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nach alle Anwesenden, hierauf küssen diese sich unter sich, und wer sich nicht in der Kirche befindet, küßt sich zuhause. Sehr häufig kömmt es vor, daß sich bei dieser Gelegenheit Feinde wieder versöhnen. Man nennt diese Sitte den Friedens- oder Weihnachtskuß. Haben sich Alle geküßt, so geben sie die Kerzen dem Hausherrn, welcher sie in eine Schüffel voll Korn steckt. Dann fängt man an zu effen. Einige effen zuerst etwas Käse, Andere Braten, in Risan beginnt man mit Lebern, damit alle Speisen eben so leicht seien, wie die Lebern. In der Mitte der Mahlzeit trinkt man zu Gottes Preis. Dann zertheilt der Hausherr das Weihnachtsbrod, löscht die Lichter in der Schüffel aus, indem er sie mit Korn bestreut, und begießt die glimmenden Dochte mit Wein. Dieses Korn giebt man später den Hühnern, damit sie gut legen. Auch die Klöße läßt man nicht vollkommen abbrennen, fondern nimmt die Enden aus dem Feuer, löscht sie aus und legt sie auf die Bäume zwischen die Aeste, damit deren Wachsthum befördert werde. Drei Tage lang bleibt der Tisch ununterbrochen gedeckt, und bis zum Neujahr grüßt sich Niemand mit den Worten: Guten Mor gen, guten Abend, sondern man sagt: „Christus ist geboren!" und antwortet: „In Wahrheit geboren!" Frh. v. Reinsberg.

Mannigfaltiges.

· Bodenstedt's Völker des Kaukasus. Von der neuen, umgearbeiteten und vermehrten Auflage der „Völker des Kaukasus“, von Friedrich Bodenstedt, ist kürzlich der zweite Band ausgegeben worden). Dieser Band ist es, der erst die eigentlichen Tscherkessen, so wie die Geschichte der Kämpfe der Völker des östlichen Kaukasus gegen die Ruffen, zum Gegenstande hat. Bodenstedt's Darstellung der Völker- und Landesverhältniffe des Kaukasus hat vielen, namentlich französischen und englischen Schilderungen dieser Gebirgsvölker als Quelle gedient, und auch wir haben im J. 1853 (Nr. 144 u. ff.) einen zum Theil nach der ersten Auflage von Bodenstedt's Buch bearbeiteten Artikel über den Kaukasus und die Tscherkessen geliefert. Es freut uns, daß der Verf. für die zweite Auflage eine im vorigen Jahre von uns nach russischen Quellen mitgetheilte Skizze über,,Scha. myl und seine Mutter" in seine Darstellung hat verweben können. Haben auch im gegenwärtigen Kriege Schamyl und die Tscherkessen bisher nicht die Rolle gespielt, deren Uebernahme alle Welt von ihnen erwartete, so bleibt doch dem Müriden und deffen Anhängern das unbestrittene Verdienst, früher als irgend eine andere Macht Afiens und Europa's dem russischen Eroberungstriebe unüberwindliche Gränzen gezogen zu haben. Jezt, wo den Ruffen die pontische Basis ihrer Unternehmungen gegen das Tscherkeffenland unter den Füßen weggezogen ist Kertsch war das Haupt-Proviant-Depot und Anapa das Haupt-Waffen-Depot der russischen Operationen gegen den Kaukasus jezt möchte dieses Land mit seinen kriegerischen Bewohnern ein neues Intereffe für den Beobachter der Zeitereignisse bekommen, und kaum dürfte es für einen nach Belehrung ftrebenden Zeitungsleser ein treueres Bild der gegenwärtigen, wie der historischen Zustände des kaukasischen Völker-Labyrinthes geben, als das vorliegende Buch Bodenstedt's, der selbst unter den Bergvölkern geweilt und der eben so den scharfen, richtigen Blick, wie die mannigfachen Sprach- und ethnographischen Kenntnisse besißt, die zur Entwirrung dieses Labyrinthes erforderlich find.

Auch die äußere Ausstattung dieses Buches verdient übrigens Anerkennung. Dasselbe zeichnet sich eben so durch Papier und Druck, wie durch geschmackvolle Kartonirung aus, in welcher Hinsicht über haupt die Erzeugnisse einiger deutschen Verleger jezt von den in neuerer Zeit auffallend geschmacklos werdenden Ausstattungen eng lischer und französischer Bücher zu ihrem Vortheile sich unterscheiden.

Der Journalismus in der französischen Akademie. Bei der vor einigen Tagen stattgefundenen Aufnahme des Herrn Sylv. de Sacy (Sohn des berühmten Orientalisten und jeßiger Redakteur des Journal des Débats) in die französische Akademie war in dem Actus-Saale derselben (der sogenannten „Lanterne" des Palais Mazarin) Alles versammelt, was Paris in diesem Augenblicke an literarischen Celebritäten befigt. Die Antrittsrede des Herrn de Sacy ist mit außerordentlichem Beifall aufgenommen worden. Er war der Erste, der seit dem Erscheinen der berüchtigten Ordonnanz in Bezug auf die Einschränkung der akademischen Freiheiten hier das Wort hatte. Man hielt eine amtliche Unterbrechung seiner Rede für möglich aber sie erfolgte nicht. Die Regierung Napoleons III. hat doch mehr Achtung vor den Rechten der Wissenschaft und des Geißtes, als man

*) Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen. Ein Beitrag zur neuesten Geschichte des Orients, von Fr. Bodenstedt. Zweite, gänzlich umgearbeitete und durch eine Abhandlung über die orientalische Fragevermehrte Auflage. Zweiter Band. Berlin, Decker, 1855.

ihr gemeinhin zutraut. Herr de Sacy sagte unter Anderem:,,Die moralische Herrschaft, welche Sie befißen, ohne sie gesucht zu haben ich weiß sehr wohl, daß es Leute giebt, die Ihnen dieselbe als eine Usurpation vorwerfen. Doch, meine Herren, Sie haben Nichts usurpirt. Alles rings um Sie hat sich verändert, nicht aber Sie selbst. Sie sind das, was Sie immer waren; Sie streben nicht danach, mehr zu sein... Sie verlangen nichts weiter, als die Unabhängigkeit, die Ihre Vorgänger unter Ludwig XIV. besaßen und die Rechte, mit welchen der Kardinal Richelieu die Akademie bei ihrer Gründung ausstattete. Die Freiheit, deren Wahrung Ihnen anvertraut worden, ist die Freiheit der Vernunft und des Gedankens, und wenn jemals, was Gott verhüten wolle, diese Freiheit aus dem gesammten Frankreich verbannt werden sollte wo sollte sie dann anders wieder anzutreffen sein, als in dem Institut", dieser permanenten Vertretung der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst?“ Der Redner nahm demnächst Gelegenheit, eine in unserer Zeit viel geschmähte und unrichtig beurs theilte Macht, die des Journalismus, gegen ihre Angreifer in Schuß zu nehmen. Durch und für das Journal sei er berufen, in dieser erlauchten Versammlung zu fißen, und dieser Repräsentation hoffe er ftets mit Ehren zu genügen. Herr v. Salvandy, beständiger Sekretair der Akademie, antwortete dem Redner, wobei auch er es sich zur Ehre anrechnete, dem Journalismus, welcher die Kraft besiße, die Wunden wieder zu heilen, die er geschlagen, einst angehört zu haben. Beide Reden werden nächstens im Druck erscheinen.

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Schiller's Maria Stuart auf der Pariser italiäninischen Bühne. Von der italiänischen Schauspieler- (nicht Opern-) Gesellschaft, die jeßt in Paris Gastvorstellungen giebt, wurde kürzlich Schiller's María Stuart" (Maria Stuarda) nach A. Maffëi's Uebersegung aufgeführt. Signora Ristori, eine vollendete Künstlerin, welche die Titelrolle gab, hat darin, wie in allen ihren übrigen Rollen, außerordentlichen Beifall geärndtet. Lamartine, der dieser Vorstellung beiwohnte, war besonders von der Scene im dritten Akt zwischen Maria Stuart und Elisabeth so ergriffen, daß er, um seine Rührung und seine Thränen zu verbergen, seine Loge verlassen mußte. Die Ristori spielt und spricht so künstlerisch und ergreifend, daß sie auch von denjenigen Zuschauern, denen das Italiänische fremd ist, vollkommen verstanden wird. Allerdings stehen die romanischen Sprachen einander so nahe, daß den Franzosen die italiänischen Worte gewissermäßen transparent erscheinen.

Bukkaniere und Flibustier. Ueber den Ursprung dieser Benennungen finden sich in Thornbury's neulich von unserem Londoner Korrespondenten erwähnten,,Monarchs of the Main" folgende Angaben: „Schon in dem Jahre 1630 waren die Jäger, die den wilden Viehheerden in den Savannen Hispaniola's nachstellten, unter dem Namen der Bukkaniere bekannt. Er rührte von boucan, einem alten indianischen Worte her, mit welchem ihre unglücklichen Vorgänger, die Karaiben, die Hütte bezeichneten, in der sie das Fleisch der auf der Jagd getödteten Ochsen und mitunter auch die Gliedmaßen ihrer Verfolger, der Spanier, zu räuchern pflegten. Die Armuth einer noch unentwickelten Sprache ließ sie dieselbe Benennung auf das barbecue oder viereckige hölzerne Gerüft ausdehnen, auf dem das Fleisch getrocknet wurde. Im Laufe der Zeit ward die Speise, mit der sich die Jäger auf ihren Erpeditionen versorgten, als viande boucanée be kannt, und die Jäger selbst kamen allmälig dahin, sich den Namen Bukkaniere beizulegen. Ihr zweiter Titel, Flibustier, ist nichts weiter als eine Corruption des deutschen Wortes Freibeuter, welches in Folge der niederländischen Kriege unter der Regierung der Königin Elisabeth nach England verpflanzt und dort freebooter ausgesprochen wurde. Die ersten Bukkaniere waren französische Abenteurer, die auf dem von den Spaniern fast verlaffenen Hispaniola (Hayti) landeten, dort eine Ansiedelung bildeten und den Ertrag ihrer Jagd an holländische Kaufleute gegen Blei, Pulver und Branntwein vertauschten. Fast gleichzeitig mit den Buffanieren oder Jägern entstanden die Flibustier oder Seeräuber. Viele von den Leuten wurden nämlich des Jägerlebens bald müde und griffen zum Korsarenhandwerk, indem sie zuerst ihre Waffen gegen alle Nationen, mit Ausnahme der eigenen, kehrten, später aber hauptsächlich die Spanier angriffen, mit welchen Frankreich zu jener Zeit Krieg führte, weshalb diese Piraten sich oft mit echten oder falschen Kaperbriefen von dem Gouverneur von St. Domingo ober einer anderen französischen Kolonie verfahen. So wurden. die Bukkaniere und Flibustier beinahe identisch; es war dem größten Theil der Ansiedler gleichgültig, ob sie auf die wilden Ochsen Jagd machten oder auf die Spanier, und zur See oder zu Lande war die Büchse des Jägers eine gleich tödtliche Waffe."

Hierbei Titel und Inhalt des 47. Bandes.

Böchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 Sgt., halbjå belich 4 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Jalande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 82.

für die

Bestellungen werden von jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., Jägerfir. Nr. 25, und beim Spediteur Neumann, Riederwallfir. Nr.21), fo wie von allen fönigl. Pofl-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

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Berlin, Dienstag den 10. Juli

Amerikaner auf der Pariser Universal - Aus. Die Reaction gegen den HumParteien und Kultur Konflikte.

Franzosen im New-Yorker Krystall-Palast. Barnum auf das Theater gebracht.

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Literarisches.

Literatur-Berichte von New-York! Gar mancher Leser wird es sich bei dieser Ueberschrift mit einem ironischen Lächeln auf seinem Sopha bequem machen in der Erwartung von seinem altweltlichen hohen Standpunkt aus die mühsamen Forschungen auf dem Gebiete der,,Erkenntniß", denen spiritrappelige Köpfe und methodistische Zeloten obliegen, und die fie, in prachtvollen Einbänden, mit feinen Stahlstichen geziert, dem nichtLesenden Publikum zur Ausschmückung ihrer Parlours darbieten, mit der ganzen Wucht seines Mitleids erdrücken zu müffen. Wahr ist es, daß der amerikanische Büchertisch nur wenig des Guten bietet, indeß dieses Wenige verdient gar wohl der Beachtung, und anstatt jene Maroquinbände, die nicht nur mitunter des leeren Strohes voll, sondern auch von wirklich lasterhafter Dummheit ftrogen, als endgültige Zeu gen der verschrobenen Civilisation der neuen Welt emporzuhalten, möchte es zum befferen Verständniß der hiesigen Verhältnisse gereichen, einen Einblick in das wirkliche Leben und Treiben der Yankees zu werfen. Vielleicht möchte man dann davon absehen, blos die hier im Druck erscheinenden Ansichten als einzigen Maßstab für den Standpunkt der Kultur Nord-Amerika's anzulegen, vielleicht möchte man dann eher geneigt sein, die geringe Empfänglichkeit des Schönen und Edlen, die der smarte" Amerikaner troß fortwährendem Umherstolpern über Kisten und Ballen erlangt, gelten zu laffen. Freilich fällt es dem gebildeten Europäer schwer, bei seinem ersten Ueberblick über das tosende Meer der Geschäftswelt New-Yorks mit dem sprigenden, weißen Schaum, dem Humbug, der in unendlich mannigfaltigen Blasen plög. plößlich ersteht und eben so schnell wieder zergeht, die wenigen Perlen, die es ans Land spült, von den gleichzeitig ausgeworfenen Massen leerer werthloser Muschelschalen zu sondern, aber dennoch sind diese Perlen da, und das beschwerliche Suchen darf uns nicht abschrecken, wollen wir klar und unparteiisch urtheilen. Mancher Suchende wendet allerdings schon dem betäubenden Lärmen der Brandung mürrisch den Rücken, und wieder andere erhoben, als sie mit zagendem Herzen sich in die stürmische Fluth hinauswagten, ob der sprühenden Salzwogen, die ihnen ins Angesicht schlugen, ein salziges, bitteres Geschrei und suchten mit Ingrimm den finkenden Nachen wieder in Sicherheit zu bringen, aber trog alledem erzeugt der tobende Wirrwarr noch Gutes, und so wenig er auch in der Gegenwart für den Fortschritt des mensch lichen Geistes bringen mag, seine Ausbeute wird mehr und mehr zunehmen.

Sollte denn der Verkehr der alten Welt mit der neuen unaufhörlich kraftlos abprallen am Gebäude amerikanischer Einbildung und Eigendünkels? Unleugbar ist, daß die Einwanderer, und namentlich die deutschen, jenes Gebäude, deffen Steine mit Neid und Eigen finn gekittet, wenn möglich noch mehr befestigt haben mit ihrer Un „Unsmartneß" und der stillen Verachtung, die sie dem amerikanischen Vorurtheil gezollt; ja, die Erbitterung gegen die Einwanderer hat durch deren unbekümmertes Vorschreiten in Wohlstand und Reichthum mit Hintanseßung amerikanischer Ideen gerade in der lezten Zeit, wenn auch schon lange geahnte, doch nicht so kräftig erwartete Blüthen getrieben, unter anderem das Knownothingthum, das gewaltsame Entziehen des Stimmrechts naturalisirter Bürger, u. dgl. m., aber deffen ungeachtet wird der magische Einfluß, den Europa ausübt, stärker und ftärker, und zwar durch ein anderes „Medium,“ durch das entgegengefeßte, die Auswanderung der Nord-Amerikaner. Leute, die mit echtem Yankeehochmuth den Ocean durcheilten und unserer Inftitutionen zu spotten gedachten, und sich ihrer,,smarten" Vorzüge im Gegensas zu unserer schlichten Handlungsweise glaubten erfreuen zu können, fehren entweder mit verbiffenem Grimm über ihre getäuschten Hoffnungen oder noch mehr mit stiller Verehrung für die lichten Seiten unserer Kultur zurück und raunen ihren Mitbürgern nicht nur heimlich ins

1855.

Ohr, daß der Europäer mit seiner Literatur, mit seinen Künsten weit voraus sei, sondern daß er auch noch eine wahrere, edlere Freiheit befige, als die der mächtigen Republik der United States, die des Geistes. Bei seinen Lobeserhebungen vergißt er dann gar, die schlecht erkannten Fesseln unserer Industrie, unseres Handels zu erwähnen. Und dies ist nicht Alles, er hat dann einsehen gelernt, daß das Leben auch noch andere Zwecke in sich vereinige, als to make money, den angestammten Glaubenssagungen nachzubeten und seine Spezies fortzupflanzen. Anstatt wie andere neben seiner sanft im Sopha schlummernden Ehehälfte den langen Winterabend mit geistreichem Starren ins Kaminfeuer und sinnigem Schaukeln im Wippstuhle, zeitweise nur unterbrochen durch die Entleerung seines Mundes von braunem Gischt, hinzumorden, reißt er sich wohl mitunter aus seiner dumpfen Lethargie der Mußeftunden, aus seinem unheimlichen leblosen Haushalt und eilt in eine englische Tavern, wo er mit Begierde europäische Berichte, nicht über Baumwolle, Stocks und Consols, denn die sind am Tage in der Office schon verspeist und längst verdauet, sondern über Kunst und Wissenschaft durchstudirt, wie es eben gehen will; oder er steigt wohl gar in einen mit Tabaksqualm durchschwängerten deutschen Klub und sucht dem frohen Scherz und der munteren Unterhaltung der Deutschen zu folgen. Welche eigenthümliche Falten kann dann eine solch vertrocknete Wallstreet-Physiognomie werfen! Seine Liebenswürdigkeit, die sonst so selten über den Gefrierpunkt sich erhebt und so leicht tief unter denselben sinkt, versteigt sich dann gar so weit, daß er für die ganze Tischgesellschaft, die mit unverhohlenem Erstaunen den aus der Rolle Gefallenen betrachtet die Zeche bezahlen will! Doch vergeffen wir nicht, daß solche Phantome noch sehr, sehr selten sind; es genüge nur, daß sie vorkommen können und der Yankee überhaupt noch troß seines verknöcherten Herzens und seiner eifersüchtigen Antipathie gegen den,,foreigner" sich an den helleren, wärmeren Strahlen unseres Familien- und Gesellschaftslebens laben mag. Allgemach wird das Urtheil des Amerikaners demnach klarer und treffender, und wenn uns auch beim Hämmern des unverarbeiteten harten Metalls die sprühenden Funken entgegenfliegen, so dürfen wir doch nicht vergessen, daß jeder Hammerschlag, der uns das Feuer und das Blut ins Gesicht treibt, ein Fortschritt zur endlichen Vollendung des schwierigen Werkes, der Harmonie der Ideen vom Wahren und Schönen ist.

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Unter uns Europäern herrscht jeßt allgemein eine große Besorgniß wegen der Pariser Welt-Ausstellung. Ganze Schwärme edler Knownothings eilen jest dem,,Reiche des Friedens" zu, um dort so ganz insgeheim sich Aufklärungen über Gegenstände zu sammeln, die fie mit dem Munde und mit der Feder schon längst abgeurtheilt und verworfen haben. Möchte der Ausgang der Ausstellung nur ein glänzender, sein! Das wünschen wir nicht allein den guten Parisern, sondern noch mehr uns und den Yankees. Schon jest erheben die hiefigen Journale ein helles Freudengeschrei über die nicht allzu glänzende Eröffnungsfeier und locken aus dem ihnen ganz sicher scheinenden kläglichen Verlauf der Sache die seltsame Schlußfolgerung, daß die NewYorfer,,Exhibition" an einem und demselben Uebel zugrundegegangen sei, an dem Uebel, nicht die erste Weltausstellung gewesen zu sein. Hoffentlich finden die genialen Franzosen, troß des fie umgebenden Waffenlärms, noch Muße und Ausdauer genug, den amerikanischen Gentlemen zu zeigen, welch ein erschrecklich leerer Humbug ihre Seifen- und KandisAusstellung gewesen, und daß, wenn auch Europa nicht so unausgefeßt und fortwährend auf neue Maschinen sinnt, seine Industrie von nußlosem Quark frei und seine Kunstwerke schön und edel sind. Mit welchem Grauen und Bangen und Neid die guten Leute hier die Pariser beobachten, von denen sie eine arge Zurechtweisung für ihren Crystal-Palace-Humbug befürchteten, mag schon der Umstand lehren, daß Wortführer der freien Preffe New-Yorks lärmend einen Verdammungsspruch über den entseglichen Eigennuß der Franzosen donnerten, weil legtere den Minderbemittelten ihrer Mitbürger durch ein Eintrittsgeld überhaupt den Zutritt zur Ausstellung erschweren. Zur Vollendung der Silhouette jener Menschenfreunde sei aber der sattsam bekannte Umstand wiederholt, daß sie es ihren armen Mitbürgern und Arbeitern geradezu unmöglich machten, den Crystal-Palace zu besuchen; sie verschlossen ihn nicht nur durch ein hohes Eintrittsgeld (einen hal

ben Dollar) den Unbemittelten, sondern schoben einen noch festeren Riegel vor; sie hielten am heiligen Sabbath, der nun einmal hier ein Tag freudløser Stille und unnachahmlicher Langeweile sein soll, ihren Palace geschlossen. - Sie meinen nun, ihre Ausstellung sei nur Sache einiger Privaten gewesen, vergeffen aber die schlimme Blöße, die der Präsident sich und der Nation gegeben, indem er durch feierliche Eröffnung mit amtlichem Charakter, als Präsident der stolzen United States, die Ausstellung zur Nationalsache stempelte. Die Blamage, welche die in ihrem Eigenthumsrecht gekränkten Aussteller in öffentlichen Meetings hier, in England, in Frankreich der Direction des Palace anthun, trifft doch gar zu sehr die Nation mit, daß man nun nicht eine Reinwaschung der Nationalehre versuchen möchte. (Schluß folgt.) Frankreich.

Der falsche Dauphin in Amerika.

(Schluß.)

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Dank dem Felsstück, das ihm so glücklicherweise den Kopf geöffnet, der junge Eleasar konnte sich nun auf die Wissenschaft legen. Er lernte das Englische, das er, nach der Aussage seines Biographen, schlecht und mit entschieden fremdem Accent spricht. Sein Lehrer war ein sehr frommer Mann, der die seltsame Schrulle hatte, ein Tagebuch zu führen. An seinem Wohnorte, in der Umgebung des George-Sees, waren freilich die Ereignisse selten; er schrieb indeß auf, was ihm würdig dünkte, auf die Nachwelt zu kommen. 3. B. den 21. Jan. den Tabac ausgelesen. Den 22. dasselbe gethan. Den 27. Sonntag. Beim Gottesdienst gewesen. Herr Stow gepredigt. Er hat Patty, Tochter der Martha Sull, getauft. Seine Kürze ist zum Verzweifeln; zu welchen Vermuthungen giebt es nicht Anlaß, daß er den Namen des Vaters von Patty Sull übergeht. Eleasar Williams wurde von dieser harmlosen Sucht seines Lehrers angesteckt und schrieb tagtäglich einige unnüße Zeilen auf. Er führte geduldig sein Tagebuch viele Jahre lang, und Herrn Hanson verdanken wir zahlreiche Auszüge daraus. Eleasar bleibt hinter seinem Meifter nicht zurück: unbedeutendere, plattere Albernheiten sind niemals aufgeschrieben oder gedruckt worden. Drei Dinge sind darin überdies bemerklich: 1. der anhaltende Trübfinn und die Schwermuth Eleasars (der Stein muß nicht hart genug gewesen sein, um ihn von Grund aus zu heilen); 2. feine absonderliche Andächtelei; 3. die angenommene Gewohnheit, sich selbst zu beschauen, anstatt die Augen aufzuthun auf das, was um ihn vorgeht. Er reist, und kein Wort von dem, was er gesehen; aber wohl zeichnet er sorgfältig auf, daß er sich den Magen verdorben hat. Er hat einen Herrn Soundso besucht; er hat sich amüsirt, womit? weswegen? Davon keine Sylbe. Ich brauche nicht zu sagen, daß die Lektüre dieses Tagebuchs zum Umkommen langweilig ist.

Und doch hätte er hin und wieder etwas Besseres zu sagen gehabt. Sein Leben war ein ziemlich bewegtes. Nachdem er seinen Katechismus im Kopfe hatte, wurde er als protestantisch-chriftlicher, civilisirter Wilder in die Welt eingeführt. Er sprach schlecht englisch und gut irokesisch. Das verschaffte ihm einigen Erfolg in der Gesellschaft; die Frommen saten in dem gottseligen Jüngling ein würdiges Rüstzeug als Glaubensbote bei den Indianern. Die Regierung verwendete ihn als Unterhändler in ihrem politischen Verkehr mit den irokesischen Stämmen. Während des leßten Krieges zwischen England und der Union leistete er den amerikanischen Generalen einige Dienste durch seinen Einfluß bei den Rothhäuten und den halbwilden Weißen, die an der kanadischen Grenze wohnen. Eleasar wurde damals Häuptling einer Bande, die man das Geheimcorps (the secret corps) nannte; einer Bande, die ein Abkömmling des heiligen Ludwig und Heinrichs IV. schwerlich gewählt hätte, um das Waffenhandwerk zu lernen; denn das Geheimcorps bestand aus Leuten, die das Kriegsgesetz aufzuhängen ermächtigt, wenn man sie erwischt. Es war ein gewagter und vielleicht nicht genug gewürdigter Dienst, der darin bestand, sich heimlich von den Bewegungen und Plänen der Engländer Kunde zu verschaffen und fie den amerikanischen Offizieren zu hinterbringen. Einige Grobiane hießen die Soldaten des Geheimcorps Spione; sie schlugen sich aber doch hin und wieder, zum Beweis dessen wurde ihr Häuptling in einem Handgemenge verwundet. Nach geschloffenem Frieden nahm Eleasar Williams seinen früheren Beruf wieder auf, wurde ordinirt und trat die Stelle eines Predigers bei einer indianischen Mission an. Er heiratete, spekulirte wie viele amerikanische Geistliche, es bekam ihm aber schlecht. Er war arm; allein an das abgehärtete Leben der Indianer gewöhnt, hatte er sich auch einen guten Theil ihrer Sorglosigkeit angeeignet.

Aus dem Buche Hansons ist nicht genau ersichtlich, um welche Zeit dem Reverend Williams einige Vermuthungen über seine erlauchte Herkunft in den Sinn kamen. Ich bin aber zu glauben geneigt, daß er sich schon einige Zeit vor der romantischen Entdeckung, die ich bald

erzählen will, mit seiner Genealogie beschäftigt habe. Seine Züge und seine Beleibtheit widersprachen der indianischen Abkunft. Oft galt er für einen Europäer, sei es, daß das weiße Blut, das, wenn er wirklich der Sohn der Madame Williams war, in einem Bruchtheil oder, wenn in der That von weißer Race und nur von einer indianischen Mutter adoptirt, unvermischt in ihm vorherrschte. Gewiß ist, das Portrait an der Spiße des Buches des Herrn Hanson zeigt keine Spur vom Typus der amerikanischen Urstämme. Eben so gewiß ist, daß es nicht die geringste Aehnlichkeit mit den Prinzen des Hauses Bourbon hat. Der Biograph versichert, daß er Ludwig dem Achtzehnten ähnlich sebe; dann läge die Schuld an dem Zeichner, der die Physiognomie seines Originals schlecht wiedergegeben. Die Aehnlichkeit vorausgeseßt, mochte sich schon darauf hin der Reverend Etwas in den Kopf gesezt haben; denn selbst in einem republikanischen Lande fühlt sich Einer geschmeichelt, etwas Königliches an sich zu haben. War die Aehnlichkeit einmal zugegeben, so mußte es ihm, wie jedem Findling in müßigen Stunden, ein Leichtes sein, einen kleinen Roman zu dichten, an den er selbst glauben mochte; denn die chriftliche Liebe und die mittelmäßige Meinung, die ich von seinem Verstande habe, machen mich geneigt, in Williams mehr einen Narren, als einen Betrüger zu sehen.

Doch nun kommen wir zu dem großen Theatercoup. Im Jahre 1841 machte der Prinz von Joinville eine Reise durch die Vereinigten Staaten. Auf einer seiner Exkursionen stellte man ihm Williams als einen Mann vor, der ihm über indianische Sitten und über die ersten Niederlaffungen der Franzosen in Kanada genaue Auskunft geben könnte. Lange nach der Rückreise des Prinzen erzählte der Reverend, was hier folgt:

„Der Kapitän des Dampfschiffes sagte mir, der Prinz wünschte eine Zusammenkunft mit mir und würde sich glücklich schäßen, wenn ich ihn besuchte; oder wenn Sie das vorziehen“, sagte er,,,will ich den Prinzen Ihnen vorstellen." „Ich stehe ihm zu Befehl“, sagte ich,,,und werde thun, was er wünscht." Hierauf führte der Kapitän den Prinzen zu mir. Ich saß gerade auf einer Tonne. Als der Prinz mich erblickte, zitterte er unwillkürlich, und ich bemerkte eine lebhafte Aufregung in seinen Zügen. Er erbleichte etwas, und seine Lippen zuckten. Das beobachtete ich in diesem Augenblick, und später, als ich diese flüchtige Verwirrung mit der Leichtigkeit und Ruhe in seinem Benehmen verglich, fiel mir der Abstich erst recht auf. Dann faßte er mich ernst und achtungsvoll bei der Hand, und die Unterhaltung begann. Alle Passagiere und die Personen seines Gefolges zeigten Ueberraschung bei den Aufmerksamkeiten, die er mir bewies. Er lud mich zur Tafel und bot mir den Ehrenplaß neben sich an. Verschüchtert durch dieses Uebermaß von Höflichkeit, lehnte ich diese Auszeichnung ab. Nach dem Diner drehte sich die Unterhaltung um die ersten Niederlassungen der Franzosen in Amerika, den Muth und die Verwegenheit ihrer Abenteurer, den Verlust Kanada's, den der Prinz lebhaft zu bedauern schien. Mitten in der Unterhaltung, ich erinnere mich nicht mehr, bei welchem Anlaß, äußerte er, er habe sein Gefolge in Albany zurückgelaffen und die erste Gelegenheit benut, um an den George-See einen Ausflug zu machen. Er sprach leicht und angenehm, drückte sich, zu meiner Ueberraschung, sehr gut im Englischen aus, das er mit etwas fremdem Accent, wie ich, aber sehr verständlich sprach. Wir saßen auf den Kajütenpolstern im Hinterdeck und plauderten bis tief in die Nacht hinein. Wir schliefen dann neben einander. Auch am folgenden Morgen dauerte die Unterhaltung ununterbrochen fort. Als ich mir diese später ins Gedächtniß zurückrief, mußte ich bemerken, wie mich der Prinz auf das Kommende stufenweise vorbereitet hatte, obgleich die mannigfaltigsten Gegenstände berührt wurden.“ wurden."Wir übergehen eine Reihe von unbeschreiblich albernen politischen Aeußerungen, die der Reverend seinem Interlokutor in den Mund legt, und kommen zu dem Kernpunkt der Fabel. Fabel.,,In GreenBay gelandet, drang der Prinz in mich, bei ihm in Astor-House zu wohnen; ich entschuldigte mich damit, daß ich meinen Schwiegervater besuchen müßte... Als ich in das Hotel zurückkehrte, fand ich den Prinzen allein, sein Gefolge war in einem Gebäude daneben. Er fing das Gespräch damit an, daß er mir eine Mittheilung zu machen habe, sehr ernst für ihn und von höchster Wichtigkeit für mich; er müsse aber zuvor eine Bürgschaft für meine Verschwiegenheit fordern und verlange mein Wort, keinem Menschen zu entdecken, was er mir mitzutheilen im Begriff sei. Nach einigem Zögern und unter der Bedingung, daß das Geheimniß, das er mir offenbaren wollte, keinem Menschen nachtheilig sei, willigte ich ein. Endlich unterzeichnete ich noch ein schriftliches Versprechen, und dann nahm der Prinz das Wort ungefähr in folgender Weise:

"Sie, mein Herr, haben sich daran gewöhnt, sich als einen Eingeborenen dieses Landes anzusehen. So ist es nicht. Sie sind in Europa geboren, und, wie unglaublich auch Ihnen die Kunde klingen mag, ich muß Ihnen sagen, Sie sind der Sohn eines Königs. Es muß für Sie ein großer Troft sein, das zu erfahren. Sie haben viel gelitten,

find sehr tief gesunken; Sie haben aber nichts Schlimmeres gelitten, find nicht tiefer gedemüthigt worden, als mein Vater, der, arm und verwiesen, in diesem Lande lange gelebt hat. Zwischen ihm und Ihnen ist der Unterschied: er kannte seine hohe Geburt, Sie hatten das Glück, mit der Jhrigen unbekannt zu sein.""

„Man kann sich mein Erstaunen ob dieser Rede denken... Ich sagte ihm, seine Mittheilung sei von so außerordentlicher Beschaffen heit, daß er meine Ungläubigkeit entschuldigen müßte, und daß ich wirklich zwischen Zweien wäre (that I was between two). "Zwischen welchen Zweien"", fragte der Prinz. - Er verstand natürlich eben so wenig, wie wir, diese irokesische Redensart.

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,,Ich antwortete, daß ich einerseits nur mit Mühe das glauben könnte, was er mir gesagt, und andererseits fürchtete ich, er täusche fich in der Person.,,,,Es ,,,,Es kömmt mir nicht in den Sinn, mit Ihren Gefühlen zu scherzen; ich habe nur die Wahrheit gesagt und habe die Mittel, Sie zu überzeugen."" „Nun denn“, bat ich, „vollenden Sie Ihre Entdeckung und laffen Sie mich das vollständige Geheimniß meiner Geburt erfahren." -"Bevor ich das thue"", erwiederte er, "bedarf es einer gewissen Förmlichkeit, um das Intereffe gewiffer Persönlichkeiten zu schonen, welche die Sache angeht."" -,,Hierauf zog er aus seinem Felleisen ein Pergament und legte es auf den Tisch, worauf schon Schreibmaterialien bereit lagen. Er legte daneben das Staatssiegel Frankreichs, das, wenn ich nicht irre, unter der alten Monarchie im Gebrauch war. Es war von einem kostbaren Metall, ob aber von Gold, Silber oder vergoldetem Silber, könnte ich nicht sagen. Wenn ich es genau überlege, möchte ich mich für das Leßte entscheiden; ich kann mich aber täuschen; denn ich war zu verwirrt, und Dinge, die sonst einen lebhaften Eindruck auf mich gemacht hätten, zogen in dem Augenblick kaum meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich will es aber nur gestehen, daß, nachdem ich Alles erfahren hatte, der Anblick dieses Siegels, mir von einem Prinzen aus dem Hause Orleans überreicht, meinen Unwillen erregte. Die Urkunde war in zwei Kolumnen, französisch und englisch, sehr schön geschrieben. Ich las sie zu wiederholten Malen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit vier bis fünf Stunden lang. Während dieser ganzen Zeit überließ mich der Prinz mei nen Gedanken und blieb fast beständig im Zimmer, ging jedoch einige Mal hinaus.

wie es sich versteht, auf Herrn Trognon's Brief geantwortet und die Mittel gefunden, ihm einige völlig unbedeutende Ungenauigkeiten darin aufzumußen. Er stellte darin aufs authentischste fest, daß der König Ludwig Philipp, dem Eleasar Williams, sich auf Prinz von Joinville berufend, ich weiß nicht von welchem irokesischen Häuptling, einen Brief überfandt hatte, besagtem Häuptling durch Williams eine Anzahl Katechismen, von einem Briefe begleitet, hatte zustellen lassen. Der Brief ist verloren gegangen; der Schaden ist freilich nicht so groß, wie das Verschwinden des berühmten Pergaments. Dank der Höflichkeit unserer heutigen Fürsten, Ihr könnt ihnen kein so schlechtes Buch schicken, daß sie nicht den richtigen Empfang melden sollten, und es giebt Leute, selbst in Europa, die auf eine solche Zuschrift hin glauben, fie stehen mit gekrönten Häuptern in Korrespondenz. Als ich in meiner Jugend Secretair bei einem Minister war, erhielt ich von einem Quidam Besuch, der sich das Ehrenkreuz, das man ihm versprochen hätte, abholen kam! Zur Unterstüßung dieser seiner Behauptung zog er einen Brief hervor; was enthielt er? Der Minister..... hat das Gesuch vom ... erhalten. Es wurde zurückgestellt, um es ihm wieder vorzulegen, wenn eine Beförderung im Orden der Ehrenlegion vor sich gehen wird." Und die Moral von der Geschichte? Schreibt nur Briefe an Eure Freunde!

England.

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Arbeitende Frauen aus dem leßten halben Jahrhundert.

Ein unter diesem Titel erschienenes in einer deutschen Uebersegung) uns vorliegendes englisches Buch wird von der Verfasserin, Clara Lucas Balfour, als eine bibliographische Nachlese" bezeich net, welche zeigen soll, wie viel der Geist und der Charakter der Frau den geistigen und sittlichen Fortschritt dieses Jahrhunderts befördert haben. Es werden in dem Buche nicht diejenigen Frauen Englands, die in unserem Jahrhundert durch bedeutende Leistungen in der Literatur fich Ruhm erworben haben, sondern einige von solchen Frauen geschildert, die vorzugsweise durch praktisches reformatorisches Wirken im Gebiete des sozialen Lebens sich den Dank der Mit- und Nachwelt verdient haben. Die, wenn auch über das Haus und die Familie hinausgehende, doch in den Schranken echter Weiblichkeit bleibende refor ,,Der Inhalt des Dokuments, das ich, wie gesagt, mehrere Mal matorisch-sozialistische Wirksamkeit der Frauen, die uns hier vorgeführt durchlas, indem ich die beiden Texte Wort für Wort verglich, war werden, spricht für sich selbst. Mehr als die forcirte Manier, in der die eine feierliche Abdankung der französischen Krone zu Gunsten Ludwig f. g.,,emanzipirten Frauen" in Frankreich und in Deutschland die BerechPhilipp's, von Seiten Karl Ludwig's, Sohnes Ludwig's XVI., den tigung der Frau, an der Reform des sozialen Lebens mitzuarbeiten, darman Ludwig XVII. mit allen in der alten Monarchie gebräuch, zuthun versuchen, ist sie dazu geeignet, das faft überall noch herrschende lichen Namen und Ehrentiteln benannte, das Ganze begleitet Vorurtheil gründlich zu widerlegen, dem zufolge eine jede über die Schranvon einer Aufzählung im Kanzlei-Styl aller Beweggründe, Bedin- ken des häuslichen und geselligen Lebens hinausgehende Wirksamkeit gungen und Vorbehalte der Abdankung. Die Bedingungen, in Summa, von der Frau nur auf Kosten ihrer echten Weiblichkeit soll ausgeübt waren, daß man mir einen prinzlichen Hausstand hier im Lande oder werden können. Der Umstand, daß bei allen diesen englischen Frauen, in Frankreich, nach meiner Wahl, zusicherte, und daß Ludwig Philipp die uns hier geschildert werden, ein noch ftreng biblisch-religiöser Glaube sich verpflichtete, mir in Natur oder in Werth alles mir gehörige als der Beweggrund zu ihrem reformatorisch-sozialistischen Wirken persönliche Eigenthum der königlichen Familie zurückzuerstat- erscheint, darf uns, die wir dem Geist der freien Forschung und der Wissenten, Alles, was während der Revolution dem Staatsschaß verfallen schaft auch im Gebiete des Glaubens und religiösen Lebens sein Recht oder in andere Hände übergegangen war." zuerkennen, nicht hindern, das vorliegende Buch auch unseren deutschen Frauen als ein solches zu empfehlen, das auf die anschaulichste und ansprechendste Weise darthut, wie die Frau auch im Gebiete des politisch-sozialen Lebens reformatorisch zu arbeiten und zu wirken berufen ist.

Der Reverend Eleasar war von der Mittheilung so betäubt, daß er nicht daran dachte, von der Urkunde Abschrift zu nehmen. Wie schade! Es wäre doch interessant zu lesen gewesen, in welchem Kanzlei-Styl die Motive dieser Abdankung abgefaßt waren, und nach wel Hen Gefeßen und Herkommen Ludwig XVII., der natürliche Erben in so nahem Grade besaß, ohne Umstände seine Krone einem fernen Verwandten übertrug. Dem sei indeß, wie ihm wolle, in den vier oder fünf Stunden, die der Schwarzrock vor dem Pergament zubrachte, wurde er so ganz Prinz, daß er, wie sein Oheim, Ludwig XVIII, bei ähnlicher Gelegenheit sagte: „Ich bin arm und geächtet; aber ich werde meine Ehre nicht preisgeben." - Als er so hoch griff, beobachtete Prinz von Joinville einige Minuten tiefes Schweigen in einer ehrerbietigen Stellung. Dann trennten sie sich, und der Prinz ich meine den Prinzen von Joinville - schied mit den Worten: „Ich hoffe, wir werden Freunde bleiben.“

Kein Franzose, kein Mensch des alten Europa hätte eine solche Mähr erfinden können: auf den ersten Blick sieht man, daß sie aus einigen schlechten Romanen oder Melodramen alten Schlages zusam mengeflickt ist; aus diesen mochte ein Irokefe, dem etwas CivilisationsStaub angeflogen, seine Kenntnisse des politischen Rechts und der Hoffitten schöpfen. Wie ungereimt aber auch die Erfindung der ganzen Fabel ist, glaubte doch Herr August Trognon, Secretair des Prinzen Joinville, sich gehalten, im Jahre 1853 in einer Zeitung, die sie in ihre Spalten aufgenommen hatte, berichtigend auftreten zu müssen. Vielleicht war das in den Vereinigten Staaten nöthig. Unsere Leser würde ich zu beleidigen meinen, wenn ich die Versicherung von Seiten des Prinzen von Joinville für nöthig hielte, daß sein ganzer Verkehr mit Herrn Williams sich auf eine Unterredung über die ersten Niederlaffungen der Franzosen in Kanada beschränkt hat. Herr Hanson hat,

Um unseren Lesern eine Vorstellung von dem Umfange zu geben, in welchem der reformatorisch-sozialistische Beruf der Frau in dem vorliegenden Buche aufgefaßt und dargestellt ist, wollen wir aus der Einleitung, welche die Verfasserin den biogrophischen Mittheilungen vorausgehen läßt, Einiges mittheilen.

In der menschlichen Gesellschaft hat ein Jeder, auch die Frau, den Beruf, zu arbeiten und zu diesem Zwecke die Kraft der „Selbsthülfe" zu entwickeln. Wie edel auch unleugbar, wenn sie edel gelöft wird, die Aufgabe ist, die Literatur seiner Nation zu bereichern, so giebt es doch für die Frau einen weiteren Wirkungskreis und ein þōheres Ziel. Wenn sie die Verpflichtung, die ihr obliegt, richtig zu schäßen weiß, so wird sie zu der Ueberzeugung geführt, daß sie die Gesellschaft umgestalten muß.

Wenn es sich um den Fortschritt der Nation handelt, so kömmt die häusliche Seite nicht minder als die öffentliche in Betracht, und jene ist es, mit der die Frau meistens zu thun hat. Der Unterdrückung und ungerechten Behandlung, welche zahlreiche Frauenklaffen, die durch eigene Thätigkeit sich ernähren müffen, zu erdulden haben, kann nur die Gerechtigkeit und das Mitgefühl ihrer Schwestern, welche günstiger gestellt sind, wirksam entgegentreten. Die Elenden, welche den Künften des Verführers zum Opfer fallen, können dem Verderbeu an Seele und Leib nur durch die Frau entrissen werden, die zu ihrer Hülfe herbeieilt, nicht verächtlich vorübergeht oder heuchlerisch das Vora

*) Berlin, 1855. Verlag von Gustav Schlawiz.

handensein solches Elends nicht zu kennen behauptet. Das auf den Straßen verstoßene Kind, das in Elend und Verbrechen umhertappt, zur Unwissenheit verurheilt ist und doch wegen Unwissenheit bestraft wird, blickt vornehmlich auf die Frau um Hülfe.

Selbst da, wo Verhältnisse ihr nicht gestatten, in diese reformatorischen Arbeiten, die so sehr ihre besondere Theilnahme erheischen, einzugreifen, vermag sie doch in dem erhabenen Berufe als Lehrerin der Jugend solche Grundsäße einzupflanzen, welche auf die Beseitigung aller dieser Uebel heilsam einwirken werden. Nie betrachte sie das Haus als einen engen Wirkungskreis; dort beginnt ihr Einfluß; aber nicht darauf beschränkt, breitet er sich in weite Fernen aus. Treffend spricht sich die Verfasserin über die der Frau besonders empfohlene Tugend der Demuth folgendermaßen aus:

,,Viele Fehler, die sich noch immer durch die weibliche Erziehung hindurchziehen und der Frau im reiferen Alter anhängen, entstehen aus wohlgemeinten, aber irrthümlichen Ansichten von der Tugend der Demuth. Die Demuth, richtig aufgefaßt, gehört zu den lieblichsten Vorzügen eines Christen. Wer aber darum, weil doch nicht Alles gethan wird, was der Herzen prüfende Gott und die gewiffenhafte Ueberzeugung von der Pflicht fordern, in seiner Arbeit ermattet, ihrer müde wird und seine Versuche aufgiebt, oder wer mit dem Hinblicken auf äußere Schwierigkeiten, anstatt gläubig der inneren Kraft zu vertrauen, sein Leben verbringt ohne weisen Zweck und heilige Bestrebungen, von dem klingt es wahrlich wie Hohn, wenn er sagt:,,ich habe keine Gaben", oder: „ich habe keinen Einfluß." Dies ist nicht Demuth — es ist Trägheit und Gleichgültigkeit."

Dem Einwurfe, daß der Frau ein so schwerer Beruf nicht auferlegt werden dürfe, da die Bibel sie ausdrücklich das schwächste Gefäß" nenne, begegnet die Verfasserin mit Hinweisung auf Thatsachen, welche die Wahrheit des biblischen Wortes beweisen:,,was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß er zu Schanden mache, was start ist." Sie weist auf das hin, was Frauen, wie Elisabeth Fry, Mary Carpenter, Caroline Chisholm, Lydia Child zur Beseitigung menschlichen Elends zu thun im Stande gewesen.

Die Persönlichkeiten, mit deren, der Beseitigung des menschlichen Elends und sozialer Uebelstände gewidmetem, Leben und Wirken die Verfasserin uns genauer bekannt macht, sind:

Mrs. Trimmer, Mrs. Hannah More und ihre Schwestern, Mrs. Barbauld, Elisabeth Smith, Charlotte Elisabeth, Mrs. Sherman, Mrs. Mary Lundie Duncan, Sarah Martin, Mrs. Anna H. Judson und Anna Kilham. Wer die Biographieen dieser Frauen gelesen, wird der Verfasserin Recht darin geben, das sie diese Frauen als „Repräsentativ-Frauen" bezeichnet,,,welche eine Epoche des Fortschritts bezeichnen, die Methoden von praktischem Rugen und Grundsäge der Pflicht aufgestellt, welche eine weitverbreitete und allge. meine und doch auch individuelle Anwendung zulaffen.".

Mannigfaltiges.

– König Mar und die neue Tafelrunde. Die „Blätter für literar. Unterhaltung“ (Nr. 21.) erwähnen eines englischen Berichts über Münchens literarische Notabilitäten, der allerdings von pikantem Intereffe ist, aber den englischen Lesern Manches aufbindet. Danach soll der berühmten deutschen Dichterwelt einst eine Aufforderung des Kronprinzen von Bayern zugegangen sein, einen literarischen Bund zu schließen, um lauter Meisterwerke zu liefern, die vor Bayerns Throne mit goldenen Bechern und Lorbeerkronen belohnt werden sollten. Angeblich hätten die namhaftesten Poeten diese königlichen Anträge schnöde zurückge, wiesen, weil es nicht Zeit sei, daß die Dichter mit den Königen gingen. Mit den Bl. f. lit. Unterh. einer deutschen Berichtigung dieser englischen Behauptung entgegensehend, wollen wir einen Blick auf den Dichterkreis werfen, der sich jest in München unter dem Schuße des geistreichen Königs versammelt hat. Die Kultur der Künfte ist auf Bayerns Thron erblich, und die junge Königin hat ebenfalls eine angeborene und aner zogene Vorliebe für dieselben mitgebracht. Geschmückt mit den edelsten Erzeugniffen der Skulptur und Malerei, ward München schon lange mit Recht das neue Athen genannt; es ist eine echte Freistätte für den Geist der Poesie, dessen beste Namen König Mar jest dort verfammelt hat, der gelegentlich selbst eine Lanze einlegt bei den Wettkämpfen seiner dichterischen Tafelrunde. Fürst Pückler, ein fahrender Meistersänger, hat kürzlich eine Beschreibung seiner Aufnahme bei derselben in seiner bekannten anmuthigen Weise geliefert, aber auch auf Privatwegen ist uns Kunde geworden von dem interessanten Dichterkreise, in dem die Heiterkeit der Kunst neben dem ernsten Leben lächelt. Statt in Weihrauch wird sie zwar oft gemüthlich in Rauchtaback ge= hüllt, der jedoch hauptsächlich die gute Eigenschaft haben soll, für die Tafelgenossen den Glanz des fürstlichen Nimbus ihres hohen Vorsisers

zu mildern. Persönlich am nächsten steht demselben unser preußischer Landsmann Dönniges (aus Frankfurt a. d. D.), der erst kürzlich sein poetisches Meisterstück geliefert in seiner vortrefflichen Ueberseßung schottischer Lieder. Er ist Jurist, Diplomat, Literat und Poet dazu. Nächstdem hat Paul Heyse, ebenfalls ein Preuße, als Vorleser des Königs ein bestimmtes Amt, das ihn um die Person desselben beschäftigt. Emanuel Geibel und Bodenstedt sind als Professoren, Dingelstedt als Regisseur angestellt, gehören aber ebenfalls zu der Tafelrunde, an der namentlich Lesterer nach Anciennetät den ersten Plaß einnimmt. Er ist schon ein wenig verblüht; seine Muse hat sich seit ihrem politischen Anfall nie wieder ganz erholen können, und es hilft nichts, daß er denselben jeßt vornehm zu ignoriren sucht. Der Jugend gehört überhaupt die Gegenwart; es ist natürlich, daß die frischen Blüthen des jungen Nachwuchses manches ältere Dichterhaupt in Schatten stellen. Alle Namen der Münchener neuen Dichterschule zu nennen, gestattet der Raum hier nicht, aber wir wollen später auf Einzelne zurückkommen, deren Leistungen auch im Auslande bereits Anerkennung gefunden haben. F. v. H.

Brewster's Leben Newton's. Nachdem Sir David Brewfter bereits im Jahre 1831 für die Family Library eine auch ins Deutsche (von Goldberg, Leipzig, 1833) überfeste Biographie Newton's geschrieben, ist er nunmehr mit einem neuen, ausführlicheren Werk über das Leben, die Schriften und Entdeckungen seines großen Landsmanns hervorgetreten.") Durch Benuzung der in den Händen des Grafen von Portsmouth, eines Verwandten der Newtonschen Familie, befindlichen Manuskripte und Korrespondenz desselben ist es ihm möglich gewesen, manche Lücken in unserer Kenntniß von dem öffentlichen und Privatleben Newton's auszufüllen und ein treues und anschauliches Bild seiner wissenschaftlichen Leistungen zu liefern. So finden wir hier anziehende Details über seine Kinderzeit, seine Schulund Universitätsjahre und die ersten Beschäftigungen mit mechanischen und mathematischen Studien, welche endlich zur Entdeckung jener wunderbaren Kraft führten, die wir Gravitation nennen. Bei Gelegenheit des bekannten Streites mit Leibniz über die Erfindung des Infinitesimalkalküls erklärt sich Brewster entschieden gegen den deutschen Gelehrten, von dem er behauptet, daß er sich durch die Leidenschaft zu sehr unbedachten Schritten hinreißen ließ. „Wenn Leibniz", sagt er,,,Newton des Plagiats beschuldigte und Andere bewog, diese Anklage zu verbreiten und zu bestätigen, so können wir dafür einige Entschuldigung in der Aufregung finden, in welche ihn die gegen die Selbständigkeit seiner Entdeckungen gemachten Insinuationen verseßten, aber andere Punkte seines Benehmens laffen keine Milderung zu. Als er die Philosophie Newton's in seinen Briefen an den Abbé Conti angriff, gab er nur die kleinlichen Gefühle eines Nebenbuhlers kund; als er es aber wagte, jenen großen und guten Mann in seiner Korrespondenz mit der Prinzessin von Wales, die Newton achtete und liebte, zu verleumden und seine Theorieen als wissenschaftlich falsch und der Religion gefährlich denunzirte, indem er diese Anklage auf Stellen aus den Principia” und der „Optik“ gründete, die von aller Wärme echter Frömmigkeit durchdrungen sind, heftete er seinem Namen einen Flecken auf, den alle seine philosophischen Talente nicht werden verwischen können.") Eigenthümlich ist es übrigens, daß Brewster gerade die theologischen Phantasieen Newton's, die man sonst gewöhnlich als eine von den Schwächen zu betrachten pflegt, von denen selbft große Männer nicht frei bleiben, mit besonderem Eifer in Schuß nimmt und seiner Erklärung der Prophezeiungen Daniel's und St. Johannis ein eigenes Kapitel widmet, die er mit der Behauptung einleitet, daß, wenn Newton nicht als Mathematiker und Physiker berühmt gewesen, er schon als Theolog einen hohen Ruf verdient hätte.

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Turner in San Francisco. Die Alta California enthält einen interessanten Bericht über das am 15. Mai stattgefundene Jahresfest des deutschen Turnvereins in San Francisco. Es nahmen zwischen 3000-4000 Personen daran Theil, und der amerikanische Reporter kann sich nicht genug über die Geschicklichkeit der Turner und die Grazie und Behendigkeit“ wundern, mit der sie ihre gymnastischen Uebungen ausführten. Man habe nie einen kräftigeren und gesunderen Menschenschlag erblickt, als diese „Athleten“, deren helle Gesichtsfarbe, blaue Augen und muskulöse Gestalten an die Gemälde der alten deutschen und vlämischen Meister erinnerten.

ton.

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*) Memoirs of the Life, Writings, and Discoveries of Sir Isaac NewBy Sir David Brewster. Edinburgh: Tho. Constable & Co. 1855. Berlin, A. Asher & Co. 2 Bånde.

**) Die Engländer waren in dem Leibniz- Newtonschen Prozesse über die ,,Flurionen“ und „Differentiale" immer sehr parteiische Richter. Jedenfalls ist ungerecht. dieses Urtheil über eine briefliche Aeußerung Liebnizens eben so hart als D. R.

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