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Lu II i.

Geb. zu Florenz 1633. Gest. zu París 1687.

Die große Oper war in Italien zu einer Zeit erfun den worden, als Perspectiv - Mahlerey und Maschinerie sich in einem hohen Grade ausgebildet hatten, die Musik aber noch weit zurückstand. An einem solchen Ursprung hat diese Schauspielart immer gelitten und leidet noch daran. Was aus dem Prunk entstanden ist, kann nicht zur Künft zurückkehren, was sich vom Scheine herschreibt, kann keine höhern Forderungen befriedigen.

In der Hälfte des 17ten Jahrhunderts kam die Italiänische Oper nach Frankreich; Französische Dichter und Componisten machten bald darauf den Versuch sie zu nationalisiren, welcher mit abwechselndem Glück eine Zeit lang fortgesetzt wurde, bis endlich Lulli die Privilegien der Französischen Oper, die unter dem Namen Académie royale de musique 1669 errichtet wurde, an sich brachte, die Erweiterung ihrer Privilegien zu erlangen wußte und ihr erft ihre eigentliche Consistenz gab.

,,Von diesem Zeitpunct fing die Französische theatralische Musik an, durch mannichfaltige Verschieden= heiten, sowohl in der poetischen Einrichtung der Dramen und der musikalischen Beschaffenheit ihrer Bestandtheile, der Arien, Chöre, des mehr singenden oder eigentlich psalmodischen Recitativs, der Ballete, der eigenthümlichen Gänge und Schlußfälle der Melodie, der einförmigern Modulationen, der Liebe zu den wei

chern Tonarten, als auch in Absicht vieler Fehler der Execution sich zu trennen und zu einer Nationalmusik zu werden. Die auf Lulli folgenden Componisten nahmen ihn ganz zu ihrem Muster, und so konnte es geschehen, daß seine Musik eine Art Epoche von so langer Dauer in den Annalen der Französischen Kunstgeschichte bildete."

An dem schönen Talente Quinaults fand Lulli eine große Unterstützung. Er war für diese Dichtungsart geboren, declamirte selbst vortrefflich und arbeitete so dem Componisten in doppeltem Sinne vor. Sie lebten beide zusammen und starben nicht lange nach einander, und man kann wohl den Succeß der Französischen Oper und die lange dauernde Gunst für dieselbe der Vereinigung zweyer so glücklichen Talente zuschreiben.

Mariveaux.

Geb. Parts 1688. Gest. 1763.

Die Geschichte seines erworbenen und wiederverlorenen Rufes ist die Geschichte so vieler andern, besonders bei dem Französischen Theater.

Es gibt so viele Stücke die zu ihrer Zeit sehr gut aufgenommen worden, bei denen die Französischen Kritiker selbst nicht begreifen, wie es zugegangen, und doch ist die Sache leicht erklärlich.

Das Neue hat als solches schon eine besondre Gunst. Nehme man dazu, daß ein junger Mann auftritt, der als ein Neuer das Neue liefert, der sich durch Beschei

denheit

denheit Gunst zu erwerben weiß, um so leichter als er nicht den höchsten Kranz davon zu tragen, sondern nur Hoffnungen zu erregen verspricht. Man nehme das Publicum, das jederzeit nur von augenblicklichen Eindrücken abhängt, das einen neuen Namen wie ein weiBes Blatt ansieht, worauf man Gunst oder Ungunst nach Befinden schreiben kann, und man denke sich ein Stück mit einigem Talent geschrieben, von vorzüglichen Schauspielern aufgeführt, warum sollte es nicht günstig aufgenommen werden? warum sollte es nicht sich und seinen Autor durch Gewohnheit empfehlen?

Selbst ein erster Mißgriff ist in der Folge zu vers bessern, und wem es zuerst nicht ganz geglückt, kann sich durch fortdauerndes Bestreben in Gunst sehen und erhalten. Von jenem sowohl als diesem Fall kommen in der Französischen Theatergeschichte mannichfaltige Beispiele vor.

Aber was unmöglich ist zeigt sich auch. Unmöglich ist es die Gunst der Menge bis an's Ende zu erhalten. Das Genie erschöpft sich, um so mehr das Talent. Was der Autor nicht merkt, merkt das Publicum. Er befriedigt selbst seine Gönner nicht mehr lebhaft. Neue Anforderungen an Gunst werden gemacht, die Zeit schreitet vor, eine frische Jugend wirkt und man finder die Richtung, die Wendung eines frühern Talentes veraltet.

Der Schriftsteller, der nicht selbst bei Zeiten zurück

Goethe's Werke. XXXVI. Bd.

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getreten, der noch immer eine ähnliche Aufnahme er: wartet, sieht einem unglücklichen Alter entgegen, wie eine Frau, die von den scheidenden Reizen nicht Abschied nehmen will.

In diese traurige Lage kam Mariveaur; er mochte sich mit der Allgemeinheit seines Geschicks nicht trösten, zeigte sich übellaunig, und wird hier um deßwillen von Diderot verspottet.

Montesquieu.
Geb. 1689. Gest. 1755.

,,Daß Montesquieu nur ein schöner Geist sey" Eine åhnliche Redensart ist oben schon bei d'Alembert angeführt worden.

Durch seine lettres persanes machte sich Montesquieu zuerst bekannt. Die große Wirkung, welche fie hervorbrachten, war ihrem Gehalt und der glücklichen Behandlung desselben gleich. Unter dem Vehikel einer reizenden Sinnlichkeit weiß der Verfasser seine Nation auf die bedeutendsten, ja die gefährlichsten Materien aufmerksam zu machen, und schon ganz deutlich kündigt sich der Geist an, welcher den Esprit des loix hervorbringen sollte. Weil er sich nun aber bei diesem seinem ersten Eintritt einer leichten Hülle bedient, so will man ihn denn auch nur, da er sie schon abgeworfen, nach ihr schåßen und ihm das weitre größere Verdienst halbkennerisch abläugnen.

Musik.

Ein großer Theil des vorliegenden Gespräches handelt von Musik, und es ist ndthig hier einiges Allge= meine über diese Kunst zu sagen, damit jeder Lesende in den Stand gesezt werde, die oft wunderlich genug gedus Berten Meinungen einigermaßen zu beurtheilen.

Alle neuere Musik wird auf zweyerlei Weise behandelt, entweder daß man sie als eine selbstständige Kunst betrachtet, sie in sich selbst ausbildet, ausübt und durch den verfeinerten åußeren Sinn genießt, wie es der Italiåner zu thun pflegt, oder daß man sie in Bezug auf Verstand, Empfindung, Leidenschaft setzt und sie der= gestalt bearbeitet, daß sie mehrere menschliche Geistesund Seelenkräfte in Anspruch nehmen könne, wie es die Weise der Franzosen, der Deutschen und aller Nordlånder ist und bleiben wird.

Nur durch diese Betrachtung, als durch einen doppelten Ariadneischen Faden, kann man sich aus der Geschichte der neuern Musik und aus dem Gewirr partenischer Kämpfer heraußhelfen, wenn man die beiden Arten da, wo sie getrennt erscheinen, wohl bemerkt und ferner untersucht, wie sie sich an gewissen Orten, zu gewissen Zeiten, in den Werken gewisser Individuen zu vereinigen gestrebt und sich auch wohl für einen Augenblick zusammengefunden, dann aber wieder aus einander gegangen, nicht ohne sich ihre Eigenschaften einander mehr oder weniger mitgetheilt zu haben, da sie sich denn

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