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ersteren befinden sich die beiden prächtigen Vasen mit Malereien nach Kaulbach. In der zweiten Loge sehen wir einen mächtigen Spiegel aus der neuen Manufaktur in Aachen, Kronleuchter von Heckert in Berlin und die Kißsche Amazonengruppe in Bronze und in verkleiner tem Maßstabe. Die dritte Loge enthält die Erzeugnisse aus Thon von Villeroy und Boch in Nettlach. Die vierte (badische) Loge enthält Porzellanwaaren und Thonwaaren aus Mannheim; die fünfte (sächsische) endlich Haarstickereien aus Leipzig. Was die letteren anbelangt, so hätte man doch wünschen können, ohne diesen Produkten ihren Werth abzusprechen, daß fie anderswo aufgestellt worden wären, da sie für jenen Ehrenplag nicht bedeutend genug sind. Nächstdem ist nun auch Nächstdem ist nun auch eine Anzahl von Gegenständen in der Mitte des Saales aufgestellt, nämlich folgende: Ein maurischer Blumengarten, aus Kandelabern und Vasen bestehend, in Zinkguß emaillirt und im Style der Alhambra, von Herrn v. Diebitsch in Berlin; ein Altar, in Eichenholz geschnigt, von Prang in Münster. Vor Allem zieht aber die überaus kunstvoll gearbeitete Statue Friedrich Wilhelm's III., aus dem Gewerbe-Institute zu Berlin, die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Man hat dieselbe sehr passend unter einer Art Ehrenbogen aufgestellt, welcher indessen nicht dazu gehört. Lehterer besteht nämlich aus zwei rothen Marmorsäulen aus der Marmorschleiferei von Bunzel & Comp. in Recklinghausen; ein bronzener und vergoldeter Adler krönt das Ganze. Auf einer mächtigen, breiten und mit rothem Sammet drapirten Unterlage sehen wir eine Reihe von herrlichen Bauftücken, die der Dombaumeister Zwirner in Köln aus der Domhütte hierher gesandt; es befinden sich darunter Nischen, Rosetten, Thurmknöpfe und eine Statue des südlichen Portals. Vermuthlich in Berücksichtigung der Landsmannschaft lehnt sich an die Rückseite des Kölner Domes die Eau de Cologne-Fontaine des echten (!) J. M. Farina in Köln an, ist aber bis jezt noch sehr träge im Sprudeln. Noch sehen wir im Mittelschiffe, aus Preußen, Zink-Abgüsse aus den Fabriken von Devaranne und Geiß in Berlin, endlich einen „Meleager“ von Winckelmann ebendaselbst.

Wenden wir uns nun, auf der Südseite, weiter nach Osten zu, so gelangen wir zur österreichischen Ausstellung. Wir sehen hier hauptsächlich Glas- und Porzellanwaaren aus den berühmtesten böhmischen Hütten. In der Mitte des Saales erhebt sich eine hohe Säule, um welche herum, auf Etageren, verschiedene Gegenstände aus terra cotta gruppirt sind. Ferner stehen hier ein Mosaiktisch aus Venedig, eine prachtvolle vierfache Pfeilertoilette mit Tisch aus weißem Marmor, verschiedene Kunstgegenstände aus Ebenholz und ausgelegt, endlich das Modell des Dampfschiffes „Franz Joseph“ aus der Werkstatt der Donau - Dampfschifffahrts- Gesellschaft.

So gelangen wir, immer in östlicher Richtung, nach Belgien, dessen Ausstellung im Mittelschiffe, wenn wir einen Schrank mit Tuchen und den Staatswagen des Königs der Belgier ausnehmen, einen rein kirchlichen Charakter hat. So sehen wir in einem mächtigen hohen Spiegelschranke eine vollständige Auswahl von Kirchengewändern für Prälaten jeden Ranges, vom Papst bis zum Domkapitular herab; der Papst kniet auf einem Betschemel, und Christus überreicht ihm die Schlüssel, welche die Kraft zu binden und zu lösen haben. Sämmtliche Figuren sind in Lebensgröße und aus Wachs. Nächstdem sehen wir ebenfalls aus Belgien verschiedene herrlich geschnigte Holzältäre und Kirchenkanzeln. Dann folgt England mit Porzellanwaaren, Bronzen, Schiffstrophäen, einem mächtigen Kandelaber von Krystall aus Birmingham, Kaminstücken aus Sheffield, Baumwollenzeugen aus Nottingham, zwei Leuchtthurm-Laternen und dem Modelle des großen Meridiankreises in Greenwich.

Die ganze nördliche Längenwand des Mittelschiffes und der Seitengalerieen gehört Frankreich an. Man hat hier die vorzüglichsten Erzeugnisse der französischen Industrie zu Trophäen vereinigt. Alle National-Eitelkeit bei Seite gesezt: England und Deutschland liefern viel treffliche Erzeugnisse, ja, theilweise auch solche, welche sich in Bezug auf guten Geschmack dreift mit den französischen meffen dürfen, allein die franzöfifchen Lurus-Artikel tragen im Jndustrie-Palaste den Preis davon.) Hierher gehören nun vor allen Dingen zwei Schränke mit Schmucksachen und Mode-Artikeln, Industriezweige, in welchen Paris längst als Königin anerkannt ist. Sodann sehen wir Tahan's vielbekannte Kunsttischler-Arbeiten; wir bemerken unter ihnen einen vielleicht etwas zu sehr ornamentirten Bücherschrank und einen Betschemel aus Eichenholz; aus derselben Fabrik ist auch das in der Mitte des Saales stehende kunstvolle Vogelhaus. Der folgende Schrank zeigt uns Möbel aus der Fabrik von Jeanselme, darunter einen Jagdschrank aus Eichenholz, ein Buffet aus Ebenholz mit Bronze-Verzierungen, einen Schrank aus Nußbaumholz im Renaissancestyle, mit Marmor ausgelegt, namentlich aber ein Canapé, einen Lehnstuhl und einen gewöhnlichen Stuhl, welche Meisterstücke in ihrer Art sind.

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Zwei Schränke des Mittelschiffes find den Bronzen gewidmet, die ebenfalls eine der Haupt-Industrieen von Paris ausmachen. Der eine Schrank enthält die Kunstbronzen von Barbedienne. Man sieht hier die berühmtesten Statuen, Vasen und Kandelaber des Alterthums in verkleinertem Maßstabe nach Collasscher Manier; wir nennen besonders die Venus von Milo, die Diana von Gabiä, eine Amazone, eine Statué der Polyhymnia, die Gladiatoren, verschiedene Kandelaber, dann von neueren Kunstwerken die Grazien von Germain Pilon, die Kleopatra von Ducommun, einen Schenktisch aus Nußbaumholz mit BronzeOrnamenten, vor allen Dingen aber die berühmten Ghibertischen Thüren der Taufkapelle zu Florenz, in halber Größe des Originals. Der andere Schrank mit Bronzen enthält die zum Mobiliar dienenden Bronze-Artikel. In diesem Industriezweige ist die Fabrik von Denière fils in Paris die erste. Wir bemerken hier namentlich den prächtigen Tafel-Auffah, Styl Louis XVI., welcher von Herrn von Kiffeleff vor Ausbruch des Krieges bestellt wurde und der nicht weniger als sechzigtausend Francs kostet; ferner einen lustre-jardinière, Styl Louis XV., und eine Unzahl von kleineren Kandelabern, Pendulen u. s. w.

Neben den Bronzen sehen wir die Arbeiten aus Steinpappe aus der Fabrik von Huber, darunter einen monumentalen Kaminsims mit der Büste des Kaisers. Daneben befindet sich die Trophäe der musikalischen Instrumente, wo wir Pleyel, Erard, Debain, Sar, und wie sie sonst heißen, die oft so kriegerischen Nebenbuhler, friedlich neben einander, unter einem wirklichen Himmel von Baßgeigen, ruhen sehen. In dem der Buchdruckerkunst gewidmeten Schranke sehen wir, außer verschiedenen typographischen Erzeugnissen, mehrere Modelle von Prefsen aus der Druckerei von Plon; eine besondere viereckige Tribüne ist den Erzeugnissen der kaiserlichen Druckerei eingeräumt worden. Einer der Pariser Buchdrucker hat seltsamerweise, statt seiner Erzeugnisse, das Erzeugniß eines Mechanikers ausgestellt, nämlich das Modell seiner Buchdruckerwerkstatt, ein artiges, interessantes Spielwerk, das aber eigentlich im Mittelschiffe nicht an seinem Plage ist. Vergessen wir auch nicht die Artillerie- Trophäe, zu welcher das kaiserliche Arsenal seine stattlichsten Säbel, Helme, Panzer, Kanonen, Gewehre u. f. w. geliefert hat.

In ganz meisterlicher Weise ist die französische Glas- und Por-zellan-Fabrication im Mittelschiffe vertreten. Wir sprechen hier noch nicht von den Erzeugnissen der Fabrik zu Sèvres, welche in die noch im Bau begriffene Rotunde zu stehen kommen, sondern lediglich von den Privat-Etablissements. Auch hier müssen wir, so schwer es auch dem Nationalgefühle fallen mag, gestehen, daß Böhmen von den Franzosen entschieden überholt ist. Unter den zahlreichen Porzellan-Artikeln nennen wir hier nur zwei riesige Kandelabervasen, welche chinesischen Fabrikaten täuschend ähnlich nachgebildet sind und mehrere Figuren in Biskuit, darunter eine Büste des Kaisers. Was die Glaswaaren anbelangt, so glänzen hier besonders die Fabriken zu Baccarat, Clichy und St. Louis. Die erstgenannte Fabrik hat zwei Kandelaber aus Krystall von sechzehn Fuß Höhe und mit neunzig Armen, zwei Vasen aus weißem Agatglase mit grünen Verzierungen und eine riefige Glasschale ausgestellt; aus den beiden anderen Fabriken sehen wir verschiedene Vasen und Schalen in überaus reinem Style.

Die Lyoner Fabrikanten haben ebenfalls ihren Trophäenschrank, in welchem wir Shawls, Seidenstoffe aller Art und Spißen sehen, die uns allerdings mehr Meisterstücke kunstvoller Arbeit, als geschmackvoller Zeichnung zu sein scheinen. Neben dem Lurus sehen wir die Bedürfnisse des täglichen Lebens; die Trophäe des Ackerbaues ist sehr künftlich aus allen möglichen Geräthschaften, Getraide-Arten, Achren zusammengeseßt, ja sogar ein Modell eines Pachthofes ist dabei, und das Ganze krönt der antike Bienenkorb. Der Ackerbau hat zum Nachbarn die in drei Ländern residirende Gesellschaft „Vieille-Montagne“ mit ihren zahlreichen Erzeugnissen aus Zink. Die leßte französische Trophäe endlich ist der Eisen-Industrie gewidmet; man sieht hier das Modell eines Eisenhüttenwerkes, Modelle von Maschinen aller Art, Brücken, Tunnels u. f. w. Noch eine Menge von Gegenständen hätten wir zu nennen, welche die Mitte des Saales füllen: so namentlich zwei riesige Spiegel, darunter der aus St. Gobain von sechzehn Fuß Höhe und eilf Fuß Breite; eine Unzahl von Gruppen aus Bronze und Zink; Altäre von Marmor, Holz und Zink; den großen französischen Leuchtthurm nach Fresnelschem Linsenglassystem; ein Teleskop mit Uhrwerk von Sécrétan in Paris; mehrere Fontainen, von denen zu wünschen wäre, daß sie endlich begönnen, Kühlung zu verbreiten. (Schluß folgt.)

England.

Michelsen's Geschichte der Jesuiten im 19. Jahrhundert.*) Der in der neuesten englischen Literatur durch mehrere nicht unverdienstliche historische Gelegenheitsschriften bekannte Dr. Eduard

*) Modern Jesuitism; or, the Movements and Vicissitudes of the Jesuits in the Nineteenth Century, in Russia, England, Belgium, France, Switzerland, and other Parts. By Dr. Edw. H. Michelsen,

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"

Bekanntlich fanden die Söhne Loyola's nach Aufhebung ihres Ordens durch Clemens XIV. eine Zuflucht in Rußland, wo sie unter der Bedingung zugelassen wurden, sich des Proselytismus zu enthalten. Sie versprachen natürlich Alles, konnten aber trogdem der Versuchung nicht widerstehen, ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzuhängen, und trieben allmälig ihre Kühnheit so weit, daß sie sogar am kaiserlichen Hofe Propaganda machten. Eine Zeitlang ließ man sie gewähren, da sie in der nächsten Umgebung Alexander's 1. eifrige Fürsprecher hatten, I. wozu namentlich der berühmte Graf Joseph de Maistre gehörte; aber endlich brachten sie es dahin, daß sie erst aus St. Petersburg und dann aus ganz Rußland verwiesen wurden. Es waren besonders zwei Umstände, welche diese Katastrophe im politischen Drama des Ordens beschleunigten. Fürst Alexander Galizyn, ein Neffe des Kultusministers, welcher zwei Jahre das Kollegium der frommen Väter in St. Petersburg besucht hatte, trat 1814 öffentlich zur römisch-katholischen Kirche über ein Ereigniß, das um so größeres Aufsehen erregte, als er bis dahin durch seine fanatische Anhänglichkeit an die herrschende Kirche seines Vaterlandes bekannt war. Obwohl er sogleich aus dem Kollegium entfernt und unter die Pagen des kaiserlichen Hofes aufgenommen wurde, hielt er doch mit allem Eifer eines orthodoren Katholiken an seinem neuen Glauben feft, und man sah ihn sogar in der Kleidung eines Büßenden, mit seltsamen Amuleten um den Hals und einem Geißelriemen um den Leib. Es dauerte lange, ehe der Erzbischof Philareth ihn zur Religion seiner Familie zurückführen konnte. Während obiges Ereigniß noch das Stadtgespräch von St. Petersburg war, verfeßte eine andere Intrigue von ähnlichem Charakter eines der ersten Adelsgeschlechter des Reiches in die tiefste Trauer. Eine reizende, junge Prinzessin hatte von ihren Aeltern einen Jünger Loyola's zum Lehrer erhalten, der, um sie zu seinem Glauben zu bekehren, ihr fortwährend in den glühendsten Farben die Martern schilderte, die sie als Kegerin jen seits des Grabes werde erdulden müssen. Das arme Mädchen, die es einerseits nicht über sich bringen konnte, ihre Aeltern durch Abschwö. rung ihres Glaubens zu betrüber, und sich andererseits noch während ihres Lebens an die Feuerqual zu gewöhnen wünschte, die ihr nach dem Tode bevorstand, suchte sich dagegen abzuhärten, indem sie mehrere Mal täglich ihren Körper mit einer heißen Kupferplatte sengte, bis der grausame Schmerz sie endlich auf ein Krankenlager warf, von dem fie nicht wieder erstand."

Der Ukas, der die Aufhebung des Ordens verfügte, wurde im Jahre 1816 erlassen. Die Jesuiten mußten ihre Anstalten schließen und sich aus Rußland entfernen. Unterdessen hatte Papst Pius VII., der in ihnen eine Hauptstüße der römischen Hierarchie und einen Damm gegen den revolutionairen Geist des Jahrhunderts sah, die Wieder herstellung des Ordens befchloffen, und es stand ihnen daher frei, sich nach Italien zu begeben; doch wollten sie vorher noch einen Versuch machen, sich in Polen festzusehen. Bei dieser Gelegenheit erzählt der Berfaffer folgende Anekdote:

„Bald nach der Verbannung der Jesuiten aus den beiden Hauptstädten Rußlands kamen zwei von den würdigen Vätern in Warschau an, um von dem Großfürsten Konstantin die Erlaubniß auszuwirken, ein Kollegium in der polnischen Hauptstadt zu gründen. Da sie indeß nicht wagten, ein so kühnes Gesuch unmittelbar nach ihrer Ausweisung aus Rußland anzubringen, so begannen sie damit, den Großfürsten um eine Audienz zu bitten, angeblich nur zu dem Zwecke, daß er ihnen und einigen ihrer Brüder gestatten möge, während der kalten Jahreszeit in Warschau zu bleiben. Die Bereitwilligkeit, mit der ihnen Konstantin die Audienz bewilligte und ihr billiges Gesuch entgegennahm, ermuthigte die Väter, sich ausführlich über die erlittenen Drangsale zu verbreiten, und da der Großfürst sie mit Theilnahme und Sympathie anzuhören schien, so hatten sie die Unvorsichtigkeit oder vielmehr die Unverschämtheit, sich Stühle zu holen und ganz ungenirt neben Konstantin Plaz zu nehmen. In der Hiße ihres Vortrags näherten fie sich dem Großfürsten allmälig so sehr, daß sie ihn oft an den Arm stießen, bis er endlich, durch eine solche Vertraulichkeit verlegt, sich erhob und nach seiner Equipage rief. Aber weit entfernt, diesen Wink zu verstehen, folgten ihm die beiden Patres bis zum Tritt des Wagens und waren im Begriff, nach Konstantin hineinzusteigen, als der Großfürst, alle Geduld verlierend, zu ihnen sagte: „Nun habe ich genug; Ihr habt mir eben gezeigt, meine guten Väter, wie Euer Orden gewohnt ist, die geringste ihm erwiesene Gunst zu mißbrauchen. In

einer einzigen Stunde habt Ihr Euch von bescheidenen Bittstellern in ungestüme Forderer verwandelt, vor denen ich in meinem eigenen Wagen nicht sicher bin. Ich beschränke jezt Euren Aufenthalt in Warschau auf vierzehn Tage."" Diesen Vorfall erzählte der Großfürft felbft an den französischen Minister, Herzog von Richelieu."

Ueber die Wühlereien der Jesuiten in der Schweiz, die auch dort zu ihrer Vertreibung führten, berichtet Herr Michelsen sehr umständlich. Neu war uns ein von den Gegnern des Ordens ans Licht gebrachter Katechismus, der in den Schul-Anstalten deffelben eingeführt war und der noch jezt auf Anordnung des Bischofs Laurent, apostolischen Nuntius in Luxemburg, von den unter seiner Aufsicht befindlichen Instituten benußt wird. Wir laffen einige Auszüge aus diesem kuriosen Dokument folgen, die allerdings keinen sehr vortheilhaften Begriff von der theologischen Literatur des Ordens geben.

"Frage. An welchem Ort wird ein Jeder am jüngsten Tage auferstehen? - Antwort. Ein Jeder wird an dem Orte auferstehen, wo sich der größte Theil seines Körpers befindet. -F. In welcher Form wird man auferstehen? A. Von mittler Statur, mit wohlproportionirten Gliedmaßen, und von demselben Geschlecht, zu welchem man bei seiner Lebzeit gehörte. — F. In welchem Alter werden wir alle vom Tode auferstehen? A. Im nämlichen Alter wie Chriftus, als ob wir uns im dreiunddreißigsten Jahre befänden. F. Wird die Welt von neuem bewohnt werden? A. Nach Einigen wird fie von ungetauften Kindern bewohnt werden, aber von Niemand anders, nicht einmal von den Thieren. ... F. Ist es eine Sünde, keine Zehnten zu entrichten? Zehnten zu entrichten? A. Ja, es ist eine große Sünde.... F. Wo ist die Hölle? - A. Die Hölle ist im Inneren der Erde. F. If die Hölle sehr groß? — A. Nicht sehr, weil die Verdammten dicht zufammengepackt, einer auf dem anderen, liegen, wie Ziegelsteine in einer Ziegelbrennerei!"

Orient.

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Kirche und Politik.

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Dr. Sander in Wittenberg geht in einer neulichen Schrift®) von der Behauptung aus, daß auch die Kirche ein Recht habe, in der großen Tagesfrage unserer Zeit, wie überhaupt in der Politik, mitzusprechen. Es ist sein Buch die weitere und gedruckte Ausführung seiner im J. 1854 in Leipzig gehaltenen Missionspredigt. Und er hat Recht. Mag auch die Kirche seit den Tagen Konstantin's des Großen und während des Mittelalters entseglich viel auf ihrem politischen Gewiffen haben (Albigenser, Tempelherren, Pariser Bluthochzeit), so ist doch andererseits unleugbar, daß ihre Mahnungen, Drohungen, schiedsrichterlichen Aussprüche inmitten aller hierarchischen Bestrebungen und Uebergriffe unzählige Male das Schwert in der Scheide gehalten, die wildentbrannte Leidenschaft gedämpft, dem Blutvergioßen Einhalt gethan haben. Perß ist nicht der Erste und Alleinige, der (in f. Italiänischen Reise, Hannover, 1824) ihr fegensreiches Wirken für die Intereffen der Menschheit, der Civilisation, des Weltfriedens, anerkennend hervorhebt. Wer auch hätte mehr, als sie, die heiligste Verpflichtung, diesen Intereffen das Wort zu führen! Daß sie, die Kirche, bei ihren Bestrebungen jederzeit sich selbst am wenigsten vergeffen und verleugnet hat, und wie das „in majorem dei gloriam“ erfahrungsgemäß so gern von ihr gedeutet wird, lassen wir jezt dahingestellt oder seßen es auf Rechnung der dämonischen Natur unseres Geschlechts, die des sunt certi denique fines fo selten eingedenk bleibt. So lassen wir auch die Motive unerörtert, die dermalen die lautesten Organe des Kotholizismus: Univers, Volkshalle, Tablet u. dergl., und ihre Politik zu so vehementen Auslaffungen gegen das vom nationalen Standpunkte aus ohnehin sattsam verdächtigte Ruffenthum veranlaffen und treiben. Genug, die katholische Kirche arbeitet fort und fort in der Politik. Soll nun, während sie dräut und agitirt, die protestantische Kirche stumm bleiben, der ecclesia militans gegenüber sich als ecclesia pressa geriren, sich als unberufen zu Kampf und Politik bekennen? Mit nichten! Dr. Sander vindizirt auch ihr ein volles Maaß des Rechts zum Mitsprechen, und, wie gesagt, er hat Recht. Er spricht es in der Vorrede energisch aus. Diese Vorrede enthält überhaupt manches markige Wort, und der es spricht, kennzeichnet sich als ein deutscher Patriot, dem das Wälsche wie das Moskowitische von Herzen zuwider ist. Darum", sagt er z. B., ist es nicht recht, sich den großen Intereffen seines Volks entschlagen, auf seine Studirftube, in seine Familie fich zurückziehen; es ist nicht recht, in seinem Amt und Werk, sei's in der Kirche, Schule, im Staate, sich so abspannen, daß man darüber die gliedliche Gemeinschaft mit dem großen Ganzen versäumt.“ Wir wünschten, daß das Buch selbst in dieser kernigen, gedrungenen Weise gehalten wäre.

*) Die Katastrophe im Orient und ihre Rückwirkung auf den Occident. Berlin, bei W. Schulze. 1855.

Darin wird zuerst den Ruffen, Briten und Franzosen ihr langes Sündenregister vorgehalten. Den Ruffen, quantum satis. Herr Sander ist also kein Verbündeter der Zaaren-Politik, aber eben so wenig ein Westmächtler. England hätte er gerechter Maßen etwas schärfer und augenfälliger bedenken, hätte ihm zurufen dürfen, wie beim Propheten Jesaia Kap. 23, V. 8-10 geschrieben steht: „Wer hätte das gemeint, daß es Tyro, der Krone, so gehen sollte? So doch ihre Kaufleute Fürsten sind, und ihre Krämer die herrlichsten im Lande. Der Herr Zebaoth hat's also gedacht, auf daß er schwächte alle Pracht der luftigen Stadt und verächtlich machte alle Herrlichkeit im Lande. Fahre hin durch dein Land, wie ein Strom, du Tochter des Meeres, da ist kein Gurt mehr." -Seine volle Zornschale gießt dagegen der Verfaffer über den gallischen Hahn und sein Krähen in alten und neuen Zeiten aus, und wer möchte ihm, als Preußen zumal, solches verargen? Daß Herrn Sander die türkenfreundliche Preffe sammt ihren Idiosynkrafieen von osmanischer Civilisation und Emancipation der Rajah unter den Fittichen des Islam ein Gräuel ist und er die Türken je eher je lieber von dannen getrieben sähe, ist bei dem christlichen Theologen sehr natürlich, und wir sind auch hierin mit ihm einverstanden. Sein Urtheil jedoch über die welthistorische Person Muhammed's, den Thomas Carlyle, und wahrscheinlich dieser nicht allein, den heroes der Weltgeschichte beizählt, ist befangen, unstichhaltig, geschichtswidrig, nicht einmal echt theologisch.

Bis hierher nun scheint Herr Dr. Sander, ohne daß er es fummarisch ausspricht, folgende drei Punkte als Ertrag und Lösung der orientalischen Frage unserer Zit zu betrachten: Vertreibung der Demanen aus Europa, Beschränkung des russischen Uebergewichts im europäischen Often, Machtentfaltung Deutschlands ebendaselbst; nicht aber nur Rußland, sondern auch den westlichen Kriegsmächten gegenüber. Ein Viertes: was mit den dem Islam abgekämpften Provinzen und ihrer christlichen Bevölkerung zu thun, läßt auch er, wie billig, als offenbleibende Frage dahingestellt. Schwerlich ist jedoch zu befor gen, daß dieser mächtige Länderkomplex, theilweise oder ganz, in usum Delphini aufgehoben sei, wozu sich an gewiffer Stelle kein geringes Gelüften manifeftirt, seitdem namentlich das hochfahrende Albion sich so wenig als Gegengewicht und Daumschraube erwiesen. So weit ist nun auch Herr Sander im Einklang mit dem politischen Glauben des intelligentesten und deutschestdenkenden Theils seiner und unserer deut schen Landsleute. Er aber geht in seiner Offensivbewegung über Türken und Russen, Franzosen und Briten hinaus; er sucht Feinde da, wo keine sind. Auch dem Hause Desterreich geht oder will er zu Leibe, und thut dieses von S. 114 an in aller Ausführlichkeit. Da behauptet er, die Politik des Hauses Habsburg sei, wie jedem Historiker bekannt, seit Jahrhunderten sehr darauf bedacht gewesen, die Intereffen der Dynastie vor denen des deutschen Reichs zu begünstigen. Nun, diese retrospektiven Vorwürfe sind wir keinesweges gemeint, in Abrede zu stellen oder zu bemänteln. Der Verfaffer behauptet ferner, Desterreich habe in diesen legten Jahren das übrige Deutschland, insonderheit Preußen, nicht eben sehr an den Gedanken gewöhnt, österreichisches und deutsches Intereffe sei in seiner Politik etwas Identisches. In der trüben Erinnerung an Schleswig-Holstein, Kurheffen und einiges Andere wollen wir auch hier nicht widersprechen; nur billigen wir nicht, wenn um dieser Antecedentien willen ein gravamen de futuro erhoben und neuer Samen zu Verdächtigungen ausgestreut wird. Denn wenn Herr Dr. Sander der gegenwärtigen Politik Desterreichs, also seiner Politik in der orientalischen Frage, bundeswidrige oder vielmehr bundesfeindliche Absichten beimißt, so möchten wir ihn doch bitten, eine so schwere Beschuldigung nicht ohne nähere Beweise in das ohnehin genug gelockerte deutsche Bundeslager hineinzuschleudern.

Wir hatten es bisher mit der Sache zu thun. In Betreff der Form müssen wir bemerken, daß die Publizistik unserer Tage uns an eine Logik gewöhnt hat, die in geschlossenen Gliedern, in scharfkantigen Säßen, in detailkundiger, weit umschauender, in keinem Standes- oder Staatsvorurtheil befangener Beweisführung vorschreitet. So verwöhnte Leser dürfte die etwas breite, zerfloffene, mehr zum Plänkeln geeignete, oft in müßigen polemischen Beiworten sich ergehende Argumentation des Herrn Dr. Sander nicht sehr befriedigen. Haben wir der Kirche das Recht, ja, die Verpflichtung zuerkannt, in Sachen der Politik ihre Stimme zu erheben, so wünschen wir auch, daß diese Stimme ein zweischneidiges, nicht aber ein stumpfes Schwert sei. E. K-r.

Mannigfaltiges.

Busch's und Skelton's englische Umgangssprache.") Herr Oscar Busch, der auch bei Brockhaus in Leipzig ein „Manual *) Handbuch der englischen Umgangssprache. Nach einem neuen, vereine fachten Plane bearbeitet von Oscar Busch und Henry Skelton. Leipzig, Brockhaus, 1855.

of German Conversation" zum Gebrauche für Engländer, die sich in der deutschen Umgangssprache üben wollen, herausgegeben, hat mit seinem englischen Kollegen, Herrn Henry Skelton, in dem vorliegenden Buche ein für den Gebrauch der Deutschen, die nach England reifen, oder die sich für die Unterhaltung mit gebildeten Engländern vorbereiten, sehr praktisches Werk geliefert. In zwei Theile zerfallend, deren erster alle Anwendungen der in der Conversation am meisten vorkommenden Zeitwörter in ihrer verschiedenartigen, oft sehr fein nuancirten Bedeutung umfaßt, führt uns der zweite Abschnitt in die Unterhaltung über wissenschaftliche, politische, höhere Gesellschafts- und TouristenStoffe ein. Wir machen in dieser Beziehung auf die Rubriken „Musik und Gesang", "Universität",,,Wissenschaft, Literatur und Kunst", ,,Religion und Kirche", "Rechtspflege", "Handel und Gewerbe", ,,Staat, Heer und Marine“ aufmerksam, die in ihren gegliederten Säßen und in ihren Wörterverzeichnissen eine erschöpfende, sprachliche Belehrung über Alles enthalten, was den Gebildeten, der über diese Gegenstände zu sprechen wünscht, interessiren kann. →

- Eine Venus von Zucker. Die Industrie-Ausstellung in Paris hat einen merkwürdigen Artikel aus Valenciennes erhalten; es ist ein Zuckerhut, den der Meißel eines Künstlers zu der schönsten weiblichen Büste verarbeitet hat. Jeder Zuschauer hält das Gebilde für den reinsten Alabaster und begreift nicht, warum es nicht in der Abtheilung für die schönen Künste aufgestellt ist. Die Venus Anadyomene, die nicht aus Meeresschaum, sondern aus Runkelrüben entstanden ist, macht unter den steifen Zuckerhüten einen tragikomischen Eindruck.

Thomas Price-Carn-huanawe, der wallisische Geschichtsforscher.") Der kürzlich verstorbene Thomas Price war den Freunden der wallifischen Literatur durch den Umfang und die Gründlichkeit seines Wiffens ein wohlbekannter Mann. Im Jahre 1788 ge= boren, legte er sich schon früh auf das Studium seiner Muttersprache und gewann bei verschiedenen Anlässen ausgefeßte Preise für Auffäge in Prosa und Versen. Als Alterthumsforscher begnügte er sich nicht mit den trockenen Hülsen winziger Thatsachen und Angaben, welche Viele als das All und Eins ihrer Untersuchungen ansahen; für ihn umfaßte das Studium der Vorzeit einen weit größeren Kreis; namentlich wollte er sich und Anderen zum möglichst sicheren Bewußtfein bringen, daß und welcherlei Civilisation unter seinen Landsleuten in den fernliegenden Zeiten existirt, und welchen Einfluß fie auf die folgende Generationen bis auf die unserige herab geübt hat. Und das ist nach unserem Dafürhalten, das einzig richtige Ziel, auf das die Alterthumsforschung steuern muß, wenn sie sich von dem Vorwurf der Kleinigkeitskrämerei frer halten will. Herr Price war aber kein blos wallisischer Gelehrter und Alterthümler; er war ein vielseitig gebildeter Mann. Er besaß eine ausgezeichnete klassische Bildung, zeichnete vortrefflich, war ein guter Musiker und Botaniker, und um dieses reiche Wissen und Können zu krönen, war er höchft liebenswürdig im Umgang und stets bereit, den Reichthum seiner Kenntnisse Allen zur Verfügung zu stellen, die sie benußen wollten. Wir begrüßen also mit Freuden die Veröffentlichung seines Nachlafses nicht blos als ein nüßliches Werk, sondern als einen gerechten und seinem Gedächtniffe ge= bührenden Zoll.

Price's Hauptwerk ist „Haves Cymru", oder die Geschichte von Wales, ein Buch von verdientem Ruf; er hat darin sechs Jahre hin, durch von 1836-42 alle Schäße seines vergangenen Lebens, Alles, was er wußte, dachte, fühlte mit sorgfältigem Fleiß niedergelegt. Er schrieb ferner: „Versuche über die geographischen Fortschritte der Herrschaft der Civlisation". Der gegenwärtige Band enthält: „Reise durch Britannien im Sommer 1829". -,,Versuch, die Ueberreste alter Literatur in der wallisischen, irischen und gälischen Sprache vergleichend zusammenzustellen und ihren Werth für die Beleuchtung der alten Geschichte der geistigen Bildung der Briten, Fren und Gälen zu würdigen". gen".Ueber den Einfluß der wallisischen Traditionen auf die europäische Literatur, ein Versuch“. — "Geschichte der Sprache und Literatur von Wales aus den Jahren 1080-1294, ein kritischer Verfuch". -,,Geschichtliche Darstellung der Statuta Wallide, oder der Statuten von Rhuddlan, durch welche Wales dem britischen Reiche einverleibt wurde". Alle diese Schriften sind reich an Interesse, nicht blos für die spezielle Geschichte der wallisischen Literatur, sondern für die Kenntniß der Natur und den Umfang der celtischen Civilisation im Allgemeinen. Der zweite Band, der hoffentlich nicht lange auf sich wird warten lassen, verspricht uns eine Auswahl seiner Korrespondenz und Auszüge aus seinen zerstreut gedruckten Sachen. (L. G.)

*) The Literary Remains of the Rev. Thomas Price-Carn-buanawe: Vicar of Cumda, Breconshire, and Rural Dean. Volume I. Llandowery, Rees. London: Longmans.

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England.

Bekktellungen werden von jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei
Seit u. Comp., Jägerstr. Nr. 25, und beim Spediteur Neumann,
Riederwallstr. Nr.21), so wie von allen fönigl. Poft-Aemtern, angenommen.

Auslandes.

Berlin, Donnerstag den 5. Juli

Bailey's Erdwiegung und deren Ergebniß. Unter den mannigfachen Versuchen, die Gewichtsmaffe und Dich. tigkeit der Erde wissenschaftlich zu ermitteln, sind die von Bailey, früherem Präsidenten der astronomischen Gesellschaft zu London, für erstere und des Profeffor Airy für lettere die neuesten und vollkommensten. Leßteres Experiment kennen die Leser schon. Ersteres, als das abgeschloffenfte und eines der großartigsten, das je in der Naturwissenschaft durchgeführt ward, verdient eine nicht minder genaue Aufmerksamkeit. Eine Jahre lang Tag für Tag fortgefeßte, an sich troft. und lichtlose, minutiöse, ungemein empfindliche, von einem Hauch, von dem leisesten Wärmestrahl gestörte Beobachtung und Arbeit durch alle Gefahren und Irrungen siegreich hindurch zu führen, das ist ein he roismus der Wissenschaft, der die Helden der Politik und der Schlachten mit ihren Mitteln und Zwecken kühn herausfordern kann.

Da die Erde nicht wie eine Seifenkugel auf der Krämerwage gewogen werden kann und auch der Hebelpunkt, von dem aus Archimedes sie aus ihrer Bahn schleudern wollte, noch nicht erreicht ist, wird es zunächst interessant sein, sich die Mittel, womit man diese ungeheure Last wirklich wog, näher anzusehen.

Man wiegt entweder absolut oder komparativ. Ersteren Prozeß kennt Jedermann aus dem Kaufmannsladen. Der komparative Wie gungsprozeß nimmt mannigfache Formen an und besteht wesentlich in Ermittelung des Verhältnisses, das Körper von verschiedener Schwere auf einen elastischen Körper, etwa auf eine Feder, einen Faden, einen Draht ausüben. Den Unterschied der Dehnung oder Biegung des elastischen Körpers, hervorgebracht durch die daran befestigten Körper, giebt das Gewichts- oder Schwereverhältniß der beiden legteren.

1855.

Die Baileyschen Experimente haben nun das vor allen anderen früheren Erdwiegungs-Versuchen voraus, daß mit allen von der Wis senschaft und Kunst verfügbar und erdenkbar gewordenen Mitteln die Wage selbst die empfindlichste und geschüßtefte war und alle störenden Einflüsse entweder genau mit berechnet oder überhaupt abgehalten wurden. Um einen Lichtstrahl, den Athemzug eines auf den Zehen Herannahenden, den Hauch der noch fernen warmen Hand, den leisesten Temperaturwechsel draußen u. f. w. entweder unschädlich zu machen, oder genau zu messen, wie viel solch eine Störung betrage, und fie demgemäß in das ungeheuere Conto mit einzutragen, hatte Bailey Mittel erfonnen und angebracht, die den tiefsten, feinsten Scharfsinn, eine große Genialität und eine Hingebung, eine Ausdauer, einen taufendfach bewaffneten Blick, einen wissenschaftlichen Heroismus verrathen, wie dies nur der Mann von Fach verstehen und würdigen kann.

Die graphische und ausführliche Schilderung, welche Bailey von seiner Arbeit in den ,,Transactions of the Astronomical-Society" giebt, seßt uns in den Stand, der geheimnisvollen, dunkeln Zauberkammer, in der er Jahre lang wog, einen Besuch abzustatten und uns eine Vorstellung von seinen wissenschaftlichen Mysterien zu verschaffen. Sein Haus lag nicht weit von dem hinteren Eingange zum Britischen Museum, zurückgezogen von dem Geräusch der Straße, von einem stillen Garten umgeben, einstöckig, altmodisch und solide. Das Erdwiege-Laboratorium war ein 17 F. langer, 14 F. breiter und 9 F. hoher Raum mit einem Eingange und einem nordwärts gerichteten, doppelt geschlossenen Fenster (um plögliche Temperaturänderungen abzuhalten; für die chemischen und allmäligen war anderweitig gesorgt). Ueber die inneren Scheiben war dickes Papier geklebt, um Licht- und Wärmestrahlen zu brechen. Anderes Licht fand eben so wenig Zutritt, als etwa Fremde. Der Mann arbeitete hier vier Jahre lang im Dunkeln Gewicht oder Schwere ist, wie Newton zuerst aussprach und es allein, Tag für Tag, und ließ nur für Geschäfts- und Wissenschaftsseitdem als allgemeines Naturgeseß gilt, nichts als Anziehungskraft der zwecke zuweilen Jemand herein. Am Fenster ist nur ein schmales Körper gegen einander. Jedes Atom eines Körpers zieht jedes Atom Streifchen unbedeckt gelassen, welches die Divisions-Skala beleuchtet, des anderen Körpers an, und zwar desto stärker, je näher sich die Kör- auf der sich mittheilt, was an den Instrumenten vorgeht. In einem per kommen. Die Anziehungskraft wächst im umgekehrten Verhältniß Winkel schlägt eine kostbare Uhr von Molyneux sehr laut Sekunden. zu dem Quadrat der Entfernung. Außerdem versteht es sich, daß, je Ein anderer Winkel wird durch eine dicke Barre, auf der Teleskope mehr Atome sich in einem Körper zusammendrängen, er desto mehr befestigt sind, ausgefüllt. Hinter ihnen steht der Beobachter, innerhalb Anziehungskraft ausübt oder schwerer ist. Zu gleicher Zeit ist es durch des Bereiche von Schnüren-Endchen, mit denen er Instrumente ziehen sich selbst klar, daß zwei Körper, in der Nachbarschaft eines Dritten, und richten kann, ohne seinen Standpunkt zu verlassen. Hinter ihm diesen Dritten je nach ihrem Schwer- und Dichtigkeitsverhältniß an- hängen kostbare Meisterwerke von Baro-, Thermo- und Hygrometern. ziehen. Man sieht daraus leicht, wie mannigfach man diese Natur- - Die Wage selbst befindet sich in der Mitte des Zimmers. Von geseze anwenden kann, um die Schwere verschiedener Körper zu er außen sieht sie wie eine große achteckige Kiste aus, 8 Fuß lang und mitteln. Man denke sich eine große Kugel in der Luft aufgehangen, 4 Fuß hoch. Freilich hat sie auf den ersten Anblick etwas Mysteriöses, darunter einen ganz kleinen Körper, und unter beiden die Erdkugel. Geisterhaftes. Sie ist mannigfach durchlöchert und jede Oeffnung Offenbar wird nun die kleine Kugel zwischen beiden von beiden an- luftdicht mit Spiegelglasscheibchen geschlossen. Drum herum hängen gezogen, herabwärts von der Erde, aufwärts von der darüber hängen in verschiedenen gligernden Gestalten Goldpapiere mit Thermo-, Hygroden Kugel. Läßt sich nun die allerdings kaum faßliche und sichtbare und Barometern. Aus der Mitte des Kastens erhebt sich eine Säule Anziehungskraft der oberen Kugel im Vergleich zu der vieltausendmil wie ein Schornstein bis in die Decke hinauf, ringsum mit Goldpapier lionenmal größeren der Erde messen und ermitteln, so ist das schon beklebt, Alles, um Licht- und Wärmeftrahlungen abzuhalten oder genau der Keim zur Erdwage. In der That ist sie an sich kaum so künftlich, zu meffen und zu buchen. Das ist der äußerliche Mantel der Wage. als eine Wage, auf der uns ein Pfund Kaffee zugewogen wird. Eine Innerhalb bemerken wir zunächst von der Basis aus eine solide, dicke dünne, hölzerne Ruthe an einem zarten Faden wagerecht wie einen Holzfäule, die auf eisernen Ringen und Spindeln drehbar ist, ohne Wagebalken aufgehangen, und die Wage ist fertig. Ist die Ruthe im Geringsten von mathematisch genau vorgeschriebenen Linien abzuziemlich lang und an dem möglichst feinen Seidenfaden aufgehangen, weichen. Auf der Säule liegt ein 8 Fuß langes, dickes Brett, mit wird sie so empfindlich, daß sie durch die herannahende Wärme der verschiedenen Mitteln versehen, die jede geringste Abweichung von seiHand beunruhigt wird, daß sie den leisesten Zug einer Schwerkraft in ner Lage verhüten, wenn es große Lasten zu tragen bekömmt. Die ihrer Nähe empfindet und zeigt, so vieltausendbillionenfach größer auch Lasten, ungeheure Kugeln, für deren mathematische Genauigkeit die die Anziehungskraft der Erde ist, welche sie zwingt, ruhig da zu hän- besten technischen Kräfte und die minutiösesten Prüfungen garantiren gen, so lange jeder andere Einfluß von ihr fern gehalten wird. Das müssen, werden in Höhlungen, die auf beiden Endpunkten des Brettes Schwierige und Delikate besteht nun darin, alle Einflüffe, die nicht angebracht sind, gelegt und für Experimente den Endpunkten der Wage von der Attraction der Erde herrühren, fern zu halten oder die nicht so genähert, daß ihre Entfernung bis auf die kleinsten Theile einer zu vermeidenden mathematisch genau zu ermitteln und mit in Rech- Linie gemessen und durch Teleskope abgelesen werden kann. Die Benung zu seßen, die Körper aber, welche ihr Attractionsverhältniß zu wegung dieses ganzen Apparates hat der Beobachter von seinem Winkel dem der Erde zeigen sollen, bis auf den tausendsten Theil eines Haares aus durch Schnüre und Drähte vollkommen in seiner Gewalt. Die genau zu kennen, um die verhältnißmäßig unendlich kleine Kraft der Kugeln, welche als Attractionskörper im Vergleich zur Erd-Attraction Anziehung bestimmen zu können und so Faktoren zu bekommen, aus verwendet werden, sind von Blei und wiegen jede 380 Pfund. Sie denen mathematisch und arithmetisch genau die quadrillionenmal größere sind von dem berühmten Bramah verfertigt worden und gelten als Erdanziehung herausgezogen werden könne. die mathematisch genauesten Kugelformen, die existiren. Die mikro

stopischen Untersuchungen, denen man ihre Oberflächen unterwarf, bilden allein eine der delikatesten naturwissenschaftlichen Arbeiten. Der Akt ihrer Wiegung in der Bullion-Office" der Bank von England, auf einer Wage, welche den Kupfergehalt in einem Goldstücke bis auf ein Atom angiebt, war ebenfalls eine feierliche Arbeit der berühm testen Autoritäten.

Die bisherigen Bestandtheile des Wiege-Apparats gingen vom Boden unten aus. Die übrigen kamen von Oben aus zum Theil beträchtlichen Entfernungen. An der Decke ist ein Balken mit allen möglichen Mitteln, die geringste Vibration zu verhüten, angebracht. Von diesem Balken durch die Decke führt die schornsteinartige Nöhre mitten in den Wiege-Apparat hinein. Sie dient blos dazu, den zarten Faden, dessen Drehungen das Maß der Attraction der dem Wagebalken nahe gebrachten Kugeln angeben sollten, zu schüßen. Diese Fäden waren für verschiedene Experimente von Kupfer, Eisen oder Seide, doppelt, einfach und von verschiedenen Graden der Feinheit. Oben hingen die Fäden in einer Schraube, die vom Beobachtungsplage aus bewegt werden konnte. Unten kreuzen sie den Wagebalken, die Theil (deal-rod) oder Drehruthe (torsion-rod), ein ungemein feines, genau balancirtes Stäbchen Holz, fünf Unzen schwer. Die beiden Enden der Drehruthe trugen an den feinsten Fäden kleine Kugeln für verschiedene Experimente von Elfenbein, Glas, Zink, dem leichtesten, und Platina, dem schwersten Metall, aber alle so empfindlich, daß sie den leiseßten Athemzug in ihrer Nähe angeben. Sie hingen mit ihren Centren horizontal-parallel den großen bleiernen Kugeln, aber an entgegengesezten Seiten, so daß das starke Brett, welches lettere trug, und die Drehruthe in der Position eines X waren, worin der starke Strich die Torsions- oder Drehruthe, der dünne das Kugeln tragende Brett repräsentirt. Die Torsionsruthe war noch besonders durch einen Holz- und Glaskaften geschüßt, jedoch so, daß der Beobachter sie von seinem Plaze aus durch Teleskope in ihrer ganzen Ausdehnung und in ihren leisesten Vibrationen sehen und diese Be wegungen messen und buchen konnte.

Von den wissenschaftlichen Waffen, Truppen und Polizeibehörden, womit die Apparate und der Beobachter umgeben waren, um Irrthümer und gesegwidrige Handlungen eines der Apparate, oder Fremde, die ohne Paß eindrangen und sonstige Feinde abzufaffen, abzuhalten, zu arretiren, zu Protokoll zu nehmen und den angerichteten Schaden in Abzug zu bringen, von Spiegeln, die als geheime Polizei in das Teleskop des Beobachters hineindenunzirten, von Linien, welche die großen Bleifugeln „küßten“, so lange fie in ihrer vorgeschriebenen Stellung blieben, von Mikroskopen, die ihre Abweichung vom Pfade des Gefeßes bis auf ein Tausendstel Linie der Behörde anzeigten, von Drähten, obdachlose Elektrizität auszuweisen, Thermo-, Baro-, Hyground anderen Metern, welche fortwährend allseitig Geseß und Ordnung hielten, das leiseste Unrecht korrigirten oder wenigstens als solches zu Protokoll gaben, damit ein künftiger Wiegemeister mit schärferen Beschwörungsformeln sie vermeiden könne, um vielleicht bis aufs Viertelpfund herauszurechnen, wie schwer die Erde sei, von diesen Behörden wollen wir hier nicht weiter sprechen, genug, daß wir wiffen, sie haben ihre Schuldigkeit gethan, um der großen, erhabenen Zahl zu ihrem ersten Dasein zu verhelfen. (Schluß folgt.)

Frankreich.

Briefe über die Universal-Ausstellung von Paris.
(Schluß.)

Wir begnügen uns für heute mit dieser sehr flüchtigen Rundschau, da wir auf Einzelnes zurückzukommen Gelegenheit haben werden, und begeben uns auf die oberen Galerieen. Wenn wir dort mit der füdwestlichen Ecke beginnen, so finden wir zunächst die Ausstellungen der Hansestädte, darunter Hamburg mit vielen Korbwaaren und MusikInstrumenten. Darauf folgen mehrere kleine Zollvereinsstaaten, ferner Bayern und Sachsen, die nicht eben glänzend vertreten zu sein scheinen; dann Preußen mit seinen Seiden-, Baumwollen- und Wollenwaaren. Darauf erblicken wir Desterreich, welches hier seine Teppiche und Seidenstoffe ausgebreitet hat. Demnächst folgt Belgien, wo wir ebenfalls schöne Teppiche, namentlich aber die große Uhr von Collins bemerken, welche die Normal-Uhr des Industrie-Palastes ist. Die volle Hälfte der oberen füdlichen Galerie gehört England, das hier den ganzen Reichthum seines Kunstfleißes ausgebreitet hat. Kaum wissen wir, was zuerst nennen, ob seine Sammet-Teppiche oder seine Tüllwaaren und Spigen, oder seine optischen und mathematischen Instrumente, oder seine Gold- und Silberwaaren. Leztere find in solcher erstaunlichen Fülle, in so unbeschreiblich gediegenen Prachtstücken vorhanden, daß man damit die Tafeln aller Potentaten Europa's schmücken könnte. Wenn wir, von allem diesem Glanze geblendet, uns abwenden und weiter schreiten, so gelangen wir in eine ganz neue fremdartige Welt. Wir befinden uns plöglich inmitten von

seidenen Zelten, Pavillons, Kiosks, deren rosaseidene Vorhänge das Licht dämpfen und uns die Welt des Orients vorführen mit ihren gold- und silberdurchwirkten Shawls, Teppichen, Turbanen, ihren Möbeln aus Sandel- und Ebenholz, ihren zahllosen Gegenständen aus Gold, Silber, Elfenbein, ihren leichten Binsenmatten, ihren Waffen, Wohlgerüchen, Schmucksachen, kurz, das Reich der Hindu.

An der Ostseite der oberen Galerie, Oftindien zunächst, erhebt sich ein Pavillon im maurischen Style für die türkischen Produkte, die aber bis jezt noch fehlen. Demnächst folgt Toskana mit schönen MarmorArbeiten, Möbeln und Strohflechtwaaren, dann Sardinien und der Kirchenstaat, mit Seidenwaaren, Mosaik- und Marmor-Arbeiten. So gelangen wir zu der nördlichen Galerie, die, gleich der unteren, ausschließlich von Frankreich eingenommen ist, und zwar von den Fabrikaten aus Lyon, Mühlhausen, Rouen und anderen Manufakturstädten. Die Westseite der oberen Galerie gehört den nordischen Staaten Schweden, Norwegen, Dänemark und Holland. Die Kopenhagener Industrie ist durch mehrere sehr hübsche Kunstmöbel vertreten, Holland durch Schiffsmodelle und sonstige Marinegegenstände. Vergessen wir endlich nicht die sechs Treppenhäuser, die in dem ganzen Gebäude allein einen monumentalen Charakter haben. Man hat in den Treppenhäusern vor den Fenstern die Glasmalereien, ferner auf den Treppenwangen verschiedene Gruppen in Bronze und Zink aufgestellt, in dem südwestlichsten Treppenhause befinden sich unter anderen auch die reichhaltigen Erzeugnisse der Berliner Wachstapetenfabriken.

Durch die große Mittelthür an der Sübseite des Gebäudes treten wir in den Verbindungsflügel, welcher die Rotunde des ehemaligen Panorama in sich schließt; der Bau ist in der Art aufgeführt, daß die Rotunde in der Mitte einer achtzig Fuß breiten Galerie liegt, welche im Innern ganz im Style des Industrie-Palastes aus einem Mittelschiff und zwei Seitenschiffen besteht. Um die Rotunde herum führt eine konzentrische Galerie. Hier sind die Pariser Möbel, die MusikInftrumente und die Fußteppiche aufgestellt. In der Rotunde selbst kommen die Erzeugnisse der Gobelin-Manufaktur, der Teppichfabriken von la Savonnerie und Beauvais, der Porzellan-Manufaktur zu Sèvres, endlich in der Mitte die Krondiamanten zu stehen. Außerhalb der Rotunde befindet sich ein halboffener Rundgang, in welchem die großen Buffets eingerichtet werden. Alle diese Baulichkeiten werden aber erst in den nächsten Tagen vollendet sein.

Der Verbindungsflügel des Panorama konnte nicht zu ebener Erde bis zur großen Maschinen-Galerie herangeführt werden, weil man sonst die vom Plag de la Concorde nach Chaillot und Passy führende Straße Cours la Reine dem Verkehr hätte entziehen müffen. Man hat sich deshalb entschließen müssen, jenen Flügel bis zur genannten Straße zu führen und von da ab die Verbindung mit dem Langbau an der Seine durch eine Brücke zu bewerkstelligen, unter welcher die Straße durchführt. Die Brücke ist mit Glas gedeckt und in zwei Abtheilungen getheilt, eine für die aus dem Industrie-Palaste und eine für die aus dem Langbau Kommenden. Wir geleiten auf dieser Brücke den Leser in die Maschinen-Galerie, die bis jest dem größeren Publikum noch unzugänglich ist. Beim ersten Anblick dieser Galerie wird man sehr überrascht von der fast unabsehbaren Perspektive, die sich uns eröffnet, denn nicht weniger als 3600 Fuß mißt dieses sogenannte Ergänzungsgebäude. Hat man sich aber gesammelt, dann treten die Fehler hervor, welche dem Baue mit Recht vorgeworfen werden. Er ist wie das Hauptgebäude viel zu niedrig. Es ist unglaublich, daß man, mit den vorhandenen Geldmitteln und nach den in London gemachten Erfahrungen, nicht einen wirklichen Krystall-Palast hat errichten kön= nen. Man führt als Entschuldigung an, daß man ein dauerndes Gebäude habe aufführen und somit zu den Quadersteinen seine Zuflucht habe nehmen müssen. Diese Entschuldigung ist schon darum nicht ganz ftichhaltig, weil der Palast zu Sydenham bekanntlich ebenfalls aus Glas und Eisen errichtet ist. Die Maschinen-Galerie soll übrigens doch nur für die Dauer der Ausstellung erbaut sein und später eingeriffen werden.. Warum hat man dieser denn nicht wenigstens jenen leichten graziöfen Charakter gegeben, den alle Welt an dem KrystallPalast von Hyde-Park und Sydenham bewundert? Es sieht gerade aus, als hätten die französischen Architekten etwas darin gesucht, jenen bewährten Styl nicht zur Anwendung zu bringen und in der breit ge= tretenen Bahn des Veralteten zu bleiben.

Doch diese Betrachtungen find insofern müßig, als das Gebäude fertig da steht und wir es so anzunehmen haben, wie es einmal ist. In Bezug auf die darin zur Aufstellung kommenden Industrie-Erzeugniffe zerfällt die Galerie in drei ziemlich gleich große Theile. In dem östlichen, dem Plaß de la Concorde zunächst gelegenen Theile find, wie im Hauptgebäude, obere Galerien errichtet, so daß der untere Raum in ein Mittelschiff und zwei Seiten-Galerieen zerfällt. Hier befinden sich die stillstehenden Maschinen und Apparate, Rohprodukte aller Art, Bergwerks-Erzeugnisse, auf den oberen Galerieen die Erzeugnisse aus den überfeeischen englischen Kolonieen, aus Australien, Kanada, ferner die algierischen Produkte. Noch ist hier wenig oder nichts in dem Chaos

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