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Eure Vorrede zu lesen, aber nicht die unendlichen Werke

zu vergleichen.

Piron.

Geb. 1689. Geft. 1773.

Piron war einer der besten, geistreichsten Gesellschafter, und auch in seinen Schriften zeigt sich der heitere freie Ton, anziehend und belebend.

Die Französischen Kritiker beklagen sich, daß man bei Sammlung seiner Werke nicht streng genug verfahren. Man hätte, meinen sie, manches davon der Vergessenheit übergeben sollen.

Diese Anmaßung der Kritik erscheint ganz lächerlich, wenn wir die große Masse unbedeutender Bücher aufgestellt sehen, die doch alle der Nachwelt angehören und die kein Bibliothekar zu verbannen das Recht hat; warum will man uns die Uebungsstücke, die geistreichen und leichten Compositionen eines guten Kopfs vorenthalten?

Und gerade diese leichteren Arbeiten sind es, wodurch man Piron am ersten liebgewinnt. Er war ein trefflicher, kraftvoller Kopf und hatte, in einer Provinzstadt geboren und erzogen, nachher in Paris bei kümmerlichem Unterhalt, sich mehr aus sich selbst entwickelt, als daß er die Vortheile, die ihm das Jahrhundert anbot, zu seiner Bildung håtte benußen können. Daher findet sich bei seinen ersten Arbeiten immer etwas wegzu= wünschen.

Wir läugnen nicht, daß er uns da fast am meisten interesfirt, wo er sein Talent zu äußern Zwecken gelegentlich zum besten gibt. Wie Gozzi, obgleich nicht

mit solcher Macht und in solcher Breite, nimmt er sich bedrångter oder beschränkter Theater an, arbeitet für sie, macht ihnen Ruf und ist vergnügt etwas Unerwar= tetes geleistet zu haben.

Man weiß, daß in Paris die Schauspiele scharf von einander gesondert waren; jedes Theater hatte ein bestimmtes, umschriebenes Privilegium auf diese oder jene Darstellungsart. So erlangte noch ein Künstler, da alle übrigen Formen schon vergeben waren, die Erlaubniß Monodramen im strengsten Sinne aufzuführen. Andre Figuren durften wohl noch auf dem Theater erscheinen, er aber allein durfte handeln und reden. Mann arbeitete Piron, und mit Glück. den Herausgebern, daß wir diese Kleinigkeiten noch befißen, deren uns die pharisäischen und schriftgelehrten Kritiker wohl gern beraubt hätten.

Für diesen Dank sey es

Auch in den Vaudeville - Stücken zeigte sich Piron sehr geistreich. Das gelegentliche Ergreifen einer Melodie, deren erster Tert mit dem neuen Tert in einem neckischen Verhältnisse steht, gelang ihm vortrefflich und seine Arbeiten dieser Art haben viel Vorzügliches.

So unglücklich es nun auch Piron im Anfange ging, daß er das ekle Publicum durch keines seiner für das regelmäßige Französische Theater geschriebenen Stücke bes

friedigen konnte, so glücklich war er mit seiner Metros manie. Er wußte in demselben seine Landsleute derges stalt von der schwachen Seite zu fassen, daß sein Stück, sogleich bei seiner Erscheinung und noch lange Jahre nachher, fortdauernd überschäßt wurde. Man sette es den Molière'schen an die Seite, mit denen es sich denn doch auf keine Weise messen kann. Doch kommt man freilich, nach und nach, auch in Frankreich auf die Spur, dieses Stück nach seinem wahren Werthe zu schätzen.

Ueberhaupt war nichts für die Franzosen schwerer, als einen Mann wie Piron zu rangiren, der bei einem vorzüglichen und gerade seiner Nation zusagenden Talent, in seinen meisten Arbeiten so viel zu wünschen übrig ließ. Seine Bahn war von Jugend auf excentrisch; ein gewaltsam unanständiges Gedicht nöthigte ihn aus seiner Vaterstadt zu fliehen und sich neun Jahre in Paris kůmmerlich zu behelfen. Sein ungebundenes Wesen verlåugnete er nie ganz, seine lebhaften, oft egoistischen Ausfälle, seine treffenden Epigramme, Geist und Heiterkeit, die ihm durchaus zu Gebote standen, machten ihn allen Mitlebenden in dem Grade werth, daß er, ohne lächerlich zu scheinen, sich mit dem weit überlegenen Voltaire vergleichen und nicht nur als Gegner, sondern auch als Rival auftreten durfte.

Was übrigens die ihren Piron genugsam schåßenden Franzosen von ihm auch immer Gutes sagen können, schließt sich immer mit dem Refrain, den Diderot schon

hier als eine gewöhnliche Redensart aufführt: „Was den Geschmack betrifft, von dem hat euer Piron auch nicht die mindeste Ahnung.“

(Siehe Geschmack.)

Poinsinet.

Geb. zu Fontainebleau 1735. Gest. 1769.

Es gibt in der Literatur, wie in der Gesellschaft, solche kleine, wunderliche, purzliche Figuren, die mit einem gewissen Talent begabt, sehr zu und vordringlich sind, und indem sie leicht von jedem übersehen werden, Gelegenheit zu allerlei Unterhaltung gewähren.

Indessen gewinnen diese Personen doch immer genug dabei, sie leben, wirken, werden genannt, und es fehlt ihnen nicht an guter Aufnahme. Was ihnen mißglückt bringt sie nicht aus der Fassung, sie sehen es als einen einzelnen Fall an und hoffen von der Zukunft die besten Erfolge.

Eine solche Figur ist Poinsinet in der Französischen literarischen Welt. Bis zum Unglaublichen geht was man mit ihm vorgenommen, wozu man ihn verleitet, wie man ihn mystificirt, und selbst sein trauriger Lod, indem er in Spanien ertrank, nimmt nichts von dem låcherlichen Eindruck, den sein Leben machte, hinweg; so wie der Frosch des Feuerwerkers dadurch nicht zu einer Würde gelangt, daß er, nachdem er lange genug ge= plagert hat, mit einem stärkeren Knalle ender.

Rameau.

Geb. zu Dijon 1683. Gest. zu Paris 1764.

Nachstehendes Urtheil Rousseau's über die Rameau'schen Verdienste trifft mit Diderot's Aeußerungen genau zusammen und ist geschickt, unsern Lesern die Uebersicht der Hauptfrage zu erleichtern.

Die theoretischen Werke Nameau's haben das sonderbare Schicksal, daß sie ein großes Glück machten, ohne daß man sie gelesen hatte, und man wird sie jezt noch viel weniger lesen, seitdem Herr d'Alembert sich die Mühe gegeben, die Lehre dieses Verfassers im Auszuge mitzutheilen. Gewiß werden die Originale dadurch vernichtet werden, und wir werden uns dergestalt entschådigt finden, daß wir sie keineswegs vermissen. Diese verschiedenen Werke enthalten nichts Neues, noch Nützliches, als das Princip des Grundbasses; aber es ist kein kleines Verdienst einen Grundsatz, wår' er auch willkürlich, in einer Kunst festzusetzen, die sich dazu kaum zu bequemen schien, und die Regeln dergestalt erleichtert zu haben, daß man das Studium der Composition, wozu man sonst zwanzig Jahre brauchte, gegen= wärtig in einigen Monaten vollbringen kann. Die Musiker haben Herrn Rameau's Entdeckung begierig ergrif fen, indem sie solche zu verachten scheinen wollten. Die Schüler haben sich mit unglaublicher Schnelligkeit vervielfältiget. Man sah von allen Seiten kleine, zweytågige Componisten, die meisten ohne Talente, welche

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