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Pumphosen aus Kattun oder (im Winter) aus Tuch, lehteres meistenteils von brauner Farbe. An Festtagen tragen sie gern recht bunte Kleider. Ueber dem Hemde ziehen fie eine Art von Schlafrock an, je nach der Jahreszeit aus leichten oder schweren Stoffen, der bis an die Knöchel reicht. Bei der Arbeit heben sie sowohl Schlafrock als auch Hemd in die Höhe, so daß man die Pumphosen bis zu den Knieen sieht. Ihre Fußbekleidung ist meistens die der Männer. Den Kopf bedecken sie bis zu den Schultern mit einem Tuche und verbergen mit demselben ihr Gesicht bis auf die Stirn und Augen, sobald sie einen fremden Mann erblicken. Die Mädchen tragen ihr Haar in Zöpfen geflochten und binden um den Kopf ein schwarzseidenes Tuch, welches einer kugelförmigen Müze ähnlich sieht. Frauen aus reicheren Familien tragen an Feiertagen teils auf dem Kopfe, teils auf der Schulter lange weiße durchsichtige Schleier. Einigen Mädchen wird der Busen bis zu den Hüften in ein enges ledernes Korsett eingenäht, das, wie man behauptet, bis zu ihrer Verehelichung nicht abgenommen wird. Im Aul selbst und auf der Weide find die Kinder im Sommer ganz nackt; die Mädchen tragen zuweilen ein viereckiges Stückchen Leinwand, das über den Hüften mit einem dünnen Strick befestigt ist.

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Je nach der Oertlichkeit sind die Häuser der Offeten entweder aus Weidengeflecht, das mit Lehm bestrichen ist, oder aus Holz oder endlich aus Stein. In den Ebenen unterscheidet sich die Bauart bedeutend von der in den Schluchten gebräuchlichen. Hier ziehen sich die Sacklen“ (Hütten) an den Bergwänden hinauf, die hinteren Gemächer und das untere Stockwerk sind in die Felsen gehauen; lezteres besteht meistens aus geräumigen Ställen für das Vieh, besonders für das kleinere, wie Schafe, Ziegen u. s. w. Auf den Dächern liegen große Haufen Dünger, der im Frühjahr entweder auf die Felder gefahren wird oder zur Bereitung des „Kifiak“, des Heizmaterials, dient. Die steinernen Gebäude bestehen aus Blöcken, ohne Zement aufeinander gelegt. Einem besonderen Stil folgt die Einrichtung der verschiedenen Gemächer nicht, sie sind so verteilt, wie es gerade der Play erlaubt. In jedem Hause eines vermöglichen Offeten befinden sich außer den Ställen: eine Vorratskammer, das Familienzimmer mit einem in der Mitte desselben befindlichen Herde, auf dem das Feuer nie ausgeht, Zimmer, die als Schlafzimmer oder zu besonderen Zwecken dienen, und endlich das „Kunak" oder Gastzimmer. Alle Ge mächer, außer dem lehteren, find meist finster und haben keine Fenster; das Licht dringt in dieselben entweder durch die offene Thür oder durch eine über dem Herde befindliche Oeffnung der Decke. Mehl und Getreide befinden sich in der Vorratskammer in diden ausgehöhlten Baumstämmen, die Getränke in Bocksfellen, woher der kaukasische Wein auch immer einen Bocksgeschmack hat. Am interessantesten ist das Familienzimmer; der Herd in demselben besteht aus einigen Steinen, über denen an einer Kette ein Haken hängt, an welchem ein kupferner Kessel befestigt ist; diese Kette ist eine Art von Heiligtum, und sie aus dem Zimmer zu werfen, gilt für eine tödliche Beleidigung. Um den Herd stehen die Sitzpläße, höhere und niedrigere hölzerne Bänke, an die Wand lehnt ein Kanapee („Tachta") mit einer durchbrochenen Holzlehne an drei Seiten; neben diesem Kanapee steht ein sonderbar geformter Lehnstuhl für den Hausherrn oder für höhere Gäste. Die Tische sind nicht viel höher als die Bänke, die übrigen Möbel find aller hand Gerümpel. Die Gaftzimmer in den Häusern der Reichen sind ebenso möbliert, nur hängen an den Wänden Waffen, Festkleider und Stier- und andere Felle. Der Angesehenste unter den Gästen sigt und schläft auf dem Kanapee („Suentag"); gleich bei seiner Ankunft wird auf denselben eine Filzdecke oder ein Teppich gebreitet, in einer Ecke des Kanapees liegt eine Menge von Kissen, Decken, Teppichen aufgetürmt, damit er fich's bequem mache. Wenn die Familie zahlreich ist, werden an das Hauptgebäude noch verschiedene Flügel angebaut, die Thüren zu solchen Flügeln gehen stets von Hofe aus; zuweilen bildet sich zuletzt aus einer solchen Agglomeration von Gebäuden eine Art von ziemlich großer Festung; diese hat dann einen festen Turm und Schießscharten. Eine folche Familienwohnung heißt Galuan". In den offetischen Dörfern sind oft mehrere folcher Galuan, zuweilen auch nur ein einziger. Zwischen den Galuan winden sich krumme, enge Straßen. Je älter ein Aul ist, desto höher klettern an den Bergwänden die Galuan empor, man hat deren, die fieben, acht, ja vierzehn Stockwerke zählen. Solche Galuan stammen oft aus sehr alten Zeiten.

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Das Haupt in jedem Galuan ist der Welteste des Stammes, in jeder Familie ist es der Familienvater. Die Offeten stehen im Sommer früh, im Winter spät auf, die Frauen, auf denen die Haushaltungsgeschäfte lasten, früher als die Männer. Das erite Geschäft ist, nach dem Vieh zu sehen, welches übrigens die Sommermonate über auf den

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Weideplähen unter der Aufsicht eines Knaben oder eines Greises bleibt; zu Hause behält man nur einige Kühe, Schafe oder Ziegen, um die für die Haushaltung nötige Milch zu haben, ein Teil davon wird meistens sofort zu Käse verarbeitet; Brot oder vielmehr Fladen (Tschureck“) werden täglich gebacken, nur im Süden bäckt man Brot („Puri“) nach Art der Georgier. Die Fladen, die ein europäischer Magen nicht vertragen kann, werden über dem Herde in einer Pfanne, dann noch auf dem Herde in Asche gebacken. Die Männer nehmen nur während der Saat- und der Erntezeit an der Arbeit teil, die übrige Zeit müssen die Frauen für alles sorgen. Bis auf die Zeit des „Nüchas“, der Volksversammlung, verbringen sie die Zeit in dolce far niente. Auch die Nüchas, auf welchen die öffentlichen Angelegenheiten verhandelt werden, sind meistens nichts als Klatschversammlungen. Der Ofsete ist sehr mäßig. Sein Frühstück besteht aus einem Stück Brot mit Käse oder irgend einem Fleischreste. Sind weder Käse noch Fleisch im Hause, nun, so begnügt man sich mit einem Stück Brot und einem Gläschen Arak oder, in Ermangelung dieses, einem Glas Wasser; von Milch sind sie keine Freunde, Butter effen sie auch nicht, obgleich sie es verstehen, diese zu bereiten. Ihr Mittagessen besteht aus einem in Hammelsfett gebratenen Käsekuchen; außerdem essen sie Hammelfleisch, doch gekochtes, nicht gebratenes, sowie Hammelsuppe mit einer Würze von Knoblauch, Zwiebel oder auch mit einem anderen grünen Gemüse. Fleischspeisen (Kalbfleisch effen sie nie) bilden aber bei ihnen eine Ausnahme. Wird ein Lamm oder ein Ochs geschlachtet, was meistens nur an Feiertagen oder beim Besuche eines Kunaks oder Freundes geschieht, so wird das Fleisch sofort aufgegessen, wobei es dann zum Staunen ist, was der gewöhnlich so mäßige Ofsete verzehren kann; mit Vorrat befaßt er sich nicht. Aus Käse bereiten die Offeten einige nicht ganz unschmackhafte, aber schwer zu verdauende Nationalgerichte, 3. B. „Dzüka" aus gekochtem, „Wolkei-dzüka“ aus gebratenem, „Dübfa“ aus in Fleischbrühe gekochtem Käse 2c. Beim Mittagessen wird Arak und Bier getrunken, wenn solches von den letzten Festgelagen übrig geblieben ist, was ziemlich selten geschieht. Das Bier ist ein einfacher Malzertrakt ohne Hopfen, ist aber recht schmackhaft. Die übrige Zeit verbringt der Offete, außer der Zeit der Feldarbeiten im Sommer, in Plaudereien 2c.; abends geht er auf das flache Dach seines Hauses, wo sich um ihn seine ebensosehr beschäftigten Nachbarn versammeln, wo dann bei verschiedenen Pfeifen Tabak die öffentlichen Angelegenheiten und die chronique scandaleuse des Orts verhandelt werden. Dann kehrt er in sein Familiengemach zurück, erzählt seinen Frauen erst den Ortsklatsch, dann den Kindern Märchen und geht zuletzt, nach gut ausgefülltem Tage, zu Bett.

Die Frauen dagegen find schwer geplagte Geschöpfe, die von morgens früh bis abends spät arbeiten und für ihre Arbeit selbst keinen Dank hören. Nachdem sie das Vieh auf die Weide getrieben und das Frühstück bereitet, gehen sie in die Mühle, um das Mehl zu mahlen, dann müssen sie Leinwand weben, sie versorgen die ganze Familie mit Schuhwerk, müssen die Kleider für den Mann und die ganze Familie nähen, - denn für einen Mann gilt es als eine Schmach, eine Nadel in die Hand zu nehmen -, fie weben Tuch, walken Filzdecken 2c.; denn die Ofsetinnen sind nicht allein die Familienmütter, sondern auch die Schneiderinnen, Weberinnen, Schuhmacherinnen, Nähterinnen für die Ihrigen, welche Künste ihnen besonders bei ihrer Verheiratung hoch angerechnet werden; für eine gute Goldstickerin zahlt der Mann denn auch hier bekommen die Frauen keine Mitgift, sondern der Mann muß einen „Kalym“ zahlen eine besonders hohe Summe.

Eine der Hauptpflichten der Offeten ist die Gastfreundschaft, die heilig gehalten wird. Kommt ein Fremder in einen Aul, so hält er vor dem Haus, in welchem er zu übernachten beabsichtigt, dann reitet er in den Hof hinein, um dort die Einladung des Herrn abzuwarten. Erfolgt diese, so steigt er vom Pferde und geht hinter dem HausHerrn in das Kunak- oder Gastzimmer; sobald er dieses betreten hat, ist er in demselben der Herr, doch erlaubt es der Anstand nicht, in die Zimmer, wo die Frauen sind, zu gehen. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen Gast und Hausherrn und den übrigen Familiengliedern desselben sind sein und gebildet, selbst bei den einfachen Bauern; man hat oft schon bemerkt, daß die Bewohner des kaukasischen Hochlands, besonders aber die Ofseten, sich bald in die Umgangsformen der höheren Stände hineingewöhnen.

Da die Offeten meistens sehr arm sind, so dient den neugeborenen Kindern oft die Krippe im Stalle als Wiege. Den Namen erhält das Kind von demjenigen, welcher ihm das erste Hemd schenkt, oder derjenigen, die es ihm näht. Nachdem es den Namen erhalten, wird es, wenn es ein Knabe, in ein fremdes Haus zur Erziehung übergeben, und sieht seine Mutter nicht vor seinem siebenten Jahre. Sobald er sechs Jahre voll

endet hat, führt der Erzieher („Atalyk") denselben in das Elternhaus zurück. An diesem Tage findet in letterem ein Fest statt, und Erzieher und Amme erhalten vom Vater ein ziemlich bedeutendes Geldgeschenk; deswegen hat sich diese Sitte auch nur bei den Reichen erhalten. Sobald der Knabe in das Elternhaus zurückgekehrt ist, muß er anfangs die Herde auf die Weide treiben und lernt praktisch vom Vater den Ackerbau, die Viehzucht, Handhabung der Waffen und andere nötige Künste. Ist kein Vater oder keine Mutter mehr da, so ist der Knabe sofort eigener Herr und man kann sich denken, daß nicht jeder wohl geratet. Hat der Sohn sechzehn bis siebzehn Jahre erreicht, so tauft ihm der Vater ein mindestens zwölf bis dreizehn Jahre altes Mädchen zur Frau. Die Trauungsfeierlichkeiten sind sehr interessant, jedoch sehr kompliziert, desgleichen die Begräbnisfeierlichkeiten; eine Hauptrolle dabei spielen die bezahlten Klageweiber.

Die westliche Gruppe der Bergvölker umfaßt die Stämme, welche auf der Südseite des Kaukasus etwa bis zur Höhe des Elbrus, auf der Nordseite jedoch weiter östlich, bis in die Gegend von Wladikawkas wohnen. Sie teilen sich in die zwei großen Stämme der Adyche oder Adighe und der Afega oder Abchasen, welche beide wieder zahlreiche Unterabteilungen befizen. Die Adighe werden von den Türken Tscherkessen, von uns nach deren Vorgange Cirtassier oder, da sie die Kabardah bewohnen, auch Kabardiner genannt. Speziell umfaßt der Stamm der Adyche folgende Völker: die Abadsechen am Nordabhange der Kaukasuskette in den Thälern der in den Kuban fallenden Flüsse Sschaguasche (Belaja), Laba, Pschisch, Pssekups, Wuanobat und Ssup; die Schapssugen und die Natkuadsh oder Natuchaizen in den Gebirgen und den der Festung Anapa angrenzenden Ebenen; die Kabardiner, die Bewohner der Großen und Kleinen Kabardah. Die Große Kabardah liegt zwischen den Flüssen Malka und Terek und stößt im Süden an das Gebiet der Offeten. Die Kleine Kabardah nimmt das rechte Ufer des Terek bis zu den Vorbergen des Kaukasus und zur Sundscha ein; die Beßlenei im Kubanbassin, auf dem von den Flüssen Fers, dem großen und kleinen Tegen und Woarp bewässerten Lande; die Mochosch im Gebiete der Bäche Tschechuradsh, Belogiak und Schede; die Kemgui und Temirgoi zwischen dem Kuban und dem unteren Laufe der Laba und Belaja; die Chatiukai zwischen den Flüssen Belaja und Schisch; die Bsheduchen in den Ebenen der Flüsse Pschisch und Pfsekups; die Shan oder Shanejewzen auf der Insel Karabukan, welche von zwei Armen des Kuban-Flusses eingeschlossen wird. Der Name Adighe ist also nur ein Kollektivbegriff für alle diese Stämme, welche von keinem gemeinschaftlichen Bande umschlossen waren, verschiedene Dialekte und Sitten hatten und in unaufhörlichen Fehden untereinander lebe ten; sie bewohnten einst das Gebirge von Taman bis in die Höhe von Pizunda und das nördliche Vorland bis über den Kuban hinaus. Ihre Unterwerfung erforderte eine lange Reihe von Kriegen gegen die einzelnen Stämme, ein Zusammenhalten derselben gegen den gemeinschaftlichen Feind fand fast nie statt; vollständig wurde ihre Besiegung im Jahre 1864, allein es begann von diesem Zeitpunkte an eine unaufhaltsame Auswanderung nach der Türkei und 400 000 Tscherkessen verließen ihr Vaterland, welches jetzt meist wüste liegt. Ihre Sitten sind sehr verschieden geschildert worden; während einige sie als Freiheitshelden malen, heben wieder andere ihre große Vorliebe für das Gut des Nächften hervor; festzustehen scheint, daß sie mit großer Raubluft doch eine mittel

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alterliche Ritterehre und Treue verbinden. Das Volk der Kabardiner, welches im frühen Mittelalter christlich war, später aber zum Islam übertrat, gilt noch jezt als das ritterlichste von allen; ihre Sitten sind für einen großen Teil des Kaukasus maßgebend gewesen, und ihre Tracht ist fast im ganzen Lande ange= nommen worden, selbst von den Kosaken, ihren Nachbarn am Kuban und Teref. Mit den Ruffen haben die Kabardiner meist in gutem Einverständnis gelebt, und ein kühner Versuch Schamyls, die Kabardah in den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen hereinzuziehen, ist gescheitert.

Das zweite Volk, welches den Tscherkessen sinnesverwandt, aber sonst als träge und unzuverlässig geschildert wird, sind die Abchasen, welche die Tsebelda, sowie den Küstenstrich zwischen Pizunda und dem Ingur, dessen östliche Hälfte Zamurzachan genannt wird, bewohnen; fie umfassen folgende Völker: die Ssadsen oder Dshigeten; die Abßne oder Abschafen, die Sambal oder Zebeldiner auf der Südseite des Hauptgebirges, im Westen der Min= grelier; die Barakai, die Bag, die Schegerai-Tam, die Kisilbek, die Baschilbai, die Basschog auf der Nordseite der Bergkette, am Ursprunge der Flüsse Kchods, Urup, der kleinen und großen Laba und des großen Selentschuk; endlich die Ubychen am Südabhange des Hauptgebirges, zwischen den Natuchaizen und den Dshigeten. Die Abchasen, etwa 125 000 an der Zahl, haben sich der Auswanderung nicht angeschlossen und sollen Christen sein; übrigens darf man bei den Bergvölkern überhaupt das Vorhandensein von Kirchen und Priestern nicht immer als Beweis dafür ansehen, daß das Volk wirklich dem Christentume anhänge.

Die eigentliche Religion der Abchafen ist ein Gemisch von Heidentum, Muhamme= danismus und Christentum. Im 6. Jahrhundert wurde bei den Abchasen das Christentum eingeführt. Als die Türken das Land eroberien, wandten sich die Bewohner dem Islam zu; doch konnte dieser die christlichen Erinnerungen nicht völlig verwischen. So enthalten sich die abchasischen Muhammedaner nicht des Genusses von Wein und unreinen Lieren und feiern sogar einige Feste gemeinschaftlich mit den Christen, wie Weihnachten Ostern, Pfingsten und andere; für die Christen dagegen ist hier das Bairamsest ebensogut ein Fest wie für die Anhänger des Islam. Zur Zeit der großen Fasten und des Festes Ramasan fasten sie alle zusammen, um einander kein Aergernis zu geben. Die Anhänger beider Religionen verehren aber echt heidnisch noch heilige Haine und fürchten sich vor Berg- und Waldgeistern. Durch allerlei kleine Opfergaben, welche sie nach alter Gewohnheit, aber heimlich, darbringen, suchen sie sich die Gunst derselben zu erhalten.

Die Abchafen unterscheiden sich durch ihre schmalen Gesichter und seitwärts zujammengedrückten Köpfe, kurzes Untergesicht, hervorstehende Nasen und dunkelbraune Haare von allen benachbarten Völkern. Sie sollen nicht das lebhafte Temperament der Tscherkessen befizen und gelten für weniger mutig und kriegerisch als jene; nur wo sie sich in entschiedener Mehrzahl befinden, greifen sie den Feind an. Sie sind aber ebenso räuberisch und diebisch wie jene. Uralte Bewohner des Kaukasus und vorzeiten wohl im Besitz eines großen Gebiets, wurden sie durch die Tscherkessen zurückgedrängt, und find durch zahlreiche Kämpfe mit diesen, mit den Russen und Türken, sowie durch den von ihnen einst schwungvoll betriebenen Sklavenhandel, sehr zusammengeschmolzen. Die Frauen spielen, wie im ganzen Morgenlande, bei ihnen eine ganz untergeordnete Rolle; sie sind kaum mehr als die Sklavinnen des Hauses. Man findet unter ihnen viele Schönheiten, besonders unter den befferen Ständen und in früher Jugend. Berichte über die Sklavenmärkte geben an, daß die Abchafierinnen, was Schönheit anbelangt, nach den Tscherkessinnen den ersten Rang eingenommen haben. Erst unter ihnen standen im Preise die Imeretierinnen und Georgierinnen.

Die Kleidung der Abchafen ist beinahe dieselbe wie die der Tscherkessen, und ihre Dörfer und Wohnungen zeigen sehr geringe Abweichungen von den tscherkeffischen. Die Hellwald, Naturgeschichte. II.

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abchasischen Häuser sind aber nicht reihenweise aneinander gebaut und von einem gemeinschaftlichen Hof umschlossen, sondern liegen einzeln im Walde zerstreut. Sie haben ein fleines Gehöft und sind zur Sicherheit von einem gemeinschaftlichen Zaun umgeben. Die Familie wohnt mit den Haustieren zusammen, hat aber für den Fremdling ein eigenes Gastzimmer. Statt des Ofens dient ein Kamin von Flechtwerk mit Thon beschlagen; aus denselben Materialien bestehen auch die Wände. Ein langes Sparrendach, mit Kräuterstengeln und Gras bedeckt, schüßt vor Regen. Das Lager ist eine Art Diwan mit Filzen und Polstern auf einem hölzernen Gestell. An den Wänden der Hütte hängen Pelzwerk, Kleidungsstücke und bunte Matten, welche sie selbst aus Stroh verfertigen, und ihre Waffen.

Fassen wir zum Schluffe die Gesamtheit der heutigen Kaukasusbewohner ins Auge, so dürfen wir sagen: Die kaukasischen Stämme befizen im allgemeinen zu vielen natürlichen Verstand, um blinde religiöse Fanatiker zu bleiben; die Lehre Muhammeds hat troß der Predigten ihrer Imame und ihrer Sendboten keine tiefe Wurzeln geschlagen, selbst nicht in der Tschetschnia und in Daghestan. Nicht aus blindem Gehorsam gegen Schamyl, noch aus Haß gegen die Giaurs, noch aus Raublust, sondern aus Liebe zur Unabhängigkeit haben sich die Tscherteffen, Tschetschenzen u. a. so lange gegen die Ruffen gehalten. Viele Stämme im Innern der Berge sind noch Heiden, doch bricht sich das Christentum, wenn auch nur langsam, bei ihnen Bahn. Edel und stolz, selbst in seiner oft zerlumpten Tracht, seiner zerzausten Pelzmüße und zottigen Burka, ist der Bergbewohner voll Anstand, bewegt er sich einfach, und untadelhaft sind seine Manieren; seine Kleidung ist geschmackvoll und hübsch verziert, seine Gesänge und Lieder find voll Poefie. Die Liebe zu seinem Pferde ist bei ihm oft höher als die Liebe zum Weibe, welch Letzteres in der schmachvollsten Abhängigkeit lebt.

Der Kaukasus war von den ältesten Zeiten an die große Landstraße der Völkerwanderung von Asien nach Europa und umgekehrt. Jedes der durchwandernden Völker hat hier einen Teil seiner nomadisierenden Bevölkerung zurückgelassen, deren Spuren sich allmählich fast zur Unkenntlichkeit verwischt haben, sicher jedoch auf die Charaktereigentümlichkeiten der heutigen kaukasischen Völker nicht ohne Einwirkung geblieben sind.

Schlußbetrachtungen.

Unsere Wanderung durch die mannigfaltigen Völker des asiatischen Kontinents hat uns bis hart an die Schwelle unseres eigenen Erdteiles Europa geführt, welcher der Wohnsitz der gebildetsten Menschen geworden ist. Hier machen wir Halt, müssen wir Halt machen, denn hier hört die „Naturgeschichte" des Menschen auf, um in Kulturgeschichte“ überzugehen. Freilich vollzieht dieser Uebergang sich nicht schroff. Die Natur liebt keine Sprünge, natura non facit saltus; wie allerwärts findet auch hier ein ganz allmähliches Verschmelzen der verschiedenen Gesittungsstadien statt. Im äußersten Often unseres Erdteiles, dort, wo er einerseits an die eben geschilderten kaufafischen Bergvölker, andererseits an die Nomaden Sibiriens und des Hochnordens grenzt, leben allerdings noch einzelne Stämme, welche einen Anspruch

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