das kein günstiges Verhältniß, denn die höchsten Leistungen des wissenschaftlichen Genius entstehen nur in einsamer Vertiefung und befruchtender Ruhe. Wir aber finden uns hinausgestellt mitten in das Getümmel einer streiterfüllten Öffentlichkeit, auf allen Punkten wird unser Dasein durch den bald treibenden bald niedrigen Wellenschlag des nazionalen Lebens getroffen. Glücklicherweise birgt diese Lage selbst auch wieder reiche Entschädigung in ihrem Schooße. Die stete und thätige Theilnahme an den nazionalen Angelegenheiten, zu der wir heute schon durch die Pflicht der Selbsterhaltung gezwungen sind, nöthigt uns, die gelehrte Arbeit überall im Sinne des Gemeinwohls zu erfassen, und während sie uns vielfache Zersplitterung der Zeit, der Kraft, des Interesses auferlegt, reißt sie uns aus dem Dunkel selbstischer Solirung heraus, und stärkt die sittliche Grundlage unseres Thuns durch den engen Anschluß an alle vaterländischen Fragen und Sorgen." Die unermüdliche Thätigkeit auf allen Gebieten unseres öffentlichen, politischen wie sozialen und gelehrten Lebens, die in Überhaftung ausartet und in einer ganz eigenthümlichen Art und Form schon in der Art der Erziehung und der Methode des Unterrichts für das heranwachsende Geschlecht zur Erscheinung gelangt, wird hier mit richtigem Gefühl mit auf eine Quelle zurückgeführt, die doch neben diesem Mangel Vorzüge allerwesentlichster Art zu eigen hat. J. Heinrich Waser, ein Drama von Ludwig_Spach.*) Der um die Geschichtsforschung und die Literaturgeschichte des Elsaßes hochverdiente Archivdirektor Ludwig Spach in Straßburg besigt im 75. Lebensjahre noch so viel rüstige Schaffenskraft, daß er neben der fleißigen Besorgung seiner Berufsgeschäfte noch Jahr für Jahr einen oder mehrere Bände an die Öffent. lichkeit bringen und die Straßburger Zeitung mit werthvollen Feuilletons bereichern kann. Ludwig Spach ist aber auch Dichter, französische Romane hat er unter dem Julikönigthum verfaßt, als deutscher Lyriker ist er schon 1839 (unter dem Pseudonym Ludwig Lavater") hervorgetreten, als deutscher Dramatiker 1866, wo er sein historisches Singspiel „Kaiser Sigismund in Straßburg" herausgab, das in diesen Blättern mit verdientem Lobe von uns angezeigt ward; 1875 endlich überrascht uns der jugendfrische Greis durch ein aus seinem eigenen Berufskreise entlehntes Drama Heinrich Waser", welches das tragische Opfer eines 1780 in Zürich begangenen Justizmordes verherrlicht. Diesem Stück wird es Niemand anmerken, daß der Verfasser in seinem Leben sehr viel mehr französisch als deutsch hat schreiben müssen, ja, daß er den französischen Ausdruck mit Meisterschaft beherrscht. Ton und Sprache sind durch und durch deutsch in dem Grade, als hätte der Autor nie eine Zeile französisch geschrieben und mitten in Deutschland das Licht der Welt erblickt. Vielleicht haben wir eine Jugendarbeit Spachs vor uns, aber der archivalische Schauplatz der Unglücksthat des Helden und die gereifte Menschenkenntniß, die sich in den Charakteren ausspricht, scheint das Gegentheil zu bezeugen. Wenn der warme und lebendig dahinfließende Dialog uns diese Vermuthung eingegeben hat, so soll ste für die dichterische Leistung nur ehrenvoll sein. Ist es doch die Jugend, der die Muse sonst am freundlichsten lächelt. Das Stück hat auch einen starken alsatischen Anklang, es spielt in Straßburg sowohl als in Zürich. Heinrich Waser, ein durch Ränke der aristokratischen Regierungspartei Zürichs *) Heinrich Waser. Ein Drama in fünf Aufzügen von Ludwig Spach. Straßburg, Karl J. Trübner, 1875. 130 Seiten kl. 8. von seinem Amte entfernter Pfarrer, kommt eine Stelle im Elsaß fuchend im Dezember 1779 nach Straßburg, während der berühmte Göttinger Professor Geheimerath Schlö zer mit seiner gelehrten, geistvollen und zauberisch anmuthigen Tochter Dora daselbst sich aufhält, um den Triumph ihrer Ernennung zum Ehrendoktor zu feiern. Schlözer benut Wasers Noth und gewinnt ihn zum Mitarbeiter an seinen Korrespondenznachrichten". Waser, der sich alsbald in Dora verliebt, verspricht der schönen Zauberin, die Theilnahme für ihn an den Tag legt, statistische Notizen aus dem Züricher Archiv zu liefern, und nach Zürich zurückgekehrt, macht er dieses Versprechen nur allzu wahr, indem er, von dem Kanzler und Stadtarchivar Landolt auf Johannes von Müllers Empfehlung unterstüßt, wichtige Aktenstücke über die Züricher Verwaltungszustände für Schlözers Nachrichten erzerpirt. Dadurch geräth er in die Fallstricke seines Todfeindes und Verfolgers, des Bürgermeisters Heidegger, der nicht eher ruht, als bis er den Unglücklichen wegen Verraths von Staatsgeheimnissen aufs Schaffot gebracht hat. Vergebens ist Dora nach Zürich gereift, ste kann den Angeklagten, dem ihr Herz sich ergeben und den sie aus Reue um so leidenschaftlicher liebt, nicht vom Tode erretten; ein Fluchtversuch, den ste geleitet, scheitert an der Wachsamkeit von Heideggers Helfershelfern und überliefert den Märtyrer des freien Wortes, der ihres Vaters Indiskrezion zu büßen hat, schneller noch dem Richtschwerte des in seinem schlechten Gewissen wie in seiner von ihr gekränkten Eigenliebe empfindlich getroffenen. Stadtoberhaupts. Dora stirbt an dem Schmerz von Wasers Fall, aber ste hat keinen Unwürdigen geliebt, denn Waser hat sein Leben nicht durch schmachvollen Widerruf erkaufen wollen. Der anfangs nur leidende Held hat auch als handelnder Held fich bewährt.. Von den Nebenpersonen spielen Lavater, der Prediger und Rathsherr, Zürichs größte literarische Berühmtheit, und Doras Onkel, der Straßburger Juwelier Röderer, die bedeutendste Rolle. Hier zeigt sich ein verknüpfender Faden mit den persön lichen Verhältnissen des Autors, indem Spachs Mutter der Familie Röderer angehört hat. Ihm war sein Stück also doppelt ans Herz gewachsen und wie sympathisch ihm von jeher Lavaters ehrwürdige Gestalt zugesagt, hat Spach eben durch das vor erwähnte Pseudonym seiner Jugendgedichte dargethan. Lavater ist der Träger der lyrischen Episoden des Dramas, in welches der Autor überdies einige Gesangpartien, den ergreifenden Eindruck verstärkend, eingeflochten hat. Möchte sein Werk auf der Bühne seiner Vaterstadt die Feuerprobe der Aufführung ebenso rühmlich bestehen, wie es vor einer wohlwollenden Kritik bestehen darf! T. v. B. Holland. Zur Reform des höheren Unterrichtswesens in Holland.*) Der uns vorliegende Versuch eines Gefeßentwurfs zur Regelung des höheren Unterrichtswesens" ist hervorgegangen aus einer Reihe von Fachkonferenzen, die im Winter 1869 und 1870 von einer Anzahl kompetenter Sachverständigen abgehalten wurden, als das Ministerium Fock durch seine organisatorische Thätigkeit Aussicht auf eine Reform des höheren Unterrichtswesens gewährte. * Proeve van den Wetsontwerp tot regeling van het Hooger Onderwijs, uitgegeven door Dr. H. Sanders ezn. Amsterdam, G. L. Funke, 1874. Aber eben als die Berathungen zu einem Endresultat gediehen Der Schüler, der mit dem zwölften Jahre frühestens zum Gymwaren, trat das genannte Ministerium ab und verlor sich damit | nastalunterricht zugelassen wird, muß in allen Elementarfächern die Aussicht auf eine praktische Verwerthung des gesammelten | hinlänglich vorgebildet und wo möglich mit den Anfangsgründen Materials, bis neuerdings durch den Entwurf Geertsema die damaligen Bestrebungen wieder angeregt wurden. In Holland ist das Bedürfniß eines allgemeinen Unterrichtsgeseßes nicht weniger groß als bei uns; kein Wunder deshalb, wenn die vornehmlich dabei interessirten Fachleute, sowie sich eine Gelegenheit zeigt, ihre Stimmen erheben, um auf den Gang der Verbesserung in ihrem Sinne einzuwirken. Diesem Impulse verdankt auch die nachträgliche Veröffentlichung der damaligen Konferenzresultate mit motivirenden „Beleuchtungen“ ihr Dasein, und auch für uns sind natürlich die Ansichten der Fachmänner in dem uns nahe verwandten Nachbarstaate von Interesse. Der Begriff des „höheren Unterrichts" wird in dem Entwurf gleich von vornherein sehr scharf gefaßt. Niederer und mittlerer Unterricht, heißt es, hat den Zweck, die vorhandenen Kenntnisse zu verbreiten: höherer, den Bestand derselben zu vergrößern und zu vermehren. Damit wird der sogenannte „höhere Unterricht"| als wissenschaftlicher im engeren und engsten Sinne gefaßt. Praktisch mag der höhere Unterricht, das wissenschaftliche Studium auch darauf hinwirken, tüchtige Leute auszubilden zur Ausübung eines gelehrten Berufes; aber der ideale Hauptzweck, neben welchem jenes nur als Nebensache erscheint, ist und bleibt das Studium der Wissenschaft um ihrer selbst willen und die Ausübung derselben zur Vermehrung und Vertiefung der vorhandenen Kenntnisse, d. h. die wissenschaftliche Forschung. Wir vermögen nicht zu leugnen, daß diese ideale Auffassung der Wissenschaft als solcher, wie ste gegenüber dem heutzutage in so vielen Beziehungen dominirenden praktischen Utilitätsprinzip an die Spiße des Entwurfs gestellt ist, uns von unserem Standpunkte aus ein großes Vertrauen zu demselben einflößt. Es soll damit das Verdienst nicht unterschäßt werden, welches die Sorge für Verbreitung nüßlicher Kenntnisse unter die Menge hat; aber die Wissenschaft verfolgt ihre idealen Zwecke, unabhängig von den Bedürfnissen des Tages, und der Staat als Vertreter der Allgemeinheit hat ein Interesse, ste darin❘ zu unterstützen. Den Chinesen des Mittelalters, — den heutigen auch nicht mehr, war es eigen, sich auf die Summe der vorhandenen Kenntnisse in einem gewissen Momente einzuschränken: ein Kulturstaat des 19. Jahrhunderts aber würde sich seiner Aufgabe nicht gewachsen zeigen, wollte er nicht dem Bedürfniß des Menschengeistes, in alle Dinge einzudringen und das gesammte Sein seiner Forschung zu unterwerfen, sich gefügig und hülfreich zeigen. Aus jenem ersten und obersten Grundsage ergeben sich nur mancherlei Folgerungen. Jeder Universitätsdozent, heißt es weiter, soll nur ein Fach lehren, in welchem er vollkommen zu Hause ist; in seltenen Fällen sei die Übertragung mehrerer Fächer auf einen Dozenten gestattet, viel eher umgekehrt, die Vertheilung desselben Wissensgebietes auf mehrere Lehrkräfte. Zur Ausübung der Wissenschaft sollen unbeschadet aller sonstigen Freiheit des Unterrichts als ordentliche oder außerordentliche Lehrer von Staats wegen nur solche zugelassen werden, welche ihre Fähigkeit zu selbstständiger wissenschaftlicher Forschung schon durch Leistungen dokumentirt haben, und auf solche soll auch der Doktortitel eingeschränkt werden, damit dem Humbug mit demselben ein Ende gemacht und die historisch ehrwürdige Benennung gerettet werde. - Der höhere Unterricht zerfällt wieder in eigentlichen und vorbereitenden höheren Unterricht. Der vorbereitende höhere oder kurz der Gymnasialunterricht hat zum Zweck die Vorbereitung derjenigen, welche sich auf eines der Fächer des höheren Unterrichts legen, d. h. ein Fakultätsstudium ergreifen wollen. irgend einer modernen Sprache bekannt sein. Hierzu wird in dem Entwurf die französische empfohlen, und es ist in der That nicht zu leugnen, daß eine grammatikalische Vorkenntniß dieser Sprache mit ihrem ausgeprägten Formen- und Regelsystem nicht nur zur Auffassung sprachlicher und grammatischer Verhältnisse überhaupt, sondern auch speziell zur Erlernung der ungleich schwierigeren lateinischen von großem Nußen sein kann. Bei uns ist keine solche sprachliche Vorkenntniß erforderlich, und wir bieten den neuen Unterrichtsgegenstand, der eine ganz neue Gedankenrichtung erfordert, das Lateinische, den Schülern in einem viel jugendlicheren Alter, wobei wir freilich die Erfahrung machen, daß manches Ingenium an den Anfangsgründen desselben scheitert oder viel zu lange haften bleibt. Das Ziel des Gymnasiums ist Erweckung und Entwickelung des geistigen Vermögens zu selbständigem Denken und selbständiger geistiger Arbeit. Hierzu dient Unterweisung sowohl in den eraften wie in den philologischen Wissenschaften, unter denen die klassische Literatur an Würde und Werth voransteht. Doch darf kein | Unterrichtsgegenstand in der Weise Hauptsache werden, daß darüber das Gesammtziel vergessen wird; keiner wird um seiner selbst willen, keiner als gelehrtes Fach betrieben, sondern alle werden nur insoweit ausgenußt, als sie formalen Bildungsstoff enthalten, und nach dem Maße dieses ihres Inhalts richtet sich auch der Rang, den sie im Gymnastallehrplan einnehmen. Dieser umfaßt in der Ordnung des Entwurfs folgende Lehrfächer, von denen a, g, 1 nur für die künftigen Studirenden der Philologie, Philo sophie oder Rechtswissenschaft, und o, p, q vollständig nur für diejenigen der Naturwissenschaften obligatorisch sind, während h und i sich auf die oberste Klasse beschränken; also: a) Griechische Sprache und Literatur; b) Römische Sprache und Literatur; c) Niederländische Sprache und Literatur; d) Französische, e) Hochdeutsche und f) Englische Sprache und Literatur; g) Griechische und römische Alterthümer; b) Anfangsgründe der Geschichte der Philosophie; i) Anfangsgründe der Logik; k) Geschichte; 1) Anfangsgründe der Staatshaushaltskunde; m) Geographie; n) Mathematik; o) Anfangsgründe der Naturkunde (Physik), p) der Chemie, q) der | Mineralogie, Geologie, Botanik und Zoologie; r) Turnen und Waffenübungen. Das ist freilich ein sehr langer Lekzionsplan, aber wenn man in Betracht zieht, daß g mit a und b sowie p mit o in der Praxis unserer Gymnasten zusammenfallen und daß h und i eigentlich nur ein Fach bilden, nämlich philosophische Propädeutik, so zeigt sich, daß der Entwurf nur die beiden Sprachen e und f und 1, Volkswirthschaftslehre, im Verhältniß mehr hat. Diese aber wird gewissermaßen von selbst mit dem geschichtlichen und geographischen Unterricht zusammenfallen, und das Hinzukommen zweier moderner Sprachen erklärt sich aus lokalen Verhältnissen. Noch machen wir auf einen das Gymnastalwesen betreffenden Artikel aufmerksam, der uns rücksichtlich des Examinazionsmodus gerade das Richtige zu treffen scheint. Die Maturitätsprüfungen, heißt es, sollen von Lehrern des Gymnasiums, als den Geeignetsten dazu, abgenommen werden, doch soll jedesmal eine von Staats wegen ernannte Kommission von vier Universitätslehrern, Vertretern der vier Fakultäten, dabei anwesend sein, um das Interesse des eigentlichen höheren Unterrichts wahrzunehmen. Es ist ersichtlich, daß eine Reorganisazion des Gymnasialwesens im Sinne des Entwurfs auch bei uns sowohl für die Universitätsstudien als für die Gymnasien selber von unleugbarem Vortheil sein würde; denn eine Auffassung des Gymnasiums als L -- Den ersten Punkt betreffend, so wird als Grundsatz hingestellt, der nur in seltenen Ausnahmefällen verlassen werden dürfe, daß die ordentlichen und außerordentlichen Universitätslehrer aus den Privatdozenten gewählt werden müßten, weil diese bereits den Beweis geliefert hätten, nicht nur daß sie ihr Fach selbstständig wissenschaftlich zu bearbeiten verstünden, denn das müsse schon vor ihrer Zulassung gefordert werden, sondern daß ste überhaupt für das akademische Lehramt brauchbar seien, wofür man keine sichere Garantie habe, wenn man ordentliche Lehrstühle mit Personen aus anderen Berufsklassen beseße. Nur durch Festhaltung dieses Grundsayes, d. h. nur, wenn den Privatdozenten gegründete Aussicht auf Erlangung einer ordentlichen Professur eröffnet würde, sei es überhaupt möglich, ein tüchtiges Korps solcher Leute heranzuziehen, die jedem anderen Vortheil entsagend der Wissenschaft als solcher zu leben sich entschlöffen. einer Vorbereitungsschule ausschließlich für die gelehrte Laufbahn um auf der Höhe der Wissenschaft zu bleiben und sich nicht von den dürfte einerseits zur Erleichterung der Methode und zu der so | jüngeren Kollegen überflügeln und in Schatten stellen zu lassen. nothwendigen und fruchtbaren Zentralisazion des Unterrichts bedeutend mitwirken, andererseits aber würde dadurch auch das Gymnasium von denjenigen stark retardirenden Elementen entlastet werden, welche dasselbe nur als Mittel zum Zweck und zwar zu einem nichts weniger als gelehrten benußen, wie z. B. besonders häufig, um nur die Berechtigung zum einjährigen Freiwilligendienst zu erwerben. Möchten doch endlich diese Magddienste, denn solche sind es vom Standpunkte des Gymnastums | aus, diesem abgenommen und den höheren Bürgerschulen, denen sie von Rechts wegen zugehören, die aber zu diesem Zweck erft reformirt werden müßten, oder auch den sogenannten Progymnasten zugewiesen werden, wofern sich überhaupt für diese undefinirbaren Mitteldinger in einer neuen, naturgemäßen Reorganisazion noch ein Plaz findet. Es soll gewiß die Thatsache nicht unterschätzt werden, daß durch die Nöthigung, sich die oben angedeutete Berechtigung auf einer höheren d. h. von wiffenschaftlichen Gesichtspunkten aus geleiteten Schule zu erwerben, - und dafür sehen wir auch unsere Realschule an daß dadurch, wie gesagt, eine Menge idealer Bildungselemente auch unter Volksklassen verbreitet wird, die sich sonst prinzipiell ablehnend | gegen solche verhalten: aber auf der andern Seite werden die Erfolge des Unterrichts in unverantwortlicher Weise beeinträchtigt durch jenen Ballast untergeordneter und unberufener Ingenia, welche kein Interesse an der Wissenschaft, sondern nur an der daran geknüpften Berechtigung haben, und die wissenschaftliche | Ausbildung der anderen leidet darunter, wenn auch nur auf der unteren und mittleren Stufe, sei es in der Methode, sei es in der Bertheilung der Stunden, dem äußerlichen, parasitisch sich auf drängenden Utilitätsprinzip das geringste Zugeständniß gemacht wird.") Da aber viele talentvolle und fleißige junge Männer, troß der regsten Begeisterung für die Wissenschaft, ihrer materiellen Verhältnisse halber außer Stande wären, sich derselben ohne Rückhalt hinzugeben, so müßten dem angehenden Privatdozenten auch pekuniäre Vortheile zugewendet werden, welche ihm das Bestehen erleichtern. Hierfür sei der Modus, wie er für Entrichtung des Unterrichtshonorars in Deutschland bestände, das beste Mittel, so viel man auch vom idealistischen, oder wie der Entwurf es nennt, radikalen Standpunkte dagegen geeifert habe. Weshalb sollte es mit der Würde des Lehramts unverträglich sein, wenn dem Universitätslehrer das von seinen Zuhörern eingezogene Honorar persönlich zu Gute komme, wofern die Höhe des Betrages gesetzlich geregelt sei? Jeder Arbeiter sei seines Lohnes werth, und der Dozent seße seine Arbeitskraft und sein Wissen als vollwichtige Gegenleistung ein. Um den Lehrer nicht in die Verlegenheit zu bringen, Gesuche um Stundung oder Honorarerlaß abschlagen zu müssen, sete man ihn durch ein ausreichendes Firum in Stand, dergleichen Einnahmeausfälle leicht zu ver Indem wir dem Entwurfe nunmehr auf das Gebiet des eigentlichen höheren oder Universitätsunterrichts folgen, müssen wir von vornherein mit Genugthuung konstatiren, daß sich derselbe mit seinen Verbesserungsvorschlägen vielfach an in Deutsch-schmerzen. Hier hätte sich der Entwurf einfach auf die in Preußen land bereits bestehende Einrichtungen anlehnt und damit der bestehende Einrichtung berufen können, welche die Schwierigkeit Organisazion unserer deutschen Hochschulen ein Kompliment macht. weit besser hebt. Bei uns ist es bekanntlich den Professoren Dieses zeigt sich hauptsächlich in den Artikeln 45 bis 49, wo von sogar verboten, Stundungs- oder Erlaßgesuche privatim anzudem Institut der Privatdozenten gehandelt wird, sowie in Artikel 53 nehmen, vielmehr gehen diese an die Universitätsquästur, durch und der dazu gehörenden Beleuchtung, wo von dem Kollegien- welche nachher auch die Einziehung der gestundeten Kollegienhonorar die Rede ist. Auch hierbei erfährt das Privatdozenten- gelder geschieht. Wenn aber der Staat, meint der Entwurf, eine thum eine wesentliche Berücksichtigung, wie denn überhaupt in | jährliche Pauschsumme von jedem Studenten für den gesammten den dieses betreffenden Vorschlägen eine Hauptstärke des Entwurfs höheren Unterricht beanspruche, so verspreche er damit ideell mehr, liegt. Drei Punkte sind es hauptsächlich, aus welchen der Nußen als er bei der Mangelhaftigkeit aller menschlichen Einrichtungen dieses auf deutschen Universitäten mit Recht gepflegten Instituts materiell zu leisten vermöge, wogegen bei Honorarzahlung an die ersichtlich wird: erstlich nämlich, heißt es, diene es als Vorberei- | Professoren sich Leistung und Gegenleistung vollständig decken. tungsschule und liefere ein Reservekorps künftiger ordentlicher | Endlich aber sei allein durch diese Einrichtung das Bestehen Hochschullehrer; zweitens würden sich durch diese Einrichtung gewisse unvermeidliche Lücken und Unebenheiten in der Beseßung der verschiedenen Lehrfächer wie von selbst ausfüllen, da der Privatdozent sich natürlich immer nach der Hochschule wenden würde, wo in seinem Fache noch ein Mangel wäre; drittens aber würde die Wirksamkeit der Privatdozenten einen heilsamen Wetteifer unter den ordentlichen Lehrern zu Stande bringen, welche sich dadurch gezwungen sehen würden, alle ihre Kräfte anzuftrengen, *) Wir verweisen hierbei auf die in der Sigung des Abgeordnetenhauses vom 22. Februar bei Gelegenheit des Etats für landwirthschaftliche Lehranstalten vom Stadtschulrath Dr. Hoffmann gehaltene Nede. eines zahlreicheren Privatdozententhums möglich, und ein Geseßentwurf, der von Privatdozenten rede, ohne ihnen diese materielle Eristenzbedingung zu gewähren, sei ein bloßes Stück Papier. | Zum Belege wird Du Bois-Reymonds Rektoratsrede vom Jahre 1869 herangezogen, der aber außerdem noch auf gewisse psychologisch wichtige Momente hingewiesen hat, welche aus der Bezahlung von besonderen Kollegienhonoraren resultiren, indem einerseits der Student sich gedrungen fühlt, das einmal bezahlte Kolleg nun auch nach Möglichkeit auszunüßen, und andererseits der Profeffor die moralische Verpflichtung empfindet, für die empfangene Bezahlung eine Leistung zu bieten, wie sie von ihm erwartet wird. Aus dem übrigen Inhalt des Entwurfs heben wir nur noch Von den verschiedenen äußerlichen Bestimmungen des Entwurfs, Ernennung, Suspension, Abseßung, Pensionirung der Dozenten, Feriendauer u. s. w. betreffend, nehmen wir hier natürlich Abstand und heben nur noch einen Punkt hervor, welcher sich auf das Verhältniß der reorganisirten Hochschule zur Staatsregierung bezieht: die Verwaltungs- und Aufsichtsfrage. Hier wird als conditio sine qua non für das Gedeihen und die Entwickelung der Universität die Forderung der Selbstverwaltung hingestellt. Es sei so oft von der Freiheit des Unterrichts die Rede, aber man meine damit vielfach etwas ganz Falsches. Freiheit des Unterrichtes bestehe nicht darin, daß ein jeder ohne in der Kürze das hervor, worin auch für uns etwas Neues liegt. Wenn für die 3% Millionen Einwohner der Niederlande drei Universitäten gefordert werden, die übrigens jezt schon bestehen, so kommt auf etwa 11⁄4 Million je eine Universität, ein Verhält- | niß, das in Preußen nur in den Provinzen Pommern, HessenNassau und Schleswig-Holstein erreicht wird, während Posen mit 11⁄2 Million Einwohnern noch gar keine hat und Schleßten sowie Rheinprovinz, die an Bewohnerzahl den Niederlanden gleich. kommen, sich mit je einer begnügen müssen. Auch Bayern, Sachsen, Württemberg sowie Elsaß-Lothringen überschreiten das angegebene Verhältniß, obwohl letteres nur wenig, während die Großherzogthümer Baden, Hessen, Mecklenburg und Sachsen- | Unterschied und ohne vorher Proben seiner Geschicklichkeit abgelegt Weimar darunter bleiben; im ganzen Reiche aber stellt sich das Verhältniß der Millionen Einwohner (41) zur Anzahl der Universitäten (20 eingeschl. Münster) rund wie 2:1. | zu haben, zur Abhaltung von Vorlesungen an der Universität | zugelassen werden könne, vielmehr werden darüber in dem Entwurf ausdrückliche, beschränkende Bestimmungen getroffen. Und In der historisch überlieferten Eintheilung der Wissenschaften in der That hat der Staat, hat die Allgemeinheit ein Interesse in Fakultäten ändert der Entwurf in der Weise, daß er die daran, die Möglichkeit abzuschneiden, daß von Stümpern unter theologische Fakultät mit der philosophischen und die medizinische der Ägide der Universität den Studenten das Geld aus der Tasche mit den Naturwissenschaften zusammenthut, wogegen diese Fakultät, gelockt und ihr noch ungeübtes Urtheil durch Charlatanerie irre nachdem sie auch noch durch die Mathematik Zuwachs erhalten geführt werde. Freiheit des Unterrichts, heißt es, bestehe vielmehr hat, in zwei verschiedene gespalten wird; nur das juristische bleibt darin, daß bei der Einrichtung desselben einzig und allein die unangetastet. Sonach kommt wieder eine Vierzahl heraus, nämlich | Interessen der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Ausbildung in der Ordnung des Entwurfs: a) mathematisch physikalische der Studirenden zu Rathe gezogen würden; diese aber vermöchte Wissenschaften, wozu auch Chemie, Astronomie und Mineralogie, ein Kollegium von Regierungsbevollmächtigten oder Kuratoren, also alle diejenigen, welche es mit der leblosen Natur, b) philo. die außerhalb der eigentlichen Bethätigung mit den Wissenschaften logisch - philosophische Wissenschaften, wozu Geschichte und Theo. | stünden, selbst bei dem redlichsten Willen nicht immer gehörig logie, also diejenigen, welche es mit der intellektuellen, — c) Rechts- | wahrzunehmen. Auch sei von einer solchen Art von Vertrauensund Staatswissenschaften, welche es mit der sozialen und politischen | männern, abgesehen von ihrem minderen Sachverständniß, eine Entwickelung des Menschen, und d) sogenannte biologische Wissen. schaften, wozu auch Heilkunde, welche es mit der organisch belebten Natur zu thun haben. Maßgebend ist bei dieser Eintheilung, wie man steht, der Gesichtspunkt gewesen, nur das innerlich, theoretisch Verwandte zusammenzuthun und jede Hindeutung auf | angestellten Lehrer derselben. die praktische Anwendung im Leben als dem Wesen der reinen. Wissenschaft widersprechend auszuschließen. Beeinflussung durch andere als rein sachliche Rücksichten um so eher zu besorgen, weil sie unmöglich ein so lebhaftes und sogar persönliches Interesse an der Förderung der Wissenschaften und dem Gedeihen der Universität haben könnten, als die ordentlich Man habe bemerkt, daß, wenn man die Oberaufsicht und Verwaltung der Universität einem Profefforen Kollegium über Zu erwähnen ist noch, daß der Entwurf von einer ordentlichen | trage, bald Sonderwesen, Eifersucht und kleinliche Leidenschaften Hochschule verlangt, daß an ihr alle die genannten Fächer, wenn einreißen und den Organismus des Ganzen schädigen würden. Stillen seine Hebel ansett, im Schooße einer solchen Versammlung die Pflege anderer als der wahren Interessen der Wissen. schaft unmöglich sein wird. Wer das nicht zugiebt, der muß an nehmen, daß dasjenige, was jezt hier und da heimlich sein Wesen treibt, nachher offen hervortreten werde, und das hieße | nichts anderes, als die Gesammtheit jener hochgebildeten Männer, von denen ja die Einzelnen von menschlichen Schwächen nicht frei sind, geradezu der schamlosesten Unsittlichkeit bezüchtigen. Wenn aber die Geister, getragen von einer reinen Liebe zur Sache und von energischen, wenn auch mitunter einseitigen Überzeugungen, selbst leidenschaftlich auf einander plaßen, so ist davon, nach unserer Meinung, eher eine Förderung der Wissenchaft als eine Schädigung zu erwarten. auch natürlich nicht immer in gleich starker und gleich guter | Dagegen, meint der Entwurf, biete die größere Anzahl der Besetzung, vertreten seien, und damit den Begriff des französischen | ftimmberechtigten Mitglieder die beste Garantie, und wir können Collège, der Fachschule, von vornherein ausschließt, ferner daß er | hinzufügen, daß, während jezt bisweilen der Nepotismus im zwar den Zutritt zu den Vorlesungen und zur Immatrikulazion allen ohne Unterschied offen hält, aber die Absolvirung eines Staatsexamens zur Erlangung des Kandidaten- oder Doktortitels mit den daran geknüpften Berechtigungen an die Vorlegung eines auf einem staatlich anerkannten Gymnasium erworbenen Maturitätszeugnisses knüpft. Einen Unterschied zwischen Gymnastalund Realschulabiturienten kennt natürlich der Entwurf nicht, da er ja, wie oben ausgeführt, auf das sogenannte Gesammt gymnasium abzielt. Wichtig ist das Erforderniß des Maturitätszeugnisses nicht nur für das Examen, sondern für die Vorlesungen selber, weil der Vortragende natürlich je nach dem Bildungsstandpunkte des Haupttheils seiner Zuhörer die Art und Weise seines Unterrichts einzurichten haben wird, und insofern wäre es besser, auch die Zulassung zur Immatrikulazion von der Ablegung einer Maturitätsprüfung abhängig zu machen, natürlich mit dem Beding, daß unter Umständen Ausnahmen gemacht werden, weil sonst ein Dozent leicht in die Lage kommen kann, mehr Laien als wissenschaftlich Vorgebildete in seinem Kolleg zu haben, in welchem Falle dann die Ersteren für ihr gutes Geld den Anspruch haben würden, daß der Unterricht nach ihren Begriffen faßlich eingerichtet würde. In dieser Hinsicht also können wir den Motiven des Ent. wurfs beistimmen. Was aber den anderen Punkt, die als absolut und unzweifelhaft hingestellte überlegenheit eines solchen Kolle giums hinsichtlich seiner Sachkenntniß betrifft, so enthalten wir uns der Kritik, obwohl wir die Bemerkung nicht unterdrücken wollen, die von der andern Seite gemacht werden kann, daß oft der mitten in der Sache Stehende diese weit weniger vorurtheils frei überschauen kann, als derjenige, welcher durch Bildung und Erfahrung ihr nicht fern, aber doch mehr außerhalb steht, mindestens hat dieser Wahrscheinlichkeit größerer Unbefangenheit für sich. Und mit dieser Anmerkung wollen wir unsere etwas lange, aber wegen der Wichtigkeit der Sache nicht zu lange Übersicht schließen. Schmolke. England. Sir Charles Lyell. Am 27. Februar d. I. hat sich das Gewölbe der Westminster Abtei geschlossen über der sterblichen Hülle eines Mannes, dessen genialer Forschergeist, deffen raftloses und erfolgreiches Streben auf dem Gebiete der Wissenschaft ihn der Auszeichnung würdig gemacht, an der Stätte zu ruhen, welche England nur den vorzüglichsten seiner Söhne zuerkennt. Sir Charles Lyell, der berühmte Geologe, hat seinen lezten Ruheplay neben den größten Denkern und Dichtern seines Vaterlandes gefunden, welches in ihm einen Koryphäen moderner Wissenschaft ehrt. Aber auch außerhalb Englands wird sein Name stets mit Anerkennung genannt werden; seine genialen Entdeckungen, seine gediegenen Werke sichern ihm ein ehrenvolles Andenken bei allen wissenschaftlich Gebildeten, vor Allem aber bei denen, welche das gleiche Feld wie er bearbeiten, und die in seiner geistigen Hinterlaffenschaft vielfache Aufklärung und Anregung, sowie wich. tige Fingerzeige für fernere Forschungen finden werden. Charles Lyell war von Geburt ein Schotte, der Sohn eines begüterten Grundbesizers in der Grafschaft Forfar (auch Angus genannt) und wurde daselbst im Jahre 1797 geboren. Nachdem er seine Studien zu Ereter-College, Oxford, absolvirt hatte, widmete er sich der Rechtswissenschaft; später aber folgte er seiner entschieden ausgesprochenen Neigung für die Naturwissenschaften, verzüglich machte er deren jüngsten Zweig, die Geologie, zu feinem Studium. Bereits in den Jahren 1830-1832 erschien in 2 Bänden sein höchst wichtiges Werk: Prinzipien der Geologie, ein Bersuch, die früheren Veränderungen der Erdoberfläche durch Beziehung auf noch jezt wirkende Ursachen zu erklären. Principles of Geology, being an attempt to explain the former changes of the Earth's surface by a reference to causes now in operation, 2 vols.) Dieses Werk wurde zu verschiedenen Zeiten von dem Autor sorgfältig durchgesehen, verbessert und beträchtlich erweitert; es erlebte schon 1850 seine achte Auflage. 1836 wurde der Berfaffer der Prinzipien zum Präsidenten der geologischen Gesellschaft erwählt, eine Auszeichnung, welche ihm später noch zu wiederholten Malen zu Theil geworden ist. 1838 erschien die erste Auflage seiner Elemente der Geologie (Elements of Geology), ein verdienstvolles und interessantes Werk, welches seitdem ebenfalls beträchtliche Verbesserungen und Umarbeitungen erfahren bat. 1848 wurde der berühmte Gelehrte in den Ritterstand erhoben. Er machte zu verschiedenen Malen Reisen nach Amerika, bei denen er hauptsächlich seine wissenschaftlichen Zwecke verfolgte. Die Ergebnisse derselben hat er in mehreren Werken niedergelegt, von denen das erste 1845 erschien: Reisen in Nordamerika, nebst geologischen Beobachtungen über die Vereinigten Staaten, Kanada und Neu-Schottland (Travels in North America, with geological observations on the United States, Canada and Nova Scotia). Diesem folgte 1849: Ein zweiter Besuch der Vereinigten Staaten, im Jahre 1845." (A second visit to the United States of America in 1845. 2 vols. 1849). Von seinen übrigen Werken ist noch besonders das über das Alter der Menschheit (On the antiquity of Man 1863) zu erwähnen. Sir Charles war ein entschiedener Anhänger der induktiven Methode. Er ließ es sich angelegen sein, das Gebiet der Geologie von dem der Kosmogonie zu scheiden. Nicht jene Forschungen, welche die Entstehung der Planeten zu ergründen bestrebt sind, sah er an als die Aufgabe seiner Wissenschaft; denn sie können, nach seiner Ansicht, nicht auf dem Wege strenger Indukzion verfolgt werden. Er beschränkt die Aufgabe der Geologie darauf: die wiederholten Veränderungen der organischen und unorganischen Welt zu begründen und zu erklären. Das Eigenthümliche der Ansicht, welche ihn durchweg leitete, ist bereits ausgesprochen, oder doch angedeutet, in dem Titel seines Hauptwerkes. Im Gegensaße zu einigen der höchsten Autoritäten auf dem Gebiete der Naturwissenschaften (wir erinnern z. B. an Cuviers: Discours sur les révolutions du globe) behauptet Lyell in seinen Prinzipien, daß nicht gewaltsame Revoluzionen die Erdoberfläche wiederholt verändert oder gar das organische Leben auf derselben zerstört hätten, welches dann durch neuerschaffene Erscheinungen ersetzt worden wäre, sondern daß selbst die großartigsten und durchgreifendsten Veränderungen unseres Erdkörpers sich erklären ließen durch das unablässige Fortwirken an und für sich kleiner Kräfte, deren Summe zu den größten Wirkungen führen könne. Er bleibt stets seiner ursprünglichen Theorie getreu, daß die Kräfte, welche heutzutage auf der Oberfläche der Erde und unter derselben thätig sind, in ihrer Art sowohl, als in ihrem Grade denjenigen gleich sind, welche in längst vergangenen Zeiten geologische Umwälzungen herbeigeführt haben, oder, mit andern Worten, daß wir nicht nöthig haben, plötzliche heftige und allgemeine Katastrophen, sogenannte Kataklysmata, anzunehmen, sondern die ehemaligen und die jeßigen Fluk tuazionen der organischen und unorganischen Welt ansehen kön nen, als zu einer fortgeseßten und gleichförmigen Reihe von Erscheinungen gehörig. Wir lassen hier eine Stelle folgen, welche sowohl für Sir Ch. Lyells Anschauungsweise als für die Art seiner Darstellung charakteristisch erscheint, es ist der Passus, in welchem er Geologie und Geschichte vergleicht. Wenn wir auf die Geschichte der Nazionen zurückblicken, so entdecken wir oft mit überraschung, wie der Ausgang einer Schlacht auf das Schicksal von Millionen unserer Zeitgenossen eingewirkt hat, nachdem dieselbe von der Masse der Bevölkerung längst vergessen worden. Wir finden vielleicht mit diesem fernliegenden Ereignisse die geographischen Gränzen eines großen Staates, die jeßige Sprache seiner Bewohner, deren eigenthümliche Sitten, Gesetze und religiösen Ansichten unzertrennlich verknüpft. Aber noch viel erstaunlicher und unerwarteter ist oft der Zusammenhang, welcher ans Licht gebracht wird, wenn wir unsere Forschungen in die Geschichte der Natur zurückleiten. Die Gestalt einer Küste, die Bildung des Innern eines Landes, das Vorhandensein und die Ausdehnung von Seen, Thälern und Bergen kann oft in Landstrichen, welche seit lange von derartiger Strömung frei geblieben, auf früher dort herrschende Erdbeben und vulkanische Ausbrüche zurückgeführt werden. Aus diesen längst vergangenen Konvulsionen lassen sich die jeßige Fruchtbarkeit gewisser Gegenden, die Unfruchtbarkeit anderer, die Erhebung des Landes über den Meeresspiegel, das Klima und mannichfache sonstige Eigenthümlichkeiten deutlich herleiten. Andererseits können viele Eigenthümlichkeiten der Erdoberfläche oft der in einer freien Ära stattgehabten Wirkung langsamer und ruhiger Kräfte zugeschrieben werden, z. B. der allmählichen |