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wåre es von einem langen Barte bedeckt, es würde sich in Erz oder Marmor recht gut ausnehmen.

Ich.

Neben Cåsar, Marc Aurel, Sokrates.

Er.

Nein, ich stünde lieber zwischen Diogenes und Phryne. Unverschämt bin ich wie der eine, und die andere besuch'

ich gern.

Ich.

Ihr befindet Euch immer wohl?

Er.

Ja, gewöhnlich; aber heute nicht besonders.

Ich.

Und wie, mit Eurem Silenenbauch, mit einem Geficht

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Er.

Einem Gesicht, das man für die Rückseite nehmen könnte. Wißt Ihr, daß bdse Laune, die meinen Onkel ausdorrt, wahrscheinlich seinen Neffen fett macht?

Ich.

A propos! den Onkel; seht Ihr ihn manchmal?

Єr.

Ja, manchmal auf der Straße vorbeigehn,

Ich.

Thut er Euch denn nichts Gutes?

Er.

Thut er jemanden Gutes, so weiß er gewiß nichts

davon. Es ist ein Philosoph in seiner Art; er denkt nur an sich, und die übrige Welt ist ihm wie ein Blasebalgsnagel. Seine Tochter und Frau können sterben, wenn sie wollen, nur daß ja die Glocken im Kirchsprengel, mit denen man ihnen zu Grabe läutet, hübsch die Duodecime und Septdecime nachklingen, so ist alles recht. Er ist ein glücklicher Mann! und besonders weiß ich an Leuten von Genie zu schäßen, daß sie nur zu Einer Sache gut sind, drüber hinaus zu nichts. Sie wissen nicht, was es heißt, Bürger, Våter, Mütter, Vettern und Freunde zu seyn. Unter uns, man sollte ihnen durchaus gleichen, aber nur nicht wünschen, daß der Same zu gemein würde. Menschen muß es geben, Menschen von Genie nicht. Nein, wahrhaftig nicht! Sie sind's, die unsre Welt umgestalten, und nun ist im Einzelnen die Thor= heit so allgemein und mächtig, daß man sie nicht ohne Håndel verdrängt. Da macht sich's nun zum Theil, wie sich's die Herren eingebildet haben, zum Theil bleibt's wie es war. Daher kommen die zwey Evangelien, des Harlequins Rock!... Nein! die Weisheit des Mönchs im Rabelais, das ist die wahre Weisheit für unsere Ruhe und für die Ruhe der andern. Seine Schuldigkeit thun, so gut es gehn will, vom Herrn Prior immer Gus tes reden, und die Welt gehn lassen, wie sie Luft hat. Sie geht ja gut, denn die Menge ist damit zufrieden. Wüßt' ich Geschichte, so wollt' ich Euch zeigen, das Uebel hier unten ist immner von genialischen Menschen

hergekommen; aber ich weiß keine Geschichte, weil ich nichts weiß. Der Teufel hole mich, wenn ich jemals was gelernt habe, und ich befinde mich nicht schlechter deßhalb. Ich war eines Tages an der Tafel eines königlichen Ministers, der Verstand für ein Dußend hat. Er zeigte uns klar, so klar wie zweymal zwey vier ist, daß nichts den Völkern nüßlicher sey als die Lüge, nichts aber schädlicher als die Wahrheit. Ich befinne mich nicht mehr auf seine Beweise, aber es folgte sonnenklar daraus, daß die Leute von Genie ganz abscheulich sind, und daß man ein Kind, wenn es bei seiner Geburt ein Charakterzeichen dieses gefährlichen Naturgeschenks an der Stirn trüge, sogleich ersticken oder in's Wasser werfen sollte.

Ich.

Und doch! diese Personen, die vom Genie so übel sprechen, behaupten alle Genie zu haben.

Er.

Im Stillen schreibt sich's wohl ein jeder zu; aber ich glaube doch nicht, daß sie sich unterstünden, es zu bekennen.

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Ich.

Aber ich erinnere mich wohl der Zeit, da Ihr in Verzweiflung wart, nur ein gemeiner Mensch zu seyn. Ihr könnt nie glücklich werden, wenn Euch das eine wie das andere quålt. Man sollte seine Partie ergreifen und daran festhalten. Wenn ich Euch auch zugebe, daß die genialischen Menschen gewöhnlich ein wenig sonderbar find, oder, wie das Sprüchwort sagt, kein großer Geist fich findet ohne einen Gran von Narrheit, so läßt man die Genie's doch nicht fahren. Man wird die Jahrhunderte verachten, die keine hervorgebracht haben. Sie werden die Ehre des Volks seyn, bei dem sie lebten. Früh oder spåt errichtet man ihnen Statuen und betrach= tet sie als Wohlthäter des Menschengeschlechts. Verzeihe mir der vortreffliche Minister, den Ihr anführt, aber ich glaube, wenn die Lüge einen Augenblick nüßen kann, so schadet sie nothwendig auf die Långe. Im Gegentheil nußt die Wahrheit nothwendig auf die Långe, wenn sie auch im Augenblick schadet. Daher kåm' ich in Versuchung den Schluß zu machen, daß der Mann von Genie, der einen allgemeinen Irrthum verschreit, oder einer großen Wahrheit Eingang verschafft, immer ein Wesen ist, das unsre Verehrung verdient. Es kann geschehen, daß dieses Wesen ein Opfer des Vorurtheils und der Gesetze wird; aber es gibt zwey Arten Gesetze: die einen sind unbedingt billig und allgemein, die andern wunderlich, nur durch Verblendung oder durch Noth

wendigkeit der Umstånde bestätigt. Diese bedecken den, der sie übertritt, nur mit einer vorübergehenden Schande, einer Schande, die von der Zeit auf die Richter und Nationen zurück geworfen wird, um ewig an ihnen zu hafSokrates oder das Gericht, das ihm den Schierling reichte, wer von beiden ist nun der Entehrte?

ten.

Er.

Das hilft ihm auch was rechts! Ist er deßwegen weniger verdammt worden? Ist sein Todesurtheil weniger vollzogen? War er nicht immer ein unruhiger Bürger, und indem er ein schlechtes Gesetz verachtete, hat er nicht die Narren zur Verachtung der guten angeregt? War er nicht ein kühner und wunderlicher Mann, und seyd Ihr nicht ganz nah an einem Geständniß, das den Männern von Genie wenig günstig ist?

Ich.

eine Gesellschaft sollte Håtte sie nur gute, sie

Hört mich, lieber Mann, keine schlechten Geseze haben. kame niemals in Gefahr, einen Mann von Genie zu verfolgen. Ich habe nicht zugegeben, daß das Genie unauflöslich mit der Bosheit verbunden sey, noch die Bosheit mit dem Genie. Ein Thor ist öfter ein Bösewicht, als ein Mann von Geist. Wäre nun auch ein Mann von Genie gewöhnlich in der Unterhaltung hart, rauh, schwer zu behandeln, unerträglich, wåre er auch ein Bösewicht, was wolltet Ihr daraus folgern?

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