerdings ungereimt; allein mindestens waren sie ein Symptom, eine Warnung, und als solche konnten sie aufgenommen werden. Ein Frrthum, der die größten Versehen in der Welt veranlaßt, ist es, vorauszusehen, daß ein Narr sich nothwendig täuscht, und daß die Weisheit fich naturgemäß bei dem Weisen finden müsse. Schon vor langer Zeit

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